Julia Exklusiv Band 363

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LIEBESTRAUM AN DER CÔTE D'AZUR von ABBY GREEN
In Südfrankreich verliert die junge Jane ihr Herz an Xavier. Der erfahrene Milliardär entführt sie ins Paradies der Sinnlichkeit. Jane träumt davon, für immer bei ihm auf seinem Schloss zu bleiben. Aber seine schöne Assistentin Sasha droht, ihr Glück zu zerstören!

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  • Erscheinungstag 26.05.2023
  • Bandnummer 363
  • ISBN / Artikelnummer 9783751519533
  • Seitenanzahl 512
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Abby Green, Kelly Hunter, India Grey

JULIA EXKLUSIV BAND 363

PROLOG

Am Swimmingpool, Hotel Lézille, halb neun abends

Er sah sie sofort.

Sie stand am Türbogen zwischen der Hotelhalle und dem Swimmingpool. Ungewohnt starke Erregung bemächtigte sich seiner. Sie wirkte unsicher. Nicht dass sie die schönste Frau war, die er je gesehen hatte, doch sie strahlte eine Natürlichkeit aus, die in seinen Kreisen selten war. Und dadurch umso reizvoller. Dunkles Haar rahmte in schimmernden, weichen Wellen ihr Gesicht. Das schlichte schwarze Kleid umschmiegte ihren schlanken Körper und die beeindruckenden Brüste. Er musste aufpassen, dass er sie nicht anstarrte.

Gestern, auf der Straße, hatte er verbergen können, dass sie ihn buchstäblich sprachlos gemacht hatte. Dabei war er nie um Worte verlegen, und er konnte sich nicht erinnern, dass ihm irgendetwas überhaupt jemals die Sprache verschlagen hatte. Aber als sie ihn mit ihren großen blauen Augen ansah, war sein Interesse erwacht und seine Fantasie mit ihm durchgegangen. Dieser volle, sinnliche Mund …

Unerwartet war er ihr auf der Insel vorhin wiederbegegnet und ihr gefolgt, um sie aus nächster Nähe zu betrachten. Sie hatte ihn nicht enttäuscht. Sie erbebte unter seinem Blick genau wie bei ihrer ersten Begegnung, als er sie mit beiden Händen festhielt. Er konnte sich nicht erinnern, dass eine Frau so auf ihn reagiert hatte, ohne dass viel zwischen ihnen passiert wäre.

Er presste die Lippen zusammen, während er daran dachte, dass sie seine Einladung zum Dinner abgelehnt hatte. Auch das war ihm noch nie passiert. Gehörte das zu ihrer Masche? Er war immer wieder überrascht, zu welchen Mitteln manche Frauen griffen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Dem Mann die Eroberung schwer zu machen war allerdings ein alter Trick …

Die dünne Rothaarige neben ihm hörte gar nicht mehr auf zu reden. Anscheinend merkte sie nicht, dass er längst einen interessanteren Anblick gefunden hatte als ihre von einem Schönheitschirurgen geformte Oberweite.

Mit einer kaum merklichen Handbewegung holte er einen der Angestellten herbei. Der Mann beugte sich zu ihm herab.

„Ja, Sir?“

„Wer ist die Frau?“ Er deutete mit dem Kopf auf sie.

„Sie gehört nicht zu unseren Gästen, Sir, aber ich kann es herausfinden, wenn Sie wünschen …“

Mit einem Kopfschütteln entließ er ihn.

Die Langeweile, die ihn seit geraumer Zeit erfüllte, schwand, während er beobachtete, wie die junge Frau anmutig zwischen den Tischen hindurch zu ihrer Gruppe ging. Er brauchte nicht lange, um die Leute einzuschätzen. Unter anderem verdankte er es seiner ausgeprägten Menschenkenntnis, dass er sein Vermögen innerhalb kurzer Zeit verdreifacht hatte. Er fixierte den Mann, der ihr offenbar als Begleiter zugedacht war. Keine Konkurrenz. Sein Puls beschleunigte sich, während er sie unauffällig musterte, und er beschloss, den empfindlichen Schlag gegen seinen Stolz zu vergessen. Diese Frau war es auf jeden Fall wert, umworben zu werden. Verlangen stieg in ihm auf und mischte sich mit prickelnder Erwartung.

Seit vielen Monaten hatte er sich nicht mehr so lebendig gefühlt …

1. KAPITEL

Einige Stunden früher

Unschlüssig ging Jane Vaughan auf dem überfüllten Anleger auf und ab. Sie wusste nicht mehr, an welcher Stelle sie gestern gewesen war. Die Ausflugsboote waren zahlreich, und noch zahlreicher waren die Menschen, die sich davor in langen Schlangen aufgestellt hatten. Der Mann, an den sie sich gestern gewandt hatte, hatte weder Geld genommen noch ihr ein Ticket gegeben, sondern ihr lediglich versichert, er würde sie an Bord des richtigen Bootes bringen, wenn sie zu ihm komme. Das Problem war nur, dass sie ihn nirgends entdecken konnte.

Dass sie mit diesem Fremden zusammengestoßen war, musste sie ziemlich durcheinandergebracht haben. Eigentlich passte es gar nicht zu ihr, dass sie die halbe Nacht wach lag und von einem Mann träumte, mit dem sie zufällig auf der Straße zusammengeprallt war. Er war groß und schlank gewesen. Sie sah den kraftvollen Körper vor sich, das schmale, markante Gesicht, als würde er vor ihr stehen. Ihr wurde warm, und Jane schüttelte den Kopf, um das irritierende Bild zu vertreiben. Nein, wirklich, so etwas sah ihr gar nicht ähnlich.

Sie marschierte auf einen Liegeplatz zu, der ihr vage bekannt vorkam, und stellte sich hinten an.

„Excusez-moi. C’est le bâteau pour les îles?“, fragte sie, als sie an die Reihe kam, aber der Mann winkte sie nur ungeduldig weiter.

Jane zögerte kurz. Was kann schon passieren? sagte sie sich dann. Sie war im Urlaub, umgeben von anderen Touristen. Wenn sie nicht genau an dem Ausflugsziel landete, das sie sich ausgesucht hatte, auch egal. Warum sich nicht auf ein kleines Abenteuer einlassen?

Ihre Bedenken schwanden endgültig, als der Seewind ihr durch die Haare wehte und die Sonne ihre Schultern und die nackten Beine wärmte. Sie trug ein farbenfrohes rückenfreies Kleid, ein Geschenk ihrer Freundin Lisa, die ihr augenzwinkernd erklärt hatte, sie dürfe ruhig ein bisschen mehr auffallen.

Sie schob die Sonnenbrille hoch ins Haar und hielt das Gesicht der Sonne entgegen. Zum ersten Mal, seit sie vor einer Woche an der Côte d’Azur angekommen war, fühlte sie sich frei und unbeschwert. Auch Lisa fehlte ihr eigentlich nicht, obwohl sie ursprünglich mit ihrer Freundin hatte hierher reisen wollen. Die Villa, in der sie wohnte, gehörte Lisas Familie. Leider war Lisas Vater mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert worden und musste sich in dieser Woche einer Operation unterziehen.

„Janey, wenn du nicht fährst, habe ich zu allem anderen auch noch Schuldgefühle dir gegenüber“, hatte Lisa gesagt, als Jane ihr anbot, auf die Reise zu verzichten. „Außerdem würdest du uns einen Gefallen tun. Das Haus steht seit Monaten leer, und es müsste mal wieder frische Luft in die Räume.“

Schließlich hatte Jane nachgegeben.

Sie stand auf und trat an die Reling. Gischt spritzte auf ihre Haut, das Boot näherte sich einer Insel. Jane verspürte leichte Gewissensbisse, dass sie das Alleinsein tatsächlich genoss. In ihren sechsundzwanzig Jahren war sie nicht ein einziges Mal wirklich allein gewesen, und ohne die Verantwortung, die sie so lange Zeit hatte tragen müssen, fühlte sie sich herrlich frei.

Ihr Ausflugsziel nahm Konturen an. Jane entdeckte einen hellen Sandstrand zwischen schroffen Felsen. Malerische Häuser säumten die Bucht, die der Schiffsführer ansteuerte. Das Wasser glitzerte im Sonnenlicht, als das Boot anlegte und die Passagiere von Bord gingen.

Ihre Gedanken schweiften ab zu jenen verwirrenden Momenten gestern in den schmalen Gassen rund um den Hafen. Sie hatte sich abseits der überfüllten Fußgängerzone gehalten und eine ruhige Straße entdeckt, in der sich keine Touristen tummelten. Um die Gegend genauer zu erkunden, suchte sie nach dem Straßennamen und ging mit aufgeklapptem Stadtplan lesend weiter. An der nächsten Ecke stieß sie gegen eine Wand.

Jane hatte die Ecke nicht kommen sehen, und nach der ersten Schrecksekunde wurde ihr klar, dass es keine Wand war. Eine Wand würde nicht die Arme ausstrecken und mit kräftigen Händen ihre Oberarme umfassen. Die Straßenkarte entglitt ihr, während Jane begriff, dass sie mit einem Mann zusammengestoßen war. Zuerst sah sie eine breite, mit einem T-Shirt bekleidete Brust, hob den Blick höher und noch höher, bis sie direkt in faszinierend grüne Augen schaute. Sie hatte noch nie so wundervolle Augen gesehen. Das Gesicht des Mannes war sonnengebräunt, und er hatte die schwarzen Brauen fragend zusammengezogen. Ihr Herz schlug schneller.

Da erst merkte sie, dass sie sich an seinen Armen festgehalten hatte, um nicht hinzufallen. Sie spürte einen beachtlichen Bizeps unter ihren Fingern und warme, feste Haut. Jane erbebte unwillkürlich, schlagartig wurde ihr warm. Schockiert sah sie den Fremden an. Sein Blick glitt zu ihrem Mund. Plötzlich empfand sie eine Leichtigkeit, als würde sie schweben, wie in einem magischen Traum.

Der Zauber brach, als eine schrille Stimme ertönte. Jane sah an dem Mann vorbei. Eine hinreißende Blondine stöckelte heran und redete, für Jane unverständlich, in schnellem Französisch auf ihn ein. Sein Griff verstärkte sich kurz, dann ließ er sie los und bückte sich. Gleich darauf reichte er ihr wortlos den Stadtplan. Ein spöttisches Lächeln umspielte seine sinnlichen Lippen. Bevor Jane irgendetwas sagen konnte, tauchte die blonde Schönheit neben ihm auf, warf ihr einen abschätzigen Blick zu und deutete temperamentvoll auf ihre goldene Armbanduhr, während sie weiterhin auf den Mann einsprach. Gleich darauf waren beide verschwunden.

Jane stand da, spürte immer noch seine Hände auf der Haut und konnte sich nicht rühren. Unwillkürlich fasste sie sich an die Lippen. Sie prickelten leicht, als hätte er sie tatsächlich berührt. Der ganze Zwischenfall hatte ein paar Sekunden gedauert, aber ihr war, als hätte sie Stunden hier mit ihm gestanden. Dann erinnerte sie sich an sein rätselhaftes Lächeln. So, als wüsste er genau, wie er auf sie wirkte. Wie arrogant, hatte sie gedacht.

Janes Träumereien endeten abrupt, als sie merkte, dass sie den anderen Touristen in einen klimatisierten Minibus folgte. Jane schwor sich, nicht mehr an den Mann zu denken. Sich nicht wieder vorzustellen, wie sie ihm an einem Tisch gegenübersaß, eingehüllt in sanftes Kerzenlicht, das sich in Silberbesteck und Kristallgläsern widerspiegelte. Nicht davon zu träumen, wie ihre Blicke sich verfingen. Sie ignorierte das nervöse Flattern in der Magengegend und musterte die Mitreisenden. Auf den Sitzplätzen nebenan entdeckte sie ein Paar in ihrem Alter.

„Verzeihung, wo sind wir hier?“

Die junge Frau beugte sich über den Mittelgang. „Honey, dies ist die Insel Lézille“, erklärte sie mit starkem amerikanischen Akzent, „aber das müssten Sie doch wissen, wenn Sie im Hotel wohnen … Oder sind Sie kein Gast?“

„Nein!“ Jane schlug die Hand vor den Mund. „Ich wohne in keinem Hotel. Ich dachte, dies wäre ein Ausflug, an dem jeder teilnehmen kann.“

Was soll ich tun? fragte sie sich betreten. Sie hatte für die Fahrt nicht bezahlt. Ihr fiel ein, dass sie den Mann nach dem Boot zu les îles … den Inseln gefragt hatte. Das klang genau wie Lézille. Kein Wunder, dass er sie einfach durchgewinkt hatte.

„Ach, machen Sie sich keine Gedanken“, versuchte ihre Nachbarin, sie zu beruhigen. „Das merkt doch keiner, und ich verrate Sie nicht.“ Sie grinste. „Ein Ausflug umsonst … Betrachten Sie es als Geschenk des Himmels.“

Jane lächelte schwach. Die Sache gefiel ihr gar nicht. Doch vielleicht war es wirklich nicht so schlimm. Sie könnte nach der Rückkehr mit ins Hotel fahren und den Fahrpreis für die Passage nachträglich entrichten. Bei dem Gedanken fühlte sie sich gleich besser.

Die junge Frau erzählte ihr, dass sie zuerst ein Weingut besuchen und an einer Weinprobe teilnehmen würden. Zum Abschluss sollte ihnen eine Flugschau geboten werden. Jane entspannte sich und nahm sich vor, den Ausflug zu genießen.

Rechts und links der Straße lagen Felder mit gepflegten, in Reih und Glied stehenden Weinstöcken. Auf dem Gut erklärte man ihnen die Weinherstellung, und Jane war überrascht, wie interessant der Prozess war. Der Name auf den Flaschen war ihr inzwischen vertraut – es war der gleiche wie der der Insel.

Als sie eines der Gebäude verließen, entdeckte sie in der Ferne ein mittelalterliches Schloss.

„Wissen Sie, dass diese Insel einem Milliardär gehört, der in der Burg dort drüben wohnt?“

Jane drehte sich um. Neben ihr stand die nette junge Frau aus dem Bus. „Nein, das wusste ich nicht.“

„Offenbar gehört ihm auch die halbe Küste“, sagte die andere mit gesenkter Stimme. „Seine Ahnengalerie lässt sich Jahrhunderte zurückverfolgen. Er soll sehr viel Wert auf seine Privatsphäre legen und gestattet Ausflüge wie diesen nur ein paar Mal im Jahr. Es gibt alle möglichen Geschichten über ihn, und …“ Sie unterbrach sich, als ihr Freund kam und sie beiseitezog, um ihr etwas zu zeigen.

Jane betrachtete die imposante Anlage. So, wie sie aussah, war sie sicher als Festung zur Verteidigung errichtet worden.

Nach einer kurzen Fahrt an der pittoresken Küste entlang hielt der Bus auf einer ausgedehnten Wiese voller Wildblumen. Am Ende lag eine Start- und Landebahn, an der ein Dutzend Flugzeuge startbereit wartete. Rundherum herrschte Volksfestatmosphäre. Familien picknickten auf der Wiese, überall waren Stände aufgebaut, an denen man essen und trinken, aber auch Kunsthandwerkliches erwerben konnte. Ein kleines Haus am Rand entpuppte sich bei näherem Hinsehen als eine Art Museum. Jane gönnte ihm nur einen kurzen Blick und spazierte zu den Buden, wo sie etwas Brot und Käse kaufte. Alle anderen hatten sich anscheinend vorsorglich etwas mitgebracht.

Jemand berührte sie am Arm. „Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Sherry, und das ist Brad. Wir kommen aus New York und sind in den Flitterwochen. Wenn Sie allein hier sind, können Sie sich uns gern anschließen.“

Die lebhafte junge Frau ließ Jane kaum zu Wort kommen, nachdem sie ihren Namen genannt hatte, und führte sie zu dem Platz im Gras, den sie sich für ihr Picknick ausgesucht hatten. Die beiden waren nett, boten ihr Obst und Wein an. Jane fühlte sich wohl in ihrer Gesellschaft.

Eine Weile später kamen Männer in Fliegermonturen aus einem Hangar, und die Leute erhoben sich, um sie fröhlich zu begrüßen. Als der Letzte zu seinem Flugzeug marschierte, ging ein Raunen durch die Menge. Jane beschattete die Augen mit der Hand, um ihn sich genauer anzusehen, und erstarrte. Es war der Mann, dem sie in der einsamen Gasse begegnet war. Kein Zweifel. Mit seiner eindrucksvollen Größe und der kraftvollen Gestalt hob er sich von den anderen ab.

Auf sein Zeichen hin bestiegen die Männer ihre Maschinen. Sobald er im Cockpit verschwunden war, verspürte Jane einen wachsenden Druck im Magen. Während ein Flugzeug nach dem anderen abhob, verstärkte sich ihre Anspannung. Mit geballten Fäusten verfolgte sie die Flugschau, die nicht länger als fünfzehn Minuten dauerte. Ihr hingegen erschien es wie eine Ewigkeit, während er am Himmel seine Loopings drehte und Kunststücke vollführte, die die Menge mit offenem Mund und immer neuem Applaus verfolgte.

Als er endlich sicher am Boden gelandet war und sein Flugzeug verließ, brach frenetischer Beifall aus. Jane merkte erst jetzt, dass sie die Fingernägel schmerzhaft in die Handflächen gedrückt hatte. Sie hatte Angst um ihn gehabt, und nun war sie auf ihn wütend, weil er sich einer solchen Gefahr ausgesetzt hatte.

Wütend – auf einen völlig Fremden!

Vielleicht hast du zu viel Sonne abbekommen, dachte sie, unfähig, den Blick von ihm loszureißen. Die Menge strömte zu den Flugzeugen. Da wandte er den Kopf. Mindestens fünfzig Meter trennten sie, und doch trafen sich ihre Blicke. Jane hatte plötzlich das Gefühl, ins Bodenlose zu fallen. Sie bekam weiche Knie, als hätte der Mann sie zärtlich berührt.

Sie fing sich und senkte den Blick, ehe sie sich wieder zu den beiden Amerikanern setzte. Die beiden schienen nicht bemerkt zu haben, was mit ihr los war, und plauderten munter über die waghalsigen Manöver der Piloten. Als sie vorschlugen, dem Museum einen Besuch abzustatten, schloss sie sich dankbar an.

Trotzdem konnte sie es nicht lassen, einen kurzen Blick über die Schulter zu wagen. Sie sah nur sein dunkles Haar, während er von einer Menschentraube umringt war. Meistens Frauen, wie sie feststellte.

Entschlossen wandte sie sich ab und betrat das Haus. Bis sie hier mit ihrem Rundgang fertig war, würden die Piloten sicher längst weg sein. Nach ein paar Minuten fühlte sie sich irgendwie ruhiger, ging zwischen den einzelnen Ausstellungsstücken umher und las die Informationen mit Interesse. Auf einem kleinen Schild in einer Ecke stand zu lesen, dass um die vorletzte Jahrhundertwende ein katastrophales Erdbeben die Insel erschüttert und die Bevölkerung von fast tausend Einwohnern auf wenige Hundert dezimiert hatte. Erst in den letzten Jahrzehnten war es für sie wieder bergauf gegangen.

Anscheinend hatte die Insel schon immer einer einzigen Familie gehört, die sich hier zu Zeiten der Kreuzfahrer niedergelassen hatte. Ihr Name war Salgado-Lézille, und sie stammte ursprünglich aus Spanien. Deswegen sehen die Häuser ein bisschen wie Haziendas aus, dachte Jane, und auch das Schloss hatte etwas Maurisches.

Sie hatte sich umgedreht, um der Menge zum Ausgang zu folgen, da wurde die helle Türöffnung kurz dunkel, weil jemand hereinkam.

Er war es. Jane spürte es, bevor sie ihn sah, und hielt den Atem an, als er den Blick suchend über die Menschen gleiten ließ. Dann entdeckte er sie. Ihr Herz fing an, wild zu klopfen.

Der Mann starrte sie an.

Sie wandte sich ab, um in einer der Vitrinen die Exponate zu betrachten, aber in der Scheibe spiegelte sich seine hochgewachsene Gestalt. Er rührte sich nicht. Sie zwang sich, um den Glaskasten herumzugehen, tat, als interessiere sie sich für die Ausstellungsstücke.

Trotzdem fühlte sie seinen Blick am ganzen Körper. Wie eine Liebkosung. Jane erbebte unwillkürlich.

Du brauchst nur an ihm vorbeizugehen, sagte sie sich. Nichts leichter als das.

Sie folgte der Gruppe, die zum Ausgang strebte, und versuchte, nicht auf den breitschultrigen Mann zu sehen, der an der Wand lehnte und sie nicht aus den Augen ließ.

Jetzt waren nur noch zwei Leute vor ihr. Warum waren sie stehen geblieben? Jane versuchte, ihren Ärger zu unterdrücken. Sie reagierte völlig übertrieben. Wahrscheinlich musste sie nur raus an die frische Luft. Ja, das war es. Hier drinnen herrschte eine Bruthitze.

Sie sah seine langen Beine, die er an den Knöcheln lässig übereinandergeschlagen hatte, und konzentrierte sich auf den beleibten Mann vor ihr. Vielleicht könnte sie so tun, als gehöre sie zu ihm, damit sie hier unbehelligt herauskam.

Jetzt stand sie fast neben ihm. Sie hielt den Atem an. Er kam ins Blickfeld. Glänzendes schwarzes Haar, hohe Stirn, markante männliche Züge, die gerade Nase, der sinnliche Mund, faszinierende grüne Augen … Jane brauchte nicht hinzusehen. Sein Bild hatte sich ihr eingeprägt, seit ihr Gesicht von seinem nur Zentimeter entfernt gewesen war – gestern auf der Straße. Die Fliegermontur unterstrich seine selbstbewusste Haltung.

„Meine Güte, sieht der gut aus.“

Was du nicht sagst, Sherry.

Ihre neue Bekannte hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Stimme zu senken. Der Mann lächelte leicht. Also verstand er Englisch.

Sie war an der Tür, wäre mit dem nächsten Schritt draußen gewesen, da spürte sie, wie warme, kräftige Finger ihr Handgelenk umschlossen. Hinter ihr staute sich die Menge. Um kein Aufsehen zu erregen, folgte sie der stummen Aufforderung.

Er zog sie näher zu sich, und die Menschen um sie herum drängten sie unabsichtlich gegen ihn.

Fragend schaute sie zu ihm hoch. „Was wollen Sie?“, brachte sie heraus. Etwas Besseres fiel ihr nicht ein.

„Sie.“

Mit Mühe unterdrückte sie ein Zittern. „Wer … wer sind Sie?“

Der Mann antwortete nicht. Stattdessen musterte er ihr Gesicht, lächelte und betrachtete sie dann langsam von oben bis unten, bis sie sich unter seinem Blick nackt fühlte. Wärme breitete sich in ihr aus. Jane errötete. Ärgerlich versuchte sie, ihm ihr Handgelenk zu entwinden, aber er ließ es nicht zu.

„Für wen halten Sie sich? Wie können Sie es wagen …?“

Das Grün seiner Augen wurde dunkler. „Heißt das, Sie erkennen mich nicht?“

Er hatte sich an sie erinnert.

„Nein … nun ja, eigentlich doch. Wir sind uns gestern in der Gasse begegnet … als Sie mit mir zusammengeprallt sind.“

„Wenn ich mich recht erinnere, war es genau andersherum, n’est-ce pas?“

Seine tiefe Stimme klang weich und tief. Er sprach fließend Englisch, ohne den geringsten Akzent, aber Jane hatte Schwierigkeiten, sich auf die Worte zu konzentrieren.

„Ich habe im Stadtplan gelesen. Sicher haben Sie mich doch kommen sehen …“

Wieder taxierte er sie ausgiebig. „Oh ja, ich habe Sie gesehen.“

Sein amüsierter Blick gefiel ihr gar nicht. Wieder versuchte sie, sich ihm zu entziehen. Diesmal ließ er sie los, und seltsamerweise fehlte ihr seine Wärme.

„Sie hätten besser aufpassen müssen, wohin Sie laufen. Eine Mauer wäre sicher schmerzhafter gewesen.“

Jane wollte ihm nicht verraten, dass sie sich in jenem Moment wirklich gefühlt hatte, als wäre sie gegen eine Wand gerannt – eine Wand aus Muskeln. Sie bekam weiche Knie, wenn sie nur daran dachte.

Um sich nichts anmerken zu lassen, hob sie rebellisch das Kinn. „Die Straße war leer. Es ist schließlich kein Verbrechen, wenn man für einen Augenblick abgelenkt ist.“

Er neigte in einer angedeuteten Verbeugung den Kopf. „Wollen wir uns darauf einigen, dass wir beide schuld sind?“

„Schon gut“, erwiderte sie knapp.

„Sie sind mir noch böse, stimmt’s?“

Jane sah sich um. Sie waren allein. Als sie durch die Tür blickte, entdeckte sie den Bus. Ihre Gruppe stieg gerade ein.

„Ich muss gehen … Mein Bus fährt gleich.“

Er griff nach ihrer Hand, und schon wieder fing ihr Puls an zu rasen.

„Erweisen Sie mir die Ehre, und seien Sie bitte heute Abend mein Dinnergast. Ich möchte damit … unseren Waffenstillstand besiegeln und meinen Anteil an unserer Kollision wiedergutmachen.“

Jane schüttelte verwirrt den Kopf. Er lädt mich zum Essen ein? Ihre Blicke trafen sich. Nein, dachte sie, nein, das kommt nicht infrage. Dieser Mann spielte nicht in ihrer Liga. Genauso gut hätte er von einem anderen Stern stammen können. Allein die Vorstellung, ihm an einem Tisch gegenüberzusitzen, war absurd – auch wenn sie es sich seit gestern oft ausgemalt hatte! Sie würde kein vernünftiges Wort herausbringen. Und wie er sie ansah … so, als wollte er sie zum Dinner!

„Es tut mir leid“, sagte sie steif und entzog ihm ihre Hand. „Ich … ich bin bereits verabredet. Trotzdem vielen Dank für die Einladung.“

Er blickte ihr in die Augen. Unendlich lange, wie ihr schien. Dann zuckte er unbekümmert die Schultern, und sein Gesicht wurde ausdruckslos. „Verstehe.“

Ich habe ihn beleidigt, dachte sie unglücklich. Da sie nicht wusste, was sie sagen oder tun sollte, wandte sie sich ab und eilte zum Bus.

Atemlos ließ sie sich auf ihren Sitz sinken. Ihr war heiß, und ihre Haut prickelte dort, wo der Fremde sie angefasst hatte. Jane ignorierte Sherrys neugierigen Blick, sah aus dem Fenster und hing ihren Gedanken nach.

Wieder auf dem Festland, folgte sie den Ausflüglern zu ihrem Hotelbus. Eine Viertelstunde später fuhr der Bus auf das Gelände einer prächtigen Ferienanlage. Das elegante Resort strahlte Luxus und Reichtum aus. Inmitten tadellos gepflegter Rasenflächen und blühender Beete erhob sich ein strahlend weißes Gebäude im Hazienda-Stil. In der einsetzenden Dämmerung wirkten die Fenster sanft erleuchtet. Zarte Gardinen wehten in der Abendbrise. Dezent in Stein gemeißelt stand der Name des Resorts auf einer niedrigen Mauer. Erst jetzt fiel Jane auf, wie gut ihre Mitreisenden gekleidet waren.

Sie hatte am Tagesausflug eines Lézille-Hotels teilgenommen. Kein Wunder, dass ihr der Name bekannt vorgekommen war. Dem Besitzer der Insel gehörten offensichtlich auch die in der ganzen Welt verteilten Hotelanlagen, die stets in bester Lage zu finden und für ihre Pracht, ihre Exklusivität und Diskretion berühmt waren.

Zusammen mit den anderen Gästen betrat Jane die Hotelhalle, wo sich ihre Wege trennten. Sie sah sich suchend um, wo sie ihr Ticket nachlösen könnte, da blieb Sherry neben ihr stehen. „Hey, Jane, warum kommst du nicht heute Abend zum Essen hierher?“ Sie duzten sich inzwischen. „Wir haben uns mit einem netten Kerl aus Washington angefreundet, der hier in der Stadt arbeitet, und da du allein im Urlaub bist, könnten wir doch zu viert etwas unternehmen. Ich wette, er findet deinen britischen Akzent faszinierend.“

Fast hätte sie abgelehnt, doch dann sagte sie sich: Warum nicht? Sie lächelte Sherry an. „Gern.“

„Außerdem will ich alles über deine Unterhaltung mit dem umwerfenden Piloten wissen!“

Augenblicklich verging ihr das Lächeln. Darüber würde sie auf gar keinen Fall sprechen!

Sie verabschiedeten sich, und Jane machte sich auf die Suche nach dem verantwortlichen Manager. Als sie ihn gefunden hatte, bestand sie darauf, für den Ausflug zur Insel zu bezahlen, und kehrte zur Villa zurück.

Ein paar Stunden später saß Jane in einem Taxi und war unterwegs zum Hotel Lézille. Hoffentlich ist er groß, überlegte sie, als sie an den Mann aus Washington dachte. Jane brachte es auf gut einen Meter fünfundsiebzig und fand, ein kleinerer Mann würde neben ihr albern aussehen.

Er nicht, fuhr es ihr durch den Sinn. Selbst in High Heels würde sie immer noch zu ihm aufblicken müssen. Ihr Herz schlug schneller allein bei dem Gedanken, sie wäre jetzt auf dem Weg zu ihm.

Wenn du nicht so feige gewesen wärst und seine Einladung nicht abgelehnt hättest … Nein, sie wollte nicht daran erinnert werden.

Das Taxi hielt vor dem Hoteleingang. Jane vertrieb das Bild des schwarzhaarigen Südländers aus ihren Gedanken, während sie die Halle durchquerte und nach draußen zum Swimmingpool ging. Sherry hatte vorgeschlagen, das dort aufgebaute Büfett zu nutzen und am Pool zu essen.

Schon hatte sie sie entdeckt und hob den Arm, um Jane auf sich aufmerksam zu machen. In ihrem halblangen, mit glitzernden Pailletten besetzten Kleid war die Amerikanerin kaum zu übersehen. Jane schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch auf die kleine Gruppe zu, ohne zu merken, dass ihr bewundernde Blicke folgten.

Vor allem ein Mann auf der anderen Seite des Pools ließ sie nicht aus den Augen.

2. KAPITEL

„Jane! Das ist Pete – er hat sich vor ein paar Monaten von seiner Verlobten getrennt und ist hierhergezogen, weil er Abstand brauchte.“

Jane unterdrückte ein Lächeln. Sherry war ziemlich offen. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen“, sagte sie freundlich und streckte die Hand aus. „Ich bin Jane Vaughan.“

Er sah gut aus, hatte braunes Haar, braune Augen und ein nettes Lächeln. Das war alles. Kein Funkensprühen, kein Prickeln, als ihre Hände sich berührten. Erleichtert setzte sie sich. Zwischen den vieren kam schnell eine Unterhaltung in Gang, und als die Jazzcombo Tanzmusik anstimmte, erhob Pete sich und bat Jane um einen Tanz.

Entspannt glitt sie mit ihm über die Tanzfläche. Ja, damit kam sie viel besser klar als mit der überwältigenden Anziehungskraft jenes geheimnisvollen Fremden. Bei Pete fühlte sie sich sicher. Bei dem anderen … Sie erschauerte unwillkürlich.

Pete zog sie näher an sich. „Hey, ist dir kalt?“, fragte er besorgt. Sherry hatte längst dafür gesorgt, dass alle sich duzten.

„Nein!“, sagte sie rasch und lächelte beschwichtigend, als ihr auffiel, wie aufgeregt sie geklungen haben musste. „Nein, ich bin nur müde. Wollen wir uns wieder setzen?“

Als sie an den Tisch zurückkehrten, verabschiedete sich eine Frau lachend von Sherry. Diese wandte sich Jane mit leuchtenden Augen zu. „Du ahnst ja nicht, was ich gerade herausgefunden habe.“

„Was denn?“

Die Männer murmelten etwas von Frauen und Klatsch und verzogen sich an die Bar. Jane fühlte sich ein wenig unbehaglich, als Sherry sich über den Tisch beugte und mit verschwörerischer Stimme ihre Neuigkeiten weitergab. Sie flüsterte zwar, aber nicht so leise, dass niemand außer ihr etwas hätte hören können.

„Dieser Typ – weißt du, der tolle Kerl von vorhin – also, sieh nicht hin, aber er ist direkt hinter dir auf der anderen Seite des Pools. Und er schaut genau hierher!“

Jane setzte sich kerzengerade hin. Ihr Herz schlug schneller, und sie konnte sich gerade noch beherrschen, sich nicht umzudrehen. Dafür sah Sherry ihr prüfend über die Schulter und runzelte die Stirn. Ein Ausdruck des Bedauerns erschien auf ihrem hübschen Gesicht.

„Verflixt, er ist weg. Macht nichts. Warte, bis ich dir erzähle, was ich eben von Tilly Brown gehört habe. Er ist Mr. Island höchstpersönlich!“ Als Jane sie nur verständnislos anblickte, seufzte sie ergeben. „Ihm gehört die Insel, auf der wir heute waren. Er ist der Milliardär. Und er heißt – lass dir das mal auf der Zunge zergehen – Xavier Salgado-Lézille. Das Hotel gehört ihm auch. Ist das nicht wahnsinnig? Wenn ich daran denke, dass wir ihn gesehen haben und keine Ahnung hatten. Zu blöd …“

Sherry plapperte munter weiter, während Jane einiges klar wurde. Es überraschte sie nicht, dass er kurz angebunden reagiert hatte, als sie seine Einladung ablehnte. Sicher gab es nicht viele Frauen, die ihm einen Korb gaben.

„Und das Beste ist“, fuhr Sherry fort und machte eine Kunstpause, „er ist Junggeselle. Na ja, ein unverbesserlicher Playboy, unfähig, sich auf eine dauerhafte Beziehung einzulassen, wie manche sagen. Sie nennen ihn Prinz der Nacht, wegen seiner schwarzen Haare und weil er oft so finster dreinblickt, und …“

„Sie sollten nicht alles glauben, was die Leute sagen.“

Beim Klang der stahlharten, tiefen Stimme blickten beide auf. Das Objekt ihrer Unterhaltung stand an ihrem Tisch, gekleidet in einen maßgeschneiderten Smoking, der dem Mann eine Aura von Macht und Eleganz verlieh. Er, der Jane bis in ihre Träume verfolgt hatte, besaß einen Namen – und eine Insel, eine Hotelkette, ein Weingut und einen Ruf. Ihr schwirrte der Kopf. Sherry wurde nicht einmal rot, aber Jane bekam heiße Wangen. Sie dachte daran, wie sie und Sherry die Köpfe zusammengesteckt hatten, und wäre am liebsten vor Scham im Boden versunken.

Sherry fing sich als Erste. „Oh, Mr. Salgado-Lézille … Möchten Sie uns nicht Gesellschaft leisten?“

„Bitte, Mr. Salgado genügt. Der volle Name … ist der reinste Zungenbrecher.“

Jane zuckte zusammen und errötete noch tiefer. Er nickte Sherry zu, wandte sich an Jane und streckte die Hand aus. Eine klare Aufforderung zum Tanz. Sie konnte nicht ablehnen. Nicht nach dem, was gerade passiert war. Wortlos legte sie ihre schmale Hand in seine große und spürte sofort das elektrisierende Prickeln.

Auf der Tanzfläche zog er sie in die Arme. Jane wahrte mühsam die Fassung. Das war es, wovor sie vor Kurzem noch Angst gehabt hatte: das Gefühl dahinzuschmelzen, die Erregung, als sie sich ihres Körpers mehr und mehr bewusst wurde. Jede Bewegung wurde zu einem erotischen Spiel. Der Männerduft, der ihr in die Nase stieg, war frisch und verführerisch zugleich.

Keiner von ihnen sagte etwas, während sie sich in perfekter Harmonie bewegten. Er hielt Jane sicher im Arm und hatte mit der anderen Hand ihre umfasst, sodass sie an seiner Brust lag. Als das Stück endete, wollte Jane sich ihm entziehen, aber er ließ es nicht zu.

„Meinen Sie nicht, dass Sie mir wenigstens noch einen Tanz schulden?“

Sie hob den Kopf und sah ihm dann direkt in die Augen. „N…natürlich.“

Das Licht der unzähligen Kerzen rundherum brachte seine Augen zum Glitzern. Er lächelte kurz, schwieg aber.

Es machte sie verlegen, schweigend mit ihm zu tanzen. Sie hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, deshalb platzte sie heraus: „Es tut mir leid wegen Sherry. Eigentlich kenne ich sie noch nicht sehr gut, und es wäre mir sehr unangenehm, wenn Sie glaubten, Sie wären Gegenstand unserer …“ Sie unterbrach sich. Schließlich hatte sie sich Sherrys Schilderungen mit angehaltenem Atem angehört. „Ich dachte, Sie wären einer der Piloten.“

Im nächsten Moment hätte sie sich die Zunge abbeißen mögen. Leider konnte sie die Worte nicht zurücknehmen.

„So? Das hätte ich wissen müssen. Selbstverständlich ist es einfacher, mit einem Hotelbesitzer zu tanzen – oder zu Abend zu essen – als mit einem schlichten Piloten.“

Steif lehnte sie sich zurück, soweit sein Griff es zuließ. „Das habe ich nicht gemeint“, erklärte sie gekränkt. „Es hatte nichts damit zu tun, Mr. Salgado. Der Grund, warum ich Ihre Einladung abgelehnt habe, war …“ Nein, sie konnte ihm nicht sagen, dass sie Angst gehabt hatte, mit ihm allein zu sein.

„Ja?“, fragte er sanft und zog eine Augenbraue hoch.

„Ich … Nun, wie Sie sehen, hatte ich mich bereits mit Sherry und Brad verabredet.“ In Gedanken kreuzte sie die Finger. Sie hasste Lügen, aber in diesem Fall war es eine Notlüge, um sich zu schützen. „Ich wohne nicht im Hotel, sondern in der Villa einer Freundin, die mich leider nicht in den Urlaub begleiten konnte. Also bin ich allein hier. Heute hatte ich versehentlich das Ausflugsschiff zu Ihrer Insel bestiegen, wo ich Sherry und Brad kennenlernte, und die beiden luden mich zum Abendessen ein.“

Das war nicht ganz gelogen. Ihre Einladung war nur nach seiner gekommen.

Er runzelte die Stirn. „Der Reiseleiter hat mir erzählt, jemand sei aus Versehen in der Tagesausflugsgruppe gelandet und habe darauf bestanden, für die Veranstaltung zu bezahlen … Das waren Sie?“

„Ja, es sei denn, es gab noch jemand anders.“

„Was für ein rätselhaftes Wesen Sie doch sind, Miss …?“

„Vaughan. Jane Vaughan.“

Mr. Salgado trat einen Schritt zurück und deutete eine höfliche Verbeugung an, ehe er wieder ihre Hand nahm. „Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Vaughan.“

Und dann küsste er ihr die Hand. Sie spürte seine warmen Lippen auf ihrer Haut, zart nur und doch unglaublich erregend.

„Fangen wir von vorn an“, sagte er verführerisch leise und zog sie noch dichter an sich heran.

Jane kämpfte mit sich und verlor. Die Gefühle waren stärker als ihr Verstand. Sie barg den Kopf an seiner Schulter und schloss die Augen. Es war wundervoll.

Die Hand auf ihrem Rücken, zog er langsame, sinnliche Kreise auf ihrer nackten Haut. Sie spürte, wie ihre Brüste sich gegen den Stoff ihres Kleides drängten. Als er sich leicht bewegte, spürte sie seine Erregung deutlich an ihrem flachen Bauch und wich kurz zurück. Aber Xavier drückte sie nur noch fester an sich. „Bleiben Sie“, flüsterte er ihr heiser ins Ohr, „sonst werden alle sehen, was Sie hier mit mir machen.“

Heiße Röte überzog ihre Wangen. Die nächsten Minuten wurden zur süßen Qual. Jane hatte so etwas noch nie erlebt. Sie vergaß alles um sich her, bis auf ihn, während in ihr das Verlangen wie ein Feuer loderte.

Als sie schon glaubte, ihre Beine würden sie nicht länger tragen, löste er sich von ihr, hielt aber ihre Hand fest. Ihre Blicke trafen sich.

„Lassen Sie uns von hier verschwinden.“

Jane nickte schwach. Heftige Gefühle erfüllten sie. Sie wollte nicht vernünftig sein. Konnte diese zweite Chance nicht ungenutzt vergehen lassen.

Sie waren in der Nische zwischen Haupteingang und Empfangshalle. Zarte Musselinvorhänge trennten die beiden Bereiche voneinander. Plötzlich blieb Jane stehen. „Warten Sie! Ich kann nicht … ich bin mit Bekannten hier … mit Pete.“

Wie hatte sie das nur vergessen können? Es wäre grob unhöflich, einfach zu gehen.

Xavier sah sie an, musterte ihr Gesicht, die geröteten Wangen, die ausdrucksvollen blauen Augen. Auch er hatte ihre Bekannten vergessen und einzig und allein daran gedacht, dieses faszinierende Geschöpf für sich allein zu haben, irgendwo, wo er ungestört erkunden konnte, wie dieser sinnliche Mund sich unter seinem anfühlte und …

„Es tut mir leid, Mr. Salgado …“

„Xavier, bitte …“

Sie brachte es nicht fertig, ihn beim Vornamen zu nennen. „Ich muss zu den anderen zurück. Ich kann nicht einfach verschwinden.“

Als er nickte, versuchte sie, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Sicher glaubte er jetzt, sie treibe irgendein Spielchen mit ihm, und würde nichts mehr mit ihr zu tun haben wollen.

„Sie haben recht“, begann er. „Es wäre äußerst nachlässig von mir, Sie zu entführen. Aber Ihnen ist hoffentlich klar, dass ich, wenn Sie nicht Ihren Freunden verpflichtet wären, in diesem Augenblick … dies tun würde …“

Bevor sie wusste, wie ihr geschah, hatte er sie an sich gerissen und küsste sie. Sie seufzte überrascht, und er nutzte seinen Vorteil, um ihre leicht geöffneten Lippen zu erobern und mit einer Kühnheit zu erforschen, die ihr den Atem nahm. Ihre Zungen fanden sich zu einem erotischen Spiel. Jane klammerte sich an seine Schultern und ergab sich.

Widerstrebend hob Xavier den Kopf und betrachtete sie. Langsam schlug sie die Augen auf. Die blauen Augen, gerahmt von dichten Wimpern, wirkten verhangen, die vollen Lippen schimmerten feucht. Er spürte, wie sie in seinen Armen zitterte. Ja, sie würde ihm gehören. Es war nur eine Frage der Zeit.

Jane wich zurück, versuchte, ruhiger zu atmen, und konnte sich gerade noch davon abhalten, ihre Lippen zu berühren. Es war verrückt, aber sie hatte das Gefühl, als hätte er sie mit diesem einen Kuss in Besitz genommen. Sie hatte von solchen Küssen gehört, sie aber für übersteigerte Fantasien gehalten. Von Lisa, zum Beispiel, wenn sie von ihrer jüngsten Leidenschaft schwärmte. Inzwischen wusste sie es besser. Hätte er nicht aufgehört, wer weiß, wozu sie sich hätte hinreißen lassen, hier, an Ort und Stelle …

Ein einziger Kuss hatte genügt, ihr komplett den Verstand zu vernebeln.

„Ja … also … Ich muss jetzt …“

„Iss morgen mit mir zu Mittag.“

Er will mich wiedersehen?

Hilflos sah sie ihn an, holte einmal tief Luft. Sie fühlte sich wie eine Motte, die unaufhaltsam von einer Kerzenflamme angezogen wurde.

„Gern“, hörte sie sich sagen.

„In welcher Villa wohnst du?“

Sie nannte ihm die Adresse.

Bien. Ich hole dich mittags ab … bis dann.“

Ohne sich noch einmal nach ihr umzudrehen, ging er zurück in die Eingangshalle und verschwand im Fahrstuhl.

Benommen machte Jane sich auf den Weg zum Swimmingpool. Sherry begrüßte sie begeistert. Die Männer saßen offenbar immer noch an der Bar. Jane erschien es, als wäre eine Ewigkeit vergangen, seit Xavier sie zum Tanzen aufgefordert hatte.

Sie wehrte Sherrys Fragen ab, und als die beiden Männer wiederkamen, hatte der arme Pete keine Chance mehr. Er versuchte, sie beim Abschied auf den Mund zu küssen, aber sie hielt ihm die Wange hin. Allein der Gedanke, ein anderer Mann könnte sie dort berühren, wo Xavier sie berührt hatte, war ihr zuwider.

Die triumphierende Miene des Mannes, der von seiner Penthouse-Suite aus das Geschehen am Pool beobachtete, konnte sie natürlich nicht sehen.

Zurück in der Villa, fühlte Jane sich viel zu aufgewühlt, um schon schlafen zu können, und setzte sich hinaus auf die Terrasse. Unter ihr, am Fuß des Hügels, funkelten die Lichter der Stadt. Jane dachte an ihre Mutter und hoffte, dass sie eine ähnlich romantische Aussicht genoss. Sie verbrachte gerade auf Zypern ihre Flitterwochen mit Arthur, dem Mann, den sie vor einem Jahr kennengelernt hatte. Der Hochzeitstag der beiden war wundervoll gewesen. Wenn jemand spätes Liebesglück verdient hatte, dann ihre Mutter.

Janes Vater war im Alter von dreißig Jahren gestorben, als sie noch ein Baby gewesen war. Ihre Mutter musste von einem Tag auf den anderen allein zurechtkommen. Manchmal hatte sie drei Jobs gleichzeitig, um Essen auf dem Tisch zu haben und ihrer Tochter ein Studium zu ermöglichen, obwohl Jane später selbst hart mitarbeitete.

Sorgenvolle, anstrengende Jahre lagen hinter ihnen, aber endlich hatte ihre Mutter sich auf eine neue Liebe und ein neues Glück eingelassen. Auch für Jane konnte deshalb ein neues Leben beginnen.

Ab morgen.

Ein Schauer der Erwartung rieselte ihr über den Rücken, und sie stand auf und ging ins Haus.

3. KAPITEL

Jane schlief zehn Stunden durch. Als sie erwachte und auf ihre Armbanduhr sah, konnte sie es kaum glauben. Ihr blieb eine knappe Stunde, bis Xavier sie zum Mittagessen abholen würde!

Sie sprang aus dem Bett, duschte schnell, trocknete sich ab und zog ein schwarz-weiß gestreiftes rückenfreies Top an. Dazu eine weiße Hose, Espadrilles und große Kreolen. Sie strich sich gerade das Haar zurück, um den Ohrschmuck besser zur Geltung zu bringen, da klingelte es schon.

Sie holte ein paar Mal tief Luft, um die tausend Schmetterlinge zu beruhigen, die in ihrem Bauch flatterten, und ging zur Tür.

Jane öffnete, ihr Lächeln verschwand, und ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet. Er sieht atemberaubend aus, dachte sie. Xavier lehnte am Türrahmen, die Arme vor der breiten Brust verschränkt, sodass man seine beachtlichen Muskeln sah. Er trug ein verwaschenes schwarzes T-Shirt, Jeans und an den nackten Füßen Bootsschuhe. Jane errötete, als ihr bewusst wurde, dass sie ihn buchstäblich angestarrt hatte.

Rasch blickte sie wieder hoch. Seine Augen hinter der dunklen Sonnenbrille konnte sie nicht erkennen, aber das spöttische Lächeln war nicht zu übersehen.

„Ich hoffe, ich habe die Prüfung bestanden?“

Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihn anzulächeln. „Ja, das hast du.“

Sie bückte sich und griff nach der Tasche, in die sie ihren Bikini, einen Pareo und ein paar Dinge gepackt hatte, die sie vielleicht brauchen würde. Schließlich hatte er nicht gesagt, was er vorhatte.

Nachdem sie die Haustür zugezogen und abgeschlossen hatte, nahm er die Tasche und führte Jane zum Wagen.

Während er ihn geschickt durch die schmalen, gewundenen Gassen steuerte, entspannte sie sich allmählich und betrachtete die Umgebung. Trotzdem fiel ihr Blick immer wieder auf seine sonnengebräunten Hände mit den langen Fingern und den kurz geschnittenen Nägeln. Rasch schob sie die Sonnenbrille von der Stirn auf die Nase, damit er sie nicht wieder dabei ertappte, wie sie ihn musterte.

„Wie lange bleibst du?“, fragte er wie nebenbei.

„Noch eine Woche. Ich bin schon seit acht Tagen hier.“ Sie machte eine kleine Pause. „Oh, es ist wundervoll!“

„Was meinst du?“

In ihrer Nervosität fing sie an zu plappern. „Ausgeführt … herumgefahren zu werden. Ich habe einen Wagen gemietet, aber die Straßen hier sind ein einziges Labyrinth. Am ersten Tag habe ich eine Stunde gebraucht, um aus der Stadt den Weg zum Hügel hinauf zu finden.“

„Ich weiß, es wird immer verrückter, je mehr Touristen zu uns kommen. Wir hoffen, das gesamte Zentrum in absehbarer Zeit zu einer Fußgängerzone machen zu können.“

Seine Antwort erinnerte sie daran, mit wem sie es zu tun hatte.

Xavier warf ihr einen Seitenblick zu. „Das hat dir doch nicht die Sprache verschlagen, oder?“

Sie zuckte die Schultern. „Ich weiß, es hört sich wahrscheinlich albern an, aber ich vergesse immer wieder, dass du … wer du bist. Dir gehört diese ganze Insel, die Hotelkette. Vermutlich bin ich nur überwältigt. Ich renne dich auf der Straße fast über den Haufen, und nun sitze ich hier in deinem Wagen.“ Jane lachte verlegen auf.

Er sah sie scharf an, aber sie hatte das Gesicht abgewandt. Wenn das eine neue Masche war, so kannte er sie wirklich noch nicht. Meinte sie das ernst? Dass sie sich in seiner Gegenwart wohler fühlen würde, wenn er ein einfacher Pilot wäre? Normalerweise musste er seinen Status nicht herunterspielen, um eine Frau für sich zu gewinnen. Im Gegenteil!

Schön, wenn sie Spielchen spielte, wollte er mitmachen. Sie war faszinierend anders als alle anderen, die er kennengelernt hatte. Ob sie es nur vortäuschte oder nicht, konnte ihm allerdings egal sein. Schließlich wollte er sie nicht heiraten. Eine Affäre würde ihm reichen.

Sein Blick glitt zu ihren langen, wohlgeformten Beinen. Unwillkürlich stellte er sich vor, wie sie sie um seinen nackten Rücken schlang. Die erotischen Bilder hatten handfeste Folgen. Xavier unterdrückte ein ironisches Lächeln. Für gewöhnlich war er in der Lage, seine Hormone zu kontrollieren. Er konnte sich nicht erinnern, dass eine Frau je ein solch heftiges Verlangen in ihm ausgelöst hätte.

Xavier umklammerte das Steuer fester und konzentrierte sich auf die Straße. „Aha, du gibst also zu, dass du mich fast umgerannt hättest, nicht umgekehrt?“

Jane sah ihn an und war erleichtert, als er ihr ein charmantes, neckendes Lächeln schenkte.

Meine Güte, er ist umwerfend!

„Ich dachte, wir fahren ein bisschen mit meinem Boot raus. Ich kenne eine abgelegene, kleine Bucht hier in der Nähe, in die sich selten ein Tourist verirrt. Wir könnten schwimmen gehen und hinterher picknicken.“

Sie beschloss, alles andere zu vergessen und diesen Tag zu genießen. „Das hört sich gut an.“

Er parkte den Wagen und nahm einen Picknickkorb aus dem Kofferraum, ehe er Jane zu einem privaten Jachthafen führte, in dem ein elegantes Boot sich an das andere reihte. Seines war ein schmales, schnittiges Modell mit einer kleinen Kajüte unter Deck.

„So kommst du zur Insel und zurück aufs Festland?“

„Ja, oder ich nehme den Hubschrauber. Damit brauche ich nur fünfzehn Minuten.“

Natürlich … er nimmt den Hubschrauber.

Jane hatte Mühe, sich ihre Verunsicherung nicht anmerken zu lassen, bei so viel offensichtlichem Reichtum. Als er ihr an Deck half, vergaß sie jedoch alles. Sie spürte seine starken Hände oberhalb ihrer Taille, fast an ihren Brüsten. Mit klopfendem Herzen trat sie an die gegenüberliegende Reling, wagte nicht, ihn anzuschauen. In der Ferne entdeckte sie Touristen, die sich vor den Ausflugsbooten aufgestellt hatten. Genau dort war sie gestern gewesen, und wenn sie sich nicht zufällig bei der einen Schlange angestellt hätte …

Xavier zeigte ihr einen bequemen Platz und startete den Motor. Der Wind strich angenehm kühl über ihre Haut. Jane schloss die Augen und hob das Gesicht der Sonne entgegen.

Als sie die Augen wieder öffnete, bemerkte sie, dass er sie betrachtete. Aber er sah nicht weg, sondern hielt ihren Blick fest. Der Ausdruck in seinen grünen Augen war unmissverständlich. Janes Puls beschleunigte sich. Sofort kam die lebhafte Erinnerung an den gestrigen Kuss zurück … seine warmen Lippen auf ihren, seine muskulöse Brust an ihren Brüsten … Sie unterbrach den Blickkontakt als Erste und schob die Sonnenbrille vor die Augen. Xavier verzog den Mund zu einem ironischen Lächeln. Sie hatte es schon einmal bei ihm gesehen, damals auf der Straße. Als wäre er sich seiner Wirkung auf sie voll bewusst.

Sie verließen den Jachthafen, folgten der Küstenlinie, und Jane bewunderte die herrschaftlichen Anwesen mit ihren eleganten Häusern und Villen, die vom Meer aus noch besser zu sehen waren. Wegen des Motorenlärms war es nicht möglich, eine Unterhaltung zu führen, aber Jane gefiel es, Xavier ausgiebig zu mustern, wenn er es nicht mitbekam. Sie konnte sich an ihm nicht sattsehen. So etwas war ihr bisher noch bei keinem Mann passiert.

Eine einsame Bucht kam in Sicht. Nachdem er in kurzer Entfernung zum Strand vor Anker gegangen war, deutete Xavier auf die Kajüte. „Du kannst dich gern schon hier umziehen und deine Sachen an Bord lassen.“

„Danke“, erwiderte sie in unbekümmertem Ton, obwohl sie alles andere als unbekümmert war.

Hastig, weil sie halb fürchtete, er würde den Niedergang herunterkommen, zog sie sich um. Bisher hatte sie mit ihrem Bikini kein Problem gehabt, aber er schien plötzlich geschrumpft zu sein. War er schon immer so knapp gewesen? Sie zupfte und zerrte an ihm herum. Unsinn, schalt sie sich und fing an, sich einzucremen, Xavier hat bestimmt schon sparsamere Modelle gesehen!

Als sie wieder an Deck kam, glänzte ihre helle Haut leicht von Sonnenlotion. Xavier hielt unwillkürlich den Atem an. Wie ein lüsterner Teenager starrte er auf Janes große, herrlich geformte Brüste, die schmale Taille und die sanft geschwungenen Hüften, um die sie ein hauchdünnes Tuch geschlungen hatte. Sie wirkte schüchtern und vermied es, ihm in die Augen zu sehen, die hinter der dunklen Sonnenbrille verborgen waren. Unerwartet und genauso heftig wie sein Verlangen nach ihr überkam ihn das Bedürfnis, sie zu beruhigen und zu beschützen. Solche Gefühlsregungen waren ihm fremd, wenn es um Frauen ging. Vor allem Frauen, die er noch keine achtundvierzig Stunden kannte.

„Das Wasser ist hier nur hüfthoch“, sagte er barscher als beabsichtigt, „du kannst ans Ufer gehen.“

Er musste sich zwingen, sie nicht anzustarren, als sie den Pareo abnahm und einen perfekten Po im knappen Bikinihöschen und endlos lange Beine enthüllte. Ihre Befangenheit passte nicht zu ihrem hinreißenden Körper. Ein Körper, wie geschaffen für sinnliche Lust und erotisches Vergnügen. Mein Vergnügen, dachte Xavier.

Jane war dankbar für die Abkühlung, da sie sich bei jeder Bewegung des attraktiven Mannes bewusst war, der sich über die Reling lehnte.

„Okay?“

„Ja … sicher.“

Halb schwamm sie, halb watete sie an Land, froh darüber, einen Moment für sich zu sein. Schon mit Kleidung war er beeindruckend gewesen, aber in Badehose war er geradezu atemberaubend. Noch nie hatte sie solch einen perfekten Männerkörper gesehen. Natürlich hatte sie versucht, nicht hinzusehen, aber ein kurzer Blick hatte genügt, um sich die breite, sonnengebräunte Brust einzuprägen, die dunklen Härchen, die sich über seinen flachen Bauch zu einer Linie verjüngten und unter dem Saum der Badehose verschwanden.

Sie setzte sich auf ihren Pareo, zog die Knie an und schlang die Arme darum. Xavier kam auf sie zu, in einer Hand den Picknickkorb. Sein schwarzes Haar schimmerte in der Sonne, während seine muskulösen Beine das Wasser teilten. Gut, dass sie ihre Sonnenbrille aufhatte. So fühlte sie sich wenigstens ein bisschen geschützt.

Zu ihrer Erleichterung verhielt Xavier sich völlig normal. Genauso gut hätten sie vollständig bekleidet im Hotelrestaurant sitzen können.

Er holte eine Decke aus dem Korb und breitete sie aus. Danach förderte er eine Auswahl verschiedener Köstlichkeiten zutage: Oliven, frisches Brot, Käse, Schinken, gebratenes Hühnchen und Leberpastete.

„Das reicht ja für eine ganze Armee.“

„Nun, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich habe einen Bärenhunger.“

„Ich weiß gar nicht, womit ich anfangen soll.“

„Warum nicht hiermit?“ Er entkorkte eine Flasche Champagner, die in einer Kühlmanschette kalt gehalten wurde, füllte zwei Gläser und hielt ihr eins hin.

„Auf … die Begegnung mit dir.“

„Auf die Begegnung mit dir“, wiederholte sie, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte.

Jane beschlich ein seltsames Gefühl, während sie den ersten prickelnden Schluck nahm. Die Art, wie Xavier ihr einen Teller füllte, hatte etwas Erprobtes – so, als hätte er das schon hundertmal gemacht.

„Kommst du oft hierher?“, fragte sie leichthin.

Er hielt mitten in der Bewegung inne und blickte sie scharf an. „Wenn du wissen willst, ob ich Frauen hergebracht habe, lautet die Antwort Ja.“

Seine Aufrichtigkeit erstaunte sie. Es gefiel ihr, dass er nicht versucht hatte, ihr etwas vorzumachen. Andererseits verspürte sie einen Stich bei dem Gedanken, dass sie die vorläufig letzte in einer langen Reihe unzweifelhaft schönerer Frauen als sie war.

„Allerdings ist das letzte Mal schon eine Weile her“, fuhr er fort. „Außerdem waren es nicht so viele, wie du dir vielleicht vorstellst. Ich bevorzuge diesen Strand seit meiner Teenagerzeit. Er ist ein wunderbarer Platz für entspannte Stunden mit Freundinnen und Freunden – und nicht in erster Linie ein Ort, um Frauen zu verführen.“

„Oh … natürlich nicht. Das habe ich auch keine Sekunde geglaubt.“

„Hast du doch“, sagte er und reichte ihr den Teller, „aber vermutlich kann ich es dir nicht einmal übel nehmen.“

Jane wurde rot und konzentrierte sich auf das Picknick. Wenn es etwas gab, womit sie sich ablenken konnte, dann war es Essen. Genüsslich ließ sie es sich schmecken. Erst nach einer Weile schaute sie wieder auf und bemerkte, dass Xavier sie anstarrte.

„Was ist?“ Sie wischte sich mit der Serviette den Mund ab. „Habe ich irgendwo Essensreste im Gesicht?“

Er schüttelte den Kopf und nahm die Sonnenbrille ab. „Ich glaube, ich habe noch nie eine Frau so essen sehen wie dich. Du siehst aus, als würdest du erst aufhören, wenn der letzte Bissen vertilgt ist.“

Sie lächelte selbstironisch. „Mein Appetit ist legendär. Ich war schon immer ein guter Esser.“

„Bitte, lass dich nicht stören. Es gefällt mir, einer Frau zuzusehen, die ihre Mahlzeit offensichtlich genießt.“

Plötzlich verlegen, trank sie einen Schluck Champagner, um ihre trockene Kehle anzufeuchten, und versuchte dann, unbefangen weiterzuessen. Aber da er ständig auf ihren Mund sah, fiel es ihr schwer. Mit Mühe schluckte sie ein Stück Käse hinunter.

„Die Geschichte deiner Insel ist hochinteressant … nach dem, was ich im Museum gelesen habe. Ist es wahr, dass deine Familie seit Jahrhunderten hier lebt?“

Endlich nahm er den Blick von ihren Lippen. „Ja. Meine Vorfahren bekamen sie im zwölften Jahrhundert von der französischen Königsfamilie geschenkt. Ursprünglich stammen wir aus Aragonien in Spanien. Meine Ahnen fügten den Namen der Insel an ihren an, und daraus wurde Salgado-Lézille.“

„Gibt es außer dir noch Nachkommen?“

Sein Gesicht wurde ausdruckslos. „Nein, ich bin der Einzige. Kaum zu glauben, aber die Familie könnte mit mir aussterben. Ich bin Einzelkind, meine Mutter starb, als ich fünf war, und mein Vater hat nie wieder geheiratet. Er starb, als ich Anfang zwanzig war.“

Jane schob die Sonnenbrille hoch ins Haar. „Das tut mir leid“, sagte sie teilnahmsvoll. „Er muss sie sehr geliebt haben. Mein Vater starb auch, als ich klein war … noch ein Baby. Aber ich habe wenigstens meine Mutter.“

Xavier sah ihr in die Augen, erfasst von einem ungewohnten Gefühl. So als würde er den Boden unter den Füßen verlieren. Wie waren sie plötzlich auf dieses Thema gekommen?

Sie blickte aufs Meer hinaus und schüttelte den Kopf. „Mir ist nur gerade eingefallen, was ich über das Erdbeben gelesen habe. War deine Familie betroffen?“

„Ja. Bis auf meine Urgroßeltern sind alle dabei umgekommen und natürlich viele Inselbewohner. Ganze Familien wurden ausgelöscht.“

„Wie furchtbar. Es muss Generationen gedauert haben, bis die Menschen vergessen hatten und sich ein neues Leben aufbauen konnten …“

„Wir haben vor ein paar Jahren eine besondere Gedenkstätte errichten lassen. Es sind Hunderte von Namen in den Stein gemeißelt.“

Jane wandte sich ihm wieder zu. Ihre Augen schimmerten verdächtig, und es berührte ihn mehr, als er erwartet hätte. „Das ist eine wundervolle Geste. Ich wünschte, ich hätte sie gesehen. Warum gehörte sie nicht mit zur Tour?“

Er zuckte die Schultern. „Die Grotte ist nicht groß und hätte für Fremde keine Bedeutung. Es ist ein sehr persönlicher Ort der Stille für die Einheimischen.“ Xavier betrachtete sie von der Seite. „Wenn du möchtest, kannst du morgen wieder mit mir herkommen, und ich zeige sie dir.“

„Wirklich?“

Bei dem Gedanken, ihn morgen wiederzusehen, wurde sie ganz aufgeregt.

Er nickte, sagte aber nichts. Stattdessen füllte er ihr Glas, ohne sie anzusehen.

„Ich gehe eine Runde schwimmen“, sagte er dann. „Du solltest nach dem Essen damit noch ein bisschen warten.“

Jane unterdrückte ein Lächeln. Er hielt sich wohl für so fit, dass ein Bad im Meer direkt nach einer Mahlzeit ihm nichts anhaben könnte. Allerdings musste sie zugeben, dass er durchtrainiert aussah, als sie seinen breiten Rücken und die kraftvollen Beine musterte.

Sie legte sich auf ihren Pareo und fühlte sich herrlich entspannt. Der Himmel war leicht bedeckt, sodass die Sonne nicht mit voller Kraft auf sie herabbrannte, und das leise Plätschern der Wellen machte sie schläfrig.

Eine Weile später schreckte sie aus dem Schlaf hoch. Xavier lag, lang ausgestreckt, mit geschlossenen Augen neben ihr. Jane betrachtete ihn.

„Bis du zufrieden mit dem, was du siehst?“, fragte er plötzlich und öffnete ein Auge.

Rasch setzte sie sich auf. „Ich glaube, ich gehe jetzt schwimmen.“

„Ich komme mit.“ Geschmeidig erhob er sich und streckte ihr die Hand entgegen. Sie zögerte kurz, ehe sie sie ergriff.

Das Wasser war kühl. Als Jane tief genug drin war, entzog sie Xavier die Hand, tauchte kopfüber in die nächste Welle und schwamm so lange unter Wasser, bis ihr die Luft knapp wurde. Dann durchstieß sie die Oberfläche und schüttelte den Kopf, dass die Tropfen flogen. Die Sonne brachte das Meer zum Glitzern, es war ein herrlicher Anblick.

Sie sah sich um und entdeckte Xaviers dunklen Haarschopf. Mit kräftigen Bewegungen schwamm Xavier auf sie zu. Atemlos trat sie Wasser und sah ihm entgegen.

Einen halben Meter von ihr entfernt verharrte er. Stumm sahen sie einander an. Da streckte er die Hände nach ihr aus, und sie glitt zu ihm. Er legte sich ihre Arme um den Hals, und spontan schlang sie die Beine um seine Taille, um Halt zu finden. Sie hatte keinen Boden unter den Füßen, in mehr als nur einer Hinsicht.

Die Umgebung, der Mann, die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut … Jane dachte nur noch daran, sich ihrem Verlangen endlich hinzugeben. Sie bot ihm ihre Lippen und schloss die Augen. Als sie seinen festen Mund auf ihrem spürte, seufzte sie auf.

Xavier stützte mit einer Hand ihren Kopf, während er sie mit einem verführerischen Kuss verwöhnte. Langsam schob er die Zunge zwischen ihre Lippen, drängte Jane sanft, sich ihm zu öffnen. Sie tat es. Die Gefühle, die sie durchströmten, waren unbeschreiblich. Zwischen ihren Beinen setzte ein heißes Pochen ein, strahlte in ihren ganzen Körper aus, bis sie das Gefühl hatte zu schmelzen.

In dem Moment unterbrach Xavier seinen leidenschaftlichen Kuss und sah an ihr herunter. Ihre harten Knospen zeichneten sich deutlich unter dem dünnen Bikini ab. Xavier blickte auf. In seinen Augen brannte ein Begehren, das Jane erzittern ließ. Gleich darauf hob er sie auf die Arme und trug sie zurück zum Strand.

Dort legte er sie behutsam auf ihr Tuch, streckte sich neben ihr aus und strich mit der flachen Hand über ihren flachen Bauch.

„Du bist so schön …“

„Du auch“, flüsterte sie verlegen.

Er senkte den Kopf und beugte sich herab, um wieder ihren Mund zu erforschen. Jane bog sich ihm entgegen, streckte die Hand aus, bis sie seine Brust mit den weichen Härchen unter den Fingern spürte. Aus Versehen streifte sie mit ihrem Nagel eine Brustwarze.

Aufstöhnend löste er den Mund von ihrem. „Mal sehen, was passiert, wenn ich das mit dir mache.“

Ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatte er eine Brustspitze in den Mund genommen. Jane stieß einen leisen Schrei aus, als ein lustvolles Sehnen sie durchzuckte. Aber Xavier hörte nicht auf, sondern schob den Bikini beiseite, um mit der Zunge die feste, dunkle Spitze zu reizen. Keuchend ließ sie es geschehen, und als sie das Gefühl hatte, es nicht länger aushalten zu können, widmete er sich der anderen Knospe.

Jane erkannte sich kaum wieder. Mit beiden Händen wühlte sie in seinem Haar, bereit, ihn festzuhalten, falls er aufhören würde. Dies war unbekanntes Terrain für sie, aber sie konnte nicht anders, wollte mehr …

Sie spürte, wie seine Hand über ihren flachen Bauch glitt, tiefer, zum Saum ihrer Bikinihose. Er streichelte sie mit kreisenden Bewegungen, langsam und doch unendlich erotisch. Dann erst schob er die Finger in den Slip …

Erwartungsvoll hielt sie den Atem an. Ihr Körper spannte sich, ihr wurde heiß. Xavier massierte und rieb ihren empfindlichsten Punkt, bis sie nur noch Lust und Hitze spürte. Noch nie hatte jemand sie dort berührt.

Sie presste die Beine zusammen, aber er schob sie sanft wieder auseinander und setzte die sinnlichen Liebkosungen fort.

Kindergeschrei ließ sie beide erstarren.

Xavier reagierte zuerst und zog das Bikinioberteil wieder über ihre Brüste. „Wir bekommen Gesellschaft … zu schade“, murmelte er, während er sich davon überzeugte, dass sie anständig bedeckt war.

Eine zweite Jacht tauchte in der Bucht auf, und eine Horde Kinder hüpfte fröhlich kreischend von Bord. Lachend schwammen sie ans Ufer. Jane hoffte, dass sie zu weit weg gewesen waren, um etwas mitzubekommen. Sie wurde rot bei dem Gedanken, was passiert wäre, wenn Xavier und sie nicht gestört worden wären. Sie schämte sich. Was musste er von ihr denken? Ein einsamer Strand, ein bisschen Champagner, ein paar kulinarische Köstlichkeiten, und schon fiel sie ihm in die Arme. Typisch für das Klischee von der liebeshungrigen Touristin auf der Suche nach einem Urlaubsabenteuer!

Entsetzt über sich selbst, rückte sie von ihm ab und setzte sich auf, während sie den Pareo zusammenraffte und fest über ihren Brüsten verknotete.

„Es war … nett … aber vielleicht sollten wir jetzt zurückfahren. Du hast bestimmt Wichtiges zu tun.“

Sie konnte ihm nicht einmal in die Augen sehen. Rasch erhob sie sich. Im nächsten Moment war er aufgesprungen und drehte sie zu sich herum. Jane keuchte überrascht. Diesmal konnte sie seinem Blick nicht ausweichen, drohte in den grünen Tiefen zu versinken. Keiner von ihnen beachtete die Leute, die den Strand entlangkamen.

„Nett …?“ Ungläubig schüttelte er den Kopf. „Korrigiere mich, wenn ich mich irre, aber wenn man uns nicht gestört hätte, wärst du jetzt kurz vor einem Orgasmus.“

Das war deutlich. Jane wurde blass.

„Das W...

Autor

Abby Green
<p>Abby Green wurde in London geboren, wuchs aber in Dublin auf, da ihre Mutter unbändiges Heimweh nach ihrer irischen Heimat verspürte. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zu Büchern: Von Enid Blyton bis zu George Orwell – sie las alles, was ihr gefiel. Ihre Sommerferien verbrachte sie oft bei ihrer...
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Kelly Hunter
<p>Obwohl sie von Beruf Naturwissenschaftlerin ist, hatte Kelly Hunter schon immer eine Schwäche für Märchen und Fantasiewelten und findet nichts herrlicher, als sich in einem guten Buch zu verlieren. Sie ist glücklich verheiratet, hat zwei Kinder und drückt sich gerne davor, zu kochen und zu putzen. Trotz intensiver Bemühungen ihrer...
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India Grey
<p>India Grey liebte schon als kleines Mädchen romantische Liebesgeschichten. Mit 13 Jahren schrieb sie deshalb das erste Mal an den englischen Verlag Mills &amp; Boon, um die Writer's Guidelines anzufordern. Wie einen Schatz hütete sie diese in den nächsten zehn Jahren, begann zu studieren … und nahm sich jedes Jahr...
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