Traummänner & Traumziele: Einmal rund um die Welt 3

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VERFÜHRUNG IN LAS VEGAS von HEIDI RICE
Ohne Gepäck und Papiere – nur mit einem Bademantel bekleidet – sitzt Kate Denton in einem Luxushotel in Las Vegas fest. Woher soll sie bloß das Geld für den Rückflug nehmen? In ihrer Not wendet sie sich an den Hotelbesitzer Nicolas Boudreaux. Der ist nicht nur äußerst hilfsbereit, sondern auch so sexy, dass Kate sich in das heißeste Liebesabenteuer ihres Lebens stürzt. Doch was als Affäre begann, wird bald mehr: Gegen ihren Willen muss sie sich eingestehen: Sie ist dabei, unrettbar ihr Herz zu verlieren! Ausgerechnet an einen Mann, der behauptet, nicht lieben zu können …

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  • Erscheinungstag 19.05.2022
  • ISBN / Artikelnummer 9783751514583
  • Seitenanzahl 800
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Heidi Rice, Trish Morey, Susan Stephens, Barbara Wallace, Abby Green

Traummänner & Traumziele: Einmal rund um die Welt 3

Heidi Rice

Verführung in Las Vegas

IMPRESSUM

JULIA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG,
20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Brieffach 8500, 20350 Hamburg
Telefon: 040/347-25852
Fax: 040/347-25991

© 2008 by Heidi Rice
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 262009 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Bettina Röhricht

Fotos: gettyimages

Veröffentlicht im ePub Format im 12/2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86295-479-7

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

 

1. KAPITEL

„Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich keine Prostituierte bin!“ Kate Denton warf dem Mann auf der anderen Seite des Mahagoni-Schreibtisches einen Blick zu, der „mit mir ist nicht zu spaßen!“ bedeuten sollte. Angesichts der Tatsache, dass sie unter Jetlag litt, aufgewühlt und unter dem Hotel-Bademantel praktisch nackt war, gelang ihr das jedoch nur bedingt.

Der Mann antwortete nicht. Stattdessen tippte er unentwegt energisch mit einem Füller auf die Tischplatte, was in der Stille geradezu ohrenbetäubend wirkte. Die helle Sonne von Las Vegas schickte ihre Strahlen durch die Glaswand links von ihm, sodass sein Gesicht im Schatten lag und seine Miene nicht zu erkennen war, geschweige denn, was in ihm vorging.

Na super, dachte Kate, nachdem ich gerade die schlimmste Demütigung meines Lebens erlebt habe, werde ich nun von einem Hoteldirektor verhört, der sich für einen Gott hält.

Der Magen zog sich ihr zusammen, und sie wurde von einem unguten Vorgefühl ergriffen. Als der Hotelportier die Polizei hatte rufen wollen, hatte Kate darauf bestanden, mit dem Hoteldirektor zu sprechen. Doch sobald sie die luxuriösen Büroräume im Penthouse betreten hatte, waren ihr Zweifel gekommen. Dieser Mann verhielt sich nicht wie die Hoteldirektoren, denen sie bisher begegnet war.

Und offenbar genoss sein Berufsstand in den USA auch ein besonders hohes Ansehen, denn verglichen mit diesem Arbeitszimmer würde sogar das Oval Office im Weißen Haus schäbig wirken – edler blauer Teppichboden und Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichten und aus denen man aufgrund der großartigen Lage des Hotels einen fantastischen Blick auf den Las Vegas Strip hatte. Doch nicht nur wegen des Ausblicks war Kate schwindelig: Der Raum war so groß, dass ein eigener Sitzbereich mit drei edlen Ledersofas darin Platz fand. Und das tolle Gemälde an der Wand gegenüber stammte von einem zeitgenössischen Künstler, von dem Kate wusste, dass seine Werke Millionen kosteten. Außerdem hatte Kate bemerkt, dass draußen nicht nur eine Sekretärin Wache hielt, sondern gleich drei. Kein Wunder also, dass der Mann sich für einen Gott hielt.

Als er nun endlich etwas sagte, ließ seine angenehm tiefe Stimme Kate zu ihrem Ärger erschauern. „Ich habe gar nicht gesagt, dass ich Sie für eine Prostituierte halte, Honey.“

Kate biss die Zähne zusammen, als sie seinen leicht amüsierten Tonfall wahrnahm. „Wer hat Ihnen eigentlich erlaubt, mich ‚Honey‘ zu nennen?“ Sie war froh, dass es ihr gelang, leicht herablassend zu klingen.

„Dafür brauche ich keine Erlaubnis“, erwiderte der Mann trocken. „Immerhin hat die betreffende junge Dame versucht, eine Tür in meinem Hotel einzutreten, wobei sie nichts als einen BH und einen Tanga trug.“

Kate schluckte. „Ich trage einen richtigen Slip, keinen Tanga“, platzte sie heraus und errötete, als sie daran dachte, wie der Portier sie ertappt und in einen Bademantel gesteckt hatte. Dass ihr Hinterteil von minimal mehr Stoff bedeckt wurde, erschien ihr plötzlich nicht mehr von Bedeutung – dass sie diese Tatsache gegenüber dem Hoteldirektor angesprochen hatte, beschämte Kate dagegen zutiefst.

„Ob nun ein richtiger Slip oder nicht, jedenfalls haben Sie eine Ruhestörung verursacht.“

Was hat der eigentlich für ein Problem?, dachte Kate. Immerhin war man mit ihr unsanft umgesprungen. Ja, sie war laut geworden und hatte gegen die Tür getreten. Aber das hätte doch jeder getan, der praktisch nackt auf dem Flur eines Hotels ausgesperrt worden war.

„Ich wollte zurück ins Zimmer.“

„Aber es war nicht Ihr Zimmer, stimmt’s?“ Als der Mann sich vorbeugte und die Ellenbogen auf den Schreibtisch stützte, schien ihm die Sonne ins Gesicht.

Kates Herz begann, heftig zu schlagen, denn ihr Gegenüber hatte ein unglaublich attraktives sonnengebräuntes Gesicht und grüne Augen, mit denen er sie eindringlich ansah. Schwarze Augenbrauen, markante Wangenknochen und dunkles lockiges Haar betonten seine maskuline Schönheit. Er ließ sich nicht anmerken, was in ihm vorging, und wirkte gleichzeitig einfach unwiderstehlich.

Wartete er etwa darauf, dass sie anfing dahinzuschmelzen? Kate zog den Gürtel des Bademantels enger zusammen und beschloss, auf keinen Fall schwach zu werden. Zum Glück war sie momentan ziemlich immun gegen Alpha-Männchen.

„Doch, es war mein Zimmer, oder zumindest hätte es das sein sollen“, entgegnete sie, schlang die Arme um ihren Körper und spürte die kalte Luft aus der Klimaanlage an ihren nackten Beinen.

Als der Mann den Blick über sie gleiten ließ, erschauerte sie. Na gut, dachte sie, vielleicht bin ich doch nicht so ganz immun.

„Sie werden nicht als Hotelgast geführt“, stellte ihr Gegenüber fest. „Mr. Rocastle dagegen schon. Und er hat sich über Sie beschwert. Erklären Sie mir doch bitte, warum ich Sie mitsamt Ihres ‚richtigen Slips‘ nicht einfach rauswerfen sollte.“ Wieder hatte seine Stimme jenen leicht amüsierten Ton.

Andrew Rocastle hatte sie reingelegt, sie praktisch überfallen und gedemütigt – und dieser Kerl schien das auch noch lustig zu finden!

„Ich kann nichts dafür, dass Mr. Rocastle meinen Namen heute Morgen beim Einchecken nicht angegeben hat. Und ich ging davon aus, dass er zwei Einzelzimmer gebucht hatte“, sagte Kate, noch immer aufgebracht wegen Andrews hinterlistigem Annäherungsversuch. „Außerdem bin ich Ihnen keine Erklärung schuldig. Schließlich sind Sie Hoteldirektor und nicht meine Mutter.“

Nicolas Boudreaux zog die Augenbrauen hoch. Die junge Frau sah so zart aus, hatte aber eine ziemlich große Klappe. Er hielt sich nicht für eingebildet, aber in der Regel verhielten sich Frauen ihm gegenüber wesentlich liebenswürdiger. Eine solche Feindseligkeit hatte er noch nie erlebt.

Normalerweise erfuhr er als Hoteldirektor von solchen Vorkommnissen gar nichts und brauchte sich erst recht nicht damit zu befassen. Doch da der Manager des „Phoenix“ heute freihatte und sein Stellvertreter eine Weiterbildung machte, hatte der Portier Nicolas’ Assistentin von der Angelegenheit berichtet. Aus Neugier hatte Nicolas nachgefragt, und da er sich den Rest der Woche freigehalten hatte, um sich auf eine Reise nach Kalifornien vorzubereiten, war ihm zum ersten Mal seit fast zehn Jahren langweilig gewesen.

Doch mit der Langeweile war es in dem Moment vorbei gewesen, als dieses streitlustige kleine Temperamentbündel in seinem Büro aufgetaucht war – in einem Bademantel und in äußerst kämpferischer Stimmung. Aus irgendeinem Grund fand Nicolas ihre frechen Retourkutschen äußerst unterhaltsam. Außerdem malte er sich aus, wie sie wohl auf dem Hotelflur ausgesehen hatte – ohne den Bademantel …

„Ich bin nicht nur der Direktor, sondern das Hotel gehört mir auch, ebenso wie zwei weitere im Südwesten.“

„Wie schön für Sie“, entgegnete die junge Frau, doch ihre Worte erzielten nicht die gewünschte Wirkung, weil ein Ausdruck von Panik über ihr Gesicht glitt.

„Alles, was hier passiert, geht mich etwas an. Das ist mir sehr wichtig“, fügte Nicolas hinzu und sah sie mit undurchdringlicher Miene an. Schließlich hätte er in seiner Jugend kein Vermögen beim Pokern machen können, wenn er sein Blatt zu früh gezeigt hätte. So einfach wollte er die junge Frau nicht davonkommen lassen. Immerhin hatte sie eine Störung verursacht, und er wollte unbedingt erfahren warum.

„Vielleicht sollte es Ihnen dann auch wichtig sein, dass ich meine Kleidung wiederbekomme“, erwiderte sie wütend.

Um Nicolas’ Mund zuckte es leicht. Mit ihrem blonden Haar, das ihr Gesicht in ungebändigten Wellen umrahmte, ihren zu einem empörten Schmollen verzogenen sinnlichen Lippen und ihren runden, funkelnden, blaugrünen Augen wirkte sie sehr süß, sehr wütend und sehr sexy. Wie eine Elfe, die ihre Aggressionen nicht im Griff hatte. Unwillkürlich verzog sich sein Mund zu einem Lächeln.

Die junge Frau kniff die Augen zusammen. „Finden Sie das Ganze etwa lustig?“, sagte sie mit eindeutig britischem Akzent.

Eigentlich hätte ihre Aussprache ihn an dünnen Tee und prahlerische Aristokraten erinnern müssen – zwei der Dinge, die er während der Jahre, die er als Teenager in London verbracht hatte, besonders gehasst hatte – doch bei dem leicht rauchigen, verführerischen Unterton musste er an zerwühltes Bettzeug und warme duftende Haut denken.

Nicolas räusperte sich. „Nein, als lustig würde ich es nicht bezeichnen. Und Sie werden Ihre Kleidung wiederbekommen. Aber zuerst möchte ich wissen, was Sie und Rocastle verbindet und was er getan hat, damit Sie beinahe Sachschaden in meinem Hotel angerichtet hätten.“

Kate fühlte sich in die Ecke gedrängt. „Ich bin seine Assistentin, oder zumindest war ich das mal.“ Sie hob das Kinn und riss sich mit aller Macht zusammen, damit ihre Stimme nicht zitterte. „Er wollte unsere Beziehung ‚auf eine neue Ebene führen‘, und ich nicht. Das ist alles.“

Vielleicht würde dieser neugierige amerikanische Adonis sie nun endlich gehen lassen. Er hatte ihr einen so glühenden Blick zugeworfen, als könnte er durch den Bademantel hindurchsehen. Das war nicht gut für ihren Puls und ebenso wenig für ihren Seelenfrieden.

Denn wie, um alles in der Welt, konnte sie diesen Mann nur attraktiv finden? Zugegeben, er sah einfach fantastisch aus, aber bisher hatte er sich als sehr von sich überzeugt und unsensibel erwiesen.

„Verstehe“, sagte er jetzt mit leicht ironischem Tonfall. „Und das haben Sie ihm in Ihrer Unterwäsche mitgeteilt?“

„Ich wollte gerade duschen und wusste nicht, dass er die Suite für uns beide zusammen gebucht hatte.“ Kate kämpfte gegen die Tränen an, die ihr in die Augen stiegen. Hätte sie früher begriffen, warum Andrew sie eingestellt hatte, dann hätte sie zumindest einen Teil ihres Stolzes retten können. Dass sie dumm genug gewesen war, ihm zu vertrauen, schmerzte sie mehr als alles andere.

„Ich verstehe immer noch nicht, was Sie das alles angeht. Werden Sie mich anzeigen oder nicht?“

„Eher nicht“, erwiderte ihr Gegenüber nach einem kurzen Moment, der ihr wie eine Ewigkeit vorkam.

„Vielen Dank“, sagte Kate zutiefst erleichtert und stand auf.

„Moment, noch sind wir nicht fertig.“ Zu ihrem Entsetzen stand er auf und kam auf sie zu.

Er war sehr groß und schlank, und seine breiten Schultern zeichneten sich durch das feine Hemd aus teurem weißen Leinen ab. Sie selbst war nur ein Meter dreiundsechzig groß und musste also zu ihm aufschauen.

„Ich wüsste nicht, was wir noch zu besprechen hätten“, erwiderte sie, doch ihre Stimme bebte leicht.

„Ach, zum Beispiel …“, begann er langsam, hielt jedoch wieder inne, weil das Telefon klingelte. „Rühren Sie sich nicht von der Stelle.“ Er zeigte mit dem Finger auf sie, als wäre sie ein dressierter Beagle. Dann nahm er den Hörer ab und meldete sich barsch: „Boudreaux.“

Kate war wütend, doch ohne die Erlaubnis des Sexgottes würde sie sich ihre Sachen nicht aus Andrews Zimmer holen können.

„Hat er gesagt, wo er hinwollte?“, fragte der ‚Sexgott‘ ins Telefon und hörte dann aufmerksam zu, während er ihr Gesicht betrachtete. „Und was ist mit dem Pass?“ Er fluchte leise und strich sich durch die kurzen Locken.

Schließlich knallte er den Hörer auf die Gabel und wies mit dem Kinn auf einen ledergepolsterten Stuhl. „Setzen Sie sich lieber hin.“

Er klang gereizt, doch seine Augen drückten eine Wärme aus, die zuvor nicht da gewesen war. Kate setzte sich beklommen.

Ihr Gegenüber lehnte sich an den Schreibtisch. Er war ihr so nahe, dass Kate seinen maskulinen Duft wahrnehmen konnte. Sie konzentrierte sich auf die perfekte Bügelfalte seiner Hose und ignorierte, wie sich der teure Stoff um seine schlanken, durchtrainierten Oberschenkel spannte.

„Rocastle hat ausgecheckt.“

Ruckartig hob sie den Kopf und atmete hörbar aus, weil sie diesen verachtenswerten Mistkerl nun nie wiedersehen musste. „Dann geben Sie mir bitte den Zimmerschlüssel, damit ich mich anziehen und ebenfalls abreisen kann.“

„So einfach ist die Sache leider nicht. Er hat Ihr gesamtes Gepäck mitgenommen – bis auf Ihren Pass.“

„Was?“, fragte Kate fassungslos.

„Rocastle lässt Ihnen ausrichten, dass Sie entlassen sind und dass er Ihre Sachen mitnimmt und Ihr Flugticket zurückgibt, um für seine Ausgaben aufzukommen.“

Kate wurde von Panik ergriffen. „Wie soll ich denn jetzt zurück nach London kommen?“

Nicolas hatte damit gerechnet, dass sie wieder wütend werden würde, und sich sogar darauf gefreut, das temperamentvolle Funkeln in ihren Augen zu sehen. Doch als ihr Gesicht nun Verzweiflung und Verwirrung ausdrückte, fand er ihre Lage alles andere als lustig.

Ihr Liebhaber oder Chef, oder was auch immer er war, schien auch ziemlich anstrengend zu sein. Dass er einfach abgereist war und sie allein in einem fremden Hotel in einer fremden Stadt zurückgelassen hatte – noch dazu mit nichts am Leib als ihrer Unterwäsche –, das war schon eiskalt.

Sie senkte den Blick auf ihre Hände, die in ihrem Schoß ineinander verkrampft waren. Als sie wieder aufblickte, wirkte sie nicht wütend, sondern am Boden zerstört. Nicolas stellte fest, dass das Blaugrün ihrer Augen von einem dünnen intensivgrünen Ring umgeben war. Die ungewöhnliche Farbe wurde noch dadurch betont, dass ihre Augen feucht glänzten. Sie setzte sich aufrecht hin und schniefte leise, begann jedoch nicht zu weinen, wie Nicolas voller Anerkennung feststellte.

„Soll ich die Polizei anrufen?“, fragte er, weil er dies für den logischen nächsten Schritt hielt.

Sie schüttelte den Kopf. „Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?“

Jetzt würde sie ihn um Geld bitten. Eigentlich nicht überraschend, denn sie steckte in der Klemme, und nach ihrem Akzent und ihrem Verhalten zu urteilen, war sie die verwöhnte Tochter arroganter reicher Briten. Dennoch war Nicolas zu seiner eigenen Überraschung enttäuscht. „Ja“, sagte er nur.

„Könnte ich für Sie arbeiten? Ich habe Erfahrung als Bedienung am Tresen, als Kellnerin und als Zimmermädchen.“

Sie haben Toiletten geschrubbt?“ Nicolas konnte sich das noch eher von der Queen vorstellen.

„Ja“, bestätigte sie ein wenig pikiert.

„Haben Sie denn eine Arbeitserlaubnis?“

„Ja, ich bin in New York geboren und habe die doppelte Staatsbürgerschaft.“

„Gut. Wir können sicher etwas für Sie finden, aber Sie brauchen doch gar keine Arbeit, sondern müssen nur die Polizei darüber informieren, dass Ihr Freund …“

„Er ist nicht mein Freund“, fiel sie ihm ins Wort.

„Also gut, trotzdem kann er nicht einfach Ihre Sachen klauen.“

„Es ist ja nur Kleidung – die kann Andrew von mir aus behalten.“

„Sie vergessen etwas.“

Ihre Augen funkelten aufgebracht. „Und was?“

„Sie können nicht in Unterwäsche am Tresen arbeiten.“

„Da haben Sie wahrscheinlich recht“, erwiderte Kate und versuchte, flapsig zu klingen, doch unter seinem durchdringenden Blick ließ ihr Kampfgeist nach.

Sie war zu stolz, um die Polizei einzuschalten. Und auf keinen Fall wollte sie Andrew je wiedersehen. Andererseits hatte sie nur zwanzig Pfund im Portemonnaie, denn bei ihrer Ankunft bei der Arbeit am Vortag hatte sie nicht damit gerechnet, mit ihrem Chef auf „Geschäftsreise“ nach Las Vegas zu gehen. Sie hatte keine Arbeit mehr, der Rahmen ihrer Kreditkarte war ausgeschöpft, und keiner ihrer Freunde könnte ihr genug Geld leihen, damit sie nach Hause fliegen konnte. Und ihren Vater würde sie um keinen Preis um Hilfe bitten. Kate schlug sich aus gutem Grund allein durch, seit sie siebzehn war.

Sie versuchte, ihre Panik in den Griff zu bekommen, bekam aber Magenschmerzen beim Gedanken daran, dass sie dem Mann vor sich praktisch ausgeliefert und auf ihn angewiesen war, wenn sie sich aus ihrer misslichen Lage befreien wollte. Denn Kate fand es furchtbar, jemandem etwas zu schulden, besonders einem so reichen, von sich überzeugten Kerl wie ihm.

Sie ballte die Hände zu Fäusten und sagte: „Ich weiß, es ist ein bisschen frech, aber …, wenn ich morgen anfange zu arbeiten, können Sie mir dann einen Gehaltsvorschuss geben?“

Nicolas merkte deutlich, wie schwer ihr diese Bitte fiel. Ihr ohnehin blasses Gesicht war nun aschfahl, und sie saß sehr steif und aufrecht da. Dennoch überraschte es ihn selbst, wie stark sein Wunsch war, den niedergeschlagenen Ausdruck aus ihren Augen zu vertreiben.

Denn eigentlich war er keiner dieser Männer, die sich der Rettung in Not geratener junger Damen verschrieben hatten. Vielleicht lag es an dieser Kombination aus Verletzlichkeit und Mut, vielleicht auch an ihrer Offenheit. Immerhin hätte sie ja auch einfach ihr Aussehen einsetzen und auf die Waffen der Frauen vertrauen können. Doch das hatte sie nicht getan, und das rechnete Nicolas ihr hoch an.

„Die Suite ist bis übermorgen bezahlt“, log er. „Ich werde den Portier anweisen, Sie hineinzulassen. Und dann lassen wir Ihnen Kleidung bringen.“

Auf dem Gesicht der jungen Engländerin spiegelten sich Erleichterung und Überraschung, doch dann wirkte sie misstrauisch. „Ich …“ Sie hielt kurz inne und fuhr dann fort: „Das ist sehr großzügig von Ihnen.“ Wieder zögerte sie. „Es tut mir leid, dass ich so unhöflich zu Ihnen war. Der Tag war ziemlich anstrengend für mich.“

„Schon in Ordnung“, erwiderte Nicolas schulterzuckend und hatte leichte Gewissensbisse, weil er sie auf diese Weise köderte.

Sie reichte ihm die Hand. „Ich heiße übrigens Kate Denton.“

Kate. Der nette, schlichte und unscheinbare Name passte gar nicht zu ihr.

„Nicolas Boudreaux. Schön, Sie kennenzulernen.“ Nicolas nahm ihre Hand und stellte überrascht fest, dass Kate erschauerte, bevor sie ihre Hand wieder zurückzog.

„Was für eine Kleidergröße haben Sie?“, fragte er und ließ den Blick über sie gleiten.

„In den USA wäre es Größe acht“, erwiderte Kate errötend.

Es gefiel ihm, dass er ihr offenbar auch nicht ganz gleichgültig war.

„Ich fange gleich morgen früh an zu arbeiten“, sagte sie betont geschäftsmäßig. „Wahrscheinlich wache ich wegen der Zeitverschiebung sowieso schon beim Morgengrauen auf.“

„Meine Personalchefin wird sich bei Ihnen melden“, erklärte Nicolas, hatte jedoch keinesfalls vor, ihr eine Stelle zu geben. Er würde den Portier beauftragen, ihr ein paar Hundert Dollar zu geben, ihr einige Outfits aufs Zimmer bringen lassen und ihr dann einen Flug nach Hause buchen.

„Denken Sie daran, die Kosten für die Kleidung von meinem Lohn abzuziehen“, sagte Kate und wandte sich zum Gehen.

Nicolas blickte ihr nach. Ihre nackten Füße sanken in den dicken Teppich ein, sodass sie fast wie ein Kind wirkte. Doch dann bemerkte er, wie gerade sie sich hielt und wie verführerisch ihre Hüften schwangen.

Sie ist wirklich etwas Besonderes, dachte er, als sich die Tür hinter ihr schloss. Kate würde ihm fehlen – und das, obwohl er sie gerade erst kennengelernt und sie nicht gerade mit ihm geflirtet hatte.

Nicolas setzte sich an den Schreibtisch, um aufzuschreiben, was er vor seiner Reise nach Kalifornien Ende der Woche noch erledigen musste.

Zwanzig Minuten später hatte er sich noch keinen einzigen Punkt notiert.

„Mist!“ Er riss das Blatt ab, knüllte es zusammen und warf es in den Papierkorb. Er konnte sich einfach nicht konzentrieren, weil vor seinem inneren Auge ständig eine Elfe mit blauen Augen, blondem Haar und einem sehr eigenen Kopf auftauchte.

Warum faszinierte Kate Denton ihn so? Sie war zwar hübsch, aber eigentlich nicht sein Typ: Nicolas mochte elegante, weltgewandte und vor allem berechenbare Frauen. Nach ihrer kurzen Begegnung zu urteilen, war die junge Frau mit dem „richtigen Slip“ so berechenbar wie Fortuna.

Nicolas stand auf und rieb sich den Nacken.

Vielleicht war genau das der Grund. Vor zehn Jahren hatte er mit dem Spielen aufgehört und sein ganzes Geld und seine gesamte Zeit in den Aufbau seines Hotel-Imperiums investiert, um die düstere Welt hinter sich zu lassen, in der er aufgewachsen war. Die Frauen, mit denen er seitdem ausgegangen war, benahmen sich untadelig, waren bildschön und machten es ihm immer leicht. Und sie gaben ihm nie so freche Antworten, wie Kate Denton es getan hatte. Mit anderen Worten: Es war viele Jahre her, dass Nicolas den Nervenkitzel verspürt hatte, eine Frau erobern zu müssen.

Jetzt, mit zweiunddreißig, wurde er von der Newsweek als einer der zehn erfolgreichsten Unternehmer Amerikas bezeichnet. Er nannte ein Strandhaus auf den Bahamas und einen Privatjet sein Eigen. Und das Phoenix hatte sich von einem kleinen Casino-Hotel in Vegas zur begehrtesten Hotelkette im gesamten Südwesten der USA entwickelt.

Nicolas ging zum Fenster und blickte nach draußen. Zwanzig Stockwerke tiefer lag der Strip im Sonnenlicht fast nackt dar. Ohne die nächtliche Dunkelheit und das Blinken von Millionen bunter Lichter wirkten die Straßen öde. Die Stadt war auf dem Versprechen des schnellen Geldes errichtet – ein Versprechen, das Leben zerstören konnte. Auch Nicolas wäre das um ein Haar passiert. Und da er sein altes Leben endgültig hinter sich lassen wollte, musste er auch Las Vegas verlassen. Er hatte mit der Phoenix-Kette erfolgreich in New Mexico und Arizona expandiert und beschlossen, das Ursprungshotel zu verkaufen.

Laut Monty, seinem besten Freund und Manager, konnte das Ganze in wenigen Wochen über die Bühne gehen. Nicolas konnte jetzt also wirklich keine Ablenkung gebrauchen. Aber wenn sein Traum nun in Erfüllung ging, warum fühlte er sich dann noch immer so leer und trostlos wie die Stadt, die er inzwischen so verachtete?

Das Zusammentreffen mit der streitlustigen, äußerst faszinierenden Kate Denton hatte ihm klargemacht, dass sich durch geschäftliche Pläne sein Problem nur teilweise lösen ließ. Auch in seinem Privatleben musste sich grundsätzlich etwas ändern. Nicolas dachte an die oberflächlichen Affären, auf die er sich in den letzten Jahren eingelassen hatte, und an das alte Sprichwort „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte er ein paar Tage frei, das war doch der perfekte Zeitpunkt für ein bisschen „Vergnügen“. Und die eigensinnige Kate Denton wäre eine willkommene Herausforderung.

Nicolas musste an ihr bezauberndes Gesicht, ihr ungebändigtes blondes Haar, die faszinierenden blauen Augen und ihre sinnlichen Lippen denken, die zum Küssen geradezu einluden. Er wurde von heftigem Verlangen erfasst.

Als er die Nummer der Rezeption wählte, fühlte er sich so lebendig wie seit Jahren nicht mehr. Zwar würden sie nur wenige Tage Zeit haben, um miteinander Spaß zu haben, aber er war fest entschlossen, Miss Kate Denton und ihren „richtigen Slip“ besser kennenzulernen.

2. KAPITEL

Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung fand Kate nicht, dass Weinen guttat. Man fühlte sich danach schlechter – und sah auch so aus, wie sie bei einem Blick in den Badezimmerspiegel feststellte.

Ich hätte ahnen müssen, was Andrew vorhatte, dachte sie und betrachtete ihre geröteten Augen. Ursprünglich hatte sie angenommen, Andrews Interesse an ihr beruhe auf Anerkennung und gegenseitigem Respekt. Dabei gab es doch schließlich kaum einen Mann, der Anerkennung und Respekt für Frauen empfand, die eine eigene Meinung hatten und diese auch äußerten. Ihr Vater war da keine Ausnahme gewesen.

Wie immer, wenn sie an ihren Vater dachte, wurde Kate von tiefer Traurigkeit und dem Gefühl erfüllt, nicht gut genug zu sein.

James Dalton Asquith III hatte ihre Mutter nur aus einem Grund gewollt – und eine Tochter hatte er sich ganz sicher nie gewünscht. Als er Kate nach dem Tod ihrer Mutter bei sich hatte aufnehmen müssen, hatte sie alles versucht, um ihm zu gefallen. Mit siebzehn hatte sie sich dann endlich eingestanden, dass die Schuld nicht bei ihr, sondern bei ihm lag. Diese Erkenntnis machte es noch schwerer erträglich, dass seine Ablehnung sie in einem verborgenen Winkel ihres Herzens noch immer schmerzte.

Damals von Zuhause wegzugehen war das Beste gewesen, was sie je getan hatte. Kate hatte es als unglaublich befreiend empfunden, festzustellen, dass sie von ihrem Vater weder Anerkennung noch Almosen brauchte. Sie atmete tief ein, trocknete sich die Tränen und beschloss, nie wieder wegen ihres Vaters zu weinen – und auch nicht wegen Andrew Rocastle.

Als sie aus dem Badezimmer ging, fiel ihr Blick auf die Couch, auf der Andrew unerwartet gesessen hatte, als sie aus der Dusche gekommen war. Mit aller Macht verdrängte Kate den Gedanken an dieses unangenehme Erlebnis, denn sie hatte dringendere Probleme: Sie war wieder da, wo sie vor zehn Jahren gestanden hatte, als sie sich von ihrem Vater und seiner Gleichgültigkeit losgesagt und Toiletten geschrubbt hatte. Nur dass sie es jetzt Tausende von Meilen weit weg von Zuhause tun würde – und es ihr an Kleidungsstücken mangelte.

Kate sank aufs Sofa. Zumindest habe ich etwas aus dem Ganzen gelernt, dachte sie: Wenn etwas zu gut wirkt, um wahr zu sein, ist es das meistens auch.

Sie schaltete den Fernseher an. Doch wann immer ein Mann auf dem riesigen Plasmabildschirm erschien, verglich sie ihn unwillkürlich mit Nicolas Boudreaux, der mit seinen faszinierenden grünen Augen, den breiten Schultern und der zutiefst maskulinen Ausstrahlung jedes Mal besser abschnitt.

Frustriert schaltete sie den Fernseher wieder aus. Sie hatte sich doch gerade geschworen, nie wieder auf einen Mann angewiesen zu sein! Von Nicolas Boudreaux sollte sich jede Frau, der ihre Unabhängigkeit wichtig war, lieber fernhalten – das war ihr schon nach zwanzig Minuten klar gewesen.

Hör sofort auf, an ihn zu denken, ermahnte Kate sich, verärgert und erschrocken über das ganz neue Gefühl heftiger Erregung, das sich in ihrem Innern ausbreitete.

In diesem Moment klopfte es an der Tür. Eine junge Frau mit diesem typischen strahlenden Verkäuferinnen-Lächeln stellte sich als Michelle vor. „Ich komme im Auftrag von ‚Ella’s Boutique‘ unten im Hotel. Mr. Boudreaux hat uns gebeten, Ihnen eine Auswahl von Outfits zu zeigen.“ Sie rollte einen Kleiderständer in die Suite. „Sie sollen sich so viele davon aussuchen, wie Sie während Ihres Aufenthalts bei uns benötigen.“

Kate war sprachlos, denn eigentlich hatte sie damit gerechnet, einen oder zwei hoteleigene Overalls zu bekommen. Sie ließ den Blick über Seidenkleider, Designer-Jeans, Kaschmirpullover und ein Dolce und Gabbana-T-Shirt gleiten, befühlte den tieflilafarbenen seidenglatten Stoff eines Satin-Oberteils, nahm es vom Kleiderständer und betrachtete die perfekte Verarbeitung und den mit winzigen Perlen besetzten Ausschnitt. Ein so wunderschönes Kleidungsstück hatte sie noch nie in ihrem Leben besessen, und wahrscheinlich auch kein so teures.

„Warum sind da keine Preisschilder dran?“, fragte sie und hängte das Teil zurück an den Kleiderständer.

„Mr. Boudreaux hat gesagt, dass alles auf Kosten des Hotels geht“, erwiderte die junge Frau strahlend.

Einen Moment lang war Kate angesichts seiner Großzügigkeit sprachlos. Dann besann sie sich. Ganz sicher war es nicht Mr. Boudreaux’ Absicht, ihr Designer-Kleidung im Wert von mehreren Hundert Dollar zu schenken. Hier musste ein Missverständnis vorliegen.

„Ich würde dennoch gern wissen, was die Sachen kosten“, sagte sie. Denn so schön die Outfits auch waren, sie wollte dafür nicht ihr Leben lang Toiletten im Hotel von Mr. Unwiderstehlich schrubben. Und viele der Kleidungsstücke kosteten mehrere Hundert oder sogar Tausend Dollar. Michelle versprach leicht irritiert, sich zu informieren.

Kate suchte sich die schlichtesten Jeans aus, die sie finden konnte, und dazu ein einfaches blaues T-Shirt mit dem Phoenix-Logo. Dann sah sie sich die Schuhe an und hätte beinah tief geseufzt, denn unter den edlen wunderschönen Sandaletten und Pumps fanden sich auch Manolo Blahniks und Fendis.

„Diese Schuhe sind wunderschön, aber haben Sie vielleicht auch etwas Praktischeres?“

Michelle schien nicht zu verstehen, was sie meinte – offenbar waren Schuhe, die fünfhundert Dollar kosteten, ihrer Ansicht nach bestens für den Alltag geeignet. Nach kurzem Überlegen erwiderte sie: „Die Sportartikel-Boutique hier im Hotel führt Converse und Nike – wäre das geeignet?“

„Ja, vielen Dank.“

Nach Michelles Blick zu urteilen, würden bald die gesamten Mitarbeiter der Boutiquen über die merkwürdige junge Frau aus England tratschen, die sich anzog wie ein 15-jähriger Junge. Doch Kate verdrängte diesen Gedanken. Denn mit den erstandenen Kleidungsstücken konnte sie zumindest die Suite verlassen und am nächsten Tag anfangen zu arbeiten, ohne sich bis an ihr Lebensende zu verschulden.

Michelle notierte sich Kates Schuhgröße und versprach, ein Paar Schuhe in die Suite bringen zu lassen. „Oh, das hätte ich fast vergessen“, meinte sie dann, als sie den Kleiderständer wieder nach draußen schob. „Das soll ich Ihnen im Auftrag von Mr. Boudreaux geben.“ Lächelnd reichte sie Kate eine weiße Tüte mit dem Emblem des Hotels, an der ein Umschlag befestigt war.

„Danke.“ Kate rang sich ebenfalls ein Lächeln ab und nahm mit leicht zitternder Hand die Tüte entgegen. Was, um alles in der Welt, mochte darin sein? Hatte Nicolas Boudreaux es sich anders überlegt und wollte ihr nun nicht mehr helfen?

„Vielen Dank, dass Sie sich all diese Mühe gemacht haben“, sagte sie, so höflich sie konnte.

„Gern geschehen, das gehört zu unserem Service“, erwiderte Michelle strahlend. „Einen schönen Tag noch!“, fügte sie hinzu und ging davon.

Kate schloss die Tür und lehnte sich mit weichen Knien dagegen. Ihr war schlagartig bewusst geworden, wie abhängig sie von Mr. Boudreaux’ Großzügigkeit war. Sie atmete tief ein, ging zum Sofa und setzte sich.

Auf dem weißen Umschlag stand in großen geschwungenen Buchstaben in schwarzer Tinte ihr Name. Unwillkürlich stellte Kate sich vor, wie er ihn geschrieben hatte – mit seinen langen, sonnengebräunten Fingern und demselben Füller, mit dem er so ungeduldig auf den Schreibtisch getrommelt hatte.

Kate seufzte. Mach ihn einfach auf und bring es hinter dich, ermahnte sie sich. Wenn Mr. Boudreaux wollte, dass sie abreiste, dann würde sie das eben tun. Sie konnte sicher irgendwo anders einen Job finden, ihm das Geld für die Kleidung zurückgeben und sich ein Flugticket kaufen. Dass sie der Gedanke schmerzte, das Hotel zu verlassen, war einfach albern. Und die Schmetterlinge, die in ihrem Bauch wie wild herumflatterten, hatten sicher einzig und allein mit ihrer Erschöpfung und den unangenehmen Erlebnissen zu tun.

Kate zog die Beine aufs Sofa und riss mit einer entschlossenen Bewegung den Umschlag ab. Fünf neue 100-Dollar-Scheine fielen ihr in den Schoß. Kate betrachtete sie starr, dann faltete sie das dicke cremefarbene Blatt Papier mit dem grün-goldenen Briefkopf auseinander. In Nicolas Boudreaux’ markanter Handschrift stand dort:

Kate, ich hoffe, Sie haben etwas gefunden, das zu Ihrem „richtigen“ Slip passt. Kommen Sie heute Abend zum Abendessen um acht in den Rainbow Room. N.

Kate blinzelte und las die kurze Nachricht noch dreimal, in der nichts über die fünfhundert Dollar stand. Sie war nicht mehr von Angst erfüllt, dafür jedoch von einem viel beunruhigenderem Gefühl. Warum nur schien Mr. Boudreaux so auf ihre Unterwäsche fixiert zu sein? Warum fand sie das erregend, anstatt empört zu sein? Und wofür waren die fünfhundert Dollar?

Kate wollte nicht mit ihm essen gehen, doch die Einladung klang eher nach einem Befehl, und sie konnte es sich nicht leisten, ihn zu verärgern.

Ihr fiel ein, dass sie noch gar nicht nachgesehen hatte, was in der Tüte mit dem Hotellogo war. Sie war mit Klebestreifen verschlossen und schien nichts Großes zu enthalten. Als Kate sie öffnete, fiel ihr ein Stück tiefroter spitzenbesetzter Satin in den Schoß, an dem eine Haftnotiz klebte.

Es war ein Tanga-Slip.

„Das ist für Sie, falls Sie mal eine Abwechslung zu Ihren ‚richtigen Slips‘ brauchen“, stand auf dem Zettel. „Du unverschämter …“, sagte Kate errötend.

Doch dann erfüllte sie plötzlich ein Gefühl der Leichtigkeit, und ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Kate begann unwillkürlich zu lachen – zum ersten Mal seit einer Ewigkeit.

3. KAPITEL

Als sie abends in den Fahrstuhl stieg, lachte Kate nicht mehr, und das merkwürdig leere Gefühl in ihrem Magen bei der Fahrt in den neunzehnten Stock war wohl mehr mit Nervosität zu erklären als mit der Schwerkraft.

Sie betrachtete sich in der verspiegelten Wand des Aufzugs. Nach einem kurzen Nickerchen hatte sie einen der 100-Dollar-Scheine genommen und war shoppen gegangen. Schließlich konnte sie im schicksten Restaurant des Hotels nicht in einem Outfit aufkreuzen, das an Tom Sawyer erinnerte. Doch natürlich hatte sie sich nicht hübsch gemacht, um Boudreaux zu beeindrucken.

Zum Glück war Kate Expertin darin, auch mit kleinem Budget schick auszusehen. In einem Secondhandladen der Heilsarmee hatte sie ein Kleid aus blauer und goldener Seide gefunden. Um die Brust saß es zwar ein wenig eng und zeigte auch mehr Dekolleté, als ihr lieb war, doch ansonsten war es wie für sie gemacht. Der 50er-Jahre-Schnitt mit schmaler Taille und ausgestelltem Rock sah nicht altmodisch, sondern „retro“ aus, wie Kate sich selbst versicherte, besonders mit der Clutch-Handtasche und den hochhackigen Sandaletten, die sie in einem Outlet-Store gefunden hatte.

Kate hatte nie zu den shoppingverrückten Frauen gehört und auch nie genug Geld dafür gehabt, doch sie hatte großen Spaß daran, mit geringen Mitteln ein perfektes Outfit zusammenzustellen. Da sie in einem Einkaufszentrum Gratis-Kosmetikproben hatte ergattern können, hatte das gesamte Outfit sogar inklusive Kopftuch nicht einmal achtzig Dollar gekostet.

Kate versuchte, mit einem Blick über die Schulter ihren Po zu betrachten. Ihre Nervosität ließ ein wenig nach, als sie feststellte, dass sie toll aussah, wenn auch ein wenig ungewöhnlich. Fühlen tat sie sich jedoch leider nicht toll.

Seit sie vor einer Stunde begonnen hatte, sich umzuziehen, schlug ihr Herz wie verrückt, als würde darin eine ganze Tanztruppe mit Nagelschuhen einen Stepptanz aufführen. Warum wollte Boudreaux nur mit ihr zusammen essen? Sie hatten sich ja bisher nicht sonderlich gut verstanden.

Die plausibelste Erklärung war, dass er es auf eine schnelle Eroberung abgesehen hatte. Dagegen hatte Kate nicht grundsätzlich etwas einzuwenden, denn sie mochte leidenschaftlichen Sex und hatte schon lange keinen mehr gehabt. Außerdem war Sex mit Nicolas Boudreaux sicher ziemlich aufregend. Doch ihr Selbstbewusstsein hatte unter dem Erlebnis mit Andrew gelitten, und sie wollte sich auf keinen Fall noch einmal so ausgenutzt vorkommen.

Also hatte Kate sich eine Strategie zurechtgelegt: Sie würde sich höflich und distanziert verhalten und ihn zu nichts ermutigen. Denn Nicolas Boudreaux war gefährlich: ein gut aussehender faszinierender Mann, der um seine Wirkung wusste. Das amüsierte Funkeln seiner Augen ließ Kate vermuten, dass er außerdem ein erfahrener Verführer war. Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, fühlte sie sich so heftig zu ihm hingezogen, wie sie es noch nie zuvor erlebt hatte. Sie durfte sich also um keinen Preis auf dieses gefährliche Spiel einlassen.

Als die Fahrstuhltüren sich öffneten, trat Kate hinaus in ein Foyer, nahm ihre luxuriöse Umgebung aber kaum wahr. Hinter den von Kerzenlicht erhellten Tischen bot eine Glaswand einen fantastischen Ausblick auf die Stadt und die dahinter liegende Wüste. Boudreaux’ Hotel war zwar nicht das größte der riesigen Casino-Hotels, verfügte aber sicher über die beste Lage. Aus dieser schwindelnden Höhe wirkte die Stadt wie eine einzige glitzernde Verheißung.

Kate atmete tief ein, ging zum Oberkellner und nannte ihm ihren Namen. Sie war auf die Minute pünktlich, doch als der Mann sie zu einer Sitznische im hinteren Teil führte, stellte sie fest, dass Nicolas Boudreaux bereits da war. Er stand auf, um sie zu begrüßen.

Nicolas Boudreaux trug einen klassischen, maßgeschneiderten grauen Anzug und ein weißes Hemd, dessen oberste Knöpfe geöffnet waren, sodass sie ein paar feine Brusthaare sehen konnte. Er war groß, dunkel, gut aussehend und unglaublich sexy – und er schien sich in dieser eleganten Umgebung sehr wohlzufühlen. In Kates Ohren begann es zu rauschen, als sie sich fragte, ob sie dem Unwiderstehlichen würde widerstehen können.

Nicolas hatte zehn Minuten lang mit einem Whiskey und Soda am Tisch gesessen und sich gefragt, ob der Tanga-Slip ein taktischer Fehler gewesen war. Hatte Kate Denton überhaupt Humor?

Doch sobald sie sich ihm näherte, wurden all seine Bedenken von einem übermächtigen Verlangen verdrängt.

Kate sah einfach fantastisch aus. Das Kerzenlicht ließ den Goldton ihres Kleides schimmern, das sich um ihre Kurven schmiegte. Das Haar hatte sie sich hochfrisiert und mit einem blauen Seidentuch befestigt. Ihre nackten glatten Beine steckten in goldfarbenen Schuhen. Ob Kate Humor besaß oder nicht – auf jeden Fall hatte sie Stil. Ihr Outfit erinnerte an Marilyn Monroe und stand ihr ausgezeichnet. Nicolas ließ den Blick zu ihrem Dekolleté gleiten, das den Blick auf ihre üppigen Brüste freigab. Er spürte, wie sein Mund trocken wurde. Nur nicht neidisch werden, Marilyn, dachte er.

Kate nahm Platz und lächelte höflich, als der Ober ihnen die Speisekarten reichte und dann wieder verschwand. „Hallo, Mr. Boudreaux“, sagte sie mit ihrer leicht heiseren Stimme, bei der er wieder an zerwühlte Laken und warme Haut denken musste. „Ich hoffe, Sie haben nicht lange auf mich gewartet.“

„Bitte nennen Sie mich doch Nicolas.“

Sie reichte ihm die Hand, und als er ihre leicht zitternden Finger wieder losließ, nahm er ihr Parfüm wahr, erotisch und dezent zugleich. Am liebsten hätte er das Gesicht an ihrem Hals geborgen und den Duft tief eingesogen.

„Das Warten hat sich gelohnt“, meinte er und ließ den Blick über sie gleiten. „Das ist wirklich ein tolles Kleid.“

„Danke.“ Sie strich sich betont sittsam das Kleid glatt, doch ihre Augen funkelten übermütig. „Auf jeden Fall ist es besser als ein Bademantel.“

Sie hatte also Humor. Nicolas war immer stärker davon überzeugt, dass er heute Abend viel Spaß haben würde. „Das kommt darauf an, was Sie darunter tragen.“

Als er sie ansah, die blaugrünen Augen funkelnd vor Leidenschaft und mit einem atemberaubenden Lächeln, schienen Kates gute Vorsätze sich in Luft aufzulösen. „Du meine Güte, wir reden jetzt schon darüber, dass Sie Wäschefetischist sind? Ich dachte, ich könnte mir davor zumindest einen Drink genehmigen.“

Nicolas lachte. „Also gut, dann trinken wir zuerst etwas.“ Mit einer lässigen Handbewegung rief er den Ober herbei. „Aber ich muss Sie warnen – das mit der Wäsche wird langsam zur Manie.“

„Das klingt aber nicht gerade normal.“

Kate bestellte einen Kir, und sobald der Ober wieder gegangen war, sagte Nicolas mit leiser, vertraulicher Stimme. „Da haben Sie recht. Vielleicht sollte ich mal über eine Therapie nachdenken.“

„Vielleicht sollten Sie einfach damit aufhören, Frauen, die Sie nicht kennen, Dinge aufs Zimmer zu schicken.“

Kates Drink wurde gebracht, und sie nippte daran, um sich Mut anzutrinken.

„Oder ich könnte sie einfach zuerst kennenlernen.“ Er strich ihr mit dem Daumen über den Handrücken.

Bei der leichten Berührung wurde ihr heiß. Eher Weltklasse als nur ein „erfahrener Verführer“, dachte Kate erbebend, und wieder wurde ihr bewusst, wie gefährlich Nicolas ihr werden konnte. Doch der Drang, mit dem Feuer zu spielen und ein wenig mit Nicolas zu flirten, war einfach zu stark.

„Das kommt darauf an, wie Sie ‚kennenlernen‘ definieren. Denn sonst landen wir möglicherweise wieder beim Wäscheproblem.“ Kates Stimme wurde leiser, als Nicolas’ Augen vor Leidenschaft dunkler wurden und es um seinen Mund zuckte.

„Dieses Problem wird nicht sehr lange bestehen, Kate, das verspreche ich Ihnen.“

Wieder wurde ihr heiß, und sie errötete heftig. Denn Nicolas sah sie mit so unverhohlenem Begehren an, als hätte er sie bereits ausgezogen. Eine verborgene Stelle zwischen ihren Beinen begann lustvoll zu pochen. Kate wusste, dass sie den heißen Flirt ein wenig abkühlen musste, sonst würden sie beide in Flammen aufgehen. Denn das hier war kein Spiel mit dem Feuer, sondern mit einem Flächenbrand. Und sie wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte.

Nicolas wusste sofort, dass er zu weit gegangen war: Kate errötete, und ihre Augen hörten auf zu glänzen. Doch er konnte ihr keinen Vorwurf daraus machen, denn er war noch nie zuvor so schnell in Leidenschaft entbrannt.

Mit leicht zitternden Händen klappte sie die Speisekarte auf. Nach einer Weile hob sie den Kopf und fragte mit einem nervösen kleinen Lächeln: „Sollen wir mal bestellen? Ich habe ziemlichen Hunger.“

Auch Nicolas fühlte sich ausgehungert, allerdings nicht nach Essen. „Gute Idee“, stimmte er zu. Das Beben ihrer Stimme hatte ihm gezeigt, dass er etwas Geduld haben musste. Und wie er wusste, konnte das ein Vergnügen sein: Man bekam, was man wollte, konnte es aber zuerst genüsslich auskosten.

Und ganz bestimmt war Kate Denton mit ihrer vorlauten Art, ihrem sinnlichen zarten Körper und ihrem frechen Humor es wert, ausgiebig genossen zu werden.

Kate hatte großen Hunger, und das Essen war ausgezeichnet. Doch das Schokoladen-Dessert mit Pekannuss bekam sie kaum noch hinunter. Und sie konnte nicht aufhören zu reden, was vielleicht daran lag, dass Nicolas sie so eindringlich ansah und so aufmerksam zuhörte.

Da er einige Jahre in London gelebt hatte, hatten sie beim Essen über Kates Heimatstadt gesprochen, eigentlich ein unverfängliches Thema. Doch immer wieder bemerkte sie, wie Nicolas’ Blick zu ihren Lippen glitt und wie sich sein sinnlicher Mund zu einem Lächeln verzog, wenn sie etwas Witziges gesagt hatte. Jedes Mal schlug ihr Herz noch ein wenig schneller.

Sie nahm einen Löffel voll vom köstlichen Dessert, das ihr auf der Zunge zu schmelzen schien – ein sinnliches Gefühl, das sie einen Moment lang ihre Nervosität vergessen ließ.

„Wie schmeckt es?“, fragte Nicolas und betrachtete wieder ihren Mund, sodass Kates Herz einen Satz machte.

„Fantastisch.“ Als sie sich die Lippen leckte und er dies genau beobachtete, genoss sie den gefährlich erregenden Schauer und fragte kühn: „Möchtest du probieren?“

Ohne es richtig zu bemerken, waren sie während ihres Gesprächs zur vertraulichen Anrede übergegangen.

„Ich dachte schon, du würdest mich nie fragen“, erwiderte Nicolas mit seiner sinnlichen Stimme und blickte ihr tief in die Augen, als würde er eigentlich von etwas ganz anderem sprechen.

Als sie den Löffel hob, umfasste er ihre Hand mit seinen kräftigen Fingern und führte sich den Löffel an die Lippen. Kate sah zu, wie er das dunkle schokoladige Dessert genoss. Sie spürte, wie ihre Brustspitzen fest wurden und sich am Stoff ihres BHs rieben und ihre Oberschenkel sich anspannten. Das heftige Begehren, das sie zu zügeln versucht hatte, überwältigte sie.

„Danke. Das war köstlich.“ Nicolas streichelte ihre Hand, bevor er sie losließ. Das triumphierende Funkeln seiner Augen zeigte ihr: Er wusste, dass er gewonnen hatte. Lässig lehnte er sich zurück und sagte: „Kate, ich finde dich faszinierend und bildschön. Ich würde heute Nacht gerne mit dir schlafen. Was sagst du zu dieser Idee?“

Er redet ja nicht gerade um den heißen Brei herum, dachte Kate atemlos. Es wäre natürlich absolut verrückt, sich darauf einzulassen. Doch sie fühlte sich heftig zu ihm hingezogen und brachte es nicht fertig zu lügen. Das übermächtige Verlangen, das sie erfasst hatte, machte es unmöglich.

Nicolas Boudreaux war ein Mann, wie jede Frau ihn sich erträumte. Und die Art, wie er sie ansah, ließ ihr den Atem stocken. Noch nie hatte sie bei jemand anderem eine so starke sexuelle Anziehungskraft verspürt. Mit diesem Mann würde sie ihre missliche Lage vergessen können – und wenn es nur für eine Nacht wäre.

Kate sah ihn an und erwiderte: „Die Idee gefällt mir ziemlich gut.“

Nicolas’ Augen leuchteten vor Leidenschaft auf. Er warf seine Serviette auf den Tisch, stand auf und sagte leicht heiser: „Lass uns in mein Penthouse gehen, bevor mein Wäschetick mich überwältigt.“

Schwindelig vor Verlangen, lachte Kate, als er den Arm um sie legte und sie aus dem Restaurant führte.

4. KAPITEL

„Kommen wir zur Sache“, meinte Nicolas, sobald sie im Lift waren.

Kate presste sich mit dem Rücken an die Wand. Du wolltest es so, sagte sie zu sich selbst. Fall jetzt bloß nicht in Ohnmacht!

Nicolas stützte eine Hand über ihr an die Wand und neigte sich zu ihr, sodass Kate die winzigen Fältchen um seine Augen sehen konnte. Sein maskuliner Duft hüllte sie ein und erregte sie: Nicolas roch nach Seife, Aftershave – und nach Mann.

„Was für eine Sache meinst du?“, fragte Kate atemlos und heftig erregt, obwohl er sie noch nicht einmal berührt hatte.

Nicolas ließ den Blick über ihr Gesicht gleiten und strich ihr gleichzeitig mit der Hand über das Bein. Das Gefühl seiner Fingerspitzen auf ihrer nackten Haut ließ sie erbeben. „Ich meine, dass ich herausfinden werde, was sich unter diesem Kleid befindet.“

Wieder stockte ihr der Atem. „Und wenn jetzt jemand anders einsteigt?“

„Das wird nicht passieren. Dies ist mein Privatlift.“ Als Nicolas mit den Lippen ihr Ohr liebkoste und ihr Ohrläppchen zwischen die Zähne nahm, erschauerte Kate so heftig, dass ihr die Handtasche aus der Hand glitt. Sie presste sich an Nicolas und spürte sein seidiges Haar, als sie die Hände um seinen Nacken legte. Sie wandte den Kopf und spürte gleich darauf seine heißen Lippen auf ihren – und seine Zunge, die in ihren Mund eindrang und sie liebkoste. Ein Aroma aus Schokolade und heftiger maskuliner Lust ließ sie erneut erschauern.

Dann spürte sie seine Hände auf ihrem nackten Po. Nicolas hielt inne, und sie fühlte seinen Atem auf ihrer Wange. „Du trägst ja den Tanga“, stellte er fest. „Ich glaube, das überleb ich nicht.“

Kate zog sein Gesicht wieder näher zu sich heran und bedeckte seine Wange mit kleinen Küssen. „Ich fürchte, wenn du jetzt stirbst, muss ich dich umbringen.“

Er lachte rau, presste sie mit seinem starken Körper wieder gegen die Wand und umfasste ihren Po: „Leg die Beine um meine Taille“, forderte er dann und hob sie hoch.

Kate tat es und fühlte ein heftiges Pochen zwischen den Beinen, als sie seine Erregung spürte. Sie hielt sich an ihm fest, als er aus dem Lift stieg. Von dem modernen luxuriösen Penthouse nahm sie kaum etwas wahr, bis ihr Blick in den Spiegel in der Eingangshalle fiel: Sie presste sich lasziv an ihn, ihr Kleid war bis zur Taille hochgeschoben, und seine Hände zeichneten sich dunkel von der blassen Haut ihres Pos ab.

Kate sah, wie sie errötete, bevor Nicolas ins Schlafzimmer ging, wo ein riesiges Bett den spärlich eingerichteten Raum dominierte. Die Vorhänge am Fenster waren zurückgezogen und gaben einen romantischen Blick auf Las Vegas frei. Kate spürte Nicolas’ Atem an ihrem Hals und konnte kaum atmen, so heiß war ihr.

Langsam ließ er sie auf den Boden gleiten. Kate musste wohl ihre Sandaletten im Lift verloren haben, denn sie spürte den dicken Wollteppich an ihren nackten Füßen. Dann öffnete Nicolas den Reißverschluss auf der Rückseite ihres Kleides, streifte es ihr ungeduldig ab und löste auch ihren spitzenbesetzten BH.

Kate hob den Kopf und atmete hörbar ein, denn es war ein zutiefst erotischer Anblick, wie sie beide sich vor dem nächtlichen Hintergrund spiegelten: Sie selbst war bis auf den winzigen roten Tangaslip nackt, der große starke Mann hinter ihr dagegen noch voll bekleidet. Er umfasste ihre Brüste und strich ihr mit den Daumenkuppen über die fest gewordenen Spitzen. Als er leicht daran zog, erschauerte Kate und stöhnte auf.

Ihre Blicke begegneten sich im Spiegel.

„Du bist wunderschön“, sagte Nicolas leise, und zum ersten Mal im Leben fühlte Kate sich auch so. Erfüllt von dem heftigen Wunsch, ihn zu spüren, wollte sie ihm das Jackett ausziehen.

Nicolas streifte es sich ab und zog sich schnell das Hemd über den Kopf.

„Du siehst aber auch nicht schlecht aus“, flüsterte Kate und ließ den Blick über seine breite, muskulöse Brust und weiter nach unten gleiten. „Ich möchte dich in mir spüren“, fügte sie hinzu, als sie seine heftige Erregung bemerkte.

Mit einer schnellen Bewegung zog Nicolas sie an sich. Er löste das Seidenband, sodass ihr die blonden Locken ungebändigt auf die Schultern fielen. „Das ist auch meine Absicht, und zwar ziemlich bald“, erwiderte er und presste dann den Mund auf ihren.

Die feinen Härchen auf seiner Brust berührten Kates Brustspitzen leicht, während die Liebkosungen seiner Zunge sie fast um den Verstand brachten. Sie schmiegte sich eng an ihn und ließ ihm die bebenden Finger über den Körper gleiten. Als sie ihn schließlich umfasste, stöhnte Nicolas auf. „Gehen wir ins Bett“, drängte er und streifte die Boxershorts ab, bevor er Kate mit sich aufs Bett zog.

Dort küsste er sie wieder, ließ die Hände über ihren Körper gleiten und liebkoste ihre Brüste. Dann streifte er ihr den Tanga ab. Als sein Mund wieder ihren fand, spürte Kate, dass seine Hand zwischen ihre Schenkeln lag.

Sie erschauerte heftig. Nicolas ließ den Daumen um jene pochende Stelle kreisen, die vor Lust zu brennen schien. Kate zuckte zusammen und schrie leise auf.

„Du bist einfach fantastisch“, erklärte Nicolas rau. Dann holte er eilig ein Kondom aus der Nachttischschublade und reichte es ihr.

Mit zitternden Händen streifte Kate es ihm über. Sie fand es unglaublich erregend, ihn so fest und groß in den Händen zu spüren. Noch nie zuvor war sie so stark erregt gewesen, nie hatte sie sich so kühn und übermütig gefühlt.

Nicolas umfasste ihr Gesicht. „Danke“, sagte er und schenkte ihr ein äußerst sinnliches Lächeln.

„Gern geschehen“, flüsterte Kate.

Nicolas legte ihr die Hände um die Hüften und schob ihre Beine noch etwas weiter auseinander. Sie spürte ein zarte Berührung zwischen ihren Schenkeln, bevor er mit einem langsamen kraftvollen Stoß in sie eindrang. Das Gefühl war so überwältigend, dass es fast wehtat.

Dann begann Nicolas, sich zu bewegen und dabei immer tiefer in sie einzudringen. Heißes Begehren verschlug Kate den Atem, und vor Ekstase schluchzte sie auf, als er tief in ihrem Innern eine Stelle berührte, von deren Existenz sie gar nichts geahnt hatte.

Nicolas hielt inne. „Alles in Ordnung?“, fragte er mit angespannter, aber zärtlicher Stimme, während sein Körper vor zurückgehaltener Leidenschaft zitterte.

„Ja“, flüsterte Kate. „Es ist einfach so überwältigend.“ Noch nie zuvor hatte sie so schnell den Höhepunkt erreicht.

Nicolas stöhnte leise. „Wem sagst du das. Aber warte – es wird noch besser …“

Noch besser? Das konnte sie sich kaum vorstellen. Doch als er sich erneut in unaufhaltsamem Rhythmus zu bewegen begann, stellte sie fest, dass sie sich geirrt hatte. Noch einmal erreichte sie den Gipfel der Lust – und dann noch einmal und …

Plötzlich spannte Nicolas sich an und schrie ihren Namen, als sie erneut erbebte und dann in einen tiefen Abgrund zu fallen schien.

„Kate, ist alles in Ordnung?“ Nicolas’ Herz schlug heftig, als sie langsam die Augen öffnete. Einen Moment lang hatte er befürchtet, sie wäre in Ohnmacht gefallen. Und beinah wäre ihm selbst das passiert – noch nie hatte er etwas so Überwältigendes erlebt.

Sanft strich er ihr über die Wange. „Es tut mir leid“, sagte er leise, denn noch nie, nicht einmal als Teenager, hatte er eine Frau so rasant und ohne jede Raffinesse erobert. „In Bezug auf ein Vorspiel bist du nicht gerade auf deine Kosten gekommen.“

„Also wirklich, Boudreaux.“ Kate lächelte äußerst zufrieden. „Kein Mann sollte sich dafür entschuldigen, einer Frau den ersten multiplen Orgasmus ihres Lebens beschert zu haben.“

Nicolas lachte erleichtert. „Wie viele waren es denn?“

„Um ehrlich zu sein, ich habe irgendwann aufgehört zu zählen.“ Glücklich lächelnd setzte Kate sich auf. „Nicolas, ich glaube fast, du hast meinen G-Punkt entdeckt!“, verkündete sie aufgeregt. „Und ich dachte, das wäre nur ein Mythos!“

Er ließ die Hand unter die Decke gleiten und umfasste ihren runden Po. „Tja, und ich wäre fast bewusstlos geworden – auch zum ersten Mal. Wir sind also quitt.“

„Nein, sind wir nicht“, lachte Kate. „Ich bin nämlich bewusstlos geworden. Oje“, fügte sie dann gespielt bestürzt hinzu, „das heißt dann wohl, ich stehe in deiner Schuld?“

„Allerdings“, erwiderte Nicolas, der zu seiner Überraschung wieder von heftigem Verlangen erfüllt wurde. „Und ich hätte da eine gute Idee, wie du das gutmachen könntest.“ Er umfasste Kates Handgelenk und zog sie mit sich aus dem Bett und ins Badezimmer.

5. KAPITEL

„So früh schon wach? Es ist mir gestern wohl nicht gelungen, dich müde zu machen.“

Kate wäre fast die Packung „Pop Tarts“ aus der Hand gerutscht, als sie plötzlich Nicolas’ tiefe, noch ein wenig schlaftrunkene Stimme hörte. Der Mann, mit dem sie die wildeste Nacht ihres Lebens verbracht hatte, stand im Türrahmen und lächelte frech. Abgesehen von einer Jogginghose war er nackt. Als Kate seinen muskulösen, sonnengebräunten Oberkörper und das leicht zerzauste kurze Haar betrachtete, zog sich ihr der Magen zusammen.

Damit, wie man sich am Morgen danach verhielt, kannte sie sich nicht aus, denn sie hatte noch nie zuvor gleich bei der ersten Verabredung mit einem Mann geschlafen. Worüber sollte sie bloß mit dem Mann reden, mit dem sie eine solche leidenschaftliche Nacht voller lustvoller Höhepunkte erlebt hatte, den sie aber kaum kannte?

„Das liegt an der Zeitverschiebung“, erklärte sie und hielt dann die Packung hoch. „Wie wäre es mit Kaffee und einer ordentlichen Ladung Zucker zum Frühstück?“

Als Nicolas gähnte und die Arme über den Kopf streckte, glitt ihr Blick unwillkürlich zu seiner muskulösen Brust.

„Das sind Joeys Pop Tarts“, erwiderte er und strich sich durchs Haar. „Er wird bestimmt wütend, wenn wir sie aufessen.“ Barfuß ging er über die Granitfliesen der riesigen Luxusküche auf Kate zu.

Er lächelte, und es erschien ein Grübchen auf seinem Gesicht, das ihr am Vortag nicht aufgefallen war. Sie presste sich gegen die marmorne Arbeitsfläche, als Nicolas so nahe vor ihr stehenblieb, dass sie seine Körperwärme spüren konnte. Er nahm ihr die Schachtel aus der Hand und stellte sie ab. Dann umfasste er Kates Hüften und sagte: „Wie wäre es, wenn ich uns stattdessen Frühstück mache oder den Zimmerservice anrufe?“ Er neigte den Kopf und liebkoste die zarte Haut ihres Halses. Seine Zärtlichkeiten erregten Kate so sehr, dass ihre Brustspitzen fest wurden.

„Man bekommt da fantastische Waffeln mit Pekannüssen und Ahornsirup, falls dir der Sinn nach etwas Süßem steht – so wie mir“, fuhr er fort und lächelte vielsagend.

Kate atmete einige Male ein. Dann schob sie Nicolas ein wenig von sich weg und fragte: „Wer ist Joey?“

Hatte Nicolas einen Sohn? War er etwa verheiratet? Kate hatte sich zwar nach dem Aufwachen umgesehen und keinen Hinweis auf eine Frau entdeckt, doch das musste ja nichts bedeuten.

„Sieh mich doch nicht so erschrocken an. Joey ist mein Patenkind und fünf Jahre alt. Und wenn seine Eltern, Stella und Monty, einen Babysitter brauchen, übernachtet er bei mir.“

Zutiefst erleichtert senkte Kate den Blick und betrachtete ihre Zehen. „Du wirkst gar nicht wie jemand, der Kinder hütet.“

„Von ‚hüten‘ kann bei Joey eigentlich auch nicht die Rede sein. Er hat mich völlig im Griff und bestimmt, was passiert und was nicht. Daher auch die Pop Tarts: Ich wäre geliefert, wenn Stella davon wüsste“, erzählte Nicolas, der offenbar sehr an seinem Patenkind und dessen Eltern hing, mit liebevoll nachsichtigem Lächeln.

Diese unerwartete Seite machte ihn fast so süß wie die Pop Tarts. Doch warum Kate angesichts dieser Entdeckung der Atem stockte, wusste sie nicht.

„Also, soll ich Waffeln bestellen?“ Nicolas zog eine Augenbraue hoch und wirkte jetzt eher gefährlich als süß. „Während wir warten, könnten wir da weitermachen, wo wir letzte Nacht aufgehört haben.“ Als er zu ihr kam und ihr über die Wange strich, hüllte sein maskuliner Duft Kate ein.

„O ja“, erwiderte sie.

Nicolas lächelte, und sie fand es schon fast unanständig, wie sehr sie sich danach sehnte, seinen Vorschlag in die Tat umzusetzen. Heftige Enttäuschung erfüllte sie, als ihr etwas einfiel: „Aber leider habe ich nur noch eine Viertelstunde Zeit, bevor ich mich mit Mrs. Oakley treffe, die für die Zimmermädchen zuständig ist.“

„Was hast du mit Pat zu besprechen?“

„Ich glaube, es geht nur um Formalitäten“, erwiderte Kate schulterzuckend. „Die Formulare habe ich gestern schon ausgefüllt.“

„Was für Formulare?“, fragte Nicolas so scharf, dass sie ihn erstaunt ansah.

„Na, die ungefähr zweitausend Formulare für meine Einstellung! Ich werde hier im Hotel arbeiten. Darüber haben wir doch gestern gesprochen“, fügte sie hinzu, als er sie finster ansah. „Du hast gesagt, du würdest sie anrufen.“

„Das habe ich aber nicht getan.“

„Ich weiß“, sagte Kate und fühlte sich gleich wieder unbehaglich, denn sie war sich ziemlich dumm vorgekommen, als sie Mrs. Oakley darauf angesprochen und festgestellt hatte, dass diese von nichts wusste. „Ist nicht weiter schlimm“, erklärte sie bemüht fröhlich. „Ich habe mich selbst darum gekümmert. Und da letzte Woche zwei Zimmermädchen gekündigt haben, hat Mrs. Oakley mir gern …“

„Du wirst nicht hier arbeiten“, unterbrach Nicolas sie.

„Wie bitte?“

„Kate“, sagte er etwas sanfter. „Ich schlafe aus Prinzip nicht mit Frauen, die für mich arbeiten.“

Kate errötete. Sie kam sich albern vor und fühlte sich verletzt, denn bisher war ihr nicht klar gewesen, wie sehr sie sich wünschte, die kleine Affäre mit Nicolas fortzuführen. Doch Nicolas sollte nicht merken, dass ihr seine Zurückweisung wehtat. Natürlich war er nur auf einen One-Night-Stand aus gewesen – sie doch eigentlich auch.

„Ich verstehe“, entgegnete sie und blickte starr über seine Schulter. Dabei fiel ihr Blick auf die Uhr, die ihr eine Ausrede lieferte, zu verschwinden. „Also, Nicolas, das hat sehr viel Spaß gemacht, aber jetzt muss ich wirklich los. Mrs. Oakley wartet sicher schon auf mich.“ Sie schenkte ihm ein, wie sie hoffte, unbekümmertes Lächeln.

„Kate, hast du mir nicht zugehört? Du wirst hier nicht arbeiten.“

Verständnislos sah sie ihn an. „Doch, das werde ich. Ich brauche schließlich Geld.“

„Ich habe dir doch fünfhundert Dollar gegeben. Wenn das nicht reicht, sag es mir einfach.“

„Sei nicht albern.“ Kate war nun auch aufgebracht und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich will nicht, dass du mir noch mehr Geld gibst. Je mehr ich von dir annehme, umso mehr muss ich auch wieder zurückzahlen. Übrigens habe ich dir vierhundert von der Leihgabe ins Wohnzimmer gelegt. Mrs. Oakley hat mir nämlich versprochen, mir einen Vorschuss …“

„Was redest du da eigentlich?“, fragte Nicolas gereizt. „Du brauchst Geld“, sagte er, als wäre sie ein begriffsstutziges Kind. „Warum gibst du es mir dann zurück? Es sind nur fünfhundert Dollar – ich will sie gar nicht zurückhaben.“

Langsam begriff Kate, dass es sich bei dem Geld gar nicht um einen Vorschuss gehandelt hatte. Gleichzeitig wurde sie von jenem Gefühl von Hilflosigkeit und Minderwertigkeit erfüllt, mit dem sie ihre ganze Kindheit lang gekämpft hatte. „Soll das heißen, du hast mir fünfhundert Dollar geschenkt? Aber warum?“ Plötzlich sah sie die heiße Leidenschaft der vergangenen Nacht und ihr eigenes Verhalten in einem ganz anderen Licht. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, als sie mit ihm geflirtet, sich an ihn geschmiegt und sich in ihrer brennenden Leidenschaft hingegeben hatte? Entsetzt presste sie sich die Hand auf den Mund und rannte aus der Küche.

Nicolas hatte wahrgenommen, wie Kate aschfahl wurde, ehe sie sich umwandte und hinausstürzte. „Was, verdammt noch mal, …“, fluchte er und lief ihr nach. Vor der Tür des Apartments holte er sie ein und hielt sie am Arm fest. „Was ist denn los?“

Kate blickte ihn verächtlich an, doch er spürte, dass sie zitterte. Warum war sie nur so aufgelöst?

„Ich bin keine Prostituierte, das habe ich dir gestern schon gesagt“, brachte Kate mit Tränen in den Augen heraus.

„Und wer hat das behauptet?“

„Du verschenkst doch nicht einfach fünfhundert Dollar!“

Das war es also. „Du hast in der Klemme gesessen, und ich habe dir geholfen. Das ist doch keine große Sache.“

„Für mich schon“, entgegnete Kate und hob eigensinnig das Kinn.

Sie versuchte, ihm ihren Arm zu entwinden, doch Nicolas wollte die Angelegenheit unbedingt klären.

„Ich lasse dich erst los, wenn du mir erklärt hast, worin das Problem besteht.“

„Ganz einfach: Ich nehme kein Geld von Männern an, die ich nicht kenne.“

„Erstens“, erwiderte er und zog sie näher, „kennst du mich. Und nach gestern Nacht würde ich sogar sagen, dass du mich sehr gut kennengelernt hast.“ Eine leise Zufriedenheit erfüllte ihn, als sie heftig errötete. „Und zweitens waren die fünfhundert Dollar nicht für sexuelle Gefälligkeiten“, fuhr er fort und war nun seinerseits etwas aufgebracht. „Ich bezahle nicht für Sex.“

Kate errötete noch stärker, atmete jedoch hörbar aus und entspannte sich etwas. „Es tut mir leid, dass ich dir das unterstellt habe. Es war nur … ich … es wirkte merkwürdig.“

„Es war ein Geschenk zwischen Freunden.“

Kate nickte. „Gut, aber ich kann es trotzdem nicht annehmen.“

„Und warum nicht?“

„Weil ich nicht kann“, erwiderte sie eigensinnig.

„Beruhige dich doch“, sagte Nicolas, aber auch seine Gefühle waren in Aufruhr. Als er ihr über den nackten Arm strich, sah er, wie ihre Augen funkelten. Es war deutlich zu merken, dass sie verletzt war. Dass er vielleicht daran schuld war, schmerzte ihn. Wie hatte das alles nur so schiefgehen können? Morgens nach dem Aufwachen war noch alles gut gewesen. Nicolas’ Körper hatte von der fantastischen Liebesnacht geradezu vibriert. Er hatte zehn Minuten lang im Bett gelegen und Kates Duft eingeatmet, der in der Luft hing. Dabei hatte er sich ausgemalt, wie sie den Rest des Tages verbringen könnten.

Als er Kate dann in der Küche sah, das blonde Haar noch leicht feucht vom Duschen, wusste er, dass er seine Fantasien bald in die Tat umsetzen würde. Er war sicher, dass vor ihm Tage voller leidenschaftlichem Sex lagen. Dann hatte Kate plötzlich angefangen, von Pat und den Formularen für ihren Job zu reden, und damit war alles schiefgelaufen. Doch das konnte sie vergessen. Er wollte nicht, dass sie für ihn arbeitete, er wollte sie bei sich haben – im Bett und auch außerhalb des Bettes –, zumindest ein paar Tage lang. Doch nun würde er seine Taktik ändern müssen, um das zu erreichen.

„Kate, das Ganze ist doch albern“, sagte er bemüht vernünftig. „Wir hatten gestern doch wirklich viel Spaß zusammen. Und ich habe noch einige Tage Zeit, bevor ich nach Kalifornien muss“, fuhr er fort, strich ihr über die Innenseite des Ellenbogens und fühlte sich ermuntert, als sie erschauerte. „Bis dahin könnten wir noch eine Menge Spaß haben.“

Als Kate nichts erwiderte, sprach er weiter: „Du kannst als mein Gast im Hotel bleiben, und dann kaufe ich dir ein Flugticket zurück nach London. Wie klingt das?“

Kate war sich sicher, dass sie noch nie in ihrem Leben so sehr gedemütigt worden war. Das hier war sogar noch schlimmer, als in Unterwäsche auf den Hotelflur ausgesperrt zu werden. Sie wich einen Schritt zurück und fühlte sich erniedrigt, weil sie ihn noch immer so sehr begehrte.

„Ich komme für mich selbst auf, das habe ich schon immer getan.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte, ihr Zittern zu unterdrücken. „Und es tut mir leid, aber auch wenn wir letzte Nacht wirklich viel ‚Spaß‘ hatten, bin ich nicht bereit, die nächsten Tage als dein bezahltes Spielzeug zu fungieren.“

Nicolas fluchte unterdrückt. „Das meinte ich nicht, und das weißt du genau.“

„Mrs. Oakley hat mir eine Stelle angeboten, und die werde ich auch annehmen. Wenn du nicht willst, dass ich in deinem Hotel arbeite, kannst du mich natürlich entlassen, das ist dein gutes Recht“, meinte Kate und hoffte gleichzeitig, er würde das nicht tun. „Aber was den Sex mit Angestellten betrifft, brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Wir werden nämlich nicht mehr miteinander schlafen. Wie klingt das?“

Nicolas fluchte wieder und ballte die Hände zu Fäusten. Es war ihm deutlich anzumerken, wie frustriert er war, doch er sagte nichts.

So würdevoll sie konnte, verließ Kate das Apartment und ging zum Lift.

„Tu, was du für richtig hältst, Süße“, sagte Nicolas hinter ihr, dann schloss er die Tür.

Als Kate den Privatfahrstuhl betrat, fand sie darin ihre goldfarbenen Sandaletten, die sie am Vorabend dort hatte fallen lassen. Bei der Erinnerung daran, wie sie sich vor Erregung zitternd an Nicolas geschmiegt hatte, spannte sich ihr ganzer Körper an. Eine einzelne Träne fiel auf das goldfarbene Leder, als sie die Sandaletten aufhob.

6. KAPITEL

„Das kann doch nicht wahr sein!“ Nicolas, der sich plötzlich sehr müde fühlte, rieb sich das Gesicht. „Sie sollte doch mit nach Kalifornien kommen. Wo soll ich denn jetzt eine neue Assistentin hernehmen?“ Wie hatte der Tag, der so verheißungsvoll angefangen hatte, zu so einem Albtraum werden können?

„Offenbar hat Jill dein Verhalten heute Nachmittag nicht gefallen. Sie sagte, du hättest sie angeschrien“, berichtete Monty, der ihm in der Nische der Sportbar gegenübersaß. Sein sympathischer Cockney-Akzent zerrte an Nicolas’ strapazierten Nerven.

„Habe ich nicht“, widersprach Nicolas energisch. Doch eigentlich konnte er sich an den Vorfall mit seiner Assistentin kaum erinnern, weil er den ganzen Tag eine gewisse Blondine mit blauen Augen gedacht hatte. „Sie sollte einen Bericht zum Kundenprofil der Gäste des ‚The Grange‘ schreiben. Ich habe sie lediglich darauf hingewiesen, dass ihr Bericht nicht gerade brillant ist.“

„Vielleicht könntest du das nächste Mal mit etwas weniger Dezibel ‚darauf hinweisen‘“, schlug Monty liebenswürdig vor und trank einen Schluck Bier.

Nicolas versuchte, sich zu entspannen. Ja, eigentlich war Jill Hawthornes Kündigung kein Grund, sich aufzuregen. Er erwartete von seinen Angestellten hundertprozentige Leistung und bezahlte ihnen auch entsprechende Gehälter. Und Jill hatte von Anfang an seine Erwartungen nicht erfüllt. Ihre Kündigung kam nur einfach zum ungünstigsten Zeitpunkt.

Monty lehnte sich vor und legte die Arme auf den Tisch. „Warum warst du überhaupt im Büro? Wolltest du vor der Reise nach Kalifornien nicht ein paar Tage freinehmen?“

Ja, das hatte ich vor, dachte Nicolas. Doch dann hatte eine gewisse Kate Denton ihn morgens einfach stehen lassen. Danach war er nicht mehr in der Stimmung gewesen, sich allein in seinem Apartment zu entspannen, wo ihn alles an ihren sinnlichen Körper und die unglaublichen Dinge erinnerte, die sie zusammen getan hatten.

„Ich habe es mir anders überlegt“, antwortete er wegwerfend, denn er wollte Monty nicht erzählen, wie dumm er gewesen war. Und er verstand noch immer nicht, warum Kate ihm so naheging. „Ich sollte dich nicht länger aufhalten“, fügte er hinzu. „Sonst ist deine Frau wieder böse auf mich.“

Monty war erst am späten Nachmittag nach Las Vegas zurückgekehrt, nachdem er sich eine Woche lang mehrmals mit Harold Westchester getroffen hatte. Diesem gehörte eine Ferienanlage in Kalifornien, die Nicolas kaufen wollte. Und nun saß Nicolas auf seinen Vorschlag hin mit Monty in der lauten, gut besuchten Sportbar, wo sie über die Verhandlungen geredet hatten.

„Ach was“, beruhigte Monty ihn. „Stella versteht, dass du wissen möchtest, wie es mit Westchester gelaufen ist.“

Eigentlich hätte das auch Zeit bis zum nächsten Tag gehabt, aber Nicolas verspürte wenig Lust, allein in sein Apartment zurückzukehren. Außerdem waren er und Monty seit ihrer Jugendzeit beste Freunde.

„Aber jetzt haben wir ja das Wichtigste besprochen, also fahr doch einfach nach Hause“, schlug Nicolas vor. „Und grüß Stella von mir“, fügte er ein wenig neidisch hinzu und war überrascht, dass er so empfand. Monty hatte eine bildhübsche Frau und einen kleinen Satansbraten von Sohn, doch eigentlich hatte Nicolas sich nie nach einer solchen häuslichen Idylle gesehnt.

„Ach, eine Runde bleibe ich noch“, erwiderte Monty nach einem Blick auf die Uhr. „Ich wollte dich noch etwas fragen – willst du Westchester wirklich nicht verraten, wer du bist?“

Heftiger als nötig stellte Nicolas sein Bier auf den Tisch. „Nein, das kommt nicht infrage.“

„Wir könnten dann bestimmt bessere Konditionen aushandeln.“

„Darauf würde ich nicht wetten.“ Nicolas war schon seit zwei Jahren auf das The Grange aus. Dass Westchester von ihrer früheren Verbindung nichts wusste, war sicher entscheidend dafür gewesen, dass der alte Mann sich überhaupt auf die Verhandlungen eingelassen hatte.

„Westchester und mein alter Herr haben sich nicht gerade gut verstanden. Ich werde nicht riskieren …“

„Woher willst du denn wissen, dass er dir vorwirft, was JP getan hat?“, fiel Monty ihm ins Wort.

„Monty, hör einfach auf damit.“ Allein beim Gedanken an Westchester fühlte Nicolas sich unwohl.

„Also gut.“ Monty hob die Hände. „Es ist deine Entscheidung.“

„Allerdings. Willst du jetzt noch ein Bier oder nicht?“

„Eins noch, dann mache ich mich vom Acker.“

Als Nicolas sich nach der Kellnerin umsah, fiel ihm im gedämpften Licht etwas ins Auge. Er blickte starr zum anderen Ende des Raums, wo eine weitere Kellnerin einigen Männern am Billardtisch Getränke brachte. Das grelle Neonlicht ließ ihr blondes Haar leuchten. Nicolas kniff die Augen zusammen. Das konnte doch nicht wahr sein!

Als sie mit dem leeren Tablett zurückging, betrachtete er ihre weibliche Figur, die von der sehr knappen Kellnerinnen-Uniform noch betont wurde. Diese verführerisch sanft schwingenden Hüften hätte er überall wiedererkannt. „Ich fasse es nicht“, sagte er leise.

Kate schob sich an den vielen Leuten am Tresen vorbei. Sie hatte bohrende Kopfschmerzen, und ihre Zehen und Fersen taten ihr von den geliehenen, eine Nummer zu kleinen Schuhen weh. Schon seit über einer Stunde war sie am Ende ihrer Kräfte und nahm ihre Umgebung und die Schmerzen nur noch verschwommen war.

Sie stellte ihr Tablett ab, rief dem Barkeeper Matt ihre Bestellung zu und hielt sich am Tresen fest, als sie leicht schwankte. Dann blickte sie erneut zur Uhr hinüber. Die war bestimmt kaputt – seit dem letzten Mal hatten sich die Zeiger kaum bewegt. Noch immer über eine Stunde bis zum Ende ihrer Schicht!

Kate stöhnte, als sie an die vor ihr liegenden Wochen dachte: verschüttete Getränke, ungeduldige Gäste, schmutzige Toiletten und ungemachte Betten. Sie versuchte, gegen die lähmende Niedergeschlagenheit anzukämpfen, die sich über sie senkte. Ja, sie würde in den nächsten Wochen zwei Jobs gleichzeitig machen müssen, aber es war schließlich nicht das erste Mal, dass sie so hart arbeitete. Mit siebzehn, als sie sich endlich befreit hatte und gerade bei ihrem Vater ausgezogen war, hatte sie sogar drei Jobs gehabt, um sich über Wasser zu halten. Ich werde das schaffen, redete sie sich ein. Ich muss nur einfach einmal richtig schlafen

Der Nachtflug zwei Tage zuvor, die Bettsportaktivitäten mit dem äußerst einfallsreichen Nicolas Boudreaux in der vergangenen Nacht, ein Tag voller Bettenmachen und Kloputzen und vier Stunden Kellnern in zu kleinen, hochhackigen Schuhen – Kate vermutete, dass sie in den letzten achtundvierzig Stunden etwa vier Stunden geschlafen hatte.

Und natürlich lag es allein an ihrer Erschöpfung, dass sie immer wieder an Nicolas und seine unersättliche Lust denken musste. Kate bereute keine Sekunde, sein beleidigendes Angebot abgelehnt zu haben. Sie würde sich niemals von einem Mann aushalten lassen, auch wenn dieser atemberaubend aussah und im Bett einfach fantastisch war. Ihre Mutter hatte diesen Fehler begangen, und Kate hatte selbst erlebt, was die Folgen gewesen waren.

Sie ließ den Tresen los und atmete tief durch. Nur noch eine Stunde, dann konnte sie endlich ins Bett fallen – und sie würde frühestens zehn Minuten bevor ihre Schicht als Zimmermädchen anfing, wieder aufstehen.

„Katie!“, rief ihre Kollegin Marcy und bahnte sich mit den Ellenbogen ihren Weg. Ihre braunen Augen glänzten. Wie konnte sie auf diesen unglaublich spitzen Absätzen nur gehen, ohne sofort einen Bandscheibenvorfall zu bekommen?

„Darling, du hast das große Los gezogen.“ Schwungvoll stellte Marcy ihr Tablett auf dem Tresen ab.

„Tatsächlich?“, fragte Kate. Sie mochte die fröhliche Frau, neben der sogar Mary Poppins wie eine alte Miesmacherin wirkte.

„Ja, tatsächlich“, bestätigte Marcy strahlend und machte Kates Akzent nach. „Stell dir vor, in meiner vierten Nische sitzt Nicolas Boudreaux höchstpersönlich und hat ausdrücklich darum gebeten, dass du ihm das nächste Bier bringst. Das könnte dein Glückstag sein, Darling“, sagte sie, zog vielsagend die Augenbrauen hoch und tänzelte davon, bevor Kate protestieren konnte.

Ihr Magen zog sich zusammen. Wenn ich noch mehr „Glück“ habe, kann ich mich gleich erschießen, dachte sie.

Nicolas schäumte vor Wut, versuchte sich aber zu beherrschen.

Was, um alles in der Welt, tat Kate in der Sportbar? Wenn sie ihn einfach nur quälen wollte, dann war ihr das gelungen. Er versuchte mit aller Macht, nicht ständig an sie zu denken, und ausgerechnet da tauchte sie in einem kurzen Rock, unter dem bei jedem Bücken ihr Slip zu sehen war, und einem zu engen Pullover mit V-Ausschnitt auf, der ihre üppigen Brüste betonte. Genauso gut hätte sie nackt herumlaufen können! Als sie mit dem Tablett in der Hand auf sie zukam, musste Nicolas sich zwingen, den Blick nicht von ihrem von feinen blonden Strähnen umrahmten Gesicht nach unten gleiten zu lassen. Vermutlich war er der einzige Mann in der ganzen Bar, der nicht ihren Po anstarrte.

„Wow, hat die eine Figur“, sagte Monty.

„Reiß dich zusammen“, fuhr Nicolas ihn an. „Sonst erzähle ich Stella, dass du andere Frauen angaffst.“

„Tue ich doch gar nicht!“, wehrte Monty sich entrüstet. „Ich stelle nur fest, was offensichtlich ist. Was läuft da überhaupt zwischen dir und ihr?“

„Nichts“, erwiderte Nicolas, entschlossen, dies auch zu beweisen, auch wenn sein Mund trocken wurde und sein ganzer Körper sich anspannte. Auch seine heftige Erregung hatte nichts zu bedeuten, redete er sich ein.

„Hallo, Kate“, sagte er betont gelassen, als sie das Tablett auf den Tisch stellte.

„Hallo.“ Sie blickte ihn kurz an und konzentrierte sich dann darauf, die Flaschen auf den Tisch zu stellen, ohne etwas zu verschütten.

Sogar in schwarzem T-Shirt und abgetragener Jeans strahlte Nicolas eine Aura von Macht aus, die einschüchternd wirkte. Schlimmer jedoch war, dass Kates Kehle sich bei seinem Anblick zuschnürte und sich ein heißes Begehren zwischen ihren Beinen ausbreitete.

Nicolas, dessen markantes attraktives Gesicht von dem Licht der Lampe hinter ihm noch betont wurde, beobachtete sie genau. Auf keinen Fall durfte sie Schwäche zeigen.

„Was tust du hier?“, fragte er in einem Tonfall, als würde ihn ihre Antwort eigentlich nicht interessieren. „Ich dachte, du arbeitest für Pat?“

„Ja, aber abends arbeite ich hier.“

Um Nicolas’ Mund zuckte es. „Aha“, sagte er dann mit derselben gleichgültigen Stimme. „Eigentlich möchte ich dich in meinem Hotel nicht sehen.“

Kate errötete angesichts seiner harschen Worte, seines abschätzigen Blickes und seines selbstbewussten Auftretens. Sie klemmte sich das Tablett unter den Arm und verkrampfte die Finger um den Rand, denn am liebsten hätte sie Nicolas sein Bier über den Kopf gegossen. „Da du das Sagen hast, werde ich wohl gehen“, erklärte sie und war wütend auf sich selbst, dass ihre Stimme zitterte.

Doch als sie sich umwandte, hielt er sie am Handgelenk fest.

„Nicht so schnell. Wir hätten gern noch ein paar Brezeln.“

Kate entzog ihm ihren Arm und warf Nicolas einen finsteren Blick zu. Am liebsten hätte sie ihm gesagt, wohin er sich seine Brezeln schieben konnte. Doch dann wurde sie von unendlicher Erschöpfung überwältigt. „Ich bringe sie sofort“, sagte sie und ging davon.

Monty räusperte sich. „Was war das denn bitte? Und wer ist die Frau?“

„Niemand“, wehrte Nicolas ab und blickte Kate nach. Irgendetwas stimmte nicht.

Eigentlich hatte er sie locken und dann zusammenstauchen wollen, wenn sie auf den Köder anbiss. Dass sie ihn fallen gelassen hatte, nur um Knochenarbeit machen zu können, hatte er noch nicht verwunden. Doch nun verspürte er keine Befriedigung, sondern kam sich wie ein Idiot vor. Denn Kate hatte resigniert, sogar erschöpft geklungen. Und es sah ihr gar nicht ähnlich, dass sie eine Beleidigung einfach so hinnahm.

„Wenn da zwischen euch nichts läuft, heiße ich Bugs Bunny. Und du weißt, dass mir von Mohrrüben schlecht wird.“ Monty sah ihn durchdringend an.

Nicolas seufzte. Diesen Blick kannte er nur zu gut, denn er bedeutete, dass Monty sich um nichts in der Welt vom Thema würde abbringen lassen.

„Wir haben letzte Nacht zusammen geschlafen“, sagte er schließlich. „Das heißt, geschlafen haben wir eigentlich nicht sonderlich viel. Dann hat sie heute Morgen beschlossen, dass sie lieber Toiletten schrubben möchte, als mit mir zusammen zu sein. Das war’s.“

„Sie hat dich abserviert?“ Monty lachte überrascht.

„Wie schön, dass du das lustig findest.“

„Nicht lustig, es ist eher ein Wunder!“ Wieder lachte Monty und blickte dann zum Tresen. „Super, sie kommt zurück. Vielleicht gibt sie dir ja noch mal einen Korb!“

Nicolas, der Montys Kommentar alles andere als witzig fand, blickte zu Kate hinüber. Und wieder wurde er von heftigem Verlangen erfasst.

Die Schale mit den kleinen Brezeln auf dem Tablett balancierend, konzentrierte Kate sich darauf, sich auf den Beinen zu halten. Irgendwie musste sie es schaffen, bis zum Ende ihrer Schicht bleiben zu dürfen. Sie hasste es, klein beizugeben, doch sie hatte keine Energie mehr, um sich zu wehren. Und sie brauchte ihren Anteil am Trinkgeld dringend. Wenn sie eine halbe Stunde zu früh ging, würde sie womöglich nichts davon bekommen.

„Die Brezeln“, sagte sie und stellte das Schüsselchen mit gesenktem Blick auf den Tisch. Als sie gehen wollte, sprach der andere Mann sie an. „Warten Sie doch mal, meine Liebe. Sie heißen Kate, stimmt’s?“

Zu ihrer Überraschung sprach der Mann Cockney. Er hatte ein charmantes und zugleich freches Lächeln, das sie ihre Anspannung ein wenig vergessen ließ. Kate schüttelte die Hand, die er ihr reichte.

„Ja, Kate Denton“, bestätigte sie.

„Freut mich, Kate“, erwiderte der Mann. „Ich heiße Monty Robertson. Höre ich da bei Ihnen nicht einen Londoner Akzent heraus?“

„Ja, ich stamme aus Chelsea.“ Es tat Kate unendlich gut, mit einem Landsmann zu sprechen.

„Wie vornehm – ich fühle mich geehrt.“ Plötzlich wirkte Monty auf komische Weise verzweifelt. „Moment – Sie sind doch nicht etwa Chelsea-Fan?“

Kate lachte. „Doch, natürlich! Schließlich ist das die beste Fußballmannschaft Londons. Gehören Sie etwa zu diesen traurigen …“

Sie wurde vom Geräusch einer heftig auf den Tisch gestellten leeren Bierflasche unterbrochen. „Ich brauche noch ein Bier“, sagte Nicolas unheilvoll ruhig.

Eine spitze Bemerkung lag Kate auf der Zunge, doch in diesem Moment wurde sie endgültig von Erschöpfung überwältigt.

Sie hörte Montys besorgtes „Alles in Ordnung?“ kaum, als ihre Beine nachgaben und ihr das Tablett aus der Hand fiel. Sie wollte sich am Tisch festhalten, doch da stand Nicolas schon neben ihr und hielt sie fest.

„Was ist los?“, wollte er wissen.

Warum klingt er so aufgebracht?, dachte Kate verwirrt. Als sein vertrauter maskuliner Duft sie einhüllte, versuchte sie sich freizumachen. Doch Nicolas hielt sie fest und drehte sie so um, dass das grelle Neonlicht vom Tresen ihr ins Gesicht schien.

„Du siehst ja furchtbar aus“, stellte er fest, und seine Stimme schien von weit her zu kommen. „Wann hast du das letzte Mal geschlafen?“

„Mir geht es gut“, erwiderte sie mit schwacher Stimme und spürte plötzlich die weiche Baumwolle seines T-Shirts an ihrer Wange.

„Monty, sag den anderen Angestellten, dass Kate sich den Rest der Schicht freinimmt. Wir sehen uns morgen.“

Kate hörte Nicolas’ Worte, konnte sie jedoch nicht begreifen. Sie sah nur seinen kräftigen Hals und den dunklen Schatten aus Bartstoppeln an seinem Kinn. Als sie seine Arme unter ihren Knien und an ihrem Rücken spürte, versuchte sie wieder, sich von ihm zu lösen.

„L… lass mich runter!“ Warum schien sich alles um sie her zu drehen?

„Kommt nicht infrage“, entgegnete Nicolas noch gereizter als zuvor. „Wenn du selbst nicht auf dich aufpassen kannst, dann muss es eben jemand anders tun.“

Als Kate wieder vor Erschöpfung zitterte, schlossen sich seine Arme fester um sie, und sie hörte das beruhigende Geräusch seines Herzschlags.

„Kate“, sagte er und klang plötzlich fast schmeichelnd. „Alles ist gut, ich halte dich fest.“

„Lass mich nicht fallen“, bat sie, viel zu erschöpft, um sich über ihren flehenden Tonfall Gedanken zu machen.

„Natürlich nicht.“

Kate schloss die Augen, schmiegte sich an Nicolas’ breite Schulter und ließ sich von ihrer Erschöpfung einhüllen wie von einer warmen Decke.

Nicolas spürte, wie Kate in seinen Armen schwer wurde. Als er ihren tiefen, regelmäßigen Atem an seinem Hals spürte, schlug sein Herz endlich wieder ruhiger.

Als Kate plötzlich geschwankt hatte, war er sofort aufgesprungen – und hatte sich Vorwürfe gemacht, als er ihr Zittern und die dunklen Ringe unter ihre Augen bemerkt hatte. In der vergangenen Nacht hatten sie vielleicht zwei Stunden geschlafen, und während er fast den gesamten Vormittag im Bett geblieben war, hatte Kate in seinem Hotel gearbeitet, um ihre Schulden bei ihm zu begleichen. Ja, es war verrückt, und sie konnte ihn sehr wütend machen – aber Nicolas musste sich eingestehen, dass Kate Mumm hatte.

Als ein leises „Pling“ den Lift ankündigte, bewegte Kate sich in seinen Armen. „Sch“, machte Nicolas, als würde er ein Kind beruhigen. Sie entspannte sich wieder, und ihm fiel auf, wie zerbrechlich sie sich anfühlte.

Er wusste, dass er sie eigentlich in ihre Suite bringen sollte, doch das konnte er nicht. Nicolas wollte Kate bei sich haben, und nicht nur aus dem einem Grund, sondern weil er auf sie achtgeben wollte. Die Heftigkeit seines Wunsches, Kate zu beschützen, überraschte ihn selbst, doch er hinterfragte ihn nicht. Denn es stimmte: Wenn Kate nicht selbst auf sich aufpassen konnte, musste es jemand anders tun. Und ob ihr das nun gefiel oder nicht – dieser jemand würde er sein.

7. KAPITEL

Kate stand in der Tür der riesigen Küche, zog den Gürtel des Seidenkimonos zu, den sie am Bettende gefunden hatte, und betrachtete Nicolas, der sich an dem glänzenden Edelstahlherd ganz in seinem Element zu fühlen schien. Der Duft von Butter und gebratenen Eiern lag in der Luft, doch nicht nur deshalb lief Kate das Wasser im Mund zusammen: Der große attraktive Nicolas sah in seinen abgetragenen Jeans und dem verblichenen Sweatshirt so atemberaubend aus wie immer.

„Hallo“, wollte sie sagen, brachte jedoch nur ein Quieken heraus. Sie räusperte sich und probierte es noch einmal. „Guten Morgen!“

Nicolas wandte sich um und lächelte sie entspannt an. „Morgen.“ Er wies mit dem Kinn auf die Frühstückstheke. „Setz dich. Das Frühstück ist fertig.“

Doch Kate rührte sich nicht von der Stelle. „Warum bin ich in deinem Apartment?“, wollte sie wissen und versuchte, sich nicht von seinem Charme betören zu lassen.

Was genau war in der vergangenen Nacht passiert? Kate konnte sich nur noch daran erinnern, wie sie bewusstlos geworden war. Vor zehn Minuten war sie aus einem tiefen traumlosen Schlaf erwacht und hatte festgestellt, dass sie, lediglich mit ihrer Unterwäsche bekleidet, in seinem Bett lag – am späten Morgen, während die Sonnenstrahlen durch das Panoramafenster fielen.

„Darüber werden wir uns nach dem Essen unterhalten“, erwiderte Nicolas und ließ die Eier auf die Teller gleiten, auf denen sich bereits getoastete Brötchenhälften und Speck befanden.

Doch Kate wollte wissen, was passiert war. Hatten sie und Nicolas etwa zusammen geschlafen? Warum sonst sollte er so nett zu ihr sein? Immerhin hatte er sie am Vorabend praktisch aus seinem Hotel werfen wollen.

Nicolas stellte die Teller auf die Theke, die er bereits mit Besteck und zwei Gläsern Orangensaft gedeckt hatte. Dann blickte er Kate stirnrunzelnd an, die noch immer wie festgewurzelt im Türrahmen stand.

„Also gut, raus damit, was immer es auch sein mag“, forderte er sie ein wenig ungeduldig auf. „Ich habe zwanzig Minuten damit verbracht, das Frühstück vorzubereiten, und möchte es nicht kalt essen.“ Er stellte Kaffeekanne und zwei Becher neben die Teller und sah Kate abwartend an.

Es fiel ihr schwer, die Worte auszusprechen: „Haben wir letzte Nacht zusammen geschlafen?“

Nicolas begann zu lachen, nahm auf einem Hocker Platz und schenkte sich Kaffee ein.

„Was ist an der Frage so komisch?“

„Süße, du hast meinem Ego in den letzten beiden Tage wirklich ein paar herbe Schläge versetzt“, erwiderte Nicolas.

Angesichts seines selbstironischen Tons und seines freundlichen Lächelns entspannte Kate sich ein wenig. „Warum?“, wollte sie wissen.

Er klopfte auf den Hocker neben sich. „Setz dich, dann erzähle ich es dir.“

Nach kurzem Zögern ging Kate zu ihm, kletterte auf den Hocker und zog sich den Seidenkimono über die nackten Beine.

Als Nicolas ihr eine Hand aufs Knie legte und Kate seine Körperwärme durch den feinen Stoff spürte, zuckte sie zusammen.

„Wenn ich mit einer Frau schlafe, erinnert sie sich am nächsten Tag normalerweise noch daran“, sagte er und zog seine Hand zurück. „Und ich nutze keine Frauen aus, die nicht protestieren können“, fügte er hinzu und sah ihr in die Augen. „Du warst gestern bewusstlos vor Erschöpfung. Also habe ich in einem der anderen Schlafzimmer übernachtet.“

„Oh, ähm, das ist gut.“ Eigentlich hätte Kate erleichtert sein müssen, doch merkwürdigerweise war sie es nicht. „Danke.“

„Gern geschehen. Und jetzt iss.“

Das tat Kate. Sie war verwirrt: Wenn sie und Nicolas nicht zusammen geschlafen hatten, warum war er denn dann plötzlich so nett zu ihr?

Doch sobald sie zu essen begann, ließ ihr Appetit sie all ihre Zweifel vergessen. Kate genoss jeden Biss vom locker-luftigen Rührei, vom knusprigen Speck und von den heißen, gebutterten Brötchen. Als sie gerade die zweite Tasse Kaffee ausgetrunken hatte, bemerkte sie, dass Nicolas sie beobachtete.

„Der Kimono steht dir“, stellte er wie beiläufig fest.

Kate betrachtete den edlen Kimono aus blauer Seide, auf den ein feuerspeiender Drache gestickt war. „Er ist wunderschön“, sagte sie leise. „Wem gehört er?“

Sofort wünschte sie, diese Frage nicht gestellt zu haben, denn bestimmt hatte eine andere von Nicolas’ Eroberungen den Kimono bei ihm liegen lassen.

„Ich habe ihn während einer Geschäftsreise in Japan geschenkt bekommen“, antwortete Nicolas. „Dort tragen auch Männer solche Kleidungsstücke. Mein Stil ist es eigentlich nicht.“ Er ließ den Blick über sie gleiten und fügte hinzu: „Dir steht er viel besser.“

Kate bemerkte, dass sie den Atem angehalten hatte, und ärgerte sich über sich selbst. Es konnte ihr doch völlig egal sein, wem der Kimono gehörte. Sie wischte sich den Mund an der Serviette ab und erklärte: „Ein wirklich köstliches Frühstück, Nicolas, vielen Dank. Das war sehr nett von dir.“

„Immerhin hattest du eine Entschuldigung verdient“, entgegnete er mit ausdrucksloser Miene.

„Warum denn?“

„Weil ich mich gestern Morgen und gestern Abend in der Bar wie der letzte Idiot benommen habe.“

Mit einem solchen Eingeständnis hatte Kate nicht gerechnet. „Ich nehme deine Entschuldigung an.“

Und jetzt musste sie schleunigst gehen, sonst würde sie sich noch von seinem glühenden Blick betören lassen.

Doch als sie die Teller zusammenräumen wollte, hielt Nicolas ihre Hand fest und meinte: „Darum kümmert sich das Personal.“

Er drehte ihre Hand um und strich ihr übers Handgelenk, sodass Kate erschauerte. Dann nahm er vorsichtig den Ballen an ihrem Daumenansatz zwischen die Zähne.

Heftiges Verlangen durchzuckte Kate. „Nicht“, sagte sie und versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen.

Als Nicolas ihr in die Augen sah und ihren Blick festhielt, fühlte Kate sich in die Enge getrieben und gleichzeitig voller Sehnsucht.

„Warum nicht?“, fragte er sanft, aber energisch. „Wovor hast du Angst, Kate?“

Vor dir, dachte sie, während Panik ihr die Kehle zuschnürte. Es war ihr schwer genug gefallen, ihm am vergangenen Morgen den Rücken zu kehren und zu gehen. Freundliches, aufmerksames Verhalten hätte sie von ihm wirklich nicht erwartet, und es berührte sie tief im Innern, wo sie nicht berührt werden wollte. Sie und Nicolas verband nichts miteinander – sie hatten lediglich eine unglaublich aufregende, leidenschaftliche Nacht zusammen verbracht.

„Ich muss los“, sagte sie und versuchte, das heftige Klopfen ihres Herzens zu ignorieren. „Ich muss heute aus meiner Suite auschecken und mir einen neuen Job suchen.“

Leise fluchend ließ Nicolas ihre Hand los. „Warum bist du so fixiert darauf, für deine Kosten selbst aufzukommen?“

Um keinen Preis wollte Kate ihm den wahren Grund verraten, denn das war viel zu persönlich. „Es ist nur … es ist mir einfach wichtig, sonst nichts.“

„Ja, das habe ich gemerkt.“ Nicolas wirkte frustriert und gereizt. „Falls du es vergessen hast, habe ich dich aufgefangen, nachdem du vor lauter Arbeit fast ins Koma gefallen wärst.“

Dass seine Stimme so scharf klang, war gar nicht seine Absicht gewesen. Als Kate zusammenzuckte, hätte er sich selbst am liebsten geohrfeigt. Er wollte, dass sie blieb, und fast hätte er es schon vermasselt. Warum nur regte er sich in Gegenwart dieser Frau so schnell auf wie ein Fuchs im Hühnerstall? Eigentlich war er dafür bekannt, wie kühl und gelassen er im Umgang mit Frauen war.

„Nein, ich habe es nicht vergessen“, erwiderte Kate und straffte die Schultern unter dem weichen Seidenstoff. „Und ich habe auch nicht vergessen, dass du mir befohlen hast, das Hotel zu verlassen.“

„Kate“, sagte Nicolas, um einen lockeren Tonfall bemüht. „Ich will nicht noch einmal dasselbe Streitgespräch mit dir führen.“

„Gut. Ich nämlich auch nicht.“ Kate wollte an ihm vorbeigehen, doch er stellte sich ihr in den Weg.

Ihre Augen funkelten trotzig, aber da war noch etwas anderes, etwas, das ziemlich nach Verletzlichkeit aussah – und ihm genau den Aufhänger lieferte, den er benötigte.

„Ich möchte dir ein Angebot machen.“

Als Kate große Augen machte, musste er ein Lächeln unterdrücken. „Nein, keine Angst, so ein Angebot meine ich nicht.“ Jedenfalls nicht ganz. „Sondern ein lohnendes, das verspreche ich dir. Setz dich einfach hin und hör mir zu. Bitte“, fügte er hinzu, da Kate noch immer streitlustig wirkte.

Sie schnaubte leise und setzte sich. „Also gut, ich höre“, sagte sie und hob das Kinn.

Als er am Vorabend mit Kate in sein Apartment gekommen war und er sie ausgezogen hatte, war das die reinste Folter gewesen, denn er hatte natürlich ständig daran denken müssen, wie Kate in der Nacht davor in seinen Armen gelegen hatte. Doch als er die wunden roten Stellen an ihren Zehen und Fersen sah, waren seine Gedanken mit einem Schlag wieder jugendfrei, und Nicolas bekam ein schlechtes Gewissen. Zwar versuchte er sich einzureden, es sei nicht seine Schuld, dass Kate bis zur völligen Erschöpfung gearbeitet hatte. Doch das Gefühl, die Verantwortung für sie zu tragen, und der Wunsch, sie zu beschützen, waren noch stärker geworden als beim Verlassen der Bar. Noch nie war Nicolas einer so unabhängigen eigenständigen Frau begegnet, die dies auch noch dauernd unter Beweis stellen wollte. Und ganz sicher war er auch noch nie einer Frau begegnet, für die er sorgen wollte.

Er hatte den ganzen Vortag missgelaunt versucht, sich einzureden, Kate wäre ihm völlig gleichgültig. Doch als er dann auf dem Bettrand gesessen und beobachtet hatte, wie sie ruhig und tief atmete – da hatte er sich eingestehen müssen, dass das zwischen ihnen noch lange nicht vorbei war.

Während er im Halbdunklen gesessen und über diese erstaunliche Erkenntnis nachgedacht hatte, war ihm plötzlich etwas eingefallen: Hatte Kate nicht gesagt, sie wäre Andrew Rocastles Assistentin gewesen? Es wäre ein zu glücklicher Zufall, um wahr zu sein. Dennoch wies Nicolas den Rezeptionisten an, nachzuschlagen, was Rocastle beim Einchecken angegeben hatte. Es folgte ein später Anruf in dessen Unternehmen in London, wo es früher Morgen war. Eine äußerst hilfsbereite Personalchefin teilte Nicolas mit, dass Kate Denton tatsächlich Rocastles Assistentin gewesen war – bis zu einem „sehr bedauerlichen Vorfall“ vor zwei Tagen. Dieser „bedauerliche Vorfall“ schreckte Nicolas natürlich nicht im Geringsten ab. Außerdem musste er Kate ja nur einen Arbeitsvertrag über zwei Wochen anbieten. Ob sie ihre Arbeit gut machen würde, war eigentlich nicht weiter wichtig. Denn schließlich waren nicht ihre Computerkenntnisse der Grund, warum er frei über sie verfügen wollte.

Kate Denton war ein Feuer, das in ihm brannte und von dem er sich befreien musste. Wenn sie einige Wochen seine Assistentin war, würde ihn das von seiner Besessenheit sicher ein für alle Mal heilen. Und wenn sie ihre Sache auch noch halbwegs gut machte, umso besser.

Als Nächstes hatte Nicolas sich überlegt, wie er Kate überzeugen konnte. Er war die halbe Nacht aufgeblieben, um eine Strategie zu erarbeiten. Das Frühstück war dabei der erste Schritt gewesen. Dass er eben einen Moment lang die Beherrschung verloren und seinen Frust gezeigt hatte, war ein taktischer Fehler gewesen. Doch jetzt saß Kate wieder auf dem Hocker und war, wenn auch widerstrebend, bereit, ihm zuzuhören. Ruhig bleiben, dachte Nicolas, und erst einmal das Zuckerbrot schwenken. Zur Peitsche konnte er später immer noch greifen, wenn es sein musste – Nicolas hatte ausreichend Beziehungen, um zu verhindern, dass Kate irgendeinen anderen Job in Las Vegas bekam.

„Um ehrlich zu sein, stecke ich in der Klemme und brauche deine Hilfe, Kate.“

„In was für einer Klemme?“

„Meine Assistentin hat gestern unerwartet gekündigt, und ich brauche jemanden, der für einige Wochen mit mir nach Kalifornien fährt. Wie wär’s?“

„Ich soll für dich arbeiten? Als Assistentin?“ Kate war so verblüfft, dass sie beinah vom Hocker gefallen wäre.

„Genau. Ich kann dir nur einen Arbeitsvertrag über zwei Wochen anbieten“, sagte Nicolas betont beiläufig. „Aber du würdest natürlich viel mehr verdienen, als du es durch Kellnern könntest. Außerdem würde ich natürlich für sämtliche Spesen aufkommen.“

„Meinst du das ernst?“, fragte Kate.

Als Nicolas nichts erwiderte und sie nur mit einem ganz leichten Lächeln ansah, gab sie sich selbst die Antwort: „Du meinst es tatsächlich ernst.“

„Ich muss ein Geschäft abschließen, auf das ich schon seit zwei Jahren hinarbeite“, sagte Nicolas. „Ich stoße meinen Besitz in Las Vegas ab und kaufe das Ferienresort The Grange in Big Sur. Es hat eine fantastische Lage an der Küste, einen soliden Stammgästebestand und großes Potenzial im Hinblick auf Erweiterung und Modernisierung. Ich brauche jemanden, der sich um meine Termine und um alle anderen Sekretariatsdinge kümmert, während ich bei den Verhandlungen mit dem Besitzer die letzten Details aushandle.“

„Ich verstehe.“ Kates Herz begann zu rasen, während sie sich all die Möglichkeiten ausmalte, die dieses Angebot bedeutete.

Es könnte die Lösung all ihrer Probleme sein: eine richtige Stelle, und zwar eine anspruchsvolle interessante Arbeit, bei der sie weder mit Klobürsten hantieren noch Drinks im Boxenluder-Outfit servieren musste. Kate hatte Andrew zwar nie sonderlich gemocht, aber die Arbeit als Assistentin hatte sie geliebt. Sie wusste, dass sie ein Talent dafür hatte. Außerdem war die Phoenix-Hotelkette viel renommierter und angesehener als Andrews kleines Designunternehmen in Covent Garden. Es wäre zwar nur für zwei Wochen, doch in diesen zwei Wochen würde Kate ihre Schulden abbezahlen können, ihrem Lebenslauf eine tolle Referenz hinzufügen, wichtige Erfahrungen sammeln und …

Moment mal, dachte sie plötzlich, denn diese großartige berufliche Chance hatte einen Haken. Und der saß vor ihr und lächelte verlockend.

„Also, wie sieht’s aus?“, fragte Nicolas. „Möchtest du meine Allround-Sekretärin sein?“

Kate versuchte, ruhig nachzudenken. Sie wäre für den atemberaubenden, gebieterischen, unwiderstehlichen Nicolas tätig – der immer seinen Willen durchsetzen musste und als ihr Chef ja auch das Recht dazu hätte. Als Assistentin würde sie sehr eng mit ihm zusammenarbeiten. Hatte Andrew nicht einmal im Spaß gesagt, sie würde ihre Arbeit so gut machen, als wäre sie zur Hälfte seine Assistentin und zur Hälfte seine Ehefrau? Wenn Kate sich bei Nicolas auf diese Rolle einließ, würde das deutlich gefährlicher werden. Sie musste also klären, was genau er von ihr erwartete.

Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. „Was genau erwartest du von mir?“

„Was ich erwarte?“ Er schien sich die Worte auf der Zunge zergehen zu lassen. „Hm, lass mich überlegen … abgesehen von PC-Kenntnissen, Steno und diesen Dingen erwarte ich, dass du mir rund um die Uhr zur Verfügung stehst. Ich will dir nichts vormachen: Ich bin im Umgang nicht der Unkomplizierteste.“ Nicolas’ Blick glitt kurz zu ihrem Dekolleté. „Manchmal bin ich sogar sehr fordernd.“ Als er den Blick wieder zu ihrem Gesicht gleiten ließ, erschien das Grübchen auf seiner Wange. „Aber das weißt du ja bereits.“

Kate verspürte ein heftiges Pochen zwischen den Schenkeln und presste die Beine zusammen. Es machte sie wütend, dass sie so heftig auf Nicolas reagierte, obwohl er sie doch ganz offensichtlich provozieren wollte.

„Hör auf, mich aufzuziehen“, sagte sie mit fester Stimme. „Das ist kein bisschen witzig.“ Sie wollte diese Stelle unbedingt haben – und wenn sie ehrlich war, nicht nur wegen der beruflichen Möglichkeiten, die diese eröffnete. Andererseits hatte sie auch nicht vor, sich Nicolas zu Füßen zu werfen.

Nicolas lachte und hob beschwichtigend die Hände. „Gut, es tut mir leid, Kate. Aber dein Gesichtsausdruck – ich konnte mir die Bemerkung einfach nicht verkneifen.“

„Warum bietest du mir diese Stelle an?“

Seine Augen funkelten, als er ihr mit dem Daumen über die Wange strich. „Unsere erste gemeinsame Nacht war einfach fantastisch. Du bist klug, wunderschön und begehrenswert – und ich konnte nicht vergessen, was wir zusammen getan haben, nachdem du gestern Morgen einfach gegangen bist. Ja, ich gebe es zu: Ich möchte dich unter anderem auch deshalb mit nach Kalifornien nehmen, damit wir noch viel mehr Spaß zusammen haben.“

Genau das hatte Kate erwartet: Nicolas bot ihr die Stelle an, weil er mit ihr ins Bett gehen wollte. Zu ihrer eigenen Verärgerung empörte sie das nicht annähernd so sehr, wie angemessen gewesen wäre. „Unter diesen Umständen kann ich dein Angebot nicht annehmen, und das weißt du auch.“

Nicolas lehnte sich zurück, wirkte jedoch alles andere als enttäuscht. „Ich kann nicht leugnen, dass ich noch einmal mit dir schlafen möchte. Und ich finde, wir sind ziemlich gut zusammen.

Aber ich bezahle nicht für Sex. Solange wir in Kalifornien sind, wirst du dir als Assistentin den Hintern abarbeiten, und ich werde das Sagen haben, denn ich bin der Boss. Aber alles, was im Schlafzimmer passiert, ist privat und geht nur uns beide etwas an. Mit anderen Worten, es gehört nicht zu deiner Arbeit. Und ganz sicher möchte ich nicht, dass du es als lästige Pflicht empfindest“, fügte er ein wenig gereizt hinzu.

Zumindest ist er ehrlich, dachte Kate angespannt. Aber durfte sie so einen Vorschlag überhaupt in Betracht ziehen? „Und wenn ich nicht mit dir schlafen möchte?“

Er zuckte die Schultern. „Das ist dir freigestellt und hat keinerlei Auswirkungen darauf, ob du die Stelle bekommst.“ Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Aber ich werde selbstverständlich versuchen, dich umzustimmen.“

Na, großartig, dachte Kate schwach und spürte, wie das inzwischen schon vertraute heftige Begehren sie erfüllte, das Nicolas in ihr auslöste. Kate wusste, sie würde dem nicht widerstehen können, was Nicolas ihr anbot. Und sie hatte das ungute Gefühl, dass die wirkliche Verlockung nicht darin bestand, tagsüber eine spannende Aufgabe zu haben und nachts leidenschaftliche Liebesstunden zu verleben. Die Aussicht, Zeit mit Nicolas zu verbringen, mit ihm zusammenzuarbeiten und ihn besser kennenzulernen – das lockte Kate am meisten. Und genau aus diesem Grund musste sie das Angebot ablehnen. Denn wenn sie so unvorsichtig wäre und zuließe, dass Nicolas sich in ihr Herz schlich, würde das sehr schmerzlich für sie werden.

Doch Nicolas sah sie so eindringlich an, dass ihr Herz immer schneller schlug, und Kate brachte es nicht fertig, vernünftig zu sein und Nein zu sagen.

Wenn sie vorsichtig wäre und die möglichen Gefahren nicht aus den Augen ließe, dann sollte es doch möglich sein, das Angebot anzunehmen und alles zu genießen, ohne Schaden zu nehmen. Männer taten so etwas doch ständig! Das Entscheidende war, dass sie sich ihre Unabhängigkeit bewahrte, dann würde auch ihr Herz in Sicherheit sein. Man darf niemals jemanden brauchen, der einen selbst nicht braucht, und niemals etwas opfern, auf das man nicht verzichten kann – diese Lebensweisheit hatte sie als Kind von ihrem Vater gelernt. Daran muss ich mich immer erinnern, dachte Kate und traf eine Entscheidung.

Sie atmete nochmals tief durch und erklärte: „Ich werde die Stelle annehmen.“

Nicolas machte große Augen. Offenbar hatte sie ihn überrascht – allerdings nicht so sehr wie sich selbst.

„Toll!“ Er strich ihr über den Arm. „Das ist wirklich super. Ich werde Monty bitten, einen Vertrag aufzusetzen. Du wirst genug verdienen, um nächsten Monat äußerst stilvoll und mit einem netten Betrag in der Tasche nach London zurückzufliegen.“

Beim Gedanken daran, dass sie so bald nach Hause zurückkehren würde, hatte Kate das Gefühl, am Rande eines tiefen Abgrunds zu stehen.

„Dann sind wir uns also einig?“, fragte Nicolas.

„Ja, sieht so aus.“ Sie musste sich einfach nur ihren Realitätssinn bewahren, was auch immer zwischen ihnen geschehen würde. Ihre Mutter hatte das nicht getan – ein folgenschwerer Fehler.

Kate gab Nicolas die Hand, doch er schüttelte den Kopf. „Das reicht mir nicht“, sagte er ruhig und sah sie so leidenschaftlich an, dass sie das Gefühl hatte, sein Blick würde ihre Haut durchdringen. Dann strich er ihr durchs Haar, bog ihren Kopf vorsichtig nach hinten und presste den Mund auf ihren.

Sein Kuss war so heiß und voller Begehren, dass sie die Berührung seiner Lippen im ganzen Körper spürte.

„So“, sagte Nicolas und umfasste ihr Gesicht mit seinen großen Händen. „Jetzt haben wir eine Vereinbarung.“

Voller Angst und Freude zugleich blickte Kate ihren neuen Chef an. Auf was ließ sie sich da bloß ein?

8. KAPITEL

„Wir nehmen das kürzere mit den schmalen Trägern“, verkündete Nicolas der hocherfreuten Boutiquebesitzerin. „Und jetzt zeigen Sie uns bitte Ihre Abendmode.“

„Selbstverständlich, Mr. Boudreaux“, erwiderte die Frau und schnippte mit den Fingern. „Die Models kommen sofort.“

Sobald sie allein waren, drehte Kate sich zu Nicolas um und beschloss, ihn zur Vernunft zu bringen. Erst eine Stunde zuvor hatte sie sein Angebot angenommen, und schon jetzt war sie von Panik erfüllt.

Sie hatte schnell geduscht und war dann mit einer Limousine zu einer der schicksten und teuersten Boutiquen von ganz Las Vegas kutschiert worden. Verglichen mit den hier angebotenen Outfits waren sogar Michelles Designerstücke Schnäppchen.

„Das ist doch völlig absurd“, flüsterte Kate aufgebracht. „Ich brauche diese ganzen Sachen nicht! Du hast jetzt schon mehrere Tausend Dollar ausgegeben. Und außerdem bist du als mein Chef nicht dafür zuständig, mir Kleidung zu kaufen!“

„Entspann dich“, sagte Nicolas gelassen. Wie konnte er nur so ruhig sein, nachdem er gerade ein kleines Vermögen ausgegeben hatte?

„Es ist mein Geld, und ich bin nun einmal der Boss“, fuhr er fort. „Außerdem musst du angemessen gekleidet sein, wenn wir in Kalifornien sind.“

„Aber ich könnte dieselbe Wirkung mit wesentlich weniger Geld erzielen“, wandte Kate ein. „Du erinnerst dich doch bestimmt noch an das Kleid, das ich zum Abendessen anhatte? Es hat nur zwanzig Dollar gekostet!“

„Wie könnte ich dieses Kleid jemals vergessen?“ Nicolas’ tiefe Stimme klang wie eine Liebkosung. „Aber das alles hier gehört zu unserer Vereinbarung, du wirst dich also damit abfinden müssen.“

„Ich will dir ja nur helfen, Geld zu sparen“, sagte Kate und verzog den Mund zu einem Schmollen.

„Das ist aber nicht deine Aufgabe. Außerdem ist das Geld sehr gut angelegt, finde ich. Es macht mir ziemlich viel Spaß, mir auszumalen, wie du in den Sachen aussehen wirst.“

Nicolas benahm sich wie ein Kind im Bonbonladen, und sie selbst fühlte sich dadurch so leicht, luftig, süß und begehrenswert wie Zuckerwatte.

Er lächelte jungenhaft. „Was meinst du, wie ich mich schon darauf freue, dass sie die Unterwäsche vorführen.“

Schließlich gab Kate sich geschlagen und genoss das Shoppen in vollen Zügen. Sie hatte schöne Kleidung immer geliebt und jahrelang Modemagazine verschlungen, obwohl sie sich nicht einmal eins der dort abgebildeten Halstücher hatte leisten können.

Wenn Nicolas nun einmal entschlossen war, ihr eine vollständige neue Garderobe zu kaufen, dann war es besser, wenn sie ein Wörtchen mitredete. Denn wenn sie ihm allein die Entscheidung überließ, würde sie eher aussehen wie seine Geliebte als wie seine Assistentin – und außerdem möglicherweise erbärmlich frieren, denn an der kalifornischen Küste war es im Mai womöglich nicht so heiß wie in Las Vegas.

Nicolas ließ sie aussuchen, was immer sie wollte. Und, wie er gesagt hatte, schienen ihm die entstehenden Kosten nicht das Geringste auszumachen. Deshalb beschloss Kate auch, kein schlechtes Gewissen zu haben, als sie eine Stunde später wieder in der Limousine saß und der Portier der Boutique Schachtel um Schachtel in den Kofferraum lud.

Doch dann kam ihr das Ganze plötzlich sehr unbedacht vor. Wenn ihr Unabhängigkeit so wichtig war, warum hatte sie dann zugelassen, dass Nicolas ihr so viele Sachen kaufte?

„Was ist denn los?“, fragte Nicolas, denn Kate wirkte benommen und biss sich auf die Lippe. Es war toll gewesen, mit ihr zusammen Kleidung zu kaufen – und nicht nur, weil er sie in den Outfits sehen wollte. Wie begeistert sie jedes einzelne Stück berührt hatte, voller Bewunderung für die hochwertige Arbeit und die Stickereien, das hatte Nicolas an die leidenschaftliche hingebungsvolle Art erinnert, wie sie mit ihm geschlafen hatte.

Eine Weile lang hatte sie ihre Bedenken in Bezug auf Geld vergessen können. Irgendjemand musste ihr einmal sehr wehgetan haben, denn sonst wäre sie bestimmt nicht so versessen auf ihre Unabhängigkeit. Und Nicolas war überzeugt, dass dem etwas Tiefergehendes zugrunde lag.

Jetzt ließ Kate sich in den Sitz sinken. „Ich frage mich, wie ich deine Ausgaben rechtfertigen kann, wo ich doch nur zwei Wochen lang für dich arbeiten werde.“

„Ganz einfach“, erwiderte Nicolas. „Du brauchst es gar nicht zu rechtfertigen. Denn ich habe ja das Geld ausgegeben, nicht du.“

Sie runzelte die Stirn. „Das finde ich eigentlich noch schlimmer.“

„Du wirst in den neuen Outfits einfach fantastisch aussehen. Und das Geld spielt keine Rolle, also vergiss es einfach.“ Nicolas führte ihre Hand an seine Lippen und küsste sie. „Wie wäre es, wenn wir jetzt in mein Apartment fahren und uns ein schönes langes Mittagessen gönnen?“

Sofort setzte Kate sich aufrecht hin und entzog ihm ihre Hand. „Wir wollten heute Nachmittag doch arbeiten!“, protestierte sie. „Ich muss mich noch mit vielem vertraut machen, schließlich fahren wir übermorgen schon nach Kalifornien!“

„Das kann alles warten“, erwiderte Nicolas, denn er wusste, dass diese gleichgültige Haltung sie noch mehr aufregen würde. Er war fast süchtig danach, Kate zu necken und zu beobachten, wie ihre Augen dann fast türkis wurden und ihre sinnlichen Lippen sich zu einem Schmollen verzogen. „Es gibt da ein paar andere Dinge, mit denen ich mich zuerst vertraut machen möchte.“ Er betätigte die Sprechanlage und wies seinen Chauffeur an, zurück zum Phoenix zu fahren.

Dann lehnte er sich gelassen zurück und sagte: „Wenn ich mich recht erinnere, wartet noch Unerledigtes auf uns …“ Er ließ sich eine von Kates seidig weichen Locken durch die Finger gleiten und freute sich schon darauf, diese auf seinem nackten Oberkörper zu spüren.

Panik schnürte Kate erneut die Kehle zu. Nicolas’ Blick verriet nur allzu deutlich, wie seine Pläne für den Nachmittag aussahen. So sehr sie sich danach sehnte, leidenschaftliche Stunden mit ihm zu verbringen, so wusste sie doch auch, dass sie Grenzen ziehen musste – für sich selbst, aber auch für ihn. Die Limousine, die Designer-Outfits und der gelassene besitzergreifende Blick, mit dem Nicolas sie ansah: All das hatte sie schon gehörig durcheinandergebracht.

Sollten sie jetzt sofort wieder miteinander ins Bett gehen, würde alles nur noch komplizierter werden. Bevor wieder irgendetwas passierte, musste Kate ihm ihre Fähigkeiten als Assistentin unter Beweis stellen und ihm zeigen, dass es kein Fehler gewesen war, sie zu engagieren, auch wenn er es vielleicht aus den falschen Gründen getan hatte.

„Wenn dich irgendetwas beschäftigt, dann sag es doch einfach“, forderte Nicolas sie auf und legte ihr eine Hand aufs Knie.

Kates Anspannung wuchs. Er war wirklich etwas zu selbstbewusst – ein weiterer Grund, nicht sofort wieder mit ihm ins Bett zu gehen, auch wenn es ihr unendlich schwerfiel, Nein zu sagen.

„Um es mit den Worten des großen Mick Jagger zu sagen“, begann sie, „you can’t always get what you want – man kann nicht immer bekommen, was man möchte. Und manchmal ist es auch besser so.“

Nicolas lachte. „Ich glaube nicht, dass der letzte Satz auch von Mick stammt.“

„Darum geht es nicht. Du hast mich für eine bestimmte Aufgabe eingestellt. Und ich möchte die Gelegenheit haben, diese anzugehen, bevor wir … ich meine, falls wir beschließen …“ Kate hielt inne.

Nicolas betrachtete sie amüsiert. „Falls wir was beschließen?“, fragte er, legte Kate eine Hand auf die Taille und ließ ihr seine warmen Finger unters T-Shirt gleiten. „So etwas?“

Kate erschauerte, schob seine Hand jedoch weg. „Ich versuche, ein ernsthaftes Gespräch mit dir zu führen“, sagte sie ungeduldig.

„Und unter einem ernsthaften Gespräch verstehst du, Songtexte der Stones falsch zu zitieren?“ Nicolas lehnte sich weiter zu ihr herüber.

Kate schob ihn von sich weg. „Ich will heute Nachmittag nicht mit dir ins Bett gehen“, erklärte sie mit bebender Stimme, aber dennoch nachdrücklich. Und offenbar kam die Botschaft an, denn Nicolas runzelte die Stirn.

„Dein Körper sagt aber etwas anderes“, stellte er nach einem Blick auf ihr T-Shirt fest. Als er durch den Stoff hindurch über eine ihrer fest gewordenen Brustspitzen strich, durchzuckte Kate ein so heftiges Verlangen, dass sie um Atem rang.

Mit selbstzufriedenem Lächeln ließ Nicolas die Hand sinken. „Bringen wir es einfach mal auf den Punkt“, sagte er. „Wie wir beide wissen, willst du mich genauso wie ich dich. Und wir verstehen uns im Bett ausgezeichnet. Es gibt also keinen Grund, in den kommenden Wochen Arbeit und Vergnügen nicht miteinander zu verbinden.“

„Es ist nur so …“, Kate zögerte und fuhr dann fort: „Ich halte es für keine gute Idee, gleich wieder mit dir ins Bett zu hüpfen.“

„Da bin ich anderer Meinung“, entgegnete Nicolas. „Ich halte es für eine tolle Idee. Warum siehst du das anders?“

Kate zwang sich, das Kribbeln in ihrem Magen angesichts seines entschlossenen Blicks zu ignorieren. „Du hast doch selbst gesagt, dass du dich an die Regel hältst, nie mit Angestellten zu schlafen.“

„Regeln sind dazu da, gebrochen zu werden.“

„Aber du bist jetzt mein Chef! Es würde unsere Arbeitsbeziehung kompliziert machen.“

„Das glaube ich nicht“, widersprach Nicolas sofort.

Offenbar sah er das Problem wirklich nicht. Während Kate noch überlegte, was sie als Nächstes sagen sollte, öffnete der Chauffeur die Tür.

„Wir sind da, Ma’am.“

Kaum war sie ausgestiegen, stand Nicolas neben ihr und sagte: „Lass uns in meinem Apartment weiterreden.“ Mit besitzergreifender Geste legte er ihr eine Hand auf den Rücken und wollte sie zum Eingang des Hotels führen.

Doch Kate schob seine Hand weg. „Nein, ich gehe nicht mit dir in dein Apartment.“ Endlich hatte sie es gesagt – jetzt musste sie sich nur noch daran halten.

„Bist du sicher?“, fragte Nicolas und zog die Augenbrauen hoch.

Sein selbstsicherer Gesichtsausdruck zeigte Kate, dass sie diese Runde unbedingt gewinnen musste, denn sonst würde sie in ihrem Verhältnis zu Nicolas keinerlei Kontrolle mehr haben. Vielleicht machte sie sich etwas vor, wenn sie sich einredete, ihm zwei Wochen lang widerstehen zu können. Aber sie musste zumindest beweisen, dass er auch nicht einfach nach Lust und Laune mit ihr umspringen konnte.

„Ja, ich bin sicher“, antwortete sie so energisch, wie es ihr möglich war. „Und bis wir in Kalifornien sind, möchte ich bitte ein eigenes Zimmer.“

Wieder zog Nicolas die Augenbrauen hoch. Falls er verärgert war, ließ er sich das jedenfalls nicht anmerken. „Das lässt sich bestimmt machen“, erwiderte er ruhig.

„Danke“, sagte Kate leise und fühlte sich merkwürdig niedergeschlagen.

Als Kate vor Nicolas ins Hotel gehen wollte, umfasste er ihren Arm und zog sie zu sich zurück. Dann beugte er sich so nah zu ihr hinunter, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte.

„Vorerst kannst du deinen Willen gern bekommen“, meinte er und schob ihr die Hand auf den Rücken, sodass sie gegen ihn gepresst wurde und sein Mund nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt war. „Ich bin nämlich sehr gut im Warten – bis sich die Dinge so entwickeln, wie ich es möchte“, fügte er mit unverkennbar sinnlicher Drohung hinzu. Dann presste er den Mund auf ihren.

Unwillkürlich öffnete Kate die Lippen, und sofort begann Nicolas, sie mit der Zunge zu liebkosen. In dem Moment, als die heiße Leidenschaft Kate zu überwältigen drohte, löste er sich von ihr, küsste ihre Hand und flüsterte ihr ins Ohr: „Aber ich werde nicht ewig warten.“

9. KAPITEL

„Er will mir für nur zwei Wochen viertausend Dollar bezahlen?“ Fassungslos betrachtete Kate den Arbeitsvertrag, den Monty ihr vorgelegt hatte. „Das ist doch einfach absurd!“

Monty lachte leise. „Ich sagte ja, Nicolas ist ein äußerst großzügiger Arbeitgeber. Aber wie ich ihn kenne, wird er Sie auch ordentlich schuften lassen.“

Kate gab ihm den Vertrag zurück. „Ich kann das nicht unterschreiben. Es ist viel zu viel Geld.“

„Nicolas hat mich schon darauf vorbereitet, dass Sie das sagen würden“, erwiderte Monty lächelnd.

Hatte Kate ihn vielleicht deshalb seit der kleinen Meinungsverschiedenheit am Vortag nicht mehr gesehen? Nein, dachte sie, dass er Auseinandersetzungen scheut, kann man ihm wirklich nicht vorwerfen.

Plötzlich breitete sich eine eisige Kälte in ihrem Magen aus. Dafür, dass Nicolas seit anderthalb Tagen verschwunden war, konnte es nur eine Erklärung geben: Er war nur noch an einer rein geschäftlichen Beziehung mit ihr interessiert. Was natürlich gut ist, redete Kate sich ein, obwohl ihr Verhalten am Vormittag eine andere Sprache gesprochen hatte.

Sie hatte eine kurze Nachricht mit der Aufforderung erhalten, in Nicolas’ Büro zu erscheinen. In der Annahme, dort auf ihn zu treffen, hatte sie eine halbe Stunde damit verbracht, sich zurechtzumachen.

Als sie dann in Wickelrock und Seidenbluse im Büro erschien, erfuhr sie zu ihrer Enttäuschung, dass Nicolas an diesem Tag außer Haus war. Es war eine fast übermenschliche Anstrengung gewesen, sich Notizen zum The Grange zu machen und nicht ununterbrochen ihre Entscheidung anzuzweifeln, Nicolas warten zu lassen.

Dann hatte man sie in Montys Büro geführt und ihr den aberwitzig großzügigen Vertrag vorgelegt. Was glaubte Nicolas eigentlich, wofür er sie bezahlte? Und warum war Kate bei Weitem nicht so empört, wie sie es sein sollte?

Monty zog eine Schublade auf und nahm ein gefaltetes Blatt Papier heraus. „Das soll ich Ihnen geben, wenn Sie sich sträuben.“

Kate faltete das dicke Papier auseinander. Darauf standen nur drei Sätze in Nicolas’ markanter Schrift. Sie las den kurzen Text – und errötete heftig.

Reg dich nicht unnötig auf. Ich bezahle nicht für Sex. N.

PS: Erst recht nicht, wenn ich keinen bekomme!

Unwillkürlich musste sie heftig lachen und presste sich deshalb schnell die Hand auf den Mund, damit es nach einem Schnauben klang.

„Alles in Ordnung, meine Liebe?“, fragte Monty ein wenig besorgt.

Hoffentlich hat er die Nachricht nicht gelesen, dachte Kate und rettete sich mit einem „damenhaften“ Hüsteln.

„Ja, alles bestens, vielen Dank.“

„Bereit für die Vertragsunterzeichnung?“, erkundigte er sich liebenswürdig.

„Selbstverständlich.“ Betont professionell und geschäftsmäßig unterschrieb Kate und schob den Vertrag über den Tisch zurück zu Monty.

„Toll!“ Er stand auf und schüttelte ihr die Hand. „Schön, noch jemanden aus London an Bord zu haben!“

Als er sie aus dem Büro führte und ihr die „Mannschaft“ vorstellte, schwor Kate sich, die beste Assistentin zu sein, die Nicolas Boudreaux je gehabt hatte. In den kommenden zwei Wochen würde sie sich so anstrengen, dass er und alle Mitarbeiter des Phoenix von ihrer Tüchtigkeit, ihren Fähigkeiten und ihrer bewundernswerten Arbeitseinstellung beeindruckt wären. Sie würde sich jeden einzelnen Cent der viertausend Dollar verdienen – damit niemand behaupten konnte, dass sie die Stelle bekommen hatte, weil sie mit dem Chef ins Bett ging.

„Sie kommen mir irgendwie so bekannt vor. Sind Sie sicher, dass wir uns nicht kennen?“, fragte Kelly Green und schenkte Kate ein neugieriges Lächeln, als sie ihr eine Akte über den Kauf des The Grange reichte.

„Ich wohne seit einer Weile im Hotel, vielleicht haben Sie mich da einmal irgendwo gesehen“, erwiderte Kate und gab sich große Mühe, nicht zu erröten.

Denn die pummelige hübsche Kelly war eine der Sekretärinnen, die mit offenem Mund vor Nicolas’ Büro gestanden hatten, als Kate in Unterwäsche und Bademantel hineinmarschiert war. Doch zum Glück konnte Kelly sie nicht einordnen.

„Na ja.“ Kelly zuckte die Schultern. „Wie dem auch sei, ich weiß jetzt schon, dass Sie viel netter sind als Jill.“

„Wer ist denn Jill?“

„Das war die letzte Assistentin von Mr. Boudreaux“, erwiderte Kelly.

„Wissen Sie, warum sie gekündigt hat?“, fragte Kate, die neugieriger war, als sie zugeben wollte.

„Na klar. Sie hat gekündigt, weil Mr. Boudreaux ein paar Tage vorher die Geduld mit ihr verloren hatte. Aber wenn Sie mich fragen, hätte er sie sowieso bald gefeuert. Jill hat ständig rumgejammert, und mit so etwas gibt er sich nicht lange ab.“

War der Sexgott Nicolas etwa ein Sklaventreiber? „Das klingt nicht sehr wohlwollend.“

„Ja, er geht hart mit einem ins Gericht, wenn man seine Sache nicht gut macht“, erwiderte Kelly. „Und er ist bekannt dafür, bei seinen Geschäften ziemlich skrupellos zu sein. Es geht sogar das Gerücht, er habe professionell Poker gespielt, bevor er das Phoenix bauen ließ“, fügte sie leise hinzu, als würde sie ein Staatsgeheimnis preisgeben. „Aber mich hat er noch nie angeschrien“, erklärte sie abschließend.

„Dann war Jill also nicht besonders gut?“, erkundigte Kate sich hoffnungsvoll, denn Eindruck ließ sich natürlich viel leichter schinden, wenn sie nicht die Nachfolgerin einer untadeligen Überfliegerin war.

„Nein. Und außerdem hat sie immer versucht, sich an Mr. Boudreaux heranzumachen.“

Na großartig, dachte Kate. Nicolas hatte also schon öfter mit seinen Assistentinnen geschlafen! „Heißt das, die beiden hatten eine Beziehung?“

Kelly hockte sich neben Kates Stuhl und sagte in verschwörerischem Flüsterton: „Jill hat vor mir immer so getan. Ständig hat sie von dieser Reise nach Kalifornien geredet und sogar ein Doppelzimmer für sich und Mr. Boudreaux gebucht. Wir anderen waren natürlich alle grün vor Neid.“ Kelly seufzte. „Er ist ja auch echt ein toller Typ, da würde sich doch jede die Finger danach lecken, mit ihm zwei Wochen im Hotel zu wohnen!“

Allerdings, dachte Kate gekränkt. So viel also zu Nicolas’ Regel, nicht mit Angestellten zu schlafen. Dass sie offenbar nicht die erste Mitarbeiterin war, die sich von ihm verführen ließ, war niederschmetternd.

Kelly stand wieder auf. „Aber wahrscheinlich hat Jill einfach nur Blödsinn geredet. Ich habe nämlich kein einziges Mal gesehen, dass er auf ihre Flirterei eingegangen ist. Meiner Meinung nach hat sie gekündigt, weil sie endlich kapiert hat, dass er sich niemals für sie interessieren würde.“

Oder weil sie entdeckt hat, dass Nicolas sie durch ein jüngeres Modell ersetzen will, dachte Kate. Was das Verführen seiner Mitarbeiterinnen anging, war er ja offenbar Serientäter. Sie nickte Kelly zu und versuchte, nicht verletzt zu sein. Was hatte sie denn erwartet? Nicolas hatte sie innerhalb eines einzigen Tages dazu gebracht, mit ihm ins Bett zu gehen. Und sie konnte nicht leugnen, dass sie jeden einzigen Moment genossen hatte.

„Danke, dass Sie mir das alles erzählt haben“, sagte sie zu Kelly. „Es ist bei einer neuen Stelle immer gut zu wissen, woran man ist.“

„Gern geschehen“, erwiderte Kelly. „Und wenn ich mir einen Rat erlauben darf: Machen Sie Ihre Arbeit so gut wie möglich, und versuchen Sie nicht, mit Mr. Boudreaux zu flirten. Andererseits haben Sie ja eh viel mehr Klasse als Jill. Bestimmt hat er Sie deswegen angestellt.“

Nicht ganz, dachte Kate beschämt und schlug die Akte auf, die Kelly ihr gegeben hatte. Doch die Zahlen und Wörter schienen vor ihren Augen zu verschwimmen, als sie über ihre Lage nachdachte.

Sehr viel „Klasse“ hatte sie bisher nicht gerade bewiesen, doch das würde sich nun ändern. Mit anderen Worten: Kein Sex mehr mit dem Chef, sobald dieser mit den Fingern schnippte. Sie wollte schließlich nicht ein Teil seiner umfangreichen Sammlung an Eroberungen werden.

Und bis Kate wusste, wie sie mit Nicolas und der übermächtigen Anziehung umgehen musste, die er auf sie ausübte, durfte sie auch nicht mehr mit ihm flirten.

10. KAPITEL

„Monty meinte, du hättest dich gestern den ganzen Tag mit der Übernahme des The Grange beschäftigt“, sagte Nicolas und löste seinen Sicherheitsgurt.

„Das stimmt“, bestätigte Kate. Als sie sich den Rock glatt strich und Nicolas jede ihrer Bewegungen beobachtete, räusperte sie sich und versuchte, die tanzenden Schmetterlinge in ihrem Bauch zu ignorieren. Die hatten sicher nur damit zu tun, dass Nicolas’ Privatjet jetzt die Reiseflughöhe erreicht hatte.

Nicolas’ Verhalten war sehr geschäftsmäßig, seit sie sich am Flughafen getroffen hatten – zum Glück, denn Kates Entschlossenheit, nicht mit ihm zu flirten, begann schon zu schwinden. Denn der große dunkelhaarige Nicolas sah – frisch geduscht, frisch rasiert und in seinem dunkelblauen Hugo-Boss-Anzug und dem weißen Hemd – einfach atemberaubend aus. Ihr Herz klopfte heftig, seit sie in den Jet gestiegen waren, wo sich der dezente Duft seines Aftershaves ausbreitete und eine private Atmosphäre in der mit braunem Leder äußerst luxuriös gestalteten Kabine verbreitete, die ihr fast wehtat.

Kate war nicht darauf vorbereit gewesen, schon so bald mit Nicolas allein zu sein, doch er hatte die Stewardess gleich nach dem Start weggeschickt. Ich muss unbedingt einen geschäftsmäßigen Ton beibehalten, sonst bin ich verloren, dachte Kate. Heiße Blicke wie den, mit dem er gerade ihre Beine betrachtete hatte, würde sie ignorieren.

Kate zog den Bericht aus der Tasche, den sie am Vorabend geschrieben hatte. „Ich habe meine gesamten Notizen über den bisherigen Verlauf der Verhandlungen zusammengeschrieben“, sagte sie so sachlich wie möglich. „Monty meinte, es wäre gut, wenn du alles schriftlich hättest – alle Aspekte, über die du dich mit Westchester schon geeinigt hast, und alles, was vor Vertragsunterzeichnung noch entschieden werden muss.“

Nicolas zog die Augenbrauen hoch, nahm den Bericht jedoch entgegen. Als ihre Finger sich berührten, zuckte Kate zusammen und hoffte inständig, er habe es nicht bemerkt.

„Du hast dir offenbar eine Menge Arbeit gemacht“, stellte er fest, während er den Bericht durchblätterte. „Das scheint sehr umfassend und genau zu sein.“

„Dafür bezahlst du mich ja auch, wie du dich vielleicht erinnerst“, erwiderte Kate und bereute ihre Worte sofort.

Nicolas lächelte leicht. „Dann hast du meine kurze Nachricht also bekommen?“

„Ja.“ Über dieses Thema wollte Kate wirklich nicht sprechen. „Ich fand sie absolut unangemessen“, fügte sie in dem Versuch hinzu, empört zu wirken, doch sie klang eher atemlos.

Nicolas ließ den Bericht auf den Couchtisch fallen und schlug ein Bein über das andere. „Wenn ich mich recht erinnere, ist angemessenes Verhalten nicht gerade deine Stärke.“

„Jetzt schon“, entgegnete Kate und versuchte damit auch, sich selbst zu überzeugen.

„Meinetwegen brauchst du dich nicht zu ändern.“ Nicolas’ Augen funkelten. „Ich bin ein großer Fan deines unangemessenen Verhaltens.“

„Für so etwas habe ich jetzt keine Zeit mehr“, behauptete sie kühn. „Ich werde viel zu sehr mit meiner Arbeit beschäftigt sein.“

„Und ich dachte immer, für eine gute Assistentin sei Multitasking kein Problem.“

„Ich bin sehr gut im Multitasking.“ Kate ignorierte bewusst seine Anspielung. „Meine Steno- und Computerkenntnisse sind ebenso beispielhaft wie meine Kommunikationsfähigkeiten.“ Sie hoffte, ihn mit ihrem geschäftsmäßigen Ton zum Schweigen zu bringen.

Nicolas ließ ganz langsam den Blick über sie gleiten. „Wie du ja weißt, interessieren mich deine anderen Fähigkeiten mehr.“

„Ja, aber wie du ja selbst gesagt hast, bezahlst du mich für die nicht.“

„Ich weiß.“ Er strich ihr über die Wange. „Ich dachte mehr an Freihandel.“

Bei der sanften Berührung und der vielsagenden Bemerkung musste Kate wieder an die gemeinsame Nacht mit Nicolas denken und wurde sofort wieder von heftigem Verlangen erfüllt.

„Davon halte ich nichts“, erwiderte sie und hoffte, dass er ihre Sehnsucht nicht spüren konnte. Als sie Nicolas’ herausforderndes Lächeln bemerkte, löste sie ihren Sicherheitsgurt, stand auf und ging so gelassen wie möglich zu einem Fenster. Dort betrachtete sie die weißen Zuckerwattewolken und versuchte, wieder ruhig zu atmen. Ihr Versuch, sich geschäftsmäßig zu verhalten und „Klasse“ zu zeigen, war bisher nicht gerade von Erfolg gekrönt.

„Kate, sieh mich an!“

Sie drehte sich um und stellte fest, dass Nicolas ganz nah bei ihr war – zu nah.

„Warum schmollst du?“, fragte er amüsiert.

Autor

Heidi Rice
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