Verführung lautet der Deal

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Erfolg, Reichtum, Freundschaften - all das hat Brett Collins erreicht. Und doch langweilt er sich. Da tritt plötzlich seine einstige Hassliebe Rebecca auf den Plan! Nur sie konnte ihm damals Contra geben, und nur mit ihr hatte er unvergessliche Nächte … Brett hat Lust auf ein Spiel mit der heißen Schönheit und fordert sie heraus, indem er ein Kaufangebot für ihre Firma vorlegt. Um die kluge und hartnäckige Rebecca aber wirklich zu Fall zu bringen, muss er härtere Geschütze auffahren. Wie gut, dass seine berufliche Rivalin ihm privat noch nie widerstehen konnte. Bald vibriert die Luft zwischen ihnen vor Spannung und Lust …


  • Erscheinungstag 07.02.2019
  • Bandnummer 14
  • ISBN / Artikelnummer 9783955769666
  • Seitenanzahl 240
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Brett Collins war gelangweilt.

Er schaute an seinen Freunden vorbei, die sich miteinander unterhielten, hörte aber kaum, was sie besprachen. Sein Blick glitt durch den großen Raum. In Räumen wie diesen war er aufgewachsen, hatte Partys wie diese besucht. Als einziger Sohn des einflussreichsten Geschäftsmannes von Las Vegas hatte er die Spieler schon in jungen Jahren kennengelernt. Aber während er an seinem Wasser nippte, hätte er beinahe laut geseufzt. Die gleichen Gesichter, die gleichen Diskussionen, die gleichen Deals.

Er war rastlos. Er wollte, nein, er brauchte eine Herausforderung. Etwas Neues.

Collins/Fischer, die Firma für Immobilienentwicklung, die er mit seinem Freund Alex gegründet hatte, war in den letzten Jahren sehr erfolgreich gewesen, und sie hatten ihren Platz unter den Besten verteidigen können. Aber er wollte mehr. Er wollte die Nummer eins sein. Als er sich im Raum nach Inspiration umschaute, nach einem Zeichen, was als Nächstes kommen könnte, fand er jedoch nichts.

Grundsätzlich hasste Brett solche Partys. Er zog es vor, sich mit den Menschen in einem weniger aufgesetzten Umfeld zu treffen. Doch diese Zusammenkünfte dienten ihrem Zweck: Mit anderen zu reden, den neuesten Klatsch zu erfahren – wer war angestellt und wer gefeuert worden, wer hatte welchen Deal abgeschlossen, wen hatte man angezeigt, wer schlief mit wem. Das war der Grund, aus dem er und „Die Bruderschaft“ – seine engsten Freunde und Geschäftspartner seit dem College – auf die Party von Bürgermeister Thompson gekommen waren. Um nach der nächsten Gelegenheit zu suchen, nach dem nächsten großen Deal. Mit gerade einmal dreißig Jahren ging es ihnen allen sehr gut, und auch wenn viele der Anwesenden sie hassten und fürchteten, zugleich eifersüchtig auf und eingeschüchtert von ihrem Erfolg waren, wollten sie trotzdem alle einen Teil davon abhaben. Jeder hier würde von einer engen Verbindung mit der Bruderschaft profitieren.

Da war Alex, sein Geschäftspartner; Gabe, einer der Top-Anwälte der Stadt; Rafael, Mitglied des Stadtrats von Las Vegas, und Alana, die einzige Frau in ihrem Kreis, talentierte Inneneinrichterin und außerdem Managerin der Restaurants und des exklusiven Clubs ihrer Gruppe. Gemeinsam bildeten sie die Bruderschaft – und gemeinsam nutzten sie ihr Wissen und ihren Einfluss, um die Stadt zu lenken.

Es verstand sich von selbst, dass sie nicht zum Vergnügen auf der Party waren. Sie hatten sich in eine ruhige Ecke in der Nähe der Bar zurückgezogen, um ihren Plan für den Abend festzulegen. Mit wem jeder von ihnen reden sollte, was sie hofften, zu erreichen, und wann zum Teufel sie endlich wieder verschwinden konnten. Doch Bretts Gehirn war zu müde, um sich zu konzentrieren. Die letzten Wochen waren hart gewesen – und das hatte er Rebecca Daniels zu verdanken, der verdammt attraktiven CEO von Daniels International, ihrem Konkurrenten im Immobiliengeschäft. Derzeit stellte sie eine große Bedrohung dar, und noch dazu hatte sie eine nicht zu verachtende Vergangenheit.

Brett wandte sich wieder seinen Freunden zu und trank noch einen Schluck. Das mit Zitrone und Basilikum aufgepeppte Wasser war erfrischend, machte aber seine Laune auch nicht besser. Seine Freunde listeten gerade die wichtigen Leute auf, mit denen sie heute reden wollten, aber Brett fand unter den Anwesenden niemanden, an dem er interessiert wäre. Er hatte keine Lust, sich mit noch einem Wichtigtuer oder einem aus der alten Kohorte seines Vaters herumzuschlagen, der ihn nach dem alten Collins fragte, anstatt Interesse an Bretts Bestrebungen zu zeigen. Brett liebte und respektierte seinen Vater, aber obwohl er seit Jahren selbst ein erfolgreiches Imperium leitete, fiel es ihm schwer, aus dem Schatten von Garrett Collins herauszutreten.

„Habt ihr gesehen, dass die Heinrich-Brüder heute hier sind?“, fragte Alana in die Gruppe und deutete auf zwei Männer, die mitten im Raum standen. „Ich werde mich ihnen wohl vorstellen müssen. Sie sind aus Schweden gekommen, weil sie ein neues Hotel am Strip eröffnen wollen. Ich habe gehört, dass sie eventuell nach einem Partner für die Inneneinrichtung suchen.“ Sie setzte ihr verführerischstes Lächeln auf und schlenderte auf die beiden Männer zu.

„Und Bürgermeister Thompson ist endlich frei“, sagte Rafael. „Ich gehe besser mal zu ihm. Immerhin hätte ich gerne seine Unterstützung, bevor ich verkünde, dass ich mich als Bürgermeister zur Wahl stelle.“ Auch er entfernte sich.

Alex beugte sich vor. „Brett, der Typ, der für die Genehmigungen zuständig ist, ist hier. Wir müssen mit ihm reden und gucken, ob wir die Zahnräder nicht ein wenig ölen können, damit die Papiere für die neue Unterabteilung schneller bearbeitet werden.“

Brett nickte ohne großes Interesse.

Was Alex nicht entging. „Ist alles in Ordnung?“

„Ja. Ich bin nur müde. Diese Woche habe ich nicht viel Schlaf bekommen. Der Kampf mit Daniels International setzt mir langsam zu.“ Es hatte vor ein paar Monaten angefangen, als die andere Firma Brett und Alex einen großen Deal weggeschnappt hatte, was Collins/Fischer ein kleines Vermögen gekostet hatte. Die beiden hatten darauf reagiert, indem sie einen von Daniels Hauptzulieferern aufgekauft und sofort die Preise erhöht hatten. Brett konnte sich nur zu gut vorstellen, welche Hektik an dem Tag bei Daniels geherrscht hatte. Aber dann hatte Rebecca gekontert, indem sie einen ihrer Vizepräsidenten abgeworben und ihm einen Platz bei Daniels International verschafft hatte. Die Sache war immer schneller eskaliert, und Brett dachte ständig darüber nach, wie ihr nächster Schritt aussehen sollte. Er musste groß sein. Niemand zog Collins/Fischer über den Tisch. Brett musste die Fehde beenden, und zwar schnell.

„Du musst das vergessen“, erklärte Alex ihm. „Wir hätten es nicht so eskalieren lassen dürfen. Wir müssen uns auf unsere Arbeit konzentrieren und aufhören, uns über Rebecca Daniels oder Daniels International Gedanken zu machen.“ Brett wollte etwas erwidern, doch Alex sprach weiter: „Ich weiß, ihr beide habt eine gemeinsame Geschichte, aber wichtig ist im Moment unser Erfolg und nicht deine Rache.“

„Die Geschichte zwischen Rebecca und mir hat nichts mit dem Geschäft zu tun.“

„Du arbeitest seit Monaten die Nächte durch. Warum gehst du nicht nach Hause? Schlaf ein wenig, geh in den Club und lass dich flachlegen, guck fern. Ich habe das hier im Griff.“

Sex und Schlaf – verdammt, selbst auf dem Sofa zu sitzen und fernzusehen – klang definitiv besser, als Small Talk mit den Gästen auf der Party zu halten. Aber irgendwie brachte er es nicht über sich, zu gehen und einen Abend freizunehmen. Wenn er nicht arbeitete oder über die Arbeit nachdachte, hatte er das Gefühl, Zeit zu vergeuden. Die Arbeit bot die notwendige Ablenkung von seinen Gedanken und dunkleren Zwängen. „Ich weiß, dass du alles im Griff hast. Aber ich bin nicht gut darin, mir freizunehmen.“ Brett verzog das Gesicht. Freizeit führte zu Langweile, und Langeweile führte zu Gelüsten. Wieder trank er einen Schluck Wasser.

„Das mag sein. Aber es ist nicht sonderlich gesund, ständig ans Geschäft zu denken.“

„Und das sagst ausgerechnet du? Du bist doch genau wie ich.“

Alex lachte und hielt dann abrupt inne. Brett folgte dem Blick seines Freundes quer durch den Raum, bis er auf einer umwerfenden Blondine in einem engen schwarzen Kleid landete. „Ja, aber ich weiß, wie man sich einen Abend freinimmt, um Zeit für die schöneren Dinge im Leben zu haben“, sagte Alex. Die Blonde erwiderte Alex’ Blick und winkte ihm zu. „Das ist mein Stichwort“, murmelte er und marschierte davon, um sich um die „schöneren Dinge“ zu kümmern. Womit Brett allein zurückblieb.

Er trank sein Wasser aus und stellte das Glas auf die Bar. Vielleicht sollte er gehen und gucken, was im Di Terrestres los war. Noch einmal ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen in der Hoffnung, eine Inspiration für das nächste große Projekt zu finden, das ihn und seine Freunde, die Bruderschaft von Sin City, in Las Vegas zu Legenden machen würde. Er sah, dass die Tür zum Ballsaal geöffnet wurde und eine wunderschöne, glamouröse Frau die Party betrat. Eine Frau, deren Anblick sein Blut vor Wut und Lust brodeln ließ. Der Fluch der Vergangenheit, der derzeit ohne Unterlass daran arbeitete, sein Leben zu zerstören. Die Frau, die an seinen Erinnerungen zupfte, an seinem Herz riss und dafür sorgte, dass sein ganzer Körper – einschließlich seines Schwanzes – sich versteifte.

Rebecca Daniels.

Rebecca strich sich das schwarze Seidenkleid glatt und richtete den Saum, der einige Zentimeter über ihren Knien endete. Dann nahm sie sich ein Glas Champagner vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners und nippte daran. Seit Jahren ging sie schon zu Partys wie dieser von Bürgermeister Thompson, und so fiel es ihr leicht, die Runde zu drehen, sich hier und da kurz mit den anderen Gästen zu unterhalten und dann zur nächsten Gruppe weiterzuziehen. Doch an diesem Abend wollte sie nichts lieber, als nach Hause zu gehen und ins Bett zu fallen. Die letzten Wochen waren lang gewesen – und die sechs Monate seit dem Tod ihres Vaters, nach dem sie die Leitung von Daniels International übernommen hatte, noch viel länger. In letzter Zeit hatte es in ihrem Leben nur noch die Arbeit gegeben.

Ihr Vater hatte auf Anlässe wie diesem gestrahlt – er hatte sich für jeden Zeit genommen und die Fähigkeit gehabt, jedem das Gefühl zu geben, er wäre der wichtigste Mensch im Raum, auch wenn er selber erschöpft und überarbeitet gewesen war. Das hatte er Rebecca vererbt, doch so gut sie im Networking auch war, gegen ihren Vater, die Legende, kam sie nicht an.

Sie trank noch einen Schluck Champagner und hoffte, der Alkohol würde ihre melancholische Stimmung hinfortspülen. Doch es funktionierte nicht. Sie erkannte, dass sie nicht hätte herkommen sollen. Das wäre sie auch nicht, hätte Bürgermeister Thompson, ein enger Freund der Familie, sie nicht persönlich eingeladen.

„Mein Gott, Rebecca“, hörte sie eine erfreute Stimme zu ihrer Rechten. Sie drehte sich um und sah Ben Thompson, den langjährigen Bürgermeister der Stadt, und seine Frau Esther auf sich zukommen. Lächelnd umarmte sie die beiden.

„Wie geht es dir, meine Liebe?“, fragte Ben. „Es tut mir leid, dass wir uns seit der Beerdigung nicht mehr gesehen haben. Dein Vater fehlt sehr.“

„Danke. Ich vermisse ihn auch.“

„Ich danke dir, dass du heute gekommen bist.“ Ben tätschelte ihre Hand. „Schön, dass du dir die Zeit nehmen konntest.“

Rebecca lächelte, weil sie wusste, dass er es ehrlich meinte. Sie hatte so schöne Erinnerungen an Ben und Esther, an gemeinsame Grillpartys und Urlaube. Nachdem Rebecca ihre Mutter schon als Kleinkind verloren hatte, war Esther so etwas wie eine Ersatzmutter für sie geworden und hatte ihr die Liebe, Unterstützung und Führung zukommen lassen, die ihr fehlte. Ben war immer an der Seite ihres Vaters gewesen, ein Onkel, den sie von Kindesbeinen an kannte.

„Ich hätte es um nichts in der Welt verpassen wollen. Und mir geht es gut“, sagte sie. „Wie sieht es bei euch aus?“

„Bei uns ist alles wunderbar“, antwortete Ben. „Ich gehe dieses Jahr in Rente und kann es endlich langsamer angehen lassen. Ich glaube, noch einen Wahlkampf habe ich nicht in mir.“

„Ach, wirklich?“ Das überraschte Rebecca. „Und was wirst du dann mit deiner Zeit anstellen?“

„Ich sorge schon dafür, dass er sich entspannt“, schaltete Esther sich ein. „Wir füllen die Tage mit Golf, Reisen, Kunst und Heimwerken …“

„Das klingt schrecklich“, warf Ben ein, und sie lachten alle. „Liebes.“ Er griff nach Rebeccas Hand. „Wir müssen leider weiter, aber wir sollten uns ganz bald mal wieder treffen.“

„Auf jeden Fall.“ Rebecca lächelte dem Paar hinterher, das sich anderen Gästen zuwandte.

Zufrieden mit ihrer ersten sozialen Interaktion des Abends atmete Rebecca tief durch und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Ein weiterer Schluck Champagner stärkte ihr Selbstbewusstsein. Trotz der unglaublich großen Fußstapfen ihres Vaters wusste sie, dass sie es schaffen konnte. Sie arbeitete hart, und sie war das neue Gesicht und die CEO von Daniels International. Dieser Job lag ihr im Blut.

Ihr Blick blieb an einem der Gründe für ihre derzeitige Arbeitsbelastung hängen: Brett Collins.

Er war arrogant, stur und vermutlich auf der Suche nach Rache für die kürzliche Serie an Ereignissen zwischen ihren beiden Firmen. Doch das bedeutete nicht, dass sie sich nicht körperlich von ihm angezogen fühlen konnte.

Alle ihre Nerven vibrierten, als sie ihn lässig an der Bar lehnen sah. Er war allein, doch das schien ihn nicht zu stören. Er wirkte selbstbewusst wie ein König – oder ein Gott unter Menschen. Sein Blick wanderte scharf und methodisch durch den Raum, bis er auf ihren traf.

In diesem Moment blieb die Zeit für Rebecca stehen. Der Rest der Party – die Gäste, die Musik – verschwanden im Hintergrund. Wie gebannt hielt sie seinen Blick fest, nicht in der Lage, sich abzuwenden, selbst wenn sie es gewollt hätte. Das passierte jedes Mal, wenn sie ihn sah. Sie bekam diesen von Lust durchtränkten Tunnelblick. Sie hatten eine gemeinsame Vergangenheit, und die Erinnerung daran trug sie zu ihrem ersten Jahr auf dem College zurück. Die Sache zwischen ihr und Brett war schon immer heiß und intensiv gewesen. Sie waren von Anfang an ständig aneinandergerasselt, und jetzt steckten ihre Firmen, die zu den größten in Las Vegas gehörte, in einem scharfen Wettkampf, den schlussendlich nur eine von ihnen überleben würde.

Rebecca sah, dass Brett die Augen leicht zusammenkniff und sich zu seiner vollen Größe aufrichtete. Sein Körper war immer noch so wie damals, als sie ihn auf die intimste Weise kannte. Doch in den letzten Jahren war er größer, stärker geworden – eine erwachsene Version ihres alten Feindes und Liebhabers. Der Schnitt des maßgeschneiderten Anzugs betonte seine breiten Schultern. Mit den dunkelblonden Haaren und den blauen Augen sah er immer noch aus wie Adonis – dazu der kantige Kiefer, die gerade Nase und die hohen Wangenknochen. Doch ihr fiel auf, dass die tiefen Grübchen, die das jungenhafte, verschmitzte Lächeln von einst begleitet hatten, verschwunden waren. Anscheinend konnten sie nicht neben dem kalten, harten Blick von Brett Collins, Immobilienmogul, existieren.

Er sah sie unverwandt an, und sie erwiderte den Blick mit gleicher Intensität. Bretts Aufmerksamkeit war etwas Mächtiges. Mit Mitte zwanzig war er vielleicht faszinierend gewesen, aber mit dreißig war er unwiderstehlich.

Sein Lächeln, das er ihr jetzt schenkte, war genauso arrogant und selbstgefällig wie früher. Zitternd atmete sie aus. Selbst nach fünf Jahren war seine Anziehung noch so mächtig wie zehn Pferde.

Um sie herum gingen alle ihren Gesprächen nach, ohne die Spannung zu bemerken, die quer durch den Raum zwischen ihnen beiden vibrierte. Rebecca schüttelte den Kopf und zwang sich, sich zusammenzureißen. Sie war eine starke, erwachsene Frau, die Verträge im Wert von mehreren Millionen Dollar abschloss und mit den Top-Geschäftsleuten zwischen Las Vegas und New York City verhandelte. Da sie in der gleichen Stadt wohnte wie Brett, war es unausweichlich, ihm ab und zu über den Weg zu laufen. Was konnte es also schaden, mit ihrem ehemaligen Geliebten zu reden? Sie musste es hinter sich bringen, damit sie ihn vergessen und ihr Leben weiterleben konnte. Also straffte sie die Schultern, warf die Haare nach hinten und ging selbstbewusst auf Brett Collins zu.

Brett beobachtete Rebecca, wie sie quer durch den Raum auf ihn zukam. Dabei bemühte er sich, ein Lächeln zu unterdrücken. Sie war nach fünf Jahren aus New York zurückgekommen und direkt auf Bretts Radar gelandet. Neben ihrer seit Jahren existierenden Rivalität hatte er auch mit ihrem Vater im Konkurrenzkampf gestanden. Nach der Übernahme der Firmenleitung durch Rebecca war die Fehde nahtlos weitergegangen. Seit Monaten schon gingen sie einander an die Kehle, aber heute war das erste Mal, dass er sie seit ihrer Rückkehr persönlich sah. Und es berührte ihn mehr, als ihm lieb war.

Auf dem College hatten sie sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert: um die besten Noten, Auszeichnungen, Preise, Spitzenpositionen in der Klasse. Und vom ersten Tag an hatten sie sich nicht verstanden. Er war selbstbewusst, vielleicht ein wenig selbstgefällig; sie war stur und nicht gewillt, zurückzustecken. Keiner von ihnen wusste, was er mit dem anderen anstellen sollte. Sie hatten eine frustrierende, von Konkurrenz geprägte Beziehung, in der es ständig hin und her ging – also zumindest, wenn man Feinde mit gewissen Vorzügen als Beziehung bezeichnen wollte. Sie stritten, dann vögelten sie, dann stritten sie wieder … und das sechs Jahre lang.

Zwischen ihnen herrschte eine wahnsinnige Chemie, und inzwischen war Rebecca noch wesentlich anziehender als vor all diesen Jahren. Ja, die Erinnerungen an die Vergangenheit tobten unter seiner Gürtellinie, aber trotzdem gab es keinen Grund für seine momentane Reaktion auf sie; für das Hämmern in seiner Brust oder das Rauschen des Bluts in seinen Ohren, das direkt in seinen Schwanz schoss, als sie näher kam. Damit hätte er nicht gerechnet. Er stellte sein Glas ab und ballte die Hände, um das Zittern zu verbergen – ein Zittern, von dem er nicht wusste, ob es von Wut oder Lust ausgelöst wurde.

Rebecca schwebte in ihren Stilettos förmlich über den Boden. Der glänzende Stoff ihres Kleides schmiegte sich verführerisch an ihre Kurven. Sie war ohne Zweifel immer noch umwerfend, sexy und glamourös. Doch etwas war anders. Sie war selbstbewusst, beherrschte den Raum, warf die blonden Haare über die Schulter und fing die Blicke der Männer und Frauen auf, an denen sie vorbeikam. Außerhalb des Betts waren sie beide nie einer Meinung gewesen, egal wie toll sie aussah oder wie gut sie sexuell zusammenpassten. Als sie nun näher kam, fiel ihm das Atmen schwerer und er kniff die Augen noch ein Stück mehr zusammen. Er bemühte sich, cool zu wirken, aber die Falte, die sich zwischen seinen Augenbrauen bildete, verriet ihn.

„Hi, Brett“, sagte Rebecca und lächelte. Brett verfügte über eine gute Menschenkenntnis. Rebecca mochte zwar selbstbewusst wirken, aber er fragte sich, ob sie hinter ihrer kühlen Fassade nicht versuchte, ihre Gefühle im Zaum zu halten, genau wie er.

„Becca Daniels“, begrüßte er sie mit dem Namen, den sie benutzt hatte, als sie noch jünger gewesen war.

„Rebecca“, korrigierte sie ihn charmant.

„Richtig.“ Er ließ ein Lächeln aufblitzen. „Rebecca Daniels.“ Er spürte, wie er immer erregter und steifer wurde, als wüsste sein Körper nicht, wie er auf ihre Nähe reagieren sollte. Sollte er sie anschreien, einfach weggehen oder sie auf den nächstbesten Tisch setzen und sie mitten auf der Party vögeln? Die Höflichkeit siegte, und er streckte Rebecca zur Begrüßung die Hand hin. Lächelnd ergriff sie sie. „Es ist eine Weile her, dass wir uns im gleichen Raum aufgehalten haben.“

Er nickte. „Das stimmt.“

„Was uns nicht daran gehindert hat, miteinander Geschäfte zu machen.“

„Miteinander Geschäfte machen nennst du das?“, fragte er scharf. „Mir einen meiner Vizepräsidenten klauen? Ich verspreche dir, in der Minute, in der ich erfahre, dass er gegen die Geheimhaltungsvereinbarung verstößt, wirst du von unseren Anwälten hören.“

„Glaub mir, niemand ist an euren schmutzigen kleinen Geheimnissen interessiert. Aber wo wir gerade beim Thema sind: Was ist mit dem Holzlieferanten für unser aktuelles Projekt? Ich glaube, er gehört jetzt unter den Schirm von Collins/Fischer und verlangt horrende Preise. Wie viele andere Zulieferer müssen dank dieses Schachzugs von euch jetzt um ihre Existenz bangen?“

Brett schnaubte. Sie hatten die Konditionen nur für den Vertrag mit DI geändert. „Ich versichere dir, das war nur ein Zufall“, log er.

Sie verdrehte die Augen, denn natürlich glaubte sie ihm nicht. „Ihr habt das nur gemacht, weil du verärgert warst, dass wir euch bei dem Kauf der Fabrik in Reno überboten haben. Stimmt’s?“

„Ich schätze, das werden wir nie erfahren.“ Brett zuckte mit den Achseln. Das war genau der Vorfall gewesen, der die Lawine ins Rollen gebracht hatte. Er und Alex hatten eine stillgelegte Fabrik samt Lagerhaus in Reno kaufen und in ein hochmodernes Wohnhaus verwandeln wollen. Doch in letzter Sekunde war Daniels International aufgetaucht und hatte ihnen den Deal weggeschnappt.

Schnell warf er einen Blick über seine Schulter und sah, dass seine Freunde alle in ihre eigenen Unterhaltungen verstrickt waren. Doch ihre Blicke ruhten auf ihm und Rebecca. Er ignorierte sie und schenkte Rebecca seine volle Aufmerksamkeit. Vom Tablett eines vorbeigehenden Kellners nahm er ein Glas Champagner und reichte es ihr. „Wir könnten das Thema die ganze Nacht durchkauen, aber lass und doch lieber über etwas anderes reden. Wie fühlt es sich an, wieder zurück zu sein?“

Rebecca musterte ihn misstrauisch über den Rand ihres Glases hinweg. „Anfangs war es ein wenig seltsam. Eine Herausforderung. Aber der Wechsel an die Spitze des Vorstands ging glatt über die Bühne.“

„Es hat mir wirklich leidgetan, das von deinem Vater zu hören. Er war ein guter Mann.“

„Danke.“ Sie nippte an ihrem Champagner, ohne den Blickkontakt mit Brett zu lösen. Er konnte sich nicht erinnern, wann ihn jemand das letzte Mal so sehr gefesselt hatte. Sein Blick fiel zu ihrem Mund und dem Champagnertropfen, der an ihrer Oberlippe hängen blieb, als sie das Glas senkte. Irgendwie gelang es ihm, den Drang zu unterdrücken, sich vorzubeugen und ihn mit der Zunge aufzufangen.

Abgelenkt von seinem Verlangen, hörte Brett kaum, was Rebecca sagte. Zu sehr war er damit beschäftigt, sie von oben bis unten zu mustern. Er sah die kaum wahrnehmbaren Veränderungen in ihrem Verhalten – wie sie sich unter seinem Blick aufrichtete, wie ihre Pupillen sich leicht weiteten und ihre Lippen sich öffneten, als ihre Zunge kurz darüber schnellte. Er grinste sie an. Brett kannte die Frauen, und Rebecca musste es nicht laut aussprechen. Ihre Körpersprache verriet ihm alles, was er wissen musste: Sie wollte ihn auch. Vielleicht genauso sehr, wie er sie wollte. O Gott. Sich noch einmal tief in ihr vergraben, noch einmal die Hitze und Leidenschaft fühlen, die sie gemeinsam erlebt hatten.

Er trat einen Schritt näher und berührte mit den Fingerspitzen ihre Hüfte, bevor er seine Finger spreizte und ihre Taille umfasste. „Weißt du, ich habe keine Lust, über das Geschäft zu reden. Warum gehen wir nicht nach draußen?“, fragte er mit leiser Stimme. Dann nickte er in Richtung der Türen, die zur Terrasse hinausführten. „Dort können wir über das reden, was wirklich wichtig ist.“

Sie zögerte einen Moment, und er glaubte schon, sie würde ablehnen – denn mal ehrlich, worüber sollten sie miteinander reden? Doch sie überraschte ihn, indem sie nickte. „Gerne.“

Er legte seine Hand direkt über ihren Po an den Rücken und geleitete sie durch die Flügeltür hinaus. Erfreut stellte er fest, dass sie hier allein waren. Sie gingen in eine entlegene Ecke, wo Rebecca sich gegen die steinerne Brüstung lehnte und in den Park hinter der Villa schaute. Brett stellte sich daneben und beobachtete sie. Was auch immer in Rebeccas Kopf vor sich ging, es sorgte dafür, dass sie die Stirn runzelte. Vielleicht tobte in ihr der gleiche Tumult wie in ihm, aber er war sicher, den hinter sich lassen zu können. Nur, konnte sie das auch?

Nach ein paar Sekunden durchbrach sie das Schweigen. „Das hier hat mir wirklich gefehlt.“ Ihr Flüstern war sehnsüchtig und verletzlich. Dieser Moment fühlte sich echter an als alle anderen, die sie miteinander geteilt hatten. Nun ja, fast alle. Es hatte auf dem College eine oder zwei Nächte gegeben, in denen beinahe mehr zwischen ihnen entstanden wäre … Er folgte ihrem Blick über die hinter dem Park liegende Wüste, in der die Lichter von Las Vegas blinkten. Sie wussten beide, dass sich am Horizont die Berge erhoben, die nun in völlige Dunkelheit gehüllt waren. „New York war schön, aber sehr hektisch. Der Winter war nur in den ersten Jahren lustig. Doch obwohl man behauptet, die Stadt würde niemals schlafen, herrscht in New York nicht die gleiche Schlaflosigkeit wie in Las Vegas.“

Brett rückte näher an sie heran. „Vielleicht hat Las Vegas dich auch vermisst.“ Er schaute zum Horizont. „Es gibt auf der ganzen Welt keinen vergleichbaren Ort. Wer einmal hier war, kann sich niemals irgendwo anders niederlassen. Diese Stadt hat etwas. Diese Energie, dieser Wille, in einer so kargen Landschaft zu überleben …“ Seine Stimme verebbte. Rebecca drehte den Kopf zu ihm und sah ihn an. Wieder einmal schwiegen sie in diesem Moment, den sie zusammen erschaffen hatten. Wieder einmal waren sie für einen Augenblick junge Menschen Mitte zwanzig, die das ganze Leben noch vor sich hatten. Die ständig miteinander im Kampf lagen, und trotzdem immer wieder von Sex eingerahmte Zeiten der Unbeschwertheit fanden, bevor sie wieder anfingen, einander zu hassen, und der Kreislauf von Neuem begann. Rebecca hatte immer so gut austeilen können, wie sie einsteckte, und als er nun neben ihr stand, erkannte Brett, was auch immer zwischen ihnen passiert war und wie verrückt sie einander auch machten, sie hatte ihm gefehlt.

Rebecca schüttelte den Kopf und riss ihn damit aus seinen Erinnerungen. „Also, worüber wolltest du reden?“, fragte sie und schaute wieder über die dunkle Landschaft hinaus.

„Das war gelogen. Ich wollte gar nicht reden“, gestand er und rückte noch ein Stück näher, bis ihre Arme einander berührten. Durch den Stoff seines Jacketts hindurch spürte er ihre Wärme.

Rebecca lachte humorlos auf. „Das ist einfach perfekt.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich hätte es wissen müssen. Ich bin nicht für einen Quickie mit dir hier herausgekommen, weißt du?“

„Tja, wenn es das nicht ist, frage ich mich, worüber du reden wolltest.“

„Ich glaube nicht, dass ich mit dem Geschäftlichen schon durch bin.“

Überrascht zog Brett den Kopf zurück. „Ach, wirklich?“

Nun drehte sie sich zu ihm um – nicht viele Leute trauten sich, ihn so herausfordernd anzusehen. „Ja. Du und ich hatten in letzter Zeit öfter miteinander zu tun.“

„Stimmt. Es gab ein kleines Hin und Her.“

„Tja, das ist nun vorbei. Und zwar genau ab jetzt.“

„Wirklich?“

„Wirklich. Ich leite jetzt DI und ich sage dir, dass ich sehr viel auf dem Zettel habe und keine Zeit auf diese Schwanzvergleiche zwischen uns vergeuden kann. Ich habe Wichtigeres zu tun. Also lass uns vereinbaren, dass das jetzt ein Ende hat. Ich leite meine Firma, und du kannst deine leiten.“

Wenn Brett nicht so perplex gewesen wäre, hätte er laut losgelacht. Er konnte sich nicht erinnern, wann jemand je so zu ihm gesprochen hatte. Wobei … doch, das konnte er. Es war mehr als fünf Jahre her. Seine letzte Unterhaltung mit Rebecca. Sie glaubte vielleicht, das mit ihnen war vorbei. Aber für ihn war es das noch lange nicht.

Er hatte geschäftliche Pläne mit ihr, doch das konnte bis morgen warten. Heute musste er sich erst einmal um den Rausch des Verlangens kümmern, der seinen Herzschlag beschleunigte und seinen Schwanz hart machte.

„Okay, das ist genug übers Geschäft“, sagte er und sah sie an. „Bist du heute Abend allein hier?“ Er schaute zur Tür, die in den Ballsaal führte. Immer noch waren sie die Einzigen auf der Terrasse. Niemand hinter der offenen Tür achtete auf sie; nur die leisen Töne der Musik schwebten zu ihnen herüber.

„Für diese Frage ist es ein bisschen zu spät, findest du nicht?“

Brett grinste. Ihm war es ehrlich gesagt vollkommen egal, ob sie in Begleitung auf die Party gekommen war oder einen festen Partner hatte. Er spürte, dass sie für mehr bereit war. Also trat er noch einen Schritt näher und bemerkte zufrieden, dass sie sich nicht rührte. Es wäre so leicht, sie in seine Arme zu ziehen, sie zu halten, zu küssen, so wie in alten Zeiten. Er wollte ihre Haut unter seinen Lippen, seinen Fingerspitzen fühlen. Er wollte nichts mehr, als sich tief in ihr zu vergraben und sie zu ficken, bis sie ihre Fingernägel in seinen Rücken grub und seinen Namen schrie … Mist, er musste sich zusammenreißen. Hier ging es um mehr als nur Sex. Selbst wenn er sie heute Nacht nicht verführen würde, er musste einen klaren Kopf behalten, wenn er nicht riskieren wollte, alles zu verlieren. Und Brett verlor nie.

„Tja, ich wollte nur sichergehen, dass ich deine komplette Aufmerksamkeit habe“, murmelte er und beugte sich vor.

„Und du fragst dich, ob ich einen Freund habe.“

Er schüttelte den Kopf. „Wenn du den hättest, wärst du nicht mit mir hier draußen.“ Grinsend fügte er an: „Und selbst wenn, würdest du dich nach der heutigen Nacht nicht mehr an ihn erinnern.“

Autor

J Margot Critch
<p>J. Margot Critch lebt mit ihrem Mann Brian und ihren kleinen vierbeinigen Freunden Simon und Chibs in St. John’s, Neufundland. Ihre Zeit verbringt sie damit, Romane zu schreiben, Musik von Jimmy Buffett zu hören und aufs Meer zu schauen. Und dabei überlegt sie, ob sie lieber einen Kaffee oder eine...
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