1001 Liebesnacht mit dem Scheich

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Beim glutvollen Blick des Fremden schießt Hannah das Blut in die Wangen! Aber noch heißer wird der unscheinbaren Bibliothekarin, als sie erfährt: Scheich Akin Sarraf ist nach New York gekommen, um ihr die Ehe vorzuschlagen. Er will, dass sie und ihr Baby, Sohn seines verstorbenen Bruders, zu ihm in den fernen Staat Baaqi ziehen. Soll Hannah das Abenteuer eingehen? In Akins Palast wie in einem Märchen aus 1001 Nacht leben? Eine Vernunftehe mit diesem exotischen Wüstenherrscher erscheint ihr furchteinflößend – und erregend zugleich …
  • Erscheinungstag 05.09.2024
  • Bandnummer 2490
  • ISBN / Artikelnummer 9783963692574
  • Laufzeit 05:10:00
  • Audio Format mp3-Download
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Leseprobe

1. KAPITEL

In New York kam man selbst sonntags mit der U-Bahn besser voran als mit dem Auto. Aber diese Wahl blieb Hannah Meeks nicht. Gerade kam sie von einem Recherche-Trip in den Norden zurück, und spätestens um zehn sollte sie in der Klinik sein. Ein Notfall. Man gab ihr sogar den Zugangscode für den Privatparkplatz.

Trotz dieses Zuvorkommens wollte sie eigentlich lieber nach Hause. Das Wetter hätte ihre Großmutter als „nasskaltes Entenwetter“ bezeichnet.

Außerdem wusste Hannah nicht mal, was das für ein Notfall sein sollte. Sie hatte ihre Raten pünktlich bezahlt, und die Schwangerschaft verlief vollkommen normal. Das Baby hatte höchstens ab und zu einen Schluckauf, aber man hatte ihr versichert, das sei unbedenklich.

Während sie den Code eintippte, gefror ihre Hand beinahe. Der Regen war in Schneeregen übergegangen und klebte an den Scheibenwischern, als sie auf den halb leeren Parkplatz einfuhr. Die Heimfahrt würde übel werden. Vielleicht durfte sie ihr Auto über Nacht hier stehen lassen? Wobei ein Spaziergang zur U-Bahn natürlich auch nicht gerade verlockend war …

Schlingernd kam ihr Sedan neben der Eingangstreppe zum Stehen, schräg über zwei Parklücken hinweg. Da sie Platz brauchte, um sich mit ihrem riesigen Bauch aus dem Wagen zu schälen, beließ sie es dabei.

Beim Blick in den Spiegel seufzte sie. Sie trug selten Make-up, und es würde noch Monate dauern, bevor sie ihre feste Zahnspange gegen einen Retainer eintauschen konnte. Und was um Himmels willen hatte sie sich bei der Pixie-Frisur gedacht? Durch ihre Naturwelle standen die kurzen Fransen zu allen Seiten. Sie sah aus wie eine Sechsjährige, die sich die Haare selbst geschnitten und Opas Hornbrille aufgesetzt hatte.

Also stülpte sie sich eine Mütze über, schnappte sich Handschuhe, Handy und Schlüssel und stopfte alles in ihre Tasche. Die Fenster waren schon vollständig beschlagen, und als sie die Tür öffnen wollte, war diese festgefroren.

Und was jetzt?

Sie war schon dabei, die Nummer der Klinik in ihr Handy einzugeben, als einige Plätze weiter ein SUV parkte. Gut, dann konnte sie dort um Hilfe bitten. Ein Mann sprang vom Beifahrersitz und klappte einen Regenschirm auf, bevor er für einen weiteren Mann den Fond öffnete.

Bevor die Männer in Richtung Klinikeingang eilen konnten, drückte Hannah auf die Hupe und rieb quietschend ihr beschlagendes Seitenfenster frei.

„Entschuldigung! Könnten Sie mir bitte helfen?“

Einer der Männer sagte irgendetwas. Es klang arabisch. Beide trugen dunkle Wollmäntel und hatten schwarze Haare, gebräunte Haut und sehr gepflegte Bärte.

„Ich brauche Hilfe!“, rief sie, als sie nur dastanden. „Meine Tür ist festgefroren!“

Und ich musste schon vor zehn Minuten zur Toilette. Gentlemen, es ist dringend!

Der Mann mit dem Regenschirm brummte etwas, aber der andere nahm ihm den Schirm aus der Hand, der ohnehin nutzlos war, weil der Wind den Schneeregen vor sich hertrieb. Nachdem er den Schirm zugeklappt und in die Arme des anderen zurückgedrückt hatte, kam der Mann näher und sah durch das kleine Loch, das sie freigerieben hatte.

Ihr Herz machte einen Satz. Vor Überraschung, Beunruhigung, Angst? Vielleicht sogar mit einem Hauch von Verlangen?

Er war groß und athletisch, fast ein bisschen Furcht einflößend mit seiner dunkel gerunzelten Stirn, aber definitiv gut aussehend und etwa dreißig Jahre alt. Sein Mantel stand ein wenig offen, und darunter blitzte ein dunkler Anzug hervor. Eindeutig maßgeschneidert. Kein Wunder. Die Klientel dieser Klinik war extrem reich. Man hatte Hannah als eine Art Pro-bono-Fall aufgenommen, weil sie der Frau des Klinikdirektors einen Riesengefallen getan hatte. Nur deshalb konnte sie sich die Behandlung leisten.

„Warum schreien Sie so?“, verlangte der Fremde zu wissen.

„Meine Tür ist festgefroren. Ich sitze hier fest!“ Sie zog am Türgriff und warf sich mit der Schulter gegen das Fenster.

Wieder runzelte er die Stirn. Dann versuchte er es selbst, umkreiste sogar das Auto und probierte jede einzelne Tür, bis ihr Auto ins Schaukeln geriet.

Dann sagte er etwas zu dem Typen mit dem Regenschirm. Ein Dritter stieg aus dem SUV, während der Mann im Maßanzug zurück an ihr Fenster kam und fragte: „Sind Sie sicher, dass die Tür nicht abgeschlossen ist?“

Und natürlich sprang die Verriegelung auf, sobald sie den Knopf drückte.

Boden, tu dich auf und verschluck mich!

Ihr widerwilliger Retter öffnete die Tür, und ein eisiger Windhauch schlug ihr entgegen – zusammen mit einem nicht minder eisigen Blick.

„Es tut mir so leid.“ Kannte er den Ausdruck Schwangerschaftsdemenz? „Ich habe nicht daran gedacht, dass ich den Knopf gedrückt hatte, als ich in die City kam. Damit an der nächsten roten Ampel kein Autodieb zu mir in den Wagen springt, wissen Sie?“

Aber was interessierten ihn Autodiebe? Die würde er wohl einfach niederstarren – mit derselben unwilligen Abscheu, die er jetzt Hannah entgegenbrachte. Vergeblich versuchte der Wind, sein kurzes dichtes Haar durcheinanderzubringen. An diesem Mann war alles unverrückbar.

Er streckte ihr eine Hand entgegen und warf einen flüchtigen Blick auf ihren Bauch, als sie sich mühsam auf dem Fahrersitz drehte, um die Beine auf den Boden zu bekommen.

„Danke. Ich komme schon klar“, log sie und fühlte sich lächerlich, während sie ihre Tasche nahm und sich nach einem sicheren Halt umsah. Der Parkplatz hatte sich in eine Eisbahn verwandelt.

„Tatsächlich?“, fragte er mit offenem Sarkasmus. „Geben Sie mir Ihre Hand. Ich will nicht verantwortlich sein, wenn eine Frau in Ihrem Zustand stürzt.“

„Danke.“ Widerwillig nahm sie seine Hand und zuckte kaum merklich zusammen, als ihr Herz einen Schlag aussetzte.

Sie hatte eine glatte, gepflegte Handfläche erwartet, aber sein Griff war fest und rau. Unter dieser Berührung fühlte sie sich plötzlich ausgesprochen weiblich, obwohl sie sich mit der Eleganz eines Babynilpferds aus dem Wagen stemmte. Nervös probierte sie ein Lächeln, aber er schien sowieso nur daran interessiert zu sein, sie so schnell wie möglich in die Klinik zu bekommen. Damit er sie los war.

Alle drei Männer waren vom Typ her dunkel und gut aussehend, mit teuren Mänteln und ausdruckslosen Gesichtern. Aber derjenige, der ihr geholfen hatte, schien der Boss unter ihnen zu sein. Während er ihre Hand hielt, machten die anderen sich ebenfalls nützlich, schlossen die Wagentür, stützten ihren anderen Arm oder eilten voraus, um die automatische Schiebetür zu öffnen. So schnell kam Hannah mit ihrem schwangeren Watschelgang auf dem vereisten Fußgängerweg gar nicht hinterher.

„Sehr ritterlich, vielen Dank“, sagte sie und klammerte sich an den starken Arm ihres Retters.

Trotz der Versuche seines Dieners, den Schirm über ihnen zu halten, waren sie innerhalb kürzester Zeit durchnässt, und der Mann schickte ihn mit ungeduldigen arabischen Worten fort.

Sie durchquerten die erste Tür der Eingangsschleuse, und Hannah seufzte erleichtert auf, sobald sie die Schuhe auf der Fußmatte abgewischt hatte. Dann eilte sie durch die zweite Tür und steuerte, vorbei an der Rezeption, wo sie „Hannah Meeks“ rief, direkt auf die Toiletten zu.

Wenige Minuten später versuchte sie, deutlich entspannter, ihr Spiegelbild in Ordnung zu bringen. Vergeblich. Dank der Mütze hatten sich ihre Haare statisch aufgeladen, und in ihrem Gesicht prangte eine rote Nase.

Hoffentlich traf sie den Mann von vorhin nicht im Wartezimmer. Wenn doch, könnte sie ihm zum Ausgleich vielleicht anbieten, ihm bei einem Recherche-Projekt behilflich zu sein. Das war ihre einzige echte Begabung, abgesehen von ihrem Status als Universitätsbibliothekarin. Immerhin hatte dieses Talent ihr zu ihrem Baby verholfen.

Wer war ihr Retter überhaupt? Die anderen Männer wirkten wie seine Leibwächter. Kein Wunder bei seinem offen zur Schau gestellten Reichtum. Doch warum kam er ohne Partnerin in eine Fruchtbarkeitsklinik?

Sie beschloss, nicht weiter über ihn nachzudenken. Er selbst hatte sie sicher längst vergessen. Wie alle Männer. Daran war sie erst letztes Jahr schmerzhaft erinnert worden, als sie dem Typen begegnet war, an den sie im ersten Jahr an der Uni ihre Unschuld verloren hatte. Auf ihren freundlichen Gruß hin hatte er verblüfft gefragt, woher sie seinen Namen kenne. Beschämt hatte sie behauptet, sie hätten sich bei einer Fakultätsfeier kennengelernt.

Dieses Brennen in ihrem Herzen ignorierte sie lieber und zog missmutig an ihrem braunen Strickpullover. Er rutschte sofort zurück über den Bauch und brachte das einfache schwarze Unterhemd zum Vorschein, das sie sich in die Umstandsjeans gestopft hatte. Sehr elegant!

Leider war Hannah keine dieser Schwangeren, die vor Glück strahlten, während sie eine harmlose kleine Kugel vor sich hertrugen. Ihr Bauch hatte die Ausmaße eines prallen Medizinballs. Auch ihr Po hatte ordentlich zugelegt, während die Brüste genauso klein geblieben waren wie eh und je. Sie sah aus wie ein übergroßes Ei mit Wanderstiefeln an den Füßen. Bevor sie in die Stadt zurückgefahren war, hatte sie das Grab ihrer Großmutter besucht und daher festes Schuhwerk für die verschneiten Friedhofswege angezogen.

Es ist ein Mädchen, hätte die alte Dame gesagt. Mädchen stehlen der Mutter die Schönheit.

Leider würde sie ihre Urenkelin nie kennenlernen. Allerdings hätte sie auch wahrscheinlich nicht gutgeheißen, wie das Baby entstanden war.

Und Hannah hatte nie irgendwelche Schönheit besessen, die ein Mädchen ihr hätte stehlen können. Jungs waren immer gemein zu ihr gewesen, Männer vergaßen sie einfach. Mit fünfundzwanzig hatte sie es schließlich aufgegeben, Prince Charming zu suchen.

Stattdessen lebte sie jetzt dieses alberne Klischee der alleinstehenden Bibliothekarin. Doch vor Kurzem hatte sie beschlossen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und die Familie, die sie sich immer gewünscht hatte, allein zu gründen. Ihrem Kind war egal, dass sie schiefe Zähne und Sommersprossen hatte. Auch ihre überzähligen Pfunde und der Heuschnupfen waren belanglos. Ein Kind allein großzuziehen würde sicher nicht leicht werden, aber wenigstens war sie dann nie mehr allein.

Zum ersten Mal in ihrem Leben schaute sie optimistisch in die Zukunft. Aufgeregt, aber zuversichtlich. Und sie wollte sich für ihr Aussehen nicht mehr schämen. Also ließ sie das Spiegelbild sein und verließ die Damentoilette.

Am Empfangstresen wartete bereits eine Krankenschwester.

Scheich Akin bin Raju bin Dagar Al-Sarraf, der Prinz von Baaqi, weigerte sich noch immer, das Unglaubliche zu akzeptieren. Aber er wäre nicht der erfolgreiche Militärführer seines Landes, wenn er nicht eins und eins zusammenzählen könnte. Tatsächlich gehörten scharfe Intelligenz und die Fähigkeit, Konflikte zu lösen, bevor sie sich zu Kriegen auswuchsen, zu seinen herausragendsten Eigenschaften.

Aber die Fakten der letzten Tage liefen auf eine enorme Katastrophe hinaus. Die Umstände, die ihn hergebracht hatten, machten ihn so wütend, dass er sich nach einer anderen Erklärung sehnte.

Eine Samenprobe war verlorengegangen. Für das entsprechende Notfall-Meeting war er vom Krankenbett seines Vaters direkt in die USA geflogen. Wo die Krankenschwester nun darauf bestand, dass sie auf die hochschwangere Frau warteten, bevor sie sie ins Büro des Direktors brachte.

Langsam kam die Schwangere auf ihn zu. Was für eine exzentrische Frau! Offenbar war sie sich ihrer Lage überhaupt nicht bewusst, als sie ihm ein unsicheres Lächeln schenkte und sich knapp für seine Hilfe bedankte.

Seine Bodyguards hatte sie mit ihrem Hupen in Alarmbereitschaft versetzt. Doch Akin hatte gleich gewusst, mit wem er es zu tun hatte, als er die Frau allein eintreffen sah. An einem Tag, an dem die Klinik verlassen wirkte. Er lief nicht gerade Gefahr, unter Beschuss zu geraten. Dennoch wusste er natürlich, dass die nächsten Minuten sein bisheriges Leben auslöschen würden.

Sein zweiter Eindruck von ihr machte es nicht besser. Den Mantel trug sie inzwischen über dem Arm. Ohne ihn wirkte sie geradezu unförmig. Unter der Mütze war ein asymmetrischer Punkrock-Haarschnitt zum Vorschein gekommen, der alles andere als schmeichelhaft war. Ihr rundes Gesicht war ungeschminkt, und sie trug eine riesige Brille mit dunklem Rand, hinter der ihre Augen zu kleinen, braunen Knöpfen wurden. Die Lippen verzog sie zu einer dünnen Linie. Offensichtlich hatte sie die Angewohnheit, ihre Zahnspange zu verstecken.

„Hi, Hannah.“ Das Lächeln der Schwester erstarb, als sie sich zu Akin umwandte. „Dr. Peters erwartet Sie.“

Noch einmal lächelte Hannah ihm unbedarft zu, als sie an ihm vorbeiging.

Akin mochte die Wahrheit noch nicht akzeptieren, aber es hielt ihn nicht davon ab, vernünftige Vorkehrungen zu treffen. Er richtete eine Reihe knapper Befehle an Omid.

Der nickte und zog sein Handy hervor.

Als Akin auf dem engen Flur zu ihr aufholte, blickte Hannah verwirrt über ihre Schulter, als wollte sie in den Wartebereich sehen.

„Arbeiten Sie hier?“, fragte sie.

„Nein“, antwortete er knapp.

„Aber warum …?“

„Da sind wir schon.“ Die Krankenschwester öffnete die Tür zum Büro des Klinikleiters.

Dr. Peters erhob sich und begrüßte sie mit offensichtlicher Anspannung. Auf seiner Glatze schimmerten Schweißperlen, und er strich nervös den weißen Kittel glatt. Er kam um seinen Schreibtisch herum und wollte Akin die Hand schütteln, doch dieser winkte unwillig ab. Keine Zeit für Höflichkeiten.

„Euer Majestät.“ Der Arzt verbeugte sich. „Darf ich Ihnen Miss Hannah Meeks vorstellen?“

Dann war sie also unverheiratet? Vielleicht Glück im Unglück. In Akins Kopf formierten sich bereits Pläne.

„Bitte nennen Sie mich Hannah. Und Sie sind …?“ Verwirrt blickte sie zwischen ihm und dem Arzt hin und her.

„Scheich Akin Sarraf“, stellte er sich mit der kurzen englischen Version seines Namens vor.

Hannah und er würden sich sehr bald näher kennen. Wozu also die Förmlichkeiten?

„Der Kronprinz von Baaqi“, fügte der Arzt hinzu.

„Bin ich das?“, fragte Akin in einem Tonfall, der Generäle erzittern ließ.

Dr. Peters wurde blass.

„Ich verstehe nicht, warum wir hier sind“, sagte Hannah verwirrt und warf der geschlossenen Tür einen verängstigten Blick zu.

„Das werden Sie gleich. Bitte setzen Sie sich“, antwortete Akin.

Der Doktor nahm auf seinem Bürosessel Platz und ordnete mit zitternden Händen einige Akten auf seinem Schreibtisch.

Hannah ergriff die Armlehnen eines Stuhls und ließ sich langsam darauf nieder. Akin selbst zog es vor, mit verschränkten Armen stehen zu bleiben, bis die Bombe platzte.

„Ich vermute, Sie haben die verlorengegangene Samenprobe gefunden?“, fragte er.

„Welche Samenprobe?“ Hannah wirbelte zu ihm herum. Auf ihrem Gesicht war deutlich abzulesen, dass sie eins und eins zusammenzählen konnte. Sie umklammerte die Armlehnen ihres Stuhls so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten, und lehnte sich vor, als wollte sie direkt wieder aufspringen.

Dr. Peters atmete zittrig ein und schickte Akin einen zutiefst reumütigen Blick, der ihn nicht im Geringsten anrührte.

Der Arzt schluckte. „Um Sie auf den Stand der Dinge zu bringen, Miss Meeks: Scheich Akins Bruder …“

„Der verstorbene Kronprinz“, warf Akin ein.

„Ja, ähm … Also Kronprinz Eijaz war einer unserer Klienten. Leider ist er im März einer langjährigen Krebserkrankung erlegen. Vor der Behandlung hatte er bei uns sechs Samenproben einfrieren lassen. Er wollte sichergehen, dass er, sollte er überleben, einen Erben zeugen konnte.“

Warum Eijaz sich dafür ein New Yorker Krankenhaus ausgesucht hatte, blieb für immer sein Geheimnis. Hier war die Krankheit diagnostiziert worden, und so war es vielleicht eine impulsive Entscheidung gewesen. Die Klinik hatte einen hervorragenden Ruf, aber sie war offensichtlich nicht unfehlbar.

„Mein herzliches Beileid“, sagte Hannah voll ehrlichen Mitgefühls. „Aber ich glaube, Ihr Verlust hat nichts mit mir zu tun.“

Auch sie weigerte sich, die naheliegende Schlussfolgerung zu ziehen. Ihm war es ebenso ergangen. Mittlerweile presste sie sich tief in ihren Stuhl, die Schultern defensiv nach vorne gebeugt, als wollte sie sich vor dem Unausweichlichen verstecken, von dem sie zweifellos spürte, dass es über sie kommen musste.

„Die königliche Familie hat kürzlich die schwere Entscheidung getroffen, die Samenproben vernichten zu lassen.“ Der Arzt räusperte sich. „Prinz Akin ist gegenwärtig der anerkannte Thronfolger.“

Diese Rolle hatte Akin sich nie gewünscht, trotz aller Schwächen seines Vaters und der Unfähigkeit seines Bruders, ein Land zu regieren. Mit seiner Rolle als „Reservesohn“ hatte er sich längst arrangiert. Im Moment spürte er nichts als Trauer.

Trotzdem hatte er begonnen, sich auf seine Zukunft als König vorzubereiten. Und nun wurde er zurück in den langen Schatten des Thronfolgers verbannt. Nicht, dass er sich übervorteilt gefühlt hätte. Es war dort nur kalt und trostlos.

Hannah betrachtete ihn mit einem leichten Stirnrunzeln, als ob sie durch sein hartes Äußeres bis in den inneren Aufruhr blickte, den er selbst gern ignorierte.

„Leider konnten wir nur fünf der sechs Spenden in unserer Samenbank finden“, fuhr Dr. Peters fort.

Hannah wandte sich wieder dem Arzt zu. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Sie leckte sich über die Lippen und sprach so vorsichtig, als kostete es sie Mühe, die Fassung zu wahren.

„Und jetzt soll ich Ihnen bei der Suche behilflich sein?“

„Bitte, Miss Meeks. Dies ist kein Moment für Scherze.“ Der Doktor warf Akin einen panischen Blick zu. „Wir hatten noch Ihre Blutprobe für unsere Forschungsdatenbank. Der DNA-Test war eindeutig. Prinz Eijaz’ Samenspende wurde für Ihre künstliche Befruchtung verwendet. Es tut mir sehr leid!“

Nichts anderes hatte Akin erwartet, und trotzdem fluchte er automatisch.

Laut und harsch hing sein Fluch in der Stille des kleinen Büros, doch er entschuldigte sich nicht. Stattdessen drehte sich ihm der Kopf von all den Auswirkungen, die diese Situation auf ihn hatte.

Hannah schnaubte ungläubig. „Es tut Ihnen leid? Bisher kannte ich den Namen des Spenders nicht, jetzt schon. Das könnte nützlich sein, wenn später Gesundheitsfragen aufkommen. Ansonsten ändert sich für mich nichts.“

Akin bewunderte ihr Rückgrat. Dennoch hörte er das verunsicherte Zittern in ihrer Stimme. Tief in ihrem Inneren hatte sie längst verstanden, dass ihr bisheriges Leben unwiederbringlich vorbei war. Aber sie gab vor, die Wahl zu haben. Autonomie.

Hätte er mehr Herz, er hätte sie liebenswert, ja geradezu süß gefunden.

„Wann ist der errechnete Termin?“, fragte er.

Sie erschauderte, und ihm wurde bewusst, dass er versehentlich den Tonfall benutzt hatte, mit dem er junge Soldaten strammstehen ließ.

Doch obwohl keiner seiner Rekruten je gewagt hätte, sich ihm zu widersetzen, presste sie stur die Lippen aufeinander, als könnte sie das Baby für sich behalten.

„Noch sechs Wochen“, verkündete Dr. Peters, nachdem er einen Blick in die Akten geworfen hatte. „Der neunundzwanzigste Dezember. Und es ist … ein Junge. Herzlichen Glückwunsch.“ Er bedachte Hannah mit einem Lächeln. „Alles entwickelt sich ganz prächtig.“

„Was um alles in der Welt ist in Sie gefahren? Ich bin Ihre Patientin!“, rief Hannah empört und tippte sich auf die Brust. „Ich kenne diesen Mann gar nicht!“ Damit deutete sie auf Akin. „Ich erlaube nicht, dass Sie ihm vertrauliche Informationen über mich geben! Noch nicht einmal ich wollte das Geschlecht wissen! Wo bleibt Ihre Professionalität? Sind Sie verrückt geworden?“

Vollkommen berechtigte Frage, fand Akin. Verständlich, dass ihr Temperament mit ihr durchging. Doch er schwieg, während Dr. Peters weitersprach.

„Wir verstehen, dass diese Situation belastend ist, und übernehmen die volle Verantwortung. Unsere Anwälte sind informiert. Sie werden sich um eine angemessene Abfindung kümmern.“

„Wie amerikanisch von Ihnen“, antwortete Akin spitz. „Anwälte einschalten und Geld in die Hand nehmen, dann erledigt sich das Problem von allein.“

Abgesehen von einer höheren Versicherungsprämie würde die Klinik keinen Schaden davontragen. Wenn überhaupt, profitierte sie eher von dieser Geschichte. Frauen würden Schlange stehen, ein paar Tropfen königliches Blut abzubekommen. Akins Familie Geld anzubieten, die unzählige Milliarden besaß, war sowieso absurd. Es gab keine Kompensation für den angerichteten Schaden.

Hannah und er mussten ein Leben lang mit den Folgen leben.

„Im Grunde ist es egal, aber ich will trotzdem wissen, wie das passieren konnte“, forderte Akin.

„Wir hatten eine Grippewelle in der Klinik. Hannahs Ärztin war krank, wie einige andere Ärzte auch. Wenn wir eine Frau für die Behandlung vorbereiten, wollen wir nicht, dass sie warten muss. Wir sind sehr ausgelastet, und dann kam noch ein Praktikant hinzu, der …“

„Ich verstehe“, unterbrach Akin, den diese Verkettung absoluter Inkompetenz schon jetzt anwiderte.

„Ob ich nun eine Abfindung bekomme oder nicht: Ich zahle weiter meine Raten.“ Hannah legte eine zitternde Hand auf ihren Bauch. „Es darf keinen Zweifel geben, wem dieses Baby gehört.“

Süß. Wirklich.

„Darf sie verreisen?“, fragte Akin.

„Mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen, ja.“ Der Arzt wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. „Eine unserer Krankenschwestern könnte Sie begleiten.“

„Wohin sollte ich verreisen?“ Hannah kniff sich in den Unterarm. „Träume ich? Bin ich auf dem Eis ausgerutscht und liege im Koma?“

„Hannah, die Familie Sarraf ist sehr reich und mächtig. Ich schlage vor, dass Sie kooperieren …“, begann der Doktor, aber sie fiel ihm ins Wort.

„Auf keinen Fall“, entgegnete sie entschlossen. Sie stellte die Beine auf den Boden und stemmte sich aus dem Sitz hoch. „Mir ist egal, was Ihr unfähiger Praktikant angerichtet hat oder wie beeindruckend die Familie des Verstorbenen ist. Das hier ist mein Baby. Sie können es niemandem schenken. Und es gehört auch nicht ihm. Ich fahre jetzt nach Hause, trinke Tee und mache ein Nickerchen. Wenn ich aufwache, ist das alles hier gar nicht passiert!“

„Prinz Eijaz hat dieser Verwendung seines Spermas nicht zugestimmt“, wandte Dr. Peters verzweifelt ein. „Wenn Sie nicht so weit wären, würden wir auf einem Abbruch bestehen …“

Wagen Sie es nicht!“ Hannah legte sich eine Hand auf den Bauch. Mit der anderen schlug sie auf den Schreibtisch des Arztes. Sie sah aus, als wollte sie Dr. Peters erwürgen. Ihr Gesicht verfärbte sich tiefrot. Etwas Beeindruckenderes hatte Akin noch nie bei einer Frau gesehen.

„Was der Doktor sagt, ist nicht richtig“, lenkte er ein. „Eine Abtreibung wäre keine Option. Ihr Sohn ist der zukünftige König von Baaqi. In jeder Phase der Schwangerschaft. Ich würde mein Leben für ihn geben, heute oder an jedem anderen Tag. Wie es meine Ehre und meine Pflicht verlangen.“

Hannah richtete sich auf und blickte ihn misstrauisch an. „Das wird nicht nötig sein.“

„Das wissen Sie nicht, Miss Meeks“, gab er trocken zurück. „Wir können nicht in die Zukunft blicken, wie man an unserer derzeitigen Lage erkennt. Noch vor einer Stunde hat keiner von uns dieses Schicksal kommen sehen, oder?“

„An meinem Schicksal hat sich nichts geändert.“

„Doch, das hat es“, informierte er sie und spürte ganz untypisches Mitleid in sich aufkeimen. Hätte er dieses Gefühl nicht für nutzlos gehalten, hätte er sich vielleicht sogar selbst bemitleidet. „Unsere Könige werden in Baaqi geboren, Ms. Meeks … Hannah. Darum werden Sie mit mir kommen. Sie dürfen unser Gast sein und diesem Baby all die Liebe und Fürsorge schenken, die Sie in sich spüren. Doch aufwachsen wird es in Baaqi.“

Einen Moment lang blieb es still.

Dann straffte Hannah die Schultern. „Gegenvorschlag: Lassen Sie sich von Dr. Peters zu einem Psychiater überweisen. Sie leiden unter Wahnvorstellungen. Auf Wiedersehen!“

2. KAPITEL

Hannah zitterte am ganzen Körper. Atemlos stützte sie sich im Flur an der Wand ab. Ihr Herz raste, und ihr Sichtfeld zog sich an den Rändern zusammen.

Es war vollkommen egal, wer der Vater ihres Kindes war. Zu diesem Schluss war sie gekommen, als sie sich für eine künstliche Befruchtung entschieden hatte. Sie war sogar froh gewesen, ihn nicht zu kennen. So musste sie sich weder mit einem Partner noch mit einer übergriffigen Schwiegermutter herumschlagen. Zu ihrer Großmutter hatte sie ein liebevolles Verhältnis gehabt, und sie freute sich darauf, dieselbe bedingungslose Liebe an ihr Kind weiterzugeben. Es würde ihre Wohnung zu einem Zuhause machen, ihr Leben lebenswert.

Mist. Die Leibwächter hatten sich vervielfacht. Nun waren sie zu sechst, jeder im makellosen dunkelgrauen Anzug mit schwarz-silbern gestreifter Krawatte. Einer verschwand durch den Ausgang, als sie um die Ecke bog, und die zwei an der Tür hoben die Hände zum Zeichen, dass sie nicht vorbeikam. Zwei weitere hatten sich am einzigen anderen Ausgang positioniert. Alle sahen an ihr vorbei.

Denn der Prinz oder Scheich, oder was immer er sein mochte, war ihr gefolgt und stand nun dicht hinter ihr. Sie weigerte sich, ihn anzusehen, während sie in ihren Mantel schlüpfte, aber das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und sie spürte ihn wie eine dunkle, bedrohliche Wolke, die sie zu ersticken drohte.

„Miss Meeks kommt mit uns nach Baaqi. Ich möchte, dass Sie sich gut um sie kümmern.“ Er berührte sie nicht, stand aber so dicht an ihrem Rücken, dass sie die Wärme seines Körpers selbst durch den Mantel fühlte.

„Ich steige in kein Flugzeug!“ Hannah blickte sich Hilfe suchend nach der Rezeption um, aber die war mit einem Mal unbesetzt. Einen Moment lang erwog sie, ihm einen Ellbogen in die Magengrube zu rammen und loszurennen, aber sein Rugbyteam aus Bodyguards würde sie abfangen, daran bestand kein Zweifel.

„Geben Sie Omid Schlüssel und Adresse. Er kümmert sich um Ihre Sachen.“

Sein autoritärer Tonfall konnte sie nicht einschüchtern. Ein Leben lang war sie von Männern herumgeschubst worden. Sie richtete sich kerzengerade auf, streckte den Bauch vor und sah ihn störrisch an.

„Nein.“ Was konnte er schon tun? Er würde das kostbare Leben in ihrem Inneren nicht riskieren.

Autor

Dani Collins
<p>Dani Collins verliebte sich in der High School nicht nur in ihren späteren Ehemann Doug, sondern auch in ihren ersten Liebesroman! Sie erinnert sich heute immer noch an den atemberaubend schönen Kuss der Helden. Damals wurde ihr klar, dass sie selbst diese Art von Büchern schreiben möchte. Mit 21 verfasste...
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