Ein verführerisch heißes Ultimatum
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Klingendes Gelächter schallte durch die offenen Türen des Ballsaals, untermalt vom Klirren feinster Kristallgläser. Die elegante Feier war bereits in vollem Schwung, und das zog mir den Magen zusammen und ließ mein Herz rasen. Konnte ich das wirklich durchziehen?
Ja, ich konnte. Ich musste es sogar, denn die Alternative wäre, mich nach Hause zurückzuschleichen und weitere Jahre – vermutlich viele weitere Jahre – abzuwarten und mich zu fragen, was gewesen wäre, wenn.
Zugegeben, in diesem Augenblick war ich ernsthaft versucht, aus diesem Luxushotel in Athen zu fliehen und mich wieder auf Amanos zu verkriechen. Aber nein. Ich war schon zu weit gekommen und hatte mir zu viel davon erhofft, um jetzt wie ein verängstigtes Kind davonzulaufen. Ich war immerhin eine Frau – eine verheiratete Frau. Und nach drei Jahren Ehe würde ich meinen Mann endlich zur Rede stellen. Aber dazu musste ich ihn zuerst einmal finden.
Ich straffte die Schultern und strich mit den Händen das Abendkleid glatt, das ich an diesem Morgen in einer der Nobelboutiquen von Athen erstanden hatte. Die Verkäuferinnen hatten sich vielsagende Blicke zugeworfen, als ich ihnen unsicher mein Anliegen vorgetragen hatte. Ich besaß zwar genug Geld, hatte aber kein Gespür für elegante Abendmode, und das schienen sie genau zu wissen. Und sie sorgten dafür, dass ich spürte, dass sie es wussten.
In diesem Moment erblickte ich mein Spiegelbild in der Hotellobby und fragte mich, ob das eng anliegende, rubinrote, trägerlose Kleid elegant oder doch nur plump war. Passte es überhaupt zu meinen braunen Haaren und den braunen Augen?
‚Miss Unscheinbar‘ hat mich mein Mann einst genannt … Was ich ihm nicht vorwerfen konnte. Er hatte eine unscheinbare Frau gewollt, die kein Aufsehen erregte, keine Forderungen stellte und keine Unannehmlichkeiten bereitete. Und genau das hatte er bekommen. Für volle drei Jahre. Doch jetzt wollte ich etwas anderes, und ich war hergekommen, um es zu mir zu holen.
Zitternd atmete ich ein und befahl meinen wackeligen Beinen, sich zu bewegen. Ich konnte es schaffen. Schließlich war ich schon so weit gekommen. Die Fähre hatte mich von dem entlegenen Inselparadies, auf dem ich mein gesamtes Eheleben verbracht hatte, nach Piräus gebracht, von wo aus ich mit dem Taxi nach Athen weitergefahren war. Dann hatte ich mir ein Zimmer in diesem Hotel genommen und unter dem abschätzigen Blick der Rezeptionistin ungelenk mit der Kreditkarte bezahlt. Anschließend hatte ich es geschafft, mir ein Kleid und Schuhe zu kaufen – Stilettos mit schwindelerregenden Absätzen, auf denen ich kaum gehen konnte.
Das alles hatte ich bereits geschafft – auch wenn es mich all meine Kraft und meinen Mut gekostet hatte. Das Leben auf Amanos war so viel einfacher, und es war lange her, dass ich in einer Stadt mit dichtem Verkehr, unhöflichen Menschen und furchtbarem Lärm gewesen war. Es war ebenfalls lange her, dass ich meinen Ehemann gesehen hatte – einen Mann, den ich kaum kannte.
Matteo Dias war einer der reichsten, rücksichtslosesten Männer Europas und ein unverbesserlicher Playboy. Und ich war seine Frau.
Das kam mir immer noch unglaublich vor, obwohl ich die Papiere unterschrieben und das Ehegelübde abgelegt hatte. In den letzten drei Jahren war ich jeden Morgen in einem Inselparadies aufgewacht, das weit, weit entfernt war von der hoffnungslosen Plackerei meines ehemaligen Lebens in New York City. Und jeden Morgen hatte ich mich kneifen müssen. Ist das hier echt?
Bis es mir irgendwann nicht mehr gereicht hat.
Bei diesem Gedanken breitete sich eine leichte Anspannung in mir aus. War ich unvernünftig? Gierig? Dumm? Ich hatte ein bezauberndes Zuhause, mehr Geld, als ich je ausgeben könnte, und ein erfülltes Leben – das war alles so viel mehr, als ich während meiner Kindheit in Kentucky oder des kurzen, misslichen Aufenthalts in New York City gehabt hatte. Durfte ich wirklich mehr verlangen?
Meine Entschlossenheit kehrte zurück, und ich richtete mich auf. Ja, das durfte ich. Denn die Alternative wäre, den einzigen Traum aufzugeben, den ich je gehabt hatte.
Während ich nun von der großen Flügeltür zum Ballsaal aus meinen Blick über die illustre Gästeschar schweifen ließ, fragte ich mich, ob ich meinen Mann überhaupt erkennen würde. Natürlich hatte ich sein Foto in vielen Zeitungen gesehen. Darauf wurde er meist von irgendeiner kurvigen Blondine begleitet, die in einem hautengen Kleid an seinem Arm hing.
Ich hatte alle Gerüchte über seine angebliche Ehe gelesen. Es gab genauso viele Klatschkolumnisten, die behaupteten, dass ein Mann wie er niemals gezähmt werden könnte, wie es welche gab, die bestätigten, dass die Gerüchte stimmten und Griechenlands begehrtester Junggeselle tatsächlich heimlich geheiratet hatte.
Natürlich hatten beide Seiten recht. Matteo war verheiratet. Aber ich hatte ihn nicht gezähmt. Ich hatte ja nicht einmal wirklich mit ihm gesprochen. Alles, was ich über meinen Ehemann wusste, hatte ich aus den Zeitungen erfahren – dass er rücksichtslos ehrgeizig war, umwerfend im Bett und heiß begehrt von allen Frauen.
Ich hatte seine dunklen, kurz geschnittenen Haare gesehen, diese kalten, stahlgrauen Augen, seine beeindruckende Gestalt. Außerdem erinnerte ich mich daran, dass es sich in den kurzen Augenblicken, in denen wir zusammen gewesen waren, angefühlt hatte, als hätte er den gesamten Sauerstoff aus dem Raum gesogen. Ein Blick von ihm, und ich hatte nicht mehr klar denken können.
„Miss, wollen Sie eintreten?“ Ein Kellner in schwarzem Anzug mit einer weißen Serviette über dem Arm sah mich fragend an. In der Hand hielt er ein Tablett mit Champagnergläsern.
Ich schluckte schwer. „Ja“, entschied ich so entschlossen und selbstsicher, wie ich nur konnte. „Ja, das möchte ich.“
Die Schultern gerade und das Kinn gereckt betrat ich den Ballsaal, in dem sich Europas Gesellschaftselite tummelte. Kaum jemand nahm Notiz von mir, was mich nicht wunderte. Ich war ein Niemand, aus einem Diner in New York hierher verpflanzt – eine Kellnerin ohne Ausbildung, Klasse, Stammbaum oder Ansehen. Ich war wirklich Miss Unscheinbar.
Selbst in einem Kleid, dessen Preis mir die Tränen in die Augen getrieben hatte, und in Schuhen, die mehr gekostet hatten als meine Wohnungsmiete damals, wusste ich, dass ich nichts hermachte. Die unscheinbare Daisy Campbell, das Mädchen aus Kentucky, das als Träumerin nach New York gekommen war, nur um dort ganz schnell auf dem Boden der Tatsachen zu landen.
Verlegen bahnte ich mir meinen Weg durch die Menge. Drei Jahre auf einer einsamen Insel hatten mich nicht auf diese Form der Musterung vorbereitet. Auf Amanos hatte ich gelernt, selbstbewusst zu sein. Dort war ich mir meines Platzes sicher, denn ich hatte ihn mir selbst erschaffen. Aber hier … hier war alles anders. Ich war anders – mehr das Mädchen vom Lande in der großen, kalten Stadt, das ich einst gewesen war. Ich musste gegen den Drang ankämpfen, jemanden höflich zu fragen, ob ich ihm noch etwas nachschenken konnte.
Außerdem musste ich so schnell wie möglich Matteo finden, bevor ich einen Nervenzusammenbruch bekam oder mir in diesen verdammten Schuhen einen Knöchel verstauchte.
Tatsächlich machte ich mir keine Illusionen, dass er sich freuen würde, mich zu sehen. Aber ich hoffte, dass er nicht allzu gereizt reagieren würde. Wir hatten schließlich eine Vereinbarung, die ich gerade brach. Aber drei Jahre sind eine lange Zeit, und er hatte doch sicher nicht erwartet, dass ich mich für immer auf Amanos verstecken würde?
Matteo hatte von mir bekommen, was er gewollt hatte. Jetzt war es an ihm, mir das zu geben, was ich wollte.
„Viel Glück“, murmelte ich vor mich hin, und jemand drehte sich um und warf mir einen irritierten Blick zu.
Schon immer hatte ich die seltsame Angewohnheit, Selbstgespräche zu führen, und drei Jahre auf einer abgelegenen Insel hatten da nicht geholfen. Ich schenkte dem Fremden ein freundliches Lächeln und zwang mich, weiterzugehen.
Wo ist mein Mann?
Dann sah ich ihn und fragte mich, warum er mir nicht schon vorher aufgefallen war. Er stand mitten im Raum, der Star der Veranstaltung, einen halben Kopf größer als alle anderen Männer. Wie von selbst verlangsamten sich meine Schritte, während mein Herz anfing, heftig zu klopfen. Er war noch umwerfender, als ich ihn in Erinnerung hatte.
Einen Moment lang stand ich einfach nur da und beobachtete ihn. Ich wünschte, er wäre nicht so attraktiv, denn ich wusste, dass diese kalte, harte Schönheit mich ablenken und verunsichern würde. Matteo Dias war atemberaubend – ein dunkler, mächtiger Ritter in einem Smoking, dessen teurer Stoff sich über seine breiten Schultern spannte und dessen Schnitt seine langen Beine und seine starke Brust betonte. Selbst von der anderen Seite des Saals aus sah ich, dass seine grauen Augen wie Stahl glitzerten, und mein Blick blieb wie gebannt an seinen Lippen hängen.
Wir hatten uns nie geküsst, einander kaum berührt, und doch war ich in diesem Moment wie gebannt von seiner beinahe animalischen Anziehungskraft und seinem intensiven Charisma. Es war, als teilten wir eine körperliche Vergangenheit. Als könnte ich mich tatsächlich daran erinnern, wie er sich anfühlte, wie er schmeckte, obwohl ich das in Wahrheit nie erlebt hatte.
Ich hatte mir nie gestattet, mir diese Dinge vorzustellen, weil sie in unserer Ehe keinen Platz hatten. Das hatte Matteo von Anfang an klargemacht. Sein Mund hatte sich spöttisch verzogen bei dem Gedanken daran, mich auch nur zu berühren – und ich hatte mir eingeredet, dass es mir nichts ausmachte, weil ich gar nicht berührt werden wollte.
Nach einem tiefen Atemzug trat ich vor. „Matteo.“
Meine Stimme klang lauter, als ich beabsichtigt hatte, und mehrere Gäste drehten sich zu mir um. Ich hörte Flüstern und Zungenschnalzen, als ihre Blicke über mich hinwegglitten. Hitze stieg mir in die Wangen, aber ich behielt das Kinn gereckt, wie schon mein ganzes Leben lang, egal, welche Stolpersteine mir in den Weg gelegt worden waren. Und das waren nicht wenige gewesen.
„Matteo!“
Nun drehte er sich um. Seine Augen verengten sich zu silbrigen Schlitzen, während er seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammenpresste. Ganz eindeutig war er nicht erfreut, mich zu sehen. Das überraschte mich zwar nicht, aber dummerweise tat es trotzdem weh, was ich jedoch zu verbergen versuchte.
Die Frau an seiner Seite neigte den Kopf und sah ihn fragend an. Ihre grünen Katzenaugen funkelten zugleich boshaft und amüsiert, während sie ihm laut genug zuflüsterte, dass alle es hören konnten: „Oh, liebster Matteo, es sieht aus, als würde da jemand ein wenig für dich schwärmen.“
Schwärmen? Wohl kaum.
„Wir müssen reden“, entschied ich und hielt den Blick fest auf seine nun finstere Miene gerichtet. Ich weigerte mich, mich von den Frauen einschüchtern zu lassen, die sich jetzt um ihn versammelten, als wären sie ein Schwarm eleganter Krähen und er ihre Beute. Nur, dass Matteo ganz Raubtier und niemals Beute war.
„Reden …?“
Er gab sich verwirrt, und ich merkte, dass er versuchte, so zu tun, als würde er mich nicht kennen. Doch diese Absicht erfüllte mich mit einer herausfordernden Wut. O nein, mein Lieber. Nicht nach drei ganzen Jahren, in denen ich mich wie gefordert von ihm ferngehalten hatte.
„Ja, reden, Matteo.“ Ich lächelte freundlich, auch wenn ich innerlich zitterte. „Du erinnerst dich doch noch an mich, oder?“ Ich zwang mich, noch breiter zu lächeln, und machte mich bereit, das gefürchtete Wort auszusprechen. „Deine Fr…“
„Nicht hier.“
Seine Finger schlossen sich um mein Handgelenk, und er führte mich aus dem Ballsaal, als wäre ich eine Angestellte, die sich schlecht benommen hat. Ich stolperte auf meinen hohen Absätzen, und Matteo fing mich auf, obwohl ich spürte, dass er das aus reinem Instinkt und nicht aus Sorge um mich tat. Mein Mann war nicht nur nicht erfreut, mich zu sehen, er war fuchsteufelswild.
Das wurde noch deutlicher, als er mich in einen privaten Raum neben den Ballsaal schob und die Tür hinter sich geräuschvoll ins Schloss zog.
„Daisy“, stieß er durch zusammengebissene Zähne aus. Seine Augen funkelten zornig. „Was zum Teufel tust du hier?“
Beinahe hätte ich sie nicht erkannt. Zugegeben, sie war sehr leicht zu vergessen – weshalb ich sie ja überhaupt erst geheiratet hatte. An ihren Namen erinnerte ich mich nur wegen der regelmäßigen Einzahlungen, die ich auf ihr Konto leistete.
„Schön, dich zu sehen“, murmelte sie und zeigte mir damit deutlich mehr Kampfgeist, als ich erwartet hätte.
Hatte ich nicht eine graue Maus geheiratet? Eine ruhige, zahme, unscheinbare und unsichtbare Maus, die dankbar sein sollte für das, was ich für sie getan hatte, und sich im Gegenzug von mir fernhalten würde?
„Wir hatten eine Vereinbarung“, stellte ich ausdruckslos fest.
„Mich als Gefangene auf einer Insel halten, während du dich durch Europa flirtest?“
„Wie bitte?“ Ich starrte sie ungläubig an. „Ist das wirklich deine Version unserer Abmachung?“
„Wir sind verheiratet, Matteo.“
Mir blieb der Mund offen stehen. Doch schnell riss ich mich wieder zusammen. Ich konnte nicht fassen, dass ausgerechnet sie diese Karte spielte, wo sie doch genau wusste, was unsere Ehe eigentlich war. „Du hast die Vereinbarung unterschrieben, Daisy. Du hast die Schecks eingelöst. Du hast mir gesagt, es würde dir entgegenkommen.“
Ihr Kinn war gereckt, ihre Miene aufmüpfig. Noch nie hatte ich sie so feurig gesehen – andererseits hatte ich sie sowieso kaum jemals gesehen, und wie heißt es so schön: Aus den Augen, aus dem Sinn.
„Ich weiß, aber das ist drei Jahre her, und jetzt will ich etwas anderes.“
„Ach wirklich?“
Ich verschränkte die Arme und schaute sie durchdringend an. Es musste doch möglich sein, sie einzuschüchtern. Das war es zumindest damals gewesen – obwohl ich mich in Wahrheit nicht wirklich hatte bemühen müssen. Ich hatte ihr einen Deal angeboten – einen großzügigen, wohlüberlegten, ehrlichen Deal –, den sie angenommen hatte. Aber offensichtlich musste ich sie heute daran erinnern.
„Du willst also etwas anderes und hast beschlossen, mir auf einer öffentlichen Feier nachzustellen …“
„Ich habe dir nicht nachgestellt“, unterbrach sie mich kurz angebunden, was sonst niemand jemals tat. „Ich habe im Internet von der Party gelesen und beschlossen, dich hier zu suchen.“
„Das nenne ich nachstellen.“
„Technisch gesehen kann man seinem Ehemann nicht nachstellen.“
„Vertrau mir, man kann – vor allem in einer Ehe wie der unseren.“
„Und genau darüber möchte ich mit dir reden.“
Sie schenkte mir ein zuckersüßes Lächeln, während sie den Raum durchquerte, um sich auf einen Stuhl zu setzen und mich mit funkelnden Augen anzusehen.
„Was ist das für ein fürchterliches Kleid, das du da trägst?“ Ich wusste, meine Offenheit grenzte an Unhöflichkeit, aber es war mir egal. „Du siehst aus wie ein Lippenstift – und noch dazu in einer grauenhaften Farbe.“
Ihre Wangen flammten auf, aber ihr Blick blieb fest. „Ich dachte mir schon, dass diese hinterhältigen Verkäuferinnen in der Boutique mich lächerlich machen wollten.“
„Hast du nicht selbst gesehen, dass dir das nicht steht?“ Wobei, so schrecklich es auch war, mein Blick wurde widerstrebend, aber unwiderstehlich von den schlanken, wohlgerundeten Kurven angezogen, die sich unter dem eng anliegenden Stoff abzeichneten. „Was ist das für ein Material? Kunstleder?“
„Ich weiß es nicht.“ Ohne großes Interesse schaute sie an sich herunter. „Sie meinten, es wäre der letzte Schrei, und wer bin ich schon, ihnen zu widersprechen?“
„Sie haben dich angelogen.“
Aus irgendeinem Grund ärgerte es mich, dass ein paar arrogante Verkäuferinnen sich über meine Frau lustig gemacht hatten. Unsere Ehe war weiß Gott keine richtige Ehe, aber Daisy war dennoch eine Dias. Auch wenn das niemand wusste.
„Ja, wie gesagt, das dachte ich mir schon.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe in Sachen Abendmode keine Ahnung, und ich bin mir sicher, auf sie habe ich wie ein Landei gewirkt.“
Was die Frage aufwarf … „Was tust du hier, Daisy?“
Ihre Augen blitzten auf. „Wolltest du nicht sagen: ‚Was zum Teufel tust du hier, Daisy?‘“
„Ich war überrascht.“
Normalerweise rechtfertigte ich mich nicht, und ich wusste nicht, was mich ihr gegenüber in die Defensive drängte. Das musste sofort aufhören.
„Du meinst, du warst genervt. Oder vielleicht wütend?“ Sie zog eine Augenbraue hoch, und in ihren goldbraunen Augen funkelten topasfarbene Flecken. Sie ist unscheinbar, redete ich mir ein, während ich sie kühl musterte. Braune Augen und Haare, schlanke, reizlose Figur. Komplett durchschnittlich.
Warum also schaute ich sie weiter so intensiv an?
„Wir hatten eine Vereinbarung“, wiederholte ich, weil sie diese Erinnerung anscheinend brauchte.
„Die dir gut gepasst hat …“
„Und dir auch. Immerhin handelt es sich inzwischen um beinahe zwei Millionen Euro.“ Ich würde mich deswegen nicht schuldig fühlen. „Du wusstest die ganze Zeit, worum es ging. Und du hast gesagt, du seist damit zufrieden.“
Sie schob ihre Unterlippe – die erstaunlich voll und rosig war – ein wenig vor und verschränkte die Arme vor ihrer Brust, von der ich aus irgendeinem Grund den Blick nicht abwenden konnte. Dabei war sie wirklich nicht beeindruckend. Maximal ein B-Körbchen. Und doch …
„Aber jetzt möchte ich das ändern“, erklärte sie.
Spöttisch lachte ich kurz auf. „Ich verhandle nicht.“
„Bist du dir da sicher?“, forderte sie mich heraus. „Es ist schließlich kaum ein verbindlicher Vertrag, den wir damals geschlossen haben.“
Erstaunt sah ich sie an. Wo kam auf einmal dieses Selbstbewusstsein her? Und was konnte sie nur von mir wollen?
„Nein, er ist nicht rechtlich bindend“, bestätigte ich geschmeidig, „aber du kennst die Bedingungen. Wenn du unsere Ehe ohne meine Zustimmung annullieren lassen möchtest, musst du jeden einzelnen Euro zurückgeben, den du in den letzten Jahren von mir erhalten hast.“
Was auf beinahe zwei Millionen Euro hinauslief – eine Million am Anfang, dann zweihundertfünfzigtausend für jedes Jahr, das sie bis zum Tod meines Großvaters bei mir blieb. Danach würden wir nichts mehr miteinander zu tun haben.
Diese Bedingungen hatte ich Daisy sehr klar ausgeführt, als ich ihr einen Antrag gemacht hatte, nachdem sie ihren Job als Kellnerin in einem heruntergekommenen Diner in Manhattan verloren hatte. Und sie hatte bereitwillig zugestimmt.
Was hatte sich inzwischen verändert?
Ich musterte sie einen Augenblick. Sie sah in diesem Kleid so anders aus, dass ich das Gefühl hatte, sie gar nicht zu kennen. Was natürlich stimmte. Ich wollte sie auch gar nicht kennenlernen, aber ich musste wissen, was sie von mir wollte.
„Worum geht es wirklich, Daisy?“
Kurz bekam ihr Selbstbewusstsein Risse. Ihre Lippen zitterten, und sie wandte den Blick ab. „Was glaubst du denn?“
„Warum bist du hier? Was willst du von mir? Denn ich glaube nicht, dass du die zwei Millionen Euro zurückzahlen willst, die du bereits von mir erhalten hast.“
„Eine Million siebenhundertfünfzigtausend“, gab sie zurück. „Und laut unserer Vereinbarung sollten wir maximal zwei Jahre verheiratet sein. Jetzt sind es schon drei.“
„Und du bist entsprechend entlohnt worden.“
Laut der Summe auf dem Konto, das ich ihr eingerichtet hatte, hatte sie das ganze Geld bereits ausgegeben. Gott allein wusste, wofür.
„Also noch einmal: Was willst du?“ Ich schüttelte langsam den Kopf. „Noch mehr Geld?“
Ihre Augen wurden groß, ihr Mund öffnete sich leicht. In diesem roten Kleid sah sie aus wie ein reifer Apfel, der gepflückt werden wollte. Und das verstörte mich. Bei unserem letzten Treffen hatte sie eine schlecht sitzende Kellnerinnenuniform und einen schlichten Pferdeschwanz getragen. Ihr Gesicht hatte von dem Fett der Fritteuse geglänzt. Damals war sie wirklich niemand gewesen, den ich gerne hätte pflücken wollen.
„Würdest du mir denn mehr Geld geben?“, fragte sie und wirkte eher neugierig als gierig.
„Nein.“
Ich trat einen Schritt von der Versuchung zurück. So anziehend Daisy gerade auch wirkte, sie war für mich tabu. Das Letzte, was ich wollte, war, meine Ehe zu vollziehen – und sie damit noch komplizierter zu machen. Ich hatte ausreichend Frauen, zwischen denen ich wählen konnte, da brauchte ich diese hier nicht auch noch.
„Das ist gut, denn ich habe ausreichend Geld.“
„Du scheinst es jedoch so schnell auszugeben, wie ich es auf dein Konto überweise“, merkte ich süffisant an. „Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, wofür du es auf einer einsamen Insel mit gerade einmal dreihundert Einwohnern ausgibst.“
„Das geht dich auch nichts an, oder?“, erwiderte Daisy.
Mit ihren geröteten Wangen sah sie ein wenig schuldbewusst aus. Wofür gab sie das Geld wirklich aus? Vielleicht hatte sie meine Villa inzwischen zehnmal neu eingerichtet oder sich ein Boot oder einen Hubschrauber gekauft. Oder einen Schrank voller Designerkleidung … Obwohl, angesichts des Kleids, das sie trug, war das eher unwahrscheinlich.
„Also was willst du?“, hakte ich ungeduldig nach und warf einen Blick auf meine Uhr. Daisy Campbell – nein, Dias – hatte mir schon fünfzehn Minuten meiner wertvollen Zeit gestohlen, und das waren genau fünfzehn Minuten zu viel.
Sie neigte den Kopf und senkte die Lider mit den langen Wimpern, während sie mich musterte. Versuchte sie, kokett zu sein? Überraschenderweise schoss bei ihrem Anblick heiß glühendes Verlangen durch meinen Körper.
„Nun?“
„Ich werde dir sagen, was ich will.“
Sie stand auf, und ihre Haare fielen ihr über die Schultern. Ihre Wangen waren gerötet, ihr Kinn entschlossen gereckt. In diesem Moment war sie der Inbegriff von Trotz und Versuchung.
„Ich will eine Annullierung. Ich will aus dieser Scheinehe raus. Und um es dir zu beweisen, werde ich dir das gesamte Geld zurückzahlen.“
Ich sah Matteo an, wie geschockt er war. Hiermit hatte er definitiv nicht gerechnet. Ohne Zweifel hatte er gedacht, dass ich das gesamte Geld von ihm bereits ausgegeben hatte. Wenn er nur wüsste …
„Warum um alles in der Welt willst du eine Annullierung?“, fragte er.
„Das geht dich nichts an“, gab ich knapp zurück.
Tatsächlich wollte ich diese Ehe beenden, weil ich die Chance auf ein echtes Leben, eine echte Liebe haben wollte, und beides würde ich mit Matteo Dias niemals bekommen. Insgeheim schmerzte mich dieses Wissen, denn obwohl er so unglaublich arrogant war, wünschte sich ein Teil von mir, dass er mich als Frau wahrnehmen würde.
Doch selbst in diesem engen roten Kleid musterte er mich nur wie etwas, mit dem er beim besten Willen nichts anfangen konnte.
„Das geht mich sehr wohl etwas an“, widersprach er. „Wir sind schließlich verheiratet, Daisy.“
„Es ist aber keine echte Ehe.“
„Auf dem Papier schon.“
„Ich bin gewillt, dir das gesamte Geld zurückzugeben, Matteo. Welche Einsprüche kannst du dagegen haben?“
Tief im Inneren wusste ich, dass er Einsprüche hatte, denn er war kein Mann, der sich von anderen Menschen etwas sagen ließ. Niemals würde er zulassen, dass ich diejenige wäre, die diese Entscheidung traf. Dennoch war ich entschlossen, standzuhalten.
„Ich versichere dir, ich habe gründlich darüber nachgedacht. So viel Geld würde ich nicht leichtfertig wieder zurückgeben.“
„Wieso hast du das Geld überhaupt noch?“
„Wofür hätte ich es denn ausgeben sollen?“, fragte ich zynisch.
„Ernsthaft, Daisy …“
„Ich habe es investiert“, unterbrach ich ihn. „Und die Erträge erlauben mir, dich auszuzahlen und noch etwas für mich übrig zu behalten.“
Langsam schüttelte er den Kopf, als könnte er nicht fassen, dass ich clever genug war, mein Geld zu investieren, oder mutig genug, um ihn um die Annullierung unserer Ehe zu bitten. Aber ich war beides und stolz darauf.
Erneut verschränkte Matteo die Arme vor der Brust. „Ich möchte aber keine Annullierung.“
„Tja, das tut mir leid für dich.“
Seine Augen blitzten gefährlich auf. Ich wusste, dass ich ihn nicht so hätte provozieren sollen, aber ich hatte genug von seiner überheblichen Art.
„Unsere Vereinbarung war ganz klar, Matteo. Ich kann die Ehe jederzeit annullieren lassen, solange ich dir das Geld zurückgebe. Du hast nur nicht damit gerechnet, dass ich das je tun würde.“
Verärgert presste er die Lippen zusammen. „Für mich ist es äußerst lästig, unsere Ehe annullieren zu lassen.“
„Das ist aber nicht mein Problem“, erwiderte ich zynisch.
„Tu das nicht, Daisy.“
„Wie wäre es, wenn du das nicht tust? Du solltest mir nicht im Weg stehen. Schließlich bin ich hier diejenige, die sich an unsere Vereinbarung hält, Matteo, nicht du.“
Langsam schüttelte er den Kopf, als versuchte er, seine Gedanken zu ordnen.
„Das ist doch lächerlich. Was zum Teufel willst du denn machen, wenn unsere Ehe annulliert ist? Wo wirst du wohnen?“
„Ich habe vor, auf Amanos zu bleiben.“
„Wie bitte?“ Fassungslos schaute er mich an. „Aber nicht in meinem Haus.“
„Nein, natürlich nicht. Ich werde mir im Dorf etwas mieten.“ Ich hatte schon ein kleines, weiß gekalktes Häuschen gesehen, das ich mir leisten konnte.
„Wieso kannst du, wenn du ohnehin auf Amanos bleiben willst, nicht auch mit mir verheiratet bleiben?“
Ich erwiderte nichts, und Matteo kniff leicht die Augen zusammen.
„Hast du jemanden kennengelernt? Hast du eine Affäre?“
„Die Frage stellt genau der Richtige.“
Matteos Affären fanden sich überall in den Klatschmagazinen, was überhaupt der Grund dafür war, dass ich unsichtbar bleiben sollte.
„Hast du, Daisy?“
Er sah wütend aus, was wirklich unfair war.
„Nein, habe ich nicht.“