Mit einem Playboy spielt man nicht!

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Georginas Herz schlägt wie verrückt, als sie vor Matias‘ edler Villa in London steht. Nicht, weil er ihr Jugendschwarm war. Auch nicht, weil er inzwischen ein heiß begehrter Selfmade-Milliardär ist. Und erst recht nicht, weil Matias den Ruf eines Playboys hat. Sondern weil sie ihm eine dreiste Lüge gestehen muss: Zu Hause in Cornwall hat sie behauptet, sie beide seien ein Paar. Aber nur, um seine kranke Mutter glücklich zu machen! Wie wird Matias reagieren? Sie auslachen - oder sich auf das pikante Spiel einlassen?


  • Erscheinungstag 24.09.2019
  • Bandnummer 2407
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712471
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Georgina sah an der imposanten Villa empor, vor der sie stand. Eigentlich hatte sie nichts anderes erwartet.

Sie hob eine Hand, um zu klingeln.

Ihr Verstand sagte: Bring es einfach hinter dich! Ihr Herz jedoch: Mooooment … Hast du dir das auch gut überlegt?

Georgina hörte jedoch auf ihren Verstand und drückte die Klingel.

Sie hatte Stunden gebraucht, um herzukommen, und würde sich jetzt nicht heimlich wieder davonschleichen, ohne dem Besitzer der herrschaftlichen Villa in Kensington – ein Mann, den sie seit ihrer Kindheit kannte; ein Mann, in den sie mit sechzehn Jahren schrecklich verknallt gewesen war – zu sagen: Hey, stell dir vor … Ich wette, du hättest nie gedacht, dass wir beide irgendwann doch eine Beziehung haben würden!

Matias hatte keine Ahnung, wer in diesem Moment vor der Tür stand, aber wer auch immer es war, verdiente einen Orden für das perfekte Timing.

Die frostige Blondine auf seinem weißen Ledersofa keifte ihn seit fünfunddreißig Minuten ununterbrochen an. Und sie hörte auch jetzt nicht damit auf, während sie ihm zur Haustür folgte.

„Ich lasse nicht zu, dass du mit mir Schluss machst! Ich habe allen erzählt, dass du nächste Woche zu meiner Geburtstagsparty kommst. Ich habe extra ein Kleid gekauft! … Du hast eine andere, stimmt’s? Wer ist sie? Kenne ich sie? Ich dachte, du liebst mich!“

Matias hatte schon vor zehn Minuten aufgehört, auf ihre Fragen zu antworten.

Jetzt öffnete er die Tür und stutzte.

„Matias.“ Georgina versuchte, an ihm vorbei zu spähen, zur Quelle des schrillen Gezeters. „Wie es aussieht, komme ich ungelegen.“

Matias sah so fantastisch aus, dass es ihr jedes Mal wieder die Sprache verschlug. Ihr Mund war trocken, ihr Herz klopfte, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen – und plötzlich wusste sie wieder, wie sie sich als Sechzehnjährige gefühlt hatte, als ihre Hormone verrücktgespielt hatten und sie in diesen bildschönen Jungen verknallt gewesen war, der seinen eigenen Fanclub hatte, seit er dreizehn Jahre alt war. Sie hatte ihre albernen Gefühle stets für sich behalten, denn sie war schließlich die Art Mädchen gewesen, die er nie eines Blickes gewürdigt hätte.

„Georgie, was zum Teufel machst du denn hier?“

„Das ist aber keine sehr nette Begrüßung für eine alte Freundin … Ich habe stundenlang im Zug gesessen, bin müde, meine Füße brennen, und ich würde ungern ein anderes Mal wiederkommen müssen.“

Am liebsten hätte sie auf dem Absatz kehrtgemacht, doch sie zwang sich, ruhig zu bleiben und sich daran zu erinnern, wie wenig sie diesen Mann inzwischen mochte. Irrsinnig sexy war er zwar noch immer, aber mit Wertvorstellungen, die ihr gehörig gegen den Strich gingen.

„Geht es meiner Mutter gut?“, wollte Matias besorgt wissen.

„Wer sind Sie denn?“

Neben ihm tauchte eine Blondine auf, und Georgina fragte sich, ob es Matias denn nie langweilig wurde, mit Frauen auszugehen, die aussahen, als wären sie geklont. Baumlange Blondinen mit Modelfigur und einem gewagten Modegeschmack, der darauf basierte, selbst im tiefsten Winter so wenig wie möglich zu tragen.

Diese spezielle Blondine trug einen knappen roten Minirock, ein enges rotes Top und sehr hohe Sandaletten, denn es war ein sehr warmer Spätsommer.

„Zeit für dich zu gehen, Ava.“

„Es kann immer noch funktionieren, Matias!“

Matias warf Georgina einen flüchtigen Seitenblick zu und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Auf keinen Fall“, erwiderte er grimmig, nahm ihr winziges Designertäschchen von der Ablage im Flur und drückte es ihr in die Hand, während er sie Richtung Tür dirigierte. „Du verdienst etwas Besseres als mich.“

Georgina verdrehte die Augen. Sie trat beiseite, während die Blondine an ihr vorbeirauschte, die auf ihren High Heels mindestens fünfzehn Zentimeter größer war und dünn wie eine Bohnenstange.

„Das war sehr rücksichtsvoll von dir, Matias, den Schock ein wenig abzumildern, indem du ihr sagst, dass sie etwas Besseres als dich verdient hat“, bemerkte Georgina trocken, während sie eintrat. Doch sie sah nur noch seinen Rücken, da er sich bereits abgewandt hatte, wahrscheinlich in Richtung Küche, denn er sah aus, als könnte er einen starken Drink vertragen.

Charmant, dachte sie, während sie ihm folgte. Was fanden die ganzen Frauen nur an ihm? Ja, er war reich. Ja, er sah gut aus. Aber sonst … Es gab nichts, das sie an ihm reizte. Was eine gewisse Ironie besaß, denn sie war schließlich hier, um ihn darüber zu informieren, dass sie beide sich insgeheim Hals über Kopf ineinander verliebt hatten und sich schon eine ganze Weile heimlich trafen …

„Also?“

Matias machte sich nicht die Mühe, sie anzusehen. Er ging schnurstracks zum Schrank, nahm eine Flasche Whisky und goss sich ein Glas ein. Er bot ihr nachträglich der Höflichkeit halber ebenfalls einen Drink an, rechnete jedoch offensichtlich nicht damit, dass sie das Angebot annehmen würde.

„Deiner Mutter geht es gut. Mehr oder weniger.“

„Ich hatte einen schlimmen Tag, Georgie, erspar mir bitte das Rätselraten. Nicht, dass es jemals deine Art gewesen wäre, mit irgendetwas hinterm Berg zu halten.“ Er zog die Augenbrauen hoch und wich nicht aus, als ihre Blicke sich trafen. „Ich habe vor zwei Tagen mit meiner Mutter gesprochen, und sie hörte sich gut an, also was ist mit ihr?“

„Nichts. Ihr Zustand hat sich nicht verschlechtert. Ich meine, sie ist nach dem Schlaganfall immer noch geschwächt, und sie kann immer noch nicht wieder ganz normal sprechen, aber sie macht brav alle Übungen, die der Arzt empfohlen hat.“

„Gut.“

„Du hast ein wundervolles Haus, Matias.“ Georgina war noch nicht bereit, das Thema zur Sprache zu bringen, das zur Sprache gebracht werden musste. Sie musste sich erst noch ein bisschen sammeln. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. „Und ich hätte tatsächlich auch gern einen Drink.“

„Whisky?“

„Wein, wenn du welchen dahast. Danke.“

„Ich warne dich, es ist kein Biowein. Dafür war er wahnsinnig teuer, also überleg es dir bitte gut, bevor die ihn wegkippst, weil er deinen hohen Ansprüchen nicht genügt.“

Matias ging zum Kühlschrank und holte eine Flasche Chablis heraus. Er sah sich über die Schulter um. Sie war angezogen wie immer, irgendein geblümtes Ensemble, das ihre weiblichen Formen kaschierte, statt sie zu betonen. Langer Rock, weites Oberteil … Ein Übermaß an Farben, von denen keine einer kleinen, kurvigen Frau mit leuchtend rotem Haar schmeichelte.

Was ist so schwer daran, sich ein bisschen Mühe zu geben? fragte er sich.

„Sehr witzig, Matias.“

„Wir wissen beide, wie gern du die Trommel für ökologische Landwirtschaft rührst. Ich möchte deinem sozialen Gewissen nicht im Wege stehen.“

„Du kannst wirklich eklig sein, weißt du das?“, fragte sie. Doch ihre Stimme klang neutral, weil sie zu sehr damit beschäftigt war, sich in der spektakulären Küche mit weltmännischem Flair umzusehen.

„Es würde dir fehlen, wenn ich es nicht wäre“, murmelte Matias, ohne mit der Wimper zu zucken, und hielt ihren Blick eine Sekunde länger als unbedingt nötig, bevor er die Lider mit den dichten, dunklen Wimpern senkte. „Was würdest du mit einem netten, höflichen Matias anfangen?“

Georgina errötete – sehr zu ihrem Ärger – und funkelte ihn an. „Ich habe eine stundenlange Fahrt auf mich genommen, um dich zu sehen. Du könntest wenigstens nett zu mir sein.“

„Ja, das hast du“, entgegnete Matias nachdenklich, „und ich frage mich, warum. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass ich vor Neugier platze. Denn ich kann mich nicht erinnern, dass du schon einmal hier gewesen bist.“

„Du weißt genau, dass ich noch nie hier gewesen bin.“

„Ich konnte mir, ehrlich gesagt, nicht vorstellen, dass du je aus Cornwall rauskommst.“

„Du redest immer so abschätzig über Cornwall! Hast du denn überhaupt keine Verbindung zu dem Ort, an dem du aufgewachsen bist?“

„Nein. Nun sag schon, Georgie …“ Er umkreiste sie wie ein Hai einen kleinen Fisch, langsam, bedächtig, mit wachem, aufmerksamem Interesse. „Wenn du nicht hier bist, um mit mir über meine Mutter zu reden, was genau machst du dann hier? Nicht, dass mir dein Besuch ungelegen gekommen wäre.“

Er setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber und zog einen anderen näher an sich heran, damit er die Beine darauflegen konnte.

Georgina öffnete den Mund, um ihm gehörig die Meinung zu sagen. Seine Mutter verzweifelte an ihm. Die Frauen kamen und gingen, ohne eine Atempause dazwischen, weil Matias Silva, was Frauen betraf, die Aufmerksamkeitsspanne eines Kleinkinds hatte.

Nun sah sie den amüsierten Ausdruck in seinen dunklen Augen und schloss den Mund wieder. Er wollte sie eindeutig provozieren, und das war das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte.

Stattdessen hielt sie seinem Blick gelassen stand. Es erforderte einige Willenskraft, denn er war zweifellos noch immer der atemberaubendste Mann, den sie je gesehen hatte. Gesegnet mit den exotischen Genen seines argentinischen Vaters und der spektakulären Schönheit seiner englischen Mutter, gehörte Matias zu den Menschen, nach denen andere sich auf der Straße umdrehten.

Sie hatte sich ihre jugendliche Schwärmerei längst verziehen. Doch auch jetzt konnte sie den Blick nur schwer abwenden.

Sein Gesicht war von makelloser Schönheit, doch die dunkle Haut und das pechschwarze Haar, das er immer ein wenig zu lang trug, machten diese Schönheit zu etwas Einzigartigem, das ihn von der Masse abhob.

„Ich bin tatsächlich hier, um mit dir über deine Mutter zu reden“, unterbrach Georgina die gedehnte Stille. „Aber kann ich mich kurz sammeln? Die lange Fahrt war anstrengend.“

„Es ist sieben Uhr. Hast du schon gegessen?“

„Ich hatte im Zug ein paar Sandwiches.“

„Lass uns essen gehen. Ich lade dich ein.“

„Ich bezweifle, dass ich richtig angezogen bin für die Art Restaurant, die du frequentierst“, erwiderte Georgina trocken.

„Woher willst du wissen, welche Art Restaurant ich frequentiere?“

Doch er lächelte süß, und sie erinnerte sich daran, dass es trotz ihrer unüberwindlichen Differenzen noch immer Zeiten gab, in denen sie auf einer Wellenlänge lagen. Wahrscheinlich, weil sie sich schon so lange kannten.

„Weil ich schlau bin.“ Ihr war heiß. „Danke. Das ist zwar sehr nett von dir. Aber … nein, danke. Warum zeigst du mir nicht lieber dein Haus?“

Georginas Plan war etwas überstürzt entstanden, aus einem Impuls heraus, ohne dass sie Zeit gehabt hatte, über die Einzelheiten nachzudenken. Vor allem über die Schattenseiten. Und als sie endlich dazu kam, war es schon zu spät gewesen, alles zurückzunehmen.

Und aus diesem Grund dachte Rose Silva nun, dass ihr Sohn endlich zur Ruhe kam. Wahrscheinlich nicht mit der Frau seiner eigenen Träume, aber ganz sicher mit der Frau der Träume seiner Mutter. Denn Rose vergötterte Georgina.

Endlich hatte sie wieder etwas, für das es sich zu leben lohnte. Eine zukünftige Schwiegertochter, die sie liebte. Ihr Sohn würde endlich eine Familie gründen und sich nicht mehr mit irgendwelchen Flittchen herumtreiben. Sie würde Enkelkinder haben. Die Welt war wieder in Ordnung.

Innerhalb von fünf Minuten hatte sich Georginas vage Andeutung, eine Beziehung mit Matias zu haben, in eine Tatsache verwandelt. Georgina hatte noch versucht, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, doch Rose Silva schmiedete bereits Hochzeitspläne. Und nun stand sie hier vor ihrem vermeintlich zukünftigen Ehemann, der sie mit seinen traumhaft schönen dunklen Augen skeptisch musterte.

Ihre kleine unbedachte, aber gut gemeinte Notlüge hatte in Windeseile ein Eigenleben entwickelt. Ihre ganze Zukunft war geplant, ehe Georgina auch nur Luft holen konnte – und hier war sie nun.

„Bitte sag Matias nichts“, hatte sie Rose gebeten, entsetzt bei der Vorstellung, dass sie ihn anrufen könnte, um ihm zu gratulieren, während er keine Ahnung hatte, wovon seine Mutter redete. „Wir … äh … wollten es dir gemeinsam sagen, Rose. Nur, dass wir zusammen sind. Wer weiß, wie es weitergeht …“

Während sie noch herumgestottert hatte, war ihr der kalte Schweiß ausgebrochen, und dann war sie Hals über Kopf nach London aufgebrochen. Musste sie als seine neue Freundin nicht zumindest den Grundriss seiner Villa kennen? Ihr war immer noch flau im Magen.

„Du willst mein Haus sehen? Warum?“

„Du bist immer so herablassend, wenn du nach Cornwall kommst … Ich würde gern sehen, was hier so viel toller ist.“

Matias neigte den Kopf und sah sie misstrauisch an. „Wieso habe ich das Gefühl, dass hier etwas vor sich geht, von dem ich nichts weiß?“

„Du musst mich natürlich nicht herumführen, wenn du nicht willst.“

„Nimm dein Glas mit. Vielleicht erzählst du mir, was los ist, wenn du ein bisschen entspannter bist, Georgie.“

„Warum bist du so misstrauisch?“

„Weil ich ein gutes Gespür dafür habe. Außerdem kenne ich dich. Vielleicht sogar besser, als ich je eine andere Frau gekannt habe. Du bist aus einem ganz bestimmten Grund hier. Und wenn meine Mutter mich nicht aus gesundheitlichen Gründen in Cornwall braucht, dann ist es etwas anderes, aber offensichtlich traust du dich nicht, es mir zu sagen. Geht es um Geld?“

Matias blieb abrupt stehen und musterte Georgina mit zusammengekniffenen Augen. Er kam ihr so nahe, dass sie sein teures Rasierwasser riechen konnte. Unwillkürlich wich sie zurück.

„Du denkst, ich bin hier … um dich um Geld zu bitten? Und gleichzeitig behauptest du, mich zu kennen?“

„So abwegig ist das nicht.“ Matias zuckte die Schultern. „Du wärst überrascht, wie viele Leute angekrochen kommen, weil sie etwas wollen.“

„Warum sollte ich dich um Geld bitten wollen, Matias? Ich habe einen Job! Ich bin Food-Fotografin! Nach deinen Maßstäben verdiene ich vielleicht nicht viel, aber es ist mehr als genug, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Warum um alles in der Welt also sollte ich dich um Geld bitten?“

„Keine Ahnung. Wer weiß, in welche finanziellen Schwierigkeiten du dich gebracht haben könntest?“

Georgina funkelte ihn wütend an. Niemand schaffte es, sie so in Rage zu bringen wie Matias Silva. Sie so aus der Reserve zu locken. Ihr so auf die Nerven zu gehen. Er hatte recht. Sie kannten sich – ob es ihr gefiel oder nicht.

Als unbeteiligte Außenstehende hatte sie beobachtet, wie er sich in einen arroganten, abweisenden Teenager verwandelt hatte, nachdem er ein Stipendium für ein Internat in Winchester erhalten hatte. Jedes Interesse an dem Bio-Bauernhof seiner Eltern war von da an vergessen. Der Ehrgeiz war sein steter Begleiter.

Kein Wunder, dass er dachte, der Grund für ihr plötzliches Auftauchen sei Geld. Für Matias war es das Einzige, was zählte. Er war in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, und sein ganzes Leben drehte sich nun darum, diesen vermeintlichen Mangel zu kompensieren.

Kein Wunder, dass sie immer aneinandergerieten, denn sie waren so verschieden wie Tag und Nacht. Sie war streitlustig. Er war kompromisslos. Sie machte sich nichts aus Geld. Bei ihm drehte sich alles darum. Sie liebte Cornwall. Er hatte es nicht erwarten können, dort wegzukommen. Sie bewunderte seine Eltern. Er verachtete sie insgeheim.

„Und? Sei ehrlich, Georgie. Brauchst du Geld?“

Er musterte sie von oben bis unten, den Kopf nachdenklich zur Seite geneigt. Es gab auf der ganzen Welt keinen Mann, der sie je rasender gemacht hatte.

„Hast du über deine Verhältnisse gelebt?“, murmelte er mit geheucheltem Interesse. „Das muss dir nicht unangenehm sein. Oh, warte … Ich kann mir vorstellen, dass es dir unangenehm ist, wenn man den moralischen Zeigefinger bedenkt, den du ständig so demonstrativ vor dir herträgst.“

Georgina knirschte mit den Zähnen und ballte die Hände zu Fäusten. „Ich bin nicht hier, um dich um Geld zu bitten, Matias.“

„Das habe ich mir schon gedacht.“ Er setzte die Führung fort, öffnete Türen, ohne sich die Mühe zu machen zu erklären, welches Zimmer wofür genutzt wurde.

Alles in Weiß. Minimalistisch. Große, teure, abstrakte Kunst an den Wänden. Viel Chrom. Von allem je das Beste, was es für Geld zu kaufen gab. Wieder war sie nicht überrascht. Matias war ein Jahr verfrüht auf die Universität gegangen, hatte Mathe und BWL studiert und direkt im Anschluss bei einer Investmentbank angefangen. Innerhalb von fünf Jahren hatte er seine erste Million gemacht, dann hatte er den Alleinflug gewagt und kaufte nun marode Firmen auf, die er sanierte. Nebenbei hatte er in Immobilien investiert. Bereits mit dreißig Jahren gehörte ihm ein ganzes Imperium und mehr Geld, als er je im Leben würde ausgeben können. Jedes Zimmer, das sie nun sah, zeugte von seinem Reichtum.

Kein Wunder, dass Rose von ihrem einzigen, millionenschweren Kind eingeschüchtert war.

„Er war schon immer so eine Art Genie“, hatte sie Georgina einmal wehmütig anvertraut. „Deshalb hat ihm das einfache Leben hier nie gefallen. Es ist ihm nicht genug.“

„Georgie“, erklärte Matias jetzt, „man muss kein Genie sein, um zu sehen, dass du dich für nichts interessierst, womit man sich verschulden könnte.“

„Was soll das denn heißen?“

„Du siehst nicht aus wie jemand, der über seine Verhältnisse lebt. Wenn du insgeheim eine Schwäche für Designerkleider, schnelle Autos und Schmuck hast, gelingt es dir verdammt gut, das zu verbergen. Außerdem erinnere ich mich noch, dass du mir als Kind dein Sparschwein gezeigt hast. Du warst sehr stolz auf die acht Pfund sechzig, die du im Lauf von sechs Wochen gehortet hattest. Ich kann mir nicht vorstellen, dass aus einer knausrigen Sparerin plötzlich eine extravagante Verschwenderin geworden ist … Willst du die Zimmer oben auch noch sehen?“

Er sah sie an, und sie fragte sich, ob er eigentlich wusste, wie verletzend er sein konnte.

„Oder bist du jetzt entspannt genug, um mir zu sagen, warum du hier bist? Du hast vielleicht Sandwiches im Zug gegessen, aber ich habe Hunger. Ich werde jetzt etwas bestellen. Willst du den Rest des Hauses nun noch sehen?“

„Nein, schon gut.“

Der Gedanke an sein Schlafzimmer war ihr unbehaglich. Zwar verabscheute sie die Lebensweise dieses Mannes, doch obwohl die Zeit ihrer jugendlichen Verliebtheit weit zurück lag, war da immer noch irgendwo ein sehnsüchtiger Funke zurückgeblieben. Gelegentlich erwischte sie sich bei heimlichen Fantasien. Glücklicherweise hatte sie gelernt, sich nicht zu sehr in diesen Tagträumen zu verlieren.

„Gut.“ Er ging zurück in die Küche, um am Telefon etwas zu essen zu bestellen. „Wo wirst du übernachten?“

Sein Blick fiel auf ihren ramponierten, khakifarbenen Rucksack, den sie auf dem Küchenboden abgestellt hatte.

„Im Hotel.“

Matias runzelte die Stirn. „Das ist albern“, wehrte er knapp ab. „Hast du nicht einmal in Erwägung gezogen, hier zu übernachten? Glaubst du, ich weiß nicht zu schätzen, was du für meine Mutter tust und in all den Jahren bereits getan hast? Eine Nacht in meinem Haus ist das Mindeste, was ich dir dafür anbieten kann.“

Georgina errötete. „Eigentlich sollte nicht ich diejenige sein, die etwas für deine Mutter tut …“, murmelte sie nervös.

„Das haben wir doch schon tausendmal durchgekaut. Und du hast mir im Lauf der letzten Jahre bereits jeden nur erdenklichen Vorwurf an den Kopf geworfen. Ich glaube, es ist alles gesagt.“

Sein schlechtes Gewissen meldete sich plötzlich, dabei gab es eigentlich gar keinen Grund, sich schuldig zu fühlen. Nicht den geringsten. Er unterstützte seine Mutter finanziell, sorgte dafür, dass es ihr an nichts fehlte. Es war harte Arbeit, so viel Geld zu verdienen wie er, und ohne sein Geld wäre das Leben für seine Mutter nicht halb so sorgenfrei gewesen. Wenn etwas in ihrem Haus kaputt ging, ersetzte er es und ließ sich das auch etwas kosten. Ihre Küche war inzwischen so luxuriös ausgestattet, dass jeder Sternekoch sich danach die Finger geleckt hätte. Und was den Hof anging …

Der Bio-Hof, den sie nicht aufgeben wollte, brachte nur Kleinstbeträge ein, und ohne seine Hilfe hätte sie ihn auf gar keinen Fall halten können. Matias sorgte dafür, dass alle, die dort arbeiteten, mit ihren Sorgen zu ihm kamen, und kümmerte sich darum, bevor daraus ausgewachsene Probleme wurden.

Und biologische Landwirtschaft bereitete einem ausschließlich Sorgen, wie er inzwischen wusste. Die Ernte neigte dazu, irgendwelchen Insekten zum Opfer zu fallen. Die Hühner waren nach einem kurzen Gastspiel von anderthalb Jahren entweder von den Füchsen gejagt worden oder legten ihre Eier irgendwo, wo sie niemand fand, weshalb sie nie den Weg in die Regale des örtlichen Supermarkts fanden.

Obwohl das immer noch besser war als die Reiki-Behandlungen, der Esel-Gnadenhof, die kreativen Workshops und all die anderen verrückten Ideen, die dem Hof vorangegangen waren, als er noch ein Kind gewesen war.

Schlechtes Gewissen? Nein, es gab keinen Grund für ihn, ein schlechtes Gewissen zu haben. Er und seine Mutter standen sich vielleicht nicht nahe, aber wer hatte schon ein ungetrübtes Verhältnis zu seinen Eltern? Er war ein pflichtbewusster Sohn, und wenn seine Mutter fand, dass er sich nicht genug um sie kümmerte, konnte er damit leben.

Kopfschüttelnd verscheuchte er die unbehaglichen Gedanken und hörte gerade noch, wie Georgina sich entschuldigte.

„Es tut dir leid?“ Er zog die Augenbrauen hoch. „Es tut dir leid, dass du mich kritisierst?“ Er grinste. „Jetzt fange ich wirklich an, mir Sorgen zu machen. Seit wann entschuldigst du dich dafür, mir auf die Nerven zu gehen?“

Er beobachtete sie, während sie, statt einer Antwort, eingehend die Zimmer inspizierte, an denen sie vorher vorbeigegangen waren.

Als er das ausgedehnte Schweigen gerade brechen wollte, klingelte es an der Tür. Matias kam mit Essen von einem Londoner Spitzenrestaurant zurück.

„Ich habe genug für zwei bestellt“, erklärte er, während er alles auf den Tisch stellte und Teller und Besteck holte. Er schenkte ihnen beiden Wein ein und setzte sich ihr gegenüber.

„Die meisten Leute würden beim Chinesen oder beim Inder bestellen“, bemerkte Georgina.

Sie sollte lieber nichts essen. Sie hatte schon Sandwiches gehabt und konnte gut ein paar Pfund weniger vertragen. Doch beim Anblick des Essens – lockerer weißer Reis, Rindfleisch in Wein, Gemüse – lief ihr das Wasser im Mund zusammen.

„Greif zu“, ermunterte Matias sie. „Aber lass noch Platz für das Schokoladenfondant.“

„Mein Lieblingsnachtisch.“

„Ich weiß. Ich erinnere mich noch, wie wir damals in diesem Restaurant am Meer waren, mit meinen Eltern und deiner Familie, und du drei davon bestellt hast. Iss … und erzähl mir endlich, was genau du hier willst. Ich habe keine Lust mehr, noch länger durchs Haus zu laufen.“

„Es geht um deine Mutter, aber nicht direkt um ihre Gesundheit. Wie gesagt, es geht ihr den Umständen entsprechend gut, und ich weiß, du sorgst dafür, dass sie die besten Ärzte bekommt, das beste Krankenhaus, das Beste von allem … Aber zur Gesundheit gehört nicht nur die körperliche Verfassung, sondern auch die seelische. Und deine Mutter ist schon seit einer ganzen Weile niedergeschlagen.“

„Niedergeschlagen?“ Matias runzelte die Stirn. „Warum sollte sie niedergeschlagen sein, wenn sie auf dem Weg der Besserung ist? So klang sie in keiner Weise, als ich zuletzt mit ihr gesprochen habe.“

„Sie will nicht, dass du dir Sorgen machst, Matias“, erklärte Georgina ungeduldig. „Sie redet ständig über die Endlichkeit des Lebens. Und sie wartet schon eine Weile auf irgendwelche Test-Ergebnisse – vielleicht liegt ihr das auf der Seele. Jedenfalls steckt sie in einer psychischen Krise.“

„Test-Ergebnisse? Was für Test-Ergebnisse? Jedenfalls kann das nicht so wichtig sein, sonst hätte der Arzt es mir gegenüber erwähnt. Und Gedanken über die Endlichkeit des Lebens? Sie ist nicht mal Mitte sechzig!“

Er entspannte sich. Wenn es sich lediglich um einen Fall von Hypochondrie handelte, würde ein Gespräch mit dem Arzt sie zur Vernunft bringen. Seine Mutter war auf dem Weg der Besserung. Über das Ende des Lebens konnte sie nachdenken, wenn sie achtzig oder neunzig war.

Zurzeit musste er noch ein paar größere Deals abschließen, aber sobald er damit durch war, würde er nach Cornwall fahren. Vielleicht würde er sogar länger als nur ein Wochenende bleiben. Es könnte funktionieren … Schon vor Jahren hatte er im Haus seiner Mutter den schnellstmöglichen Breitbandanschluss installieren lassen, weil er ohne Internet nicht existieren konnte. Kurzum, er konnte etwas Zeit dort unten verbringen, ohne dass es seine Arbeit einschränkte.

„Sie hat noch dreißig Jahre vor sich“, erklärte er, während ihm auffiel, dass Georgina für jemanden, der eben noch eine Mahlzeit abgelehnt hatte, mächtig zugeschlagen hatte. Niemand konnte Georgina White vorwerfen, dass sie an Appetitlosigkeit litt. Eine erfrischende Abwechslung, ehrlich gesagt.

„Das sieht sie anders.“

„Sie ist aber nicht ihr Arzt. Der macht sich nämlich keine Sorgen um ihre Gesundheit, sonst wüsste ich das. Dafür wird er bezahlt – dass er mich auf dem Laufenden hält. Man muss sie nur davon überzeugen. Wenn sie sich Sorgen macht, dass so etwas noch einmal passieren könnte, werde ich Chivers bitten, ihr alle Gutachten und Scans zu zeigen.“

„Es ist nicht nur das, Matias. Sie hat das Gefühl …“ Georgina seufzte und sah ihn direkt an, was sie sofort bereute, da sie sich kaum wieder von seinem Anblick losreißen konnte. Er sah so wahnsinnig gut aus. „Sie hat das Gefühl, dass sie als Mutter versagt hat. Sie hat das Gefühl, dass zwischen euch eine Kluft ist, die unüberwindlich ist. Alles, was sie sich für dich wünscht, ist eine Familie. Eine Frau und Kinder. Sie sagt, sie habe immer schon Großmutter sein wollen, und dass sie das Gefühl hat, es gebe sonst nichts, worauf sie sich noch freuen könnte. Wenn ich denke, sie ist niedergeschlagen, dann nicht, weil sie glaubt, dass sie in sechs Monaten sterben wird. Sondern weil sie auf ihre Vergangenheit zurückblickt und sich fragt, wo sie inzwischen steht. Ich habe auch schon mit Dr. Chivers gesprochen … Ich hoffe, du hast nichts dagegen.“

„Würde das denn einen Unterschied machen? Du hast ihn ja ohnehin schon kontaktiert.“

Matias’ Miene verfinsterte sich. Da war es wieder, das schlechte Gewissen. Mit doppelter Wucht kam es zurück. Seine Mutter war weder von seinem Lebensstil noch von seinem Geld je beeindruckt gewesen. Genauso wenig wie sein Vater, als er noch lebte. Keiner hatte je etwas gesagt, aber ihr Schweigen sprach Bände.

„Was hat er gesagt?“

„Er sagt, dass er sich unter normalen Umständen keine Sorgen machen würde. Rose ist noch jung. Doch dass wegen ihrer Ängste und des damit verbundenen Stresses ein gewisses Gesundheitsrisiko besteht. Sie hat an allem, womit sie sich sonst beschäftigt hat, das Interesse verloren. Der Hof scheint ihr egal zu sein. Sie geht nicht mehr in den Gärtnerverein. Wie gesagt, sie redet ständig davon, dass sie nichts hat, für das es sich zu leben lohnt.“

Autor

Cathy Williams
<p>Cathy Willams glaubt fest daran, dass man praktisch alles erreichen kann, wenn man nur lang und hart genug dafür arbeitet. Sie selbst ist das beste Beispiel: Bevor sie vor elf Jahren ihre erste Romance schrieb, wusste sie nur wenig über deren Inhalte und fast nichts über die verschiedenen Schreibtechniken. Aber...
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