Adel, Liebe, Hoffnung - 4 royale Liebesromane

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Drei Schwestern nehmen ihr Los selbst in die Hand, um ihre Familie und ihr eigenes Wohlergehen zu schützen, bevor der Stiefbruder ihr Schicksal bestimmt.

ENTSCHEIDUNG FÜR DAS GLÜCK

Als Drilling ist Alice MacAllister noch auf der Suche nach ihrer ganz eigenen Identität. Bei einer zweiwöchigen Hochzeitsfeier trifft sie den adeligen Brent Bardow, der sie zum Lachen bringt und sie vom Fleck weg verführt - raus aus ihrem Schneckenhaus. Kann sie sich in seinen blauen Augen endlich finden? Und selbst wenn nicht, zwei Wochen haben sie zusammen, können sie lachen, lieben und sich nicht um die Zukunft kümmern! Aber als die Zeit ihrer romantischen Zweisamkeit langsam dem Ende zugeht, fragt sich Alice, wie es wäre, die royale Braut dieses wunderbaren Mannes zu sein …

EIN HERZOGTUM FÜR DEINE LIEBE

Sehnlichst wünscht sich das Topmodel Angela, dass aus dem heißen Spiel mit Philippe de Marchal Wirklichkeit wird. Sie soll nur so tun, als ob sie seine Freundin wäre, doch die Küsse des Großherzogs werden immer leidenschaftlicher. Angela will nur noch eins: von Philippe geliebt werden ...

SKANDAL UM PRINZESSIN CECELIA

Cecelias heißes Liebesabenteuer mit Shane hat Folgen: Die Prinzessin erwartet ein Kind - von einem Bürgerlichen, der zudem ihr größter geschäftlicher Konkurrent ist. Um einen Skandal zu vermeiden, gibt es nur eine Lösung: Shane muss schnellstens um Cecelias Hand anhalten ...

DER BODYGUARD UND DIE HERZOGIN

Dieser Auftrag ist der schwerste seiner ganzen Laufbahn: Commander Wade Stevens, Anwalt bei der Navy, muss die Herzogin Lorrania beschützen. Eine Frau mit so viel Power und erotischer Ausstrahlung hat er noch nie getroffen! Sie will Sex - ein verlockendes Angebot: Wie lange kann Wade ihr wiederstehen?


  • Erscheinungstag 01.03.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733735531
  • Seitenanzahl 520
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Joan Elliott Pickart, Tracy Sinclair, Jacqueline Diamond, Mollie Molay

Adel, Liebe, Hoffnung - 4 royale Liebesromane

IMPRESSUM

Entscheidung für das Glück erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
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Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2002 by Joan Elliott Pickart
Originaltitel: „The Royal MacAllister“
erschienen bei: Silhouette Books, Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARA
Band 217 - 2004 by CORA Verlag GmbH, Hamburg
Übersetzung: Elke Herms-Guttzeit

Umschlagsmotive: GettyImages_AnnaPoguliaeva, titoOnz

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733754518

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

Alice „Trip“ MacAllister stand vor dem Fünf-Sterne-Restaurant und führte eine hitzige Debatte mit ihrer ärgsten Widersacherin … mit sich selbst.

Wütend begann sie auf und ab zu laufen. Sie wollte nicht hier sein und an dem großen Essen teilnehmen, bei dem die gesamte Fürstenfamilie der Island of Wilshire zugegen sein würde.

Fürstenfamilie! Es war zum Aus-der-Haut-Fahren! Demnächst würde ihre Cousine Maggie einen waschechten Prinzen heiraten! Maggie hatte Devon Renault am Silvesterabend kennen gelernt, als sie Dienst in der Notaufnahme im Krankenhaus hatte. Für die beiden Unschuldsengel war es mehr oder weniger Liebe auf den ersten Blick gewesen.

Jetzt war Anfang März, und Devons Familie hatte es endlich geschafft, die Reise nach Ventura in Kalifornien anzutreten – der Stadt der oberen Zehntausend, in der auch die MacAllisters lebten.

Unglaublich, dachte Trip und setzte ihren Gang fort. Schon als kleines Mädchen hatte Maggie davon geträumt, eines Tages einen Prinzen zu heiraten. Jedes Mal, wenn sie die Kerzen auf ihrer Geburtstagstorte ausblies, hatte sie es sich gewünscht, und genau das würde sie jetzt tun: Ihren Märchenprinzen heiraten.

Alice freute sich wirklich für Maggie, aber … In sechs Wochen würde die Hochzeit auf der Insel stattfinden. Es würde eine richtige Gala-Veranstaltung geben, wie es sich für eine Fürstenfamilie gehörte. Und sie, Trip MacAllister, hatte ihren Besuch wohl in einem Zustand geistiger Umnachtung zugesagt.

Aber über diesen Albtraum konnte sie später nachdenken. Was sie jetzt nervös machte, war die Tatsache, dass man sie drinnen im Restaurant zum Essen erwartete und sie ziemlich spät dran war.

Sie wollte nicht hier sein. Solange sie sich erinnern konnte, waren ihr Familientreffen zuwider. Sie fühlte sich nie wohl in ihrer Haut, war nervös und zählte im Geiste ständig die Sekunden, bis sie gehen konnte. So war es jedes Mal, wann immer sie vom Riesenclan der MacAllisters umgeben war.

Und zu diesem Dinner gehörte tatsächlich eine Fürstenfamilie! Devons Vater, Fürst Soundso … wie war noch gleich der Name? Fürst Chester hielt es für das Beste, die Verlobte seines Sohnes in entspannter Atmosphäre kennen zu lernen und nicht in dem Tohuwabohu, das während einer Hochzeit herrschte.

Toller Mann, dachte Trip seufzend und unterbrach ihre Wanderung auf dem Bürgersteig. Warum hatte sie sich nicht einfach entschuldigt und abgesagt? Aber nein! Sie hatte nicht nur nicht abgesagt, sondern schlimmer noch: Sie trug ein Kleid, das sie sich von ihrer Schwester Jessica ausgeliehen hatte. Es war superkurz und hauteng. Jessica hatte es ein Slip-Kleid genannt.

Trip kam sich darin wie ein kleines Mädchen vor, das Verkleiden spielte. Das einzige hübsche Kleid, das sie besaß, hatte sie bei Jessicas und Daniels Hochzeit getragen, und sie konnte nicht schon wieder in derselben Aufmachung erscheinen. Der Rest ihrer Garderobe bestand aus Jeans, Shorts und legeren Tops. Und dann besaß sie noch dieses billige pinkfarbene Polyester-Fähnchen, das sie trug, wenn sie im Café bediente.

Trip beschloss, nach Hause zu gehen. Ihren Eltern im Restaurant würde sie die Nachricht zukommen lassen, dass sie unter Grippe oder schrecklichen Kopfschmerzen litt, irgendeine lahme Entschuldigung eben, um von hier zu verschwinden. Genau!

Nein! schoss es ihr im nächsten Augenblick durch den Kopf. Das wäre Maggie gegenüber nicht fair. Und dem Rest der Familie gegenüber auch nicht. Nach Jahren emotionaler und räumlicher Distanz versuchte sie doch gerade, zerrissene Bande wieder neu zu knüpfen. Ein Unterfangen, das ihrer Meinung nach bis jetzt nicht gerade gut lief.

Reiß dich zusammen, sagte sich Trip und schlug sich leicht auf die Wangen. Geh endlich rein, und vergiss nicht zu lächeln.

Sie machte gerade einen Schritt auf die Treppe des Restaurants zu, als ein Mann an ihr vorbeiging, ohne sie zu bemerken. Trip blieb stehen. Nervös nestelte er an seiner Krawatte herum und murmelte etwas vor sich hin. Zwei Schritte von ihr entfernt hielt er inne.

„So ein Unsinn“, hörte sie ihn sagen. „Warum muss sich ein Mann einen Schlips umbinden, wenn er zu einem Dinner geht? Wer hat diese Regeln bloß aufgestellt? Und wer hat diese verdammten Dinger erfunden? Wahrscheinlich eine Frau, die Männer hasst.“ Er schlang ein Ende der Krawatte ums andere, zog es durch und drehte sich etwas zur Seite, als er den Knoten bis zum Hemdkragen hinaufschob. „Na also.“

„Er ist zu locker“, sagte Trip. „Und das eine Ende ist zu lang … und … am besten fangen Sie noch einmal von vorn an.“

„Ach was“, sagte der Mann und riss den Knoten auf. „Für zwei Cent lasse ich die Veranstaltung sausen.“

Trip lachte. „Ich würde es sogar für die Hälfte tun.“

„Wirklich?“ Zum ersten Mal sah der Mann sie an. „Würde es Sie nicht Kopf und Kragen kosten, wenn Sie es täten?“

„Ganz sicher“, sagte Trip und erwiderte sein Lächeln.

Himmel! Der Mann machte zwar einen unglaublich mürrischen Eindruck, sah aber einfach toll aus: Groß, wahrscheinlich über einen Meter achtzig, dichtes, pechschwarzes Haar, ein markantes gebräuntes Gesicht. Seine Augen waren von einem Blau, wie sie es noch nie gesehen hatte. Für die langen, dunklen Wimpern wäre eine Frau zur Mörderin geworden. Er hatte breite Schultern, lange, kräftige Beine, und der dunkle maßgeschneiderte Anzug saß wie angegossen. Absolut fantastisch!

„Ich glaube, ich habe die Sache schon lange genug hinausgeschoben.“ Trip seufzte. „Ich gehe jetzt hinein, entschuldige mich für meine Verspätung und werde lächeln, lächeln, lächeln.“

„Warten Sie!“, sagte der Mann schnell.

„Ich soll warten?“ Trip neigte leicht den Kopf. „Könnten Sie diesen Befehl erläutern, damit ich weiß, was Sie meinen?“

„Wie bitte? Oh, es war kein Befehl, sondern eine Bitte. Könnten Sie mir bei der Krawatte behilflich sein? Danach werde ich wohl auch hineingehen. Ich bin spät dran. Ohne eine Krawatte möchte ich mich dort nicht blicken lassen.“

„Nun, ich …“ Trip zuckte mit den Achseln. „Gut. Warum eigentlich nicht?“

Der Mann trat näher, und Trip ergriff beide Enden der Krawatte. Erschrocken stellte sie fest, dass ihre Hände leicht zitterten. Sie holte tief Luft. Hoffentlich merkte der Mann nicht, dass sie sich beruhigen musste. Dann band sie die Krawatte. Zum Schluss klopfte sie leicht auf den Knoten. Bevor sie die Hände sinken lassen konnte, ergriff der Mann sie.

„Danke.“ Seine Stimme klang rau. „Wirklich. Ich danke Ihnen sehr.“

„Bitte.“ Trip erwiderte seinen Blick. Du lieber Himmel! Ihr stockte der Atem. Die Hitze, die seine Hände ausstrahlten, breitete sich bis in ihre Brüste aus, die sich auf einmal schwer anfühlten. Ihre Brustspitzen begannen zu prickeln.

Himmel hilf! Nun jagte die Hitze durch ihren ganzen Körper, strömte tiefer und verursachte dort ein tiefes Pochen. Diese Augen! Sie waren so blau wie das Meer, voll verlockender Geheimnisse. Trip war wie gelähmt. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Dieser Mann war ein Fremder … gefährlich und wahnsinnig erotisch.

„Ich …“ Trip wollte etwas sagen und bemerkte dann, dass sie nicht genug Luft zum Atmen hatte.

„Sehen Sie“, sagte der Mann, und seine Stimme klang heiser. „Wenn wir jetzt das Restaurant betreten, werden sich unsere Wege trennen, aber ich würde wirklich gern Ihren Namen wissen. Bitte! Ich bin Brent Bardow.“

Brent Bardow? dachte Trip. Wieso kam ihr der Name bekannt vor? Nein, das war nicht möglich. Wenn sie diesem Mann schon einmal begegnet wäre, würde sie sich zweifellos daran erinnern.

„Ich heiße Tr… ich meine, ich bin Alice“, sagte sie, nachdem sie tief Luft geholt hatte. „Alice MacAllister.“

„Sie machen wohl Witze?“ Brent lachte schallend. „Haben Sie bei meinem Namen nicht etwas läuten hören?“

„Ja, schon, aber …“

„Ich bin Devon Renaults Cousin von der Island of Wilshire.“ Brents Lächeln wurde noch breiter. „Schande über Sie, Alice MacAllister. Sie wollen nicht zu der Party gehen, bei der sich unsere Familien kennen lernen sollen.“

Trip entzog sich Brents Griff, trat einen Schritt zurück und stemmte die Hände in die Hüften.

„Schande über mich?“, sagte sie. „Ich muss Sie wohl daran erinnern, dass Sie sich schon für zwei Cent aus dem Staub machen wollten, anstatt dort hineinzugehen.“

„Ich bekenne mich schuldig“, erwiderte Brent. „Offenbar sind wir beide die schwarzen Schafe der Familien, die reichlich spät zu der Feier kommen. Sollen wir uns in den Kampf stürzen? Da sich heute Abend jeder von seiner besten Seite zeigen will, werden wir wohl mit einem blauen Auge davonkommen.“

Trip lachte. „Darauf würde ich mich nicht verlassen.“ Sie machte eine Pause. „Okay, gehen wir Missetäter hinein!“

Der für die private Feier reservierte Speiseraum war riesengroß, doch die dunkle Holztäfelung an den Wänden und das gedämpfte Licht der Kristallleuchter schufen eine behagliche Atmosphäre. Auf der langen Tafel brannten Kerzen. Das edle Porzellan und die Gläser funkelten und blitzten.

Als eine lächelnde Trip mit Brent den Raum betrat, entstand plötzlich Schweigen, und an die vierzig Augenpaare richteten sich auf die beiden.

„Tut mir leid, ich bin spät dran“, sagten Trip und Brent wie aus einem Munde. Sie sahen sich an und fingen an zu lachen.

„Für deine Verspätung gibt es keine Entschuldigung, Brent.“ Mit finsterem Gesicht blickte Byron Bardow auf seinen Sohn.

„Nun, jetzt sind sie doch da“, meinte Jillian MacAllister und sah ihre Tochter nachdenklich an. „Darf man fragen, wo du gewesen bist?“

„Alles meine Schuld“, erwiderte Brent. „Ich hatte ein ernstes Problem.“ Er fuhr mit der Hand über seine Krawatte. „Alice war so freundlich, das Problem zurechtzurücken.“ Er lächelte breit. „Akzeptiert?“

„Die Erklärung ist nicht viel wert“, erwiderte Brents Mutter Charlane lächelnd. „Aber deine Entschuldigungen sind noch nie besonders einfallsreich gewesen, mein Lieber.“ Sie ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. „Das ist unser Sohn Brent.“

„Ich nehme an, die beiden freien Plätze sind für Alice und mich“, sagte Brent und lächelte zufrieden.

„Das sind sie in der Tat“, meldete sich Fürst Chester vom anderen Ende der Tafel zu Wort. „Setzt euch und esst, damit wir gemeinsam weiter feiern können.“

Robert MacAllister, Trips Großvater, hatte den Ehrenplatz am anderen Ende der Tafel eingenommen, gegenüber von Fürst Chester.

„Du siehst heute Abend bezaubernd aus, Alice“, meinte Robert. „Das Kleid ist äußerst vorteilhaft.“

Forrest MacAllister runzelte die Stirn. „Ich glaube, sie hat vergessen, ihr Kleid anzuziehen. Sie trägt einen Slip.“

„Es ist alles in einem, Dad.“ Trip setzte sich auf den freien Stuhl neben ihm. „Es ist Jessicas Schuld. Sie hat mir diesen Slip geliehen, war dann wegen irgendetwas eingeschnappt und wollte mir das dazu passende Kleid nicht geben.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Was soll ich dazu sagen?“

Brent setzte sich auf den Stuhl neben Alice. Im Geiste dankte er demjenigen, der die Sitzordnung für den Abend gemacht hatte, wer immer das war.

„Das stimmt nicht“, wehrte sich Jessica lachend und sah dann ihren Mann Daniel an. „Ist dir jetzt klar, was ich in meiner Kindheit durchgemacht habe? Immer dieselbe alte Leier … alles Jessicas Schuld. Trip hat es vorzüglich verstanden, mich in Schwierigkeiten zu bringen.“

„Amen“, fügte Emily, die dritte der MacAllister-Drillinge hinzu. „Erinnert ihr euch noch an den kleinen Hund, den Trip gefunden hatte und hinter sich nach Hause zerrte? Es war ihr egal, ob er wollte oder nicht. Dann erzählte sie unseren Eltern, dass der räudige Köter hinter mir hergelaufen sei.“

„Mit solchen Geschichten wollen wir erst gar nicht anfangen.“ Robert lachte. „Freut mich, dich kennen zu lernen, Brent. Ich möchte dir meine Familie vorstellen.“

Brent nickte und lächelte, während Robert die Gäste vorstellte.

Trip? dachte er und hörte nur mit halbem Ohr auf die Namen, um sie Gesichtern zuzuordnen. Ihr Großvater hatte sie Alice genannt, aber ihre Schwestern hatten sie mit Trip angesprochen. Merkwürdig. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Spitznamen. Für ihn war sie Alice, denn so hatte sie sich ihm draußen vorgestellt.

Alice, dachte er nachdenklich. Wie Alice im Wunderland, die sich auf eine geheimnisvolle Reise begab.

Doch er wollte nicht, dass diese aufregende Frau verschwand und er sie nie wieder sehen würde. Sie war einfach fantastisch. Groß, schlank, so um die dreißig. Die großen braunen Augen und die Pfirsichhaut bildeten einen eindrucksvollen Kontrast. Trotz der Kurhaarfrisur wirkte das blonde Haar äußerst weiblich.

Und dieses Kleid! Wenn man es überhaupt als solches bezeichnen konnte! Es war hauteng und betonte genau die richtigen Stellen. Wenn Alice sich bewegte, schien es die Farbe zu verändern wie … ja, wie ein herrlicher pastellfarbener Opal.

Es gab noch eine ganze Menge über die bezaubernde Miss MacAllister in Erfahrung zu bringen, und Brent leugnete nicht, dass er sich darauf freute, die verschiedenen Teile des Puzzles zu entdecken.

Die Gespräche am Tisch wurden wieder aufgenommen, und der Geräuschpegel ging nach oben, während sich Trip und Brent auf ihre Salate konzentrierten.

„Du heißt Trip?“, sagte Brent leise zu Alice.

Trip machte eine wegwerfende Handbewegung. „Eine alte Geschichte! Und außerdem ziemlich lang.“

„Sie interessiert mich. Willst du mir nicht deine alte, lange Geschichte erzählen?“

Trip steckte ein Radieschen, das die Form einer Blume hatte, in den Mund und schüttelte den Kopf.

„Ein Geheimnis also. Sehr reizvoll.“ Einen Augenblick lang starrte er vor sich hin, dann sah er Alice wieder an. „Was hältst du von folgender Erklärung? Trip ist ein Spitzname, den man dir gegeben hat, bevor aus dir dieses wunderschöne, anmutige Wesen geworden ist, das du jetzt bist. Das war in einer Phase, in der du dauernd herumgetrippelt und beinahe über deine eigenen Füße gestolpert bist. Richtig?“

„Völlig falsch.“ Trip nahm sich eine Kirschtomate.

„Na schön, dann muss ich mich noch mehr anstrengen, es sei denn, du würdest mich aus meiner misslichen Lage befreien und es mir verraten.“

„Nein. Auf keinen Fall.“

„Wie ist das Essen im Pop In Café, Trip?“, fragte Bobby, ihr Cousin.

Trip zuckte mit den Schultern. „Seit ich in den letzten zwei Monaten dort gearbeitet habe, ist niemand daran gestorben. Das Einzige, was ich selbst probiert habe, ist der hausgemachte Obstkuchen, und der ist köstlich.“

„Vielleicht gucke ich mal rein und probiere den Obstkuchen“, meinte Bobby.

Sehr seltsam, dachte Brent. Alice war Kellnerin in einem Café? An diesem Beruf gab es zwar nichts auszusetzen, aber es war ziemlich harte Arbeit, dachte er besorgt. Trotzdem, das war es nicht allein. Es passte einfach nicht zu dem, was Fürst Chester über die Familie erzählt hatte.

Wenn ihn sein Gedächtnis nicht trog, hatten die MacAllisters recht angesehene Berufe. Sie waren einflussreich und wohlhabend und hatten einen untadeligen Ruf. Sie gehörten verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen an. Der Name MacAllister galt etwas. Sie gehörten zu den oberen Zehntausend und zählten zu den Stützen der Gesellschaft.

Alice war Kellnerin?

Diese aufregende Frau gab Brent immer mehr Rätsel auf, und er freute sich darauf, eines nach dem anderen zu lösen. Sie kam ihm wie ein Paket vor, das in mehrere Lagen Geschenkpapier verpackt war und vorsichtig ausgewickelt werden musste.

Er runzelte leicht die Stirn, als er den Salatteller zur Seite schob und Alice von der Seite ansah.

Ein Rätsel, ein Puzzle, ein Päckchen? Mit seinen fast zweiunddreißig Jahren wurde er richtig poetisch, was überhaupt nicht zu ihm passte.

Vielleicht ging die sexuelle Anziehungskraft, die Alice auf ihn ausübte, auf seine Müdigkeit zurück. Er hatte ihre Hände gehalten, als sie seine Krawatte gebunden und so dicht vor ihm gestanden hatte, dass er von wilder Begierde erfasst wurde, die so heiß und explosiv war, dass er glaubte, in Flammen aufzugehen.

So etwas Knisterndes hatte er noch nie erlebt.

„Brent?“ Trips Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.

„Ja? Was? Wie bitte?“, fragte er.

„Habe ich dich aufgeweckt?“ Trip lächelte. „Der Kellner möchte wissen, ob du mit deinem Salat fertig bist. Ich verstehe zwar, dass es eine weit reichende Entscheidung ist, aber …“

Brent lachte. „Ja, danke, ich habe genug. Die weit reichende Entscheidung, die ich zu treffen habe, war, ob ich dieses Radieschen esse oder es in eine Vase stelle. Eine ziemlich schwierige Frage. Ich gebe einfach auf und lasse den Teller zurückgehen, damit mein müdes Hirn eine Pause bekommt.“

„Okay“, erwiderte Trip. Sie lachte noch, als der Kellner Brents Salatteller wegnahm.

Wunder über Wunder, dachte sie. Wider Erwarten amüsierte sie sich, und es ging ihr gut.

Das lag an Brent Bardow.

Ja, sie mochte ihn.

Aber …

Trip lächelte, als der Kellner einen Teller mit einer gebackenen Kartoffel, die in flüssiger Butter schwamm, servierte. Dazu gab es grüne Bohnen mit Mandelsplittern und eine saftige Scheibe Roastbeef.

Aber sie durfte nicht vergessen, dass Brent es fertig brachte, sie sprachlos zu machen, und dass ihr die Luft wegblieb, wenn er sie aus seinen unglaublich blauen Augen ansah.

Sie musste sich ins Gedächtnis zurückrufen, wie hilflos und durcheinander sie sich gefühlt hatte, als sie plötzlich von heißer Leidenschaft erfasst wurde. Sie hatte das Gefühl gehabt, dass das Feuer in ihrem Innern außer Kontrolle geriet.

Als Allererstes musste sie sich vor Augen führen, dass Brent eine Bedrohung für ihren Seelenfrieden war, wenn sie sich seiner erotischen Ausstrahlung nicht widersetzte. Niemand, wirklich niemand durfte sie von ihren Plänen abbringen.

Sie konnte seine Gesellschaft genießen, solange er in Ventura war, vorausgesetzt, dass er überhaupt Zeit mit ihr verbringen wollte. Doch sie würde ihn auf Abstand halten, sowohl emotional als auch körperlich.

Kein Problem! Sie hatte sich alles genau überlegt.

„Das Essen ist sehr gut.“ Trip nickte energisch mit dem Kopf.

„Woher weißt du das?“, fragte Brent. „Du hast doch noch gar nichts probiert.“

Der Fürst stand auf, und Trip kam um eine Antwort herum.

„Ich möchte einen Augenblick um eure Aufmerksamkeit bitten“, sagte er. „In euren Gläsern ist der neueste und beste Wein aus Wilshire, der Renault-Bardow, den mein Neffe Brent kreiert hat. Devon flog in die Staaten, um den Wein auf den Markt zu bringen, und hat – wie ihr alle wisst – Maggie kennen gelernt. Ich schlage vor, auf die beiden anzustoßen. Mögen sie ein langes, glückliches Leben zusammen führen und mit vielen Kindern gesegnet werden!“ Fürst Chester nahm sein Glas. „Auf Maggie und Devon.“

Alle hoben ihre Gläser und tranken einen Schluck. Man lobte den guten Wein, und der Fürst nahm wieder Platz.

„Du hast diesen Wein kreiert?“, fragte Trip. „Er ist köstlich. Etwas ganz Besonderes. Ich gratuliere dir, Brent.“

„Danke.“ Er stieß mit ihr an. „Es hat mehrere Jahre gedauert, aber schließlich habe ich erreicht, was ich wollte.“

„Offenbar hast du dich auf dein Ziel konzentriert. Auf deinen Traum.“

Brent lachte. „Es war eher so, dass ich davon besessen war, wie ein verrückter Wissenschaftler. Jedes Mal, wenn ich an die vielen Stunden denke, die ich Tag für Tag in die Arbeit gesteckt habe, fühle ich mich ganz erschöpft.“ Er nahm noch einen Schluck. „Aber es war die Sache wert.“

„Herzenswünsche sind immer Opfer wert“, sagte Trip leise.

„Das stimmt. Hast du auch einen Herzenswunsch, Alice?“

„Und ob!“, erwiderte sie forsch-fröhlich und wandte den Blick ab. „Ich möchte den Besitzer vom Pop In Café dazu bringen, dass die Kellnerinnen andere Uniformen tragen dürfen, selbst wenn ich den Mann damit in den Wahnsinn treibe.“

„Tu das! Viel Glück!“

„Vielen Dank.“ Trip nahm die Gabel in die Hand und begann zu essen.

Ist das wirklich alles, was sie sich für die Zukunft wünscht? fragte sich Brent zweifelnd. Hat sie keine geheime, alles verzehrende Leidenschaft?

„Brent“, sagte Charlane Bardow. „Hat dich die Fluggesellschaft wegen des Rückflugs angerufen? Du wolltest doch morgen zurückfliegen.“

Trips Kopf fuhr in die Höhe. Sie starrte Brent an.

Er wollte Ventura verlassen? Morgen? Dabei war er doch gerade erst angekommen und …

„Nein“, erwiderte Brent. „Sie sollten mich anrufen, wenn in letzter Minute ein Platz frei wird, aber …“ Er drehte den Kopf und lächelte Alice an, bevor er sich wieder seiner Mutter zuwandte. „Es war wohl ein bisschen vorschnell von mir, als ich sagte, ich würde nur eine Nacht bleiben.“

„Oh!“, kam es unisono von Charlane und Byron Bardow, Jillian und Forrest MacAllister, wobei ihre Blicke zwischen Trip und Brent hin und her gingen.

Trip spürte, dass sich ihre Wangen vor Verlegenheit röteten. Sie wusste sich keinen anderen Rat, als ihr Glas auszutrinken.

„Nun, ich …“ Brent räusperte sich. „Als Onkel Chester mit dem Renault-Bardow-Wein auf Maggie und Devon anstieß, wurde mir klar, dass ich eine kleine Pause verdient habe. Ich werde Peter anrufen und ihm sagen, dass er mich vertreten soll. Er ist ein toller Vorarbeiter, und er kann mich jederzeit anrufen, falls es ein Problem in den Weinbergen gibt …“

„Du redest zu viel, mein Lieber“, sagte Charlane. „Wir sind begeistert, dass du noch bleibst. Wenn ich daran denke, dass ich heiße Tränen vergießen musste, damit du überhaupt kommst … Du hast dir eine Erholungspause und ein bisschen Vergnügen verdient.“

„Genau“, sagte Brent und schnitt sein Fleisch. „Genug zu diesem Thema.“

Jillian und Forrest, Charlane und Brent tauschten ein Lächeln und viel sagende Blicke aus, schwiegen aber wohlweislich. Die Lautstärke im Raum nahm wieder zu, während sich jeder dem köstlichen Essen widmete und die Gespräche fortgesetzt wurden.

„Du wolltest gar nicht nach Ventura kommen?“, fragte Trip.

„Nein.“

„Warum nicht?“

„Ich zitiere Sie, Miss MacAllister. Das ist eine alte, ziemlich lange Geschichte. In diesem Augenblick geht mir etwas viel Wichtigeres durch den Kopf.“

„Nämlich?“

Brent lächelte. „Würdest du mir bitte das Salz reichen?“

2. KAPITEL

Während der Nachtisch – Himbeeren in heißer Vanillesauce – serviert wurde, staunte Trip darüber, wie gut sich die Fürstenfamilie und der MacAllister-Clan verstanden. Es kam ihr vor, als würden sie sich bereits seit Jahren und nicht erst seit ein paar Stunden kennen.

Es war nicht nur wegen Brent. Kein Zweifel: Maggie heiratete in eine wunderbare Familie.

Während der Gespräche bei Tisch wurde klar, dass die Besucher zwei Wochen in Ventura bleiben würden. Dann würden Maggie und ihre Eltern mit den Renaults und Bardows zurückfliegen, um die Fürstenhochzeit vorzubereiten. Die anderen MacAllisters würden einen Monat später auf die Insel fliegen.

Zwei Wochen, dachte Trip und warf einen flüchtigen Blick auf Brent. Von der Aufmerksamkeit her zu urteilen, die er ihr schon den ganzen Abend widmete, hatte Brent vor, sie öfter zu sehen, solange er in der Stadt war.

Zwei Wochen! Damit konnte sie umgehen. Wenn Brent sie wirklich begehrte, würde sie es schaffen, seine Gesellschaft zu genießen, ohne irgendwelche festen Verpflichtungen einzugehen. Sie würde eine weitere Frau auf der langen Liste von Frauen sein, die seinem guten Aussehen, seinem Charme und seiner sinnlichen Ausstrahlung erlegen waren – ganz zu schweigen von seinen unglaublich blauen Augen.

Und wir würden beide unseren Spaß haben, dachte Trip selbstsicher und nahm noch einen Löffel von dem köstlichen Dessert.

„Was ist mit dir, Brent? Willst du mitfahren?“, fragte Charlane.

„Nein, danke“, erwiderte er. „Ich war schon ein paar Mal dort, deshalb werde ich diesmal passen.“

Ach du meine Güte, dachte Trip. Sie war so sehr in Gedanken versunken gewesen, dass sie keine Ahnung hatte, worum es ging.

„Hast du vor, mit auf die Abenteuerreise zu gehen?“, fragte Brent.

„Ich … hm … kann nicht. Ich arbeite noch nicht lange genug in dem Café, um mir freizunehmen. Deshalb … nein … ich werde nicht mit nach … nein.“

„Unsere Drillinge waren schon so oft in Disneyland, dass ich es gar nicht mehr zählen kann“, sagte Forrest.

Aha, es geht um Disneyland, dachte Trip. Danke, Dad, dass du das geklärt hast.

„Es gab Jahre“, fuhr Forrest fort, „da steckten die Drillinge die Köpfe zusammen und beschlossen, dass sie zum Geburtstag unbedingt dorthin wollten.“

„Drillinge?“ Brent zog die Augenbrauen in die Höhe und sah dann zu Alice. „Du bist ein Drilling? Das habe ich nicht gewusst.“ Er sah zu Jessica und Emily hinüber. „Ja, klar, jetzt erkenne ich es. Ich habe zwar bemerkt, dass ihr drei euch ähnlich seht, aber … Donnerwetter! Ihr seid sogar eineiige Drillinge.“

„Es ist kaum zu glauben“, sagte Emily. „Denn ich wiege viel mehr als Jessica und Trip. Aber, meine Lieben, nehmt bitte zur Kenntnis, dass ich keinen Nachtisch gegessen und auch keine Sourcream zu meinen Kartoffeln genommen habe. Ich mache ernsthaft eine Diät und habe schon zehn Pfund verloren.“

„Nun, das ist schön für dich, Emily“, sagte Charlane. „Ich hätte auch besser auf die Himbeeren und die Vanillesauce verzichtet. Wahrscheinlich habe ich schon beim bloßen Anblick ein Pfund zugenommen, ganz zu schweigen davon, dass ich das Zeug verschlungen habe.“ Sie seufzte. „Köstlich! Ich habe jeden einzelnen Löffel davon genossen. Schande über mich.“

„Maggie“, wandte sich die Brautmutter Jenny an ihre Tochter. „Hast du Devon fairerweise davor gewarnt, dass es in unserer Familie zahlreiche Zwillinge und Drillinge gibt?“

Devon nickte. „Das hat sie. Wenn wir Babys haben werden … je mehr, desto besser.“

„Das sagst du so einfach, Devon.“ Jillian lachte. „Neun Monate lang habe ich Drillinge mit mir herumgeschleppt. Es ist wirklich kein Vergnügen, das kannst du mir glauben. Ich hatte schon vollkommen vergessen, wie meine Füße aussahen. Grauenhaft.“

„Du warst großartig.“ Forrest gab seiner Frau einen Kuss auf den Mund. „Ich habe vorhergesagt, dass du drei Mädchen bekommen würdest … und siehe da … so war es auch. Damals lag ich bei jeder Baby-Wette richtig. Ich war der Wett-Champion der Familie. Mann, oh Mann, lange Zeit war ich unschlagbar.“ Lachend schüttelte er den Kopf. „Kaum zu glauben, wie viele Jahre seit damals vergangen sind. Aber wir kommen vom Thema ab. Die Frage lautet: Wer will mit nach Disneyland fahren?“

Augenblicklich schien jeder nur noch über die geplante Reise zu sprechen.

„Warst du schon einmal dort, Brent?“, fragte Trip.

Er nickte. „Ja, als ich auf dem College war. Im Gegensatz zu Devon bin ich nicht das erste Mal in den Staaten. Ich habe meinen Abschluss in Landwirtschaft und Weinbau hier gemacht, danach bin ich nach Wilshire zurückgekehrt, wo ich meine Zeit damit verbracht habe, an meinen Trauben herum zu experimentieren.“

„An deinen Trauben herum experimentieren?“, fragte Trip und brach in Lachen aus. „Das ist ein ganz schöner Hightech-Jargon, den Sie hier benutzen, Mr. Bardow.“

„Und Sie, Miss Allister …“ Er senkte die Stimme. „… haben das schönste Lachen, das ich je gehört habe. Ihr Lachen klingt wie ein Glockenspiel im Wind. Es würde den nebligsten Tag mit Sonnenschein erfüllen, und Ihre wunderschönen braunen Augen blitzen vor Freude. Ich … oh ja … mir gefällt der Klang Ihres Lachens.“

„Vielen Dank“, meinte Trip. „Das hat mir noch nie jemand gesagt. Ich glaube, ich habe auch noch nie einen Gedanken daran verschwendet. Lachen ist Lachen.“

„Falsch. Manche Menschen lachen gezwungen, und es wird zur Fassade. Andere wiederum lachen zu laut, weil sie versuchen, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Dein Lachen ist genau richtig.“

„Du bist sehr aufmerksam und … sensibel“, sagte Trip. „Ich bezweifle, dass dir irgendjemand etwas vormachen kann. Du würdest es sofort durchschauen.“

„Darauf würde ich nicht unbedingt setzen“, erwiderte Brent mit ernstem Unterton in der Stimme. „Aber mir gefällt die Vorstellung, dass ich Menschenkenntnis habe. Ich versuche jedenfalls, auch dich zu verstehen, glaub mir.“ Er schwieg. „Also! Was gefällt dir in Disneyland am besten, Alice?“

„Die Bootsfahrt um das kleine Schloss“, erwiderte sie. „Und dir?“

„Die Ohren.“

„Wie bitte?“

Brent lachte. „Am schönsten ist es, eine dieser Mickey-Maus-Mützen zu kaufen und den ganzen Tag mit diesen Riesenohren auf dem Kopf herumzulaufen.“

„Du bist verrückt“, sagte Trip und stimmte in sein Lachen ein. „Du bist lustig und komisch und total verrückt.“

„Das wärst du auch, wenn du dein Leben damit verbringen müsstest, mit Weintrauben zu reden.“

„Aber du liebst deine Arbeit und Wilshire. Stimmt’s?“

„Ja, allerdings.“ Brent nickte. „Wenn du zur Hochzeit kommst, wirst du sehen, wie wunderschön die Insel ist. Wer weiß! Vielleicht willst du nicht mehr weggehen … nie mehr.“

„Ich könnte nicht auf einer Insel leben.“ Trip versuchte den Sprung zu ignorieren, den ihr Herz plötzlich machte.

„Warum nicht?“, fragte Brent stirnrunzelnd.

„Ich weiß nicht das Geringste über Weintrauben.“

„Nun, ich müsste dir nur all das beibringen, was ich über …“ Er sah Alice direkt in die Augen. „… Trauben weiß.“

„Das könnte …“, setzte Trip an, unfähig, den Blick von Brent zu lösen, „… interessant werden.“

Wie von unsichtbaren Fäden gezogen, neigte sich Brent näher zu Alice, wobei sein Blick zu ihren halb geöffneten Lippen wanderte.

Das Räuspern ihres Großvaters ließ Trip zusammenzucken. Sie sah in die Runde und spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg, als jeder am Tisch zu ihnen hinüberstarrte. Sie sah ihren Großvater an, der ihr zuzwinkerte und dann aufstand.

„Es war ein wunderschöner Abend“, sagte er. „Aber für mich und Margaret wird es Zeit, nach Hause zu fahren. Fürst Chester! Als Senior der MacAllister-Familie sei es mir erlaubt zu sagen, welch großes Vergnügen es für mich war, dich und deine Lieben kennen zu lernen. Wir freuen uns, dass ihr eine Weile in Ventura bleiben wollt.“

„Diesen Worten schließe ich mich an“, sagte Forrest und schob seinen Stuhl zurück. „Können wir gehen, Jillian?“ Er stand auf und blickte dann über den Tisch. „Trip, ist dein Auto noch in der Werkstatt? Sollen wir dich nach Hause fahren?“

„Ja, meine alte Klapperkiste ist noch in der Werkstatt. Ich bin mit dem Taxi hergekommen, und so werde ich auch zurückfahren. Dad, ihr müsstet einen kilometerlangen Umweg machen.“

„Das ist kein Problem“, meinte Forrest. „Wir werden dich wohlbehalten nach Hause bringen.“

„Forrest!“ Jillian lachte und stand auf. „Du wirst wieder zum Beschützer-Vater. Für die jungen Leute hier ist die Nacht noch jung. Es könnte gut sein, dass Trip den Abend noch nicht beenden will.“

„Das will sie in der Tat nicht“, sagte Brent schnell und sah dann Alice an. „Oder? Hättest du Lust tanzen zu gehen?“

Trip runzelte die Stirn. „Tanzen? Ach, du meine Güte. Ich habe nicht mehr getanzt, seit ich in der High School war.“

„Es ist wie Rad fahren. Das verlernt man auch nicht. Bist du mutig, Alice?“

„Oh, nun …“ Nein, sie musste sehr früh aufstehen, um ihren hungrigen Gästen im Café das Frühstück zu servieren. „Ja, ich würde gern tanzen gehen, sehr gern.“

„Wer hat Lust mitzukommen?“, fragte Brent und ließ den Blick über die Anwesenden schweifen.

Niemand nahm die Einladung an, jeder hatte eine Entschuldigung.

Brent zuckte mit den Achseln. „Anscheinend sind es nur wir beide, Alice im Wunderland.“

„Musst du morgen früh nicht arbeiten, Trip?“, fragte Forrest.

„Sag Gute Nacht, Forrest.“ Jillian stieß ihrem Mann den Ellbogen in die Rippen. „Es ist immer dasselbe mit dir. Gute Nacht, alle zusammen.“

Forrest seufzte. „Du hast recht. Es tut mir leid. Alte Gewohnheiten lassen sich nur schwer ablegen. Gute Nacht, alle zusammen. Es war ein wunderschöner Abend.“

Alle umarmten sich zum Abschied, und zehn Minuten später saßen Trip und Brent im Taxi, unterwegs zu einem bekannten Nachtclub.

„Jetzt hab ich es“, sagte Brent und schnippte mit den Fingern. „Du nennst dich Trip, weil es dir gefällt, Teil eines Triplets, eines Drillings, zu sein. Stimmt’s?“

„Nicht ganz.“ Trip runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Ich habe es gehasst, ein Drilling zu sein. Die Leute fragten immer, wer ich sei. Als ich acht oder neun war, kündigte ich an, dass die Leute mich Trip nennen sollten, da sie mich ja nicht als Individuum sahen, sondern als Teil eines austauschbaren Sets. Der Name ist geblieben. Alle außer meinem Großvater nennen mich Trip.“

„Aha.“ Brent nickte. „Das Leben als Drilling hatte also auch seine Nachteile?“

„Für mich schon“, erwiderte Trip leise. „Jessica und Emily hat es anscheinend nie etwas ausgemacht, aber … das ist jedenfalls des Rätsels Lösung. Jetzt schuldest du mir auch eine.“

„Eine was?“

„Die Lösung eines Rätsels“, erwiderte Trip. „Warum wolltest du die Reise hierher nicht machen? Und warum wolltest du nur zum Essen bleiben?“

Eine ganze Weile sah Brent aus dem Seitenfenster des Taxis, bis sein Blick wieder zu Alice wanderte.

„Sagen wir so: Ich habe keine besonders schönen Erinnerungen an die Jahre, die ich in den Staaten verbracht habe, und ich hatte keine Lust, sie noch einmal aufleben zu lassen.“ Er machte eine Pause. „Aber seit unserer Begegnung freue ich mich, hier zu sein. Du bist hoffentlich nicht abgeneigt, etwas Zeit mit mir zu verbringen, solange ich hier bin, Alice.“

„Gern, aber ich glaube, das ist keine Antwort auf meine Fragen.“

„Aber fast. Und genau passend. Denn wir sind da. Gleich können wir Rock ‚n‘ Roll tanzen oder Hip-Hop, oder wie immer man das heutzutage nennt.“

„Hm“, sagte Trip geistesabwesend. Brent hatte sich sehr gewunden ausgedrückt und ihr keine genaue Antwort gegeben. Was war passiert, als er das College besucht hatte? Dieser Mann hatte wirklich seine Geheimnisse.

Es war Werktag, und der Club war nicht besonders voll. Trip und Brent konnten sich einen der Tische an der Tanzfläche aussuchen. Eine Kellnerin kam. Sie trug einen kurzen Rock mit Fransen, eine Weste über einem Tube-Top, Stiefel und einen weißen Stetson.

„Wir haben Country & Western-Night“, verkündete sie lächelnd. „Was darf ich euch bringen?“

Trip und Brent bestellten alkoholfreie Getränke.

„Ach, du meine Güte.“ Trip beobachtete die Gäste auf der Tanzfläche. „Sie tanzen diesen Twostepp, oder wie immer das heißt. Da bin ich überfordert.“

Brent zuckte mit den Schultern. „Wir warten einfach, bis sie etwas Langsames spielen, und niemand wird merken, dass wir keine Ahnung haben, wie man dieses Western-Zeug in Reihe tanzt.“ Er machte eine Pause. „Über die Ferien bist du nach Ventura zurückgekommen. Wo hast du vorher gelebt?“

„In San Francisco. Drei Jahre. Und davor? Hier und da und überall.“

„Höre ich da zwischen deinen Worten etwa so etwas wie Fernweh heraus?“, fragte Brent und runzelte leicht die Stirn.

„Nein, eigentlich nicht. Ich bin nach Ventura zurückgekommen, um zu bleiben. Das hoffe ich zumindest.“

Die Kellnerin brachte die Getränke und eilte wieder davon.

„Du hoffst, in Ventura zu bleiben?“, sagte Brent. „Die Entscheidung liegt doch bei dir, oder?“

Trip seufzte und stach mit dem Strohhalm auf die Eiswürfel in ihrem Glas ein.

„Das ist alles ziemlich kompliziert, Brent.“ Sie blickte auf einen Eiswürfel, der auf und ab hüpfte. „Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich lieber nicht darüber reden. Lass es mich so ausdrücken: Ich will herausfinden, ob sich der alte Spruch, dass man nicht nach Hause zurückkehren kann, bewahrheitet oder nicht. So viel zu diesem Thema.“

„Sicher. Okay. Eines ist klar: Du hast eine große Familie. Ich kann mir vorstellen, dass sich alle über deine Rückkehr freuen.“

Achselzuckend fuhr Trip fort, den Eiswürfel hinunterzudrücken.

„Stimmt das nicht?“ Brent beugte sich zu ihr. „Alice?“

Trip sah ihn an. „Brent, bitte, bedräng mich nicht. Ich habe gesagt, dass ich darüber nicht sprechen möchte.“

„Tut mir leid“, sagte er und legte seine Hand auf ihre. „Ich … möchte dich nur besser kennen lernen.“ Er blickte an die Decke. „Oh Mann, ich kann es kaum glauben, dass ich so etwas gesagt habe. Absolut sentimental. Die Sache ist nur die: Es stimmt. Ich möchte wirklich wissen, wer du bist, was in dir vorgeht. Ich … Ich mag dich, Alice.“ Er lächelte.

„Ich mag dich auch, aber … Die Band spielt gerade ein langsames Stück“, sagte sie. „Look at Us. Sieh uns an. Kennst du den Text? Er ist wunderschön.“

„Ich glaube, ich habe das Lied noch nie gehört.“

„Es geht um einen Mann, der sich darüber wundert, wie sehr er seine Frau immer noch liebt, obwohl sie schon so lange zusammen sind. Er findet sie immer noch bildschön. In diesen traurigen Zeiten, wo man heute heiratet und morgen schon wieder geschieden ist, finde ich dieses Lied wirklich schön und bedeutungsvoll. Und romantisch.“

„Dann lass uns tanzen.“

„Gern.“

Trip ging voraus auf die Tanzfläche, dort drehte sie sich um und ließ sich in Brents Arme gleiten. Während sie sich im Takt der Musik bewegten, drückte er sie an sich, nicht zu fest und nicht zu leicht.

Ich tanze mit einem tollen Mann, dachte Trip verträumt. Er fühlte sich so gut an: stark, kräftig und trotzdem sanft. Und er duftete frisch und männlich.

„Ach, Alice! Look at Us. Sieh uns an“, sagte Brent leise.

Trip legte den Kopf in den Nacken, um tief in Brents blaue Augen sehen zu können. Sie lächelte ihn an. Im nächsten Augenblick jedoch schwand ihr Lächeln, als sie sah, wie leidenschaftliches Begehren das Blau in seinen Augen in ein rauchiges Grau verwandelte. Schlagartig spürte sie die Hitze ihres eigenen Verlangens.

Oh ja, sieh uns an. Sie begehrten einander, wollten sich stundenlang der Liebe hingeben. Es schien nichts auszumachen, dass sie sich gerade erst kennen gelernt hatten … in ihnen brannte eine Glut, die mit jedem Herzschlag heftiger wurde.

Das wunderschöne Lied ging zu Ende, und die Band begann mit einem lauten, lebhaften Stück. Während die anderen wild tanzten, blieben Trip und Brent bei ihrem langsamen Rhythmus. Sie vergaßen ihre Umgebung und sahen sich versunken an.

Die Zeit verlor jede Bedeutung.

Ein Lied folgte auf das andere. Selbstvergessen tanzten sie immer weiter.

Als jemand rief: „Letzte Bestellung“, wurden Trip und Brent aus ihrer Versunkenheit gerissen. Sie taumelten leicht, dann blieben sie stehen. Langsam und widerstrebend ließ Brent Alice los.

„Ich …“, setzte Trip an und wandte den Blick ab, um ein paar unsichtbare Falten aus ihrem Kleid zu streichen. „Ich habe gar nicht gemerkt, dass es schon so spät ist … ich … ich muss früh aufstehen und zur Arbeit …“

„Alice“, sagte Brent mit rauer Stimme.

„Ja?“ Langsam hob sie den Kopf und begegnete Brents Blick.

„Zwischen uns beiden geschieht etwas total Erschreckendes.“

Trips Augen weiteten sich. „Total erschreckend? Es ist gefährlich und … wunderschön.“

Brent runzelte die Stirn. „Komm, wir gehen an den Tisch zurück. Dort können wir in Ruhe reden, bevor die Kneipe zumacht.“

Als sie wieder Platz genommen hatten, lächelte Trip Brent an.

„Okay“, sagte er. „Du bist dran. Was ist so total erschreckend und wunderschön zugleich?“

„Dass wir uns auf derselben Wellenlänge befinden. Wir spüren dieselbe unglaubliche Anziehungskraft. So etwas habe ich noch nie erlebt. Aber da wir beide wissen, dass es auch erschreckend ist, gefährlich und manchmal bedrohlich, können wir gemeinsam entscheiden, wie wir damit umgehen wollen, und zwar so, dass keiner von uns verletzt wird. Es ist eine vorübergehende Sache und …“

„Moment“, sagte Brent und hob die Hand. „Ich weiß, was du meinst, aber eines möchte ich klarstellen. Zwischen uns besteht mehr als sexuelle Anziehungskraft. Bei uns sind Gefühle im Spiel. Wir sind an dem anderen interessiert, wollen wissen, wer er ist, wie wir empfinden und … verstehst du mich? Kannst du mir folgen?“

Trip nickte bedächtig. „Ja, so weit kann ich dir folgen. Aber es kann doch nicht erschreckend sein, wenn wir beide darum wissen. Und …“ Sie machte eine kurze Pause, ehe sie weitersprach. „… wir wissen, dass du nur zwei Wochen in Ventura bist. Ich werde zur Hochzeit nach Wilshire kommen und dann … dann wird es vorbei sein. Das sind die Fakten, Brent. Und keiner von uns wird verletzt sein oder mit gebrochenem Herzen zurückbleiben, weil wir diesen Fakten offen ins Auge blicken.“

Brent starrte in die Luft. „Aha!“

„Mehr fällt dir dazu nicht ein?“, fragte Trip. „Ich habe gerade die längste Rede meines Lebens gehalten, und das ist alles, was du dazu zu sagen hast?“

„Ich verarbeite gerade deine Ausführungen“, erwiderte er und sah sie wieder an. „Ich stehe unter Jetlag, erinnerst du dich? Mein Verstand arbeitet nicht auf vollen Touren.“ Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Also, ich fasse zusammen, was du gesagt hast … egal, welche Entscheidung wir treffen, wir verhalten uns wie erwachsene Menschen … wir gehen kein Risiko ein, weil wir diese Sache bis ins Kleinste ausdiskutieren.“

„Was passt dir daran nicht? Und sprich nicht von erwachsenen Menschen, das geht mir auf die Nerven.“

Brent lachte und beugte sich wieder vor. „Ich bin ein erwachsener Mensch, der im Augenblick ziemlich durcheinander ist.“ Er machte eine Pause. „Im Ernst, ich verstehe, was du meinst. Es klingt ein bisschen distanziert, ein bisschen klinisch, aber es hat etwas für sich.“

„Natürlich.“

„Schluss für heute!“, rief der Barkeeper.

Brent stand auf und reichte Alice die Hand. „Wir sind schon weg.“

Trip gab ihm die Hand, ließ sich hochziehen, und Brent drückte sie an sich.

„Willst du morgen Abend mit mir essen gehen?“ Brent warf einen Blick auf seine Uhr. „Nun, eigentlich ist es schon morgen, aber … so um sieben?“

„Ich … ja, gern. Wenn du im Taxi auf mich wartest, werde ich um sieben in der Lobby sein.“

Brent nickte, dann verließen sie zusammen mit den anderen Gästen den Nachtclub. Draußen bildete sich eine Schlange vor den Taxis. Als sie an der Reihe waren, streckte Brent die Hand nach dem Griff an der hinteren Tür aus, dann zögerte er.

„Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte Trip.

„Dieser Wagen hat getönte Scheiben, die fast wie Spiegel wirken.“

„Gut. Mach die Tür auf. Ich friere in meinem Slip.“

„Sofort.“ Brent schlang einen Arm um Trip und zog sie an sich. Mit geneigtem Kopf deutete er auf ihr Spiegelbild in der Scheibe. „Look at Us. Sieh uns an, Alice im Wunderland.“

3. KAPITEL

Gähnend hängte Trip am nächsten Morgen ihren Pulli an den Haken in der Küche des Pop In Cafés. Sie ließ die Hand auf dem Pulli liegen, und mit geistesabwesendem Blick formten ihre Lippen die heitere Melodie des Songs „Look at Us“, die ihr durch den Sinn ging.

Die letzte Nacht war einfach … himmlisch gewesen.

Mit Brent zu tanzen war so großartig gewesen, dass sie kaum beschreiben konnte, wie sehr sie sich als Frau geliebt und begehrt gefühlt hatte, als sie in seinen Armen lag. Beide waren sie von einem sinnlichen Taumel erfasst und eingehüllt worden, wie sie es nie zuvor erlebt hatte.

Den letzten Rest an Willenskraft hatte sie mobilisieren müssen, um bei ihrer Entscheidung zu bleiben, dass Brent nicht aus dem Taxi stieg, als es vor ihrem Haus hielt. Sie hatte gemurmelt, sie müsse früh aufstehen, und ihr könne wirklich nichts passieren, wenn sie allein ins Haus ging. Und drinnen gab es ja einen Pförtner. Also vielen Dank, Brent, für den wunderschönen Abend und …

Und dann hatte er sie geküsst.

Trip seufzte.

Dieser Kuss war unvorstellbar schön gewesen. Brent hatte die Hand in ihren Nacken gelegt, den Kopf gesenkt und die Lippen fordernd auf ihren Mund gepresst … im Taxi, wo jeder sie hätte sehen können! Oh! Dieser Kuss! Ein Hitzestrom hatte ihren Körper mit solcher Intensität durchflutet, dass sie wirklich geglaubt hatte, dahinzuschmelzen.

Dieser Kuss hatte ihr Verlangen so sehr gesteigert, dass sie deutlich vor sich gesehen hatte, wie sie und Brent sich die ganze Nacht hindurch liebten. Irgendwie war es ihr dann doch gelungen, das Taxi zu verlassen und ins Haus zu fliehen.

Was für ein Kuss …

„Verabschiede dich von deinem Pulli, Alice“, sagte eine Stimme. „Auf dich warten hungrige Gäste.“

Trip zuckte zusammen und kehrte in die trostlose Wirklichkeit des kleinen, schäbigen Cafés zurück. Hastig nahm sie die Hand von dem blöden Pulli.

„Hallo, Hilda“, sagte sie zu der rundlichen Frau in den Vierzigern, die die gleiche pinkfarbene Uniform trug wie sie. „Ich glaube, ich habe geträumt. Tut mir leid.“

Hilda lachte. „Du hast dich an den Pulli wie an eine Schmusedecke geklammert.“

Trip lächelte. „Ich bin noch müde. Warum gibt es in diesem Laden schon um sechs Uhr Frühstück?“

„Weil die Gäste um diese Zeit Hunger haben“, gab ein Mann zur Antwort, der auf einem Grill Speck wendete. „Sind die Damen bereit, sich das große Geld auch zu verdienen, das ich ihnen zahle?“

„Dass ich nicht lache“, erwiderte Hilda. „Du redest einen ziemlichen Mist, Poppy. Wir machen das aus Liebe zur Sache, und ganz bestimmt nicht wegen des Geldes, du alter Geizkragen!“

„Ich gehe ja schon“, sagte Trip schnell. Sie eilte durch den Raum und stieß die Schwingtüren zum Café auf. Dann flitzte sie um die Theke, wo ein paar Männer auf roten Lederhockern saßen, und eilte zu den Nischen, in denen sie bediente. Plötzlich blieb sie so abrupt stehen, dass sie taumelte. Erstaunt riss sie die Augen auf.

„Brent?“, flüsterte sie, während sie langsam auf ihn zuging. Vor der Nische, in der er saß, blieb sie stehen. „Was … was machst du denn hier?“

„Ich möchte frühstücken.“

„Hier?“, fragte Trip ungläubig.

„Warum nicht?“ Er zuckte mit den Schultern und nahm die in einer Plastikhülle steckende Speisekarte aus dem Serviettenständer. „Was kannst du empfehlen?“

„Ich habe keine Ahnung.“ Sie starrte ihn immer noch an. „Ich habe bisher nur den Obstkuchen probiert. Ich … du willst also wirklich … hier frühstücken?“

„Was ich wirklich will, ist …“ Er sah sie an. „… dir Guten Morgen sagen, dich ansehen, dein Lachen hören, dich wieder küssen.“

„Pst.“ Unruhig blickte Trip umher. „Was ist mit dem Frühstück? Kaffee?“

Brent nickte. „Und Nummer drei, mit Eiern auf beiden Seiten gebacken.“

„In Ordnung.“ Trip wandte sich um und stürmte davon.

Alice ist aufgeregt, dachte Brent, als er ihr nachblickte. In diesem schäbigen Café hatte sie ihn wohl am allerwenigsten erwartet.

Aber er hatte einfach nicht bis zum Abend warten wollen. Ihr Bild vor Augen, hatte er sich die restlichen Stunden der Nacht in seinem Hotelbett unruhig hin und her gewälzt. Die Erinnerung an diesen Kuss hatte ihn einfach nicht zur Ruhe kommen lassen.

Brent rutschte auf seinem Sitz hin und her, als die Hitze schon wieder durch seinen Körper schoss. Als er aufblickte, sah er Alice mit der Kaffeekanne und einem Becher kommen, den sie mit einem lauten Knall auf den Tisch stellte. Dann schenkte sie ihm Kaffee ein.

„Ich dachte, du würdest ausschlafen. Du hattest doch noch unter dem Jetlag zu leiden, wir waren lange aus … es wäre besser gewesen auszuschlafen, anstatt im Morgengrauen aufzustehen und …“

„Alice“, sagte Brent.

„… und zum Frühstück hierher zu kommen. Im Hotel hätte man dir das Frühstück ans Bett gebracht, nehme ich an. Und du hättest dich ausruhen können, weil …“

„Alice!“ Brent griff nach einer Hand voll Servietten in dem Ständer. „Der Kaffee läuft über.“

„Oh!“, rief sie aus. „Tut mir leid. Ich habe nicht aufgepasst und … ich werde dir einen sauberen Becher holen und den Tisch abwischen und …“

„Bringt es dich durcheinander, dass ich hier bin?“ Brent hob die Augenbrauen.

„Natürlich! Was glaubst du denn? Schließlich frühstücken Mitglieder der Fürstenfamilie normalerweise nicht in diesem Loch. Ich dachte gerade an dich, und da bist du plötzlich hier. Und es sieht ja fast so aus, als hätte ich dich mit meinen Gedanken an den Kuss und den Tanz zu unserem Lied hierher beschworen.“ Sie schlug sich mit der freien Hand an die Stirn. „Unglaublich, dass ich so etwas sage.“ Sie seufzte. „Okay, es ist mir total peinlich. Ich hole jetzt das Frühstück Nummer drei und hoffe, es schmeckt fürchterlich.“

Unser Lied? He, das gefällt mir. Es ist ein bisschen sentimental, aber … es gefällt mir wirklich. Wir haben unser ganz besonderes Lied. Ich bin begeistert, dass du an mich und den Tanz und den Kuss gedacht hast. Noch am Morgen danach sind wir auf derselben Wellenlänge.“

„Heute ist nicht der Morgen danach“, flüsterte Trip und beugte sich zu ihm hinunter. „Es klingt so, als wenn wir … ich meine … du weißt schon.“

„Alice“, ertönte Poppys Stimme aus der Durchreiche zur Küche. „Nummer drei, oder?“

Trip blickte Brent an, wirbelte herum und schritt davon. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als sie sein heiseres Lachen im Hintergrund hörte.

„Wer ist dieser tolle Typ?“, fragte Hilda, als Trip Brents Frühstückstablett von der Anrichte nahm.

„Ein Mitglied der Fürstenfamilie von der Island of Wilshire. Er ist der Cousin des Prinzen, des Thronerben.“

„Aha, ich verstehe.“ Hilda lachte. „Darf ich Madonna sein? Nein, halt. Lieber Julia Roberts. Sie hat doch diesen süßen Kerl gekriegt, wie hieß der noch gleich? Wer bist du denn heute Morgen?“

„Ich? Ach, was soll’s? Ich bin Alice im Wunderland.“

Stunden später, nach einem entspannenden Schläfchen und einem langen, genüsslichen Schaumbad strich Trip über den roten Pulli, den sie zu ihrer marineblauen Hose trug.

Am Morgen im Café hatte Brent gesagt, er habe Appetit auf eine gute, alte amerikanische Pizza, und sie hatten ausgemacht, zum Abendessen in eine Pizzeria zu gehen.

Trip trat hinter den dekorativen Raumteilern hervor, die den Schlafraum von dem übrigen Loft abtrennten. Sie hielt inne und ließ den Blick über die große Wohnfläche wandern.

Ein Frösteln überlief sie, und sie verschränkte die Arme vor der Brust.

Nein, stellte sie fest. Wenn sie auf ihre innere Stimme hörte, dann war sie noch nicht bereit, jemanden aus ihrer Familie hier zu empfangen. Und ganz sicher hatte sie nicht vor, Brent Bardow in ihr Heiligtum einzuladen.

Trip sank auf das weiche Sofa. Seufzend legte sie den Kopf auf die Lehne und starrte an die Decke.

Aber welche Entschuldigungen kann ich Brent geben, um mich von ihm in der Eingangshalle zu verabschieden? dachte sie.

Wie oft würde sie sich danach sehnen, einen Abend damit ausklingen zu lassen, seine Lippen auf ihrem Mund zu spüren? Sich einzig und allein diesem Kuss hinzugeben? Kein einziges Mal mehr! Sie begehrte Brent. Sie wollte eine Nacht mit ihm verbringen, ihn in den Armen halten, ihn küssen, berühren, streicheln.

„Du lüsternes Weib, Trip MacAllister.“ Sie hob den Kopf von der Sofalehne.

Doch es war ihr vollkommen gleichgültig, wie schamlos ihre Leidenschaft für Brent war und wie wenig sie zu ihrem Charakter passte. Sie war wirklich und gab ihr das Gefühl, lebendig zu sein und als Frau begehrt zu werden.

Ihre Zeit mit Brent war knapp bemessen, nur geborgt. Auf dem Kalender stand das Datum, an dem Brent nach Hause zurückkehren würde. Auch wenn sie einen Monat später auf die Insel fliegen würde – ihr Aufenthalt würde nur kurz sein –, und vielleicht wäre es sogar unmöglich, Zeit für sich zu haben.

Noch nie bin ich in einer solchen Situation gewesen, dachte Trip. Noch nie in ihrem Leben hatte es eine Beziehung gegeben, die deshalb beendet wurde, weil der eine Partner ans andere Ende der Welt flog.

In den wenigen – sehr wenigen – Beziehungen in den vergangenen Jahren war normalerweise sie diejenige gewesen, die der Sache ein Ende machte, wenn es ernst wurde und sie sich bedrängt gefühlt hatte, weil jemand mehr von ihr wollte, als sie geben konnte.

An dieser … Beziehung mit Brent – wenn man es denn so nennen wollte – ist überhaupt nichts normal, dachte Trip, als sie vom Sofa aufstand.

„Nun gut“, sagte sie und legte die Hände auf die Hüften. „Ich möchte mit Brent ins Bett gehen, aber ich kann ihn nicht zu mir nach Hause einladen. Und unten in der Halle sollte diese Begegnung erst recht nicht stattfinden.“

Aber … sie war doch überhaupt nicht dazu bereit, ihn durch diese Tür hereinzulassen und ihn …

Trip warf einen hastigen Blick auf ihre Uhr und reagierte sofort. Sie lief zur Tür, den Flur hinunter bis zur nächsten Wohnung, wo sie laut an die Tür klopfte. Ein gut aussehender Mann Mitte dreißig öffnete.

„Hallo, Trip“, begrüßte er sie. „Was gibt’s?“

„Denny, ich möchte dich um einen großen Gefallen bitten“, sagte sie. „Ich brauche deine Muskeln und ein bisschen Platz in deinem Loft, um ein paar Sachen unterzustellen, und zwar sofort. Ich bin ziemlich in Eile.“

„Darf ich fragen, warum?“

„Nein.“

„Alles klar“, meinte Denny achselzuckend. „Egal was, packen wir’s an.”

„Vielen Dank.“ Trip nahm ihn am Arm und schob ihn vorwärts. „Danke, Denny.“

Wie verabredet wartete Trip im Foyer auf Brent. Als sie ihn aus dem Taxi steigen sah, ging sie nach draußen.

„Ich bin fertig“, sagte sie, als Brent vor ihr stand. „Pizza. Super! Ich sterbe vor Hunger.“

„Nun ja.“ Er runzelte leicht die Stirn. „Ich wäre auch reingekommen und hätte dich in deiner Wohnung abgeholt.“ Er lächelte. „Meine Mutter würde mir eine Moralpredigt über meine Pflichten als Gentleman halten, wenn sie das wüsste.“

„Wir verraten ihr nichts davon“, meinte Trip und erwiderte sein Lächeln. „Deine Mutter gefällt mir. Sie ist lustig …“

„Trip!“, ertönte eine Stimme. Trip und Brent drehten sich um.

Bobby MacAllister kam die Straße entlanggelaufen und blieb vor ihnen stehen, während er nach Luft schnappte.

„Puh, ich bin ziemlich durcheinander“, keuchte er. „Okay, jetzt krieg ich wieder Luft. Hör zu, Trip. Du hast zwar gesagt, dass wir nicht unangemeldet bei dir vorbeikommen sollen, aber das hier ist ein Notfall. Außerdem bist du ja nicht in deiner Wohnung, sondern vor deiner Wohnung. Deshalb …“

„Bobby, was ist los? Wieso ist das ein Notfall?“

„Also! Diane war heute beim Arzt, und der hat gesagt, das Baby könnte jeden Augenblick kommen. Deshalb habe ich für jeden in der Familie, der kein Mobiltelefon hat, ein Handy ausgeliehen, damit ich anrufen kann, wenn das große Ereignis stattfindet.“ Er streckte die Hand aus. „Hier ist eins für dich. Mann, oh Mann, ich bin völlig am Ende.“

Trip nahm das Handy und steckte es in ihre Handtasche. „Eine tolle Idee, Bobby. Ich bin … ganz gerührt, dass du an mich gedacht hast … danke.“

„He, liebe Cousine“, sagte er. „Du bist ein wichtiges Mitglied der Familie. Wir haben dich die ganzen Jahre über vermisst. Diane und ich hoffen, dass du in Ventura bleibst und eine ganz liebevolle Tante wirst, die unser Kind nach Strich und Faden verwöhnt. Niemand ist wegen der Vergangenheit sauer auf dich. Wir leben jetzt. Es zählt nur noch die Gegenwart. Klar?“

„Ja“, erwiderte Trip leise. „Ich habe zwar so meine Schwierigkeiten mit dieser Theorie, aber ich versuche mich anzupassen. Sag Diane, dass ich an sie denke. Ich werde darauf warten, dass das Telefon klingelt … mein Gott, es ist wirklich spannend. Es wird das erste Mal sein, dass ich ins Krankenhaus fahre, weil ein Baby der MacAllisters auf die Welt kommt.“

„Genau. Freut mich, dich wieder zu sehen, Brent. Übrigens bin ich nicht überrascht, dich mit Trip zu treffen. Nach dem gestrigen Abend im Restaurant wird sich keiner aus der Familie wundern … He, ich habe keine Zeit zum Quatschen. Ich muss Telefone verteilen und dann wieder nach Hause. Diane muss mir die Hand halten, damit ich mich einkriege.“

„Bye, bye, Bobby!“, rief Trip ihrem Cousin nach, als der eilig davonlief.

„Wollt ihr vielleicht irgendwohin?“, fragte der Taxifahrer laut.

„Oje“, meinte Trip und glitt auf den Rücksitz des Taxis.

Sie beugte sich vor und gab dem Taxifahrer die Adresse des Restaurants. Brent setzte sich neben sie und zog die Tür zu.

„War Bobby nicht süß? Ich meine, als nervöser Papa in spe.“

„Hm …“

„Bobby hat sich seit Monaten auf die Geburt vorbereiten können, und jetzt benimmt er sich wie ein stammelnder Idiot. Ich finde das wirklich göttlich.“

„Hm …“

„Ich frage mich, ob es ein Junge oder Mädchen wird“, redete Trip weiter. „Mir wäre es gleichgültig, solange das Kind gesund ist … aber ich kann mir nicht vorstellen, verheiratet zu sein und Babys zu bekommen. Insofern ist es gleichgültig. Bobby und Diane haben eine lange Liste von Namen für ihr erstes Kind. Einige waren wirklich seltsam. Ich frage mich, was sie …“

„Alice“, sagte Brent leise.

Trip drehte sich zur Seite und sah Brent fragend an. „Ja?“

„Könnten wir einmal über ein paar Punkte reden, die dein Cousin angesprochen hat?“, bat er. „Zum Beispiel darüber, wieso deine Familie nicht unangemeldet bei dir vorbeikommen soll. Niemand ist dir wegen der Vergangenheit böse. Alle hoffen, dass du in Ventura bleibst, aber offenbar sind sie sich dessen nicht sicher.“ Brent machte eine Pause. „Wenn wir schon einmal bei diesem Thema sind, sollten wir auch darüber reden, wieso du dir nicht vorstellen kannst, verheiratet zu sein und Kinder zu bekommen.“

Trip wurde ärgerlich. Aber ihr Ärger verschwand so schnell, wie er gekommen war. Zurück blieb nur das Gefühl, verletzlich und hilflos zu sein. Ihre Schultern sanken nach vorn, und sie seufzte.

„Ich hatte gehofft, du würdest nicht darauf zurückkommen.“ Sie sah Brent nicht an, während sie am Verschluss ihrer Handtasche herumfummelte. „Ich könnte einfach sagen, dass es dich nichts angeht.“

Brent nickte. „Das könntest du. Aber das würde eine hohe Mauer zwischen uns aufrichten, hinter der du dich versteckst, Alice. Wir würden auf der Stelle damit aufhören, uns näher kennen zu lernen. Das wäre überhaupt nicht gut. Aber letztlich ist es deine Entscheidung, ob du dich mir gegenüber öffnen willst. Zwingen kann ich dich nicht.“

Mit quietschenden Reifen hielt das Taxi an.

Brent half Trip beim Aussteigen. In ihrem Magen spürte sie einen Riesenkloß, und gar keinen Platz mehr für eine Pizza. Zwei Minuten später und Bobby hätte sie verpasst. Dann hätte Brent sein Gequassel nicht gehört. Zu dumm!

In dem Restaurant war es ziemlich voll, aber Trip und Brent fanden eine leere Nische. Sie einigten sich auch auf den Pizza-Belag, und Brent ging los, um zu bestellen. Er kam mit einer Dose Cola zurück, setzte sich Alice gegenüber und füllte die Gläser.

„Auf uns“, sagte er und hob sein Glas. „Sich vertrauen und aufeinander bauen, so lautet meine Devise.“

Trip schlug die Augen nieder.

„In Ordnung.“ Ihre Stimme zitterte leicht. Sie hob ihr Glas und stieß mit Brent an. „Sich vertrauen und aufeinander bauen.“

Sie tranken beide einen Schluck und stellten ihre Gläser zurück auf den Holztisch. Brent lehnte sich zurück, die Arme auf die Lehne der ledernen Sitzbank gebreitet.

Ich muss Brent nichts erzählen, wenn ich nicht will, dachte Trip und runzelte leicht die Stirn, als sich ihre Blicke trafen.

Es gab keinen Grund, sich Brent zu offenbaren.

Allerdings …

Sie wollte es.

Das Bild von der Mauer gefiel ihr nicht. Es gab schon eine Mauer zwischen ihr und ihrer Familie, die nicht einfach niederzureißen war. Sie hatte tatsächlich eine emotionale Distanz zu jedem Menschen aufgebaut, der ihr begegnet war, seit sie von zu Hause weggegangen war. Es gehörte zu ihrer Lebenseinstellung und bedeutete, dass sie sich niemals verlieben, heiraten oder Kinder bekommen würde. Es war zu spät, ihre Persönlichkeit zu ändern.

„Alice?“, sagte Brent leise.

„Ja?“ Sie holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. „Okay. So schwierig ist es auch wieder nicht, Brent. Ich habe dir schon gesagt, dass es mir nicht gefallen hat, eine der MacAllister-Drillinge zu sein, und als Teenager hatte ich eine heftige Protesthaltung.“ Sie machte eine Pause. „Jessica und Emily waren hervorragende Studentinnen, während ich mich so durchmogelte. Sie hatten Unmengen von Freunden. Ich dagegen war eine Einzelgängerin. Sie zogen gern hübsche Kleider an, ich lief in fetzigen Klamotten aus dem Secondhandladen herum. Sie hielten jede Regel ein, die meine Eltern aufgestellt hatten, ich brach sie alle. Ich hielt mich nie an die Ausgehzeiten und kam immer zu spät nach Hause. Ein artiges Kind, nicht wahr?“

Brent zuckte mit der Schulter. „Du hast dir deine Identität aufgebaut.“

„Das kann man wohl sagen. Kurz nach dem High School-Abschluss bin ich von zu Hause weggegangen. Ich habe mich geweigert, das Wort College überhaupt zu erwähnen. Ich doch nicht, die Rebellin! Ich bin nach New York gegangen und … egal. Dort habe ich mehrere Jahre gelebt, dann zog ich nach Colorado und schließlich nach San Francisco. Ich habe meiner Familie nie gesagt, wann ich zu Hause aufkreuzen würde. Von Zeit zu Zeit ließ ich mich dort sehen. Ich … einige liebe Menschen habe ich durch mein Verhalten sehr verletzt.“

„Aber jetzt bist du nach Hause zurückgekehrt.“

Trip nickte. „Es wäre schön, wenn ich endlich den Punkt erreicht hätte, wo ich einsehe, dass das, was ich getan habe, falsch war. Ich habe meine Familie vermisst, und ich möchte gern zum MacAllister-Clan … dazugehören. Aber jetzt ist es vielleicht zu spät.“

Brent beugte sich nach vorn und stützte sich mit den Armen auf den Tisch. „Es fällt mir schwer, das zu glauben, nachdem ich deine Familie kennen gelernt habe. Sie sind herzlich, offen und ehrlich. Ich habe gehört, was Bobby gesagt hat. Niemand gräbt in der Vergangenheit herum.“

„Das mag stimmen, aber in meiner Gegenwart sind sie ziemlich befangen. Sie haben Angst, etwas zu sagen, was mich stören und veranlassen könnte, die Koffer zu packen und wieder zu verschwinden. Es ist auch für mich schwierig, locker zu sein. Seitdem sind so viele Jahre vergangen und … ich weiß nicht. Vielleicht ist es ja auch schwierig.“

„Warum willst du nicht, dass sie bei dir vorbeikommen, wenn sie in der Nähe sind? Spontane Besuche sind doch oft viel angenehmer als feste Verabredungen.“

„Nein“, erwiderte Trip rasch. „Ich bin nicht daran gewöhnt, und schon der Gedanke macht mich nervös. Ich möchte nicht die Tür aufmachen und urplötzlich einem MacAllister begegnen. Nein.“

„Ich verstehe.“ Brent nickte bedächtig. „Zumindest vermute ich es. Okay, lass uns darüber sprechen, warum du nie heiraten und Kinder haben willst.“

„Nach dem, was ich gerade erklärt habe, sollte das klar sein. Wenn ich schon Mühe habe, mich den Menschen anzuschließen, die mich bedingungslos lieben, ist es viel zu spät, meinen Schutzwall völlig abzubauen. In einer Liebesbeziehung oder in einer Ehe ist es nicht möglich, sich dauernd zurückzuziehen und ein gleichwertiger Partner zu sein. Ich wäre einfach nicht fähig, dem anderen genug zu geben und so viel von mir aufs Spiel zu setzen.“

„Aber …“, setzte Brent an und lauschte. „Ah, das ist die Nummer für unsere Pizza. Bin gleich wieder da.“

Trip nickte, und Brent glitt aus der Nische. Er blieb stehen und sah Alice in die Augen.

„Du gibst zu schnell auf“, sagte er. „Ich meine, wenn du behauptest, du könntest dich nicht mehr ändern, um ein gleichwertiger Partner in einer Beziehung zu sein. Du solltest dir mehr zutrauen.“

„Wie meinst du das?“

„Du hast mit mir geredet, Alice. Ich habe dir zugehört und verstanden, was du gesagt hast“, sagte Brent. „Du hast mir deine Geschichte erzählt, und ich interessiere mich für dich. Das sind doch ideale Voraussetzungen.“

4. KAPITEL

Trip fiel ein Stein vom Herzen, als Brent mit der Pizza zurückkehrte und auf einen Bestseller-Roman zu sprechen kam, der verfilmt werden sollte. Sie überlegten gemeinsam, welcher Schauspieler für welchen Charakter geeignet wäre. Dabei waren sie ziemlich albern, und es machte ihnen viel Spaß.

Nachdem sie das Restaurant verlassen hatten, hielten sie an einer Eisdiele, kauften zwei Kugeln in der Waffel und bummelten Eis essend an den Schaufenstern vorbei. Brent fiel auf, dass sie beide das Eis mit der Zungenspitze in die Waffelspitze hineindrückten.

„Das ist in psychologischer Hinsicht wahrscheinlich sehr bedeutsam“, meinte Brent, nachdem er sich den Rest der Waffel in den Mund gesteckt hatte. „Es gewährt tiefe Einblicke in unsere Persönlichkeit. Wir sind wieder einmal auf derselben Wellenlänge. Vielleicht recherchiere ich darüber einmal im Internet.“

„Ach, du liebe Güte!“ Trip lachte. „Emily biss immer die Spitze der Waffel ab und lehnte den Kopf weit zurück, um das Eis wie durch einen Strohhalm zu trinken. Ich würde gern wissen, was die Seelenklempner dazu sagen.“

„Keine Ahnung.“ Brent lächelte. „Aber ich bin sicher, es spielt eine große Rolle für das Kind in Emily. Sie hat einen Sohn, oder? Er saß beim Essen neben ihr. Trevor, wenn ich mich recht erinnere. So um die zwölf, dreizehn. Netter Junge. Ich nehme an, Emily ist geschieden.“

„Nein.“ Trip warf ihre Papierserviette in einen Abfallkorb, an dem sie gerade vorbeigingen. „Emily war nie verheiratet. Sie hat Trevor mit achtzehn bekommen und ihn allein groß gezogen.“

„Keine leichte Aufgabe“, meinte Brent. „Besonders nicht, wenn man so jung ist.“

„Die Familie hat ihr sehr geholfen und war für sie da, als sie jemanden brauchte“, erwiderte Trip. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was zwischen ihr und Mark, Trevors Vater, passiert ist. Während der ganzen High School waren sie zusammen, dann verließ er plötzlich Ventura, ging ans College an die Ostküste und …“ Sie machte eine Pause. „Aber da ich auch wegzog, habe ich nie erfahren, aus welchen Gründen sie sich getrennt haben. Es ergab sich nie eine Gelegenheit, danach zu fragen. Ich weiß allerdings, dass sie ihr Baby Trevor Marc Allister nannte. Anscheinend hat sie Mark nicht übel genommen, dass er weggegangen ist.“

„Interessant.“

Trip nickte und blickte sich um. „Ach, du meine Güte! Wir sind nur noch einen Block von meiner Wohnung entfernt. Es ist gar nicht mehr nötig, ein Taxi zu rufen.“

„Versuchst du mir etwas durch die Blume zu sagen, Alice? Zum Beispiel, dass du vorhast, den Abend jetzt zu beenden?“

Trip blieb stehen und sah Brent an, der die Stirn runzelte.

„Nein“, sagte sie leise. „Ich will den Abend noch nicht beenden, Brent.“ Sie machte eine Pause und seufzte. „Ich bin nicht sehr geschickt und weiß nicht, wie man das Spiel spielt, kenne nicht alle Regeln … Du bringst mich bis an die Tür, dann gibt es wohl eine peinliche Pause, wo ich dir entweder eine gute Nacht wünsche oder dich einlade. Stimmt’s?“

Brent nickte. „So macht man das normalerweise.“

„Und wenn ich dich unter dem Vorwand hereinbitte, einen Kaffee zu trinken, deute ich damit an, dass ich … die Nacht mit dir verbringen möchte. Richtig?“

„Ja. Aber wenn du mich auf eine Tasse Kaffee einlädst, dann akzeptiere ich das ohne Hintergedanken. Es würde mir nicht unbedingt gefallen, aber ich bin ein Gentleman, koste es, was es wolle.“

Trip verschränkte die Arme vor der Brust. „Also liegt die Entscheidung bei mir, wie der Abend endet. Eine ungeheure Verantwortung, Brent, und …“ Sie schüttelte den Kopf.

„He“, sagte er und fasste sie an den Schultern. „Das muss nicht sein, Alice. Bei uns ist alles anders. Zwischen uns beiden geschieht etwas Besonderes. Wir brauchen diesen Unsinn mit der Tasse Kaffee nicht. Wir reden darüber wie …“

„Zwei erwachsene Menschen.“ Trip verdrehte die Augen und blickte zum Himmel. „Ich kann es nicht mehr hören.“

Brent legte den Arm um Alices Schulter, und sie gingen weiter.

Ein paar Minuten gingen sie schweigend nebeneinander her. „Brent?“

„Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.“ Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und seufzte. „Vielleicht, dass ich dich mehr begehre als jede Frau, der ich je begegnet bin? Dass ich mich so sehr nach dir sehne, dass es wehtut? Dass ich mir dauernd vorstelle, mit dir zu schlafen, und ich finde, dass wir den Weg zu deiner Wohnung im Laufschritt zurücklegen sollten, damit ich dich in die Arme schließen kann … mein Gott. Es ist die Wahrheit, aber … bitte, Alice, hilf mir doch!“

Trip blieb stehen und sah Brent erstaunt an. „Ich kann es nicht glauben. Ein Mann von Welt wie du, ein routinierter Herzensbrecher, gibt zu, dass er verwirrt ist.“

„Wie kommst du denn darauf, dass ich ein Herzensbrecher bin, liebe Miss MacAllister? Aber ich bin tatsächlich etwas nervös. Das kommt wohl daher, dass ich noch nie so ein Gespräch geführt habe.“ Er lächelte. „Aber ich habe auch noch nie eine Frau wie dich getroffen. Von daher musst du mir meine Nervosität nachsehen. Okay. Ich habe mich offenbart. Jetzt bist du an der Reihe.“

Einen Moment lang starrte Trip ihn an, dann lächelte sie. Es war ein warmes, herzliches Lächeln, das Lächeln einer Frau, die glücklich war, diesen Mann kennen gelernt zu haben. Sie streckte die Hände aus und umfasste sein Gesicht.

„Ich finde dich einfach umwerfend, Brent Bardow“, sagte sie, immer noch unverwandt lächelnd. „Du stehst mit beiden Beinen fest auf der Erde und hast die Gabe, den Dingen, die unangenehm und schwierig werden könnten, die Schwere zu nehmen. Es wird alles ganz leicht, ohne an Bedeutung zu verlieren.“

„Oh“, erwiderte Brent. „Du hast so weiche Hände. Ich lasse dir drei Jahre Zeit, deine zarten Pfötchen aus meinem Gesicht zu nehmen.“

Entzückt lachte Trip auf.

Wieder hatte Brent es geschafft, dass sie sich richtig jung, unbeschwert und glücklich fühlte. Sie freute sich wahnsinnig, am Leben zu sein.

„Ich möchte die Nacht mit dir verbringen, Brent. Und ich verspreche dir, dass ich es nicht bereuen werde.“ Sie ließ die Hände sinken und rannte los. „Du hast gesagt, wir sollten rennen!“, rief sie. „Du holst mich nicht mehr ein.“

„He!“ Brent spurtete. „Du hast gemogelt, Alice. Das gilt nicht. Du musst sagen: Auf die Plätze, fertig, los!“ Mit seinen langen Beinen hatte Brent sie schnell eingeholt. Zusammen betraten sie das Foyer, fröhlich lachend gingen sie zu den Aufzügen hinüber.

Ein paar Minuten später ließ Brent seinen Blick durch Trips Apartment schweifen. Sie hatte eine kleine Lampe angelassen, die den Raum in ein warmes goldenes Licht tauchte.

„Ein Loft“, sagte er. „Fantastisch! Dein Zuhause gefällt mir, Alice.“ Er schwieg. Wie konnte sie die Miete für diese Wohnung von ihrem Gehalt als Kellnerin bezahlen?

„Danke.“ Ihr Blick ging zu den Trennwänden, die sie auf die andere Seite des Raumes geschoben hatte. „Glücklicherweise habe ich diese Wohnung gefunden, als ich zurückkam. Sie ist genau richtig für … meine Bedürfnisse.“ Sie machte eine Pause. „Willst du etwas trinken? Oh! Ich muss dich doch fragen, ob du eine Tasse Kaffee möchtest.“

„Nein, keinen Kaffee.“ Brent kam auf sie zu. „Ich möchte …“ Er umfasste ihr Gesicht und senkte den Kopf, um mit der Zungenspitze ihre Lippen nachzuzeichnen. „Ich will dich.“

„Und ich will dich“, flüsterte Trip, zitternd vor Verlangen.

Sie trat zurück, und Brent ließ die Hände sinken. Trip führte ihn durch den großen Raum zu dem Doppelbett, auf dem Licht und Schatten ein Streifenmuster bildeten. Dann drehte sie sich zu ihm und umschlang seinen Nacken. Er nahm sie in die Arme und küsste sie leidenschaftlich.

Langsam und widerwillig ließ er von ihr ab, berauscht von ihrem Kuss. Er wollte ihre Brüste an seiner Brust spüren und dabei ihren Duft einatmen, der ihn an Frühlingsblumen erinnerte. Langsam streichelte er ihre Arme und küsste ihre Finger, einen nach dem anderen, bevor er sie losließ.

Trip schlug die Bettdecke zurück, hob den Kopf und sah Brent an. Sein Blick war entrückt. Mit zitternden Händen zogen sie sich aus. Brent murmelte etwas von Zeitverschwendung. Dann standen sie da … nackt … und konnten den Blick nicht voneinander wenden.

„Du bist wunderschön, Alice.“ Brents Stimme klang heiser vor Leidenschaft.

„Du auch“, flüsterte sie atemlos.

Sie legte sich auf das Bett und wartete … eine Ewigkeit, wie es schien … bis Brent ein Plastikpäckchen aus seiner Brieftasche geholt hatte. Auf den Unterarm gestützt, streckte er sich neben ihr aus.

„Alice“, raunte er. „Wir gehen zusammen ins Wunderland.“

Sie küssten und streichelten sich, erforschten und entdeckten die Geheimnisse ihrer Körper, weich und verführerisch weiblich der eine, männlich und hart der andere. Jede Liebkosung, jede Entdeckung grub sich für immer in ihr Gedächtnis und ihre Herzen ein.

Brent verwöhnte Trips Brustspitze mit der Zunge. Stöhnend vor Lust und mit geschlossenen Augen gab sie sich der Leidenschaft hin. Dann liebkoste er die andere Brustspitze auf dieselbe Weise, während Trip mit beiden Händen zärtlich über seinen schweißnassen Rücken strich. Er streichelte ihren flachen Bauch, die schlanken Hüften bis hinunter zu ihrem Bein, und mit den Lippen folgte er dem feurigen Pfad.

„Oh, Brent, bitte.“ Sie stöhnte tief auf. „Ich will … brauche … dich jetzt …“

„Ja“, flüsterte er.

Er streifte sich ein Kondom über, und dann verschmolzen ihre Lippen zu einem Kuss. Mit einem tiefen, kraftvollen Stoß drang er in sie ein, füllte sie aus und liebte sie.

Sie hielt sich an seinen Schultern fest, als er seinen Rhythmus fand, zuerst langsam, dann schneller, härter, hämmernder. Trip passte sich seinen Bewegungen vollkommen an.

Mit jedem Herzschlag trug es sie höher hinauf. Die Hitze der Leidenschaft schien sie zu verbrennen. Wellen der Lust erfassten und überwältigten sie, als sie endlich den Orgasmus, ihr Wunderland, erreichten.

„Brent!“

„Alice! Oh, Alice!“

Ein Kaleidoskop prächtiger Farben blitzte auf. Ein Wirbel riss sie mit und hüllte sie in einen Kokon ein, zu dem niemand sonst Zugang hatte. Hier gab es nur sie. Außer sich vor Entzücken klammerten sie sich aneinander und wussten, dass sie Geborgenheit fanden, solange sie zusammen waren. Ruhig ließen sie sich treiben, bis die letzten erlösenden Schauer verebbten.

Brent fiel auf Alice, gesättigt, befriedigt, bevor er zur Seite rollte. Er presste Trip fest an sich, die Lippen an ihre feuchte Stirn gedrückt.

Trip legte die Hand auf Brents behaarte Brust und spürte, wie sein Herz wieder regelmäßig zu schlagen begann, genau wie ihres. Ihre Körper kühlten ab, und Brent zog die Bettdecke über sie.

Keiner von ihnen sagte etwas.

Sie suchten nach passenden Worten, um die Schönheit und Vollkommenheit dessen auszudrücken, was sie erlebt hatten Doch sie gaben es auf, als ihnen bewusst wurde, dass es keine Beschreibung gab.

„Bleibst du über Nacht?“, fragte Trip leise. „Bei mir?“

„Ich bleibe. Hier möchte ich sein. Bei dir, Alice.“

„Ich möchte dich bei mir haben“, flüsterte sie, schloss die Augen und schlief ein.

Brent wurde vom Geräusch des laufenden Wassers in der Dusche und den warmen Sonnenstrahlen geweckt, die auf seinem Gesicht tanzten. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte an die Decke.

Bei der Erinnerung an die unglaubliche Nacht mit Alice schossen Hitzewellen durch seinen Körper, und er rutschte im Bett hin und her, worauf er sich ermahnte, an etwas anderes zu denken. Alice war eine ganz besondere Frau. Sie war fantastisch. Und kompliziert. Sie hatte die Neigung, sich sofort hinter ihren Schutzwall zurückzuziehen, wenn sie sich unter Druck gesetzt fühlte.

Dazu kam ihre ziemlich unverständliche Meinung, für eine ernsthafte Beziehung ungeeignet zu sein.

Es war ihm nicht klar, warum ihn das störte. Denn schließlich war er im Augenblick doch gar nicht an einer ernsthaften Beziehung interessiert.

Die Badezimmertür ging auf, und Alice trat ein. Sie trug ihre pinkfarbene Uniform. Brent starrte sie an. Sofort stiegen lebhafte Erinnerungen an die vergangene Nacht in ihm auf.

„Guten Morgen“, sagte er.

„Hallo“, begrüßte Trip ihn lächelnd. „Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe, aber um sechs Uhr fange ich mit der Arbeit an. Deshalb sollten wir sehen, dass wir in die Gänge kommen.“

Interessant, dass sie nicht will, dass ich allein in ihrem Apartment bleibe, dachte Brent. Nun gut.

„Ich werde kurz duschen.“ Er schlug die Bettdecke zurück und stand auf.

„Brent, ich wollte nur sagen … ich meine … die Nacht war … danke.“

Brent hob seine Sachen vom Fußboden auf, ging an Alice vorbei und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf den Mund.

„Gleichfalls“, sagte er. „Ich brauche jetzt unbedingt eine Tasse Kaffee. Reicht die Zeit dafür noch?“

„Ja.“

Wieder erwachte ihre Leidenschaft, als sie sah, wie Brent nackt ins Bad ging. Als sich die Tür hinter ihm schloss, schnappte sie nach Luft. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie bei seinem Anblick fast das Atmen vergessen hatte.

„Diese Nacht werde ich nie vergessen. Niemals“, sagte sie träumerisch. Dann besann sie sich. „Jetzt kochst du Kaffee, Trip!“

Sie hatte gerade zwei Becher mit heißem Kaffee gefüllt, als Brent aus dem Bad trat. Sein Haar war noch feucht, und sein Gesicht war mit dunklen Bartstoppeln bedeckt.

„Ich sehe vielleicht nicht gerade akzeptabel aus“, sagte er und fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln am Kinn. „Aber wenigstens bin ich sauber. Ah, Kaffee. Ich stehe für immer in deiner Schuld.“ Er nahm einen Schluck. „Hallo, mein Name ist Brent Bardow, und ich bin gerade aufgewacht.“

Trip lachte. „Du bist wirklich lustig. Ich glaube, seit ich dich kenne, habe ich mehr gelacht als im letzten halben Jahr.“

Brent nahm an dem kleinen Tisch Platz, und Trip setzte sich ihm gegenüber.

„Eigentlich müsste ich dir etwas zum Frühstück anbieten“, meinte sie. „Aber ich habe nichts im Haus. Außerdem ist die Zeit knapp.“

„Dieser Kaffee wird reichen, bis ich im Hotel bin. Können wir uns heute Abend sehen, Alice?“

„Ich … heute Abend habe ich eine Verabredung, Brent.“ Sie fuhr mit der Fingerspitze über den Rand des Bechers.

„Eine Verabredung? Am Abend?“

Trip begegnete seinem Blick. „Ja.“

„In Ordnung“, sagte er. „Was hältst du von folgendem Vorschlag? Ich bleibe in meinem Hotelzimmer, und du kommst dort vorbei, wenn du mit deiner … Verabredung fertig bist. Wir könnten ein spätes Abendessen zu uns nehmen. Wäre das möglich?“

„Das würde mir gefallen.“

„Alle Bardows und MacAllisters wohnen im Excaliber. Ich habe die Zimmernummer 610.“

Trip nickte. Brent trank seinen Kaffee aus und stand auf. „Bin schon weg“, sagte er. „Wir sehen uns dann heute Abend. Bringst du mich zur Tür?“

Dort küsste er Trip so leidenschaftlich, dass ihr die Knie zu zittern begannen.

Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, starrte Trip eine ganze Weile darauf, bevor sie wieder auf den Tisch zuging. Auf halbem Wege blieb sie stehen. Ihr Blick wurde von den Trennwänden gegenüber angezogen.

Geheimnisse, dachte sie, ging darauf zu und trat hinter die Trennwände. Sie hatte immer noch Geheimnisse, nicht nur vor Brent, sondern vor ihrer ganzen Familie. Nun, auch Brent hatte seine Geheimnisse. Noch immer hatte er ihr nicht gesagt, warum er davor zurückschreckte, in die Staaten zurückzukehren, und was in der Vergangenheit geschehen war.

Trip starrte auf das, was hinter den Trennwänden verborgen war: Die Staffelei, Farben, Pinsel und die wenigen gerahmten Bilder, die sie stehen lassen hatte. Die größeren hatte sie zu Denny gebracht.

Hier waren ihre Hoffnungen und ihre Träume verborgen, der Mittelpunkt ihres Lebens.

Und heute Abend hatten sie und die Agentin, die sie sich bei ihrer Rückkehr nach Ventura genommen hatte, einen Termin mit einem renommierten Galeristen. Sie würden über eine exklusive Ausstellung ihrer Werke sprechen. Trip hatte bereits ein paar ihrer Bilder an Stränden und in kleinen Galerien entlang der Küste verkauft. Von diesem Geld konnte sie die Miete für ihr Loft bezahlen. Aber heute Abend würde sie möglicherweise den Durchbruch schaffen.

Mit den Bildern, die sie mit einem großen A in der unteren rechten Ecke signierte. Das A stand für Alice, denn wenn sie malte, war sie nicht mehr die Rebellin Trip, die auf der Suche nach ihrer eigenen Identität war. Wenn sie malte, war sie völlig frei. Dann war sie Alice. Wenn sie malte, stieß sie zu ihrem wahren Selbst vor.

Genau, wie sie es getan hatte, als sie Brent Bardow liebte.

Doch die meiste Zeit über war sie noch Trip. Sie seufzte tief auf und ging langsam zum Tisch. Noch immer war sie dieselbe Trip, die nicht wusste, wie sie die bedingungslose Liebe, die ihr die Familie entgegenbrachte, erwidern sollte, die keine Ahnung hatte, wie sie die Barrieren um sich herum abbauen konnte, um ihr Herz einem Mann zu schenken.

Sie ließ sich auf den Stuhl sinken und starrte auf den Platz gegenüber. Dort hatte Brent gesessen.

Wenn sie mit ihm zusammen war, fühlte sie sich lebendig und frei. Ihre inneren Dämonen waren verschwunden. In Brents Nähe war ihr Lächeln echt, ihr Lachen unbeschwert und frei.

Bei ihm fühlte sie sich schön und begehrt und war sich ihrer Weiblichkeit bewusst.

„Sich vertrauen und aufeinander bauen“, sagte Trip laut.

Brent brachte ihr bei, wie das ging, und das wohlige Gefühl erinnerte sie an eine warme, weiche Decke, in die sie sich einhüllen konnte.

5. KAPITEL

Langsam ging Trip zwischen den vielen Passanten hindurch zum Hotel Excaliber. Vergeblich versuchte sie ihre Gedanken zu ordnen.

Sie hatte das Taxi zwei Häuserblocks entfernt anhalten lassen, in der Hoffnung, dass sie sich nach dem aufregenden Treffen mit ihrer Agentin und dem Galeriebesitzer beruhigen würde, wenn sie die Strecke zum Hotel zu Fuß zurücklegte.

Sie war sogar nach Hause gegangen, um sich Jeans und einen leichten weißen Pulli anzuziehen, bevor sie sich mit Brent traf. Aber auch diese Ablenkung hatte nicht geholfen. Immer wieder ging sie im Geiste jedes Wort durch, das in der Galerie gesprochen worden war.

„Unglaublich“, flüsterte sie.

In weniger als zwei Monaten würde sie in einer der bedeutendsten Galerien in Ventura eine Ausstellung mit geladenen Gästen haben.

Ein Freudenschauer durchrieselte sie, und sie schlang die Arme um sich, um dieses wunderbare Gefühl festzuhalten und jeden kostbaren Moment davon zu genießen.

So viele Jahre hatte sie jeden Cent dreimal umdrehen müssen, um sich die Dinge leisten zu können, die sie für ihre Arbeit brauchte. Endlose Stunden hatte sie allein verbracht, um sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, hatte sich von ihrer Familie zurückgezogen und war auf Abstand zu den Menschen gegangen, die sie kennen gelernt hatte. Endlich hatte sie es geschafft, als Künstlerin anerkannt zu werden.

„Unglaublich“, sagte Trip noch einmal, doch im nächsten Augenblick durchfuhr sie ein Frösteln, und sie runzelte die Stirn.

Ihr Herzenswunsch, ihr Traum ging in Erfüllung, und sie hatte niemanden, mit dem sie diese wunderbare Nachricht teilen konnte.

Seufzend blickte Trip auf ihre Uhr und beschleunigte ihre Schritte, als sie sah, dass es kurz vor neun war.

Sich vertrauen und aufeinander bauen, dachte sie. Brent betonte das immer wieder, aber sie konnte ihm nicht erzählen, was an diesem Abend passiert war. Es war alles noch so neu, und sie fühlte sich so zerbrechlich und war voller Angst, es könnte alles nicht wahr sein.

Trip betrat das Hotel, durchquerte die luxuriös ausgestattete Halle und steuerte auf die Fahrstühle zu. Und traf genau auf Fürst Chester, Charlane und Byron Bardow, Maggie und Devon und Maggies Eltern, die gerade aus dem Restaurant im Erdgeschoss traten.

„Trip“, sagte Maggie. „Was machst du denn hier?“ Sie lächelte wissend. „Eine alberne Frage. Wahrscheinlich triffst du dich mit Brent.“

„Der sich geweigert hat, mit uns zu Abend zu essen“, sagte Charlane freundlich. „Uns hat er erzählt, dass er bereits eine Verabredung hat. Der Lachs war vorzüglich, Liebes, in einer sagenhaften Dillsauce. Das kannst du Brent ausrichten. Er liebt Lachs über alles.“

„Ich werde es ihm ausrichten“, erwiderte Trip. Sie war sich bewusst, dass ihr die Röte ins Gesicht stieg. „Lachs in Dillsauce. In Ordnung.“

„Hat Bobby dich gefunden und dir ein Handy gegeben?“, fragte Maggie. „Mein Bruder dreht noch durch, bis das Kind endlich da ist. So nervös habe ich ihn noch nie erlebt.“

„In den letzten Tagen herrscht allgemeine Nervosität.“ Trip schaffte es zu lächeln. „Ja, ich habe ein Handy und … mein Gott, es ist mir peinlich. Ich meine, weiß der Himmel, was ihr über Brent und mich denkt. Es …“ Sie verstummte und hob abwehrend die Hände.

Fürst Chester lächelte. „Wir nehmen an, dass ihr beide vorhabt, zusammen zu Abend zu essen, meine Liebe. Es ist wirklich nichts Peinliches dabei, mit jemandem, den man mag, Lachs in Dillsauce zu essen. Das kommt ziemlich häufig vor.“

„Oh!“, entfuhr es Trip.

„Trip, ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass Bobby dir das Handy gegeben hat“, warf Maggie ein. „Wenn du nicht angerufen werden willst, sage ich es ihm. Wer weiß, wann das Baby vorhat, auf die Welt zu kommen.“

„Nein, nein, ich möchte unbedingt angerufen werden.“ Hier wurde wieder ein Eiertanz aufgeführt, um Rücksicht auf eine unberechenbare Trip zu nehmen, von der man nicht wusste, ob sie morgen überhaupt noch da war.

„Nun gut, wenn du dir sicher bist“, sagte Maggie.

„Hundertprozentig“, versicherte Trip.

„Wir haben dich lange genug vom Abendessen abgehalten“, sagte Charlane. „Ich kenne meinen Sohn. Er wird zum knurrenden Bären, wenn er Hunger hat. Es war schön, dich zu sehen, Trip. Alice.“

„Ich habe mich auch gefreut, euch zu sehen.“ Trip schob sich an der Gruppe vorbei. „Ich sollte jetzt lieber gehen, damit der Bär nicht noch mehr knurrt. Bye.“

Trip eilte zu den Fahrstühlen und sprach ein stilles Dankgebet, als eine Fahrstuhltür offen stand. Sie trat ein und drückte mit viel mehr Kraft als nötig auf den Knopf für die sechste Etage.

Peinlich, wiederholte sie im Stillen und starrte vor sich hin. Doch eigentlich war sie die Einzige, der das Ganze peinlich gewesen war.

Würde sie jemals in der Lage sein, sich zu entspannen und zwanglos mit ihrer Familie und deren Freunden und Bekannten umzugehen? Allmählich zweifelte sie an sich.

Brent fuhr herum. Er hatte aus dem Fenster gestarrt, als er das zaghafte Klopfen an der Tür zu seiner Suite gehört hatte.

„Alice!“ Er merkte, wie sein Herz schneller schlug. „Sie ist da, endlich!“

Er lief quer durchs Zimmer. Ohne sich die Zeit zu nehmen, durch den Spion zu blicken, riss er die Tür auf.

Und dann stand er nur da und sah sie wie verzaubert an.

Endlich! Der Tag war ihm so lang wie eine Woche vorgekommen. Alice sah unbeschreiblich schön aus, zerbrechlich, weiblich.

Brent holte tief Luft und streckte die Hand aus. Alice ließ sich von ihm ins Zimmer ziehen.

Er schloss die Tür hinter Alice und trat so dicht an sie heran, dass sie gegen die Tür stieß. Dann sah er ihr in die Augen.

Jeder Gedanke in Trips Kopf verflüchtigte sich, und ein Nebel schien sie einzuhüllen, als sie in Brents blaue Augen sah. In ihren Fingerspitzen kribbelte es, so stark war das Bedürfnis, ihn zu berühren. Doch sie hielt sich zurück.

Die Zeit verlor jede Bedeutung, als sie dastanden, regungslos, mit angehaltenem Atem, den Moment erwartend, in dem sich ihre Lippen trafen. Heiß und wild stieg das Verlangen in ihnen auf, und die Luft zwischen ihnen knisterte vor Spannung.

Ganz, ganz langsam senkte Brent den Kopf. Mit den Lippen strich er über Alices Mund. Einmal. Zweimal. Dann fanden sich ihre Lippen zu dem lang ersehnten, stürmischen Kuss.

Ein tiefes Stöhnen kam aus Brents Brust.

Trip stieß einen wimmernden Laut aus.

Brent gab ihre Lippen frei. „Ich habe dich vermisst“, flüsterte er dicht an ihrem Mund, während sich ihre Körper noch nicht berührten. Seine Stimme war rau vor Leidenschaft. „Ich habe den ganzen Tag an dich gedacht. Es ist Wahnsinn, es ist albern, aber es ist die Wahrheit. Ich bin so froh, dass du hier bist, Alice.“

„Hier …“, zitternd holte sie Luft, „… will ich sein, Brent.“

„Einfach toll. Die gleiche Wellenlänge.“

„In der Lobby bin ich … direkt in unsere Familien hineingelaufen“, sagte Trip. „Ich war aufgeregt und nervös, weil ich schon so spät dran war, und es war klar, dass ich zu dir wollte. Aber alle verhielten sich so, als wäre es die natürlichste Sache von der Welt. Deine Mutter empfiehlt dir Lachs zum Abendessen.“

Brent lachte leise, und dieses raue, tiefe Lachen jagte Trip Schauer über den Rücken.

„Lachs in Dillsauce?“, fragte er.

Sie nickte. „Ja. Sie meinte, das Essen sei köstlich und … wenn du mich nicht sofort in die Arme nimmst, werde ich dahinschmelzen … so heiß ist mir …oh!“

Auf Trips verblüfftes „Oh!“, folgte ein Laut der Überraschung, als Brent sie hochhob und quer durch das Wohnzimmer in das dahinter liegende Schlafzimmer trug. Er legte sie auf das Bett und warf sich neben sie, während er die Lippen auf ihren Mund presste. Sie schlang die Arme um seinen Hals, und mit unendlicher Hingabe erwiderte sie seinen Kuss.

Sie ließen nur kurz voneinander ab, um sich auszuziehen. Trip hatte das Gefühl, über ihrem Körper zu schweben. Sie beobachtete, wie Trip sich auszog und langsam in Alice verwandelte. In Alice, die einfach sie selbst sein durfte.

Ihr Verlangen war so stark, dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Es war primitiv und stürmisch, wild und echt. Reine Ekstase. Glühende Leidenschaft. Hitze. Mit jeder Welle wurden sie höher und höher getragen bis zum erlösenden Höhepunkt, wo sie besinnungslos vor Entzücken ihre Namen riefen, in einem Paradies angekommen, wo es nur sie beide gab.

Danach lagen sie still nebeneinander, befriedigt und gesättigt von einer Erfahrung, die sie nie vergessen würden. Ihr Herzschlag beruhigte sich. Langsam kehrten sie in die Wirklichkeit zurück.

„Alice …“, flüsterte Brent, die Lippen noch auf ihre Stirn gepresst. „Du hast mich verzaubert.“

„Das kommt daher, dass ich Alice im Wunderland bin“, sagte sie mit verträumter Stimme. „Ich bin dem weißen Kaninchen gefolgt.“

„Sag dem Kaninchen, es soll sich seine eigene Frau holen. Du gehörst zu mir.“

Trip erstarrte kurz, dann entspannte sie sich wieder. Nichts sollte diesen Augenblick des Glücks trüben.

„Ja, ich gehöre zu dir“, sagte sie und machte eine Pause. „Jetzt. Für die Zeit, in der du hier bist …“

„Pst“, unterbrach Brent sie. „Sprich nicht davon.“

„Du hast recht.“

Eine wundersame, gelöste Stille legte sich über sie, und eine wohlige Schläfrigkeit breitete sich in ihren Gliedern aus. Dann knurrte Brents Magen, und Trip musste lachen.

„Du bist hungrig. Deine Mutter hat mir erzählt, dass du dich in einen knurrenden Bären verwandelst, wenn du nicht regelmäßig gefüttert wirst.“

„Einen knurrenden Bären?“ Brent lächelte. „Wie kann eine Mutter so etwas über ihren kleinen Liebling sagen? Allerdings, es stimmt … ich brauche etwas zu essen. Was hältst du von Lachs in Dillsauce? Ich werde den Zimmerservice anrufen und sagen, dass es dringend ist. Ein Notfall sozusagen.“

„Tu das.“

Eine knappe halbe Stunde später saßen Brent und Trip angezogen am Tisch vor dem Fenster und nahmen gerade die ersten Bissen von dem zarten Lachs.

„Vorzüglich. Deine Mutter ist eine kluge Frau.“

Brent nickte. „Ja, das ist sie. Meistens. Sie wird nur dann ein bisschen seltsam, wenn die Rede auf die Schar von Enkelkindern kommt, die ich ihr bescheren soll. Ich habe ihr geraten, nicht mit angehaltenem Atem darauf zu warten. Daraufhin drohte sie mir aber genau damit, und ihr Tod wäre dann meine Schuld.“

„Möchtest du keine Kinder?“, fragte Trip.

Brent seufzte. „Früher wollte ich alles: Frau, Kinder, Haus. Aber dann …“ Er schüttelte den Kopf.

„Brent, hat das damit zu tun, dass du diese Reise nicht machen wolltest? Den Grund dafür, dass du nicht in die Staaten zurückkommen wolltest, hast du mir noch nicht … anvertraut. Sich vertrauen und aufeinander bauen, erinnerst du dich?“

Brent sah sie eine ganze Weile schweigend an, dann nickte er.

„Du hast recht. Nun, auf dem College war ich in eine Frau verliebt, die gerade ihren Abschluss in Psychiatrie machte. Zumindest habe ich mir eingebildet, sie zu lieben. Ich dachte, wir würden heiraten und auf Wilshire leben. Das war mein erster Fehler. Später wurde mir klar, dass wir darüber nie ausführlich gesprochen hatten. Ich hatte es einfach als Tatsache genommen.“ Brent machte eine kurze Pause, bevor er weiter sprach.

„Brittany, so hieß sie, hatte ganz andere Vorstellungen von der Zukunft. Sie ging davon aus, dass mir klar wäre, dass sie auf einer kleinen, feinen Insel im Niemandsland keine Karriere machen konnte.“

„Oh nein.“

„Brittany hatte sich alles fein ausgedacht“, fuhr Brent ruhig fort. „Ich sollte auf die Insel zurückkehren und einen meiner Mitarbeiter ausbilden, bis er die Weinberge übernehmen könnte. Danach sollte ich nach Kalifornien kommen und hier einen Job annehmen. Die Erinnerung an die letzte Szene mit Britanny ist alles andere als angenehm, das kannst du mir glauben.“

„Es tut mir leid, Brent. Kein Wunder, dass du diese Reise nicht machen wolltest. Da kommen schmerzliche Erinnerungen hoch. Aber … ich bin sehr froh, dass du hier bist.“

„Ich auch.“ Brent lächelte schwach. „Aber nach dieser Erfahrung habe ich Bedenken, mich wieder auf eine ernste Beziehung einzulassen. Britanny hatte sich einen Plan ausgedacht, in dem meine Wünsche und Bedürfnisse nicht vorkamen.“

Er räusperte sich kurz, bevor er weiter sprach. „In den letzten Jahren bin ich jeder Verabredung aus dem Weg gegangen, denn ich habe mich immer wieder gefragt, ob die Frau vielleicht einen geheimen Plan hätte und davon träumte, die Insel zu verlassen, um da draußen etwas Aufregendes zu erleben. Was wäre, wenn ich mich auf jemanden einließe, nur um zu entdecken, dass …“

Er sah Alice an. „Weißt du, was Britanny mir in der letzten hässlichen Szene an den Kopf warf? Sie behauptete, ich sei hoffnungslos altmodisch, wenn ich erwartete, dass sie ihre Karriere zurückstellen würde. Ich solle in mein Traumland zurückkehren und auf eine Frau warten, die mich von morgens bis abends bedient. Nach Brittanys Ansicht war ich so egoistisch und selbstbezogen, dass es keine Frau mit mir aushalten würde.“

„Ich … es tut mir leid, dass du so eine schlimme Erfahrung gemacht hast. Sie hat dich offenbar tief verletzt.“

„Sprechen wir von angenehmeren Dingen. Meine Mutter hat versprochen, mir diese tollen Mickey-Maus-Ohren mitzubringen, wenn sie nach Disneyland fährt.“

„Super!“ Trip lachte.

Brent stimmte in das Gelächter ein. Die dunklen Schatten der Vergangenheit waren verflogen.

Sie beendeten das Essen, wobei sie sich lebhaft über verschiedene Themen unterhielten. Danach kuschelten sie sich aufs Sofa und sahen sich einen alten Film im Fernsehen an. Trip schmiegte sich an Brent. Er legte einen Arm um sie und streichelte sie, während sie die vermeintlich Bösen beschimpften und den Helden bejubelten.

„Ich werde die Nacht nicht hier verbringen“, sagte Trip in einer Werbepause. „Bei dem Glück, das ich habe, treffe ich deine Familie morgen früh im Aufzug, wenn ich das Hotel verlasse.“

Brent lachte leise und küsste sie auf die Stirn. „Wahrscheinlich würden sie dich freundlich lächelnd zum Frühstück einladen. Sie würden das ganz toll finden.“

„Ich nicht.“ Trip lachte. „Ich würde auf der Stelle tot umfallen. Nein. Ich werde bis zum Ende des Films bleiben, auch wenn ich jetzt schon weiß, dass der Butler der Täter ist. Dann gehe ich.“

„Der Butler?“ Brent runzelte die Stirn. „Nein. Er hat doch gar nicht versucht, den Helden umzubringen. Der Butler ist ein Undercover Agent für das FBI. Der Mörder ist immer der Gärtner.“

„Nein, der erst recht nicht“, widersprach Trip. „Er war gerade dabei, Ringelblumen zu pflanzen, als der Schuss fiel. Der Butler ist die lange verschollene Schwester des Helden, die sich als Butler verkleidet hat. Sie will den Helden umbringen, bevor er die Heldin heiratet, um das Familienerbe zu bekommen.“

Autor

Joan Elliott Pickart
Joan Elliott Pickart ist eine berühmte amerikanische Schriftstellerin, die seit 1984 über 100 Liebesromane veröffentlicht hat. Sie schreibt auch unter dem Pseudonym Robin Elliott. Joan Elliott Pickart ist Mitbegründerin der Autorenvereinigung Prescott, einem Mitglied der Romance Writers of America (RWA).
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Mollie Molay
Nachdem sie einige Jahre in einem Logistikzentrum eines Lufttransportunternehmens gearbeitet hatte, entdeckte Mollie Molay, dass ihr das Schreiben von Liebesromanen, was sie nebenbei verfolgte, viel mehr Freude bereitete als ihre bisherige Tätigkeit. Also versuchte sie, ihr Hobby zu ihrem Beruf zu machen.
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