Auf ewig mein Traummann

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Immer wieder hatte Charles Mallory, einer der begehrtesten Junggesellen Londons, das Problem, dass sich seine Sekretärinnen mehr für ihn als für die Arbeit interessierten. Bis er auf die geniale Idee kam, Barbara, die er seit der Kindheit kennt, zu bitten, den Job zu übernehmen. Doch wie sich schnell herausstellt, hat er sich damit ganz neue Schwierigkeiten geschaffen. Denn Barbara erledigt nicht nur die Aufgaben ganz hervorragend, sie weckt in ihm zudem stürmisches Verlangen. Aber zum ersten Mal in seinem Leben lehnt eine Frau ab, seine Geliebte zu werden. Charles ist vollkommen ratlos...


  • Erscheinungstag 17.04.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733746353
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Nein“, sagte Barbara zum fünften Mal und vertiefte sich demonstrativ wieder in Rumänisch im Alltag, um die Seite ebenfalls zum fünften Mal zu lesen. Und auch diesmal achtete keiner der anderen beiden darauf.

Sie hatte es sich im Wohnzimmer ihrer Eltern auf der Fensterbank gemütlich gemacht. Das Haus lag in Richmond, und vom Fenster aus hatte man einen herrlichen Ausblick auf den Garten mit den schönen Rosenbüschen. Im Wohnzimmer, das mit gemütlichen Polstermöbeln eingerichtet war, herrschte Chaos, denn überall lagen halb fertige Handarbeiten herum. Und inmitten dieses Chaos befanden sich ihre Mutter Ruth, eine Frau, die in allen Menschen nur das Gute sah, und Charles Mallory, in dem nur eine Frau wie sie das Gute sehen konnte.

„Eine tolle Idee!“, rief Ruth nun zum sechsten oder siebten Mal. „Ich finde es schön, dass Barbara so viele Interessen hat, aber manchmal habe ich das Gefühl, sie bringt nichts richtig zu Ende. Es wäre die Chance für sie, ihre Sprachkenntnisse anzuwenden. Das muss Schicksal sein!“ Sie hielt einen Pullover in der Hand, den sie gerade angefangen hatte, und strahlte Charles an, der für sie immer wie ein Sohn gewesen war.

Obwohl Barbara noch immer ins Buch schaute, sah sie aus den Augenwinkeln, dass er daraufhin jungenhaft lächelte. Es war das für ihn so typische Lächeln, das alle Mädchen in seiner Klasse hatte dahinschmelzen lassen, als ihre Eltern ihn vor fünfzehn Jahren bei sich aufgenommen hatten. Sie war damals elf gewesen.

Jetzt waren seine Züge härter – ein Eindruck, der durch seinen Kurzhaarschnitt noch verstärkt wurde –, und seine grünen Augen wirkten kalt. Doch wenn er lächelte, hellte sich seine Miene genauso auf wie damals, als er siebzehn gewesen war.

„Ich habe sofort an sie gedacht“, erklärte er.

Er schob die Hände in die Hosentaschen und begann, im Wohnzimmer auf und ab zu gehen. „Es ist das größte Projekt, das ich je angepackt habe. Wir müssen jetzt in den osteuropäischen Markt einsteigen. Ich brauche jemanden, der mich dabei unterstützt, und ich kann es mir nicht leisten, sechs Monate nach einem geeigneten Mitarbeiter zu suchen.“

„Nein, natürlich nicht“, pflichtete Ruth ihm bei, die gerade eine Reihe beendete.

„Und das Problem ist, dass ich nicht sagen kann, welche Qualifikation dieser Mitarbeiter haben muss. Es wird eine Achterbahnfahrt, und ich brauche jemanden, der damit fertig wird.“

„Barbara würde sich bestens dafür eignen.“

„Und ich brauche jemanden, auf den ich mich verlassen kann.“

Nun hörte Barbara auf, so zu tun, als wäre sie in das Buch vertieft.

„Auf mich kannst du dich nicht verlassen“, sagte sie. „Ich bin nicht daran interessiert. Ich will nicht für dich arbeiten.“

Daraufhin nahmen die beiden endlich Notiz von ihr.

„Barbara!“, rief ihre Mutter vorwurfsvoll.

Charles blickte finster drein. „Warum nicht?“

„Weil du ein egoistischer, arroganter Mistkerl bist“, erwiderte Barbara.

Trotzig hob sie das Kinn und funkelte ihn wütend an, den einzigen Mann, den sie je geliebt hatte.

Barbara!“

„Und das ist noch untertrieben“, fügte Barbara hinzu.

„Es ist kein Job für Mimosen …“, begann er.

„Es ist kein Job für jeden, der Wert auf gute Umgangsformen legt.“

„Du hast doch erst einen Tag für mich gearbeitet …“

„Das war ein Tag zu viel.“

„Es waren außergewöhnliche Umstände. Normalerweise ist es nicht so schlimm. Es macht bestimmt viel Spaß.“

Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Die Jahre als Geschäftsmann, in denen er es ganz allein zum Millionär gebracht hatte, hatten ihre Spuren hinterlassen, doch sein Lächeln übte immer noch dieselbe Wirkung auf sie aus wie damals. Sie spürte, wie sie es unwillkürlich erwiderte und ihr Herzschlag sich beschleunigte, aber sie bemerkte auch den Ausdruck in seinen Augen, der besagte, dass Charles seine Ungeduld nur mühsam zügelte.

„Tatsächlich?“, meinte sie skeptisch. „Bedeutet das, du willst die Dreckarbeit selbst machen?“

In seinen Augen blitzte es auf. „Das heißt?“

„Das heißt, wenn du ein halbes Dutzend Freundinnen hast, die du nicht mehr sehen willst, solltest du ihnen sagen, dass es vorbei ist, und nicht deine Sekretärin bitten, ihnen auszurichten, dass du in einer Besprechung bist. Bedeutet ‚außergewöhnliche Umstände‘, dass du normalerweise nur eine oder zwei loswerden willst oder dass du es jetzt selbst machst?“

Vielleicht würde Ruth nun endlich merken, wie er wirklich war.

Doch Charles zog lediglich eine Augenbraue hoch. „Das macht dir also zu schaffen? Ich weiß nicht, mit wem ich zu der Zeit zusammen war, aber ich glaube nicht, dass ich jemanden loswerden wollte. Ich sage den Frauen, dass sie mich nicht im Büro anrufen sollen. Falls du allerdings keine Notlügen magst, kannst du gern die Wahrheit sagen. Ich lasse es dich wissen, wenn es jemanden gibt, mit dem ich sprechen möchte.“

Eigentlich hätte sie, Barbara, erleichtert darüber sein müssen, dass es immer noch keine Frau gab, mit der es ihm ernst war. Soweit sie wusste, hatte es auch noch nie jemanden gegeben. Doch seine Gleichgültigkeit schockierte sie wie eh und je.

Seine Eltern hatten ihn nach England geschickt, damit er seine letzten beiden Schuljahre dort verbrachte, und schon nach wenigen Tagen hatte das Telefon pausenlos geklingelt. Es hatte sie, Barbara, nicht überrascht, denn er war der attraktivste Junge, den sie je gesehen hatte. Doch wenn er die Gespräche entgegengenommen hatte, hatte er immer ausgesprochen gelangweilt gewirkt.

Manchmal war sie auch ans Telefon gegangen. Charles hatte dann gefragt, wer am Apparat wäre, und ihr manchmal zu verstehen gegeben, dass er mit dem betreffenden Mädchen nicht sprechen wollte. Seine Gleichgültigkeit hatte sie schockiert, und es schien ihr nun, als hätte sie schon immer gewusst, dass sie ihm niemals zeigen durfte, was sie für ihn empfand.

Sie hatte ihn geärgert, als wäre sie tatsächlich seine kleine Schwester, und ihm hatte es offenbar gefallen – vielleicht weil sie ihn nicht so anhimmelte wie die Mädchen in seinem Alter. Vielleicht hatte er sie sogar ein wenig gemocht, bevor alles schief gegangen war.

„Es ist nicht das Einzige, was mich stören würde“, erklärte Barbara. „Du weißt genau, dass ich es hasse, irgendwo länger als ein paar Wochen zu arbeiten – vor allem bei jemandem, für den ein zehnstündiger Arbeitstag nichts ist. Nenn mir einen guten Grund, warum ich mich von dir beschimpfen lassen sollte.“

„Geld“, erwiderte Charles.

„Ich weiß nicht, wie viel du bezahlen wirst, aber es ist nicht genug. Nächsten Monat fliege ich nach Sardinien. Ich schicke dir eine Postkarte.“

„Wie viel willst du?“

„Das würdest du sowieso nicht zahlen.“

„Barbara!“, protestierte ihre Mutter. „Charles braucht deine Hilfe. Es ist sicher nicht zu viel verlangt, wenn du deine Reise verschiebst. Er gehört praktisch zur Familie. Du solltest dich freuen, wenn du ihm helfen kannst.“

„Ich dachte, ich wäre die Letzte, von der er Hilfe annehmen würde“, platzte Barbara heraus. „Als ich das letzte Mal versucht habe, ihm zu helfen, hat es ihm nicht gerade zum Vorteil gereicht.“ Trotzig sah sie ihn an.

Ihre Mutter sah verständnislos drein, während Charles ihr einen spöttischen Blick zuwarf. „Das würde ich nicht sagen“, meinte er kühl. „Sonst wäre ich heute nicht da, wo ich bin.“

„Dann bin ich dir auch nichts schuldig.“

„Das würde ich auch nicht sagen. Ich finde, dass du mir immer noch etwas schuldest. Du nicht?“

„Dann werde ich es auf andere Art wieder gutmachen“, erwiderte sie. „Als Arbeitgeber bist du unmöglich, und ich möchte Sardinien sehen, bevor ich sterbe. Daher lautet die Antwort nein. Warum soll eigentlich ausgerechnet ich es machen?“

„Weil du sehr gut in Steno und Maschineschreiben bist.“

„Das sind andere auch.“

„Und weil du seit deinem Schulabschluss noch nichts Vernünftiges getan hast. Ständig bist du auf Reisen und arbeitest dich durch die ganze Sprachen leicht gemacht-Reihe, von Albanisch bis Zulu.“

„Gibt es überhaupt einen Band für Zulu?“, erkundigte sich Barbara geistesabwesend.

„Ich weiß nicht, aber wenn ja, kannst du ihn in den Mittagspausen lesen.“

„Bei dir darf man keine Mittagspause machen.“

„Und weil es bei diesem Projekt sehr viele logistische Probleme geben wird“, fuhr Charles ungerührt fort. „Darum möchte ich mich nicht selbst kümmern, und ich habe noch nie erlebt, dass du mit einem Problem nicht fertig geworden bist.“

Ungeduldig fuhr er sich durch das kurze schwarze Haar. „Ich könnte mich an eine Zeitarbeitsfirma wenden, aber selbst wenn man mir eine hoch qualifizierte Kraft vermitteln würde, wäre die vielleicht hilflos, wenn irgendein Faxgerät in Wladiwostok ausfällt oder alle Hotels in Kiew im Winter geschlossen sind …“

Als er ihr plötzlich in die Augen sah, konnte sie sich kaum vorstellen, dass dieser Mann der attraktive, sorglose Junge von damals war.

„Mir war gar nicht klar, dass du so ungern für mich arbeitest, aber es spielt keine Rolle, denn ich brauche dich, zumal es dir sicher nicht schwerfallen wird, auf Distanz zu bleiben. Überleg dir, wie viel ich dir zahlen muss, damit du meine Macken ertragen kannst.“

Bestürzt sah ihre Mutter ihn an. „Barbara hat sicher nichts gegen dich, Charles. Für uns gehörst du zur Familie. Ich habe mich auch immer mit meinem Bruder gestritten, aber das hat nicht bedeutet, dass wir uns nicht gemocht haben.“

„Na ja, ich habe offenbar gewisse Macken“, räumte Charles ein, und sein Lächeln galt ausschließlich ihr. „Jedenfalls ist es mir lieber, wenn Barbara es zu ihren Bedingungen tut. Ich weiß, dass sie nicht gern langfristige Verpflichtungen eingeht.“

Barbara wurde bewusst, dass er seine Worte sorgfältig wählte, um sie nicht noch mehr gegen sich aufzubringen. Aus Rücksicht auf ihre Mutter hatte er ein Treffen in der Stadt vorgeschlagen, doch sie hatte mit der Begründung abgelehnt, sie wäre zu beschäftigt. Dass er ihre Mutter nicht verletzen wollte, sprach für ihn. Wenn sie allein gewesen wären, hätte er sich allerdings ganz anders verhalten.

Die Nachmittagssonne, die durchs Fenster schien, tauchte die verschlissenen Polstermöbel, den alten Teppich und die halb fertigen Handarbeiten in goldenes Licht. Wie oft hatte sie, Barbara, das Wohnzimmer aus dieser Perspektive betrachtet! Schon als Kind hatte sie immer am liebsten auf der Fensterbank gesessen und gelesen.

Ein Jahr lang hatte sie jeden Abend dort gesessen, während Charles vor dem Fernseher saß und seine Hausaufgaben machte. Letzteres war jedoch selten der Fall gewesen, denn er war zwar sehr intelligent, aber ausgesprochen faul und daher auch ein schlechter Schüler gewesen.

Sie war sehr fleißig gewesen, aber trotz ihrer Intelligenz keine gute Schülerin, da sie einer Sache schnell überdrüssig geworden war. Und da sie ihrer Klasse immer voraus war, hatte sie keine Lust, Hausaufgaben zu machen oder für die Prüfungen zu lernen.

Ständig bedrängte sie Charles, ihr zu erzählen, was er machte, und wenn nichts Gutes im Fernsehen lief, beantwortete er ihre Fragen auch. Manchmal sagte er ihr, sie solle den Mund halten, und wenn sie nicht lockerließ, reichte er ihr mit einem boshaften Lächeln das Buch, in dem er gerade las. Allerdings las sie gern in seinen Büchern, weil sie ihm gehörten und weil sie die schwierigeren Texte verstand.

Wenn es etwas Gutes im Fernsehen gab, saß sie da, blickte zu seinen Büchern oder betrachtete ihn, wie er auf dem Sofa lag. Damals hatte sie sich an ihm nicht sattsehen und nicht genug über ihn erfahren können, doch er hatte sie überhaupt nicht beachtet, wie sie geglaubt hatte.

Lächerlicherweise verspürte sie ein intensives Hochgefühl bei der Vorstellung, dass er doch von ihr Notiz genommen, ja, sich sogar Gedanken über sie gemacht hatte.

Diese Erkenntnis weckte eine Sehnsucht in ihr, den Wunsch, dass Charles sich genauso viel Gedanken über sie machen würde wie sie sich über ihn, dass er sie genauso ansehen würde wie sie ihn. Er stand jetzt direkt im Sonnenlicht und wartete darauf, dass sie ihm einen Betrag nannte. Wie immer, wenn er im Raum war, wurde ihr Blick magisch von ihm angezogen, und sie musste sich zwingen, ihn abzuwenden.

Als Arbeitgeber war Charles unmöglich. Außerdem hasste sie langfristige Verpflichtungen und hatte etwas getan, das er ihr niemals verzeihen würde. Er hätte sich nie an sie gewandt, wenn er sich nicht dazu gezwungen gesehen hätte. Es würde die reinste Folter sein, jeden Tag mit ihm zusammen zu sein, und die Versuchung war groß.

„Tut mir leid, Charles“, erklärte Barbara unvermittelt. „Es geht nicht ums Geld – ich kann es nun mal nicht tun.“

Ihre Mutter wirkte enttäuscht. „Natürlich will Charles dich zu nichts zwingen, Schatz“, sagte sie, ohne seinen ungeduldigen Blick zu bemerken. „Ich finde, es wäre eine tolle Chance für dich, aber wenn du dir so sicher bist, werden wir nicht mehr darüber reden. Du bleibst doch zum Abendessen, Charles?“

„Gern“, erwiderte er. „Natürlich werde ich Barbara nicht bedrängen, aber ich hoffe, dass sie ihre Meinung noch ändert.“

„Darauf würde ich nicht wetten.“ Barbara vertiefte sich erneut in ihr Buch.

„Ich auch nicht.“ So leise, dass nur sie es hören könnte, fügte er hinzu: „Ich wette nie, wenn ich mir einer Sache sicher bin.“

2. KAPITEL

Charles Mallory nahm die Unterschriftenmappe aus seinem Eingangskorb, schlug sie auf und nahm den ersten Brief heraus. Prompt verfinsterte sich seine Miene. Wo haben sie die bloß aufgetrieben? dachte er und drückte ungeduldig auf den Knopf der Sprechanlage.

„Teresa“, sagte er.

„Ja, Mr. Mallory“, antwortete jemand so leise, dass es kaum zu hören war.

„Haben Sie je daran gedacht, die Rechtschreibprüfung durchlaufen zu lassen, bevor Sie ein Dokument ausdrucken?“

„Gibt es einen Rechtschreibfehler?“, fragte Teresa im Flüsterton.

Charles betrachtete die restlichen Briefe, in denen es vor Fehlern nur so wimmelte. „Es ist außerdem ganz hilfreich, ein Dokument Korrektur zu lesen, bevor man es zur Unterschrift vorlegt“, erklärte er trügerisch sanft. „Ich habe das unterschrieben, das als Einziges in Ordnung ist.“ Während er das sagte, setzte er seine Unterschrift darunter. „Die anderen müssen alle noch mal geschrieben werden. Ich bringe sie Ihnen.“

Er klappte die Mappe zu, stand auf und ging zur Tür. Als er sie öffnete, sah er gerade noch, wie die neue Aushilfe schnell durch die Tür verschwand, auf der stand: „Notausgang. Bei Öffnen der Tür wird Alarm ausgelöst“.

Sofort ertönte das ohrenbetäubende Heulen der Sirene. Wo haben sie die bloß aufgetrieben?, überlegte er bitter, während er auf die entsprechenden Knöpfe drückte, um den Alarm wieder abzustellen. Dann kehrte er zu seinem Schreibtisch zurück und wählte die Nummer der Personalabteilung.

„Guten Morgen, Mr. Mallory“, meldete sich die Personalleiterin resigniert. „Ich habe den Alarm gehört. Ich war mir sicher, dass sie wenigstens bis zur Mittagspause bleiben würde.“

Charles trommelte auf den Schreibtisch. „Ich weiß nicht, was das Problem war“, erklärte er. „Ich habe sie lediglich daran erinnert, dass es eine Rechtschreibprüfung gibt, und vorgeschlagen, dass sie ihre Briefe Korrektur liest. Darauf hätte sie eigentlich selbst kommen müssen. Und wenn sie es nicht weiß, sollte sie wenigstens etwas konstruktive Kritik vertragen können.“

Die Personalleiterin seufzte. „Tut mir leid, Mr. Mallory, aber sie war die einzige Kraft, die uns die Zeitarbeitsfirma schicken konnte. Alle anderen sind bereits hier gewesen und wollen nicht wiederkommen.“

„Dann versuchen Sie es bei einer anderen Firma.“

„Keine der anderen Firmen hatte eine Mitarbeiterin, die noch nicht hier gewesen ist.“

„Ich suche keine Superfrau, sondern lediglich eine erfahrene Sekretärin, die über die üblichen Fähigkeiten verfügt und auch unter Druck arbeiten kann.“

„Ja, Mr. Mallory“, erwiderte sie skeptisch. „Es ist nur …“

„Was?“, unterbrach er sie unwirsch.

„Die wirklich erfahrenen, hoch qualifizierten Kräfte können sich ihre Jobs aussuchen. Wir bieten natürlich gute Konditionen, aber sie bekommen woanders dasselbe Geld, und sie lassen sich nicht gern anschreien.“

Anschreien!“, rief Charles entrüstet. „Ich schreie nie. Aber wenn etwas noch einmal gemacht werden muss, weil jemand die Intelligenz eines Kleinkinds an den Tag legt, werde ich vielleicht ein bisschen ungeduldig …“

„Offenbar schlagen Sie einen Tonfall an, der von manchen Mitarbeitern als Schreien empfunden wird“, warf die Personalleiterin diplomatisch ein.

„Das ist doch lächerlich“, meinte er geringschätzig. Warum konnte die Personalabteilung niemanden wie Barbara auftreiben? Jemanden, der nicht sofort zu weinen anfing, wenn er eine einfache Frage stellte. Jemanden, der seine Fehler in einem Bericht entdeckte, statt fünfzig andere Fehler zu machen? Vor einigen Jahren hatte die Firma, für die Barbara arbeitete, sie für einen Tag an ihn vermittelt, und weder vorher noch danach hatte er eine so perfekte Sekretärin wie sie gehabt.

Wenn er auf dem osteuropäischen Markt Fuß fassen wollte, dann brauchte er eine gute Sekretärin in Dauerstellung. Seine Absicht war es gewesen, Barbara in ihrer Wohnung aufzusuchen und sie zu überreden. Wenn Ruth nicht dabei war, würde es leicht sein. Allerdings hatte er es nicht geschafft, und wenn er noch länger wartete, würde Barbara womöglich schon auf dem Weg nach Sardinien sein. Vielleicht wäre es doch besser, sie erst einmal als Aushilfe einzustellen und abzuwarten, wie die Dinge sich entwickelten. Zumindest würde er sich so zur Abwechslung mal auf seine Arbeit konzentrieren können.

„Ich habe wirklich keine Zeit, mich mit hypersensiblen Mädchen abzugeben, die nicht einmal buchstabieren können“, erklärte Charles. „Versuchen Sie, Barbara Woodward über eine dieser Firmen zu bekommen, ja? Und machen Sie ein großzügiges Angebot. Wir müssen sie unbedingt haben.“

3. KAPITEL

Barbara wollte noch einen Job annehmen, bevor sie nach Sardinien flog. Sie hatte zwar Geld für die Reise gespart, jedoch einen Teil davon für einen Bengalikurs wieder ausgegeben. Als sie am Montag bei „Jobs for the Girls“ anrief, wo sie unter Vertrag stand, bot man ihr sofort eine Tätigkeit bei der Mallory Corporation an.

„Es ist ein fantastischer Job“, erklärte Sue, ihre Betreuerin, begeistert. „Chefsekretariat, unbefristet, sehr gute Bezahlung. Sie haben ausdrücklich dich verlangt.“

„Ich möchte ihn lieber nicht annehmen“, erwiderte Barbara und wünschte, sie hätte Charles außerdem gesagt, dass sie ihn für hinterhältig und skrupellos halte.

„Hm“, meinte Sue. „Momentan habe ich nichts anderes, aber ich halte dich natürlich auf dem Laufenden. Sag mir Bescheid, falls du deine Meinung änderst.“

Barbara legte auf und rief anschließend bei „Girl Monday-to-Friday“ an.

„Ich habe genau das Richtige für dich, Barbara“, verkündete Cathy fröhlich. „Bei der Mallory Corporation in der Innenstadt von London. Chefsekretariat, sehr gute Bezahlung, unbefristet …“

„Tut mir leid“, sagte Barbara, „aber ich suche einen befristeten Job für ein paar Wochen.“

„Du kannst doch erst einmal anfangen und sehen, wie es läuft …“

„Ich suche mir lieber etwas anderes.“

„Hm“, meinte Cathy. „Im Moment habe ich nicht viel im Angebot – jedenfalls nichts, was deinen Qualifikationen entspricht. Aber ich sage dir Bescheid, wenn ich etwas bekomme.“

Nachdem Barbara aufgelegt hatte, betrachtete sie wütend das Telefon. Anschließend rief sie bei vier weiteren Zeitarbeitsfirmen an, doch die Auskunft war immer die gleiche. Dieser verdammte Mistkerl! dachte sie.

Wenn sie es ihrer Mutter erzählte, würde diese Charles anrufen und ihm sagen, er solle sein Stellenangebot zurücknehmen. Doch er wusste, dass sie es ihrer Mutter zuliebe nicht tun würde. Eigentlich hätte sie sich geschmeichelt fühlen müssen, denn er hatte bei jeder Firma angerufen, für die sie je gearbeitet hatte. Offenbar hatte er ihre Mutter nach den Namen gefragt.

Sie konnte sich natürlich bei einer anderen Firma bewerben, aber womöglich hatte er dort bereits auch angefragt, und das Problem war, dass kein Arbeitgeber die Interessen einer Mitarbeiterin über die der Mallory Corporation stellte. Vielleicht hatte er jeder Firma in Aussicht gestellt, sie bei erfolgreicher Vermittlung in Zukunft zuerst zu berücksichtigen, wenn er eine Stelle zu besetzen hatte. Also was sollte sie jetzt tun? Sie biss die Zähne zusammen, griff wieder zum Hörer und wählte.

„Guten Morgen, hier Mr. Mallorys Büro“, meldete sich eine leise Stimme.

„Guten Morgen. Ich würde gern mit Mr. Mallory sprechen“, erklärte Barbara forsch.

„Mr. Mallory ist leider in einer Besprechung.“

„Das ist er immer“, bemerkte Barbara trocken. „Könnten Sie mich trotzdem durchstellen? Es ist dringend.“

„Er möchte nicht gestört werden. Wollen Sie eine Nachricht hinterlassen?“

Barbara dachte einen Moment nach. „Ja“, erwiderte sie schließlich. „Die Nachricht lautet: ‚Auch in einer Million Jahren nicht‘. Er weiß dann Bescheid.“

Dann knallte sie den Hörer auf die Gabel.

Ihr erster Gedanke war, bei einer der Firmen anzurufen, in denen sie im Lauf der Jahre gearbeitet hatte. Eigentlich durften die Mitarbeiterinnen der Zeitarbeitsfirmen sich nirgends in Eigeninitiative bewerben, doch es war auch nicht in Ordnung, dass man sie dort links liegen ließ, weil sie den Job bei Charles abgelehnt hatte. Vielleicht würde sie etwas finden, doch es würde eine Weile dauern, und vorerst konnte sie an nichts anderes denken als daran, dass sie wütend war.

Schließlich entschied sie, zu Charles zu gehen, um ihrer Wut freien Lauf zu lassen, und sich danach einen Job zu suchen.

Eine halbe Stunde später betrat Barbara das große marmorne Foyer der Mallory Corporation und fuhr mit dem Aufzug in den zwölften Stock. Nachdem sie sich erfolgreich mit der Empfangsdame geschlagen hatte, ging sie den Flur entlang zu Charles’ Büro, das sich hinten in der Ecke befand. Im Vorzimmer saß eine junge Frau am Computer, die weinte.

Barbara ging zur Tür und öffnete sie schwungvoll.

Leider war Charles nicht in seinem Büro.

„Wo ist er?“, fragte sie.

„Er ist in einer Besprechung“, erwiderte die junge Frau unter Tränen.

„Und wo findet dieses kleine Tête-à-Tête statt?“

„Wie bitte?“

Seufzend nahm Barbara eine Packung Papiertaschentücher aus ihrer Handtasche und reichte sie der jungen Frau. „Die Besprechung. Wo findet sie statt?“

Diese deutete auf ein Konferenzzimmer. Vielleicht war Charles tatsächlich in einer Besprechung. Umso besser, dachte Barbara. Sie ging zu der Tür und öffnete sie schwungvoll.

Etwa zwanzig Männer in dunklen Anzügen wandten sich ihr zu. Sie waren unterschiedlichen Alters und unterschiedlich attraktiv, doch keiner von ihnen war einen zweiten Blick wert, denn gegen Charles, der am Kopfende des Tisches saß, verblassten sie alle. Wider Erwarten wirkte er nicht verärgert, sondern zog lediglich eine Augenbraue hoch.

„Ich bin froh, dass du kommen konntest, Barbara“, sagte er gewandt.

Barbara stand auf der Türschwelle, die Hände in die Hüften gestemmt. Ihre blauen Augen sprühten Funken, und ihr rotes Haar schien förmlich zu knistern. Schon besser, dachte Charles zufrieden und beschloss, seiner Personalleiterin eventuell einen Blumenstrauß zukommen zu lassen.

In etwas gestelztem Deutsch erklärte er den Anwesenden, dass Miss Woodward seine Assistentin sei.

„Nein, das bin ich nicht“, sagte Barbara.

Daraufhin erhob sich irritiertes Gemurmel. Sie hörte Tschechisch, Polnisch und etwas, das wie Arabisch klang. Charles blickte sie herausfordernd an.

„Ich möchte etwas mit dir besprechen“, fuhr sie fort. „Wollen wir nach nebenan gehen oder es hier tun?“

Er zuckte die Schultern und stand auf. „Würden Sie mich bitte entschuldigen, meine Herren? Es dauert nicht lange.“

Dann folgte er ihr in sein Büro. „Ich weiß zwar nicht, was das soll, aber konnte es nicht warten?“

„Nein, das konnte es nicht!“, rief sie wütend. „Wie konntest du es wagen, mich bei allen Agenturen zu verlangen und sie anzuweisen, mir keine anderen Jobs zu vermitteln?“

„Hast du mich deswegen hergebracht?“ Wütend funkelte er sie an. „Es ist ganz normal, eine bestimmte Mitarbeiterin zu verlangen. Da ich unbedingt jemanden brauche, habe ich die Personalleiterin beauftragt, bei allen Zeitarbeitsfirmen anzurufen, für die du gearbeitet hast. Natürlich haben wir ihnen nicht gesagt, dir andere Tätigkeiten zu verweigern. Aber nun, da du schon mal hier bist, kannst du dich genauso gut nützlich machen.“

Autor

Linda Miles
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