Baccara Collection Band 410

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ZÄRTLICHE STUNDEN IN DEINEN ARMEN von CHARLENE SANDS
Erin weiß, Texaner sind wortkarge Einzelgänger! So wie Daniel Hunt, dem sie in einer Bar begegnet. Trotzdem kann sie der Anziehung des sexy Millionärs nicht widerstehen und verbringt die Nacht mit ihm. Doch verbindet sie mehr als nur prickelnde Leidenschaft?

HEISSE KÜSSE ZUM WEIHNACHTSFEST von CHARLENE SANDS
Milliardär Jared Stone liebt die Gefahr! Als er einen Unfall hat, rettet Bella ihm das Leben - was für ein Glück! Er bietet ihr eine Anstellung auf seiner Ranch an und schätzt bald nicht nur ihre Qualitäten als Köchin. Aber Bella verbirgt ein Geheimnis …

VERLIEBT IN DEN SEXY MILLIONÄR von HARMONY EVANS
Sonya kehrt in ihre Heimatstadt zurück, um sich ein neues Leben aufzubauen. Bei der Renovierung ihres Elternhauses hilft ihr der smarte Selfmade-Millionär Trent Waterson. Doch Trent gilt als Bad Boy. In so einen Mann will sich Sonya bestimmt nicht verlieben!


  • Erscheinungstag 10.09.2019
  • Bandnummer 410
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725662
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Charlene Sands, Harmony Evans

BACCARA COLLECTION BAND 410

CHARLENE SANDS

Zärtliche Stunden in deinen Armen

Sie ist süß! Und verdammt sexy! Die Blondine in den engen Jeans fällt Daniel Hunt sofort auf. Vom ersten Moment an fühlt sich der schwerreiche Texaner zu der zauberhaften Erin hingezogen. Aber mehr als eine flüchtige Affäre kann sich der Einzelgänger beim besten Willen nicht vorstellen. Bis Erin ein Jobangebot erhält und Texas verlassen will …

CHARLENE SANDS

Heiße Küsse zum Weihnachtsfest

Bella ist auf der Flucht vor ihrem dominanten Vater. Er hat gedroht, ihr ihre Tochter wegzunehmen. Auf der Ranch von Jared Stone finden Bella und die kleine Sienna Unterschlupf. Obwohl Bella den Männern eigentlich abgeschworen hatte, ist der sexy Milliardär bald mehr als nur ein Freund für sie. Doch was, wenn Jared erfährt, wer sie wirklich ist?

HARMONY EVANS

Verliebt in den sexy Millionär

Trent Waterson ist der klassische Selfmade-Millionär. Alles hat er sich hart erarbeitet, auch seinen Ruf als Womanizer. Nur die verführerische Ballerina Sonya scheint davon nicht beeindruckt zu sein. Hartnäckig geht sie ihren eigenen Weg. Und plötzlich steht Trent vor einer ganz neuen Herausforderung: Sonya für sich zu gewinnen!

1. KAPITEL

Einige ihrer Freundinnen verfassten Listen mit wilden und verwegenen Dingen, die sie in diesem Leben noch tun wollten. Erin Sinclair hielt es genau umgekehrt: Sie hatte eine Liste von Dingen, die sie garantiert nicht tun wollte – und dazu gehörte ganz eindeutig der Ritt auf einem mechanischen Bullen in einem Saloon in Texas. Das beinlose, mit Leder behängte Monstrum machte ihr einfach nur Angst, wenn es sich so unberechenbar auf und ab bewegte, sodass nur die erfahrensten Reiter sich oben hielten.

Erin saß an der Bar des Dark Horse Saloons am Stadtrand von Royal und nippte an ihrem zweiten Cadillac Margarita. Der Bulle schien sie förmlich zu hypnotisieren. Niemals würde sie sich auf ein solches Biest setzen. Risiken waren nicht ihre Sache.

Sie hatte sich von der Gruppe Frauen getrennt, mit der sie gekommen war. Es waren sechs Ladys aus dem Texas Cattleman’s Club, mit denen Erin sich seit ihrer Ankunft im vergangenen Monat angefreundet hatte und die sie zu einer Geburtstagsfeier in den Saloon eingeladen hatten.

Die Party war längst vorbei, und die Frauen waren wieder zu Hause bei ihren Ehemännern oder Partnern. Erin hatte weder das eine noch das andere.

Es war November. Anfang des neuen Jahres würde sie wieder nach Seattle zurückkehren. Sie hatte hier in Texas absolut gar nichts erlebt, was man auch nur ansatzweise als wild oder verwegen bezeichnen konnte.

„Noch einen Margarita, Blondie?“, fragte der Barkeeper mit einem Blick auf ihr fast leeres Glas. „Oder haben Sie genug gehabt?“

Der Zweifel in seinem Ton weckte ihren Widerspruch. „Ich habe ganz und gar nicht genug“, versicherte sie ihm. „Noch einen.“ Sie schenkte ihm ein süßes Lächeln. „Danke.“

Kopfschüttelnd wandte sich der Barkeeper ab, und Erin konzentrierte sich wieder auf den Bullen, der sie irgendwie magisch anzuziehen schien. Verlor sie den Verstand, oder sah der verdammte Bulle sie tatsächlich an und forderte sie mit seinen absurden künstlichen Hörnern heraus?

Sie hatte gerade den letzten Tropfen ihres Margaritas auf den Lippen, als sie einen großen, gut aussehenden Mann bemerkte. Er mochte gut einen Meter achtzig groß sein. Der muskulöse Körper steckte in einer Cowboykluft, inklusive passender Stiefel und Stetson. Auf seinen breiten Schultern hätte er das Metallbiest problemlos nach draußen tragen können.

Wo sie schon bei der Liste der Dinge war, die sie nie tun wollte – ein Texaner stand zwar nicht darauf, aber bisher hatte sie auch noch mit keinem etwas gehabt. Sie kicherte. Traurige Tatsache war, dass es von fünfzig noch achtundvierzig weitere Staaten der USA gab, mit deren Männern sie bisher nichts gehabt hatte. Nur in ihrem Heimatstaat Washington gab es einen Ex. Rex Talbot. Ein ganz besonderes Prachtstück. Sie war froh, dass sie im Moment hier in Texas war, zumindest noch über die Feiertage. Denn Rex hatte ihren Ruf in Seattle fast ruiniert, aber daran wollte sie jetzt nicht denken. Nicht heute Abend.

Vielleicht sollte sie sich heute einen dieser attraktiven Cowboys gönnen. Vorzugsweise den ganz besonderen Leckerbissen, der gerade Blickkontakt zu ihr suchte. Es schmeichelte ihr, dass er sie aus der Menge der attraktiven Frauen auserwählt hatte.

Diese unglaublichen Augen ließen sie nicht mehr los. Sie musterte ihn ihrerseits – die markanten Züge, das perfekt geformte Kinn und die türkisblauen Augen. Er weckte ihr Verlangen und brachte ihr Herz zum Stolpern. Der stumme Austausch zwischen ihnen hatte etwas Prickelndes. Explosives.

Vielleicht sollte sie doch keinen weiteren Margarita mehr trinken. Sie stand im Moment irgendwie neben sich. Sie drehte sich zum Barkeeper herum, um ihm zu sagen, dass sie den bestellten Drink nicht mehr brauchte. Sie hatte wirklich genug gehabt.

Als sie sich umwandte, um den Blickkontakt zu dem attraktiven Cowboy wieder aufzunehmen, war er verschwunden. Sie sah sich nach ihm um, aber vergebens. Sie hatte ihn in der Menge verloren. Vielleicht hatte er sich gelangweilt und den Saloon verlassen.

Erin war enttäuscht. So etwas passierte ihr ständig.

So viel also zu ihrer Absicht, einmal ein Risiko einzugehen!

Blieb nur noch der mechanische Bulle. Ja, genau das würde sie jetzt tun. Sie würde sich auf das verdammte Ding setzen. Wieso nicht? Sie wollte wenigstens eine aufregende Erinnerung mit nach Seattle nehmen. Sie, die Ex-Nanny, die früher an einer Schule Musik unterrichtet hatte. Vielleicht brauchte sie diese Erinnerung, wenn sie Texas den Rücken gekehrt hatte.

Plötzlich sah der Bulle gar nicht mehr so furchteinflößend aus. Wieso sollte sie sich auf dem Ding nicht halten können? Kurz entschlossen reihte sie sich in die Schlange der Wagemutigen ein. Fünf Sekunden auf diesem Bullen, und sie wäre zufrieden. Zufrieden und stolz auf sich.

„Du schaffst das“, sprach sie sich selbst Mut zu.

Als sie an der Reihe war, verkündete der Manager der kleinen Arena mit dröhnender Stimme: „Diese kleine Lady ist Erin aus Seattle. Sie will es mit dem Destroyer aufnehmen.“

Erin schluckte. Einer der Helfer hievte sie auf den Lederrücken des Bullen. „Wir fangen langsam an“, sagte er. „Halten Sie sich mit den Schenkeln fest und versuchen Sie, das Gleichgewicht zu halten, wenn es losgeht.“

Er trat zurück. Sie atmete tief durch und deutete mit einem Nicken an, dass sie bereit war.

Der Bulle begann, sich zu bewegen …

Erin sah in die blauen Augen über sich. Der Mann kniete neben ihr und musterte sie stirnrunzelnd. Seine Lippen, die wie zum Küssen gemacht schienen, waren fest aufeinandergepresst. Hatte sie ihren schönsten Traum verschlafen? Was war hier los? Sie bewegte sich, und das Polster hinter ihrem Rücken protestierte mit einem Quietschen. „Was ist passiert?“

„Sie sind gestürzt.“ Er hatte eine volle, angenehme Stimme. Mit einer Kopfbewegung deutete er auf den mechanischen Bullen.

Mit einem Schlag stand ihr alles wieder vor Augen. Jetzt sah sie auch die Menge, die sich um die Arena versammelt hatte und sie beobachtete. „Wie lange habe ich mich gehalten?“

Ein Lächeln glitt über seine Züge. Ein absolutes Killerlächeln. „Ungefähr drei Sekunden.“

Sie schnitt eine Grimasse.

„Ihr Kopf?“, fragte er und bedachte dabei einen der Helfer, der sich näherte, mit einem Blick, der auch stärkere Gemüter vertrieben hätte.

„Ich fühle mich gut“, sagte sie, und es stimmte. Der Bulle hatte sie abgeworfen, aber sie war auf dem Polster gelandet. Nichts tat weh, nichts drehte sich um sie. Nicht mehr.

Der Mann blieb an ihrer Seite und half ihr auf die Beine. Applaus war zu hören und bewundernde Pfiffe. Erin lachte verlegen. Plötzlich schienen sich alle gleichzeitig zur Seite zu lehnen. „Oh!“

„Ich habe Sie.“ Er hob sie auf seine Arme. „Sie brauchen frische Luft.“

Sprachlos starrte sie ihn an, überrascht von seiner Kraft. Aus der Nähe war er noch beeindruckender. Mit seiner Größe, seiner Kraft und diesen unglaublich blauen Augen fiel er in eine absolute Sonderklasse. Er trug sie, als wöge sie nicht mehr als ein paar Federn und wäre keine ausgewachsene Frau von sechsundzwanzig.

Sie waren noch nicht sehr weit gekommen, als Erin zur Bar deutete. „Meine Tasche.“

Er nickte und nahm ihre Tasche vom Hocker, ohne Erin dabei loszulassen. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. „Ich bin Dan.“

Sie lächelte. Was für eine denkwürdige Art, sich kennenzulernen! Aber sie wollte sich nicht beklagen. „Ich bin Erin. Freut mich, Sie kennenzulernen.“

Er murmelte eine Antwort.

Die kühle Herbstluft holte sie jäh aus dem heißen Traum. Sie wollte nicht, dass Dan sie absetzte, aber sie wusste nicht, wohin mit ihren Armen, also schlang sie sie um seinen Nacken. Jetzt, wo sie draußen auf dem Parkplatz waren, holte die Wirklichkeit sie langsam wieder ein. „Ich … äh … es geht mir wieder gut“, sagte sie. „Sie können mich absetzen.“

Nach einem kurzen Blick nickte er und ließ sie dann an seinem Körper nach unten gleiten. Wohl nur, um ihr noch Halt zu geben, vermutete sie, aber die Berührung löste eine Reihe interessanter Reaktionen bei ihr aus. Sie erschauerte.

„Kalt?“, fragte er.

„Nein. Ich … äh … die Situation ist ja wirklich schräg. Ich kenne Sie kaum, dennoch …“

Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen. Sie konnte diesem sexy Cowboy doch wohl nicht sagen, dass allein eine flüchtige Berührung seines Körpers sie mehr oder weniger in Flammen setzte.

„Verstehe.“ Er schien auch ohne Worte zu begreifen, was mit ihr los war. Oh, Gott! Wie peinlich! Fielen ihm alle Frauen so um den Hals?

„Wieso der Bulle?“, wollte er wissen.

„Weil er da war“, erklärte sie spontan. „Ich komme aus Seattle und bin nur noch kurze Zeit hier in Texas. Ich meine, in Washington gibt es keine mechanischen Bullen.“

„Wohl nicht.“ Er runzelte die Stirn.

„Und ich … Also ich habe hier als Nanny gearbeitet. Und dann haben mich ein paar Freundinnen zu einer Geburtstagsfeier in den Saloon eingeladen. Irgendwann sind sie dann alle nach Hause gegangen, und ich … ich wollte …“

Er war ein guter Zuhörer, trug selbst aber nichts zur Unterhaltung bei. Sie wollte nicht noch länger einfach so weiterreden. „Ist ja auch egal.“

Er war ein wirklich stiller Typ. Und noch viel mehr.

„Sind Sie nüchtern genug, um nach Hause zu fahren?“, erkundigte er sich.

„Oh … ja. Der letzte Drink ist schon eine Weile her. Es geht mir gut – sieht man mal von der Peinlichkeit der Situation ab.“

Er musterte sie durchdringend. Sein Blick glitt über ihre Lippen. In dem Moment hätte sie sich nichts mehr gewünscht, als ihn zu küssen. Es war fast, als hätte er ihren Gedanken gehört, denn seine Mundwinkel hoben sich, und er atmete tief durch.

„Ich bringe Sie zu Ihrem Wagen“, erklärte er.

„Okay.“ Sie war ein wenig enttäuscht darüber, dass der Fremde, der sie gerade gerettet hatte, sie nicht um den Verstand küssen wollte. So wie sie es sich in ihren schönsten Träumen gern ausmalte.

In wenigen Minuten würde sie wieder auf dem Weg zurück zum Gästehaus der Flying E Ranch sein, ohne einen Job und ohne Zukunftsaussichten. Irgendwie musste sie die nächsten Wochen einigermaßen sinnvoll hinter sich bringen. Ihr Job als Nanny für die kleine Faye hatte ein jähes Ende gefunden, als Fayes Vater Will Brady hier in Texas eine neue Liebe fand. Nun hing Erin in der Luft und musste sich etwas Neues suchen.

Sie deutete auf ihren Wagen. „Der ist es.“

Sie konnte sich einen Abschiedskuss von dem Fremden erträumen. Oder sie konnte ihm selbst einen geben. Die zweite Möglichkeit gefiel ihr eindeutig besser.

In diesem Moment kam ein Wagen direkt vor ihnen auf der Straße mit kreischenden Bremsen zum Stehen. Ein dumpfer Aufprall – dann ertönte lautes Winseln. Ein Hund! Seine Schmerzenslaute gingen ihr durch und durch. Sie sah Dan an.

Er zögerte keine Sekunde, packte ihre Hand und rannte mit ihr zusammen zu dem verletzten Tier. Der Fahrer gab Gas und fuhr weg. Dan kniete sich neben das Tier und nahm seinen Kopf. „Alles wird gut“, murmelte er beruhigend, während er den Körper des Hundes rasch und dennoch behutsam nach Verletzungen absuchte. Er fand ein paar blutende Schnittwunden auf dem Rücken. „Du brauchst nur ein paar Stiche, das ist alles.“

„Bist du Tierarzt?“, fragte Erin, während sie ihm zusah. Das Du kam so natürlich, dass sie es nicht einmal bewusst registrierte.

„Nein, aber er braucht einen. Er hat Angst. Wahrscheinlich steht er unter Schock. Und dieser Idiot fährt einfach weiter!“

Erin konnte es auch kaum glauben. Es war herzlos und kalt. Sie bedauerte, sich das Nummernschild nicht gemerkt zu haben.

Der Hund schien eine Mischung aus Collie und Schäferhund zu sein. Er sah Dan mit seinen großen, braunen Augen vertrauensvoll an. „Bleibst du hier bei ihm?“, fragte Dan. „Ich hole schnell eine Decke aus dem Wagen.“ Auch er duzte sie ganz selbstverständlich.

„Natürlich.“

Dan erhob sich, und Erin nahm seine Position ein. „Es wird dir bald wieder gut gehen“, murmelte sie beruhigend, während sie dem Hund behutsam mit kreisenden Bewegungen über die Stirn strich. Er hörte auf zu winseln und schloss die Lider. Da er kein Halsband trug, würde es unmöglich sein, seinen Besitzer ausfindig zu machen. Was hatte er so spät hier gemacht? War er ausgesetzt worden?

„So ist es gut“, fuhr sie fort. „Gleich kommt Hilfe.“

Sekunden später war Dan zurück. Vorsichtig schob er die Decke unter den Hund. „Das Bluten hat fast aufgehört.“

„Das ist gut, oder?“

Er nickte.

„Wie kann ich helfen?“

„Setzt du dich mit ihm auf den Rücksitz? Wir treffen uns mit dem Tierarzt bei mir zu Hause. Das ist näher als seine Praxis.“

„Natürlich mache ich das.“ Sie strich dem Hund leicht über das goldbraune Fell.

Kurze Zeit später saß sie auf dem Rücksitz, und der Hund hatte seinen Kopf auf ihren Schoß gelegt. Sie fuhr fort, ihm die Stirn zu massieren und kraulte ihn gelegentlich hinter den Ohren.

Dan schwieg, während er fuhr, aber er warf immer wieder einen prüfenden Blick in den Rückspiegel. Seine Sorge rührte sie.

„Das muss ja ein ausgesprochen netter Tierarzt sein, wenn er für einen solchen Notfall mitten in der Nacht vorbeikommt“, bemerkte sie.

Er nickte. Sie dachte schon, das wäre alles, aber dann setzte er hinzu: „Er betreut die Tiere unserer Ranch. Außerdem ist er ein Nachbar.“

Dan war also tatsächlich ein Cowboy. „Ist es weit?“

„Noch fünf Minuten.“

Kurze Zeit später fuhr Dan in eine der Garagen eines zweistöckigen Ranch-Hauses. Es war dunkel. Sie konnte nicht mehr erkennen als das, was von den Bodenleuchten rund um das Haus erhellt wurde, aber ihr Gefühl sagte ihr, dass die Ranch groß und Dan erfolgreich war.

„Ich mache ihm ein Lager in der Küche und hole ihn dann“, sagte Dan.

Das Licht in der Garage ging an. Erin wartete geduldig. Der Hund atmete schwer, winselte aber nicht mehr vor Schmerzen. Gott sei Dank! Erin hatte nie einen eigenen Hund gehabt, aber zu Collegezeiten hatte sie oft als Dogsitterin gearbeitet, um sich ein paar Dollar dazuzuverdienen. Sie war sicher, dieser große Kerl hätte sofort ihr Herz gestohlen. Er hatte diesen Blick, der sie in ihrem tiefsten Inneren berührte.

Dan kam zurück. Er hob den Hund vorsichtig von der Rückbank. Erin folgte ihm in eine Küche, die der Traum eines jeden Kochs gewesen wäre. Helle Schränke, Arbeitsplatten aus schwarzem, von feinen Goldadern durchzogenem Granit und die modernste Technik. Dazu ein großer Kamin aus Naturstein. Der Raum hatte etwas Behagliches und wirkte bewohnt.

Dan legte den Hund ab und strich ihm über das Fell. Dann nahm er sich ein Handtuch, tauchte es in warmes Wasser und begann, die Wunden des Tieres abzutupfen.

„Das Lager hast du schnell eingerichtet.“ Erin kniete sich neben Dan. Der Mann machte sie neugierig. „Ich bin beeindruckt.“

Er zuckte die Schultern. „Es ist nicht das erste Mal, dass ich ein Tier rette.“

„Wirklich?“

„Wenn ein streunendes Tier hier auftaucht, bleibt es meist. Eines habe ich verlassen am Straßenrand gefunden, ein anderes wurde von einer Familie zurückgelassen, die aus Texas fortgezogen ist. Die Katzen sind ehemalige Streuner. Sie suchten etwas zu fressen, und ich habe ihnen etwas gegeben.“

„Wie viele solcher Tiere hast du?“

„Vier Hunde, drei Katzen und ein paar Pferde.“

„Ist dies eine Pferderanch?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein, wir züchten Rinder.“

„Unendlich viele, nehme ich an?“

„So könnte man es sagen.“

Erin konnte sich Dan sehr gut inmitten von Tieren vorstellen. Er gehörte zu den Männern mit der legendären rauen Schale und dem weichen Kern. Als der Hund angefahren worden war, hatte Dan nicht eine Sekunde gezögert zu helfen. Genauso wie er ihr geholfen hatte, nachdem sie von dem mechanischen Bullen heruntergefallen war.

Ein paar Minuten später erschien Dans Nachbar, Doug Bristol. Er hatte seine Arzttasche dabei und untersuchte den Hund. „Er hat Glück gehabt“, befand er. „Es scheint nichts gebrochen zu sein.“

Sie sahen zu, wie er dem Hund ein Schmerzmittel spritzte und dann die Wunden versorgte. Als er alles für ihn getan hatte, was unter den Umständen möglich war, bat er Dan, am Morgen mit dem Hund in seiner Praxis vorbeizuschauen. „Ich möchte ihn mir noch einmal ansehen. Wie heißt er überhaupt?“

Dan zuckte die Schultern. „Wie wäre es, wenn wir ihn Lucky nennen? Der Glückliche?“

Erin und Doug nickten. „Okay, dann sehe ich Lucky also morgen früh. Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Erin.“

„Danke, dass du gekommen bist.“ Dan brachte den Tierarzt zur Tür und kehrte dann in die Küche zurück. Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich aus. Da der Hund jetzt schlief und es ihm gut zu gehen schien, bestand kein Anlass mehr für Erin, noch länger zu bleiben.

„Ich sollte gehen“, sagte sie. „Du hast heute Abend zweimal den Retter gespielt, du musst müde sein.“

„Nein, eigentlich nicht. Und du?“

Sie schüttelte den Kopf und verstand sich dabei selbst nicht. Hätte sie behauptet, müde zu sein, hätte Dan sie garantiert zurück zu ihrem Wagen gefahren. „Nein, ich bin nicht müde. Im Gegenteil, irgendwie aufgedreht nach allem, was heute Abend passiert ist.“

Dieses Eingeständnis war vielleicht das Riskanteste, was sie sich an diesem Abend geleistet hatte.

„Geht mir auch so. Möchtest du einen Kaffee? Oder vielleicht etwas Stärkeres?“

Nein, noch mehr Alkohol brauchte sie nun wirklich nicht. Sie war sich nicht sicher, warum sie im Staub gelandet war: wegen des Bullen oder der beiden Margaritas. „Kaffee klingt gut.“

Der Mann weniger Worte machte sich daran, einen Kaffee zuzubereiten.

Erin nippte am Kaffee und biss ein kleines Stück von einem riesigen Chocolate-Chip-Cookie ab, bei dem die Schokolade leicht geschmolzen war. Es war ein Tipp ihrer Mutter, Cookies mit Schokoladensplittern kurz in die Mikrowelle zu legen.

„Schmecken sie nicht viel besser warm?“ Erin sah Dan fragend an.

Er nickte. „Nicht schlecht.“

So stellte sie sich Höhlenbewohner vor. Die ganze Kommunikation beschränkte sich auf Nicken, Murmeln und Ein- oder Zweiwortsätze. Seine Blicke hingegen sprachen Bände. Im Moment hatte sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit.

„Seit wann lebst du schon hier?“

„In Texas? Mein ganzes Leben lang.“

„Ich bin aus Seattle.“

Er trank einen Schluck Kaffee. „Das sagtest du bereits.“

„Tatsächlich? Wann?“

„Nachdem der Bulle dich abgeworfen hatte.“

„Ach so, ja. Die Sache mit dem Bullen war wirklich keine gute Idee.“

Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Mutig war es schon.“

„Wirklich?“ Sie spürte förmlich, wie sie erblühte. Hatte er ihr gerade ein Kompliment gemacht?

„Ja, aber nicht sehr klug.“ Er aß den Rest seines Cookies.

Sie rollte die Augen, und er lachte, laut und herzhaft. Ein Lachen, das ein Kribbeln in Erins Magengegend auslöste. „Ich sollte jetzt wirklich gehen. Könntest du mir ein Taxi rufen?“

Er erhob sich. „Ich fahre dich.“

„Aber du solltest Lucky nicht allein lassen.“

Dan warf einen Blick auf den schlafenden Hund. „Ich bezweifle, dass er vor morgen früh wieder munter wird.“

Sie vermutete, dass der Grund ein anderer war. Dan gehörte zu den konservativen Texanern, die wussten, was sich gehörte. Niemals würde er sie mitten in der Nacht allein auf den Weg schicken. Er würde dafür sorgen, dass sie wohlbehalten wieder zu ihrem Wagen gelangte. „Nur, wenn du dir wirklich sicher bist.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich gehen lassen möchte“, bekannte er offen, „aber ich bin mir sicher, dass ich dich fahren werde.“

Wow! Er konnte nicht nur in ganzen Sätzen reden, sondern er überraschte sie auch noch mit dem Eingeständnis, dass ihm etwas an ihrer Anwesenheit lag. „Danke. Ich nehme dein Angebot gerne an.“

Dan nickte. Seine Reaktion verriet weder Erleichterung noch Enttäuschung.

Sie wäre tatsächlich gern geblieben, aber ihr Bedarf an Risiko war für den Tag gedeckt. „Ich glaube, ich habe mich noch gar nicht dafür bedankt, dass du mir im Saloon geholfen hast. Das war wirklich nett von dir.“ Sie hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

Gerade als sie zurückweichen wollte, legte er einen starken Arm um ihre Taille und zog Erin an seine muskulöse Brust. Im Geiste sah sie ihn plötzlich mit nacktem Oberkörper.

„Ich muss dir auch danken“, sagte er.

„Wofür?“ Sie hatte Mühe zu sprechen. Dies war jetzt anders als zuvor, als er sie aus dem Saloon getragen hatte – dies war intimer. Sie waren allein in Dans großem Haus. Zwei Erwachsene, die wussten, was sie taten.

„Dafür, dass du mir mit Lucky geholfen hast.“ Er schob seinen Daumen unter ihr Kinn und hob es leicht an, bis sich ihre Blicke trafen. Himmel! Er würde sie küssen, und sie signalisierte ihm auch ohne Worte ihr Einverständnis. Doch er ließ sich Zeit. Näherte sich ihren Lippen mit Bedacht. Die Sekunden dehnten sich zu einer gefühlten Ewigkeit. Die Spannung brachte sie fast um.

Endlich! Endlich spürte sie seine Lippen auf ihren, und Erin schloss die Augen. Ohne zu überlegen, tauchte sie ein in diesen himmlischen, heißen Kuss. Der Geschmack von Schokolade und Kaffee vermischte sich mit purer Leidenschaft. Es überkam sie wie eine Naturgewalt, stark und fordernd. Sie schlang die Arme um seinen Nacken, und Dan umfasste ihre Taille. Zog sie noch fester an sich, um fortzusetzen, was sie begonnen hatten.

Dans Kuss wurde drängender. Sie stöhnte leise, während sie sich dem Genuss ganz hingab. Ihre Zungen lieferten sich ein heißes Duell. Erin schob ihre Hände in Dans Haar, das ihm bis auf den Hemdkragen fiel. Da er sie so fest an sich drückte, spürte sie deutlich seine Erregung. Ihr Verlangen stand seinem in nichts nach.

Sie sehnte sich danach zu bleiben.

Sehnte sich danach, mehr Zeit mit ihm zu verbringen. War sogar bereit, mit diesem Texaner ein Risiko einzugehen.

In dem Moment, als ihr all das bewusst wurde, beendete Dan den Kuss und löste sich von ihr. „Tut mir leid.“ Er zuckte die Schultern. „Ich habe mich hinreißen lassen.“

Sie lächelte, obwohl sie seine Wärme und das Gefühl seines Körpers an ihrem schon jetzt vermisste. „Das sollte mein Text sein. Der Sturz vom Bullen hat mich irgendwie durcheinandergebracht.“

„Es war nicht meine Absicht, dich hierherzubringen.“

„Es war wohl einfach nur Glück. Oder Lucky.“ Sie lachte leise, und Dan verzog die Mundwinkel.

„Meinst du?“ Er zog sie wieder in seine Arme. „Ich hatte gerade auch das Gefühl, Glück zu haben.“

Sie starrte seine Lippen an. „Es ist lange her, seit ein Kuss mich so glücklich gemacht hat“, bekannte sie leise.

„Das kann ich auch so sagen, Erin. Bleibst du heute Nacht hier?“

Sie nickte nur.

Ohne ein weiteres Wort nahm Dan ihre Hand und führte sie aus der Küche.

Er mochte Erin wirklich. Wenn er ehrlich sein wollte, musste er zugeben, dass er sie vielleicht zu sehr mochte. Es war lange her, seit eine Frau derart sein Interesse geweckt hatte. Er hatte sie im Dark Horse entdeckt, und schon beim ersten Blickkontakt war da dieses gewisse Etwas gewesen. Er wusste sofort, dass sie nicht in den Saloon gehörte. Als sie den mechanischen Bullen bestieg, ging er davon aus, dass ihr der Ritt ihres Lebens bevorstand. Zumindest für ein paar Sekunden. Aber kaum hatte der Bulle sie abgeworfen, war er ihr sofort zu Hilfe geeilt. Ein Blick in die Runde hatte dafür gesorgt, dass niemand zu lachen wagte, als er sie hinaustrug.

Was war nur los mit ihm? Er rettete Tiere und Frauen in Not. So sah es zumindest aus. Es war nie seine Absicht gewesen, sie nach Hunt Acres zu bringen, aber dann wurde der Hund angefahren, und plötzlich hatten sie sich gemeinsam um ihn gekümmert. Mitten in der Nacht. Und nun lag sie in seinem Bett und streckte die Arme nach ihm aus.

Es fiel ihm verdammt schwer, klar zu denken – oder überhaupt zu denken.

Er ließ sich auf das Bett sinken und nahm sie in die Arme, um sie erneut zu küssen. Dabei bemühte er sich, dass nicht zu viel von seinem Gewicht auf ihr lastete. Sie war einfach süß. Sexy. Und bereit. War er das Risiko, dass sie an diesem Abend eingehen wollte? Er musste sicher sein, dass sie es wirklich wollte. Musste ihr eine Rückzugsmöglichkeit bieten. „Bist du dir sicher, Erin?“

Ihre hübschen blaugrünen Augen verdunkelten sich. „Ja, ganz sicher.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Du dir nicht?“

Ihre Frage überraschte ihn. Fast hätte er gelacht, aber er hielt sich zurück. Wusste sie denn nicht, wie sehr er es wollte? Sie war ihm in der Menge im Saloon aufgefallen. Er hatte den Blick einfach nicht von der süßen Blondine in den engen Jeans und der goldfarbenen Bluse wenden können, die genau zur Farbe ihres Haars passte. Eine Frau, die vollkommen außerhalb ihres Elements zu sein schien. Sie hatte ihn von Anfang an fasziniert.

Und nun war sie in seinem Bett. „Doch, ich bin mir auch sicher.“

Sie atmete spürbar erleichtert auf.

„Du hast nicht wirklich daran gezweifelt, oder?“

Sie lächelte. Ein Lächeln, das ihm durch und durch ging. Er hatte jetzt genug geredet. Er war bereit, ihr einen wesentlich besseren Ritt zu schenken als der mechanische Bulle.

Erin ging ganz bewusst ein Risiko ein. Sie wollte eine Erinnerung schaffen, die sie mitnehmen konnte nach Seattle, wenn ihre Zeit in Texas vorbei war. Sie wollte nicht darüber nachdenken. Wollte einfach tun, wonach ihr war. Dans Körper faszinierte sie. Er schien nur aus Muskeln zu bestehen, aber seine Berührung war zärtlich. Sie vertraute diesem Mann ganz instinktiv. Genoss es, seine Hände an ihrem Körper zu spüren und zu fühlen, wie seine Fingerspitzen zärtlich über ihr Gesicht glitten, während er sie küsste. Mit einem Seufzer hingebungsvoller Lust öffnete sie ihre Lippen.

Dan zog eine Spur heißer kleiner Küsse ihren Hals hinunter. Sein warmer Atem streifte ihr Dekolleté. Geschickt knöpfte er ihre Bluse auf und öffnete ihren BH, um ihre Brüste zu bewundern. Seufzend küsste und liebkoste er ihre Brustwarzen. Erin stöhnte leise und genoss es.

Nachdem er ihr auch noch die restlichen Kleidungsstücke ausgezogen hatte, lagen sie nun nebeneinander auf dem Bett. In diesem Moment drang ein einziger klarer Gedanke durch den Nebel ihres Genusses: Er war noch vollständig angezogen, und das war nicht fair. Sie wollte ihn berühren und ihn ebenso um den Verstand bringen wie er sie. Mit seiner Hilfe gelang es ihr, ihn von seinem Hemd zu befreien.

Wow! Seine Schultern waren nackt noch beeindruckender, noch breiter. Sie konnte nicht anders, sie musste ihre Hände darübergleiten lassen.

Er schloss die Augen. „Sweetheart“, stöhnte er.

Sie erkundete ihn voller Verlangen und Neugier. Seine Brust. Seinen Bauch. Und weiter unten. Seine Erektion pulsierte in ihrer Hand.

„Dan …“

„Moment.“ Ehe sie sichs versah, hatte er sie auf den Rücken gedreht und hielt ihre Handgelenke über ihrem Kopf mit einer Hand fest, während er sie mit der anderen an ihrer intimsten Stelle streichelte. Sie schloss die Augen und hob die Hüften. Geschickt und kunstvoll liebkoste er sie. Machte, dass sie stöhnte und sich wand. Verzweifelt flehte sie nach mehr. Seine Bewegungen wurden fester. Schneller. Ihr Puls raste.

Sie war bereit. Mehr als bereit.

Erin schrie auf, als sie kam.

Dan war bei ihr. Küsste sie. Streichelte ihr Haar und machte es alles noch viel besser. Langsam kam sie wieder zu sich und sah ihm in die Augen.

„Das war wunderschön“, flüsterte er.

Sie konnte ihm nur zustimmen.

Sie griff nach seinem Gürtel. Er half ihr nur zu gern, seine Hose abzustreifen. Endlich war er so nackt wie sie. Sein Anblick erregte sie. Seine Schönheit lag in seiner Kraft, gepaart mit Zärtlichkeit. Als sie ihn das erste Mal ganz betrachtete, schnappte sie unwillkürlich nach Luft.

Dan sah ihren Blick und reagierte besorgt. Sie erkannte es auch ohne Worte an seiner Miene. Sie vertrieb seine Sorge durch viele kleine Küsse und schob sich unter ihn.

Erleichtert griff er nach einem Kondom, streifte es sich über und legte sich zwischen ihre Schenkel. Ein Anblick, der sich ihr unauslöschlich einprägte. Sie zog ihn zu sich herunter und ließ ihre Zunge in seinen Mund gleiten. Es war gut, den aktiven Part zu übernehmen und ihm zu zeigen, wie sehr sie ihn begehrte. Es tat gut, sein Stöhnen zu hören und zu hören, wie er ihren Namen flüsterte.

Dan übernahm. Er berührte ihre Brüste mit federleichten Liebkosungen, bis sie kurz davor stand, vor Lust zu schreien. Endlich! Endlich spreizte er ihre Beine, ergriff ihre Hüften und drang mit einem kräftigen Stoß in sie ein.

2. KAPITEL

Erin erwachte eine halbe Stunde später und fand sich allein in Dans Kingsize-Bett wieder. Ihr ganzer Körper schien nur aus einem hingebungsvollen Seufzen zu bestehen. Wenn sie dieses Gefühl doch nur speichern und mitnehmen könnte, dann hätte sie für immer ausgesorgt. Es war schierer Zufall gewesen und ihr dummer Versuch, den Bullen zu reiten, der sie hierhergebracht hatte. Zu Dan. Sie lächelte und rollte sich auf die andere Seite – und sah sich einem grauweißen großen Fellbündel mit leuchtend grünen Augen gegenüber.

„Hallo!“, sagte sie zu der Katze, die in königlicher Pose auf dem Nachttisch thronte. „Wer bist du denn?“

Die Katze gähnte.

Erin lachte leise. „Ein großer Schweiger, wie ich sehe. Ganz wie dein Besitzer. Was glaubst du, wo er ist?“

Sie wartete die Antwort der Katze nicht ab, sondern ließ sich aus dem Bett gleiten und warf sich Dans Hemd über. Ein Blick in den Spiegel verriet ihr, dass ihr Haar noch einigermaßen zivilisiert aussah. Ein gutes Zeichen, wenn sie bedachte, wie oft Dan seine Finger hatte hindurchgleiten lassen.

Als sie den Korridor hinunter zur Treppe ging, schloss sich ihr ein Mischlingshund mit kurzen Beinen an, der viel von einem Cockerspaniel zu haben schien. Er bemühte sich, mit ihr Schritt zu halten. Oben an der Treppe sah sie in die seelenvollen Augen eines schwarzen Labradors. Er schien ihr freundlich gesonnen, denn er wedelte mit dem Schwanz, als er sie sah.

„Du bist aber ein Schöner!“ Sie streichelte den Kopf des Hundes, bevor sie mit ihrer Entourage die Treppe hinunterging.

In der Küche schlief Lucky noch auf seinem provisorischen Lager. Es tat Erin gut, ihn so entspannt zu sehen. Erst jetzt entdeckte sie Dan bei der Spüle. Er war gerade dabei, dem Hund frisches Wasser in eine Schale zu geben. Seine Sorge um Lucky war rührend und unglaublich süß, aber nichts war vergleichbar damit, wie ihr bei seinem Anblick der Atem stockte.

Sie registrierte seine gebräunte nackte Brust und die Art, wie seine Jeans tief auf seinen Hüften hingen. Dann die markanten Züge seines Gesichts. Er war einfach nur perfekt, fand sie. Etwas verlegen schlang sie die Arme um sich. „Hi.“

Er kam zu ihr, und sein Blick glitt über das Hemd, das ihr gerade bis zur Mitte der Schenkel reichte. Ihm schien zu gefallen, was er sah. „Hi.“

Er zog sie an sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. Ihre Scheu verflog, und sie lächelte. „Versorgst du Lucky?“

„Genau.“

„Wie geht es ihm?“

„Scheint alles gut.“ Er sah ihr in die Augen. „Ich mag dich in meinem Hemd.“

„Oh … äh … ich hoffe, du hast nichts dagegen …“

„Nein, natürlich nicht.“ Er drückte sie an sich. „Alles in Ordnung?“

„Mhm, alles im grünen Bereich“, versicherte sie ihm. „Ich habe ein paar deiner Freunde kennengelernt.“ Sie deutete auf die beiden Hunde, die an Luckys Lager schnüffelten. Die Katze rieb den Kopf dagegen. Es schien sie zu irritieren, dass der schlafende Hund keine Notiz von ihr nahm.

„Der kleine Cockerspaniel ist Buggy, der große ist Rio.“ Der Labrador setzte sich neben Dan und rieb den Kopf an seinem Bein.

„Und die Katze?“

„Das ist Juliet.“

„Juliet?“

„Genau. Romeo schläft wahrscheinlich noch bei den anderen.“

„Eine beeindruckende Familie.“

„Ich habe das Gefühl, ich bin so etwas wie der Rattenfänger von Hameln. Nur für Tiere in Not.“

„Und für Frauen in Not?“

Dan sah sie erstaunt an. „So habe ich dich nie gesehen, Erin.“

„Das freut mich.“

„Tatsächlich?“ Sein Blick glitt langsam über ihren Körper und schien sie fast physisch zu berühren. Es hatte den Anschein, als dächte er sich neue Arten aus, sie glücklich zu machen.

Himmel, sie ging wirklich etwas weit!

Er zog sie an seinem Hemd näher zu sich. „Ich mag es, wenn du mich berührst“, sagte er leise.

Sie schluckte. War ihr Körper gerade noch befriedigt und entspannt gewesen, spürte sie jetzt prickelnde Erregung in sich aufsteigen. Sie ließ die Hände über seine Brust gleiten. Ihr Atem ging schneller.

Er ließ das Hemd los und umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen. Dabei sah er ihr tief in die Augen. „Willst du es?“

Er musste es nicht noch einmal sagen. Sie wusste, was er meinte. „Ja, ich will dich. Willst du …?“

„Verdammt, ja“, unterbrach er sie.

Sie kam nicht einmal dazu zu lächeln, als er seine Lippen bereits auf ihre legte und Erin hochhob. Spontan schlang sie die Beine um ihn, um sich an ihm festzuhalten. Dabei rieb sie sich an seiner Erektion. Die Berührung ließ sie aufstöhnen, und auch Dan entfuhr ein Laut der Erregung. Sie verloren sich ineinander, ihre Lippen feucht und heiß.

Mit Erin auf dem Arm ging Dan zur Wand, bis Erin sich mit dem Rücken daranlehnte. „So?“ Er sah sie fragend an.

„Ich habe noch nie … Ja.“

Er küsste sie erneut. Als sie den Mund öffnete, weil sie dringend Luft brauchte, tauchte er mit der Zunge hinein und setzte Erin mit diesem erotischen Kuss immer mehr in Brand. Eine Woge heißer Lust durchlief sie. Sie war so bereit für ihn, dass ihr das Warten zur Qual wurde. Es war erstaunlich, wie sehr sie sich nach Dan sehnte. Sie wollte nichts anderes von ihm hören, als dass er sie immer und immer wieder wollte.

Dan ließ sie kurz herunter, damit er seine Hose ausziehen und sich ein Kondom überstreifen konnte. Erin konnte es gar nicht erwarten, ihn endlich in sich zu spüren. Es war wie eine große Erleichterung für sie beide, als er sie wieder hochhob und sich endlich mit ihr vereinte. Sie schienen wie füreinander gemacht. Besser hätte es nicht sein können. Sie passte sich seinem Rhythmus an, nahm ihn ganz in sich auf.

Erin öffnete die Augen und sah den Ausdruck der Entschlossenheit in seinem Blick. Die intensive Lust war so ganz anders als das zärtliche Liebesspiel zuvor. Sie genoss jeden Stoß, jede explosive Vereinigung ihrer Körper. Dans Lider waren halb geschlossen, und er stieß Worte aus, die sie kaum verstehen konnte. Worte, die sie normalerweise schockiert hätten, die jetzt aber ihre Lust anfachten.

Sie spürte ihn tief in sich und reagierte immer sensibler auf jeden seiner Stöße. Jede Bewegung brachte sie dem Höhepunkt näher. „Dan“, schrie sie.

„Ich bin ganz bei dir“, keuchte er. „Lass dich gehen!“

Es war die süße Qual in seiner Stimme, nicht die Worte selbst, die sie kommen ließen. Sie kam so gewaltig, dass ihr ganzer Körper zu zittern begann. Dan hielt sie ganz fest und erreichte den Höhepunkt gleich nach ihr.

Schwer atmend verharrten sie so und klammerten sich aneinander. Hielten einen Moment fest, der unvergleichlich war. Zumindest für Erin.

„Lass uns ins Bett gehen“, flüsterte Dan schließlich. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen und trug sie die Treppe hinauf.

Erin erwachte noch vor dem Morgengrauen. Sie hatte in der Nacht nur wenig Schlaf bekommen. Als der große Mann an ihrer Seite sie an sich zog und dabei im Schlaf leise schnarchte, musste sie unwillkürlich lächeln. Den ganzen Tag hätte sie so nackt in seinen Armen bleiben und immer zwischen Tag und Traum hin und her gleiten können. Aber sie wollte nicht die Frau sein, die er am Morgen nicht loswerden konnte. Sie wusste, wie so etwas lief. Sie würde noch zum Morgenkaffee bleiben und dann gehen.

Dan musste sich um seine Ranch kümmern, und sie … Nun ja, sie hatte ihren Job als Nanny verloren, da Will Brady seine große Liebe gefunden hatte und seine Tochter Faye in Amberley Holbrook bald eine liebevolle Stiefmutter haben würde. Sie gönnte ihnen ihr neues Glück.

Will und seine verstorbene Frau Lucy hatten Erin schon vor der Geburt des Kindes engagiert, damit alles perfekt vorbereitet war. Völlig unerwartet war Lucy dann an einer Hirnblutung verstorben. Man hatte sie gerade noch lange genug bis zur Geburt ihrer Tochter mit Maschinen am Leben gehalten. Seither hatte Erin sich um die Kleine gekümmert, nunmehr fast ein Jahr. Als Will von seinem Freund und Geschäftspartner gebeten wurde, ihn in Texas bei der Suche nach einem Unbekannten namens Maverick zu unterstützen, der die kleine Stadt Royal seit Monaten mit Erpressungen und Bloßstellungen im Internet unter Druck setzte, war Erin natürlich mitgekommen, um sich um das Kind zu kümmern. Die Beschäftigung mit Faye war ein wahrer Segen für sie, hatte sie ihr doch geholfen, über den Schmerz hinwegzukommen, den ihr Ex ihr bereitet hatte.

Erin wusste nur wenig über den Fall, an dem Will arbeitete, aber dieser Maverick schien ein sadistisches Vergnügen daran zu haben, das Leben anderer Menschen zu zerstören. Wills Arbeit hier war sehr wichtig, da alle anderen Versuche, den Erpresser zu überführen, bislang fehlgeschlagen waren.

Ihr Boss war so großzügig gewesen, ihr Gehalt bis zum Ende des Jahres weiterzuzahlen, sodass sie im Gästehaus der Flying E Ranch bleiben konnte, bis es Zeit war, in ihr kleines Apartment in Seattle zurückzukehren. Will hatte ihr sogar ein elektronisches Keyboard bringen lassen, damit sie darauf spielen konnte, wenn ihr danach war. Bisher hatte sie es noch nicht über sich gebracht.

Erin hoffte inständig, dass der Skandal um Rex Talbot, der sie fast um ihren guten Ruf gebracht hatte, inzwischen in Vergessenheit geraten war. Sie hatte sich geschworen, sich nie wieder in eine derart verletzliche Situation zu bringen.

Wenn das bedeutete, sich an diesem Morgen von Dan – dessen Nachnamen sie noch gar nicht kannte – zu verabschieden, dann wollte sie das tun. Falls er Interesse an ihr hatte, musste er den ersten Schritt tun.

Vorsichtig löste Erin Dans Arm von ihrer Taille und setzte sich langsam auf. Dan hatte darauf bestanden, dass sie nackt schliefen, und ihr versprochen, sie warm zu halten. Er hatte sein Versprechen gehalten.

Nachdem sie noch einen Blick auf den schlafenden Mann geworfen hatte, seufzte sie schwer und machte sich daran, ihre Sachen einzusammeln. Sie huschte auf Zehenspitzen ins Bad, um zu duschen.

Ihr Körper schmerzte an all den richtigen Stellen, und der warme Strahl der Dusche tat unendlich gut. So intensiven Sex hatte sie noch nie gehabt. Sobald sie sich wieder angezogen hatte, machte sie sich auf den Weg nach unten, gefolgt von Buggy und einer kleinen Pudelmischung. Als sie in die Küche kam, war Lucky bereits wach. Sie ging neben ihm in die Hocke. „Hey, Junge! Wie geht es dir heute Morgen?“

Der Hund wedelte mit dem Schwanz. Sie freute sich darüber, dass es ihm sichtlich besser ging, und streichelte ihn. Er fuhr mit seiner feuchten Zunge über ihre Hand. Lucky konnte wirklich von Glück sagen, dass Dan ihn gerettet und bei sich aufgenommen hatte.

Sie begann, Kaffee zuzubereiten. Sie hatte Dan am vergangenen Abend zugesehen und wusste, wo sie in der großen Küche die Dinge dafür finden konnte. Bei Dan musste offensichtlich alles groß sein. Sie lachte leise, als ihr bewusst wurde, dass das wirklich auf alles zutraf …

Die Hunde versammelten sich zu ihren Füßen und sahen erwartungsvoll zu ihr auf. Sie wollte gerade zwei Becher aus dem Schrank nehmen, als sie den Schrecken ihres Lebens erlebte: Eine Frau mittleren Alters betrat die Küche. Sie war schwarz gekleidet und trug eine weiße Schürze.

„Guten Morgen“, sagte sie freundlich und sah Erin dabei lächelnd an.

Offensichtlich handelte es sich um Dans Haushälterin. Großer Gott! War sie in der vergangenen Nacht im Haus gewesen? Erin spürte förmlich, wie sie rot wurde. „Hallo! Ich bin … äh … Erin.“

„Freut mich, Sie kennenzulernen. Darla White. Was möchten Sie zum Frühstück? Dan isst immer Eier, Schinken und Toast. Wenn Sie etwas anderes möchten, mache ich es Ihnen gern.“

„Oh, nein, danke. Kaffee reicht. Ich … äh … habe schon angefangen, ihn zuzubereiten.“

Erin hoffte inständig, dass die Erde sich unter ihr auftun und sie verschlingen möge!

Die Frau schien jedoch keinen Anstoß an ihr zu nehmen. Sie machte sich an die Arbeit. War sie es gewohnt, dass fremde Frauen in Dans Küche auftauchten? Oder war sie einfach von Natur aus taktvoll?

In diesem Moment kam Dan in die Küche. Das Haar war noch feucht vom Duschen, und ihn umgab der Duft seines Shampoos. Er hatte sich noch nicht rasiert, und mit dem leichten Bartansatz hatte er etwas Verwegenes an sich, sodass Erin ein Schauer überlief.

„Morgen“, sagte er vollkommen entspannt.

Trotz der prickelnden Wirkung, die sein Anblick auf sie ausübte, hätte Erin ihn würgen mögen! Wieso hatte er sie nicht gewarnt, dass sie abgesehen von seiner Menagerie an Tieren in der vergangenen Nacht nicht allein im Haus gewesen waren?

Dan erfasste die Situation und zog erstaunt eine Braue hoch, als er Erins peinliche Betretenheit registrierte. „Darla, ich möchte dir Erin vorstellen. Erin – Darla. Sie wohnt mit ihrem Mann im Gästehaus. Ted ist der Vorarbeiter der Ranch.“

Darla bemühte sich, ein Lächeln zu unterdrücken, aber sie nahm den stummen Austausch zwischen den beiden sehr wohl wahr.

Um Dans Mundwinkel zuckte es verdächtig. Dieser Schlingel! Er hatte die ganze Zeit gewusst, woran sie dachte. Glücklicherweise hatte er sie schnell von ihrer Pein erlöst.

Erins Gesicht nahm allmählich wieder eine natürliche Färbung ein, als sie sich still an den Tisch setzte, während die Haushälterin den Kaffee servierte. Dan ging zum Hundebett und untersuchte Lucky flüchtig. Der Hund hatte ihn schon als sein neues Herrchen akzeptiert. Er leckte Dans Hand. Dan grinste. „Hey, Junge, sieht ja ganz so aus, als hättest du dir schon den Bauch vollgeschlagen.“

Das Fressen im Napf war gänzlich verschwunden, und das Wasser in der Schale hatte er auch bereits weitgehend aufgeschlappt. Als Dan sich aufrichtete, kam Lucky sofort auf die Beine und drückte sich an ihn. Dan warf einen raschen Blick zu Erin hinüber. „Bitte, entschuldige. Ich muss mal kurz mit ihm nach draußen.“

„Natürlich.“

Kurze Zeit später waren die beiden zurück. Dan nahm Erin gegenüber Platz, der Hund zu seinen Füßen. Vielleicht hätten sie ihn lieber Shadow nennen sollen – Schatten.

Dan schien vollkommen entspannt, während Erin sich fragte, ob sie über das reden sollten, was zwischen ihnen gewesen war. Sie kannte sich mit den Gepflogenheiten bei One-Night-Stands nicht so aus. Sie war noch nie einfach mit einem Mann im Bett gelandet, den sie gerade erst in einer Bar kennengelernt hatte.

Na ja, ganz so war es ja mit Dan auch nicht gewesen. Es war noch einiges passiert, das schließlich zu der Situation geführt hatte, in der sie sich jetzt befand. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass sie beide kaum etwas voneinander wussten. Das zwischen ihnen war in erster Linie Sex gewesen, ohne tiefe Gefühle. Aber es ließ sich nicht leugnen: Erin mochte Dan. Und nach allem, was in der vergangenen Nacht zwischen ihnen geschehen war, wie sollte sie nicht?

Darla servierte das Frühstück und verzog sich diskret in einen anderen Raum.

„Du solltest etwas essen, Erin“, bemerkte Dan.

„Kaffee und Toast genügen.“

Sie bestrich das Stück Toast umständlich mit Butter und starrte es dann an. Dad redete nicht viel. Sie wollte nicht die Klischee-Frau sein, die sich am Morgen danach an einen Mann klammerte. Es lag ihr fern zu fragen, wie es mit ihnen weitergehen sollte.

Dan räusperte sich. „Nach dem Frühstück fahre ich dich zu deinem Wagen.“

„Das ist nicht nötig. Ich habe bereits ein Taxi bestellt.“

„Schon?“ Er schien überrascht.

„Ja, heute Morgen. Die Ranch liegt ja ziemlich abseits. Ich dachte, es dauert eine Weile, bis das Taxi hier ist.“

Dan stützte die Arme auf den Tisch. „Ich mag dich, Erin.“

„Ich dich auch, Dan.“

„Ich … äh … ich meine, die letzte Nacht war unglaublich, aber ich stehe nicht auf Langzeitbeziehungen. Und ich glaube nicht, dass du die Art Frau bist …“

„Ich habe schon verstanden. Du musst nichts weiter erklären.“ Oh, Mann! Er wollte ernsthaft eine Rede darüber halten, dass er nicht für eine feste Beziehung taugte! Sie wollte es nicht hören. Sie kannte diese Masche. Aber irgendwie war sie dennoch ziemlich verletzt und enttäuscht, weil sie gehofft hatte, es wäre etwas mehr als Sex zwischen ihnen gewesen. „Die vergangene Nacht war unglaublich, und dabei belassen wir es. Okay, Dan?“

„Äh …“ Für einen Moment schien er unsicher – und wenigstens das war ihr ein kleiner Triumph. „Natürlich“, sagte er schließlich.

Dan hasste es, Erin einfach in ein Taxi zu setzen. Es schien so unpersönlich. So hart. Aber sie hatte darauf bestanden, und vielleicht war es ja wirklich besser so. Er gab ihr einen verlegenen Kuss und sah zusammen mit seinen Hunden und Katzen von der Veranda seines Hauses aus zu, wie der gelbe Wagen davonfuhr.

War es ein Fehler, sie gehen zu lassen? Er hatte nicht einmal ihre Telefonnummer! „Idiot“, schalt er sich. Sie musste ihn für einen absoluten Bastard halten, und er konnte ihr nur zustimmen. Er war einunddreißig Jahre alt, und immer noch hielt er die Menschen auf Abstand. Oder genauer gesagt: die Frauen. Er hatte nicht die Absicht, sich auf eine Beziehung einzulassen, die dann letztlich doch in die Brüche ging. Er mochte sein Leben genau so, wie es war. Ohne das Risiko, verletzt zu werden. Ohne das Risiko, verlassen zu werden. Noch einmal.

Erin schien allerdings anders als die meisten Frauen zu sein. Etwas Besonderes. Sie war die erste Frau seit Langem, die er wirklich mochte. Doch es war nicht klug, zu viele Gefühle zu investieren. Dan war ein Einzelgänger, und so sollte es auch bleiben. Niemanden zu nahe an sich herankommen lassen, das war seine Devise. Seine Wunden verbarg er. Seine Tiere füllten die Leere, die ihn sonst erdrückt hätte. Und was auch immer zwischen ihm und Erin gewesen war, war nun zu Ende. Sie hatten sich zufällig kennengelernt, das war alles.

Trotz allem ging ihm ihr Blick nicht aus dem Sinn, als sie ins Taxi gestiegen war: Er drückte eine Mischung aus Enttäuschung und Bedauern aus, verborgen hinter einer gesunden Portion Stolz.

Dan begab sich in sein Büro und ließ den PC hochfahren. Gut dreißig E-Mails warteten auf ihn. Hunt and Company, das Unternehmen der Familie, lieferte Rindfleisch an Restaurants im ganzen Land und betrieb auch selbst eine Kette von Steakhäusern. Der Betrieb verschlang einen großen Teil von Dans Zeit, und auch heute hatte er eine Menge zu tun. Er öffnete die erste Mail und kniff die Augen zusammen, um zu begreifen, was er dort auf dem Bildschirm sah. Die Worte ergaben einfach keinen Sinn, weil er mit seinen Gedanken ganz woanders war.

„Ist sie weg?“ Darlas Stimme drang wie durch einen Nebel zu ihm durch.

Er war ihr mehr als dankbar für die Unterbrechung, weil sie es ihm ersparte, in seiner Verwirrung noch weitere Mails durchgehen zu müssen. Er drehte sich zu seiner Haushälterin herum. Im Moment kümmerte sie sich um mehr als sein Haus, und irgendwie war er ihr dankbar dafür. „Ja. Erin ist fort.“

„Und du hast sie nicht selbst gefahren?“

Dan schüttelte den Kopf. „Sie wollte es nicht.“

„Sie ist also noch halsstarriger als du?“ Ihre Stimme drückte höchstes Erstaunen aus. Es war kein Kompliment.

Er lachte leise, aber durchaus mit einer Spur von Schuldbewusstsein. Er hatte Erin nicht stark genug widersprochen. „Sieht ganz so aus.“

„Schade. Ich mochte sie.“

„Du mochtest sie?“ Dan zog die Stirn kraus. „Ist das irgend so ein Frauending? Du hast sie doch kaum gesehen, und schon weißt du, dass du sie magst?“

„Weil du sie magst.“ Sie seufzte schwer und schüttelte den Kopf. Sie war zwanzig Jahre älter als er und bemutterte ihn gelegentlich. „In diesem Haus fehlt schon lange eine Frau. Erin war sehr nett. Sie ist dunkelrot angelaufen, als ich hereinkam. Das sagt doch mehr als genug über das Mädchen aus.“

Dan hatte es auch bemerkt und versuchte jetzt, die Situation schönzureden. „Sie hat mir gestern Abend mit dem Hund geholfen.“

„Natürlich …“ Das Lächeln seiner Haushälterin war eine Spur zu breit.

„Hey, Darla, nun gib einem Mann eine Chance, okay?“

Sie lachte. „Ich will ja nur sagen, du wirst als alter, einsamer Mann enden, wenn du nicht endlich in die Hufe kommst.“

„Ich wüsste nicht, inwiefern.“

„Ich fange an, dir zu glauben, Dan. Es ist ein Jammer.“

Sie verschwand so rasch, wie sie gekommen war. Dan starrte wieder auf den Bildschirm. „Ach, verdammt.“ Ihm stand im Moment einfach nicht der Sinn nach Arbeit.

Kurz entschlossen verließ er sein Büro. Die Worte von Darla White wollten ihm nicht aus dem Sinn.

Doc Bristols Untersuchung bestätigte, dass Lucky keine inneren Verletzungen hatte. Er gab Dan ein Antibiotikum mit, das er eine Woche lang unter das Fressen mischen sollte. Die Wunden sollten verheilen und keine Schäden zurückbleiben. Das waren gute Nachrichten. Am frühen Nachmittag kehrte Dan mit seinem neuen Hund nach Hause zurück.

Noch einmal setzte er sich an den Schreibtisch und unternahm einen zweiten Anlauf mit den Mails. Er kontrollierte die Bestände des Texas Cattleman’s Clubs, um sicherzugehen, dass die Lieferungen für die nächsten Wochen im Plan waren. Die Steaks seiner Firma waren ein wichtiger Anziehungspunkt für das Restaurant.

Er zwang sich, so lange sitzen zu bleiben, bis auch die letzte Mail beantwortet war. Gegen vier Uhr nachmittags hatte er endgültig genug von den Zahlen. Er war unruhig und gereizt. Über den Grund dafür wollte er lieber nicht nachdenken. Er musste an die Luft.

Die Haustür fiel hinter ihm ins Schloss. Tief sog er die frische Novemberluft ein. Er liebte den Herbst, wenn es endlich kühler wurde. Endlich konnte man wieder richtig durchatmen. Für einen Moment verharrte er auf der Veranda. Er hatte sich an die Gerüche gewöhnt, die ihn hier umgaben – bis Rinder, Erde und Leder alle zu dem einen ganz besonderen Hunt-Duft verschmolzen waren. Er hatte etwas unendlich Beruhigendes für ihn.

Er ging zu den Pferden hinüber. Seine drei Stuten kamen herbeigetrottet, als sie ihn bemerkten, und hängten die Köpfe über das Gatter. „Hey, Mädchen.“ Er streichelte ihnen die Mähnen und klopfte die glänzenden Hälse.

„Wie ist dein Tag?“, erkundigte Ted sich, der mit einer Handvoll Karotten aus dem Stall gekommen war.

„Hey, Ted! Sehr gut, danke.“

Ted reichte ihm die Hälfte der Karotten. Er gab sie zweien der Stuten, während Ted die dritte fütterte. Alle drei fraßen mit Genuss und hielten Ausschau nach mehr.

„Ich habe gehört, du hast heute Nacht jemanden mitgebracht.“

Dan hielt inne. Das ging überhaupt niemanden etwas an! Es überraschte ihn selbst, wie viel ihm daran lag, Erin vor der Neugier anderer zu beschützen. „Hast du das von deiner Frau?“

„Nein, ich habe den Hund heute Morgen selbst gesehen. Was ist passiert? Bleibt er?“

Dan atmete erleichtert auf. Er hätte wissen sollen, dass Ted nicht so indiskret sein würde. Auch wenn er Erin gesehen hätte, hätte er nichts gesagt. „Er ist angefahren worden. Der Fahrer ist einfach weitergefahren. Ich war zufällig dabei und habe ihn zu Doc Bristol gebracht. Er bleibt, es sei denn, irgendjemand erhebt Anspruch auf ihn.“

„Hat er schon einen Namen?“

„Lucky.“

„Passt doch. Dass ihm das genau vor deiner Nase passiert ist, hat ihm vielleicht das Leben gerettet.“ Ted versetzte ihm einen Schlag auf den Rücken. „Du konntest noch nie tatenlos zusehen, wenn ein Lebewesen in Not ist.“

Dan musste unwillkürlich lächeln über Teds Bemerkung, weil sie so wahr war.

Kurze Zeit später hatte er sich in eine neue Jeans und ein dunkelblaues Hemd geworfen. Nachdem er sich an Darlas Abendessen gelabt hatte, schwang er sich in seinen SUV und fuhr in die Stadt. Er wusste, wohin er wollte. Natürlich nur, um zu sehen, ob jemand im Dark Horse einen Hund vermisste.

Kurze Zeit später ließ er den Blick suchend über den gut besetzten Parkplatz gleiten, aber kein Wagen kam ihm bekannt vor. Niemand suchte einen Hund. Dan konnte nur den Kopf schütteln über sich selbst. Er war doch wirklich ein Idiot! Erst vermasselte er die Sache, und nun hoffte er, Erin wiederzusehen. Um was zu tun? Verdammt, er wusste es selbst nicht.

Verdrossen blieb er an der Bar stehen. „Einen doppelten Scotch. Pur“, sagte er zum Barkeeper. Der Mann stellte ein Glas vor ihn hin und schenkte ein. Dan nahm einen kräftigen Schluck.

„War irgendjemand hier, der seinen Hund gesucht hat? So eine mittelgroße Collie-Schäferhund-Mischung?“

Der Barkeeper schüttelte den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste.“

Nur gut so, befand Dan bei sich. Er mochte Lucky. Er ließ den Blick über die volle Tanzfläche gleiten. Eine langbeinige Brünette tauchte aus dem Nichts neben ihm auf und klimperte mit den Wimpern. Sie war nicht schlecht gebaut und trug eine tief ausgeschnittene Bluse.

„Suchen Sie Ihren Hund?“, fragte sie.

„Ich habe einen gefunden.“

„Oh. Ich kann Ihnen helfen, überall herumzufragen, wenn Sie möchten.“

„Nein, danke.“ Er nippte an seinem Scotch. „Alles in Ordnung.“

„Das glaube ich auch.“ Sie warf ihm einen einladenden Blick zu, der sicher bei den meisten Männern Erfolg gehabt hätte. Sie beugte sich näher. „Ich bin Yvonne.“

„Yvonne, ich wollte gerade gehen. Vielen Dank für das Angebot, aber nein, danke.“

Sie war sichtlich überrascht, nickte dann und verzog sich diskret.

Dan drehte sich wieder zur Bar um und leerte sein Glas.

„Oh, Mann“, sagte der Barkeeper.

„Was ist?“ Dan sah ihn fragend an.

„Sie suchen die Kleine, die gestern Abend den Bullen geritten ist? Sie waren doch der, der ihr geholfen hat, oder?“

Dan schwieg.

Der Barkeeper schüttelte den Kopf. „Ich habe sie gestern das erste Mal gesehen. Ich glaube nicht, dass sie wiederkommt. So etwas spüre ich. Der Saloon hat ihr nicht gefallen, wenn Sie mich fragen.“

„Tue ich nicht.“

„Es gibt ja immer noch das Internet. Suchen Sie sie dort.“

„Was?“

Der Mann hinter der Bar grinste, als hätte er die Weisheit gepachtet. Was für ein Idiot! Aber in einem Punkt musste Dan ihm recht geben: Erin passte nicht in einen solchen Saloon.

Er verschwendete seine Zeit. Sie würde nicht zurückkommen.

3. KAPITEL

„Vielen Dank für die Einladung zum Essen.“ Erin nahm Chelsea Hunt gegenüber Platz. Sie befanden sich im Bellamy, dem neuen Fünfsternehotel der Stadt. „Dieses Haus ist wirklich unglaublich.“

Erin kannte Chelsea nicht sehr gut, aber sie hatte gehört, dass sie zu den jüngsten Opfern dieses Mavericks gehörte. Man hatte sie heimlich im Umkleideraum des Texas Cattleman’s Clubs aufgenommen und die Fotos auf einer bekannten Seite ins Netz gestellt. Das hatte für viel Aufsehen gesorgt.

Es war ziemlich verwegen von diesem Maverick, sich mit einem Hacker anzulegen. Chelsea war die CTO von Hunt and Company. Ihre Freundschaft mit Max St. Cloud führte dazu, dass er sie bei der Untersuchung der Vorfälle dieses Jahres unterstützt hatte. Er wiederum hatte seinen Freund Will Brady hinzugezogen, einen Experten im Aufspüren sogenannter digitaler Fußspuren. Erin empfand tiefes Mitgefühl mit Chelsea. Es musste schrecklich sein, derart bloßgestellt zu werden.

„Ja, ich dachte, wir beide sollten uns einmal verwöhnen lassen. Soweit ich gehört habe, hat das Glass House eine ausgezeichnete Küche.“

Das ganze Hotel war einfach ein Traum, ausgestattet mit der modernsten Technik. Dieses Restaurant war fast ganz in Glas eingefasst und bot einen prächtigen Ausblick auf den herbstlichen Park. Angefangen von den Serviettenringen bis hin zu den eleganten Kerzenhaltern auf jedem Tisch war alles aus feinstem mundgeblasenem Glas gefertigt.

Sie und Chelsea waren sich bei einer Limonade nähergekommen, während sie mit der kleinen Faye Brady im Gästehaus der Flying E Ranch spielten. Erin vermisste das kleine, fast elf Monate alte Baby sehr, für das sie seit dem Tage der Geburt gesorgt hatte.

Im Moment war sie außerdem ohne Job. Hatte unendlich viel freie Zeit und bisher keine Perspektive für die Zukunft. Will hatte darauf bestanden, ihr Gehalt bis zum Ende des Jahres weiterzuzahlen. Wieso sollte sie sich also nicht in einem Nobelrestaurant verwöhnen lassen?

Weil das letzte Mal, als du dir etwas Besonderes gönnen wolltest, auch danebengegangen ist, raunte die Stimme ihres Gewissens.

Es ließ sich nicht leugnen. Sie hatte sich ein Abenteuer im Dark Horse Saloon gegönnt, und es hatte mit einem One-Night-Stand mit einem Mann geendet, der auf ihrer Liste der Traummänner ganz weit oben gestanden hätte. Ein Mann, der sich um Tiere in Not kümmerte. Ein Mann, der zwar nicht viel sprach, aber lieber seine Taten für sich sprechen ließ. Ein Mann, der ihr mit sehr viel Achtung begegnet war.

Dan.

Sie seufzte. Zwei Wochen waren vergangen seit ihrer gemeinsamen Nacht. Auch wenn sie ihn sehr vermisste, hatte sie nicht die Absicht, dieses Abenteuer zu wiederholen. Wenn sie sich etwas Gutes tun wollte, dann eher ein Eisbecher mit heißer Schokolade im Royal Diner oder ein teures Essen in einem Nobelrestaurant.

Sie ließ den Blick über die Speisekarte gleiten. „Wow! Da fällt die Entscheidung schwer. Es klingt alles sehr gut.“

„Falls du Fisch magst, empfehle ich dir die Jakobsmuscheln in Hummersoße.“

„Fisch ist nicht so meins“, bekannte Erin. „Ich glaube, ich nehme das Hühnchen.“

Sie gaben ihre Bestellung auf und nippten an einem Eistee. Während sie sich über dieses und jenes unterhielten, bemerkte Erin, dass Chelsea gelegentlich seufzte und aus dem Fenster starrte.

„Und dann hat die Katze den Mond angeheult, und der Hund wurde grün.“

Chelsea drehte sich zu ihr herum. „Was? Tut mir leid, ich habe einen Moment nicht zugehört.“

Erin lächelte. „Du warst weit weg.“

„Stimmt. Bitte, entschuldige.“

„Das ist schon in Ordnung. Ich glaube, ich weiß, was dich beschäftigt.“

Chelsea sah sie einen Moment lang an und schüttelte dann den Kopf. „Ich kann es immer noch nicht glauben, dass irgend so ein Perverser Nacktfotos von mir gemacht und sie ausgerechnet bei Skinterest eingestellt hat. Ich bin wirklich hart im Nehmen, aber das hat mir doch schwer zugesetzt. Dieser Maverick terrorisiert den Texas Cattleman’s Club nun schon seit Monaten, und wir haben immer noch nicht die leiseste Ahnung, wer dahintersteckt.“

Erin konnte sich nur zu gut in Chelseas Lage versetzen. Zwar hatte niemand Nacktfotos von ihr veröffentlicht, aber sie war in Seattle in einen Skandal verwickelt gewesen und erinnerte sich nur zu gut daran, wie elend sie sich dabei gefühlt hatte. „Will hat mir einiges davon erzählt. Es tut mir wirklich leid. Hatten sie nicht für einen Moment geglaubt, den Schuldigen gefunden zu haben?“

„Ja, es gab einige Spuren, die zu Adam Haskell führten, auch wenn der Mann keine großen PC-Kenntnisse hatte. Wenigstens nicht genug, um einen solchen Cyberangriff auf die Bewohner von Royal durchzuziehen. Aber nachdem Mr. Haskell bei einem Autounfall umgekommen war, wurde klar, dass er es nicht gewesen sein konnte. Es gab Beweise in seinem Wagen, aber die waren dort offensichtlich absichtlich deponiert worden, das heißt, Haskell war letztlich auch ein Opfer dieses Mavericks.“

„Der arme Mann.“

„Ja, deswegen bin ich heute auch so durch den Wind. Die Fotos, die jetzt aufgetaucht sind, beweisen, dass der Täter immer noch aktiv ist. Wer weiß, was er sich als Nächstes einfallen lässt.“

„Chelsea, ich habe im Moment jede Menge freie Zeit. Falls es etwas bringt, kann ich mich gern an der Suche nach diesem Menschen beteiligen. Ich habe nicht so viel Ahnung von Technik wie du oder Will, aber vielleicht kann ich eine neue Perspektive in das Ganze bringen. Vielleicht fällt mir irgendetwas auf, das vielleicht ganz offensichtlich ist, aber bisher von niemandem bemerkt wurde.“

„Eine super Idee! Ich teile im Moment meine Zeit auf zwischen der Arbeit für die Firma und den Nachforschungen. Ich könnte deine Hilfe gut gebrauchen. Aber bist du dir sicher, dass du dir das antun willst?“

„Glaub mir, ich bin mir sicher. Ich habe eine Vorstellung von dem, was du gerade durchmachst. Dieses Gefühl, hintergangen worden zu sein und der Situation hilflos ausgeliefert zu sein, schnürt einem die Luft zum Atmen ab.“

„Wow, Erin! Klingt ganz so, als hättest du ein Männerproblem gehabt. Noch frisch?“

Chelsea war eindeutig sehr einfühlsam. Erin konnte es nicht länger für sich behalten. Sie hatte hier in Texas niemanden, mit dem sie reden konnte, und ihre innere Stimme sagte ihr, dass sie Chelsea Hunt vertrauen konnte. „Ja, das war in Seattle. Es war eine schreckliche Situation. Ich hatte mich mit einem Mann eingelassen. Rex Talbot. Hast du von ihm gehört?“

„Vage. Ich weiß eigentlich nur, dass er irgendein riesiges Unternehmen leitet. Er hält sich sehr bedeckt.“

„Ich habe ihn auf einer Musikveranstaltung kennengelernt. Ich bin Musiklehrerin, und anfangs dachte ich, er sei der Vater einer meiner Schüler. Er war ausgesprochen charmant und liebenswert. Mein Interesse an ihm hatte nichts mit seinem Geld zu tun, ich mochte ihn wirklich. Nach unserem ersten Date gestand er mir, dass er der anonyme Wohltäter unserer Schule ist. Ich war überglücklich darüber, einen so netten und großzügigen Mann kennengelernt zu haben. Er erzählte mir, er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Ich hatte keinen Grund, ihm nicht zu glauben. Ich habe mich in ihn verliebt, und wir hatten über mehrere Monate hinweg ein Verhältnis.“

„Sag nicht, dass dann seine Frau aufgetaucht ist.“

„Natürlich. Das totale Klischee, oder? Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass mir so etwas passiert. Ich war total geblendet von seinem Charme und hatte keine Ahnung, dass er mir etwas vormachte. Aber seine Frau, die die ganze Zeit im Ausland gewesen war, stand plötzlich auf der Matte und fand natürlich heraus, dass wir ein Verhältnis hatten. So zurückhaltend Rex war, so aggressiv war sie. Sie hetzte überall in der Schule gegen mich und hatte nicht die geringsten Skrupel, meinen guten Ruf zu zerstören. Natürlich gab sie mir die Schuld an allem. Es war total demütigend, und der Skandal brachte der Schule sehr viel negative Aufmerksamkeit.“

„Oh, Gott! Das tut mir wirklich leid, Erin.“

„Danke. Das einzig Gute war, dass die Schulleitung zu mir stand und meinen Ruf verteidigte. Sie baten mich, meinen Job nicht aufzugeben, aber so dankbar ich ihnen auch war für ihre Unterstützung – ich konnte einfach nicht mehr bleiben. Das Schlimmste war, dass Rex nicht zu mir stand. Er kroch zurück zu seiner Frau und hat mich im Regen stehen lassen. Ich habe mich sehr in ihm getäuscht und einen großen Fehler gemacht.“

„Hör bloß auf, dir Vorwürfe zu machen! Er hat dich angelogen und dir etwas vorgemacht. Er war ein Idiot, das ist mal sicher.“

Erin lachte leise. „Du hast recht. Mittlerweile bin ich über Rex Talbot hinweg. Er und seine Frau – sie haben sich wohl verdient.“

„Da kannst du sicher sein. Ich nehme an, Wills Jobangebot kam genau zur richtigen Zeit für dich?“

„Das kann man so sagen. Ich brauchte einen Neustart. Will und seine Frau haben mich schon vor der Geburt des Babys eingestellt, damit alles vorbereitet war. Lucy wollte schnell wieder in ihren Beruf zurück. Dazu ist es dann nicht gekommen. Sie starb nach einer Hirnblutung. Es war schrecklich. Ich habe mich gern um das Baby gekümmert. Als Will hierher nach Royal kam, bin ich als Nanny für seine Tochter mitgekommen.“

„Ich bin froh, dass du hier bist und dass wir uns kennengelernt haben. Wenn du wirklich helfen willst, schlage ich vor, dass wir uns heute Abend im Büro des Klubs treffen. Mein großer Bruder wollte eigentlich da sein, aber ihm ist etwas dazwischen gekommen, und er musste absagen. Ich möchte mich mit den Unterlagen der Mitglieder befassen. Ich weiß, es ist kurzfristig, aber …“

„Ich komme gern. Wann?“

„Um neun?“

„Ich werde da sein.“

Am Abend zeigte Erin ihren Gästeausweis an der Rezeption des Klubs. Normalerweise herrschte hier immer reger Betrieb, besonders, seit der Klub auch Frauen als Mitglieder aufnahm, aber an diesem Abend war nur wenig los.

Sie ging am Restaurant vorbei einen langen Korridor hinunter, der zu den Büros führte. Am Ende des Ganges war eine Tür mit „Nur für Mitarbeiter“ gekennzeichnet.

Sie war zehn Minuten zu früh und freute sich darauf, mit der Arbeit zu beginnen. Dies war das Aufregendste, das seit dem Ritt auf dem Bullen in ihrem Leben passierte. Sah man einmal von der darauffolgenden Nacht mit diesem Cowboy Dan ab …

Sie seufzte innerlich. Nicht nur, dass sie den Mann nicht aus dem Kopf bekam, genauso irritierend war, dass ihre Periode bereits seit zwei Tagen überfällig war. Normalerweise lief ihr biologischer Kalender Monat für Monat pünktlich wie ein Uhrwerk ab. Stress konnte da natürlich einiges durcheinanderbringen, und letztlich waren es ja erst zwei Tage.

Erin atmete tief durch. Wenigstens konnte sie sich nützlich machen und Chelsea helfen, diesen anonymen Erpresser zu finden, der die Nacktfotos von ihr ins Netz gestellt hatte. Erin war kurz davor gewesen, das Handtuch zu werfen und in ihr kleines Apartment in Seattle zurückzukehren.

Aus Gewohnheit zog sie ihr Handy aus der Tasche, um einen Blick auf das Display zu werfen und zu sehen, ob Chelsea ihr vielleicht eine Nachricht geschickt hatte. Schritte kamen den Korridor herunter. Wurden lauter. Kamen auf sie zu.

Sie ließ das Handy wieder in der Tasche verschwinden und sah Chelsea entgegen.

Nur war es nicht Chelsea. Es war ein großer, attraktiver Mann mit einem schwarzen Stetson, Jeans und einem weißen Hemd.

Fassungslos starrte sie ihn an.

„Erin?“ Seine volle, tiefe Stimme hatte eine starke Wirkung auf sie, erinnerte sie sie doch mehr als deutlich daran, wie er ihren Namen geflüstert hatte, während er sie liebte. „Was machst du hier?“, fragte er verblüfft.

Am liebsten hätte sie die Arme um ihn geworfen. Aber gleichzeitig war ihr auch danach, frustriert auf ihn einzuschlagen, weil er keinerlei Anstalten gemacht hatte, nach ihr zu suchen. Nicht einmal ansatzweise.

„Ich … äh … ich bin hier mit einer Freundin verabredet“, sagte sie. „Und du …?“ Plötzlich dämmerte es ihr, dass dies durch eine merkwürdige Laune des Schicksals vielleicht kein Zufall war. Oh, nein! „Du bist nicht zufällig Chelseas Bruder, oder?“

„Du kennst meine Schwester?“

Erin schloss für einen Moment die Augen. Sie konnte es einfach nicht glauben. Sie lehnte sich gegen die Tür, um nicht kraftlos zu Boden zu sinken. Es gelang ihr gerade noch zu nicken.

„Woher?“

Sie sah auf. „Wir haben gemeinsame Freunde.“

Dan trat näher. Der Duft seines Aftershaves stieg ihr in die Nase. Er lächelte nicht, aber seine Miene verriet so etwas wie Erleichterung. Er hob die Hand, als wolle er sie berühren, ließ sie dann aber wieder sinken. Dabei sah er sie unverwandt an. Sie wusste nicht, welcher Eingebung sie vertrauen sollte: dem Wunsch, Dan möge sie berühren, weil sie sich so sehr danach sehnte. Oder der Warnung ihrer inneren Stimme, sich ihm nicht noch einmal zu nähern.

„Ich war am nächsten Abend wieder im Saloon, weil ich hoffte, dich dort zu finden“, gestand er.

„Das musst du nicht sagen …“

„Ich rede nicht viel, aber das, was ich sage, ist immer ehrlich gemeint.“

Sie war fasziniert von der Aufrichtigkeit, die sie in seinem Blick erkannte. „Wieso?“

„Wieso?“ Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Ich wollte dich wiedersehen.“

„Weil …?“ Sie ließ ihn nicht so leicht vom Haken. Und wenn sie ihm jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen musste – sie wollte wissen, was er fühlte.

„Weil … Verdammt. Ich wollte es einfach, Erin. Wir waren noch nicht fertig miteinander.“

Sie schluckte. „Was soll das denn heißen?“

„Ich kann mich nicht erinnern, dass du mir vorher auch so viele Fragen gestellt hättest.“

„Ja, nun … ich dachte nicht, dass ich dich wiedersehen würde.“

„Bist du froh darüber?“

„Und du?“, fragte sie zurück.

„Sehr. Ich hätte dich an dem Morgen nicht gehen lassen sollen. Nicht so.“

Wie hatte sie sich nach diesen Worten gesehnt! Worte, die sie nicht erwartet hatte, weil sie nicht davon ausgegangen war, Dan noch einmal wiederzusehen. „Entschuldigst du dich etwa?“

„Für die beste Nacht meines Lebens? Nein. Dafür kann ich mich nicht entschuldigen. Ich glaube auch nicht, dass du das erwartest.“

Seine Offenheit ließ sie rot werden. Dan hielt mit nichts hinter dem Berg. Er mochte nicht poliert und glatt sein, aber er war echt. Und er hatte ihr gerade ein Kompliment gemacht.

„Es tut mir leid, dass ich dich nicht nach deinem vollen Namen und deiner Telefonnummer gefragt habe, Erin.“

„Und wieso hast du das nicht?“ Nach allem, was in der Nacht zwischen ihnen gewesen war, hatte seine unverbindliche Haltung am Morgen sie sehr irritiert. Sie hielt Dan nicht für einen Mann, der die Frauen nahm, wie sie kamen, und sie dann einfach abhakte. Gut, er hatte gesagt, er habe ihren Ritt auf dem Bullen für nicht sehr klug gehalten, und dann hatte sie sich ewig darüber ausgelassen, dass sie aus Seattle kam, ihren Job verloren hatte und einfach etwas typisch Texanisches machen wollte.

„Hast du mich etwa …“ Es kam ihr nur schwer über die Lippen. „… hast du mich etwa für ein Flittchen gehalten?“

„Genau das Gegenteil.“

„Was soll das denn heißen?“

Ihr Gespräch wurde von rasch näher kommenden Schritten unterbrochen.

„Es tut mir fürchterlich leid, dass ich so spät bin.“ Chelsea sah von einem zum anderen. „Danke, dass du gekommen bist, Erin. Ich sehe, du hast meinen Bruder Dan schon kennengelernt. Gut.“ Sie wandte sich Dan zu. „Wieso bist du hier? Ich dachte, du kannst heute Abend nicht. Du hattest doch irgendeine Verabredung, die du nicht absagen konntest oder so etwas.“

„Ich habe abgesagt.“

„Du hast deine Verabredung sausen lassen?“

Erin sah zu Boden. Wie peinlich! War das der Grund, wieso Dan sie nicht gesucht hatte? Er war mit jemandem zusammen? Ein Gefühl heißer Eifersucht stieg in ihr auf.

„Es war nicht so wichtig, Chels“, sagte er eine Spur gereizt. „Du brauchst mich, also bin ich hier.“

„Vielen Dank, das weiß ich zu schätzen.“

Sie gab rasch fünf Zahlen auf einem Pad an der Tür ein und drückte einen Knopf. Ehe Dan reagieren konnte, hatte sie die Tür selbst geöffnet und war ins Büro marschiert. Er hielt Erin die Tür auf, und sie folgten Chelsea.

Der Raum war klein. Ein paar Stühle standen um einen großen Tisch in der Mitte. An den Wänden waren wohl ein Dutzend Aktenschränke. Nach den Schäden, die ein Tornado vor einiger Zeit angerichtet hatte, war der größte Teil des Klubs modern und großzügig wieder aufgebaut worden. Aber hier, in diesem entlegenen Büro, fühlte Erin sich irgendwie an alte Detektivfilme erinnert. Es war muffig und etwas schäbig.

„Hier werden alle Unterlagen der Mitglieder des Klubs aufbewahrt“, erklärte Chelsea und streifte ihren Mantel ab. „Die meisten sind inzwischen auch digitalisiert, aber es werden grundsätzlich alle Originale aufbewahrt. Einige Unterlagen stammen noch aus der Zeit der Gründung.“

„Was genau suchen wir denn?“, erkundigte Dan sich.

Erin heuchelte Interesse an dem Schrank, der offensichtlich für die Namen A bis C gedacht war. Dan hatte seiner Schwester gegenüber nicht erwähnt, dass er Erin kannte, und sie war zu überrascht gewesen, um Chelseas Annahme zu korrigieren, dass sie sich hier das erste Mal sahen. Das verursachte ihr Gewissensbisse, aber sie konnte jetzt ja wohl schlecht damit herauskommen, dass Dan und sie eine wilde Nacht gehabt und sich seither nicht wiedergesehen hatten.

Autor

Charlene Sands
<p>Alles begann damit, dass der Vater von Charlene Sands, ihr als Kind die schönsten, brillantesten und fantastischsten Geschichten erzählte. Er erfand Geschichten von plündernden Piraten, mächtigen Königen und Sagen von Helden und Rittern. In diesen Erzählungen war Charlene immer die Prinzessin, Königin oder Heldin um die gekämpft oder die gerettet...
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Harmony Evans
Ihre ersten Texte verfasste Harmony Evans schon als Studentin. Zwei ihrer Gedichte wurden sogar im Magazin ihres Colleges veröffentlicht. Ihr Professor für Literatur riet ihr damals, nicht mit dem Schreiben aufzuhören, ganz egal, was das Leben ihr bringt. Natürlich befolgte sie seinen Rat nicht. Welcher junge Mensch hört schon auf...
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