Baccara Collection Band 420

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KLARER FALL VON LEIDENSCHAFT von ROBYN GRADY

Die Liebesnacht mit dem attraktiven Fremden ist für Teagan wie ein heißer Traum - der zum Albtraum wird. Zu spät erfährt die schöne Erbin, wer sie so sinnlich verwöhnt hat: Jacob Stone, der Anwalt, der das Medienimperium ihrer Familie verklagen will!

ZURÜCK IM BETT DES PLAYBOYS von BRENDA JACKSON

Ihre lustvolle Affäre ist einfach unvergesslich. Kein Wunder, dass Farrah erneut schwach wird, als sie Xavier in Chicago zufällig wiedersieht. Auch wenn sie keine Sekunde lang an ein Für-immer mit dem Playboy denkt! Xavier allerdings schon …

SO SEXY - SO VERBOTEN! von JESSICA LEMMON

Seine Anziehungskraft ist magisch, sein Kuss Verführung pur: Mit Royce kann die hübsche Taylor sich die Liebe wunderbar vorstellen! Aber ihr Abenteuer ist ebenso sexy wie verboten. Denn Royce ist der Bruder von Brannon, den Taylor eigentlich heiraten sollte …


  • Erscheinungstag 16.06.2020
  • Bandnummer 420
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726652
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Robyn Grady, Brenda Jackson, Jessica Lemmon

BACCARA COLLECTION BAND 420

ROBYN GRADY

Klarer Fall von Leidenschaft

Was für eine Frau! Mit ihrem Sex-Appeal entführt die aparte Teagan ihn eine Nacht lang in eine Welt, in der es nicht um Jacobs Anwaltsjob geht, sondern nur um Leidenschaft. Doch schon am nächsten Morgen erkennt er, wie viel sie voneinander trennt: Er will nichts mit seiner Familie zu tun haben, für Teagan dagegen ist Familie das Wichtigste auf der Welt!

BRENDA JACKSON

Zurück im Bett des Playboys

Die erotische Anziehungskraft zwischen ihnen ist überwältigend. Xavier genießt jede Sekunde mit Farrah, erfüllt lustvoll ihre geheimsten Wünsche. Aber so sehr er sich auch einzureden versucht, dass ihre Affäre auf Zeit wunderbar ist und nur der Augenblick zählt: Es schmerzt, als er eines Morgens allein im Hotelzimmer erwacht …

JESSICA LEMMON

So sexy – so verboten!

Wie kann sich eine verbotene Leidenschaft bloß so richtig anfühlen? Alles spricht dagegen, dass Royce sich auf die Liebe mit der bildhübschen Taylor einlässt. Er weiß, dass ihr Vater ihn nicht leiden kann. Und dann ist da noch sein eigener Bruder, der von einer Zukunft mit Taylor träumt! Aber manchmal ist das Falsche eben genau das Richtige …

1. KAPITEL

Als der Privatfahrstuhl nach oben in die Präsidentensuite des Hotels fuhr, konnte Jacob Stone nicht anders, als die Frau zu bewundern, die neben ihm stand. Mal ganz abgesehen von dem Wow-Faktor der seidig blonden Mähne – ihr perlenbesetztes schulterfreies Kleid musste ein Vermögen gekostet haben, und an diesem Körper war es jeden verdammten Cent wert.

Und wenn Jacob jetzt in den Zeugenstand gerufen würde, müsste er zugeben, dass er nicht nur Schauen im Sinn hatte.

Schließlich blickte sie zu ihm herüber. „Sie wissen, dass Sie mich anstarren, oder?“

„Es klingt vielleicht verrückt …“ Eher lahm, er würde es trotzdem sagen. „Das ist das erste Mal für mich.“

„Wenn Sie damit andeuten wollen, dass Sie noch nie jemanden auf einen Drink mit in Ihre Suite genommen haben“, sagte sie lachend, „dann, sorry, das kaufe ich Ihnen nicht ab.“

Jacob lehnte mit verschränkten Armen an der verspiegelten Wand der Fahrstuhlkabine. Hier ging es nicht um einen Schlummertrunk nach der Party. Es würde konkreter werden.

„Wir kennen uns seit drei Stunden. Maximal vier.“

Sie sah von ihm zu der sich öffnenden Fahrstuhltür und zog eine Augenbraue hoch. „Bekommen Sie kalte Füße?“

Jetzt war es an ihm zu lachen.

Im Leben nicht.

Vor sechs Wochen hatte Jacob von einem befreundeten Anwalt, der kürzlich zurück an die Westküste gezogen war, die Einladung zur Hochzeit erhalten. Marcus Lane hatte die Frau fürs Leben gefunden und einen Ring gekauft. Also hatte Jacob einen Erste-Klasse-Flug von New York nach Los Angeles gebucht und heute an der extravaganten Gartenhochzeit teilgenommen. Nach der Trauung, die mit dem traditionellen Freilassen von Tauben endete, folgte er dem Geräusch klirrender Champagnergläser in den Ballsaal, der aufwendiger ausgestattet war als jeder Set eines Hollywood-Blockbusters. Beeindruckend, und er freute sich für Marcus und dessen Braut.

Doch tatsächlich hatte Jacob mehr an die millionenschwere Klage gedacht, die zu Hause auf ihn wartete, als die Feier zu genießen. Dann war diese Frau erschienen, wie aus dem Nichts, und seine Gedanken hatten eine Hundertachtzig-Grad-Drehung vollführt.

Sie blieb an seinem Tisch stehen, und Jacob sprang sofort auf und zog ihr einen Stuhl hervor. Dann wurde Wein eingeschenkt, und sie machten sich miteinander bekannt. Jacob war sofort hin und weg von ihren grünen Augen – es war der sinnlichste Schlafzimmerblick, den er je gesehen hatte.

Ihr Vorname war Teagan. Den Nachnamen hatte er nicht mitbekommen.

Sie hatten sich so angeregt unterhalten, dass er sich nicht erinnern konnte, was sie gegessen hatten oder wer was in einer Reihe von formalen Hochzeitsreden gesagt hatte. Und dieser Fall in New York? Komplett vergessen. Nach dem Hochzeitswalzer wurde das Licht gedimmt und langsame Musik gespielt, er hatte Teagans Hand genommen und sie auf die Tanzfläche geführt. Die Wange an ihrem süß duftenden Haar, ihre Hand haltend und mit der anderen über ihren Rücken streichend, hatte er sich gefühlt, als wären sie allein – was er auch gern wäre.

Jacob stellte nie Vermutungen an, aber als er sie jetzt in den Armen hielt und seine Sinne ganz auf ihren Körper und ihre sinnlichen Lippen ausgerichtet waren, hatte er bereits entschieden, wie dieser Abend enden würde. Zielgerichtet schlug er einen Schlummertrunk vor. Und dieses göttliche Wesen? Strich über sein Revers und krallte zwei Finger in den Stoff mit den Worten: „Tun wir es.“

Doch jetzt, als sie den Fahrstuhl verließen und er die Tür zu seiner Suite aufschloss, sah Jacob, dass Teagan zögerte, woraufhin er natürlich auch zögerte.

Ihre Gespräche hatten sich bisher um allgemeine Interessen, Politik und Berufliches gedreht. Sie besaß ein Fitness-Studio in Seattle namens High Tea Gym. Er hatte von der Anwaltskanzlei gesprochen, die er geerbt hatte, war aber nicht auf seinen Ruf eingegangen, der ihn als gnadenlos beschrieb. Wenn es um Rechtsstreitigkeiten großen Kalibers ging, handelte er nach dem Motto, nur wer zuerst zuschlägt, überlebt.

Sie sprachen unter anderem über Freunde. Bei der Gelegenheit hatte er einige Geschichten über Griff und Ajax Rawson erzählt, zwei seiner besten Freunde, die er als Familie betrachtete. Umgekehrt war es genauso. Er mied das Thema Blutsverwandte und fand es interessant, dass Teagan es auch tat.

Ihr perlenbesetztes Abendkleid raschelte, als sie die geräumige, elegant ausgestattete Suite betrat. Jacob wurde nachdenklich. Alles an ihr zeugte von Klasse, aber es gab viele normale Leute, die die Spielregeln der Privilegierten beherrschten, einschließlich ihm selbst. War es möglich, dass Teagans Hintergrund seinem eigenen ähnelte? Ohne Glanz und Glamour und am besten vergessen?

Als sie sich umdrehte und wieder lächelte … verdammt, was spielte es für eine Rolle? Jacob schloss die Distanz zwischen ihnen mit ein paar langen Schritten und schob Fragen und Zweifel beiseite. Was jetzt zählte, war der erste Kuss. Alles andere – einschließlich des Diffamierungsverfahrens gegen Hunter Publications – würde warten müssen.

Jacob Stone war so gar nicht ihr Typ.

Teagan sah zu, wie er die Tür schloss, und rief sich in Erinnerung, dass sie blaue Augen mochte. Lebhaft und tief wie der Ozean. Zärtlich und freundlich. Diese Vorliebe ging zurück auf ihre erste Flamme im ersten Semester.

Mr. Stones Augen jedoch hatten die Farbe von Bernstein, was sie, gepaart mit dem tiefschwarzen Haar, an einen Panther erinnerte – ein faszinierendes muskulöses Lebewesen, das seit einer Woche nicht gefressen hatte. Als Jacob die Schlüsselkarte auf einen marmornen Beistelltisch legte und sich ihr mit diesem begierigen Ausdruck in den Augen näherte, starrte Teagan ihn reglos an. Er bewegte sich sogar wie eine große Katze. Überwältigend – und sie liebte Hunde!

Je näher er kam, desto irritierter war Teagan. In Beziehungen erwartete sie Offenheit und Ehrlichkeit. Soviel sie heute Abend auch miteinander gesprochen hatten, sie hatte den Eindruck gewonnen, dass es bei Jacob mehr um Kontrolle und Charme ging – subtil, wenn es sein musste, direkt, wenn die Zeit reif war. Sie könnte zum Beispiel wetten, dass er erst stehen bleiben würde, wenn er direkt vor ihr stand, so nah wie auf der Tanzfläche vor wenigen Momenten. Und dann würde er ihr dasselbe selbstbewusste Lächeln schenken wie vorhin, als er sie zu einem Drink in seiner Suite eingeladen hatte.

In dem Moment, als sein Mund ihrem ganz nah war, hatte sie ein Prickeln an den richtigen Stellen im Körper verspürt, und ihre Vorsicht hatte den Abgang gemacht. Nochmals, das war nicht ihre typische Reaktion. Wahre Gefühle, einschließlich des erotischen Knisterns, brauchten Zeit, um zu wachsen, oder?

Als hätte er ihre Gedanken gelesen und als wollte er ihr beweisen, dass sie sich irrte, blieb Jacob mehr als eine Armlänge entfernt stehen. Auch kein selbstbewusstes Lächeln. Stattdessen sah er sie durchdringend an. Sie spürte wieder das Kribbeln, mehr noch als zuvor.

„Teagan? Alles in Ordnung?“

Sie riss sich zusammen. „Eben noch.“

Er zog einen Mundwinkel hoch. „Sie scheinen … unsicher zu sein.“

Sie sah weg, atmete die dringend benötigte Luft ein, blickte sich um und entschuldigte sich. „Ich habe nur diese Suite auf mich wirken lassen.“

Überall italienischer Marmor, alles vergoldet, perfekt in Szene gesetzte Kunstwerke, die in den Louvre gehören könnten. Der Luxus erinnerte Teagan an das Haus ihres Vaters, nachdem seine neue Frau es umgestaltet hatte. Ja, er war Milliardär, aber für Teagans Geschmack war es zu viel des Guten.

Keins der „Kinder“ war glücklich über die zweite Ehe ihres Vaters. Stiefmutter Eloise ging es offensichtlich mehr um das Geld als um den Mann. Trotzdem unterstützten sie ihren Vater und natürlich auch die beiden Kinder, die dieser Ehe entstammten. Die Familie hielt zusammen, trotz aller Differenzen – und davon gab es in diesem Clan einige. Aber wenn jemand in Schwierigkeiten war, dann gab es keine Fragen, dann wurde zusammengerückt, heute mehr denn je.

Jacob ging zum Telefon der Suite. „Ich bestelle Champagner.“

„Mir würde ein Saft oder ein Wasser genügen.“

Ohne zu zögern, steuerte er auf die lange, glänzende Theke der Bar zu. „Ich zaubere Ihnen etwas.“

Während er seinen Blick über die Regale gleiten ließ, entfernte Jacob seine Krawatte und öffnete die obersten Knöpfe seines Hemdes. Teagan erhaschte einen verführerischen Blick auf seine Brust. Sie dachte wieder an die Zeit auf der Tanzfläche, an das Gefühl, als ihr Körper seinen streifte und sie seine Hitze wahrnahm.

Als er sein Jackett auszog, rückte Teagan näher. Unter dem weißen Hemd ließ sich eine starke, wie gemeißelte Brust erahnen. Er krempelte die Ärmel auf, und zum Vorschein kamen zwei kräftige, sonnengebräunte Unterarme. Dann drehte er sich zum Kühlschrank um, um den Inhalt zu überprüfen, und Teagan mahnte sich, nicht auf seine maßgeschneiderte Hose zu schauen … tat es aber doch.

Lange Beine.

Knackiger Hintern.

Sie hielt sich an einem Barhocker fest und räusperte sich.

„Ich trinke normalerweise keinen Alkohol“, sagte sie. „Das letzte Mal habe ich auf der Hochzeit meines Bruders Champagner getrunken.“

Jacob drehte sich um und schob ihr eine Schale mit gekühlten Beeren zu. „War es ein schöner Tag?“

„Die Trauung war wunderschön. Natürlich nicht so glamourös wie diese hier.“

Er lachte. „Natürlich nicht.“

Es war nicht nötig, darauf einzugehen, wie der Tag geendet hatte – mit einer Bombenexplosion. Der Vorfall war der letzte in einer Reihe von Attentaten auf ihren Vater gewesen. Während die Behörden den Fall verfolgten, befand sich der verantwortliche Verrückte noch immer auf freiem Fuß.

Du kannst nichts daran ändern, also atme tief durch. Konzentrier dich auf das Schöne.

„Ich habe dort eine Freundin getroffen“, sagte sie und wählte eine Beere aus. „Unsere Familien haben mal zusammen Weihnachten gefeiert. Grace Munroe und ich wurden Brieffreundinnen, aber im Laufe der Jahre haben wir den Kontakt verloren. Als ich herausfand, dass sie mit meinem Bruder zusammen ist, bin ich fast vom Hocker gefallen.“

„Dem Bruder, der geheiratet hat?“

„Ein anderer.“

„Sie haben also zwei Brüder?“

„Meine Eltern hatten vier Kinder, mich und drei Jungs, alle älter als ich. Als mein Vater wieder heiratete, kamen noch ein Junge und ein Mädchen hinzu.“

„Hat Ihre Mom auch wieder geheiratet?“

„Sie ist gestorben.“

„Das tut mir leid.“

Teagan nickte. Danke. Mir auch.

„Meine Freundin und mein Bruder haben sich Weihnachten verlobt“, kam Teagan auf das eigentliche Thema zurück. Jacob fand zwei gekühlte Martinigläser. „Komisch, denn als wir jung waren, haben sich die beiden gehasst.“

Und jetzt waren Grace und Wynn so ineinander verliebt – dazu bestimmt, zusammen alt zu werden, mit grauem Haar und gebeugtem Rücken, glücklich und zufrieden, umgeben von einem Haufen Enkelkinder. Sie freute sich für sie. War direkt neidisch. Beziehung, Hochzeit, Kinder … für alle schien es das zu geben. Doch für sich sah Teagan das nicht.

Jacob fand Ananassaft, Vanillesirup, Crushed Ice und einen glänzenden, silbernen Shaker. Zu beobachten, wie sich dieser Mann bewegte, jagte ein Kribbeln durch Teagans Körper. Und er fing gerade erst an. Nachdem er einen Schuss Sirup in den Shaker gegeben hatte, warf er ihn in die Luft und fing ihn mit derselben Hand wieder auf – hinter seinem Rücken! Nicht ein einziger Tropfen wurde verschüttet.

Sie lachte. „Wow, guter Partytrick!“

„Während des Jurastudiums habe ich mein Geld als Barkeeper verdient.“

Interessant. Er kam aus reichem Haus – er hatte erwähnt, dass er eine Anwaltskanzlei geerbt hatte –, aber er hatte sich nicht davon abhängig gemacht. Vielleicht war Jacob Stone mehr ihr Typ, als sie gedacht hatte.

Anders als ihre älteren Brüder, die ins Familienunternehmen eingestiegen waren, war Teagan ihren eigenen Weg gegangen. In letzter Zeit hatte sie jedoch darüber nachgedacht zurückzugehen. Alle lebten in Anspannung und warteten auf den nächsten Angriff. Sie sollte jetzt für ihre Familie da sein.

Jacob füllte wie ein Profi Saft in den Shaker.

„Studium und Fulltime-Job waren eine Herausforderung“, sagte er. „Aber ich habe jede Minute geliebt. Die Prüfung vor der New Yorker Anwaltskammer zu bestehen, war immer mein Traum.“

„Haben Sie sich auf etwas spezialisiert?“ Teagan dachte an die Situation zu Hause in Australien und beugte sich näher. „Wie Strafrecht?“

„Ich befasse mich mit Reputation. Diffamierung. Verleumdung.“

„So etwas wie der Fall, der vor einiger Zeit in den Nachrichten war?“ Sie erinnerte sich an die Details. „Ein berühmter Filmregisseur verklagte ein Magazin, nachdem es behauptet hatte, er hätte jemanden unsittlich berührt.“

„Das Magazin hat verloren. Wir haben gewonnen.“

Ich muss hier raus. „Das war Ihr Fall?“

„Erfolgreich abgeschlossen.“

Glückwünsche waren angebracht. Aber es gab eine Schattenseite. „Die Summe, die der Direktor gefordert hat, war verrückt. Das Magazin befürchtete den Ruin und dass die Angestellten ihren Job verlieren würden.“

Jacob betrachtete sie, bevor er Eis in den Shaker gab. „Nicht meine Verantwortung.“

„Bedeutet, Sie haben Ihren Job gemacht.“

„Bedeutet, wenn Sie der Wahrheit den Rücken kehren, bösartige Lügen verbreiten und dann auf mich stoßen – dann machen Sie sich darauf gefasst, den Preis zu zahlen.“

Jacob schien nicht aufgeregt zu sein. Eher wirkte er entschlossen, wie Teagans ältester Bruder Cole, wenn dieser im Oberbefehlshaber-Modus war. Wynn konnte genauso sein. Konzentriert, nannte Grace es. Selbst Dex, der entspannte mittlere Bruder, konnte diese Leg-dich-nicht-mit-mir-an-Haltung einnehmen.

Jacob schüttelte den Shaker und schenkte dann ein. „Auf die Wahrheit“, sagte er.

Teagan stieß mit ihm an. „Auf die Wahrheit.“

Sie nippte, dann seufzte sie. „Leicht und frisch und … ja …“

„Ich muss ein Geständnis ablegen“, sagte sie und stellte ihr Glas zur Seite.

„Nun, wenn Sie einen guten Anwalt brauchen …“

Sie erwiderte sein Grinsen, dann sagte sie: „Dies hier heute Abend ist auch für mich das erste Mal.“

Sein Lächeln veränderte sich. Der Ausdruck in seinen Augen auch. „Im Sinne von, zwei Menschen, die sich gerade kennengelernt haben, verlassen gemeinsam die Party?“

Sie nickte. „Um für ein oder zwei Stunden allein zu sein.“

Sein Blick wurde wieder begehrlich. Als er näher trat und die Hand unter ihr Haar schob – als er den Kopf neigte und sich über sie beugte –, spielte es keine Rolle, dass er nicht das war, was Teagan glaubte haben zu wollen, zu brauchen, vielleicht sogar zu verdienen. Als sein Mund ihren bedeckte, war nur eines sicher.

Sie war die Tochter ihres Vaters. Eine Hunter, eine Jägerin. In vielerlei Hinsicht. Und heute Abend war sie verdammt noch mal sehr hungrig.

2. KAPITEL

Es gab Zeiten, wo sich alles gut anfühlte. Richtig anfühlte.

So wie jetzt, dachte Jacob, wo er hier mit dieser Frau war, die aus dem Nichts erschienen war und keinen Zweifel daran ließ, was sie gerade dachte. Wohin sie unterwegs waren. Ihre Worte allein hätten genügt. Doch das Ja in ihrem Blick war das Sahnehäubchen.

Tun wir es.

Als Jacob sie das erste Mal küsste, spürte er, wie sie sich entspannte. Sie schlang die Arme um seinen Hals. Nachdem er blind sein Glas auf der Theke abgestellt hatte, streichelte er über ihre Hüften, während er seine Zunge zwischen ihre Lippen schob. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und drückte ihre Brüste gegen seine Rippen. Der Kuss wurde leidenschaftlicher, und als sie die Finger in sein Haar tauchte, war er sicher.

Sie würden mehr als nur ein oder zwei Stunden brauchen.

Ohne den Blick von ihren Lippen abzuwenden, zog Jacob sich zurück. „Geht das hier nicht zu schnell?“

Ein Lächeln umspielte ihren Mund, als sie ihre wunderschönen grünen Augen öffnete. „Für mich nicht.“ Ihr blondes Haar fiel wie ein Wasserfall über ihre Schultern. „Was ist mit dir? Alles gut?“

So gut. Vor allem jetzt, da sie sein Hemd öffnete und mit ihren Fingernägeln leicht über seinen Bauch kratzte. Um mit ihr mitzuhalten, zog er den Reißverschluss ihres Kleides hinunter. Als das Kleid nach unten rutschte und sich in einem glitzernden Häuflein zu ihren Füßen sammelte, zog er das Hemd aus seiner Hose und warf es auf den Boden. Dann küsste er sie erneut.

Doch das war nicht annähernd genug.

Er legte die Arme um ihre Taille und hob sie langsam hoch. Bis ihre silbernen Absätze einige Zentimeter über dem Boden schwebten. So trug er sie zum Bett. Schritt für Schritt.

Kuss für Kuss.

Von dem Moment an, als Jacob sie auf der Tanzfläche in den Armen gehalten hatte, hatte sie sich auf diesen Moment gefreut.

Vage nahm sie wahr, dass sie den hell erleuchteten Raum verließen und sich ins Schlafzimmer bewegten. Er warf die Bettdecke zurück und legte sie dann auf dem kühlen, frischen Laken ab.

Dann löste er seinen Mund von ihrem, und sie legte ihre Arme unter ihren Kopf. Sie atmete tief ein und nahm seinen Anblick in sich auf. Aus dem Wohnbereich fiel gedämpftes Licht ins Schlafzimmer. In dieser sanften Beleuchtung wirkten sein kantiges Kinn und die römische Nase noch ausgeprägter. Die bernsteinfarbenen Augen schienen zu leuchten. Und dann lächelte er. Teagan ergriff eine prickelnde Vorfreude.

Seine Stimme vibrierte, sie konnte das Summen in ihrem Körper spüren.

„Bist du sicher, dass du es willst?“

„Ja.“

Ihr wurde heiß. Sie wollte stöhnen, bäumte sich ihm entgegen. Als er sich immer noch nicht rührte, sagte sie erneut: „Ja, Jacob, ich will es.“ Mit dem Knie strich sie über sein Bein.

Ja, ja, ja.

Er lehnte sich zurück, zog ihr erst den einen, dann den anderen Schuh aus und ließ beide auf den Boden fallen. Dann schaltete er die Nachttischlampe an, was den Raum in ein warmes Licht tauchte – perfekt, um seinen atemberaubenden Oberkörper zu bewundern. Aber er war noch mit seiner Hose bekleidet, während sie ziemlich nackt war.

Nichts würde seinem Blick verborgen bleiben, auch nicht die Narbe. Die gezackte Linie war zu lang und zu hoch für eine Blinddarmoperation und zu hervorstechend, um unbemerkt zu bleiben.

Falls er fragen sollte, was passiert war, dann würde sie es ihm sofort sagen. Ich bin als Kind vom Fahrrad gefallen. Doch er schien die Narbe nicht zu bemerken, selbst als er Teagan genüsslich vom Hals an abwärts küsste, immer tiefer.

Während er mit der Zungenspitze am Rand ihres Höschens entlangstrich, glitt seine Hand an ihrer Seite hinauf, bis sein Daumen ihre Brust fand. Tiefer und tiefer wanderte er mit dem Mund, liebkoste sie durch ihren weißen Seidenslip hindurch, streichelte und neckte dabei mit dem Daumen ihre Brustwarze.

Teagan griff ins Laken, schloss die Augen und bog ihren Rücken durch.

Es knisterte gewaltig, Funken flogen. Dann – lieber Gott – benutzte er seine Zähne. Ein verheißungsvolles Prickeln durchfuhr sie.

„Das hier muss weg.“

Ihre Unterwäsche?

Sie wollte gerade selbst ihr Höschen ausziehen, als er mit einer Hand ihren Po anhob und mit der anderen den Seidenslip nach unten zog. Er küsste sie an der Stelle, die eben noch vom Slip bedeckt gewesen war, und tauchte dann mit der Zungenspitze tiefer ein. Leckte, reizte sie, bis sie so erregt war, dass sie kaum noch denken konnte. Als er ihre Hüften anhob und mit einem Finger in sie eindrang, griff sie in sein Haar.

Hör nicht auf.

Sie glaubte, sein Lächeln zu spüren, bevor er zurückwich und das Höschen über ihre Schenkel, ihre Waden und Füße zog. Er nahm ein Folienpäckchen aus seiner Brieftasche und legte es auf den Nachttisch, dann schleuderte er seine Schuhe weg und zog seine Hose aus. Erregt beobachtete sie ihn dabei.

Er stand mit leicht gespreizten Beinen da. Seine Hüften waren schmal, aber es war die Stelle unterhalb in der Mitte, die ihren Blick anzog. Als er sich ihr wieder näherte, sich mit einem Bein auf die Matratze kniete, eine Hand auf dem Laken, da richtete sie sich auf und kam ihm entgegen. Ihre Lippen fanden sich zu einem langen, leidenschaftlichen Kuss.

Schwer atmend wich er schließlich zurück und sah ihr in die Augen, lächelte.

„Du hast vorhin etwas gesagt.“

Sie kratzte mit ihren Zehen über seine Wade. „Du meinst, dass du nicht fragen musst?“

„Ich meine das Alleinsein für ein oder zwei Stunden.“ Er küsste sie wieder und blieb ganz dicht bei ihr. „Nicht lange genug.“

Sie fuhr mit der Fingerspitze über sein Ohrläppchen. „Schaust du auf die Uhr?“

Er grinste. „Ich schaue auf dich.“ Erneut küsste er sie zärtlich. „Bleibst du bis morgen?“

Sollte das ein Scherz sein?

Natürlich würde sie bleiben.

Jacob schien das sehr zu gefallen. Leise lächelnd rollte er sich das Kondom über und drang zunächst vorsichtig, dann tiefer in sie ein. Teagan erbebte, für einen Moment hört sie auf zu atmen. Er betrachtete sie ausgiebig in dem schummrigen Licht, dann fing er an, sich zu bewegen.

Sie legte die Beine um seine Hüften und gab sich ihm ganz und gar hin. Seine Stöße kamen immer schneller und heftiger, und es dauerte nicht lange, bis sie kam. Der Orgasmus war wie erwartet.

Wie sie ihn noch nie erlebt hatte.

3. KAPITEL

Der Duft von frischem Kaffee weckte sie.

Verschlafen öffnete Teagan die Augen und erinnerte sich, dass sie sich nicht in ihrem eigenen Zimmer befand. Das Bett sah aus, als wäre ein Tornado darüber hinweggefegt. Schuhe und Kleidung lagen überall verstreut. Jacob Stone lag nicht mehr im Bett, aber sein Moschusduft und die Erinnerungen waren allgegenwärtig.

Sie kuschelte sich in die Kissen. Was für eine Nacht! Die intensivste und schönste ihres ganzen Lebens. Vom ersten Moment an hatten sie seine dunklen, verträumt blickenden Augen fasziniert. Ihn von der Hochzeitsfeier in seine Suite zu begleiten …

Die Entscheidung mochte impulsiv gewesen sein, doch der Sex mit Jacob Stone war atemberaubend gewesen, befreiend, und sie würde es sofort wieder tun.

Teagan musste grinsen.

Wie lange hatte sie noch Zeit bis zu ihrem Flug?

Als sie aufstand, wehte ihr der Duft von Pfannkuchen in die Nase, und sie verspürte plötzlich schrecklichen Hunger. Aber wenn Jacob in dieser Minute durch die Schlafzimmertür käme, würde sie stattdessen gern ihn vernaschen. Dies war – er war – der Weckruf, den sie gebraucht hatte.

Sie hatte sich immer gerühmt, stark zu sein. Belastbar. Dann hatte sie vor ein paar Monaten eine Fehlgeburt erlitten, und eine Beziehung, die ihr viel bedeutet hatte, war zerbrochen. Als sie jetzt ins Bad ging, verspürte sie Erleichterung. Sie konnte endlich auf diese Zeit als harte Lektion im Leben zurückblicken.

Jahre nach dem Unfall, den sie als Kind gehabt und der diese Narbe hinterlassen hatte, war ihr gesagt worden, dass sie vermutlich niemals schwanger werden würde. Nach der erlittenen Fehlgeburt war diese Prognose jedoch modifiziert worden. Sollte sie noch einmal schwanger werden, wäre die Gefahr einer Fehlgeburt in den ersten drei Monaten allerdings sehr hoch. Und sie hatte sich noch schlechter gefühlt.

Dieser Abend mit Jacob hatte ihr geholfen, die Kurve zu kriegen. Sie würde sich immer an den Schmerz erinnern – den körperlichen und seelischen –, aber sie hatte lange genug getrauert. Sie konnte immer noch ein erfülltes und glückliches Leben führen.

Nur nicht das, das sie gewählt hätte, wenn sie ein Wort mitzureden gehabt hätte.

Jacob hörte, wie die Dusche abgestellt wurde, und wartete darauf, dass Teagan in den Wohnbereich der Suite kam. Sie erschien in einem überdimensionierten Hotelbademantel, das lange Haar noch feucht, das schöne Gesicht ungeschminkt. Sie nahm auch ihn in Augenschein – graues T-Shirt und Jogginghose –, bevor sie die Leckereien begutachtete, die er beim Zimmerservice bestellt hatte.

Sie lachte. „Da ist ja jemand hungrig.“

Sein Blick fiel auf ihren Mund. „Immer.“

Sie bewegten sich aufeinander zu, bis er nah genug war, um die Szene zu wiederholen, mit der gestern Abend alles begonnen hatte. Er legte seine Hand um ihren Nacken und schmeckte ihre süßen Lippen.

Aber dieser Kuss war anders. Weil es einer der letzten sein würde? Oder der Beginn von mehr? Etwas Neuem?

Er beendete den Kuss, trat aber nicht zurück. So nah bei ihr, fühlte er sich voller Energie. Bereit für alles, auch dafür, sich Zeit für diese Frau zu nehmen.

Aber zuerst …

„Wir brauchen Kaffee.“ Er griff nach der silbernen Kanne.

„Für mich bitte ohne Zucker.“

Er reichte Teagan eine Tasse und gab dann zwei Stückchen Zucker und einen Schuss Sahne in seinen Kaffee. Er zog einen Stuhl für sie hervor, bevor er sich einen Streifen knusprig gebratenen Schinken nahm.

Das Festmahl kann beginnen.

Teagan inspizierte einen mit einer Glashaube abgedeckten Teller. „Ist das ein Steak?“

„Filet Mignon. Passt hervorragend zur Hollandaise.“

Es gab gegrillte Tomaten, zerdrückte Avocados, gebratene Champignons, goldgelbe Rösti und mehr. Es duftete verführerisch. Aber sie griff nur nach dem Müsliglas und schüttete eine bescheidene Portion in eine Schale. Jacob lächelte und bediente sich an der reichhaltigen Auswahl. Heute Morgen könnte er für zwei essen.

„Wann geht dein Flug?“, fragte sie.

„Um eins.“ Er schenkte zwei Gläser Orangensaft ein.

„Ich fliege auch um die Zeit.“

„Brauchst du eine Mitfahrgelegenheit zum Flughafen?“

„Nein, nein. Ich will dich nur nicht aufhalten.“

„Ich habe es nicht eilig.“ Er beobachtete, wie sie den Saft hinunterkippte. „Du?“

Sie stellte das leere Glas ab. „Es ist Sonntag.“

Richtig. „Wochenende. Zeit zum Entspannen. Keine Arbeit.“

Auch wenn morgen ein arbeitsreicher Tag sein würde. Er musste Aussagen und Hintergrundinformationen sortieren. Nachmittags war ein Meeting mit dem Mandanten angesetzt, der die Verleumdungsklage anstrebte, Grant Howcroft. Hunter Publications würde einen öffentlichen Tritt in den Unternehmerhintern bekommen. Erfundene Geschichten mochten den Verkauf der Magazine steigern, aber – Moral von der Geschichte, Jungs – Unehrlichkeit zahlt sich nicht aus.

„Es muss anstrengend sein, ein berühmter Anwalt zu sein“, sagte Teagan.

Wirkte er gestresst?

„Es kann viel Arbeit bedeuten.“

„Auch an Wochenenden?“

Er erinnerte sich, wie sie die Beine um seine Taille geschlungen hatte, als er in sie eindrang. „Nicht an diesem Wochenende.“

„Bist du sicher?“

Er wollte lachen. „Absolut.“

„Es ist nur … ich kenne diesen Gesichtsausdruck. Diesen Ich-muss-wieder-an-die-Arbeit-Ausdruck.“

Natürlich. „Kein Wunder. Du hast schließlich ein eigenes Unternehmen.“

„Ein kleines. Das ist mehr als genug.“ Hastig fügte sie hinzu: „Natürlich muss jeder seine eigene Entscheidung treffen. Ehrgeiz ist nicht unbedingt eine schlechte Sache.“

Ehrgeiz war sehr gut, vor allem, wenn jemand eine Vergangenheit hatte wie er. Ein Vermächtnis von Armut, Verzweiflung und warum Gedanken machen.

„Ich hatte keine schöne Kindheit. Ich vermute, das ist es, was mich antreibt.“ Er gab noch etwas Zucker in seine Tasse. „Was ist mit dir?“

„Was den Ehrgeiz betrifft? Ich möchte, dass mein Geschäft gut läuft.“

„Es ist dir wichtig?“

„Natürlich.“

Er kam auf den Kern der Frage zurück. „Und deine Kindheit?“

„Sie war … herausfordernd, würde ich sagen.“

In der vergangenen Nacht hatten sie so viel voneinander gelernt, und nicht alles war rein körperlich gewesen. Und doch war ihm Teagan jetzt, im Licht des Morgens, noch ein Rätsel.

Sie mussten beide ihren Flug erwischen. Trotzdem wollte er mehr erfahren – mehr fühlen, was ein großer Schritt für ihn war. Es war die richtige Zeit, der richtige Ort.

Und definitiv die richtige Frau.

Nachdem sie ihr Müsli gegessen und auch Jacob sich reichlich bedient hatte, tupfte er die Mundwinkel mit einer Stoffserviette ab und kam dann auf seine Frage zurück.

„Wo bist du noch mal aufgewachsen?“ Als sie sich kennenlernten, hatte er nach ihrem Akzent gefragt, der sehr süß war.

„Australien. Sydney.“ Sie nahm eine Erdbeere von dem Obstteller. „Meine Familie lebt noch dort. Zumindest mein Vater mit seiner zweiten Frau und den Kindern. Mein ältester Bruder und seine Frau ebenfalls.“

„Und der Rest des Clans?“

„Meine anderen Brüder leben in den Staaten. Der mittlere wohnt sogar hier in L. A. Er ist mit einer Frau aus Oklahoma verlobt, deshalb verbringt er viel Zeit dort. Mein anderer Bruder ist in New York.“

„Die Welt ist klein.“

„Wynn ist ein eingefleischter Workaholic. Obwohl sich das jetzt, da Grace in sein Leben getreten ist, sicherlich ändern wird. Ich hoffe es zumindest.“

Seine Kopfhaut begann plötzlich zu kribbeln. Er schüttelte das Gefühl ab. Lächelte.

„Wynn? Das ist ein ungewöhnlicher Name. Ich arbeite gerade an einem Fall. Der Name des Angeklagten, falls es zur Anklage kommt“, – und das würde es definitiv –, „ist Wynn.“

„Wow. Was sagt man dazu.“

Er nickte. Lächelte wieder. Ja, was sagte man dazu.

Teagan, die seine Gedanken zu lesen schien, lächelte. „Keine Sorge. Es kann nicht mein Wynn sein. Er lässt sich nicht in die Karten schauen, aber eine Verleumdungsklage? Davon wüsste ich. Die sozialen Medien wären voll davon.“

„Wir haben die Klage noch nicht eingereicht. Niemand weiß davon.“

Teagan nahm sich noch eine Beere, während Jacob seine zweite Tasse Kaffee leerte.

„Was macht dein Bruder in New York? Vielleicht kennen wir uns.“

„Wie viele Wynns kennst du noch mal?“

Er grinste. „Nur einen und den auch nur auf dem Papier.“

„Also kannst du meinen Bruder nicht kennen.“

Ha. Richtig.

Trotzdem …

„Was hast du gesagt, was er beruflich macht?“

„Wynn arbeitet für das Unternehmen meines Vaters“, sagte sie. „Für einen bestimmten Zweig. Alle meine Brüder tun das.“

Jacob verspürte jetzt auch ein Kribbeln im Nacken.

Ein Zweig des Familienunternehmens? „Klingt, als würde dein Vater ein großes Unternehmen leiten.“ Das Kribbeln wurde stärker.

„Es ist groß, okay. Nach dem College habe ich jedoch entschieden, meinen eigenen Weg zu gehen.“

„Du hast aber trotzdem ein gutes Verhältnis zu deiner Familie, oder?“

„Ja.“

„Waren alle auf der Hochzeit?“

„Alle.“

„Ihr steht euch also sehr nah.“

„Wir hatten unsere Probleme, vor allem mein Vater und meine Brüder. Sie sind sich zu ähnlich. Aber es ist besser geworden, seit sie älter sind. Und ja. Wir stehen uns nah. Achten aufeinander. Und jeder Außenstehende, der etwas Negatives sagt, sollte sich besser warm anziehen.“ Sie legte ihre Serviette auf den Tisch. „Was ist mit dir?“

Jacob dachte noch über Wynn und Familienunternehmen mit Zweigen in Sydney, L. A. und New York nach.

Er versuchte, sich zu konzentrieren. „Entschuldige. Was hast du gesagt?“

„Deine Familie, Jacob. Hast du Geschwister? Nichten oder Neffen?“

„Keine Geschwister.“ Zumindest keine, die mit ihm blutsverwandt waren.

„Also nur deine Eltern und du.“

Er rieb sich den Nacken. „Es ist kompliziert.“

Sie lachte gezwungen auf. „Komplizierter als bei mir?“

Er zuckte mit den Schultern und stand auf. Teagan erhob sich ebenfalls.

Er sah Fragen in ihren Augen. Zweifel, woher er kam, wer er wirklich war. Okay. Mal sehen.

Sein A-Loch-Vater hatte sich aus dem Staub gemacht, bevor Jacob zur Schule kam, kurz bevor seine Mom geistig ausgeflippt war. Als Teenager war er vom rechten Weg abgekommen und buchstäblich abgestürzt, hatte jedoch Glück gehabt und im richtigen Moment die Rettungsboje gefunden.

Aber das ist eine Ewigkeit her. Also vergiss die Vergangenheit und konzentrier dich auf dies. Auf jetzt.

Jacob nahm ihre Hände. „Der gestrige Abend war sehr schön.“

Ihr Gesichtsausdruck wurde weicher. „Ja, das fand ich auch.“

Als er ihre Hände hob und seine Lippen an ihre Handfläche drückte, spürte sie es mit jeder Faser ihres Körpers.

„Du riechst so gut“, sagte er. Nach Vanille.

„Man nennt es Seife.“

„Ich habe noch nicht geduscht. Ich wollte dich nicht wecken.“

Sie neigte den Kopf und bedachte ihn mit einem neckischen Blick. „Jetzt bin ich wach.“

Er sah ihr ins Gesicht, auf die Lippen, die er bis weit in die Nacht hinein geküsst hatte. Dann dachte er an ihre familiären Hintergründe und diese noch nicht eingereichte Verleumdungsklage. Er dacht an seinen Wynn, und er dachte an ihren Wynn.

Es spielte keine Rolle. Zumindest im Moment nicht.

Er beugte sich vor und umkreiste ihre Nasenspitze mit seiner. „Der Bademantel muss weg.“

Ihre schönen Augen glänzten, als sie den Gürtel öffnete. Eine Sekunde später lag der Bademantel auf dem Boden, und sie waren auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer.

4. KAPITEL

Die sechs Duschdüsen waren bestens platziert, und warmes Wasser prasselte auf ihren Körper. Dazu zwei große seifige Hände, die jeden Teil ihres Körpers verwöhnten, und Teagan konnte nur noch denken: Nimm mich jetzt. Oder war es: Nimm mich noch einmal?

Aber es gab Dinge, die sie auch für Jacob tun wollte, und die wertvollen Minuten vergingen wie im Flug. Es galt, keine Zeit zu verlieren. Also strich sie über seinen Oberkörper und umschloss den Teil von ihm, der so dringend spielen wollte.

Sein Kinn streifte ihre Schläfe, als er stöhnte.

„Bitte sag mir, dass wir heute nicht abreisen.“

„Wir haben noch eine Stunde.“

Dann verstärkte sie ihren Griff und streichelte seine Erektion. Er stöhnte wieder – dieses Mal tiefer.

„Eine Stunde reicht nicht.“

Sie grinste. „Wir machen es nicht noch einmal.“

Doch als er sie gegen die marmorne Wand drückte und sich mit den Händen neben ihrem Kopf abstützte, wollte Teagan ihre Worte noch einmal ernsthaft überdenken.

Während sie ihn weiter streichelte, senkte er den Kopf und küsste sie entlang ihrer nassen Schulter bis zu ihrem Nacken, fiel sogleich in ihren Rhythmus ein und bewegte seine Hüften zu ihrem Takt. Dann nahm er ihre Hand und verbarg sein Gesicht in ihrem Haar.

„Teagan … du machst mich fertig.“

„Oh. Entschuldige.“

Nicht.

„Gleich bist du dran.“

„Das will ich dir geraten haben“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Sie musste nur nackt in Jacobs Armen sein, und schon brannte ein Feuer in ihr. Solange sich ihre Körper berührten, fühlte sie sich ausgefüllt. Es half, einige Erinnerungen an das Frühstück zu verdrängen.

Es war egal, dass sie Vegetarierin war und Jacob Fleisch liebte. Was nicht gut gepasst hatte, war das Gespräch über die Familie.

Er hatte Fragen gestellt, die sie beantwortet hatte. Doch in Bezug auf Wynn wollte er nicht lockerlassen. Ja, es war ein ungewöhnlicher Name, und sie war sich sicher, dass die Anwälte von Hunter Enterprises schon mit Verleumdungsklagen zu tun gehabt hatten. Manchmal mussten Reporter im Dreck wühlen, um die Wahrheit aufzudecken.

Natürlich sollten die Medien verantwortungsvoll mit Informationen umgehen, aber Wynn war vorbildlich in Sachen Ethik – sorgfältig und prinzipientreu, bis zu dem Punkt, dass er andere damit verrückt machte. Nichts, was irgendjemand sagen oder versuchen könnte, vor Gericht gegen ihn vorzubringen, würde ihre Meinung diesbezüglich ändern.

Aber jetzt, als Jacobs Mund seine Magie wieder in einem leidenschaftlichen Kuss entfaltete, verdrängte Teagan all diese Gedanken aus ihrem Kopf. Jetzt ging es darum, Energie zu tanken, wieder Mensch zu sein und wirklich zu fühlen.

Er beendete den Kuss und sah ihr tief in die Augen, während sie sich den Anblick seines kantigen Kinns einprägte und wie das Wasser von seiner Nasenspitze tropfte.

„Wir haben letzte Nacht zu viel Zeit mit Schlaf verschwendet.“ Tropfen fielen von seinen schwarzen Wimpern. „Ich will in dir sein.“

Ja, ich will es auch.

Es gab nur ein Problem.

So verführerisch dieser Moment war, Sicherheit stand an erster Stelle.

Offensichtlich war Jacob derselben Meinung. „Die Kondome sind im Schlafzimmer.“

„Also drehen wir den Wasserhahn zu.“

„Oder wir könnten uns für etwas anderes entscheiden.“

Sie grinste. „Etwas Neues?“

„Es gibt nichts Neues. Es gibt nur Besseres.“

Er tauschte mit ihr den Platz und drehte sie herum. Die Schultern an die Wand gepresst und seinen harten Körper an ihren Rücken und Hintern geschmiegt, begann er, ihren Nacken zu liebkosen und mit einer Hand ihre Brüste zu streicheln, während er die andere über ihren Bauch wandern ließ. Als er die Narbe erreichte und aufhörte, presste Teagan sich gegen ihn und versteifte sich.

Er gab ihr einen Kuss aufs Haar. „Die Narbe musst du schon länger haben. Hat sicher wehgetan.“

„Ich bin mit dem Fahrrad gestürzt, als ich in der Mittelstufe war.“

„Wir sollten irgendwann unsere Narben vergleichen. Ich habe ein paar ganz ordentliche.“

Während er sprach, ließ er seine Hand tiefer gleiten und schob sie zwischen ihre Beine. Und als er begann, ihre empfindlichste Stelle sanft zu reiben, vergaß Teagan ihren Unfall, die Tatsache, dass die Zeit ablief, und alles andere, was stören könnte. Sie wollte sich nur auf den kommenden Orgasmus konzentrieren und freute sich darauf, von den Wogen der Leidenschaft mitgerissen zu werden.

Viel zu schnell erreichte sie den Höhepunkt. Ein Beben durchfuhr sie, und alles andere um sie herum verblasste.

Jacob hörte nicht auf, sie zu berühren, sie zu lieben. Und bevor die Intensität des Höhepunkts verebbte, kam sie wieder. Und es war noch besser als das Mal zuvor.

Als er sie hochhob und zum Bett trug, wusste Teagan, dass es noch nicht vorbei war. Jacob Stone war noch nicht fertig mit ihr. Nicht einmal annähernd.

Nichts war jemals vollkommen, aber wenn Jacob etwas benennen müsste, was der Vollkommenheit nahekam, dann wären es die Stunden, die er mit Teagan verbracht hatte. Und sosehr er auch die letzte Nacht genossen hatte – die Gespräche, das Tanzen, den unglaublichen Sex –, die Fortsetzung heute Morgen unter der Dusche hatte alles übertroffen.

Jetzt, nachdem sie noch einmal Sex gehabt hatten, lagen sie eng aneinandergekuschelt im Bett. Sie sahen sich tief in die Augen, und er konnte nur daran denken, wie wenig Zeit ihnen noch blieb. Fazit, er wollte sie wiedersehen. Aber er vermutete – und es war unwahrscheinlich, dass er mit seiner Vermutung falschlag –, diese Verbindung würde enden, nicht nur für jetzt, sondern für immer.

Die Endgültigkeit dieses Abschieds hing von etwas ab, was er sagen musste. Etwas, über das sie nicht hinwegsehen könnte. Und er offen gesagt auch nicht.

„Wir müssen los“, sagte sie. Ihr Blick hing an seinen Lippen.

„Wie soll das gehen.“

„Wir steigen aus diesem Bett und verabschieden uns an der Tür voneinander.“

„Der Plan gefällt mir nicht.“

„Okay. Du bleibst hier, und ich nehme meine Sachen auf dem Weg nach draußen mit.“

„Das wird auch nicht funktionieren.“

Ihre Augen schimmerten, als sie lächelte. „Ich glaube, wir haben keine andere Wahl.“

Er streifte ihre Lippen mit seinen. „Doch.“

Sie wich etwas zurück und warf ihm einen mahnenden Blick zu. „Wir haben keine Zeit mehr für eine weitere Dusche.“

„Nein?“

Sie lachte leise. „Nein.“

„Okay. Mach dich bereit für Stones Option Nummer zwei.“

Er stützte sich auf dem Ellenbogen ab, als sie aufstand und sich zu ihm drehte.

„Ich höre.“

Als er ihren wunderschönen nackten Körper sah, steckte er in der Klemme.

„Ich habe es vergessen.“

Lächelnd schüttelte sie den Kopf und ging ins Bad. „Wage es nicht, mir zu folgen.“

Kurz darauf kam sie wieder aus dem Bad. Sie trug das T-Shirt, das er ausgezogen hatte, bevor sie unter die Dusche gegangen waren. Es reichte ihr fast bis an die Knie.

„Wie sehe ich aus?“

„Wie eine Göttin.“

Sie blinzelte, dann lachte sie, doch er war in seinem ganzen Leben noch nicht so ernst gewesen. Und das machte es noch schwieriger, das Gespräch zu führen, das er noch mit ihr führen musste.

Während Teagan nach ihren Schuhen suchte, zog er seine Jogginghose an und kramte in seiner Tasche nach einem Hemd. Er fand ein gestärktes Oberhemd. Selbst wenn er unterwegs war, um mit den Rawsons ein paar Tage zu entspannen, packte er eins ein – zusammen mit einem dunkelblauen Jackett und einer Anzughose. Das war bei Anwälten üblich. Zumindest bei denen, die eine Kanzlei in der Lexington Avenue besaßen.

Teagan nahm ihre Schuhe. Sie war bereit zu gehen. Aber bevor sie etwas sagen konnte – es war sehr nett … wir sehen uns bei der nächsten Hochzeit –, sprach Jacob.

„Ich bringe dich zu deinem Zimmer.“

„Das ist nicht nötig.“

„Ich möchte es gern.“ Wenn er endlich sagte, was gesagt werden musste, dann sollte Teagan in ihrer eigenen Suite sein und ihn, wenn nötig, vor die Tür setzen können.

Sie gab nach. „Okay. Aber denk daran, dass wir unsere Flüge bekommen müssen.“

„Ich schwöre, dass ich mich benehmen werde.“

Auf dem Weg aus dem Schlafzimmer sammelte sie ihr Kleid und die Abendtasche ein, während er die Schlüsselkarte suchte. Mit dem Fahrstuhl fuhren sie zu ihrem Stockwerk und gingen durch den Flur zu ihrem Zimmer. Nachdem sie die Schlüsselkarte durchgezogen hatte und eingetreten war, kam er direkt zur Sache.

„Ich muss dich etwas fragen“, sagte er. „Dein Nachname ist Hunter, nicht wahr?“

„Jacob, das habe ich dir gestern Abend gesagt, als wir uns kennengelernt haben.“

„Ich, ähm, habe es nicht richtig mitgekriegt.“

„Es ist okay. Schon verziehen.“

Er rieb sich die Schläfen und murmelte: „Ich wünschte, es wäre so.“

„Was soll das heißen?“

„Es wurde mir erst bewusst, als wir beim Frühstück darüber sprachen. Über deine Familie. Deinen Bruder. Wynn Hunter.“ Leg endlich die Karten auf den Tisch. „Er ist der Wynn, den ich verklagen werde.“

Teagan ließ die Schultern hängen. Schließlich stieß sie einen tiefen Atemzug aus. „Was für ein beschissenes Ende.“

„Es tut mir leid.“

„Was tut dir leid? Dass du meinen Bruder fertigmachen willst? Oder dass du es mir nicht gesagt hast, bevor wir unter die Dusche gegangen sind?“

„Letzteres.“

„Das habe ich mir gedacht.“

Sie wirkte ganz ruhig. Warum beschimpfte sie ihn nicht? Wo blieb die Ohrfeige? Er wollte ihren Bruder verklagen, verdammt noch mal.

„Ich dachte, du wärst wütender“, sagte er.

„So?“

Vielleicht war er nicht deutlich genug gewesen. „Ich habe die Absicht, Wynn vernichtend zu schlagen, wenn ich ihn vor Gericht bekomme.“

„Ich vermute, dafür bezahlen dich deine Mandanten.“

Er fuhr sich übers Gesicht und verlagerte das Gewicht. „Du hast mir gesagt, wie nah ihr euch steht. Wenn dies an die Öffentlichkeit kommt, wenn dein Bruder verurteilt wird … dann wird es das gesamte Hunter-Konglomerat betreffen.“

Wieder zeigte sie sich scheinbar unbeeindruckt.

Er senkte die Stimme. „Vor Gericht kenne ich keinen Spaß, Teagan.“

„Danke“, sagte sie. „Ich habe verstanden.“

Dann dämmerte es ihm. Ihre Reaktion.

Ja, natürlich.

„Du wusstest es längst“, sagte er.

„Als du sagtest, dass du noch keine Anklage erhoben hast. Bevor wir geduscht haben.“ Sie zog einen Mundwinkel hoch. „Ich wollte den Morgen nicht verderben.“

„Dann bist du nicht sauer?“

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich mit ständigen Dramen in einem großen Unternehmen aufgewachsen bin. Es geht immer nur um Kontrolle und Macht. Fressen oder gefressen werden.“ Sie lehnte sich gegen den Türrahmen. „Nein, ich bin nicht sauer. Ich bin damit einfach durch.“

Also … dann okay.

Dies musste kein Abschied sein. Natürlich würden sie von jetzt an absolut ehrlich sein müssen. Keine Missverständnisse mehr. Keine Geheimnisse.

Er sagte: „Wir werden uns nicht treffen können, solange ich an diesem Fall arbeite.“

„Interessenkonflikt.“

Und mehr. „Aber irgendwann in der Zukunft …“ Er trat näher zu ihr. „Wir müssen uns wirklich wiedersehen.“

Als er es mit einem Kuss besiegeln wollte, trat sie zurück.

„Ich fürchte, das ist nicht möglich“, sagte sie. „Und ich glaube, du weißt warum.“

Jacob sah aus, als wollte er lachen, aber Teagan machte keine Witze.

„Du hast gesagt, du bist nicht sauer. Du hast gesagt, du weißt, wie die Dinge in der Unternehmenswelt funktionieren.“

„Richtig. Du versuchst, meinen Bruder zu ruinieren. Seine Firma. Den Namen meiner Familie. Das verstehe ich vollkommen.“

„Du bist also doch wütend.“

„Du hast deine Prinzipien. Ich habe meine. Ich habe unsere gemeinsame Zeit wirklich genossen. Es war genau das, was ich gebraucht habe.“ Mehr als Jacob jemals erfahren würde. „Aber hier endet es.“

„Es gibt keine andere Möglichkeit?“

„Nein, es sei denn, du gibst den Fall ab.“

„Du weißt, dass ich das nicht kann.“

Sicher. „Verstehe.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Versetz dich in meine Lage, Jacob. Du würdest genau dasselbe tun. Familie ist Familie. Du kehrst ihr nicht den Rücken.“

Er zog die Augenbrauen zusammen und senkte den Blick.

„Man kann es, wenn die Familie scheiße ist.“

Teagan blinzelte. Sie musste sich verhört haben.

„Kannst du das noch einmal sagen?“

„Ach, vergiss es.“

„Jacob, hast du wirklich gesagt, was ich glaube, dass du es gesagt hast?“ Dass meine Familie scheiße ist? Das konnte nicht sein.

Er atmete nur tief aus. „Ich gehe besser.“

Bevor sie zurückweichen konnte, küsste er sie schnell auf die Wange und ging den Flur entlang zurück zum Fahrstuhl.

Was für ein Mistkerl. Und zu denken, dass sie sich in den Kerl praktisch verliebt hatte. In einen Mann, der definitiv nicht ihr Typ war.

Eine Woche später, als Jacob Stone ihre Geschäftsnummer ausfindig gemacht hatte, kochte Teagan immer noch. Aber sie war darüber hinweg, ihm zu sagen, wie kindisch seine Bemerkung über ihre Familie gewesen war. Sie zog es vor, einfach nie wieder von ihm zu hören. Deshalb sagte sie ihrer Empfangsdame, dass sie sich gerade auf einen Urlaub in Übersee vorbereitete. Und eine Reise war tatsächlich vorgesehen. Sie log also nicht.

Und wenn doch, welche Rolle spielte das schon bei Menschen wie ihm?

5. KAPITEL

Jacob knallte das Telefon auf den Tisch, was nicht seine Art war, zumindest hatte er es lange nicht getan. Er hatte gelernt, sein Temperament zu zügeln und seinen Frust auf andere Weise abzubauen. Und, hey, was er gerade gehört hatte, war nicht unbedingt eine Überraschung.

Die Empfangsdame von High Tea Gym in Seattle hatte höflich, aber bestimmt erklärt, dass Teagan seinen Anruf nicht entgegennehmen konnte. Miss Hunter war kurz davor, das Land zu verlassen, und hatte keinen Termin für ihre Rückkehr genannt.

Übersetzt: Lass mich in Ruhe.

Die Nacht mit Teagan in L. A. hatte mit einer massiven Komplikation geendet. Sie war mit dem Angeklagten in der bevorstehenden Verleumdungsklage verwandt. Was noch schlimmer war, sie hatten es beide gewusst, bevor es zum leidenschaftlichen Finale unter der Dusche und im Schlafzimmer am nächsten Morgen gekommen war.

Jacob drehte seinen Stuhl zum Fenster und nahm den unglaublichen Blick auf das Chrysler-Gebäude in sich auf. Als sie sich kennenlernten, konnte Teagan noch nicht gewusst haben, dass eine Hunter-Klage in seiner Pipeline war. Sie hätte nie Interesse vorgetäuscht, um sich einen Vorteil zu verschaffen, um vielleicht Insiderinformationen über den anhängigen Fall zu erhalten. Sie hätte definitiv keinen Sex eingesetzt, um die Anklage zu verhindern. Trotzdem hatte sich vor seinem geistigen Auge eine Schlagzeile aufgebaut: Schmieriger New Yorker Anwalt schläft mit Schwester des Angeklagten.

Aber – Verschwörungstheorien beiseite – dass Teagan sich weigerte, mit ihm zu sprechen, spiegelte mehr, wie sie sich getrennt hatten als warum. Sie hatte gesagt, dass niemand der Familie den Rücken kehren sollte. Er hatte mit einem Seitenhieb darauf geantwortet, dass man genau das tun sollte, wenn die Familie keine Loyalität verdiente. Er mochte das Wort „Scheiße“ benutzt haben. Aber er hatte nicht ihre Familie gemeint. Er hatte von seiner gesprochen.

Die Gegensprechanlage summte. Jacob ignorierte es. Er brauchte Zeit, sich in den Griff zu bekommen. Bisher war er immer derjenige gewesen, der die Frauen abservierte. Nicht umgekehrt.

Werde erwachsen, Stone. Das ist Schnee von gestern.

Er hörte ein Klopfen, dann die Stimme seiner Sekretärin.

„Mr. Howcroft ist da“, sagte Waverley McCune. „Er weiß, dass er keinen Termin hat.“ Sie senkte die Stimme fast zu einem Flüstern. „Er sagt, er hat genug von ‚große Klappe, nichts dahinter‘, was auch immer das bedeuten soll.“

Jacob sah weiter nach draußen. Er kaute auf dem Daumennagel, was er seit der neunten Klasse nicht mehr getan hatte. Aber egal.

„Jacob? Was soll ich ihm sagen?“

Jacob schwang genau in dem Moment seinen Stuhl herum, als Grant Howcroft mit geballten Fäusten den Raum betrat.

„Dieses verdammt Gesülze muss aufhören. Ich will den Bastard auf Knien sehen.“

Jacob stand auf. „Nehmen Sie Platz, Grant.“

Der Mann warf sich auf eine Ledercouch, während Waverley den Steg ihrer Mr.-Magoo-Brille die Nase hochschob und leise die Tür hinter sich schloss.

„Haben Sie die Social-Media-Posts heute Morgen gesehen?“

Jacob lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme. „Sie meinen den kleinen Blogger-Kommentar?“ Ja, hatte er gelesen. Und die anderen Posts Howcroft betreffend auch.

„Ich will, dass sie abgeschaltet werden. Ich will, dass sie die Klappe halten!“

„Solche Dinge dauern.“

„Während meine Karriere den Bach runtergeht?“

„Wir werden eine Entschädigung bekommen.“

„Von einem angeschlagenen Ruf erholt man sich nicht so schnell, Jacob.“

„Wenn die Wahrheit ans Licht kommt, dann ja.“

Howcroft strich über sein graues Haar. „Laut dem neuesten Beitrag bin ich jetzt ein verdammter Drogenbaron.“

„Es ist ein Troll-Beitrag. Er will provozieren.“

Grant hörte nicht zu. „Wie komme ich davon wieder weg? Ich frage Sie. Wie?“

„Indem wir uns mit dem Verbreiter der Lügen befassen. Denjenigen verfolgen, der das Geld hat.“ Wynn Hunter und seinen großen, „unantastbaren“ Medienarm. „Wir müssen nur beweisen, dass die Anschuldigungen unbegründet sind, was ja der Fall ist.“

Dann würden die falschen Behauptungen richtiggestellt, und Hunter Publications könnte Howcroft den Hintern küssen.

Kleine Schweißperlen glitzerten auf der Stirn seines Mandanten. Jacob schenkte ihm ein Glas Wasser ein.

Howcroft kippte die Hälfte des Wassers hinunter und schloss die Augen. Gleichzeitig biss er die Zähne zusammen, und seine Lippen wurden weiß.

„Vielleicht sollte ich abhauen. Mich irgendwo in Mexiko verstecken, bis alles überstanden ist.“

Jacob fiel die Kinnlade herunter. Was war daraus geworden, dass er Wynn Hunter ruiniert sehen wollte? „Wir waren uns einig. Dies ist ein Prozess. Wir müssen unseren Kurs halten.“

„Ich weiß nicht, ob ich …“

Jacob verspürte ein Kribbeln im Nacken. „Ob Sie was?“

Howcroft hob die Hände, als hätte er genug gehört und gesagt, und ging zur Tür. „Ich melde mich wieder. So oder so.“

Was genau sollte das heißen? „Wollen Sie damit sagen, dass Sie die Anklage auf Eis legen wollen?“

„Ich sage nur, dass ich nicht weiß, ob ich weitermachen will. Punkt.“ Howcroft riss die Tür auf. „Ja, lassen Sie die ganze verdammte Sache fallen. Ich brauche Zeit, um zu verschwinden. Den Kopf freizubekommen.“

„Sie wollen die Anklage wirklich fallen lassen?“

Aber Howcroft war bereits weg, und Jacob hätte am liebsten die Tür zugeknallt, so wie er zuvor sein Telefon auf den Tisch geknallt hatte. Er war nicht sauer auf seinen Mandanten. Was ihm im Magen lag, war die Situation mit Teagan. Wenn es diese Klage nicht gegeben hätte, dann hätte ihre gemeinsame Zeit anders geendet. Sie hätte seinen Anruf heute entgegengenommen … wenn ihr die Zeit mit ihm mehr bedeutet hätte, als einfach nur mal loszulassen. Wenn sie nicht geplant hatte, ein abgekartetes Spiel mit ihm zu treiben.

Nachdem Jacob alles noch einmal durchdacht hatte, tätigte er noch einen Anruf. Dieses Mal rief er nicht das High Tea Gym an. Sondern Menschen, die ihn noch nie im Stich gelassen hatten und es auch jetzt nicht tun würden.

In dem Moment, als das Bild auf dem Monitor ihres Laptops aufpoppte, wusste Teagan, warum ihr ältester Bruder und seine Frau einen Videoanruf starteten. Gute Nachrichten. Die besten.

„Wir sind schwanger!“, sagten Taryn und Cole gemeinsam.

„Oh mein Gott. Gratuliere! Seit wann wisst ihr es?“

Den Arm um seine Frau gelegt, antwortete Cole: „Seit vier Monaten. Aber Taryn wollte es nicht sofort bekannt geben.“

Teagan konnte die Statistiken im Schlaf aufsagen: Mehr als achtzig Prozent der Fehlgeburten passierten in den ersten drei Monaten. Wenn man befruchtete Eier hinzuzählte, die es nicht schafften, sich in der Gebärmutter einzunisten, dann endeten fünfundsiebzig Prozent aller Befruchtungen glücklos.

Hier aber hatte es funktioniert.

Teagan lächelte. „Also zu früh, um zu wissen, ob ich eine Nichte oder einen Neffen bekomme?“

„Wir sind uns nicht sicher, ob wir es überhaupt wissen wollen“, sagte Cole.

„Es ist egal, was es wird“, fügte Taryn hinzu.

„Was sagt Dad dazu, dass er Großvater wird?“, fragte sie.

Cole zog die Stirn kraus. „Wir haben es ihm noch nicht gesagt. Die letzten Monate … Es war hart, besonders in letzter Zeit.“

Teagans Herz schlug schneller. „Ist irgendetwas passiert?“

„Keine weiteren Anschläge auf sein Leben. Leider gibt es aber auch keine neue Spur.“

„Wie geht es Tate?“ Teagan vermisste ihren jüngsten Bruder so sehr. Er war süß und lieb und so eine tapfere kleine Seele.

„Wir haben ihn oft bei uns“, sagte Taryn. „Das Baby auch. Es ist jetzt leichter, da Honey etwas älter ist.“

Teagan fragte weiter. „Und Eloise?“ Die junge Frau ihres Vaters.

Cole grunzte. „Diese Frau ist schlimmer denn je.“

Eloise hatte ein Alkoholproblem. Und sie hatte ein Problem mit Männern. Sie hatte sich direkt nach der Beerdigung von Teagans Mutter an ihren Vater herangemacht. Eloise war hinter einem reichen Mann her gewesen, und das war Guthrie Hunter mit Sicherheit.

Aber es hatte ihr nicht gereicht, die neue Mrs. Hunter zu sein. Im letzten Jahr, kurz vor Honeys Geburt, erfuhr Guthrie, dass Eloise versucht hatte, Cole zu verführen. Er war am Boden zerstört gewesen. Doch wegen der Kinder hatte er ihr eine weitere Chance gegeben.

Teagan stand auf und packte ihre Sachen. Sie hatte heute Nachmittag frei. Sie verabschiedete sich von der Empfangsdame und verließ das Fitnessstudio durch den Haupteingang. Auf dem Weg zu ihrem Wagen fiel ihr etwas ins Auge. Ein Mann stieg aus einem Taxi. Etwa einen Meter neunzig groß, Wahnsinnskörper, Jeans, hellblaues Button-Down-Hemd und eine total heiße Sonnenbrille.

Teagan schlug das Herz bis zum Hals.

Was zum Teufel machte Jacob Stone hier?

Er sah sie, kam direkt auf sie zu, und in diesem Moment kehrten alle Erinnerungen zurück. Reden, tanzen, Sex. Ein Prickeln jagte durch ihren Körper.

Sein glatt rasiertes Kinn spannte sich an, als er kurz vor ihr stehen blieb und die Sonnenbrille absetzte. „Wir müssen reden.“

„Deshalb bist du mal eben von New York hierhergekommen?“

„Du hast meine Anrufe nicht angenommen.“

„Dafür gibt es einen guten Grund.“

„Wegen der Art, wie wir auseinandergegangen sind. Ich kann es erklären.“

Teagans Herz schlug wie verrückt, und sie hatte weiche Knie.

Ich kann es erklären.

Sie setzte den Weg zum Parkplatz fort und zeigte ihm einen Vogel, dann sagte sie: „Bleib mir weg mit lahmen Erklärungen.“

„Ich bin bei einer Mutter aufgewachsen, der Drogen wichtiger waren als ihr einziges Kind“, rief er ihr nach. „Mein Vater war ein Ganove. Er war darauf spezialisiert, ältere Menschen und Behinderte auszunehmen.“

Teagan blieb stehen. Drehte sich langsam um. „Was hast du gesagt?“

„Er gab vor, Reparaturarbeiten vorzunehmen, hat aber in Wirklichkeit die Häuser inspiziert. Später ist er dann eingebrochen und hat Wertsachen gestohlen. Bargeld war ihm am liebsten, aber Schmuck, Elektrowerkzeuge und Fernseher taten es auch. Als ich sechs war, ist er verschwunden. Ich habe nie wieder von ihm gehört. Soweit ich weiß, verrotten seine Knochen auf dem Armenfriedhof auf Hart Island.“

Teagan merkte, dass sie mit offenem Mund zuhörte. Jacob sagte offensichtlich die Wahrheit. Wer würde sich so etwas ausdenken? Und war das ein Brooklyn-Akzent, der manchmal durchkam?

„Mit vierzehn geriet ich in die falschen Kreise. Habe geraucht. Getrunken. Eines Abends haben wir einen 69er Chevy Camaro geklaut und das Verdeck aufgemacht. Wir sind in einer Kurve ins Schleudern geraten und hätten fast einen Kerl erwischt, bevor wir gegen einen Mast knallten.“

„Bist du gefahren?“

„Nein. Mad Mikey saß hinterm Lenkrad. Er war eine Woche zuvor fünfzehn geworden und hatte Ambitionen, seinem Bruder ins Zuhältergeschäft zu folgen. Ich saß auf dem Beifahrersitz. Hat mich sechs Monate Jugendknast gekostet.“

Teagan konnte es nicht glauben. Dieser gebildete, mächtige, beherrschte Mann war einst ein Straffälliger gewesen? Eine Gefahr für die Gesellschaft?

„Wie auch immer … ja. Das war mein Leben. Meine Familie, die scheiße war. Was ich gesagt habe … es hatte nichts mit dir zu tun. Nur mit mir. Ich hätte es dir gleich sagen sollen.“

„Deshalb bist du heute hierher geflogen …“

„Ich musste mich entschuldigen.“ Er sah sie an. „Und es gibt noch etwas, was ich sagen muss. Oder fragen möchte.“

Lass mich raten. „Während du hier bist, möchtest du mich zum Essen einladen?“ Gefolgt von einer ausgiebigen Dusche zu zweit, vermute ich.

„Ich möchte dich wirklich zum Essen einladen. Aber selbst gekocht und nicht hier. In Upstate New York. Ich möchte, dass du meine Familie kennenlernst.“

„Jetzt bin ich verwirrt. Deine Familie?“

„Die Menschen, die mich aufgenommen haben. Als ich ein richtiges Zuhause brauchte und jemanden, den es interessierte, was ich tat und wie ich es tat. Die Rawsons haben mein Leben gerettet. Das ist keine Übertreibung. Es ist die Wahrheit.“

Sie ließ sich einen Moment Zeit, das Gehörte zu verdauen.

„Du möchtest, dass ich quer durchs Land fliege, um mit deiner Adoptivfamilie zu Abend zu essen?“

„Genau.“

„Du weißt, dass das ziemlich verrückt klingt.“

„Ja, das könnte man so sagen.“

„Jacob, du willst meinen Bruder vor Gericht bringen.“

„Nicht mehr. Mein Mandant hat es sich anders überlegt.“

„Du willst also nicht mehr versuchen, meinen Bruder zu ruinieren?“

Er grinste und zuckte dann mit den Schultern. „Du würdest meine Familie wirklich mögen.“

Vielleicht würde sie das. Es schienen erstaunliche Menschen zu sein. Aber, komm schon. Abendessen in New York? Einfach so?

Sie schüttelte den Kopf. „Nicht möglich.“

„Du wärst überrascht, was alles möglich ist, wenn du es versuchst.“

Er ging weiter auf sie zu, während sie im selben Moment an die zwei rosa Linien auf dem Schwangerschaftstest vor ein paar Monaten dachte. Das hatte sie ganz sicher nicht für möglich gehalten. Es war der aufregendste und schönste Moment in ihrem Leben gewesen.

Und plötzlich stand Jacob ganz dicht vor ihr, und sie sah nur noch diese wunderschönen bernsteinfarbenen Augen, die sie mit Willenskraft dazu bringen wollten, etwas Verrücktes zu tun.

„Wie lange brauchst du zum Packen?“, fragte er.

„Du meinst jetzt?“

„Es ist Freitag. Wochenende.“

„Wie viele Stunden dauert der Flug nach New York?“

„In einem Privatjet …“, er griff nach ihrer Hand, „… geht es ganz schnell.“

6. KAPITEL

Die Cirrus SF50 der Familie Rawson flog in einer Reiseflughöhe von achttausend Metern von Seattle nach New York. Teagan saß neben Jacob im hinteren Teil des Fliegers. Sie fragte sich, welche Überraschungen sie noch erwarteten. Sie war um die ganze Welt geflogen – hatte den Schulabschluss in der Schweiz gemacht, Urlaub am Mittelmehr, Geschäftsreisen nach Großbritannien. Dieser Flug sollte ein Kinderspiel sein, und doch war sie nie so aufgeregt gewesen wie jetzt. Es war eine ganz spontane Entscheidung gewesen, das Wochenende mit Jacobs Familie zu verbringen. Würde sie am Sonntag bereuen, dem Drang nachgegeben zu haben? Oder würde sie sich auf das nächste Mal freuen?

Jacob öffnete gerade eine Bildergalerie in seinem Smartphone. „Ich hoffe, du magst Pferde. In den nächsten Tagen wirst du einige sehen.“

„Als Kind hatte ich ein paar Reitstunden, bevor …“

Als Teagan nicht weitersprach, lächelte er. „Bevor was?“

„Bevor ich mich für andere Sachen interessiert habe.“

Er wusste von ihrem Fahrradsturz und der Narbe, aber er musste nichts über die Konsequenzen wissen. Deshalb genoss sie den Anblick – des Mannes neben ihr, nicht der Wolken – und konzentrierte sich auf das Foto auf seinem Handy.

„Wer ist das?“

Jacob drehte das Display mehr in ihre Richtung. „Das ist Ajax auf dem Rücken eines preisgekrönten Hengstes, Coming Home.“

„Wow. Diese Muskeln und schlanken Linien. Das Pferd ist auch ganz nett.“

Jacob lachte. „Du und Ajax, ihr werdet euch prächtig verstehen.“

Vielleicht war sie zu optimistisch, aber Teagan hatte das Gefühl, dass sie mit allen Rawsons zurechtkommen würde.

„Erzähl mir mehr über die Rawson Stud Farm.“

„Das Anwesen liegt zwischen Albany und Lake George, nur eine kurze Autofahrt von einer der ältesten und angesehensten Rennstrecken des Landes entfernt. Es bietet eine Unterkunft für Rennpferde, modernste Zuchtbedingungen und eigene Ställe. Im Familienbesitz seit 1888.“

Sie nickte. „Sehr informativ.“

„Wie ein Wikipedia-Text, oder?“ Er machte ein nachdenkliches Gesicht. „Als ich das erste Mal die Hügel und Weiden sah, konnte ich nicht glauben, dass sie echt waren. Ich bin in East New York aufgewachsen. In den 90er-Jahren gab es dort jeden zweiten Tag einen Mord. Raubüberfälle waren an der Tagesordnung, nicht zu vergessen die Drogen.“ Er schüttelte den Kopf, als wollte er ihn freibekommen. „Ich habe den Vorfall mit dem geklauten Auto erwähnt. Zu meiner Strafe gehörte ein Aufenthalt auf der Farm der Rawsons. Der Eigentümer hatte ein Programm für jugendliche Straftäter. Hux Rawson hat einigen geholfen, ihr Leben zu verändern. Ich werde ihm immer dankbar sein, dass ich bleiben durfte. Die Rawsons sind meine Familie geworden.“

Jacob zeigte ein weiteres Foto. „Das ist Griff, wie er mit ein paar wertvollen Stuten posiert. Er ist jetzt ein wichtiger Mann an der Wall Street.“

Der Mann war ähnlich gebaut wie Ajax. Beide strahlten Selbstbewusstsein aus und hatten das maskuline Aussehen eines Cowboys. Und als Jacob ihr ein Foto von Hux Rawson zeigte, war klar, wer ihnen diese Qualitäten vererbt hatte. Mit seinen etwa sechzig Jahren war Jacobs Adoptivvater immer noch sehr attraktiv.

„Und Mrs. Rawson?“, fragte Teagan.

„Sie ist gestorben, bevor ich dorthin kam.“

Sofort fühlte Teagan sich den Rawsons noch näher. Sie vermisste ihre eigene Mutter immer noch sehr.

Jacob zeigte ein weiteres Foto. „Hux sagt, dass Lanie ein Ebenbild ihrer Mutter ist. Im Aussehen und im Temperament. Lanie kann ziemlich stur sein.“

„Lanie?“

„Hux’ Tochter.“

Das Foto zeigte Jacob, etwa im letzten Schuljahr, mit einem Teenager. Sie standen Arm in Arm vor einer großen roten Scheune. Lanie trug eine leuchtend gelbe Reithose und sah zu Jacob auf, als wäre er der Größte.

„Sie ist Dressurreiterin“, sagte er. „Hat schon unzählige Medaillen gewonnen.“

Teagan lächelte über Lanies anhimmelnden Blick. „Ich kann es nicht erwarten, sie kennenzulernen.“

Sie konnte es nicht erwarten, die ganze Familie kennenzulernen.

Huxley Rawson erwartete sie auf der Veranda. Jacobs Adoptivvater hatte stahlgraues Haar mit spitzem Haaransatz. Er war groß und hatte breite Schultern. Wie seine Söhne. Als sie die Treppe hochstiegen, bemerkte Teagan einen Golden Retriever an seiner Seite.

Als Jacob sie vorstellte, ignorierte Hux ihre ausgestreckte Hand. Stattdessen umarmte er sie kurz.

„Willkommen in unserem Zuhause, Teagan. Wir freuen uns sehr, dass Sie hier sind.“ Hux drehte sich zu seinem Sohn, und das Lächeln in seinen dunklen Augen war noch strahlender. „Yeah, was für eine wundervolle Überraschung.“

Diese Umarmung dauerte länger, war enger, mit ein paar kräftigen Schlägen auf den Rücken, bevor sie sich voneinander lösten. Ohne Zweifel war Jacob ein gut aussehender Mann. Aber hier, zu Hause, leuchteten seine Augen noch klarer, seine Stimme klang voller, und die Energie hinter seinem Lächeln strahlte pure Magie aus, vor allem als er sich umdrehte und zu den sanften Hügeln schaute, die die untergehende Sonne in ein atemberaubendes Licht tauchte.

„Hier wird es immer schöner.“

Eine Hand auf die Schulter seines Sohnes gelegt, blickte auch Hux Rawson über sein Land. „Wenn es einen friedlicheren Ort auf Erden gibt als diesen, dann möchte ich gern davon hören. Waren Sie schon einmal in diesem Teil des Landes, Teagan?“

Sie wandte den Blick von Jacobs Profil – der markanten römischen Nase und dem stolzen, vorgeschobenen Kiefer. „In New York ja“, erwiderte sie, „aber nicht in diesem ländlichen Teil.“

„Jacob hat erwähnt, dass Sie in Seattle wohnen.“

„Seit ein paar Jahren.“

„Ist das ein englischer Akzent?“

„Ein australischer. Ich reise ein paarmal im Jahr dorthin. Mein Vater und einige meiner Geschwister leben in Sydney.“ Lächelnd fügte sie hinzu: „Und bald werde ich Tante. Mein ältester Bruder hat im letzten Jahr geheiratet.“

Jacob zog die Augenbrauen hoch. „Das sind tolle Neuigkeiten.“

Sie lächelte immer noch. „Ja, sind es.“

„Kinder.“ Kleine Fältchen erschienen um Hux’ Augen, als er seufzte und den Kopf des Golden Retrievers streichelte. „Nichts bringt eine Familie näher. Ihr Vater muss so stolz sein.“

Von der Eingangstür der Farm erklang eine weitere männliche Stimme.

„Die Party kann beginnen!“

Ajax Rawson zwinkerte Teagan zu. Dies war also der lebenslustige Bruder, der sich, wie Teagan vermutete, vor Frauen nicht retten konnte.

Die Brüder schlugen sich gegenseitig auf die Schultern und schüttelten sich die Hand. „Das ist ja mal was ganz Neues“, sagte Ajax und fügte dann zu Teagan gewandt hinzu: „Dass er Tausende von Meilen fliegt, nur um an einem Freitagabend zum Abendessen zu kommen.“

Teagan lachte. „Last-Minute-Arrangements.“

Ajax stieß seinem Bruder spielerisch in die Rippen. „Das solltest du häufiger machen.“

Autor

Brenda Jackson
<p>Brenda ist eine eingefleischte Romantikerin, die vor 30 Jahren ihre Sandkastenliebe geheiratet hat und immer noch stolz den Ring trägt, den ihr Freund ihr ansteckte, als sie 15 Jahre alt war. Weil sie sehr früh begann, an die Kraft von Liebe und Romantik zu glauben, verwendet sie ihre ganze Energie...
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