Baccara Collection Band 435

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DAS PERFEKTE DATE von LINDSAY EVANS
„Das perfekte Date“ bietet Elle ihren Kunden an – doch nun sitzt sie selbst mit dem attraktiven Ahmed bei Kerzenschein zusammen. Obwohl die Funken zwischen ihnen fliegen, ist der Radiomoderator überzeugt, dass Liebe nicht existiert. Kann Elle ihn vom Gegenteil überzeugen?

SINNLICHE NÄCHTE MIT DEM FILMSTAR von NADINE GONZALES
Spaziergänge am Strand, zärtliche Küsse im Pool – schöner könnte es zwischen Nina und Filmstar Julian Knight nicht beginnen. Doch bald ziehen dunkle Wolken auf, die den Schatten von Verrat auf ihr Glück werfen. Gelingt Nina es, Julian von ihrer Unschuld zu überzeugen, bevor es zu spät ist?

VERLIEBT, VERFÜHRT, VERRATEN? von CHARLENE SANDS
Das Angebot, als Privatköchin für den atemberaubenden Cade Tremaine zu arbeiten, kommt für Harper wie gerufen. So kann sie für eine Weile den Paparazzi entfliehen In der einsamen Ferienhütte kommen Cade und sie sich bald nah. Zu nah – denn Cade entdeckt ihr Geheimnis.


  • Erscheinungstag 10.08.2021
  • Bandnummer 435
  • ISBN / Artikelnummer 9783751501033
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Lindsay Evans, Nadine Gonzalez, Charlene Sands

BACCARA COLLECTION BAND 435

LINDSAY EVANS

Das perfekte Date

Die Liebe gibt es nicht, davon ist Ahmed überzeugt. Doch ein Abend mit der bezaubernden Elle lässt ihn sich fragen, ob es im Leben doch mehr gibt als den Weg der Einsamkeit, den er für sich gewählt hat.

NADINE GONZALEZ

Sinnliche Nächte mit dem Filmstar

Nie war Julian so glücklich wie in den Wochen in Miami Beach. Hier hat der Actionstar endlich die Liebe gefunden. Bis Auszüge aus dem Tagebuch der schönen Nina im Internet auftauchen. Hat sie ihn nur benutzt?

CHARLENE SANDS

Verliebt, verführt, verraten?

Ein romantisches Dinner am See, eng aneinandergeschmiegt tanzen … Die zauberhafte Harper hat Cades Herz geheilt und mit neuer Liebe gefüllt. Doch dann erfährt er, dass sie ihn belogen hat.

1. KAPITEL

„Halt einfach die Klappe! Niemand will sich von einem Basketballspieler etwas über Politik anhören.“

Hinter dem breiten Rücken seines Bodyguards schlängelte Ahmed sich rasch durch die etwa zwanzig lautstarken Menschen zu den Türen des Radiosenders. Einige gafften einfach nur seinetwegen – er war reich, mit dreißig im Ruhestand und ständig in der Clubszene von Atlanta oder auf den Klatschseiten im Internet zugegen. Andere waren da, weil sie einen Skandal oder etwas Ähnlich witterten. Und manche, so wie der Typ, von dem Ahmed gerade angeschrien worden war, hatten an einem Mittwochmorgen um zehn Uhr offenbar einfach nichts Besseres zu tun.

„Streng genommen bist du ein Ex-Basketballspieler, von daher kannst du zu verdammt noch mal allem eine Meinung haben“, knurrte Sam, Ahmeds Bodyguard und Cousin, als sie an den Sicherheitsleuten des Radiosenders vorbeigingen, gerade leise genug, dass Ahmed es hören konnte. Obwohl niemand reagiert hätte, wenn er es laut ausgesprochen hätte. Typen, die über einen Meter neunzig groß und mit einem Stapel Muskeln bepackt waren, durften so ziemlich alles zu so ziemlich jedem sagen.

Ahmed war zurückhaltender, aber – so glaubte er gerne – nicht weniger beeindruckend gebaut mit seinen knapp zwei Metern voller schlanker und doch definierter Muskeln, einem kantigen Kinn und markanten Wangenknochen, die bereits das ein oder andere Mal als „gemeißelt“ beschrieben worden waren. Und das waren nur die netten Dinge, die seine Schwestern über ihn sagten.

Nur die Erinnerung an das gemütliche Frühstück mit seiner Familie – seinen Schwestern Aisha und Devyn, seiner Mutter und Sam – ließ seine Verärgerung über den Zwischenrufer zu einem leisen Plätschern verhallen. Außerdem war die Feindseligkeit von Fremden nichts Neues für ihn, vor allem nicht nach zwölf Jahren als Profisportler. Jetzt war er im Ruhestand und hatte Spaß daran, nebenbei eine Radiosendung zu moderieren. Selbst wenn er kein Wort über Politik verlieren würde, fänden die Leute noch einen Weg, ihn zu beleidigen. Viele seiner ehemaligen Teamkollegen waren dafür ein Paradebeispiel. Die Leute lieben dich, wenn du gut spielst, ihnen Geld einbringst, sie unterhältst. Aber sobald du versagst, war’s das.

„Verdammt, die sind heute ganz schön ungehobelt.“ Mit einem Schulterzucken zog Sam sich das dunkle Jackett fester um die Schultern. Der maßgeschneiderte Anzug verbarg mühelos seine Pistole und ließ seinen großen Körper irgendwie kleiner, wenngleich nicht weniger bedrohlich wirken. Ahmed hatte keine Ahnung, wie er es bei diesem irrsinnig heißen Januarwetter, das Atlanta derzeit plagte, darin aushielt. „Was zum Teufel hast du angestellt, während ich geschlafen habe?“ Das tiefe Grollen in seiner Stimme machte Ahmed klar, dass es nur zum Teil scherzhaft gemeint war. Bevor sie getrennte Wege gegangen waren – Sam als Soldat und Ahmed als Profi-Basketballer – hatte Sam Ahmed immer wieder aus den Schwierigkeiten herausgeholt, in die seine große Klappe ihn gebracht hatte. Er hatte gelernt, seine Schnoddrigkeit zu zügeln, doch nachdem man Sam ehrenhaft aus der Armee entlassen hatte, war er in seine Rolle als Bodyguard zurückgekehrt, allerdings in offizieller Funktion.

„Du weißt, dass es an dem Tweet liegt, den ich gestern Abend gepostet habe“, sagte Ahmed.

„Als ob nicht die ganze Stadt schon wüsste, wie du über die Schließung der Highschool in Downtown denkst.“ Sam nahm den breiten, sterilen Flur und das halbe Dutzend Menschen, die ihn durchquerten, mit geschultem Blick in Augenschein, wobei er Details bemerkte, die für Ahmed selbstverständlich schienen.

„Wollte nur sicherstellen, dass ihnen meine Meinung nicht entgangen ist“, sagte er und zuckte verächtlich mit den Mundwinkeln.

Die Marcus Garvey High war eine Schule, in deren Unterstützung Ahmed viel Zeit und Geld gesteckt hatte. Ihr MINT-Programm zielte darauf ab, Kindern aus der Stadt nach ihrem Abschluss die gleichen Chancen auf naturwissenschaftliche und technische Berufe zu ermöglichen. Obwohl Ahmed in eine Familie der Mittelklasse hineingeboren worden war und sich nicht den Herausforderungen hatte stellen müssen, denen viele der Kinder dieser Highschool sich gegenübersahen, wollte er nicht, dass eine Sportlerkarriere oder das Militär die einzigen Zukunftsoptionen für sie waren.

Ahmed hatte es satt, dass die Bildung der Kinder in der Stadt eine so niedrige Priorität hatte. Man musste etwas tun, um ihre Zukunft zu sichern. Er war vielleicht kein Politiker oder gar ein „echter Aktivist“, aber er tat, was er konnte, solange er die Plattform dafür hatte.

Auf dem Weg zum Studio, in dem Ahmed die nächsten drei Stunden verbringen würde, ging Sam direkt rechts hinter Ahmed und hielt Ausschau nach möglichen Gefahren in der Nähe. Nicht, dass Ahmed irgendwie in Gefahr geraten wäre, seit er nun schon fast zwei Monate für seinen neuen Gelegenheitsjob beim Sender war. Die wöchentliche Vormittagssendung machte ihm immer noch Spaß. Es gab ihm die Möglichkeit, mit Fans – und Kritikern – auf eine persönliche Art und Weise zu interagieren, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Und es war etwas, das er nach seinem Karriereende tun konnte, das weder etwas mit Groupies zu tun hatte noch mit dem erfolgreichen Restaurant-Franchise, das er gekauft hatte, noch mit den verschiedenen „Investment-Leuten“, die er hatte anheuern müssen, nachdem sein Geld noch schneller als geplant angefangen hatte, sich zu vermehren.

Sam ging voraus und öffnete die Tür zum Studio. Ahmed wollte gerade hindurchgehen, als ihm etwas Rosafarbenes ins Auge fiel, das nicht zu seiner gewohnten Routine am Mittwochmorgen gehörte. Er blieb stehen, und es verschlug ihm beinahe den Atem bei dem Anblick, der ihm durch den Flur entgegenschwebte.

High Heels, ein rosa Blumenkleid, das sich um schlanke Beine und Hüften schlängelte, eine schmale Taille, die er leicht mit beiden Händen umfassen konnte. Die Brüste der Frau waren klein, kaum eine Handvoll, aber wie die meisten schwarzen Männer in Ahmeds Umfeld hatte er sich nie für die Größe interessiert. Groß, klein, kaum vorhanden – für ihn spielte das keine Rolle. Die Ansicht von hinten war es, nach der er entschied, ob eine Frau einen zweiten Blick oder sogar ein zweites Date wert war oder nicht.

Die Lady in Rosa schlenderte auf ihn zu, ihre Hüften schwangen, und ihre High Heels küssten beim Näherkommen laut den Fußboden, wodurch ihm das Herz immer höher schlug. Ihr Haar trug sie glatt und zu einer Art Knoten hochgesteckt, lockige Strähnen umspielten ihr Gesicht.

„Verschluck dich nicht an deiner Zunge.“ Sam, der noch immer die Tür offenhielt, bemühte sich sichtlich, nicht mit den Augen zu rollen.

Ahmed war es egal. Er verlor sich bereits in einem Tagtraum, in dem es um dicke Schenkel und einen prallen Hintern ging, der einen Klaps vertrug. Er hatte keine Ahnung, was genau sich unter ihrem Kleid verbarg, aber er würde verdammt noch mal wetten, dass es gut war. Seine Finger zuckten bei der Vorstellung, in ihrem süßen Fleisch zu versinken.

Sam hüstelte sich in die Faust. „Okay, jetzt verhältst du dich einfach nur widerlich.“

Und er hatte recht. Ahmed konnte nicht aufhören, sie … einfach nur anzustarren. Er wollte nicht aufhören. Abgesehen von der Hüfte, der Taille und den zierlichen Brüsten war das Gesicht der Frau hübsch. Wie ein Gänseblümchen im Sonnenschein oder ein Regenbogen nach einem Sturm betäubte sie ihn mit ihrer natürlichen und lockeren Ausstrahlung. Wie von selbst erschien vor ihm das Bild, wie er zum Klang ihres Lachens mit ihr in sein Bett purzelte, umklammert von ihren weichen Schenkeln, während ihr dichtes Haar sich über sein Kopfkissen fächerte.

Verdammt! Sie brachte ihn dazu, seine Regel bezüglich Flirts auf der Arbeit über den Haufen werfen zu wollen.

Aber er war kein kleiner Junge mehr. Er konnte sich keine Nachlässigkeiten dabei leisten, wen er mit in sein Bett nahm. Nicht noch mal.

Seine – nein – die Lady in Rosa kam noch immer auf Ahmed zu, und er zwang sich, den Blick von ihr abzuwenden.

„Lass uns reingehen und loslegen.“ Er klatsche einmal in die Hände, um mit dem lauten Knall einen klaren Kopf zu bekommen.

„Ich bin wohl nicht derjenige von uns, der eine Ansage braucht, um bei der Sache zu bleiben.“ Trotz seines saloppen Spruchs suchte Sam das große Vorzimmer des Studios mit gewohnt gründlichem Blick ab und entspannte sich erst, nachdem er sich vergewissert hatte, dass in dem weitläufigen Raum nichts lauerte, was Ahmed in seinem Beisein schaden konnte.

„Ahmed, mein Bester!“ Der Geschäftsführer des Senders, Clive Ramirez, war ein Energiebündel. Wahrscheinlich wegen der mehr als vier Espresso, die er normalerweise vor dem Mittagessen trank.

Er trat hinter dem Schreibtisch der Rezeptionistin hervor, wo er über die Schulter der jungen Frau etwas auf dem Computer betrachtet hatte. Mit einem breiten Grinsen schüttelte er Ahmed die Hand. Fest und enthusiastisch.

„Was geht ab, Clive?“

„Das Leben, einfach das Leben.“ Klein, aber muskulös und mit einem Bauch, der durch sein mittleres Alter und den Mangel an Bewegung gerade zu wachsen begann, erweckte Clive Ramirez den Eindruck eines stets glücklichen Mannes. Er genoss, was er zum Broterwerb tat, behandelte seine Mitarbeiter fair und liebte das Drama wie eine Teenagerin. Aber schließlich brauchte jeder ein Hobby.

Clive folgte Ahmed und Sam vom Vorzimmer in die Tonkabine.

„Daran gibt’s nichts auszusetzen.“ Ahmed zog sein Sakko aus und hängte es über einen der sechs Stühle im Raum, während Sam sich mit dem Rücken zur Wand stellte, breitbeinig und mit leicht vor sich verschränkten Händen. Er behielt die einzige Tür in dem Raum sowie die Glastrennwand im Blick, die die Tonkabine vom Studio trennte, wo der Tontechniker und seine Praktikantin ihren Aufgaben nachgingen.

Über den Äther konnte Ahmed gerade DJ Don Juan hören, der in der Tonkabine auf der anderen Seite des Flurs seine Morgensendung beendete.

„Was steht heute an?“, wandte sich Ahmed an Clive. „Irgendwas Besonderes oder soll ich einfach mein Ding durchziehen?“ Sein Ding war es für gewöhnlich, Musik zu spielen, die Zuhörer zu reizen und sie mit dem zu unterhalten, was seine Mutter seinen Nadelstich-Humor nannte. Ahmed würde das fast schon gratis machen. Mit einem Seufzer markerschütternder Freude ließ er sich in den ergonomischen Stuhl sinken und drehte sich dann um, sodass er Clive ansah.

Der Geschäftsführer des Senders saß auf dem Stuhl an der gegenüberliegenden Seite des länglichen Tisches mit den sechs Mikrofonen, der in der Mitte des schalldichten Raums stand. „Eher das Übliche“, sagte Clive. „Allerdings haben wir eine Valentinstags-Aktion. Eine Frau aus der Gegend soll heute bei dir drankommen, um für ihr Geschäft zu werben.“ Er reichte Ahmed einen Zettel. „Steht alles hier. Stell sie und ihr Geschäft einfach vor, dann kündigst du den Hauptpreis an. Wenn es gut läuft, werden die Leute anrufen, um zu gewinnen, und sie bekommt ihr Geld in Form von neuen Kunden.“

„Cool, das kann ich machen.“ Rasch überflog er den Zettel, notierte sich die Art des Geschäfts, den Namen der Besitzerin und was sie anbot. Er grinste, bevor er seine Mimik in den Griff bekommen konnte. „Sie verkauft Romantik, hm?“

„Was? Hast du was dagegen, Geld mit der Liebe zu verdienen? Ist genau die richtige Jahreszeit dafür, mein Freund.“

Ahmed zuckte mit den Schultern und machte sich nicht die Mühe, seine Meinung über Romantik oder die Liebe im Allgemeinen kundzutun. Keine seiner sogenannten Beziehungen hatte auch nur im Entferntesten etwas mit „Liebe“ zu tun gehabt. Aber er wollte auch nicht wie der Grinch wirken, oder was immer das Äquivalent am Valentinstag war.

„Wenn du es magst, dann liebe ich es“, sagte er und bemerkte, wie Belustigung auf Sams sonst so stoischem Gesicht aufflackerte.

Ahmed zeigte seinem Cousin hinterm Rücken den Mittelfinger. Dieses Mal zeigte sich Sams Belustigung mit einem leisen Lachen.

Minuten später ließ Ahmed sich auf seinen Platz sinken, nachdem DJ Don Juan sein Programm beendet hatte. Er setzte den Kopfhörer auf und schlüpfte in seine Radiopersönlichkeit.

„Hey, Atlanta! Hier ist Ahmed Clark, live und auf euren Ohren für die nächsten …“ Er sah auf seine Armbanduhr, ein Geschenk seines Vaters. „… zwei Stunden und achtundfünfzig Minuten. Wenn ihr reden wollt, ruft mich an. Wenn ihr zuhören wollt, sperrt die Lauscher ganz weit auf.“ Und Mikro aus. Grinsend spürte er die Vorfreude auf die nächsten Stunden unter seiner Haut brodeln. Ja, das könnte er definitiv gratis machen.

Er verfiel dem Zauber, auf Sendung zu sein, lachte und sprach mit seinen Zuhörern, bis er das Signal der Praktikantin auf der anderen Seite der Glasscheibe bekam. Sie zeigte ihm fünf Finger. Es war gleich an der Zeit, dass Gabrielle Marshall ans Mikrofon trat, um mit ihren Angeboten hausieren zu gehen. Er zeigte Kiara einen Daumen hoch und setzte an, seine hitzige Diskussion mit einer Zuhörerin über die Verantwortung der Bürger im digitalen Zeitalter zu beenden. Als die Frau darauf beharrte, dass normale Menschen nicht alles teilen müssten, was sie mit ihren Handys aufnahmen, unterbrach Ahmed sie mit Rihannas „Desperado“.

Kiara gab ihm die Dreißig-Sekunden-Warnung. Er war bereit. Die Tür zur Tonkabine ging auf. Und da stellte sich heraus, dass er doch nicht bereit war.

Die Lady in Rosa aus dem Korridor fegte auf einer Wolke aus frischem Parfüm herein, so als würde sie den Geist des Herbstes mitbringen, und Ahmed konnte nicht anders, als einen tiefen Atemzug davon zu nehmen. Der Stift, mit dem er sich eine Notiz gemacht hatte, glitt ihm aus den gefühllosen Fingern und rollte über das Notizbuch, den Schreibtisch und fiel schließlich zu Boden. Er hörte Sam kichern. Ein Signal für ihn, sich zusammenzureißen. Ernsthaft.

Aber verdammt, sie hatte Grübchen. Sie umrahmten ihr flüchtiges Lächeln, und sie ließ sich anmutig in den Stuhl ihm gegenüber sinken, sodass sie die Kopfhörer mit Leichtigkeit über ihre ordentlich hochgesteckten Haare schieben konnte. In einem ihrer Ohrläppchen blitzten drei unterschiedlich große Diamantstecker.

„Hi, ich bin Gabrielle Marshall“, sagte sie. „Die meisten nennen mich Elle.“

Ihre Stimme war der pure Sex. Und verdammt, aus der Nähe sah sie sogar noch süßer aus. Nur ein Hauch von Farbe auf ihren lächelnden Lippen. Große Bambi-Augen und dichtes Haar, in dem er mühelos seine Hände versenken konnte. Er zwang sich, der Gegenwart Beachtung zu schenken und nicht einer hypothetischen Zukunft, in der sie mit ihm in seinem Bett lag. Er reichte ihr die Hand.

„Ahmed.“

Sie lächelte breiter, und bei ihren glitzernden, üppigen Lippen war er froh, dass er sich wieder setzen konnte. Nachdem er ihre weiche Hand losgelassen hatte, rückte er unter dem Schreibtisch unauffällig wieder alles zurecht.

Obwohl Sam keinen weiteren Ton von sich gab, konnte Ahmed seine Belustigung durch den ganzen Raum hinweg spüren.

Er räusperte sich und blickte auf den Timer. „Nach diesem Lied werde ich Sie vorstellen. Sie wissen, was Sie zu tun haben, ja?“

Warum klang das so versaut?

Die Lady in Rosa – Elle – nickte und legte ihre kleine Handtasche auf den Tisch. Ihre Mundwinkel zogen sich erneut nach oben. Der Hitzestoß in Ahmeds Hose ließ ihn zusammenzucken. Das Lächeln einer Frau. Wirklich? Davon wurde er inzwischen schon hart? Er musste wirklich mal wieder flachgelegt werden. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, dass sie die nächste Frau wäre, die sich schweißgebadet und keuchend in seinem Bett räkelte.

„Los geht’s“, krächzte er.

Das Lied war zu Ende und rettete Ahmed beinahe das Leben. Vielleicht auch nur seinen Stolz.

Er schaltete das Mikro ein. „Alles klar, Atlanta. Jemand hier hat mir erzählt, dass bald Valentinstag ist. Es war eine Frau, also muss es wahr sein.“ Elle schenkte ihm ein schwaches Lächeln. „Für alle Typen da draußen, die nicht wissen, was sie für ihre Ladys tun sollen, haben wir jetzt ein paar Tipps. Ich könnte euch alle verraten, aber ich habe jemanden hier, der das viel besser kann.“ Er warf Elle einen Blick zu und hob eine Augenbraue. Bereit? Sie nickte. „Statt Armor also zu töten, bevor er überhaupt auftauchen kann, ist hier Elle von Romance Perfected, um euch zu verraten, was ihr für eure Liebste an dem Tag tun könnt, an dem sie mehr als das Übliche erwartet.“

Elle richtete ihren Kopfhörer und beugte sich vor. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und blickte das Mikrofon misstrauisch an, als fürchtete sie, es würde sie beißen. Dann holte sie leise Luft, und ihre Miene wurde für einen Moment ausdruckslos. Sie wirkte nervös.

Unerwartet überkam Ahmed ein Beschützerinstinkt. „Sagen Sie den Zuhörern, was Sie in petto haben, Elle.“

Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu, bevor sie noch einmal einatmete. „Guten Morgen, allerseits. Ich bin Elle von Romance Perfected. Ihr Romantik-Komplettdienstleister vor Ort. Ich bin hier, um Ihnen ein Valentinspaket unserer Dienstleistungen anzubieten – einen umfassend vorbereiteten Tag oder Abend voller Romantik für Sie und ihr Date.“ Das Lächeln auf ihrem Mund zuckte nervös, aber die Wärme in ihrer Stimme drang bis zum Mikrofon durch.

Und verdammt, was für eine Stimme das war.

Sie brachte Ahmed dazu, dass er näher heranrücken, über den Tisch zwischen ihnen rutschen wollte, um sie auf seinem Schoß in Sicherheit zu wiegen. Er stellte sich die wuschigen Typen in ganz Atlanta vor, die sich gerade fragten, welch honiggetränkte Süße da durchs Radio auf sie herabströmte. Er zwang sich zurück ins Hier und Jetzt, um Elles Worten Aufmerksamkeit zu schenken. Konzentration, oder deren Mangel, war noch nie ein Problem für ihn gewesen, egal wie schön die Frau war. Die Verärgerung über sich selbst machte seine Zunge scharf.

„Sie sagten ‚Komplettdienstleister‘.“ Ahmed stellte sicher, dass man die Anführungszeichen heraushörte. „Woraus besteht das Angebot genau? Ist der Traummann oder die Traumfrau für diesen Abend inbegriffen?“

Elle runzelte leicht die Stirn. „Wir betreiben keinen Escortservice, Mr. Clark.“ Ah, das Kätzchen hat Krallen. „Romance Perfected bietet ein romantisches Erlebnis an, das auf das Paar oder die umworbene Person zugeschnitten ist. Wir kümmern uns um die Blumen, die Fahrt und falls nötig sogar um die Kleidung des Paares. Für das Date selbst bereiten wir die perfekte Location vor, egal ob es sich um ein Luxus-Spa, ein Fünf-Sterne-Restaurant oder einen Dachgarten handelt.“

Es klang tatsächlich wie die Verabredungen, die Ahmeds Assistenten für ihn arrangiert hatten, als er noch ein aktiver Profi und zu faul gewesen war, sich allzu viele Gedanken darüber zu machen, was er mit den Frauen anstellen wollte, die er zwischen den Spielen ausführte. Aber das brauchte Miss Elle ja nicht zu wissen.

Ahmed beugte sich über das Mikrofon. „Im Grunde erschaffen Sie also Illusionen, die arme Schweine glauben lassen, dass so etwas wie Liebe existiert.“ Warum zum Teufel hatte er das gesagt? Er öffnete den Mund für eine Entschuldigung, aber dazu ließ sie ihm keine Chance.

Die Verwirrung wich Elle aus dem Gesicht, und ihre Augen funkelten mit einem eiskalten Feuer. „Und Sie verstecken sich hinter Ihrem Mikrofon, um Unsinn über Menschen und Dinge zu erzählen, von denen Sie keine Ahnung haben. Die Liebe ist so real, wie das Leben nur sein kann, und Romantik ist unabdingbar.“ Sie umklammerte ihre Handtasche. „Für Leute wie Sie existiert die Liebe mit Sicherheit nicht. Würde sie Ihnen begegnen, Sie würden sie aus reiner Bosheit zerstören. Oder einfach nur aus kaltem Zynismus.“

„Die Welt ist kalt und zynisch, Elle.“ Er betonte ihren Namen überdeutlich. „Hat man Ihnen noch nicht gesagt, dass die Bösen jeden Tag anständige Leute auf der Straße umbringen? Oder was die Menschen im Namen der Religion oder welcher aktuellen Ausrede auch immer überall auf der Welt anstellen? Sie sind diejenige, die die Realität ignoriert. Sie können Liebe verkaufen, so viel Sie wollen, aber der Rest von uns kauft Ihnen das nicht ab.“

Hinter der Glasscheibe der Tonkabine ließ eine ruckartige Bewegung Ahmed die Augen von Elle abwenden. Clive stand hinter seiner Assistentin machte verzweifelt eine schneidende Geste vor seinem Hals, das universelle Zeichen für „Halt sofort die Klappe!“. Aber außerhalb des Spielfelds war Ahmed noch nie gut darin gewesen, Anweisungen zu befolgen.

„Leute, ihr müsstet sie sehen“, sprach er ins Mikro. „Sie sitzt hier im Studio wie eine Art Märchenprinzessin, in ihrem rosa Kleid mit den Blumen drauf.“ Er ließ den Blick über sie schweifen und gab dem Drang nach, sie noch weiter zu reizen, obwohl er seine ganze Sammlung Air Jordans hergegeben hätte, um zu sehen – und zu berühren –, was sich unter diesem verführerischen Kleid verbarg. Ahmed fuhr fort, angestachelt von dem Feuer in ihren dunklen Kristallaugen, das mit jedem seiner Worte stärker entfachte. „Ihre Schuhe sind so hoch, dass es gefährlich aussieht, darin zu laufen, und sogar ihr Name klingt so unwirklich wie aus einem Märchen. Elle.“

Er ließ ihren Namen so über seine Zunge rollen, es fühlte sich beinahe obszön an. Hoffentlich hörte es sich für die Zuhörer nicht so an wie für ihn. Überhaupt nicht zart, sondern eher wie das leise Stöhnen, das er gerne von sich geben würde, während er in ihren weichen und einladenden Körper stieß. Ahmeds Bauchmuskeln verkrampften sich vor Erregung. Was zum Teufel tat er da?

Auch Elle war von seinen Worten nicht beeindruckt. Wut glühte in ihren braunen Augen, und das Kleid spannte sich an ihren schmalen Schultern und hübschen Brüsten, als sie sich in ihrem Stuhl aufrichtete. Ahmed konnte den rasanten Pulsschlag an ihrem Hals erkennen, die schneller werdende Atmung, durch die sich ihre Brust hob und senkte. Jetzt wirkte sie alles andere als kätzchenhaft.

„Romantik und das Zelebrieren der Liebe sind eine Flucht vor der engen und gefährlichen Weltsicht von Menschen wie Ihnen, Mr. Clark. Bei Romance Perfected machen wir niemandem etwas vor – wir garantieren den Menschen eine schöne Erfahrung, trotz der Hässlichkeit, auf die die Welt uns immer wieder stößt. Das bedeutet nicht, dass ich in einem Märchen lebe, Mr. Clark. Es bedeutet, dass ich ein Mensch bin und Hoffnung habe. Können Sie das ebenfalls von sich behaupten?“

„Hoffnung ist nicht dasselbe wie Selbsttäuschung, Prinzessin“, sagte Ahmed.

Und obwohl er das ganze Konzept von Liebe in Stücke riss, wollte er in diesem Moment nichts auf der Welt mehr, als Elle Marshalls roten Mund und die pochende Ader an ihrem Hals zu küssen, um ihr zu zeigen, wie sich die raue Seite der Romantik anfühlte.

2. KAPITEL

Ahmed Clark war ein Arsch.

Steif saß Elle ihm auf dem Stuhl gegenüber. Ihr Gesicht brannte, und ihre Wirbelsäule war kerzengerade, während sie sich verzweifelt wünschte, diese ganze Radioshow-Tortur wäre vorbei. Klar, er war in natura ebenso umwerfend wie auf den Bildern, die sie sich, von ihrer Geschäftspartnerin gezwungen, angesehen hatte, bevor sie zum Sender gekommen war. Aber sein eingebildetes Verhalten und seine unhöfliche Ablehnung fegten alles fort, was sie an ihm hätte attraktiv finden können.

Abgesehen von dem Bodyguard, der mit dem Rücken zur Wand stand, waren sie allein im Raum, und Elle spürte die plötzliche Stille um sie herum wie einen Donnerschlag. Sie schluckte die immense Demütigung herunter und kämpfte vergeblich gegen die Hitze an, die ihr durch die Wangen und über das ganze Gesicht schoss.

„Alles klar, Atlanta. Wenn ihr gewinnen möchtet, was die Märchenprinzessin euch heute Morgen anbietet, müsst ihr anrufen und mir die Anzahl der Punkte nennen, die ich bei meinem Abschiedsspiel erzielt habe. Der fünfzehnte Anrufer wird mit der richtigen Antwort die Nacht oder den Nachmittag seiner Träume bekommen.“

Natürlich musste die Frage etwas mit ihm zu tun haben.

Elle biss die Zähne zusammen. Sie hasste seine butterweiche Stimme, die dummerweise perfekt fürs Radio war. Als ihre Geschäftspartnerin Shaye sie angefleht hatte, ins Studio zu fahren, um über Romance Perfected zu sprechen, hatte Elle zunächst abgelehnt. Shaye liebte Basketball, war eine leidenschaftliche Aktivistin und zufällig auch ein großer Fan von Ahmed Clark.

„Ich würde mich seinetwegen total lächerlich machen“, hatte sie zu Elle gesagt, wobei sie wild in der Luft herumgefuchtelt hatte – ihre Art der Aufregung. „Kannst du dir das vorstellen? Ich fahre zum Radio, um für das Unternehmen zu werben, und falle über Ahmed Clark her, noch bevor er überhaupt eine Chance hat, mich etwas Geschäftliches zu fragen.“

Leider konnte Elle sich das sehr gut vorstellen. Shaye war sexuell unersättlich, unverblümt und bekam so gut wie immer, was sie wollte. Und so saß Elle hier. Sie krampfte sich in ihre Handtasche und rang um Geduld.

Ahmed hatte kaum die Bedingungen für das Gewinnspiel genannt, als die Telefonleitungen aufleuchteten. Irgendwo draußen im Büro nahm eine Praktikantin oder Büroassistentin alle Anrufe entgegen, die nicht Nummer fünfzehn waren, und teilte dem Anrufer die enttäuschende Nachricht mit.

Das Leder von Ahmeds Stuhl quietschte leicht, als er sich zurücklehnte, die Kopfhörer noch immer auf den Ohren. Das „On Air“-Licht über der Glaswand erstrahlte hellrot, passend zur Hitze in Elles Gesicht.

„Kennen Sie die Antwort auf meine Frage, Prinzessin?“, fragte er ins Mikrofon.

Sie warf ihm ihren verächtlichsten Blick zu. „Ich habe Besseres zu tun, als mir Gedanken um die Bälle zu machen, mit denen sie spielen.“

Ein Lachen brach aus Ahmed heraus, und Elle hasste es, wie charmant es eigentlich klang. „Also, so etwas habe ich ja noch nie gehört, Atlanta“, sagte er. „Glaubt ihr ein Wort von dem, was diese feine Prinzessin sagt?“

Der Spitzname nervte Elle mit der vollen Kraft der Beleidigung, als die er zweifellos gemeint war. Doch sie würde ihm nicht die Genugtuung geben, darauf zu reagieren. Sie faltete die Hände im Schoß, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und wartete auf den Moment, in dem sie gehen konnte.

Sie hatten keine Werbepause eingelegt, damit die Anrufe sich ansammeln konnten. Tatsächlich war es kaum zu übersehen, dass der Manager des Senders sie mit Gesten zum Weitermachen animierte. Er hatte sich offenbar überlegt, Ahmed doch nicht zu unterbrechen. Die Telefone blinkten ununterbrochen. Meinten diese beiden Männer das wirklich ernst?

Bevor sie auf Sendung gegangen waren, hätte sie schwören können, dass Ahmed Clark sie wirklich mochte. Als sie die Tonkabine betreten und angefangen hatte, über das Geschäft zu sprechen, hatten seine Augen mit den langen Wimpern eine vertraute Anziehungskraft ausgestrahlt.

Aber jetzt hatte er sich förmlich in einen Wortgladiator verwandelt, der sie mit seiner scharfen Zunge in Stücke hacken wollte. Dafür war sie nicht hergekommen, doch sie würde jetzt verdammt noch mal keine Rückzieher machen, bevor Romance Perfected nicht für den bezahlten Radiospot auf seine Kosten gekommen war.

Das Telefon vor Ahmed piepte. Er nahm durch Drücken auf eine Taste ab.

„Glückwunsch, Sie sind der fünfzehnte Anrufer. Schießen Sie los.“

Mit einem Lachen meldete sich die Stimme in der Leitung. „Ich kenne die Antwort nicht, aber ich wollte sagen, dass Sie beide auf ein Date gehen sollten. Ich wette, das gäbe ein wahnsinniges Feuerwerk.“

„Niemals“, sagte Elle, bevor sie sich beherrschen konnte. Sie weigerte sich, etwas eigentlich Romantisches zu entwerten und es zu einem Schmierentheater verkommen zu lassen.

Doch außerhalb des gläsernen Käfigs, in dem sie mit Ahmed gefangen war, grinste der Geschäftsführer Clive Ramirez mit beängstigend vielen Zähnen, und sein Gesichtsausdruck verriet eindeutig, dass dies die beste Idee war, die er an diesem Tag gehört hatte.

„Danke für die Anregung“, sagte Ahmed zum Anrufer. „Aber ich glaube, die Prinzessin würde mir die Luft aus meinen Bällchen lassen, wenn ich auch nur darüber nachdenken würde, sie um ein Date zu bitten.“ Ahmeds Grinsen und sein Tonfall zielten darauf ab, sie wütend zu machen.

Elle konnte sich gerade noch zusammenreißen, ihm nicht den Stinkefinger zu zeigen. Immerhin waren sie im Radio und nicht im Fernsehen. Allerdings hatte sie ein Unternehmen zu bewerben. Sie würde ihm eine verdammte Prinzessin zeigen. Sie würde ihm das ideale Bild von Haltung und Liebenswürdigkeit präsentieren, bis sie die Chance bekäme, abzuhauen und sein dummes Gesicht nie wieder persönlich zu sehen.

„Wie scharfsinnig Sie doch sind“, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. „Und ich dachte schon, Sie wären auch nur so ein Schönling.“ So viel zum Thema Liebenswürdigkeit.

Clive Ramirez machte hinter der Scheibe eine weitere Handbewegung. Neben ihm beantwortete seine Assistentin hektisch Anruf für Anruf.

„Gut, vielen Dank für den Anruf und Ihren Beitrag. Ich werde es im Hinterkopf behalten, falls ich in Zukunft keine Kinder möchte.“ Er legte auf. „Alles klar, da diese Nummer fünfzehn es nicht war, hören wir jetzt etwas von Bruno Mars, bevor wir zum nächsten fünfzehnten Anruf kommen. Wählt die Nummer und erzählt mir was Gutes. Ich bin bereit.“

Sobald das Lied zu spielen begann, riss Elle sich die Kopfhörer herunter und stand auf. Behutsam legte sie sie auf den Stuhl, schnappte sich ihre Handtasche und ging hinaus, wobei sie die Tür ganz leise hinter sich schloss. Sie war keine zwei Schritte weit gekommen, als Clive Ramirez sie einholte und ihre Hand ergriff. Er schüttelte sie mit einer solchen Begeisterung, dass sie mehr als nur ein wenig beunruhigt war.

„Das war großartig, Elle!“ Seit wann sprachen sie sich mit Vornamen an? „Eine fantastische Vorstellung. Die Telefone sind schon heiß gelaufen, bevor wir den Hörern überhaupt gesagt haben, dass sie anrufen sollen. Gute Arbeit!“

Gute Arbeit? Sie hatte sich schwer zusammenreißen müssen, um Ahmed nicht zu verfluchen. Mehr brauchte es heutzutage nicht, damit einem irgendwo ein Typ auf die Schulter klopfte? Elle entwand Clive ihre Hand und trat unbemerkt einen Schritt zurück. „Ähm, danke. Ich bin froh, dass Sie es für gelungen halten.“ Auffällig warf sie einen Blick auf die schmale silberne Uhr an ihrem Handgelenk. „Ich muss noch zu einem anderen Termin. Nochmals vielen Dank für die Einladung in die Sendung.“ Und dafür, dass Sie mich auf jede nur denkbare Art vor ganz Atlanta blamiert haben. Oder zumindest vor der Hälfte, die Ahmed Clarks Morgensendung hörte.

„Es war mir ein absolutes Vergnügen. Wir werden Sie anrufen und Ihnen den Namen des Gewinners durchgeben, damit Sie den Preis organisieren können.“

Sie gab sich Mühe, ihr Zähneknirschen zu verbergen. „Toll. Ich freue mich schon drauf.“

Er wollte ihr wieder die Hand schütteln, doch Elle umklammerte ihre Tasche mit beiden Händen. „Einen schönen Tag noch“, sagte sie mit ihrem besten aufgesetzten Lächeln.

Elle wartete, bis Clive nickte – ein letzter Rest Höflichkeit trotz ihres dringenden Wunsches, so schnell wie möglich aus dem Sender zu verschwinden und nie wieder zurückzukehren. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und rannte förmlich zur Tür hinaus.

Elle schäumte vor Wut, als sie in ihr Büro zurückkam. Am liebsten hätte sie Ahmed Clark mit bloßen Händen erwürgt. Auf der Rückfahrt vom Radiosender hatte sie versucht, sich zu beruhigen, allerdings ohne Erfolg. Jedes Mal, wenn sie sich an seine Worte während der Sendung erinnerte, die ganz Atlanta hatte hören können, wollte sie schreien.

Zähneknirschend stieß sie die Tür auf, die zu einer Reihe kleiner, ebenerdiger Büros in einem schlichten beigefarbenen Backsteingebäude führte, nicht weit von ihrem Haus in Kirkwood entfernt. Die weiße Tür klapperte, als sie wieder in den Rahmen fiel, und Elle lehnte sich mit dem Rücken dagegen, atmete gleichmäßig und versuchte, ihre Gedanken, Wut und Verlegenheit unter Kontrolle zu bringen.

Trotz des schlichten Äußeren ihres Bürogebäudes, oder vielleicht gerade deswegen, hatten ihre Geschäftspartnerin und sie beschlossen, das Büro vollkommen anderes zu gestalten. Die Hartholzböden waren aus glänzender Eiche, während an den Wänden eine prachtvolle jadegrüne Seidentapete schimmerte, die sie und Shaye gemeinsam ausgesucht hatten. Die Tapete war so detailreich wie ein Gemälde. Auf ihr breitete sich ein dicker, blattloser Baum über alle vier Wände aus. Auf einem Zweig schwebte ein farbenprächtiger Pfau schützend über seiner Henne. Ein elegantes und weiches pfirsichfarbenes Sofa stand an der hinteren Wand ihres Empfangsbereichs, und auf einem Couchtisch davor warteten ein paar kunstvoll verstreute Zeitschriften auf Leser. Es sollte ein einladender und subtil sinnlicher Raum sein.

Elle atmete tief ein und aus, ihr Blick folgte den schlichten grauen Pinselstrichen auf der Tapete, mit denen die Pfauenhenne gezeichnet war, und betrachtete die Zufriedenheit in ihren Augen, während sie unter den Flügeln ihres schönen Gefährten lag. Dieser Anblick, die Liebe, wie Elle sie sich vorstellte, beruhigte sie normalerweise. Aber heute nicht.

„Shaye!“

Sie rief den Namen ihrer Geschäftspartnerin, stieß sich von der Tür ab und ging in Richtung ihres eigenen Büros. Beinahe stieß sie mit Shaye zusammen, als diese um die Ecke kam. Dicke Locken fielen ihr über die Schultern und umrahmten ein Gesicht, das zweifellos auf das Cover eines Modemagazins gehörte. Wie immer sah Shaye umwerfend aus in ihrem Club-Girl-Style. Das heutige Outfit bestand aus einem hautengen nudefarbenen Kleid, das jede ihrer üppigen Kurven zur Geltung brachte. Sie trug die königsblauen Stöckelschuhe von Jimmy Choo – ein Glücksfund aus dem Secondhandladen, den Elle ihr zwei Jahre zuvor zum dreißigsten Geburtstag geschenkt hatte.

„Kein Grund, so zu schreien“, sagte Shaye und verdrehte die Augen. „Ich habe dich bis hinten in mein Büro gehört. Mit deiner Stimme zerschmetterst du noch unsere Champagnergläser. Entspann dich, Süße. Die Dinger waren teuer.“

Shaye war die Einzige, die so mit Elle reden durfte. Da sie überwiegend zusammen in Pflege aufgewachsen waren und niemanden außer sich selbst gehabt hatten, standen die beiden sich sogar näher als Geschwister.

„Lieber die Gläser als dieser verdammte Kerl …“ Elle seufzte frustriert auf. „Hast du dir die Radiosendung angehört?“

Shaye kicherte. „Als ob ich das verpassen würde.“

Als Elle weiter in Richtung ihres Büros marschierte, hielt Shaye mit ihr Schritt. Mit ihren längeren Beinen konnte sie Elles rasantem Tempo mühelos folgen.

„Das Ganze war ziemlich amüsant“, fuhr Shaye fort. „Auch wenn du offensichtlich stinksauer warst.“

„Er hat mich wie ein dummes Kind dastehen lassen, als wüsste ich nichts über die Welt und all die beschissenen Dinge da draußen.“

Elle betrat ihr Büro und ließ sich auf das kleine Sofa am Fenster fallen, während Shaye es sich im Schneidersitz auf ihrem Schreibtisch bequem machte. Am liebsten hätte Elle ihre Partnerin vom Tisch und auf ihren Hintern geschubst.

„Beruhige dich, Süße“, sagte Shaye. „Ahmed hat das nur für ein paar Lacher gemacht und um dieses ganze Werbegespräch ein bisschen interessanter wirken zu lassen. Er hat es nicht böse gemeint.“

„Du warst ja nicht dabei. Er hat jedes verdammte Wort ernst gemeint …“

Das Klingeln des Bürotelefons unterbrach Elle. „Wer ist das?“, fragte sie, zu wütend, um aufzustehen und selbst nachzusehen.

Shaye warf einen Blick auf das Display. „Sieht aus wie der Radiosender.“

„Herrje … Was denn nun? Wollen die mich heute noch mehr demütigen?“ Elle zwang sich auf die Füße und nahm ab, wobei sie das Telefon auf Lautsprecher stellte, damit Shaye mithören konnte. Sie setzte sich an den Schreibtisch. „Romance Perfected. Elle Marshall am Apparat.“

„Elle, lange nicht gehört!“ Clive Ramirez’ Stimme dröhnte durch ihr Büro, und Elle warf Shaye einen gequälten Blick zu. „Ich wollte Sie über die neuesten Entwicklungen informieren.“

„Was denn, hat etwa niemand unseren Preis in Anspruch genommen?“

„Ganz im Gegenteil, meine Liebe! Unsere Telefone haben ununterbrochen geklingelt. Selbst nachdem wir eine Gewinnerin hatten. Alle haben Sie und Ahmed zusammen geliebt.“

Elle verdrehte die Augen. Die müssen auch einen Unfall lieben, denn etwas anderes war das nicht. „Das ist gut, nehme ich an. Solange die Firma auch etwas von dieser Liebe abbekommt.“ Sie schnappte sich einen Stift und ein Notizbuch. „Also, wer hat den Preis gewonnen? Ich werde mich noch heute bei ihr melden.“

„Nun ja, das ist ja das Interessante daran. Die Gewinnerin hat den Preis an Sie zurückgegeben.“

„Was?“ Es sah erneut zu Shaye hinüber, während sich ihr Magen verkrampfte. Sie hatten das ganze Geld für die Radiowerbung umsonst gezahlt? „Sie will uns nicht einmal kostenlos nutzen?“ Shaye sah so entsetzt aus, wie Elle sich fühlte.

„Nein, nein. Das ist es nicht.“ Clives Stimme nahm einen Tonfall an, der Elle nicht beruhigte. „Alle Anrufer waren begeistert von ihrer Geschäftsidee. Diese Frau eingeschlossen. Aber sie will, dass sie den Service selbst nutzen. Für ein Date mit Ahmed.“

Elle blinzelte das Telefon an, überzeugt davon, dass sie Clive nicht richtig verstanden hatte. „Sie machen Witze.“

„Nee!“ Er klang viel zu glücklich über dieses eine Wort. „Ich denke, das ist eine brillante Idee, die das Potenzial hat, ihr Geschäft und natürlich den Sender noch weiter zu pushen.“ Als Elle nicht antwortete, gab Clive einen leisen Seufzer der Enttäuschung von sich und dämpfte offenbar Elle zuliebe seine Aufregung. „Hören Sie, ich merke, dass Sie zögern. Warum nehmen Sie sich also nicht den Rest des Tages Zeit, um darüber nachzudenken?“ Elle sah auf die Uhr. Es war erst kurz nach Mittag. „Denken Sie daran, wie viel kostenlose Werbung das für ihr Unternehmen sein wird“, sagte Clive. „Und um ihnen den Deal zu versüßen, erstatte ich Ihnen sogar die Hälfte der Gebühr für ihren Auftritt vorhin im Radio.“

Shaye begann auf ihrer Ecke von Elles Schreibtisch hektisch zu gestikulieren. „Sag ihm, dass du es machst“, flüsterte sie und fuchtelte mit den Händen um ihre Aufmerksamkeit, als könnte Elle sie ignorieren. „Sag einfach ja.“ Wieder und wieder murmelte Shaye die Worte und sah dabei aus wie ein Fisch, der nach Luft schnappte.

Elle drehte sich auf ihrem Stuhl und wandte ihrer Geschäftspartnerin den Rücken zu. „Danke für das Angebot, Clive. Ich denke darüber nach und melde mich wieder bei Ihnen.“

„Ich verstehe. Geben Sie mir einfach bis fünf Bescheid.“ Er nannte ihr seine Durchwahl, bevor er auflegte.

„Bist du verrückt?“, kreischte Shaye förmlich auf, als der Anruf beendet war. Sie sprang vom Schreibtisch auf, sodass ihre Locken und Brüste federten, und stemmte die Hände in die Hüften. „Ruf ihn sofort zurück und sag zu.“

„Ist das jetzt dein Ernst?“ Elle weigerte sich, erneut zur Zielscheibe von Ahmed Clarks Verbitterung und Zynismus zu werden. Einmal hatte gereicht.

„Ach, bitte!“ Shaye stapfte vor dem Tisch auf und ab, wobei ihre High Heels mit jedem Schritt in den flauschigen Teppich einsanken. „Es ist nur ein Date. Und ein Date mit einem reichen, heißen Typen noch dazu. Du wirst nicht darunter leiden, mit Ahmed Clark auszugehen, Elle. Nicht so wie unsere Firma leidet. Du weißt, wir brauchen das.“

Shaye hatte recht. Und das wusste Elle, aber …

„Hast du gehört, wie er in dieser verdammten Live-Sendung mit mir gesprochen hat? Er hat unsere Firma abgekanzelt, als wäre sie irgendeine schäbige … Affärenvermittlung oder sowas.“

„Es spielt keine Rolle, was er denkt“, sagte Shaye mit sanft flehender Stimme. Sie blieb stehen und warf Elle einen leidenden Blick zu. „Wenn wir erst einmal dafür gesorgt haben, dass Romance Perfected von Ahmed Clarks Fans und vielleicht sogar Bekannten wahrgenommen wird, ist das Date, mit dem du das alles ermöglicht hast, bloß noch eine ferne Erinnerung.“

„Eine schlimme Erinnerung“, korrigierte Elle und spürte ihre Entschlossenheit bereits schwinden.

Sie verschränkte die Arme und ließ sich mit einem leisen Fluch in ihrem Stuhl nach hinten fallen. Romance Perfected war ein Traum, der Shaye und sie seit Jahren verbunden hatte. Ein Traum, der sich schließlich in Form eines kleinen Unternehmens verwirklicht hatte, das nach wie vor auf wackligen Beinen stand. Vor über einem Jahr hatten sie Insolvenz anmelden müssen. Durch jede Menge harter Arbeit hatten die beiden es geschafft, ihre vier Jahre alte Firma vor dem Untergang zu bewahren, doch sie brauchten immer noch einen Schub, um sicher in die schwarzen Zahlen zu kommen.

Wenn es nur noch diese Kleinigkeit brauchte, um Romance Perfected endlich auf die Füße zu helfen, dann … Elle stieß einige weitere Flüche aus und vermied es, in das triumphierende Lächeln zu blicken, dass Shaye ganz sicher bereits aufgesetzt hatte.

„Gut“, sagte sie seufzend. „Ich mach’s.“

3. KAPITEL

Elle wollte nicht in Ahmed Clarks Nähe sein. Aber das war unvermeidlich, denn sie saß mit ihm in dem ohnehin schon Klaustrophobie auslösenden Büro des Geschäftsführers fest.

„Entspann dich“, murmelte Shaye vom Stuhl nebenan. „Du siehst aus, als würdest du dich lieber einer Darmspiegelung unterziehen, als hier mit uns zu sitzen.“

„Das trifft es ziemlich genau“, sagte Elle und wechselte ihre Sitzposition, um die leichten Fußschmerzen zu lindern, die sie von ihren lavendelfarbenen Stilettos bekam. Sie hatte sie schon vor Wochen gekauft, bisher aber nicht die Gelegenheit gehabt, sie zu tragen.

An diesem Morgen hatte sie beim Anziehen etwas aus ihrem Schrank gegriffen, worin sie sich besonders hübsch fühlte, denn sie hatte das Gefühl, ihre Rüstung gegen die aufwühlenden Gefühle verstärken zu müssen, die Ahmed in ihr auslöste. Die verrucht aussehenden High Heels und das coole weiße Etuikleid leisteten ganze Arbeit. Sie verschränkte die Hände über der lavendelfarbenen Handtasche auf ihrem Schoß und wartete.

Es dauerte nicht lange, bis Ahmed und sein alberner Bodyguard das Büro betraten und den kleinen Raum mit ihrer Masse und Männlichkeit ausfüllten. Elle und Shaye waren absichtlich früher gekommen.

„Guten Tag.“ Ahmed Clark ließ sich in dem Ledersessel gegenüber dem antik wirkenden Holzschreibtisch nieder, während sein Bodyguard seinen üblichen Platz einnahm – den Rücken zur Wand, die Hände locker an den Seiten.

Direkt hinter den beiden Männern kam Clive herein und lächelte breiter, als Elle es für möglich gehalten hätte. Ein weiterer Mann, der einen dreiteiligen Anzug trug und ein iPhone in der Hand hielt, folgte ihm und nahm neben Ahmed Platz.

„Gut, gut! Es sind alle anwesend.“ Clive hätte vermutlich in die Hände geklatscht, wäre da nicht die riesige Kaffeetasse in seiner Hand gewesen.

Kaum eine Viertelstunde zuvor hatte er Shaye und Elle in seinem Büro begrüßt und ihnen Kaffee und Croissants angeboten, was Shaye sofort angenommen und Elle abgelehnt hatte, bevor er plötzlich verschwunden war. Elle war zu nervös zum Essen. Ganz zu schweigen davon, dass sie auf keinen Fall vor Ahmed Clark essen und Krümel auf ihrem weißen Kleid verteilen wollte, damit er noch einen Grund hatte, sie aufzuziehen. Elle streckte ihren Rücken durch und bleckte die Zähne. Clive setzte sich hinter seinen Schreibtisch und grinste noch immer.

„Das ist einer der Anwälte des Senders.“ Er deutete auf den Mann im Anzug, der nur einmal bestätigend nickte. „Er soll sicherstellen, dass ich in nichts einwillige, wofür man uns verklagen könnte. Nun …“ Mit einem lauten Knall stellte er die Kaffeetasse ab. „Ich bin froh, dass wir uns in dieser Sache einigen konnten.“ Dann klatschte er in die Hände und zeigte eine kaum zu bändigende Begeisterung. „Das wird ein großer Gewinn für uns alle!“

Elle war sicher, dass genau das Gegenteil der Fall war. Es würde ein Desaster werden. Schon jetzt brodelte ein Gefühl der Beklemmung in ihrem Bauch und verwandelte sich in eine Art Übelkeit. Shaye hingegen sah fast genauso aufgeregt aus wie Clive. Ihr gespannter Blick huschte zwischen Elle und Ahmed hin und her, und in ihren Augen leuchteten förmlich die Dollarzeichen.

„Dann erzählen Sie mal, Clive.“ Elle sprach ihn absichtlich beim Vornamen an, worauf er beim letzten Telefonat bestanden hatte. „Was haben Sie im Sinn?“

„Tja, Elle, ich bin froh, dass Sie fragen“, antwortete Clive.

Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, vielleicht um sich zu vergewissern, dass ihm alle zuhörten. Dann fing er an, ein Konzept zu skizzieren, in dem Ahmed und Elle vorkamen, eine Nacht voller Romantik … und Kameras.

Auf gar keinen Fall. Elle öffnete den Mund, um zu widersprechen.

„Nein, keine Kameras, Clive“, ertönte Ahmeds tiefe Stimme entschlossen.

Er saß breitbeinig auf dem Ledersessel, und seine Haltung vermittelte eine sorglose Gemütlichkeit, doch seine Augen waren wachsam auf Clive gerichtet. Sein ernster Blick ließ Elle an einen Schuldirektor oder einen Vater mit einem Gürtel denken. Obwohl Ahmed sie nicht einschüchterte, würde sie niemals wollen, dass sich dieser Ausdruck gegen sie richtete.

Aber Clive schien es nicht zu kapieren. „Woher sollen die Zuschauer denn dann wissen, dass ihr dieses Date tatsächlich hattet?“ Er klang wie ein Kind, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hatte.

„Sie können uns vertrauen.“ Ahmeds Stimme war fest. „Eure Leute können vor dem Date ein paar Fotos von uns schießen, und Elle kann währenddessen ein paar Selfies machen, wenn sie Lust hat, aber niemand wird uns hinterherlaufen, als wären wir in einer verdammten Reality-Show.“

„Also.“ Der Anwalt meldete sich zum ersten Mal zu Wort. „Wenn Sie auf irgendwelche Nachweise für die Medien bestehen, können Sie zu Beginn des Abends eine kleine Pressekonferenz abhalten und vor laufender Kamera berichten, was für das Date geplant ist. Dann können Sie im Laufe des Abends ein paar Fotos machen, wie Mr. Clark vorgeschlagen hat.“

„Oh, wie beim Abschlussball!“, meldete Shaye sich zu Wort. Beinahe hätte Elle ihr einen Tritt verpasst.

„Ganz genau.“ Clive grinste noch breiter.

Der Anwalt wirkte gequält.

Als er nichts weiter sagte, fuhr Clive fort: „Nach dem Date kommt ihr für einen Nachbericht zum Sender zurück, um über das Date zu sprechen, wie der Service gelaufen ist – schließlich wollen wir ja Werbung für Ihre Firma machen, Elle – und wie Sie es für andere Kunden ändern oder maßschneidern würden.“ Er hielt inne. „Eine potenzielle Beziehung von Ahmelle, die mit ihrem Unternehmen und diesem Sender in Verbindung steht, würde uns alle zu Gewinnern machen.“

„Ahmelle?“ Elle sah Clive stirnrunzelnd an.

„Sie wissen schon, wie Brangelina oder Kimye“, sagte er und ließ erneut die Zähne aufblitzen. „Viele Promipaare haben solche Namen.“

Herrje …

„Das ist eine großartige Idee“, sagte Shaye, deren Entzücken sich Bahn brach. Sie wippte förmlich auf ihrem Stuhl und zog damit die nun weit aufgerissenen Augen des Anwalts auf sich.

Elles Hand zuckte kurz bei dem Drang, ihre Handtasche nach ihrer besten Freundin zu werfen, zum Teufel mit dem zarten lavendelfarbenen Leder! Das alles konnte so leicht schiefgehen. Aus irgendeinem Grund bereitete es Ahmed Spaß, ihr zuzusetzen, und obwohl sie selbst als Waisenkind schon so ein Verhalten nicht einfach hingenommen hatte, gefiel es ihr überhaupt nicht, ständig vor ihm auf der Hut sein zu müssen. Ihre Haut kribbelte unangenehm heiß, und sie stand kurz davor, ihre Zähne aneinander zu feinem Pulver zu zermahlen. Er brachte sie einfach völlig aus der Fassung.

Sie verfluchte Shaye dafür, das von ihr zu verlangen.

Elle packte ihre Tasche fester. „Wie lange soll dieses Schmierentheater von Date denn dauern?“

„So lange, wie Sie beide sich ertragen können, empfehle ich“, sagte der Anwalt, woraufhin Clive direkt erwiderte: „Wir müssen ja nicht so weit gehen, euch beim Walk of Shame am Morgen danach zu filmen.“ Er ließ dabei ein Lächeln aufblitzen, aber Elle hatte nicht den Eindruck, dass er scherzte.

„Ich hatte Ihnen schon gesagt, dass wir nicht gefilmt werden wollen“, sagte sie und glaubte, einen überraschten Ausdruck auf Ahmeds Gesicht zu erkennen. „Lassen Sie uns nur das Nötigste machen, um die Sache ins Rollen zu bringen.“

Sie sah Shaye vielsagend an, und ihre Freundin sprang mit ihrem Teil des Plans ein, zückte ihr iPhone und öffnete mit flotten Fingern die App mit einer ihrer endlosen Listen.

„Ich werde eines unserer besten Pakete für euch beide zusammenstellen. Natürlich verrate ich dir nichts, um dir damit nicht die Überraschung zu verderben, Elle, denn dann kannst du im Radio wirklich aus der Perspektive von jemandem sprechen, der in einer besonderen, romantischen Nacht von vorne bis hinten bedient und verzaubert wird.“

Auf der anderen Seite des Raumes drehte Ahmed sich in seinem Ledersessel so, dass Elles Blick sofort zwischen seine Beine fiel. Schnell schaute sie weg und fühlte sich von sich selbst ertappt.

„Wir können es nicht am Abend tun“, sagte sie aus einem verzweifelten Impuls heraus.

„Wie war das?“ Ahmed sah sie mit einem belustigten Funkeln in den dunklen Augen an.

Shaye kicherte, dann ging sie zu Clive und hielt ihm über den Schreibtisch ihr Display mit der weiteren Planung hin.

Um Himmels willen … „So war das nicht gemeint!“ Elle biss die Zähne zusammen und kämpfte vergeblich gegen die Hitzewelle, die ihr durchs Gesicht schossen. „Ich wollte sagen, dass ich abends nichts unternehmen möchte. Also kein Date. Ein Ausflug am Nachmittag sollte reichen.“

Ahmed besaß tatsächlich die Frechheit, sie auszulachen, denn seine weißen Zähne blitzten, als sich die Mundwinkel nach oben zogen. „Warum? Glauben Sie, Sie könnten mir nicht widerstehen, wenn wir abends zusammen ausgehen?“

Elle verdrehte die Augen. „Ihnen zu widerstehen wird kein Problem sein“, log sie. „Aber ich hätte das Gefühl, einen meiner Wochenendabende damit zu verschwenden. Das geht Ihnen sicher genauso.“

„Ich bezweifle, dass Sie eine Ahnung von meinen Gefühlen haben, Prinzessin.“ Dabei huschte etwas Unerklärliches über sein Gesicht – nicht unbedingt Verärgerung, aber etwas Ähnliches.

„Ich habe gesagt, Sie sollen mich nicht so nennen.“ Scharf und schneidend zischten die Worte zwischen ihren Zähnen hindurch und erwischten selbst Elle unvorbereitet. Sofort bereute sie ihren Tonfall.

Die murmelnde Unterhaltung zwischen Shaye und Clive verstummte. Sogar der Bodyguard richtete ruckartig seine Aufmerksamkeit auf Elle. Doch sie machte keinen Rückzieher.

Ahmeds Blick war ebenso unergründlich wie der seines Cousins. Aber während sein Aufpasser nur vage neugierig schien, beobachtete Ahmed sie mit einem laserartigen Fokus, bei dem sie sich auf ihrem Stuhl winden wollte. Doch sie blieb absolut still sitzen und trotzte seinem Blick.

Er lehnte sich nach vorne, stützte die Arme auf die Oberschenkel und runzelte die Stirn. „Können wir vielleicht kurz unter vier Augen reden?“

„Nein.“ Elle wollte überhaupt nicht mit ihm reden. Die Aussicht, ihn in einem abgeschlossenen Raum näher zu kommen, erfüllte sie mit einer Angst, über die sie nicht nachdenken wollte. „Ich habe Ihnen nichts zu sagen, was Sie nicht hier und jetzt ansprechen können.“

Wenn sie die Stille im Raum schon vorher als beunruhigend empfunden hatte, war sie jetzt geradezu ohrenbetäubend. Shaye und alle anderen im Raum starrten die beiden unverhohlen an. Genauer gesagt nur Elle.

Ahmed seufzte frustriert. „Haben Sie ein Problem mit mir?“

„Nein, habe ich nicht. Aber Sie scheinen ein Problem mit mir zu haben.“ Unbehagen schoss Elle durch die Schultern, und ihre Muskeln spannten sich schmerzhaft an. War der eventuelle Gewinn bei der Sache diese ganze Mühe überhaupt wert? „Wir sollten das besser lassen“, sagte sie und war fest davon überzeugt, er würde ihr zustimmen.

Ahmed schüttelte jedoch den Kopf. „Wir waren uns bereits einig, also können wir es auch durchziehen. Ich werde mein Wort nicht brechen.“

„Ach, aber ich?“

Der Blick in seinen ausdrucksstarken Augen sagte laut, was sein Mund verschwieg.

Sie sprang auf die Füße. „Sie wollen doch nicht etwa andeuten …“

Aber Clive stand ebenfalls auf. „Wir sollten uns wohl alle beruhigen und das Ziel im Blick behalten.“ Er wandte sich Elle zu, die allerdings vor ihm zurückwich, die Arme vor der Brust verschränkte und weiterhin Ahmed ansah. „Ich bin mir sicher, Ahmed wollte Sie nicht beleidigen. Er befindet sich nur sehr selten in so wohlerzogener Gesellschaft. Nicht wahr?“ Sein betonter Blick in Ahmeds Richtung erntete nur ein Schulterzucken, bevor dieser seine breiten Schultern wieder gegen den Ledersessel lehnte. „Fangen wir an und bringen es hinter uns. Diese Promo ist eine Win-win-Situation für uns alle. Wir müssen es nur durchziehen.“

„Finde ich auch.“ Shaye steckte ihr Handy weg. „Das wird großartig. Lächelt einfach ein bisschen in die Kamera, guckt so, als wolltet ihr euch nicht umbringen, und am Ende stehen wir alle besser da.“

Es war, als hätten sie und Clive sich verschworen, die Cheerleader für Ahmed und Elle – auch bekannt als „Team Super-GAU“ – zu spielen. Es würde niemals so funktionieren, wie die beiden es geplant hatten, das spürte Elle.

Shaye räusperte sich. „Ich glaube, wir sind hier fertig. Tolle Arbeit, Leute.“ Sie nahm sich ein Beispiel an Clive und klatschte abschließend in die Hände – die Entscheidung war getroffen. „Ich werde das Date ausarbeiten, und wir machen von da aus weiter.“ Shaye beugte sich zu ihr herüber und senkte die Stimme. „In Ordnung, Elle?“ Ihre gesamte Körpersprache flehte Elle an, zu beenden, was sie mit Ahmed und dem Auftritt im Radio begonnen hatte.

„Gut.“ Sie warf ihrer Freundin einen Blick zu, der eindeutig verriet, dass nichts in Ordnung war. Nicht im Geringsten. Dann setzte sie einen neutralen Gesichtsausdruck auf. „Also haben wir das alles bis Freitag geklärt?“

„Ähm … ja.“ Shaye tippte flink ein paar Anmerkungen in ihre Notiz-App, dann ging sie schnell durch den Raum, um die Telefonnummern von allen außer dem Bodyguard aufzuschreiben. „Ich werde Ahmed die Details schicken, und wir vereinbaren das Date für diesen Samstagnachmittag?“ Sie betonte den letzten Teil als Frage und schaute Elle an.

„Hört sich gut an. Ahmed?“ Elle schenkte ihm ein knappes Lächeln und wartete auf seine Zustimmung.

„Ja, diesen Samstagnachmittag passt es mir.“ Er sah kurz jeden der Anwesenden an, bevor sein Blick wieder bei Elle landete. „Können Elle und ich den Raum für uns haben, bitte?“

Sie blinzelte überrascht. Für wen zum Teufel hielt er sich? Sie hatte bereits deutlich gemacht, dass sie nicht allein mit ihm reden wollte. Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe von einem Meter achtzig auf und machte sich bereit, seine Anweisung abzuschmettern. Aber bevor sie den Mund aufmachen konnte, waren alle mit schnellen Schritten zur Tür hinaus.

Was zum …?

Die Tür fiel mit einem Klicken hinter ihnen ins Schloss, noch bevor ihr irgendein Wort über die Lippen gekommen war.

„Elle …“ Ahmeds Tonfall war beinahe versöhnlich.

Aber sie war nicht in der Stimmung, sich anzuhören, was er zu sagen hatte. Als er die Hand nach ihr ausstreckte, wich sie ihm aus, bevor er sie überhaupt berührte. Ihr Rückgrat fühlte sich so gespannt an, als könnte es jeden Moment zerbrechen.

„Ist doch alles gut. Wir gehen auf dieses Date und müssen dann nie wieder miteinander allein sein. Hauptsache, wir kommen alle auf unsere Kosten, richtig?“

„Falsch.“ Er schob die Hände in seine Hosentaschen und blickte von viel weiter oben stirnrunzelnd zu ihr herunter. „Darf ich mich einfach mal entschuldigen?“ Er hastete weiter, bevor sie ihm sagen konnte, wohin er sich seine viel zu späte Entschuldigung stecken sollte. „Ich weiß, wir …“ Er hob eine Hand, als sie den Mund öffnete, um ihn daran zu erinnern, wer genau diesen Krieg begonnen hatte. „… ich bin bei unserer ersten Begegnung mit dem falschen Fuß aufgestanden, und dafür möchte ich mich entschuldigen. Es gibt keinen Grund, warum wir bei diesem sogenannten Date nicht wenigstens freundlich miteinander umgehen können. Ich möchte in Ihrer Gesellschaft nicht ein paar Stunden lang leiden, und ich bin mir sicher, dass es Ihnen da genauso geht.“

Was genau hatte er eigentlich vor? Selbst in diesem Büro hatte er sich flapsig bis geradezu unhöflich verhalten. Und jetzt wollte er sich versöhnen? Das ergab keinen Sinn. Aber wenn er heucheln wollte, konnte sie das schon lange.

„Gut“, sagte sie. „Entschuldigung angenommen. Die Welt ist wieder in Ordnung. Jetzt zufrieden?“ Allerdings wollte sie keine Antwort von ihm. Sie machte auf dem Absatz ihrer lavendelfarbenen Stilettos kehrt und riss die Tür auf. Clive, Shaye und der Bodyguard standen direkt neben der Bürotür. Sie war überrascht, dass der Bodyguard Ahmed mit ihr allein gelassen hatte.

Clives Augen funkelten belustigt, als er sie sah. Er trat von Shaye weg und näherte sich Elle. „Sind Sie sicher, dass wir Ihnen und Ahmed den Nachmittag über nicht einen Kameramann hinterherschicken können? Er wäre gar nicht im Weg.“

Elle konnte das Lächeln auf ihren Lippen und ihren höflichen Tonfall kaum aufrechterhalten. „Nein, Clive. Einfach nein.“

Shaye tauchte neben Elle auf und strich sich einen unsichtbaren Fussel aus der eng anliegenden Bluse. „Ich glaube, es wird viel interessanter und lustiger, wenn sie erst in der Sendung über ihr Date sprechen“, erklärte ihre Freundin. Clive schien den Blick nicht von der fast zärtlichen Bewegung ihrer Hand auf den eigenen Brüsten abwenden zu können. „So haben sie auch nicht die ganze Funkstille und das langweilige Geschwätz beim Essen auf dem Film. Wenn sie zurück beim Radio sind, können sie viel schneller zum harten Kern der Geschichte kommen.“ Shaye betonte das Wort hart viel zu genussvoll.

Aber das war es offenbar, was Clive hatte hören müssen. Er räusperte sich und sah Shaye ins Gesicht. „In Ordnung. Aber wir werden jemanden beauftragen, nachmittags ein paar Fotos von den beiden zu schießen. Ich schicke denjenigen etwa eine Stunde vor ihrem Aufbruch zu Ihnen.“

„Ich lasse Ihnen die Adresse zukommen“, sagte Shaye.

Elle rollte mit den Augen. Das Ganze entpuppte sich als eine größere Farce, als sie je erwartet hatte. Und das war ganz alleine Shayes Schuld. Sie bedachte ihre beste Freundin mit einem Blick, aber die lächelte nur sanft zurück.

Aber das war schon in Ordnung. Sie wussten beide, dass Shaye ihr dafür richtig was schuldete.

4. KAPITEL

„Er ist im Fernsehen.“ Shaye bog um die Ecke des Wohnzimmers, ihren Cocktail in der Hand, als Elle gerade den Mixer ausschaltete.

„Von wem redest du?“ Sie goss ihre Margarita in ein extragroßes Glas mit Zuckerrand und trank einen Schluck. Lecker. Ein bisschen zu viel Tequila, aber die aktuelle Situation entschuldigte das.

„Ahmed Clark. Er ist in den Nachrichten und spricht über die Schließung der Garvey High School.“ Shaye kippte eine frische Packung Tortilla-Chips in eine Schüssel, klemmte sie sich gegen die Brust und machte sich mit ihrem Drink in der Hand auf den Weg zurück ins Wohnzimmer. Ihr üppiger Hintern wackelte in den abgeschnittenen Shorts aus Elles Blickfeld.

Elle leckte sich etwas mit Zuckerkristallen vermischte Margarita von der Unterlippe und summte noch einmal wohlig auf. Gegen ihren Willen dachte sie an Ahmed Clark. Der herbe und berauschende Geschmack des Cocktails hatte eine ebenso höllisch starke Wirkung auf ihre Sinne wie er. Trotz seiner schlechten Manieren und obwohl sie sich nicht unter vier Augen mit ihm auseinandersetzen wollte, konnte sie nicht leugnen, wie viel schneller ihr Herz in seiner Gegenwart schlug. Dass die Art, wie er sie anstachelte und aufpeitschte wie ein Kind vor einem Tigerkäfig, sie so erregte wie seit Jahren nicht mehr. Sie runzelte die Stirn. Echt jetzt? Funktionierten diese Sticheleien auch nach der Grundschule noch bei ihr? Offenbar schon.

Elle nahm einen guten Schluck ihres Drinks, stöhnte laut auf, wie gut er schmeckte und wie perfekt er zu diesem heißen Tag passte, dann machte sie sich langsam auf den Weg ins Wohnzimmer und zum Fernseher, wo Ahmed Clark den Bildschirm dominierte.

Sie ließ sich neben Shaye aufs Sofa fallen, die bereits mit einer Hand die Chips in die Schüssel mit Guacamole tauchte, während sie mit der anderen Hand den Drink an ihre Lippen führte. Ihre Freundin hatte bereits einen Wochenendschwips.

Nach der Flut an neuen Aufträgen, die durch Elles Auftritt in Ahmeds Show hereingekommen war, hatten sie und Shaye beschlossen, den Nachmittag spontan für eine kleine Feier freizunehmen.

Von dieser Seite des Bildschirms aus fiel es leichter, Ahmed Clark zu mögen. Sein gut aussehendes, kantiges Gesicht gehörte einfach auf die große Leinwand. Die Entfernung und die Kameras verstärkten die Energie, die jeden Raum um ihn herum zum Knistern brachte, und machten seine überirdische Attraktivität fast erwartbar oder alltäglich. Das war jedoch nicht genau das Wort, nach dem sie suchte. Ihr fehlten immer die richtigen Worte, wenn es um ihn ging.

„Es gehört verboten, dass er in echt noch besser aussieht. Und auch sexyer.“

Elle verdrehte die Augen. „Er spricht gerade über ernste Themen, Shaye. Und alles, was dir dazu einfällt, ist sein Körper? Du bist echt furchtbar.“ Als ob sie nicht selbst gerade darüber nachgedacht hätte, wie gut er aussah.

„Ich kann mich für die Bildung unserer Jugend und das bestechende Aussehen dieses Mannes interessieren. Ich habe kein Problem mit Multitasking.“

Nach ihrem Treffen in Clives Büro war Elle ziemlich wütend auf ihre Freundin gewesen. Es hatte über vierundzwanzig Stunden gedauert und eine Einladung in Shayes neues Haus in East Point gebraucht, bis Elle sie wiedersehen wollte. Nach dem ersten Margarita gleich zur Begrüßung hatte Shaye ihr Glas immer wieder aufgefüllt. Jetzt, um kurz vor vierzehn Uhr, waren sie beide richtig entspannt – sowohl wegen der Drinks als auch weil es ihnen gelungen war, jedem gewichtigen Thema auszuweichen. Bis jetzt, wie es schien.

„Ich wünschte, du würdest in ihm nicht den Feind sehen“, sagte Shaye und schaffte es, sie gleichzeitig schräg anzusehen, ihren Cocktail zu trinken und sich noch mehr Guacamole in den Mund zu schaufeln.

„Ich sehe ihn nicht als Feind.“ Auf dem Bildschirm entfernte sich Ahmed Clark von den Kameras, sein allgegenwärtiger Bodyguard nebendran. „Ich bewundere, was er tut. Ich finde es toll, dass er seinen Ruhm nicht nur dafür einsetzt, an mehr Frauen und mehr Geld zu kommen. Viele Kinder schauen zu ihm und den anderen Promis auf, die über soziale Gerechtigkeit sprechen. Es ist erstaunlich, was er bewirkt, indem er die Diskussionen über die Bedürfnisse unserer Community von Facebook in die Wohnzimmer bringt.“

Echt schade, dass er so ein Arsch war. Es graute ihr sehr vor dem sogenannten Date mit ihm.

„Ja, er leistet tolle Arbeit für die Gesellschaft“, sagte Shaye. „Und mir gefällt, dass es nicht nur Gerede ist. Er trifft sich da draußen mit Politikern und spendet Geld, diskutiert sogar über die Gründung einer voll finanzierten Privatschule für die Nachbarschaften, die von den letzten Schulschließungen betroffen sind.“

Elle sah Shaye an. „Bist du sicher, dass du nicht diejenige sein solltest, die mit ihm ausgeht?“ Doch schon während sie es aussprach, krampfte sich ihr Magen widerwillig zusammen. Shaye und Ahmed? Niemals! Sie überlegte nicht genauer, warum.

„Das habe ich dir doch schon erklärt.“

Eine Sekunde lang glaubte Elle, Shaye könnte ihre Gedanken lesen. Dann erinnerte sie sich daran, was ihre Freundin ein paar Tage zuvor gesagt hatte. „Ja, du meintest, du würdest nur für ihn schwärmen. Aber du klingst, als würdest du liebend gerne mit ihm ausgehen.“ Wieder verkrampfte sich ihr Magen, und Elle zuckte zusammen.

Es wäre nur logisch, wenn die beiden zusammenkämen. Ahmed Clark war ein Aktivist. Er nutzte seine Bekanntheit für einen guten Zweck. Shaye war auch eine Aktivistin. Sie hatte ein weiches Herz und arbeitete unermüdlich für die Gemeinschaft. Obwohl sie sich freizügig kleidete und ziemlich quirlig war, weshalb manche Leute nichts mit ihr anfangen konnten, war sie von allen, die Elle kannte, die perfekte Frau für einen Typen wie Ahmed Clark.

Sie war schön, wusste mit Mode zu verblüffen, liebte Partys und – glaubte man all ihren Geschichten – sie liebte Sex. Und alles, was Elle in der Boulevardpresse gelesen hatte, deutete darauf hin, dass auch er Sex liebte. Auf jeden Fall liebte er Partys. Und wenn all die Geschichten und Bilder nur ein Fünkchen Wahrheit enthielten, dann liebte er auch Groupies.

Shaye war besser als jedes Groupie. Hübscher und treuer. Ahmed Clark könnte es schlimmer treffen, als mit ihrer besten Freundin zusammenzukommen.

„Jetzt tu mal nicht so, als würdest du mich nicht verprügeln wollen, sobald ich auch nur ein zweites Mal in die Richtung dieses Kerls schaue.“ Shaye grinste und trank einen Schluck Margarita. „Mach den Mund auf und sag mir, dass es nicht so ist.“

„So ist es nicht!“

„Lügnerin!“

Shaye ließ sich lachend auf der Couch nach hinten fallen und schaffte es auf wundersame Weise irgendwie, ihren Drink nicht zu verschütten. Nach einiger Zeit, in der es ziemlich offensichtlich wurde, dass sie beschwipst war, machte sie ein ernstes Gesicht.

„Ich weiß, du magst ihn, Elle. Und das ist okay, auch wenn du noch nicht bereit bist, dir das einzugestehen. Ich würde dir das niemals antun.“

Sie hatten keinerlei Mädchen-Kodex. Jeder, der die beiden kannte, wusste, dass Shaye diejenige war, die Spaß mit Männern hatte, während Elle diejenige war, die zu Hause blieb, hart arbeitete, sich manchmal verabredete, aber meistens für sich blieb.

Elle bekam einen roten Kopf und dachte darüber nach, wie verzweifelt sie auf Shaye wirken musste. Dann überwand sie sich. Sie waren mehr als nur Freundinnen – sie waren Schwestern, gemeinsam gegen den Rest der Welt. Nichts war zu intim, und es gab keine Tabus. Selbst wenn sie wütend auf Shaye war, hatte sie diese verdammte Frau lieb. Alles an ihr war für Shaye ein offenes Buch: das Verzweifelte, das Loyale, das Kleinliche und auch das Gute. Und allmählich wurde ihr klar, dass es nicht verzweifelt war, auf einen heißen Typen zu stehen, auch wenn er alles andere als nett war. Wenn Frauen nur auf nette Kerle abfahren würden, wären neunzig Prozent der Männer schon längst in die Wüste ausgewandert.

Elle schüttelte den Kopf. „Du weißt, dass da nichts ist. Ahmed ist nett, aber zwischen uns wird nichts laufen.“

„Wenn es das ist, was du jetzt sagen willst, ist das in Ordnung. Aber du sollst wissen, dass ich es nie auf ihn absehen werde.“

Elle biss sich auf die Lippe. „Darüber mache ich mir auch keine Sorgen.“

„Schon klar. Ich habe es vermasselt. Ich weiß, dass ich wegen dieser Radionummer sehr aufdringlich bin. Und es tut mir leid, dass die Dinge nicht so glatt laufen, wie sie sollten. Wie sie laufen könnten. Aber ich habe ein gutes Gefühl dabei. Das habe ich wirklich.“

Plötzlich fing Elle an zu lachen. Das war die typische Art ihrer besten Freundin, sich dafür zu entschuldigen, sie in die peinlichste Situation überhaupt gebracht zu haben. Alles war verziehen.

Sie griff nach dem inzwischen leeren Margarita-Glas und stand auf. „Willst du noch einen?“

„Aber hallo!“

5. KAPITEL

Ahmed war nicht nervös. Überhaupt nicht. Zwar flatterten Schmetterlinge in seinem Magen, doch er gab alles in seiner Macht Stehende, sie zu ignorieren.

Als er mit seinem taupefarbenen Jaguar vor Elles Apartment in Kirkwood vorfuhr, entdeckte er Reporter, die in der Gegend umherschwärmten wie Motten um ein Licht. Sie behandelten das kleine Gebäude mit seinen bescheidenen Mauern und der Einfahrt eher wie einen Tatort als wie den Schauplatz eines Exklusivartikels in einem Promimagazin. Ahmed schickte ihr eine Nachricht, dass er da war. Dann fuhr er langsam die Einfahrt hinauf, wobei er darauf achtete, keinen der Reporter zu überfahren, die immer näher an die getönten Scheiben seines Autos traten, um das perfekte Foto zu erhaschen. Wozu, wenn er doch sowieso gleich aus dem Auto steigen würde?

Er stellte den Hebel auf Parkposition und schaltete den Motor aus. Nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, stieg er aus und ging zu ihrer Haustür. Gerade als er klingeln wollte, öffnete sich die Tür, und Elle trat heraus. Überraschende Lust ließ ihn schlucken, als er ihre geschmeidigen Konturen betrachtete. Statt eines weiteren Prinzessinnenkleids trug sie eine Prinzessinnenhose und sah aus wie Dorothy Dandridge in einem der Filme, die seine Mutter so liebte: Filigrane High Heels, eine cremefarbene Hose, die ihrem schlanken Körper und vor allem ihrem Hintern schmeichelte, eine leuchtend gelbe Bluse, die an der Taille zusammengebunden war und ein paar Zentimeter ihres flachen Bauchs entblößte. Ihre geglätteten Haare waren zusammengesteckt, kontrolliert und zugleich herrlich feminin.

Die Haustür fiel hinter ihr ins Schloss, und als sie beim Anblick der Reporter in der Umgebung einen leicht panischen Ausdruck im Gesicht bekam, trat er automatisch an ihre Seite und legte einen Arm um sie.

„Was ist aus Clives Fotograf geworden?“, fragte er und scannte die etwa fünfzehn Reporter nach einem ab, der so aussah, als hätte er tatsächlich die Erlaubnis, hier zu sein.

Offensichtlich aufgewühlt presste Elle ihr Gesicht an Ahmeds Brust. „Der ist irgendwo da draußen. Lassen Sie uns einfach gehen.“

Er führte sie schnell zum Auto.

„Oh mein Gott! Warum sind da so viele? Wird es das restliche Date lang so bleiben?“

Hoffentlich nicht. „Wohl eher nicht. Gibt wahrscheinlich wenig zu berichten heute. Denen wird gleich langweilig.“

Aber ihnen wurde nicht langweilig. Er verließ Elles Viertel mit fast einem halben Dutzend Autos im Schlepptau, bei zwei von ihnen lehnten sich Reporter aus dem Fenster. Was zum Teufel? Ahmed war nicht mehr von so vielen Fotografen verfolgt worden, seit er seinen Abschied vom Basketball verkündet hatte.

„Ich glaube, Clive hat uns verpfiffen.“ Er biss die Zähne zusammen.

„Ja“, murmelte Elle und starrte die Autos aus dem Seitenfenster an. „An den ein oder anderen.“

Eines der Autos scherte hinter ihnen aus, überholte den Jaguar mit mindestens dreißig über dem Tempolimit und fuhr Richtung Midtown, wo ein Großteil des von Shaye arrangierten Dates stattfinden sollte. Er sah dem Wagen mit finsterem Blick nach. Bedeutete das, die Reporter wussten, wohin sie fuhren?

Er drückte den Telefonknopf am Lenkrad und befahl, seine Assistentin Michelle anzurufen. Er leitete den Anruf auf seinen Bluetooth-Kopfhörer anstatt auf die Lautsprecher des Autos.

„Hey“, sagte er, als sie abhob. „Ein paar Reporter scheinen in unsere Richtung zu fahren, aber sie sind vor uns. Was ist da los?“

„Ich glaube, Clive hat den Ort eures Dates durchsickern lassen.“ Das Klackern von Nägeln auf einer Tastatur drang durch das Telefon. „Jap. Ein paar Online-Paparazzi schreiben über dieses Restaurant im Norden. Die Quelle ist ziemlich offensichtlich.“

Ahmed fluchte, als Michelle seinen Verdacht bestätigte. Er kannte das Publicity-Spielchen sehr gut und war überzeugt, dass Clive es noch besser beherrschte. Der Kerl war verdammt gewieft und hatte es nicht an die Spitze der Radiolandschaft in Atlanta und dem Großteil des Südostens geschafft, weil er vor kaltem, knallhartem Finanzkalkül zurückgeschreckt wäre. Ahmeds Blick schnellte zu Elle.

Sie saß steif neben ihm auf dem Beifahrersitz, sah sich ab und zu nach ihren Verfolgern um und zupfte mit den Fingern am Leder ihrer kleinen gelben Handtasche.

Sie muss einen ganzen Schrank mit diesen Dingern haben, dachte Ahmed.

Da war etwas Verletzliches und Sanftes an ihr, das er so noch nie gesehen hatte. Auch wenn er sie eine Prinzessin genannt und die Lügen über etwas Nicht-Existentes verflucht hatte, war es ihm noch nie so vorgekommen, als ob sie beschützt werden müsste. Sicherlich nicht vor Clives Vorhaben und schon gar nicht vor Ahmed. Und er musste zugeben, dass er sich seit der ersten Begegnung ihr gegenüber wie ein verdammter Trottel verhalten hatte.

Vielleicht war es an der Zeit, dass er sich nicht mehr wie ein Schurke aufführte und sich stattdessen wie ein Prinz benahm. Nur dieses eine Mal. Da sie anscheinend an so etwas glaubte.

„Okay. Danke, Michelle. Ich kümmere mich drum.“

„Daran habe ich nicht eine Sekunde gezweifelt, Ahmed“, sagte sie trocken. Er legte auf.

Und dann nahm er die Sache selbst in die Hand.

Nach einem weiteren Blick in die Richtung, in die die lästigen Reporter verschwunden waren, traf Ahmed blitzschnell eine Entscheidung. Er hielt sich strikt ans Tempolimit und fuhr langsam die Ponce de Leon Avenue entlang, bis er eine gelbe Ampel entdeckte. Dann beschleunigte er, raste gerade noch vor Rot hindurch und bog scharf um eine Kurve. Kurz überlegte er, ob er seinen Plan mit einem Fahrzeugwechsel absichern sollte. Sein Handy klingelte.

„Was gibt’s, Sam?“

„Die Reporter sind immer noch hinter dir her.“

„Ich weiß.“ Obwohl sie darüber diskutiert hatten, dass das Date ohne Geleitschutz stattfinden sollte, hatte sein Cousin darauf bestanden, ihnen zu folgen. Obwohl Ahmed nicht verstand, was es Sam bringen sollte, ihnen mit dem eigenen Wagen hinterherzufahren, wenn es jemand darauf abgesehen hätte, ihn zu erledigen.

Kurze Stille. „Halt beim Trader Joe’s auf der Monroe an. Ich bin in spätestens drei Minuten da, dann können wir die Autos tauschen.“

Ahmed nickte, obwohl sein Cousin ihn selbstverständlich nicht sehen konnte. „Perfekt. Bis in zwei Minuten.“

Elle neigte den Kopf und sah ihn aus großen Augen fragend an. „Sie müssen sich nicht all die Mühe machen, um den Reportern aus dem Weg zu gehen. Das ist schon in Ordnung.“

„Aber so macht es mehr Spaß“, sagte er und grinste. „Sollen sie es sich erarbeiten.“

„Sie müssen sie nicht auf die Probe stellen.“

„Ich habe noch gar nicht angefangen, sie auf die Probe zu stellen“, murmelte er.

Autor

Lindsay Evans
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Charlene Sands
<p>Alles begann damit, dass der Vater von Charlene Sands, ihr als Kind die schönsten, brillantesten und fantastischsten Geschichten erzählte. Er erfand Geschichten von plündernden Piraten, mächtigen Königen und Sagen von Helden und Rittern. In diesen Erzählungen war Charlene immer die Prinzessin, Königin oder Heldin um die gekämpft oder die gerettet...
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Nadine Gonzalez
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