Baccara Exklusiv Band 200

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IN EINER HEISSEN WINTERNACHT … von LINDA CONRAD

Mitten in einem Schneesturm will Lance so schnell wie möglich nach Hause. Denn für dieses Weihnachten hat er einen ganz besonderen Plan. Doch dann entdeckt er am Straßenrand die bezaubernde Marcy, die nicht nur sein Vorhaben, sondern sein ganzes Leben komplett durcheinander bringt …

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  • Erscheinungstag 13.11.2020
  • Bandnummer 200
  • ISBN / Artikelnummer 9783733726843
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Linda Conrad, Sara Orwig, Michelle Celmer

BACCARA EXKLUSIV BAND 200

1. KAPITEL

Nicht zu fassen! Wie es aussah, würde die Fahrt bis zur zwanzig Meilen entfernten Raststätte mehr als drei Stunden dauern.

Genauer gesagt, so lange würde Lance White Eagle Steele brauchen, wenn er nicht in einer Schneewehe stecken blieb und wenn die Polizei nicht die Autobahn und viele Landstraßen gesperrt hätte.

Lance drehte in seinem vor wenigen Stunden gekauften Geländewagen mit Allradantrieb die Heizung hoch und wünschte sich sehnlichst, er hätte eine Thermoskanne mit heißem Kaffee dabei. Er war sich so sicher gewesen, dass die zweispurige Straße eine gute Abkürzung bot. Doch dann war er in einen Schneesturm geraten, der ihm völlig die Sicht nahm.

Aber zumindest befand er sich auf dem Heimweg. Wenn er an die Ranch dachte und an die Leute, die ihn dort erwarteten, wurde ihm bewusst, dass er ruhig ein paar Stunden oder auch einen Tag später eintreffen konnte. Auf alle Fälle wäre er rechtzeitig in Montana für die Weihnachtsfeier.

Vor wenigen Stunden, als er noch auf dem O’Hare Airport von Chicago gewesen war, hatte er sich Sorgen gemacht, er würde Weihnachten auf der Ranch verpassen. Er hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt in Chicago sein können. Er war von New Orleans gekommen und hatte einen Anschlussflug nach Great Falls in Montana nehmen wollen. Doch kurz nachdem seine Maschine gelandet war, waren sämtliche Flüge wegen eines Blizzards gestrichen worden.

Aber es gab weitere schlechte Nachrichten. Nicht nur Chicago war vom Schneesturm betroffen, sondern auch Michigan, Wisconsin, Iowa, Minnesota sowie North und South Dakota, und laut Wetterbericht konnte das noch tagelang so bleiben. Drei Tiefdruckgebiete überlagerten einander und begruben die Great Plains unter Bergen von Schnee.

Die Reisenden auf dem Flugplatz hatten angefangen, sich auf dem Fußboden und den Bänken niederzulassen, weil sie erwarteten, dort eine Weile festzusitzen. Doch Lance war entschlossen, pünktlich zur Weihnachtsfeier auf der Ranch in Montana zu sein, wo er jetzt lebte und arbeitete.

Er klopfte auf die Brusttasche seiner gefütterten Lederjacke und tastete dabei nach der kleinen Schachtel, die er bei sich trug. Alles würde gut werden. Schon bald würde sich sein Leben in die richtige Richtung entwickeln, genau wie er jetzt auf den richtigen Straßen fuhr, um nach Hause zu gelangen.

Es war ziemlich einfach gewesen, den Angestellten der Mietwagenfirma zu überreden, ihm einen kaum gebrauchten Geländewagen zu verkaufen, damit er den überfüllten Flughafen verlassen konnte. Gute Referenzen und ein hoher Überziehungskredit wirkten Wunder, als es darum ging, dem Mann klarzumachen, dass es reichte, die Vertragsunterlagen für den Autoverkauf übernächste Woche zu faxen, wenn die Banken nach den Feiertagen wieder geöffnet hatten.

Angestrengt blickte Lance durch die Windschutzscheibe, denn der Schneefall wurde stärker und nahm ihm die Sicht auf die schwach beleuchtete Straße. Er schaltete die Scheibenwischer ein, wischte von innen über die beschlagene Scheibe und bemühte sich, etwas zu erkennen. Dieser Blizzard erwies sich als einer der schlimmsten Schneestürme, die er je erlebt hatte. Was schon einiges heißen wollte, da er in den zehn Jahren, in denen er im gesamten Westen der USA von Rodeo zu Rodeo unterwegs gewesen war, eine ganze Menge Stürme erlebt hatte.

Mit der Handkante wischte er erneut über die Innenseite der Frontscheibe. Die Heizung arbeitete auf Hochtouren, und Lance war froh, in einem warmen Wagen zu sitzen, statt draußen im bitterkalten Wind zu sein.

Es gelang ihm, einen kleinen Fleck der Scheibe frei zu bekommen, gerade rechtzeitig, um das Steuer herumzureißen und einer dunklen Gestalt am Straßenrand auszuweichen.

„Verdammt!“, schimpfte er, während er den Wagen auf die andere Seite lenkte.

Als der Wagen zum Stehen gekommen war, erkannte Lance, dass die dunkle Gestalt, die da draußen gegen den Sturm ankämpfte, ein in eine Wolldecke gewickeltes Bündel trug. Lance warf einen Blick in den Rückspiegel und entdeckte ein paar Meter weiter ein Auto am Straßenrand. Der Mann musste eine Panne haben.

Da draußen würde der arme Kerl sicher bald erfrieren. Lance fuhr jetzt seit sechs Stunden auf dieser Nebenstrecke und bisher war ihm nicht eine Menschenseele begegnet, die dumm genug gewesen wäre, sich in diesem Schneesturm nach draußen zu wagen.

Doch sosehr es ihn drängte, weiterzukommen, er konnte unmöglich einen anderen Reisenden in diesem Wetter auf einer einsamen Landstraße zurücklassen. In Notfällen mussten Menschen zusammenhalten. Wenn er feststeckte, würde er ebenfalls hoffen, dass jemand hielt und ihm half.

Lance war sehr geschickt, wenn es um Autoreparaturen ging. Vielleicht konnte er dem Mann helfen, seinen Wagen wieder zum Laufen zu bringen, und vielleicht würde das auch gar nicht so lange dauern.

Lance hielt an, ließ den Motor aber laufen. Dann öffnete er die Tür und stieg aus. Sofort zerrte der eisige Wind an ihm, und unter seinen Stiefeln knirschte der Schnee. Lance hielt seinen Stetson fest und versuchte in dem dichten Schneetreiben etwas zu erkennen, während er sich zu dem liegen gebliebenen Autofahrer vorkämpfte.

Endlich sah er die Person deutlicher, die durch das Schneegestöber auf ihn zukam, und stellte erstaunt fest, dass es sich um eine Frau handelte.

Sie hatte sich einen dünnen Schal um den Kopf gewickelt und ging gebeugt unter einer großen Last, die sie in eine alte Armeedecke gewickelt hatte.

Als sie näher kam, konnte er endlich ihre Augen sehen. Sie waren braun und schienen förmlich zu leuchten im tristen Weiß der wirbelnden Flocken. Ihr Gesicht war schmal, und sie hatte den Mund geöffnet, um besser atmen zu können.

Ihre Kleider waren mit Schnee bedeckt und schienen jede Minute nasser und schwerer zu werden. Sie trug kein Make-up und ihre Haut war glatt. Soviel Lance erkennen konnte, waren ihre Haare blond und umrahmten wie ein Heiligenschein ihr Gesicht. Sie sah aus wie ein Engel in Not.

Die Frau musste völlig verrückt sein, sich ganz allein in diesen Sturm hinauszuwagen. Vielleicht stand sie auch unter Drogen? Lance nahm sich vor, ihr gegenüber auf der Hut zu sein.

„Was ist mit Ihrem Auto los?“, rief er, um den Sturm zu übertönen.

Die Frau atmete immer noch heftig von der Anstrengung, gegen den Wind zu gehen und dabei eine schwere Last zu tragen. Jeder Atemzug ließ eine kleine Wolke vor ihrem Mund aufsteigen.

„Ich fürchte, mein Wagen ist kaputt“, erwiderte sie keuchend. „Ich weiß, dass genug Benzin im Tank ist, und ich habe die Batterie vor Kurzem in einer Werkstatt in Minneapolis überprüfen lassen. Trotzdem ist das Auto mitten auf der Straße stehen geblieben. Nachdem ich es an den Straßenrand geschoben hatte, sprang der Motor nicht wieder an. Er streikt einfach.“

„Setzen Sie sich in mein Auto, bevor Sie sich hier draußen noch den Tod holen“, rief Lance. „Ich sehe mir Ihren Wagen an. Geben Sie mir die Schlüssel.“

Als sie näher kam, wurde ihr Blick wachsam. Sie zögerte. „Ich habe …“, sagte sie, dann schluckte sie und reichte ihm die Autoschlüssel, während sie ihr Bündel hochhielt.

Was sie auch bei sich trägt, dachte Lance, es ist doch wohl nicht wert, dafür das Leben aufs Spiel zu setzen. Warum stellte sie das verflixte Ding nicht irgendwo ab und kam später zurück, um es zu holen?

Halb gehend, halb schlitternd, kehrte er zu seinem Wagen zurück und öffnete die hintere Tür. „Werfen Sie das Ding auf den Rücksitz und steigen Sie endlich ein.“

Die Frau warf ihm einen wütenden Blick zu und schüttelte den Kopf. „Ich muss sie nah an meinem Körper tragen, bis sie sich ein bisschen aufgewärmt hat.“ Sie schlug ein kleines Stück der Decke zurück, und Lance entdeckte ein wollenes Babymützchen, unter dem blonde Löckchen hervorschauten.

Lance wäre beinahe gestolpert, so sehr beeilte er sich nun, der Frau mit ihrem Kind beim Einsteigen zu helfen. Was um alles in der Welt brachte eine Frau dazu, ein Baby in solch einen Sturm nach draußen zu nehmen?

Obwohl sie ein wenig ängstlich war und nur zögernd die Hilfe des Fremden annahm, blieb Marcy Griffin keine Wahl, als auf den Vordersitz des Geländewagens zu klettern. Weitere fünfzehn Minuten in dieser Kälte würden wahrscheinlich ausreichen, damit sich das Baby eine Lungenentzündung holte.

Sobald sie im Wagen saß, schloss der Mann mit dem Cowboyhut die Beifahrertür, damit es warm blieb, und ging durch den Sturm zurück, um nach ihrem Wagen zu sehen. Marcy betrachtete das Kind in ihren Armen. Ihr Baby schlief immer noch tief und fest.

Es war gut, wenn Angie diese Tortur verschlief. Marcy wusste, dass ihr Kind fror und hungrig und müde war, und sie wünschte sich sehnlichst, die Dinge möchten um ihrer Tochter willen anders stehen.

Doch zumindest waren sie beide immer noch am Leben. Auf die eine oder andere Art bewegten sie sich außerdem auf ein besseres Leben zu. Das war das Wichtigste.

Zehn Minuten später, als Marcy gerade anfing, wieder ihre Finger und Zehen zu spüren, öffnete der Cowboy die hintere Seitentür und stellte Angies Kindersitz hinein. Leider gab es in dem Geländewagen vorne keinen dritten Sitz.

„Sie haben recht“, sagte der Fremde. „Der Motor macht’s nicht mehr. Ich glaube, der Zylinderblock ist kaputt.“

„Wenn Sie uns mitnehmen, wären Sie dann so freundlich, Angies Sachen aus meinem Kofferraum zu holen?“

„Was für Sachen?“

„Windeln, Babynahrung, ihr Fläschchen …“ Marcy konnte seinen Gesichtsausdruck wegen der Hutkrempe nicht sehen, aber sie vermutete, der Mann verwünschte sein Pech, wegen solch anspruchsvoller Passagiere gehalten zu haben.

„Ich werde die Sachen holen“, sagte er. „Prüfen Sie bitte in der Zwischenzeit, ob der Kindersitz richtig befestigt ist, und setzen Sie das Baby rein. Ich bin gleich zurück.“

Marcy kletterte heraus und beeilte sich, Angie in ihrem Sitz anzuschnallen. Die Kleine kuschelte sich in den vertrauten Sitz, ohne die Augen zu öffnen. Sie war jetzt schon so lange still, dass Marcy die Wange an ihre Stirn hielt, um zu prüfen, ob alles in Ordnung war, und aufatmete, als sie feststellte, dass Angie kein Fieber hatte.

Der Cowboy brauchte nicht lange, um ihre Sachen im Kofferraum zu verstauen. Sobald sie alle drei angeschnallt waren und die Fahrt weiterging, schloss Marcy erleichtert über ihre Rettung die Augen.

Nach einer Weile musterte sie verstohlen den Fremden, der sie mitgenommen hatte, und überlegte, dass sie ihm erst danken würde, wenn sie heil und gesund ankämen und sie hundertprozentig sicher war, dass er nichts Böses im Schilde führte. Nachdenklich betrachtete sie sein Profil, während er sich aufs Fahren konzentrierte.

Was war dieser Mann für ein Typ?

Er hatte den Hut aus der Stirn geschoben, um besser durch die Windschutzscheibe sehen zu können. Als sie sich draußen auf der Straße gegenüber gestanden hatten, hatte Marcy bemerkt, dass er sehr groß war und ziemlich breite Schultern hatte.

Jetzt konnte sie sehen, dass er auch einen sehr muskulösen Körper hatte. Irgendwie strahlte er etwas Achtunggebietendes aus, eine bessere Beschreibung fiel ihr nicht ein. Sie konnte ihn sich gut als Truppenkommandeur vorstellen. Er war ein Mann, den alle respektieren würden. Bestimmt würde er sie sicher aus dem Schneesturm bringen.

Als sie ihn jetzt näher betrachtete, fiel ihr sein tiefschwarzes Haar auf, das unter dem grauen Stetson hervorschaute und ziemlich lang war. Rasch musterte sie seine markanten Gesichtszüge und sein markantes Kinn. In dem spärlichen Licht war nicht viel zu sehen, aber sein bronzefarbener Teint, die hohen Wangenknochen und die gerade Nase deuteten auf indianische Abstammung hin.

Sie war so in ihre Betrachtung vertieft, dass sie zusammenfuhr, als er sprach.

„Mein Name ist Lance Steele“, sagte er, ohne sie direkt anzusehen. „Wie soll ich Sie nennen?“

„Oh, bitte, entschuldigen Sie. Die Dinge haben sich dermaßen …“ Sie fasste sich und begann noch einmal. „Mein Name ist Marcy Griffin, und mein Baby heißt Angelina. Ich nenne sie allerdings meistens nur Angie.“ Während der ganzen neun Monate, die ihre Tochter nun auf der Welt war, war Marcy noch nie so dicht davor gewesen, sich für die alleinige Tatsache ihrer Existenz zu entschuldigen – was sie vor Angies Geburt ständig getan hatte. Doch sie hatte nicht die Absicht, jemals wieder so viel Schwäche zu zeigen.

Der Mann zog den Mundwinkel leicht nach oben, was man allerdings kaum ein Lächeln nennen konnte. „Ist das Kind … ich meine Angie … in Ordnung? Sie ist doch nicht etwa krank, oder?“

„Ihr geht es gut. Sie hat bloß einen langen, harten Tag hinter sich.“

„Wo wollen Sie beide denn hin? Und was, in aller Welt, hat Sie dazu veranlasst, bei diesem Wetter ein Kind nach draußen …“ Er verzog den Mund und sah aus, als würde er gleich eine Unmenge von Schimpfwörtern auf sie loslassen. Doch dann atmete er tief ein, rollte ein paar Mal die Schultern und wirkte wieder etwas beherrschter. „Entschuldigung. Aber Sie sollten mit Ihrem Baby jetzt besser an einem warmen, trockenen Ort sein und nicht eine Panne in einem der schlimmsten Schneestürme der Geschichte haben. Wo ist Ihr Mann? Was wird er sagen, wenn er erfährt, in welch großer Gefahr Sie beide sich befunden haben?“

Die Erinnerung an Mike ließ Marcy alle Vorsicht und Zurückhaltung vergessen, und ohne weiter nachzudenken, beantwortete sie die Frage des Fremden. „Falls mein Ex-Mann sich in irgendeiner Weise etwas daraus machen würde, Vater zu sein – oder wenn er sich jemals die Mühe gemacht hätte, das Baby kennenzulernen, an dessen Entstehung er immerhin beteiligt war –, dann hätte er, davon bin ich überzeugt, absolut nichts Gutes über irgendetwas zu sagen, das ich getan habe oder tue.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und starrte auf die wirbelnden Flocken. Diese kleine Ansprache war mehr, als sie seit Monaten einer anderen Person gegenüber geäußert hatte. Außerdem waren ihre Worte sehr viel schroffer gewesen, als notwendig gewesen wäre. Sie hätte besser einen weniger aggressiven Weg gewählt, um sich ihrem Retter vorzustellen.

„Entschuldigen Sie bitte“, sagte sie seufzend. „Natürlich wissen Sie nichts von meiner Scheidung. Angie und ich sind auf uns alleine gestellt. Ich bin unterwegs zu einem neuen Job, eine wirklich große Chance. Aber wir müssen am ersten Januar dort sein. Ich dachte, wir hätten jede Menge Zeit, aber …“

„Wie weit ist es bis zu diesem neuen Job?“, unterbrach Lance sie.

„Nicht so weit unter normalen Umständen. Cheyenne in Wyoming.“

„Ja, ich weiß, wo das ist. Ich habe viel Zeit in Cheyenne verbracht.“

„Wohnen Sie dort? Sie sind doch nicht zufällig nach dorthin unterwegs, oder?“

„Nein“, erwiderte Lance. „Ich bin unterwegs zu einer Ranch in der Nähe von Great Falls in Montana. Dort ist mein Zuhause.“

Die Art, wie er das sagte, legte den Schluss nahe, dass irgendeine glückliche Frau dort auf ihn wartete. Doch Marcy entschied, ihm lieber keine weiteren Fragen mehr zu stellen, besonders nicht darüber, für wen er sich so anstrengte, nach Hause zu kommen.

Plötzlich übertönte ein lautes Krachen das durchdringende Heulen des Sturms. Lance trat sofort auf die Bremse, und der SUV kam leicht schlitternd zum Stehen – weniger als dreißig Zentimeter vor etwas, das wie eine Pinie aussah, die direkt vor ihnen auf der Straße gelandet war.

Eine Weile lang schwiegen Marcy und Lance wie betäubt und blickten durch die Windschutzscheibe, durch die nichts als Nadeln und Zweige zu sehen war. Marcy kam es so vor, als herrschte eine halbe Stunde lang Stille, obwohl es sich wahrscheinlich gerade mal um eine halbe Minute handelte.

„Bleiben Sie im Wagen, ich werde das Ding aus dem Weg räumen“, erklärte Lance barsch.

„Ist es ein ganzer Baum?“

Ärgerlich schüttelte er den Kopf. „Nein, es handelt sich bloß um einen verflixt großen Ast. Ich schaffe das schon.“ Er stieg aus und warf die Tür hinter sich zu.

Er wusste, dass er seinen Ärger nicht an der Fremden auslassen durfte, die an dem, was passiert war, keine Schuld hatte. Ob sie nun in seinem Wagen saß oder nicht, änderte nichts an der Tatsache, dass der Wind einen riesigen Ast abgerissen hatte und die Straße blockiert war.

Trotzdem wäre es ihm lieber gewesen, wenn er Marcy und ihr Baby überhaupt nicht erst am Straßenrand hätte stehen sehen. Schließlich hatte er ebenfalls einen Zeitplan einzuhalten und keine Zeit, sich mit den Problemen anderer Leute zu befassen.

Der kleine Ausbruch von ihr über diesen Abschaum von Ehemann, der sie verlassen hatte, noch bevor das Baby geboren war, hatte ihn schrecklich wütend gemacht. Während seiner Zeit beim Rodeo hatte er eine ganze Reihe ähnlicher Mistkerle kennengelernt. Männer, die mit Frauen spielten und dann verschwanden, sobald die Sache ernst wurde.

Doch Bescheid zu wissen machte es nicht leichter, die Sachlage aus Sicht einer Frau zu hören. Das Verhalten ihres Ex-Mannes war verabscheuungswürdig. Die Vorstellung, eine Familie zu haben und ihr gleichgültig den Rücken zu kehren, statt sie jeden Augenblick wertzuschätzen, machte Lance so zornig, dass er am liebsten etwas zerschlagen hätte.

Um nichts auf der Welt hätte er Marcy und das Kind in dem Sturm allein gelassen. Er wusste zwar nicht, warum sie ausgerechnet ihm begegnet waren, doch das Schicksal schien wieder einmal seine Pläne zu durchkreuzen. Das Mindeste, was er tun konnte, war, die beiden zu einer Raststätte zu bringen und sicherzustellen, dass sie außer Gefahr waren.

Lance zog den Hut tiefer ins Gesicht und trat in den eiskalten Sturm hinaus. Die Temperatur musste in den letzten Stunden um mehrere Grad gefallen sein. Er bemühte sich, in der schneidenden Kälte nicht zu tief zu atmen, weil er nur zu gut wusste, wie seine Lungen sonst schmerzen würden. Jeder, der als Cowboy auf einer Ranch im Norden von Montana arbeitete, war sich unweigerlich der drohenden Gefahren in den langen harten Wintern dort bewusst.

Als er sich durch das dichte Schneetreiben zu dem heruntergefallenen Ast durchgekämpft hatte, spürte er die Kälte bereits in allen Knochen. Rasch stellte er fest, dass der Ast beide Fahrspuren versperrte. Darum herumzufahren war also nicht möglich. Der dicke Ast war dicht bewachsen, und eine Menge schwerer Schnee lag darauf.

Lance blieb nichts anderes übrig, als ihn aus dem Weg zu ziehen. Doch nachdem er zwei Mal mit aller Kraft versucht hatte, den Ast zu bewegen, wurde Lance klar, dass er das nicht mit den Händen schaffen würde. Oh Mann, was würde er jetzt für eine Kettensäge geben!

„Kann ich helfen?“ Marcys Stimme zog seine Aufmerksamkeit auf sich.

„Ich sagte Ihnen doch, Sie sollen im Wagen bleiben!“, rief er gegen den Sturm. „Die Temperatur hier draußen ist inzwischen so sehr gesunken, dass es gefährlich ist. Gehen Sie zurück ins Auto.“

„Sie werden niemals allein etwas so Schweres bewegen können“, sagte sie laut genug, um den Wind zu übertönen. „Können wir nicht den Wagen benutzen, um das Ding aus dem Weg zu schieben?“

„Nein.“ Ihre Frage brachte ihn allerdings auf eine Idee.

Bevor er den Wagen gekauft hatte, hatte er sich den Kofferraum des Wagens angesehen. Er war ein bisschen überrascht gewesen, dort nicht nur den Ersatzreifen, sondern auch ein Starthilfekabel, eine zusammenklappbare Metallschaufel, ein dickes Seil und eine Wolldecke vorzufinden. Doch der Mietwagenangestellte hatte ihm erklärt, eine derartige Notfallausrüstung sei Standard bei den Autos, die sie während des harten Winters vermieteten.

„Das müsste funktionieren“, sagte Lance zu sich selbst, als er zum Kofferraum stapfte.

Gerade als er das Seil aus dem Wagen holte, tauchte Marcy erneut neben ihm auf. „Was werden Sie tun?“

„Wir können den Ast nicht aus dem Weg schieben. Aber vielleicht können wir ihn weit genug wegziehen, um außen herum zu fahren“, erklärte er.

Wie die meisten neueren Fahrzeuge hatte auch dieser keine Stoßstange aus Stahl. Aber unter der hinteren Stoßstange war ein stabiler Haken angebracht.

Lance warf einen Blick auf Marcy und merkte, dass sie am ganzen Körper zitterte. Für dieses Wetter war sie absolut nicht warm genug angezogen. Ihr Mantel war ziemlich abgetragen.

Es stand also außer Frage, wer von ihnen beiden was tun würde. „Glauben Sie, Sie können mit dem Wagen wenden? Ich befestige dann das Seil.“

„Ja … ja, natürlich“, stammelte sie zitternd.

Als sie endlich sicher auf dem Fahrersitz saß, entspannte sich Lance etwas. Zumindest würden Marcy im warmen Wageninneren nicht die Füße erfrieren.

Er trat beiseite und wies sie mit Handzeichen an, zu der Stelle zu fahren, die er für die beste hielt, um den Ast wegzuziehen. Sobald Lance sichergestellt hatte, dass das Seil sowohl am Ast als auch am Wagen gut befestigt war, winkte er Marcy zu, sie solle losfahren. Sie ließ das Fahrerfenster hinunter, um ihn trotz des Sturmes zu verstehen.

Als sie Gas gab, drehten die Räder auf der vereisten Straße durch und der Wagen bewegte sich keinen Zentimeter voran.

„Lassen Sie mich mal probieren!“, rief Lance.

Statt über die Schaltkonsole auf den Beifahrersitz zu klettern, sprang Marcy aus dem Wagen und lief auf die andere Seite. Sie hob die Hände, um ihren Mund gegen die durchdringende Kälte zu schützen, und zum ersten Mal sah Lance deutlich ihre Handschuhe.

Falls man das überhaupt noch Handschuhe nennen konnte. Ursprünglich hatte er angenommen, sie würde wollene Fäustlinge tragen. Nun entdeckte er erschrocken, dass die Handschuhe aus einem dünnen Material waren und Löcher hatten, durch die man Marcys Finger sehen konnte. Mit Sicherheit würde sie Erfrierungen bekommen.

Marcy kletterte auf die Beifahrerseite, und Lance setzte sich auf den Fahrersitz. Es dauerte mindestens fünf Minuten, bis der Wagen sich vorwärts bewegen ließ und den Ast ein Stück von der Straße zog. Nach weiteren zwei Minuten war das Seil losgebunden und wieder verstaut. Anschließend wendete Lance wieder, damit sie weiterfahren konnten.

Sobald sie den riesigen Ast hinter sich gelassen hatten, hielt Lance an. Er wandte sich Marcy zu und sagte mit ruhiger, aber ernster Stimme: „Marcy, bitte gib mir deine Hände.“ Das vertrauliche Du kam ihm dabei leicht von den Lippen.

„Wie bitte?“, fragte sie erstaunt über diese seltsame Aufforderung.

Er streckte die Hände aus und wartete gespannt.

Zögernd bewegte Marcy die Hände, doch ihr Blick war argwöhnisch und sie schien verwirrt zu sein. Beinahe hätte Lance sie angefleht, seine Bitte so rasch wie möglich zu erfüllen. Er wollte ihr keine Angst machen, aber was er vorhatte, war wirklich wichtig.

2. KAPITEL

Marcy hätte nicht gedacht, wie schwer es ihr fallen würde, Lance ihre Hände zu überlassen. Aber eigentlich hätte sie das wissen müssen. Immerhin war es mehr als fünfzehn Monate her, seit sie einem Mann gestattet hatte, sie zu berühren.

Als sie aufsah, hielt sie unwillkürlich den Atem an. Glomm da tatsächlich ein Fünkchen männlichen Interesses in seinen schwarzen Augen? Marcy musste sich anstrengen, um die starke elektrisierende Spannung, die sie plötzlich empfand, zu ignorieren.

Endlich überließ sie Lance ihre Hände und senkte den Blick. Der Kontrast zwischen seiner bronzefarbenen Haut und ihren weißen Fingern zog ihre Aufmerksamkeit auf sich.

Lance musterte ihre Hände ebenfalls, allerdings mit finsterer Miene. „Wir müssen diese nassen Dinger so rasch wie möglich loswerden.“

„Was?“ Die erschreckend intensive Nähe, die sie gerade gespürt hatte, hatte sie offenbar um den Verstand gebracht.

Er wartete nicht, bis sie ihre Sinne wieder beisammenhatte, sondern zog ihr die Handschuhe aus und legte sie aufs Armaturenbrett, sodass der Luftstrom des Gebläses sie streifte. Trotzdem ließ er ihre Hände nicht los.

Herrlich. Jetzt spürte Marcy ein Kribbeln in den Armen, und über ihren Rücken liefen wohlige Schauer. Überrascht stellte sie fest, dass sie überempfindlich für jede Art von Berührung war. Komisch, ich hatte schon gedacht, die Kälte hätte mich empfindungslos gemacht, schoss es ihr durch den Kopf.

Marcy zwang sich, die Hände nicht wegzuziehen. Nicht, dass sie das wirklich gewollt hätte. Noch nie in ihrem Leben hatte sie die Berührung eines Mannes dermaßen intensiv empfunden. Ihr Verstand schien auszusetzen, während ihr Körper sich immer mehr erhitzte. Als Lance ihre Hände zu seinem Mund hob und seinen warmen Atem über ihre Finger und Handflächen strömen ließ, war es um Marcy geschehen.

Sie hatte das Gefühl, durch ihre Adern würde flüssiges Feuer fließen und sich irgendwo tief in ihr sammeln. Doch mit einem Mal bekam sie Angst wegen der heftigen Reaktion ihres Körpers. Sie erschauerte und versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien.

„Nicht die Hände wegziehen“, sagte Lance. „Lass mich sie wärmen.“

Der Klang seiner Stimme war unglaublich erotisch, viel erotischer als das, was er sagte.

„Ich mache mir Sorgen wegen möglicher Erfrierungserscheinungen“, erklärte er ernst.

Marcy vermied seinen Blick. Die Nähe war ihr zu viel. „Mir geht es gut“, erwiderte sie und begann ihre Hände aneinander zu reiben, um die Blutzirkulation anzuregen.

„Nicht reiben.“ Erneut nahm er ihre Hände. „Reiben ist eines der schädlichsten Dinge, die man bei Erfrierungen tun kann.“ Lance holte tief Luft.

Marcy überlegte, ob er ebenfalls diese starken Empfindungen hatte, die sie zu überwältigen drohten. Rasch sah sie weg. Sie wollte ihre miteinander verflochtenen Hände nicht sehen und schon gar nicht seine Augen.

Nach einer Weile, in der peinliche Stille herrschte, ließ Lance ihre Hände los. „Halt deine Finger vor das Gebläse. Anfangs wird es vielleicht wehtun, aber auf diese Weise tauen sie langsam auf.“ Er lehnte sich auf seinem Sitz zurück und legte den ersten Gang ein. „Ich glaube, in ungefähr einer Stunde sollten wir bei einer Raststätte ankommen.“ Seine Stimme klang jetzt rau. „Falls wir nicht auf weitere Straßenblockaden stoßen.“

Weder Marcy noch Lance sprachen ein Wort, und Schweigen erfüllte den Wagen. Nichts war zu hören als das Rauschen des Warmluftgebläses und das Dröhnen des Automotors.

Wie betäubt saß Marcy auf ihrem Sitz und überlegte, was da gerade zwischen ihnen beiden passiert war. Erst ganz allmählich fing ihr Verstand wieder an zu arbeiten, und in diesem Moment rührte Angie sich in ihrem Sitz. Marcy war erleichtert, denn ihr Baby bot eine gute Ablenkung, sodass sie nicht mehr über die seltsame Reaktion ihres Körpers auf Lances Berührung nachdenken musste. Marcy löste den Sicherheitsgurt, kniete sich auf ihren Sitz und drehte sich nach hinten, um nach dem kleinen Mädchen zu sehen.

„Was ist mit deinem Baby los?“, fragte Lance. „Ist mit ihr alles in Ordnung?“

„Sie wacht gerade auf, aber ich wette, sie wird sich bald lautstark äußern.“

Angie öffnete die Augen, und Marcy beschloss, über die Schaltkonsole zwischen den beiden Vordersitzen zu ihr zu klettern. Das vertraute Geschrei, mit dem das Baby verkündete, es sei hungrig und nass, verriet ihr, dass es tatsächlich Zeit wurde, die Windeln zu wechseln.

„Du lieber Himmel“, rief Lance, um Angies Geschrei und das Heulen des Windes zu übertönen. „Soll ich halten?“

„Wir bewegen uns sowieso nur langsam vorwärts“, meinte Marcy. „Ich vertraue dir. Fahr einfach weiter. Ich komme schon irgendwie an die Windeln heran. Ich werde Angie wickeln und ihr Wasser geben. Ich möchte sie erst füttern, wenn wir an einem warmen Ort sind.“ Sie hoffte, dass Angie noch ein wenig warten konnte.

Lance konzentrierte sich aufs Fahren. Er war noch immer aufgewühlt wegen seiner heftigen Reaktion auf Marcy und weil er etwas in ihren Augen hatte aufblitzen sehen, das ihn verunsicherte. Noch ein Punkt, weshalb er über ihre Anwesenheit nicht besonders glücklich war.

Sie vertraue ihm, hatte sie gesagt. Hektisch durchsuchte er seine Erinnerung nach einer Situation, in der irgendjemand ihm Vertrauen entgegengebracht hatte. Die einzige Gelegenheit, die ihm einfiel, war der Tag, als Buck ihn vom Rodeozirkus weggeholt hatte und ihn anstellte, damit er sich auf seiner Ranch um die Viehzucht kümmerte. Das setzte natürlich ein enormes Vertrauen voraus.

Aber Frauen hatte Lance noch nie verstanden, und die Frau in seinem Wagen schien ihm komplizierter und verwirrender zu sein als jede andere.

Man brauchte zum Beispiel bloß Bucks Tochter, Lorna, zu nehmen. Sie war eine gute Freundin. Jemand, der gern mit ihm durch die Gegend ritt, jemand, den er an einsamen Samstagabenden auch mit ins Kino nehmen konnte. Lorna war zuverlässig und berechenbar, und er, Lance, war sicher, sie würde seinen Ring akzeptieren und ihm eine gute Ehefrau sein.

Aber niemals hatte er auch nur im Entferntesten in ihrer Nähe diese erstaunliche Hitze im Innern empfunden, die sämtliche Sinne in Aufruhr brachte und die er eben erlebt hatte, als er nur Marcys Hände berührt hatte. Auch in den Zeiten, bevor er sich auf der Ranch niedergelassen hatte, hatte er keine ähnlich intensiven Gefühle erlebt und auch keine Frau so stark begehrt. Jedenfalls ganz sicher nicht Lorna. Mit Sex wollte er warten, bis sie beide wenigstens verlobt waren. Er war sicher, dass Lorna ebenso dachte. Mit seiner Lebensgefährtin wollte er keine Beziehung führen, die allein auf körperlichem Verlangen basierte.

Deshalb kam die Sehnsucht, die Fremde in die Arme zu nehmen und sie leidenschaftlich zu küssen, nicht nur vollkommen unerwartet, sondern sie war auch absolut unerwünscht. Aber möglicherweise verstärkten die lebensbedrohlichen Umstände, in denen sie sich befanden, seine normalen Reaktionen auf eine hübsche Frau.

Lance beschloss, das Ganze nicht überzubewerten. Das Beste, was er tun konnte, war, sich mit Marcy zu unterhalten und zu versuchen, sich mit ihr anzufreunden. Dann blieb alles ungezwungen. Wahrscheinlich würden sie mindestens die nächsten Stunden miteinander verbringen. Wenn er dann wieder ohne sie weiterfuhr, hätten sie vielleicht beide schon herausgefunden, dass sie nichts gemeinsam hatten, und seine Libido hätte sich wieder beruhigt.

Das ist ein guter Plan, dachte Lance. Nur leider spielte sein Körper nicht mit.

Nach fünfzehn Minuten hatte Marcy ihr Baby beruhigt und kletterte wieder auf den Vordersitz. Inzwischen war Lance sehr müde und außerdem hungrig. Und Marcy sah aus, als hätte sie seit einer Woche keine anständige Mahlzeit zu sich genommen.

„In ungefähr einer halben Stunde erreichen wir einen Rastplatz“, erklärte er ihr. Er nahm für eine Sekunde den Blick von der Straße und sah zu ihr.

Marcy lächelte ihn an. Ihr Lächeln hatte die Wirkung, als hätte jemand in einem dunklen Zimmer eine Lampe angeschaltet.

Erneut durchströmte ihn eine Hitzewelle, und rasch lenkte er die Aufmerksamkeit wieder auf die Straße und sah angestrengt durch die Windschutzscheibe. Es war in jeder Hinsicht gefährlich, sich vom Fahren ablenken zu lassen.

„Wie kommt es, dass du die Gegend hier so gut kennst?“, fragte Marcy freundlich. „Stammst du von hier?“

So war es besser. Sie konnten sich unterhalten. Das war gut, solange er sie nicht ansehen musste.

„Nein, Marcy“, antwortete er und grinste ein wenig. „Sobald ich erwachsen war, habe ich den größten Teil meines Lebens damit zugebracht, von einem Rodeo zum nächsten zu reisen. Das ist ein hektisches Leben, aber nach ein paar Jahren kennt man sämtliche Routen und Raststätten ziemlich gut. Irgendwann gelingt es einem auch, Freundschaft mit Menschen zu schließen, die an Orten wohnen, an denen man nur einmal im Jahr vorbeikommt.“

„Du hast bei Rodeos mitgemacht? Was hast du da gemacht?“ Sie schien überrascht zu sein, doch ihre Stimme klang mehr beeindruckt als angewidert.

Lance wusste nie, was er zu erwarten hatte, wenn er seine Arbeit erwähnte. Viele Leute hatten keine Vorstellung, wie es bei einem Rodeo zuging. Andere hielten so ein Leben für minderwertig. Wieder andere, wie zum Beispiel die leidenschaftlichen Fans, die ebenfalls von Rodeo zu Rodeo zogen, waren viel zu leicht von dem beeindruckt, was einfach bloß ein Job war.

„In den ersten Jahren habe ich Bullen geritten“, erzählte er. „Und später wilde Pferde.“

„Das ist beeindruckend. Aber ist das nicht gefährlich?“

„Ich schätze, ich habe meinen Anteil an blauen Flecken und gebrochenen Knochen abbekommen. Aber wichtig ist zu wissen, wann man aufhören muss.“

„Dann hast du also damit aufgehört?“

„Ich habe mich aus dem Rodeogeschäft zurückgezogen und mache jetzt etwas Besseres.“

„Du bist auf deine Ranch in Montana zurückgekehrt?“

„Die Ranch gehört mir nicht. Ich bin dort bloß angestellt.“

Marcy zögerte mit einer Antwort. „Wirklich?“, fragte sie schließlich in neutralem Ton. „Was machst du denn dort?“

Er wusste nicht, ob sie ehrlich daran interessiert war oder nicht die blasseste Ahnung von seiner Arbeit hatte. Doch sie wartete auf eine Antwort, und er hatte sich außerdem vorgenommen, mit ihr Freundschaft zu schließen. „Die Ranch ist das Heim von sehr guten Freunden von mir. Ihre Familie lebt dort schon seit fast hundert Jahren.“

Ohne den Blick von der Straße zu wenden, sprach er weiter. „Meine Freunde besitzen einen großen Betrieb und sind auf verschiedenen Geschäftsgebieten tätig. Sie haben Schafe und Rinder. Sie züchten Rodeopferde und preisgekrönte Rassebullen und machen auch noch viele andere gewinnbringende Dinge. Buck Stanton, der Besitzer, hat mich eingestellt, damit ich mich um die Verträge rund um das Viehgeschäft kümmere.“

„Viehgeschäft?“

„Ja. Wir liefern Tiere für Rodeos. Unser Betrieb ist noch nicht groß genug, um die Shows selbst zu produzieren. Aber eines Tages sind wir so weit.“

„Eure Ranch zieht die bockenden Pferde und diese bösartigen Bullen auf?“

Diese Frage brachte Lance unwillkürlich zum Schmunzeln. „Da steckt schon ein bisschen mehr dahinter. Ich erwerbe geeignete Tiere auf Auktionen, studiere die Erbanlagen von charakterlich passenden Exemplaren und stelle sicher, dass die Tiere wild bleiben, indem ich sie auf Weiden, fern von Menschen halte. Allein in meiner Abteilung ist bis jetzt ein Team von dreißig Leuten beschäftigt. Tierärzte, Fahrer, verschiedene Hilfskräfte. Das Geschäftsgebiet wächst sprunghaft an.“

„Du liebe Güte“, sagte Marcy. „Ich hatte ja keine Ahnung, was da alles dazugehört. Machst du das schon sehr lange?“

Lance schüttelte den Kopf. „Noch nicht lange.“

„Ich verstehe.“

Irgendetwas an ihrem Ton verriet ihm, dass sie noch mehr Fragen hatte. Doch bevor diese Fragen nicht formuliert waren, konnte er auch keine Antworten geben.

Lance wollte das Gespräch am Laufen halten. Vielleicht ergab es sich, dass er die eine oder andere Frage auch zufällig beantwortete. Außerdem hielt ihn das Gespräch wach, die Zeit schien dabei schneller zu vergehen. „Die Ranch ist jetzt aber mein Zuhause“, fuhr er fort. „Es ist schön, nicht mehr die ganze Zeit herumreisen zu müssen.“

„Im Augenblick reist du doch gerade. Bist du geschäftlich unterwegs?“

Was diese Reise anbelangte, so herrschte in ihm ein großes Durcheinander an Gefühlen. Kummer und Bedauern mischten sich mit Erleichterung wegen der Aussicht auf ein ganz neues Leben. Aber Lance war sich nicht sicher, ob er darüber schon sprechen konnte.

„Nein“, erwiderte er ein wenig mürrisch. „Meine Großmutter ist gestorben. Ich fand, es sei meine Pflicht, dem Begräbnis in New Orleans beizuwohnen.“

„Deine Pflicht?“, fragte Marcy erstaunt. „Das verstehe ich nicht.“

Verflixt, er hatte es wieder geschafft, etwas Falsches zu sagen, denn darüber wollte er ganz bestimmt nicht reden.

„Das ist nicht wichtig“, entgegnete er rasch. „Was zählt ist, dass ich auf dem Weg nach Hause bin. Wenn ich Glück habe, schaffe ich es sogar noch rechtzeitig zum Weihnachtsabend.“

„Feiert deine Familie das Fest auf eine besondere Art?“

„Ich wüsste nicht, dass ich noch viel Familie hätte. Da Großmutter Steele nun gestorben ist, werde ich wohl nicht mehr viel von diesem Zweig der Familie erfahren.“ Himmel, warum war ihm diese Bemerkung bloß herausgerutscht? Er offenbarte dieser Fremden viel zu viel über sich. „Ich hoffe, demnächst werden die Stantons in Montana meine Familie sein. Sie haben mehr für mich getan, als mir einen Job zu geben – sie sind eigentlich eher wie eine Familie für mich als nur Freunde oder Arbeitgeber.“ Schon wieder hatte er zu viel gesagt. Was war nur mit ihm los?

„Hast du keine Frau und Kinder, die in Montana auf deine Rückkehr warten?“

Aha. Lance hatte das Gefühl, das war die Frage, die Marcy vorhin zurückgehalten hatte. Im Laufe der Jahre hatte er bemerkt, dass die meisten Frauen diese Frage stellten, wenn sie einen Mann kennenlernten.

„Nein. Noch nicht. Aber ich hoffe, das wird sich ziemlich bald ändern. Jetzt, wo ich ein Haus baue, wünsche ich mir auch alles, was dazugehört.“

„So? Dann bist du also verlobt?“

Er schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Aber ich gehe davon aus, dass Lorna Stanton einverstanden ist, mich zu heiraten, wenn ich ihr am Weihnachtsabend einen Antrag mache. Streng genommen bin ich also in diesem Moment noch nicht verlobt.“

„Heißt das, Lorna ist deine feste Freundin?“

„Ich denke, man könnte sie meine Freundin nennen“, bestätigte er zögernd. „Aber bisher habe ich sie noch nicht in dieser Rolle gesehen. Wir haben viel gemeinsam. Eine Ehe mit ihr ergibt Sinn. Das wäre eine solide, vernünftige Verbindung.“

„Aha. Dann liebt sie dich also, und du liebst sie?“

„Ich kann nicht sagen, dass wir schon so weit gekommen sind. Doch ich glaube, die besten Ehen sind die, in denen die Liebe mit der Zeit wächst. Ich bin vielleicht ein bisschen spät dran, aber uns sollten immer noch fünfzig Jahre oder mehr bleiben, um etwas über die Liebe zu lernen.“

„Warte mal …“ Marcy hob die Hand. „Du hast vor, diese Frau zu fragen, ob sie dich heiratet, obwohl ihr euch noch nicht liebt? Bist du dir so sicher, dass ihr wirklich in jeder Beziehung zueinanderpasst?“

„Falls du meinst, ob wir im Bett zueinanderpassen, lautet die Antwort Nein, auf diesem Gebiet kann ich mir nicht sicher sein. Aber wir respektieren einander. Mehr werde ich zu diesem Thema nicht sagen.“

Das kann doch nicht wahr sein! dachte Marcy. Sie wusste, wie kompliziert und schwierig es war, Liebe zu finden, und dieser Mann hatte bisher noch nicht einmal die grundlegenden Schritte unternommen. „Ich frage ja nicht gern“, begann sie zögernd, „aber weiß Lorna, dass du vorhast, ihr einen Antrag zu machen? Habt ihr beide über diese Möglichkeit gesprochen?“

Einen Augenblick schien er darüber nachzudenken, bevor er erklärte: „Ich wollte sie damit überraschen. Ich dachte, auf diese Weise wäre es romantischer. Frauen mögen doch Romantik, oder?“

Marcy biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut zu lachen. „Einige Dinge sollten aber lieber nicht völlig überraschend kommen.“

Die Schatten des vorrückenden Nachmittags wurden länger, und mit einem Mal herrschte eine melancholische Stimmung im Wagen. Marcy wünschte, sie würde Lance besser kennen. Möglicherweise steuerte er auf eine herbe Enttäuschung zu, und sie wollte, sie wäre ein Freund, damit sie versuchen könnte, ihn vor einer allzu harten Landung zu bewahren.

Aber leider schenkte er ihrer vorsichtigen Warnung keine Beachtung. „An meinem letzten Abend in New Orleans habe ich einen wunderschönen Verlobungsring entdeckt. Er ist schon sehr alt und etwas ganz Besonderes. Warte, bis ich dir die verrückte Geschichte erzähle, wie ich ihn bekommen habe.“ Sie fuhren gerade um eine Kurve, und Lance lächelte. „Die Geschichte wird noch warten müssen. Wegen des Schnees siehst du es vielleicht nicht, aber die Raststätte befindet sich direkt vor uns. In wenigen Minuten kommen wir endlich aus diesem Sturm heraus.“

Nachdem die Kellnerin einen Hochstuhl für Angie gebracht hatte und Marcy der Kleinen den Schneeanzug ausgezogen hatte, schlüpfte sie aus dem Mantel und sank auf die Bank neben ihrer Tochter. Die Raststätte war sehr voll, und es hatte dreißig Minuten gedauert, bis sie einen Platz bekommen hatten. Lkw-Fahrer, Busfahrer, Polizisten und Familien auf ihrem Weg zu Weihnachtsfeiern waren alle hier gestrandet und warteten auf das Ende des Schneesturms.

„Hier sind zwei Speisekarten“, erklärte die Kellnerin ihr. „Aber wir servieren nicht alles und nicht so viel wie gewohnt. Der Boss will nicht alle Vorräte aufbrauchen, damit wir noch genügend Lebensmittel haben, um über die nächsten Tage zu kommen.“

„Das ist schon in Ordnung“, sagte Marcy. „Ich muss mich erst mit meinem Begleiter absprechen, aber ich bin sicher, wir werden nehmen, was Sie anbieten. Wenn Sie dem Baby bitte nur etwas Milch bringen könnten.“

„Ich schicke die Küchenhilfe mit einem Glas Milch vorbei“, erwiderte die Kellnerin. „Aber es wird wohl einige Zeit dauern, bis ich zurückkomme, um Ihre Bestellung aufzunehmen. Wir sind überfüllt. Macht Ihnen das etwas aus?“

Marcy schüttelte den Kopf und beobachtete, wie die Kellnerin davoneilte. Alle Tische waren besetzt, in jedem Winkel drängten sich Leute. Marcy fasste in ihre große Tasche auf dem Boden und zog ein Glas mit Babynahrung, eine Packung Kekse und Angies Trinklerntasse heraus.

„Alles ist in Ordnung, Schätzchen“, sagte sie leise zu Angie, die große Augen machte. „Hier ist es warm, und wir sind in Sicherheit. Mach dir keine Sorgen, deine Mom findet schon einen Weg, wie wir nach Wyoming kommen.“

Sie reichte Angie einen Keks. Als Marcy aufsah, entdeckte sie Lance, der sich einen Weg durch die Tische bahnte, nachdem er draußen seinen Wagen vollgetankt hatte. Er sah aus wie ein Mann, der ohne Schwierigkeiten jedes Hindernis aus dem Weg räumen konnte. Alle Frauen blickten auf seine breiten Schultern und den festen Po, der von seiner eng sitzenden Jeans betont wurde.

Lance hielt den Hut in der Hand und trug seine schwere Lederjacke über einer Schulter. Zum ersten Mal sah Marcy ihren Retter bei voller Beleuchtung. Er hatte etwas Wildes, Verwegenes an sich. Sein schwarzes Haar war glatt aus dem Gesicht gekämmt und im Nacken mit einem Lederband zusammengebunden. Er trug ein kariertes Baumwollhemd, und seine bronzefarbene Haut verriet, dass er sich viel im Freien aufhielt. Ein echter Kerl, so viel stand fest.

Als er Marcy entdeckte, richtete er den Blick seiner schwarzen Augen auf sie. Seine Nase sah aus, als wäre sie schon einmal gebrochen worden. Doch es waren seine vollen Lippen, die Marcys Aufmerksamkeit auf sich zogen. Die Mundwinkel waren eine Spur nach oben gebogen, was ihm einen leicht arroganten Ausdruck verlieh. Ihre Kehle war plötzlich trocken. Marcy schluckte und spürte einen Schweißtropfen zwischen ihren Brüsten entlangperlen.

Lance setzte sich ihr gegenüber in die Sitzecke. „Niemand kann per Festnetz telefonieren, denn der Strom ist ausgefallen. Hast du dir schon überlegt, was du nun unternehmen willst?“

Marcy straffte die Schultern und versuchte, die Nervosität zu verdrängen, die sich in seiner Gegenwart in ihr ausbreitete. „Ich hatte gehofft, Angie und ich könnten einen Bus nach Cheyenne nehmen. Selbst wenn wir ein paar Tage hier festsitzen, sollten wir mit einem Bus vor dem ersten Januar in Wyoming ankommen.“

Lance schüttelte den Kopf. „Ich habe gerade mit einem der Polizisten gesprochen. Sie überlegen, ob sie die Straßen in beiden Richtungen für den Rest der Woche sperren. Wie wichtig ist es, dass du rechtzeitig in Cheyenne eintriffst?“

Sie schloss kurz die Augen und beschloss, ehrlich zu ihm zu sein. „Hier ein paar Tage zu bleiben und dann Busfahrkarten zu kaufen wird jeden Cent kosten, den ich habe. Dieser Job ist meine letzte Hoffnung, und er wird nach dem ersten Januar nicht mehr zu haben sein.“

Lance verzog das Gesicht. „Wenn du deine Lage nicht übertrieben hast, solltest du dir lieber rasch eine andere Lösung einfallen lassen. Ich bin überzeugt, deine Chancen, rechtzeitig hier rauszukommen, sind gerade von gering auf null gesunken.“

3. KAPITEL

„Aber … aber …“ Marcy war entschlossen, nicht zu weinen. Sie atmete tief durch und betrachtete ihr Baby. Sobald sie das Gefühl hatte, sie sei wieder Herr über ihre Stimme, sagte sie: „Ich habe kein bisschen übertrieben. Es gibt keinen Ort, an den Angie und ich hingehen können, wenn ich diesen Job nicht bekomme. Das darf einfach nicht passieren.“

Lance hob eine Augenbraue. „Was ist das eigentlich für ein Job?“

Warum sollte sie ihm das nicht erzählen? „Der Geschäftsführer eines Hotels, auf dessen Kinder ich manchmal aufgepasst habe, hat mich einem reichen Ehepaar aus Wyoming vorgestellt, das zwei Kinder im Schulalter hat. Wir sind recht gut miteinander zurechtgekommen, und die Kinder haben Angie sofort geliebt.“ Sie strich dem Baby über den Kopf. „Vor ein paar Wochen hat das Ehepaar meinem Bekannten gesagt, sie würden ein Kindermädchen suchen, das sie und ihre Kinder auf eine sechsmonatige Reise durch Europa begleitet. Sie beabsichtigen, am ersten Januar eine endgültige Entscheidung zu treffen, wen sie engagieren, damit genügend Zeit für die Beschaffung eines Reisepasses und aller notwendigen Visa bleibt.“ Diese Stelle war einfach perfekt, weil das Ehepaar damit einverstanden war, dass Angie mitkam.

„Eine sechsmonatige Reise mit Kindern?“ Lance konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen.

Marcy sah ihn mit ihren großen braunen Augen an, in denen Tränen glänzten, und Lance spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Ohne Schal und den alten Mantel war sie eine erstaunlich attraktive Frau. Sanfte blonde Locken umrahmten ihr herzförmiges Gesicht mit der hübschen kleinen Nase. Wenn Marcy lächelte, bildeten sich Grübchen in den Wangen, und ihre langen dunklen Wimpern waren einfach hinreißend. Am besten gefiel Lance allerdings ihre dunkle samtige Stimme und ihre gute Figur.

„Ja“, erwiderte sie. „Klingt das nicht aufregend? Denk nur an all die Orte, die wir sehen würden, und an die vielen neuen Eindrücke und Erfahrungen. Diese Stelle wäre mein Traumjob.“

Nach seiner Ansicht handelte es sich eher um einen Albtraum. Die Wochen würden sich in Monate verwandeln, und nirgends wäre sie zu Hause. Nicht einmal ihre großen, traurigen Augen und ihr blondes Haar würden seine Meinung ändern und ihn an einen Traum denken lassen. Sie beide hatten offensichtlich nichts gemeinsam.

Während die meisten kleinen Jungen von Reisen und Abenteuern träumten, war es immer Lances sehnsüchtigster Wunsch gewesen, an einem Ort bleiben zu können und endlich ein richtiges Heim zu finden. In seiner frühen Kindheit war er ständig von einer Armeebasis zur nächsten gezerrt worden. Deshalb träumte er nicht von Abenteuern, sondern von einer großen Familie, vielen Freunden und einem sicheren Platz in der Welt, der ihm gehörte.

Da Lance kurz davorstand, alles zu bekommen, wovon er jemals geträumt hatte, fiel es ihm schwer, Marcys hoffnungsvollen Blick zu ertragen. Schließlich wusste er, dass ihr eine große Enttäuschung bevorstand. Er drehte sich von ihrem hübschen Gesicht weg und hielt nach einer Kellnerin Ausschau.

„Wahrscheinlich bekommst du keine Gelegenheit, diesen Traum zu verwirklichen, wenn das Wetter nicht mitspielt“, erklärte er Marcy, ohne sie anzusehen. „Der Sturm wird immer schlimmer.“

„Oh nein!“, sagte sie leise.

Aus dem Augenwinkel heraus nahm er wahr, dass sie mit den Babysachen herumspielte. Ihre fahrigen Bewegungen verstärkten den Eindruck, dass sie sich verloren fühlte und nicht wusste, was sie jetzt tun sollte.

Lance winkte einer vorbeigehenden Kellnerin, dann wandte er sich wieder Marcy zu, die gerade ein kleines Glas aufschraubte, das wohl Babynahrung enthielt. Sobald Angie ihre Mutter das tun sah, streckte sie die Arme nach dem Glas aus.

„Schon gut“, murmelte Marcy abwesend. „Mach dir keine Sorgen, Angie. Alles wird gut.“ Sie nahm einen Löffel voll Brei und führte ihn zu Angies offenem Mund. Das meiste ging daneben, nur ein Teil des Breis landete im Mund des Babys. Marcy fütterte ihre Tochter weiter, und Lance beobachtete die beiden fasziniert.

Der dünne Haarschopf oben auf dem Kopf des kleinen Mädchens hatte genau dieselbe Farbe wie das Haar ihrer Mutter. Doch innerhalb von wenigen Augenblicken war der Brei überall im Gesicht der Kleinen verteilt, tropfte ihr vom Kinn und klebte in ihrem Haar.

Lance lächelte, als Marcy seufzte und leise mit der Zunge schnalzte, um Angie davon abzuhalten, die Finger in den Mund zu stecken. Dieser Anblick berührte ihn irgendwo tief im Innern.

Genau in diesem Augenblick erschien eine Kellnerin mit Wasser und einem Glas Milch. „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Dieser Ort ist ein Tollhaus. Im Notfall muss jeder einspringen und dem anderen bei der Arbeit helfen. Was kann ich Ihnen zum Essen bringen?“ Sie stellte die Gläser auf den Tisch.

Während Marcy mit der Kellnerin besprach, was es überhaupt zum Essen gab, kam Lance ein Gedanke. Das war der Notfall, für den er gespart hatte. Er konnte Marcy genug Geld geben, damit sie nach dem Sturm zu ihrer Familie zurückkehren und sich eine Weile über Wasser halten konnte. Irgendwo musste sie Familie haben. Auf diese Weise brauchte er sich dann keine Sorgen mehr zu machen, wenn er sie und das Baby hier zurückließ und nach Montana weiterfuhr.

Was für eine großartige Idee, dachte er zufrieden. Das war eine Möglichkeit, etwas von dem Geld, das er während seiner Jahre beim Rodeozirkus angehäuft hatte, für einen guten Zweck auszugeben. Er würde außerdem Geld an eine Autowerkstatt in der Gegend überweisen, wo sie Marcys kaputtes Auto hatten zurücklassen müssen. Dann brauchte sie sich auch darüber keine Sorgen mehr zu machen. Wirklich gut, dass ihm das eingefallen war.

Er wollte ihr Leben einfacher machen. Dann war sie vielleicht auch nicht so enttäuscht über die verpasste Gelegenheit, in der Welt herumzureisen.

„Ach du liebe Güte! Wenn das nicht White Eagle Steele ist!“ Die Kellnerin hatte das Gespräch mit Marcy beendet und stand nun wartend mit Block und Bleistift vor ihnen. „Tut mir leid, dass ich dich nicht gleich erkannt habe. Aber hier ist es heute einfach schrecklich hektisch. Wie geht es dir denn?“

Lance kam nicht auf ihren Namen. Aber schließlich war er schon seit mindestens einem Jahr nicht mehr in dieser Gegend gewesen.

„Mir geht es gut“, antwortete er. „Weißt du, ich habe mich vor einer Weile von den Rodeowettbewerben zurückgezogen, und so komme ich nicht mehr oft hierher. Ohne den Sturm wäre ich auch jetzt nicht hier.“

Die Kellnerin lachte, und verspätet entdeckte er das Namensschild auf der Brusttasche ihrer blaukarierten Bluse. Zum Glück gehörte sie nicht zu den Frauen, mit denen er gelegentlich eine Nacht verbracht hatte. Sie war nur ein Fan, mit dem er sich immer ein bisschen unterhalten hatte, wenn er durch diese Gegend gekommen war.

„Ja, dieser Sturm ist wirklich mörderisch“, meinte die Kellnerin mit Namen Harriet und nickte. „Sieht aus, als würde niemand in den nächsten Tagen nach Hause kommen. Die Angestellten arbeiten in Zwölf-Stunden-Schichten durch und haben dann sechs Stunden Zeit, sich ein wenig auszuruhen.“

Das brachte Lance auf eine weitere Idee. „Weil wir gerade von ausruhen reden … Harriet. Gibt es hier einen Ort, wo meine Bekannte und ihr Baby sich für ein paar Stunden hinlegen können?“

Harriet blickte zuerst Marcy und dann Angie an. „Alle Männer schlafen abwechselnd in den Schlafstellen für die Fahrer. Aber ich fürchte, das ist nicht sehr passend für eine Frau mit Baby.“ Stirnrunzelnd betrachtete sie die Ringe unter Marcys Augen und die deutlichen Anzeichen von Erschöpfung in ihrem Gesicht. „Ich sage Ihnen was, Schätzchen, Sie essen jetzt etwas, und anschließend lasse ich für Sie ein Feldbett im Pausenraum für die Angestellten aufstellen. In Ordnung?“

Marcy warf Lance einen raschen Blick zu, und er befürchtete schon, sie würde das Angebot ausschlagen. Doch nachdem sie Angies schmutziges Kinn mit einer Serviette abgetupft hatte, schien sie über ihre Zwangslage nachgedacht zu haben. „In Ordnung. Und vielen Dank“, erwiderte sie.

Das ist prima, dachte Lance. Harriet würde Marcy und das Baby während der Dauer des Sturms unter ihre Fittiche nehmen. Die Dinge entwickelten sich so gut, dass er wegfahren konnte, ohne sich schuldig zu fühlen.

Harriet schob ihren Block in die Tasche und erklärte, sie würde ihnen gleich etwas Warmes zu essen bringen. Dann verschwand sie zwischen den voll besetzten Tischen.

„Sie hat dich White Eagle genannt“, sagte Marcy, sobald sie wieder alleine am Tisch waren. „Ich dachte, dein Name sei Lance.“

Hatte sie ihm deshalb diesen seltsamen Blick zugeworfen? „Mein voller Name lautet Lance White Eagle Steele“, erklärte er. „Als ich mich das erste Mal für einen Rodeowettbewerb anmeldete, fanden die Veranstalter, es sei etwas Ungewöhnliches, einen Teilnehmer zu haben, der von den amerikanischen Ureinwohnern abstammt. Deshalb haben sie mich überredet, meinen ersten Namen von der Liste zu streichen. Sobald ich anfing zu gewinnen, haben sie das Cowboy-und-Indianer-Ding dann ganz groß hervorgehoben.“

Marcy nickte lächelnd. „Dann bist du also amerikanischer Ureinwohner.“

Lance hatte keine Ahnung, ob diese Vorstellung sie erschreckte oder ob sie nur neugierig war. „Die Leute meiner Mutter sind Navajo“, erzählte er offen und ohne Gefühlsregung. „Andererseits ist die Familie meines Vaters, die Steeles, so weißhäutig, wie das in Amerika nur möglich ist.“

Marcy schien noch eine Frage auf dem Herzen zu haben. Doch mit einem Mal durchkreuzte Angie ihren Plan. Während ihre Mutter sich unterhielt, griff die Kleine nach dem Löffel und warf ihn im hohen Bogen auf den Boden.

„Das war’s“, sagte Marcy und wandte sich ihrer strahlenden Tochter zu. „Ich schätze, du bist wohl der Meinung, du hättest genug gegessen.“

Sie stand auf und nahm Angie aus dem Hochstuhl. „Wir werden dich jetzt waschen.“ Sie warf Lance einen Blick zu. „Wir sind zurück, bevor die Kellnerin das Essen bringt.“ Dann ging sie mit dem Baby auf dem Arm zu den Waschräumen.

Lance sah den beiden nach. Die Frau bot auch von hinten einen wirklich hübschen Anblick. Marcy trug eine eng sitzende Hose, und beim Gehen wiegte sie sich leicht in den Hüften.

Als sie endlich um eine Ecke verschwunden war, stellte er überrascht fest, dass er die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. Dass er sich von einer schönen Frau körperlich angezogen fühlte, war nicht ungewöhnlich. Doch die anderen seltsamen Gefühle, die er jedes Mal empfand, wenn Marcy lächelte, waren absolut ungewöhnlich.

Gern hätte er das Gespräch mit Marcy fortgeführt. Was dachte sie wohl von ihm, nachdem sie nun wusste, dass er aus zwei verschiedenen Bevölkerungsgruppen stammte? Er hatte sich schon mit allen möglichen Vorurteilen konfrontiert gesehen. Deshalb war es eigentlich verwunderlich, dass Marcys Meinung in diesem Punkt ihm so wichtig war.

Außerdem hatte er nicht die leiseste Ahnung, weshalb er so viel für sie empfand. Nun, welchen Grund das auch hatte, er musste einfach darüber wegkommen. Morgen früh würde er sich wieder auf dem Weg nach Montana befinden, und Marcy Griffin und ihr Baby würden bloß noch eine angenehme Erinnerung sein.

Marcy ließ den Löffel in ihren Suppenteller fallen und bemühte sich, die Augen offen zu halten. Sie wusste gar nicht, warum sie so müde war. Machte ihr das kalte Wetter schließlich doch zu schaffen?

„Du siehst aus, als könntest du vor Müdigkeit nicht einmal mehr deinen Kopf hochhalten“, meinte Lance, der ihr gegenüber am Tisch saß. „Willst du dich nicht in das Feldbett legen, dass Harriet dir versprochen hat?“

Er war so freundlich. Seit dem Augenblick, als er sie auf der Straße aufgelesen hatte, erlebte sie ihn als den rücksichtsvollsten und sanftesten Mann, den sie je kennengelernt hatte. Wenn er nur damit einverstanden wäre, sie und Angie nach Cheyenne zu bringen, damit sie dort pünktlich zum Jahreswechsel ankamen! Irgendwie war Marcy sich allerdings sicher, dass sie ihn dazu überreden konnte.

„Du wirst doch nicht ohne uns wegfahren, oder?“, fragte sie ihn. „Ich meine, während wir ausruhen, wirst du doch auch schlafen, nicht wahr?“

Lance blickte finster drein, und zum ersten Mal merkte sie, wie streng er aussehen konnte.

„Ich versuche ein paar Stunden zu schlafen, bevor ich morgen früh aufbreche“, erklärte er schließlich. „Aber dich und das Baby nehme ich nicht mit.“ Seine Miene wurde sanfter, als er sich vorbeugte und sie sanft am Arm berührte. „Es ist besser, wenn ihr beide zurück nach Hause geht, sobald der Sturm vorüber ist. Dort bist du sicherer. Ich werde dafür sorgen, dass du genug Geld hast, damit ihr beide euch eine Weile über Wasser halten könnt.“

Sehr plötzlich stieg Ärger in ihr auf. Wie konnte Lance es wagen, ihr zu sagen, was sie zu tun hatte? Wenn sie darüber nachdachte, konnte man die Dinge, die er getan hatte und die sie als freundlich empfunden hatte, auch als Bevormundung bezeichnen.

Allerdings, wenn jemand sich damit auskannte, bevormundet und kontrolliert zu werden, dann war sie es. Doch Lances Versuch, ihr auf seine Weise zu helfen, hatte sie als positiv erlebt. Dennoch, wie kam er dazu, ihr Geld anzubieten? Er war wirklich der überheblichste … der anmaßendste … der … Sie bremste sich. Wahrscheinlich war er ihre einzige Chance, von hier wegzukommen.

„Sieh mal“, entgegnete sie betont ruhig, „ich dachte, du würdest es verstehen. Angie und ich haben kein Heim, in das wir zurückkehren könnten. Es gibt keine Zukunft für uns außer in Wyoming.“

„Nun, aber sicher nehmen deine Eltern euch beide doch auf, bis du auf eigenen Füßen stehen kannst.“ Lance nahm die Hand von ihrem Arm, um seine Worte mit Gesten zu unterstreichen. „Und dein Ex-Mann kann bestimmt dazu veranlasst werden, Unterhalt für das Kind zu zahlen, auch wenn er sich weigert, Angie ein richtiger Vater zu sein.“

Angie quiekte, als sie ihren Namen hörte, und Marcy griff in ihre Handtasche, um etwas herauszuholen, womit ihre Tochter spielen konnte. Mechanisch steckte sie der Kleinen einen Schnuller in den Mund und reichte ihr den Plastikhund, den sie so sehr liebte. Angie lieferte wieder mal die Ablenkung, die Marcy Zeit zum Nachdenken verschaffte, was sie sagen wollte. Sie musste Lance einfach davon überzeugen, dass er sie beide mitnehmen sollte, wenn er von hier aufbrach.

Marcy sprach zwar äußerst ungern über ihre Situation, denn es klang jedes Mal schrecklich melodramatisch, wenn sie darüber redete, sodass man glauben konnte, sie wolle damit Mitleid erregen. Doch ihre Lage war verzweifelt und erforderte deshalb verzweifelte Maßnahmen.

Fieberhaft forschte sie nach Worten, wie sie Lance ihre Situation verdeutlichen konnte. „Meine Eltern sind beide tot. Sie sind vor ein paar Jahren bei einem Autounfall gestorben. Angie und ich sind ganz allein auf der Welt. Wir haben keine Familie.“ Sie schluckte, dann fuhr sie fort: „Und was meinen Ex-Mann angeht, Mike …“ Marcy schüttelte den Kopf. „Nachdem ich jetzt offiziell von ihm geschieden bin, möchte ich nicht, dass er uns jemals wieder findet. Ich kann kein Geld von ihm nehmen, ohne das Risiko einzugehen, dass er vielleicht irgendwann wieder in unser Leben tritt.“

Lance sah ihr in die Augen, als suchte er darin etwas, das sie ihm bis jetzt verschwiegen hatte.

„Mit verschiedenen Jobs als Babysitter hatte ich mir ein bisschen Geld gespart, als Mike sich aus dem Staub machte“, erzählte sie weiter. „Aber ich musste Arztrechnungen bezahlen und dann auch noch den Scheidungsanwalt. Das hat mich jeden Cent gekostet, den ich hatte. Ich habe mit Angie unsere Wohnung verlassen, kurz bevor uns der Strom abgestellt wurde.“

Ja, das klingt wirklich alles sehr melodramatisch, dachte sie. Aber leider entsprach es der Wahrheit. Die einzige Chance, die Angie und sie hatten, lag in der Zukunft, und sie, Marcy, musste dafür sorgen, dass die Zukunft besser wurde als die Vergangenheit.

„Ich war wirklich am Ende“, fuhr sie fort. „Ich habe versucht, genug Geld mit Babysitting zu verdienen, damit wir etwas zu essen hatten. Wir haben in meinem alten Wagen gewohnt, als dieses traumhafte Jobangebot kam.“

Ausdruckslos hörte Lance zu. Marcy hatte keine Ahnung, ob sie zu ihm durchdrang oder nicht.

Angie dagegen schien sich nicht für die Geschichte zu interessieren, die ihre Mutter erzählte. Sie spuckte ihren Schnuller aus und kreischte, während sie die Arme nach Marcy ausstreckte. Es dauerte nicht lange, bis die Kleine versuchte, aus ihrem Hochstuhl herauszukommen.

„Ach, Angie“, seufzte Marcy.

„Was möchte sie denn?“, fragte Lance. Er war immer noch dabei zu verarbeiten, was Marcy gerade erzählt hatte. Die beiden waren wirklich alleine auf der Welt. Ihre Lebensumstände waren meilenweit von dem entfernt, was er sich vom Leben wünschte. Er konnte gar nicht begreifen, wie diese beiden bezaubernden weiblichen Wesen in solch einen Schlamassel geraten waren.

„Angie möchte runter“, erwiderte Marcy. „Wahrscheinlich will sie ein bisschen herumkrabbeln und sich bewegen. Aber ich bin einfach zu müde, um …“

„Ich passe auf sie auf“, unterbrach Lance sie. „Während du dich frisch machst oder ausruhst. Ich denke, ich kann sie eine Stunde lang beschäftigen.“ Was hatte ihn bloß veranlasst, so etwas zu sagen? Er hatte keine Ahnung von Babys. Aber Marcy sah viel zu müde aus, um auf ihre Tochter aufpassen zu können, und Lance wollte ihr gerne ein paar freie Augenblicke verschaffen. „Also, was genau hätte ich denn zu tun?“

Hoffnungsvoll lächelte Marcy ihn an. „Gib mir zwei Minuten, um ihre Windeln zu wechseln, dann wirst du nicht viel zu tun haben.“ Sie hob das Baby aus dem Hochstuhl. „Wenn du etwas abseits ein Plätzchen findest, das einigermaßen sauber ist, kannst du sie auf ihrer Decke herumkrabbeln lassen. Achte nur darauf, dass Angie nichts in den Mund nimmt und ihre Finger nicht in irgendwelche Steckdosen steckt. Dann solltet ihr keine Schwierigkeiten haben.“

„Ich werde sie keine Sekunde aus den Augen lassen. Du kannst auf mich zählen.“

Dankbar sah Marcy ihn an. In ihren Augen glitzerten Tränen. „Ich weiß, ich kann dir vertrauen. Und außerdem kann ich dir nicht genug danken.“

Eine Stunde später war Lance zum Umfallen müde. Wer hätte gedacht, dass ein kleines Baby schwieriger zu bändigen war als ein zwölfhundert Pfund schwerer Bulle?

Er war Angie hinterhergelaufen. Er hatte „Nein, Nein“ gesagt. Er hatte sie so oft hochgenommen und wieder auf den Boden gesetzt, dass ihm die Arme und der Rücken wehtaten.

Doch Angie hatte immer noch strahlende Augen und war voller Energie.

Sie streckte ihm die Arme entgegen, und er hob sie lächelnd auf den Schoß. „Kein Wunder, dass deine Mom so erschöpft ist“, sagte er. Die Kleine saß auf seinem Schoß, und er hielt ihre Hände fest, damit sie nicht herunterfiel. „Halt dich an meinen Fingern fest, Angie. So ist es gut.“

Angie beobachtete ihn genau, während er sanft auf sie einsprach.

„Was siehst du wohl, kleines Mädchen, wenn du mich anschaust?“ Angie schien nicht die geringste Angst vor ihm zu haben und betrachtete ihn einfach fasziniert. Dann begann sie, sich hin und herzubewegen, und Lance fiel ein, dass Babys gern geschaukelt wurden. „Möchtest du ‚Hoppe, hoppe Reiter‘ spielen?“ Er ließ sie auf und ab wippen. „Eines Tages werde ich dir beibringen, wie man auf einem richtigen Pferd reitet. Na, würde dir das gefallen?“

Angie lachte und kreischte entzückt. Aber Lance wurde schließlich müde und verlangsamte den Rhythmus. Das Baby runzelte die Stirn, als er innehielt. Dann machte Angie etwas wirklich Erstaunliches. Sie zog sich selbst hoch, indem sie sich an seine Brust lehnte. Lance hob die Hände und ließ sie klettern, hielt sie aber fest, als sie die Beine streckte, bis sie tatsächlich aufrecht stand.

„Du bist ganz alleine aufgestanden, Angie“, sagte er erstaun. „Warte, bis wir das deiner Mom erzählen.“

Er nahm sie auf den Arm und ging los, um Marcy zu suchen. Inzwischen sollte eigentlich das Feldbett für sie aufgestellt sein. Wenn sie Glück hatten, war Angie jetzt auch müde genug, um zu schlafen.

Auf dem Weg zum Pausenraum der Angestellten entdeckte er Marcy im Gespräch mit dem Fahrer eines Sattelschleppers. Es handelte sich um den Mann, der vorhin großspurig verkündet hatte, er hätte keine Probleme damit, durch den Sturm zu fahren.

Lance traute ihm kein bisschen, und er wollte nicht, dass Marcy ein solches Risiko einging. In diesem Moment traf er eine Entscheidung. Er würde nicht zulassen, dass Marcy und Angie mit einem Fremden fuhren. Die beiden würden mit ihm fahren, ganz einfach. Auf keinen Fall würde er sich diesen Entschluss von Marcy ausreden lassen.

4. KAPITEL

„Was sind denn das alles für Sachen? Wofür glaubst du, brauchen wir das denn?“, fragte Marcy, als sie den vollgepackten Kofferraum von Lances Wagen sah.

Seit sie die Raststätte vor wenigen Stunden hinter sich gelassen hatten, hatte langsam die Morgendämmerung eingesetzt, und die kalte dunkle Nacht hatte sich in einen etwas wärmeren grauen Tag verwandelt. Nun sah Marcy, dass Lance den Kofferraum von unten bis oben mit Säcken und Kisten vollgeladen hatte.

Am Vorabend hatte Lance tatsächlich eingewilligt, sie und Angie nach Cheyenne zu fahren. Marcy war so froh und erleichtert über diese Neuigkeit gewesen, dass sie ihm beinahe um den Hals gefallen wäre.

Er hatte sie allerdings mit seinen dunklen Augen so ernst gemustert, dass sie sich entschieden hatte, ihm lieber überschwänglich zu danken, aber ihm körperlich nicht zu nahe zu kommen. Jedes Mal wenn sie sich berührten, herrschte eine Spannung zwischen ihnen, die Marcy nervös machte.

Diese Ausrüstung werden wir vielleicht brauchen, falls wir irgendwo stecken bleiben“, erklärte er ihr. „Ich habe die Sachen in dem Laden an der Raststätte gekauft. Wasser, Decken, Lebensmittel – es ist immer gut, wenn man vorbereitet ist.“ Angestrengt sah er auf die glatte Straße, während er sprach.

„Aha. Warst du mal Pfadfinder?“ Marcy lehnte sich behaglich in ihrem bequemen Sitz zurück. Verglichen mit ihrer alten Klapperkiste wirkte Lances Wagen wie eine Luxuslimousine.

„Nein. Als Kind war ich nie lange genug an einem Ort, um dazu Gelegenheit zu haben. Aber meine Jugendzeit habe ich im Reservat verbracht und gelernt, die Verantwortung und die Pflichten eines erwachsenen männlichen Mitgliedes der Dine kennen.“ Er blickte weiter geradeaus. „Das meiste ist mir noch in Erinnerung.“

„Der Dine?“

„Das ist der Name, den die Leute der Navajo benutzen, wenn sie von sich sprechen.“

Lance schwieg, und Marcy blickte auf den Rücksitz nach Angie. Die Bewegungen des fahrenden Wagens hatten das Baby einschlafen lassen.

Marcy strich über die glatte Oberfläche der Ledersitze und seufzte. Schon vor Stunden hatte es aufgehört zu schneien, und die Nebenstraße, die sie entlangfuhren, war vor Kurzem geräumt worden. Alles würde gut werden.

Marcy überlegte, ob Lance sich unterhalten wollte. Wahrscheinlich war er ziemlich müde, denn er hatte letzte Nacht nur wenig geschlafen. Vermutlich brauchte er Gesellschaft, damit er wach blieb. Diese Aufgabe würde sie übernehmen.

„Du sagtest, als Kind wärst du nie lange an einem Ort geblieben“, begann sie versuchsweise. „Ich habe mir immer gewünscht, die Welt zu sehen und zu reisen. Erzählst du mir von den Orten, an denen du gelebt hast, während du aufgewachsen bist?“

Eine ganze Weile schwieg er, und sie überlegte, ob ihm lieber war, wenn sie ihren Mund hielt, damit er sich aufs Fahren konzentrieren konnte. Aber dann räusperte er sich und begann mit leiser Stimme zu sprechen.

„Mein Vater war Marineoffizier. Bevor ich geboren wurde, hat er seinen Abschluss in der Marineakademie in Annapolis gemacht, mit allem, was so dazugehört.“ Sein sarkastischer Ton verriet ihr, was er von dem Berufsstand hielt, den sie bisher immer bewundert hatte. „Nachdem ich geboren war, ist er innerhalb von acht Jahren in zehn verschiedenen Ländern stationiert worden. Meine Mutter und ich sind nicht überallhin mitgegangen, aber wir haben ihn in die meisten Länder begleitet. Italien, Japan, Korea, Hawaii, die Philippinen … Ich erinnere mich nur noch undeutlich.“

„Das klingt herrlich“, erwiderte Marcy. „Ich bin in einem Provinznest im Süden von Illinois aufgewachsen. Immer habe ich davon geträumt, wundervolle Orte kennenzulernen, oder davon, überhaupt woanders hinzukommen.“

Lance warf ihr einen kurzen Blick zu. „Für mich war das nicht herrlich. Ich habe mich immer nach einem Zuhause gesehen, das ich so gut kennen würde, dass es fast langweilig wäre. Ich hätte gerne die Gelegenheit gehabt, mit anderen Kindern so lange zusammen zu sein, um sie Freunde nennen zu können.“

„Tut mir leid“, meinte Marcy. „So habe ich das noch nie gesehen. Was ist denn passiert, als du acht Jahre alt warst?“

„Meine Mutter starb.“

Oh Mann, da war sie ja wieder mal von einem Fettnäpfchen ins nächste getreten. Wann würde sie endlich lernen, den Mund zu halten?

„Sobald meine Mutter beerdigt war, hat mich mein Vater zu seiner Mutter nach New Orleans gebracht. Er hat mich dort gelassen und seine Karriere fortgesetzt“, sprach Lance weiter. „Und bevor du fragst: Nein, ich habe mich bei meiner Großmutter nie heimisch gefühlt. Sie war nie besonders glücklich gewesen über die Frau, die ihr Sohn geheiratet hatte, und sie war entsetzt über meinen Mangel an Schulbildung und Manieren. Ich habe nur ein paar Wochen bei ihr verbracht, bevor sie mich auf das erste von mehreren Internaten schickte.“

Nun, das klang nicht nach der liebenden Großmutter, die sich Marcy immer gewünscht hatte. Lance hatte offenbar kaum ein normales Familienleben kennengelernt.

Jetzt hätte sie wohl lieber den Mund halten sollten, doch sie konnte es einfach nicht lassen. Marcy drehte sich so, dass sie Lance betrachten konnte. „Wie bist du denn dann vom Internat in ein Reservat gekommen?“

Lance stieß hörbar die Luft aus. „Es hat einige Zeit gedauert, bis das Volk meiner Mutter von ihrem Tod erfuhr. Sie hatte nur entfernte Verwandte, die in dem Navajo-Reservat im Nordosten von Arizona lebten. Als sie erfuhren, dass meine Mutter gestorben war und mein Vater mich bei meiner Großmutter abgeladen hatte, stellten sie einen Antrag bei den Stammesbehörden. Sie wollten, dass ich in das Land meiner Vorfahren zurückkehrte, damit ich in der Tradition meines Stammes erzogen wurde.“ Er machte eine säuerliche Miene. „Wie es schien, hatten sie sowohl das Stammes- als auch das Staatsgesetz auf ihrer Seite. Sie brauchten ein paar Jahre, aber im Alter von dreizehn wurde ich nach Arizona geschickt, um das Leben der Dine kennenzulernen.“

„Du liebe Zeit. Das klingt ja, als hättest du ins Gefängnis gemusst.“

Er zog die Mundwinkel nach oben, aber Marcy war sich nicht sicher, ob er wirklich lächelte. Am liebsten hätte sie ihre Worte zurückgenommen, doch dazu war es jetzt zu spät.

„Dort war es nicht schlimmer als in den Internaten“, gestand er. „Zumindest habe ich gewusst, dass man mich dort haben wollte.“

„Oh. Nun, das ist gut, nicht wahr?“

Lance zuckte mit den Schultern, und Marcy merkte, wie verspannt seine Muskeln waren. „Es war gut, dass ich die Kultur der Navajo kennenlernte. Ich erfuhr, wie wichtig das Land und die Familie sind und dass sie geschützt werden müssen. Ich bin froh, etwas über die Zeremonien zu wissen … und über das Weltbild der Navajo. Außerdem wäre ich niemals ein Experte für Pferde geworden, wenn ich nicht dorthin gegangen wäre“, fuhr er fort. „Das habe ich bei den Rodeos gemerkt, und glaub mir, das war mit das Beste, was mir je passiert ist.“

Seine Worte erweckten in Marcy den Eindruck, dass das, was er nicht ausgesprochen hatte, viel wichtiger war als das, was er erzählt hatte. Er hatte nichts davon erwähnt, dass er im Reservat das ersehnte Zuhause gefunden hatte, und mit einem Mal wurde ihr auch bewusst, dass er absolut nichts von Freundschaft und Liebe erzählt hatte.

Anscheinend hatte er niemals wirklich irgendwo dazugehört. Nicht in die Welt seines Vaters, der viel reiste, Bildung und gute Manieren besaß. Aber auch nicht in die Welt seiner Mutter, wo die Kultur der Vorfahren eine wichtige Rolle spielte.

Er tat ihr leid, aber sie wusste nicht, wie sie ihm das sagen sollte. Sie war sicher, dass er ihr das alles nicht erzählt hatte, weil er bemitleidet werden wollte. Eigentlich hoffte sie, er würde sich ihre Freundschaft wünschen. Marcy lehnte sich zurück und schloss die Augen. Manchmal war es wirklich besser, einfach nur still zu sein.

Lance schaltete das Radio ein und versuchte einen Sender zu finden. Doch nur Rauschen kam dabei heraus. Rasch warf er einen Blick über die Schulter auf Angie. Ihr Wollmützchen war über ein Auge gerutscht, während sie selig in ihrem Babysitz schlief. Lance lächelte über das friedliche Bild.

Erst vor Kurzem war er zu dem Schluss gekommen, dass er sich unbedingt Kinder wünschte, wenn er verheiratet war. Er wollte sein eigenes kleines Mädchen, das ehrfürchtig zu ihm aufsehen würde, genau wie Angie das am vergangenen Abend getan hatte.

Die Sehnsucht nach Heim und Familie wurde mit einem Mal so überwältigend, dass er sich bemühte, rasch an etwas anderes zu denken. Er betrachtete Angies Mutter, die auf dem Beifahrersitz eingeschlafen war.

Doch dadurch ließ seine Sehnsucht ganz bestimmt nicht nach, nur die Intensität änderte sich. Marcy sah sanft und unglaublich verführerisch aus. Ihr weiches blondes Haar war leicht zerzaust und umrahmte ihr Gesicht. Im Schlaf hatte sie die Unterlippe ein wenig vorgeschoben, was den Eindruck erweckte, als würde sie schmollen. Eigentlich sah sie aus wie eine schöne, schlafende Frau, die gerade eine erfüllende Liebesnacht erlebt hatte.

Dasselbe Verlangen durchströmte ihn, das er gespürt hatte, als er Marcy gesagt hatte, er würde sie und ihr Baby nach Cheyenne bringen. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich von hoffnungsvoll in dankbar verwandelt, und es war unverkennbar gewesen, dass sie sich von ihm, Lance, angezogen fühlte. Sie begehrte ihn genauso sehr wie er sie, das spürte er.

In jenem Moment hätte er sich beinahe vorgebeugt und Marcy geküsst. Das wäre wundervoll gewesen – und völlig unpassend. Er hatte schon die Hand gehoben, um ihre Wange zu berühren. Marcy hatte ihn mit großen Augen angesehen, und fast glaubte er zu spüren, wie zart sich ihre Haut unter seinen Fingern anfühlen würde, wenn er ihre Wange berührte.

Doch dann hatte Angie sich auf seinen Armen bewegt, und jemand hatte sich an ihm vorbeigedrängt, um zu den Waschräumen zu gelangen. Mit einem Ruck war Lance wieder in der Wirklichkeit gelandet. Hier war nicht der richtige Ort für zärtliche Gesten, und Marcy war auch entschieden die falsche Frau für ihn.

Nun ja, so ganz stimmte das nicht. Eigentlich glaubte er, sie wäre genau die Richtige für das, was ihm vorschwebte. Doch sie war nicht Lorna, mit der er den Rest seines Lebens verbringen wollte.

Bestimmt konnte er die Finger von Marcy lassen und aufhören, sich in seiner Fantasie erotische Szenen mit ihr auszumalen, bis er zurück in Montana war und Lorna gefragt hatte, ob sie ihn heiraten wollte. Oder nicht?

Er rieb sein Kinn und sah sich im Wageninnern um. Sofort stellte er fest, dass es im Auto ziemlich warm geworden und sogar die Scheibe beschlagen war. Jemand muss hier schwer geatmet haben, dachte er voller Selbstironie. Ich bin in Gefahr, gegen meine Vorsätze zu verstoßen. Er musste sich schleunigst wieder in den Griff bekommen.

Nervös rückte er die Jeans zurecht, die ihm mit einem Mal viel zu eng vorkam, und spannte die Rückenmuskeln an. Dann versuchte er, sich an die Lehren der Dine zu erinnern.

Die vier Richtungen. Das war’s. Er würde sich auf die Lehren der vier Himmelsrichtungen konzentrieren.

Osten war die Richtung der Morgendämmerung. Er konnte genauso gut mit Osten anfangen, da der Morgen schon angebrochen war. Außerdem war Osten die Richtung des Denkens, und er sollte wirklich schnellstens anfangen nachzudenken.

Mal sehen, wie lautete denn die Lehre doch noch mal? Bevor man den ersten Schritt unternahm, sollte man sich alles sorgfältig überlegen.

Ja, das hatte er getan, als er beschlossen hatte, Lorna zu heiraten. Er hatte entschieden, dass sie viel gemeinsam hatten und gut zueinanderpassten. Lance war ziemlich stolz, dass er zu diesem vernünftigen Schluss gekommen war.

Marcy seufzte leise im Schlaf und drehte sich in eine andere Position. Das lenkte Lance sofort wieder ab, und so sah er auch nicht das Schlagloch in der Straße, bis es zum Ausweichen zu spät war. Rumpelnd landete der Wagen mit dem rechten Vorderreifen in dem Loch.

Marcy bewegte sich und öffnete die Augen. „Was ist passiert?“

Das Baby auf dem hinteren Sitz wurde ebenfalls wach und fing an zu schreien.

„Das war bloß ein Schlagloch“, sagte Lance über den Lärm hinweg.

„Am besten hältst du an, damit ich nach Angie sehen und sie beruhigen kann.“

Wahrscheinlich wäre es klug, den Reifen zu kontrollieren. Lance fuhr so weit an den Straßenrand, wie er es wagen konnte, ohne in eine Schneewehe zu geraten. Sie befanden sich auf einer einsamen Strecke neben dem weiten, flachen Land irgendeines Ranchers. Der strenge Wind von der Prärie her türmte bereits den Schnee so weit auf, dass der Stacheldrahtzaun neben der Straße kaum mehr zu erkennen war.

Lance ließ den Motor laufen und zog die Handbremse an. Marcy würde wohl erneut über die Konsole zwischen den Sitzen nach hinten klettern, deshalb achtete Lance nicht weiter auf sie. Er zog den Mantel an, stieg aus und umrundete den Wagen, um den Vorderreifen zu überprüfen.

Der Reifen sah völlig in Ordnung aus. Lance kickte mit dem Fuß dagegen. Dann strich er mit der behandschuhten Hand über das Profil. Der Wagen hatte besonders dicke Gürtelreifen, und Lance war sich ziemlich sicher, sie würden noch eine ganze Reihe Stöße und holprige Fahrbahnen aushalten.

Hinter sich hörte er, wie eine Autotür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Als er sich umdrehte, war Marcy bereits aus dem Wagen ausgestiegen und versuchte gegen den Wind ankämpfend den Kofferraum zu öffnen.

Autor

Sara Orwig
<p>Sara’s lebenslange Leidenschaft des Lesens zeigt schon ihre Garage, die nicht mit Autos sondern mit Büchern gefüllt ist. Diese Leidenschaft ging über in die Liebe zum Schreiben und mit 75 veröffentlichten Büchern die in 23 Sprachen übersetzt wurden, einem Master in Englisch, einer Tätigkeit als Lehrerin, Mutter von drei Kindern...
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<p>Michelle Celmer wurde in Metro, Detroit geboren. Schon als junges Mädchen entdeckte sie ihre Liebe zum Lesen und Schreiben. Sie schrieb Gedichte, Geschichten und machte selbst dramatische Musik mit ihren Freunden. In der Junior High veröffentlichten sie eine Daily Soap Opera. Ungeachtet all dessen, war ihr Wunsch immer Kosmetikerin zu...
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