Baccara Exklusiv Band 214

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SKANDAL UM DEN MILLIARDÄR von RACHEL BAILEY
Guter Sex ist keine Basis fürs ganze Leben! Callie und Adam beschließen, sich direkt wieder scheiden zu lassen. Aber dann wird der Unternehmer mit ihrer Blitzhochzeit erpresst. Einziger Ausweg: Sie müssen die Ehe öffentlich machen und so tun, als ob. Wenn es sich für Callie bloß nicht so echt anfühlen würde …

IM BETT MIT DEM HERZENSDIEBvon MAUREEN CHILD
Groß, muskulös, charismatisch – und ein Juwelen-Räuber! „Lass die Finger von ihm“, ermahnt sich Sicherheits-Expertin Marie O’Hara. Sie braucht Gianni Coretti zwar, damit er eine Kette wiederbeschafft, die unter ihrer Aufsicht abhanden kam. Davon, dass Gianni ihr Herz stehlen sollte, war aber nie die Rede!

UND PLÖTZLICH IST ES MEHR ... von CAT SCHIELD
"Okay. Aber nur unter einer Bedingung …" Atemlos wartet Ming Campbell, was Jason als Nächstes sagt. Als ihr bester Freund wäre er der perfekte biologische Vater für das Kind, nach dem sie sich so sehnt. "Wir machen das Baby. In einer heißen Nacht …" Kann es danach ein Zurück für Ming und Jason geben?


  • Erscheinungstag 10.12.2021
  • Bandnummer 214
  • ISBN / Artikelnummer 9783751501859
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Rachel Bailey, Maureen Child, Cat Schield

BACCARA EXKLUSIV BAND 214

1. KAPITEL

Callie Mitchell hatte Schmetterlinge im Bauch. Sie strich ihren Rock glatt und holte tief Luft, bevor sie der Empfangsdame zu Adam Hawkes Büro folgte. Die Räume der Firma Hawke’s Blooms befanden sich im obersten Stockwerk des Gebäudes und nahmen die gesamte Etage in Anspruch. Als Geschäftsführer besaß Adam Hawke vermutlich ein Eckbüro mit einem phänomenalen Blick über Los Angeles.

Rückblickend betrachtet, war es vermutlich keine gute Idee gewesen, einen Zwischenstopp in einer Bar einzulegen. Sie hatte sich Mut antrinken wollen – absurd, wenn man bedachte, dass Alkohol dieses Chaos erst ausgelöst hatte. Doch sie hatte nicht anders gekonnt. Schließlich kam es nicht jeden Tag vor, dass eine Frau einen Geschäftstermin mit ihrem heimlichen Ehemann hatte.

Tatsächlich hatte sie ihn seit ihrer Hochzeit vor drei Monaten nicht ein einziges Mal gesehen. Dies war also zweifellos ein bedeutender Anlass. Sie hatten sich vor zwei Jahren bei einer Wirtschaftskonferenz in Las Vegas kennengelernt und eine unglaubliche Nacht miteinander verbracht. Bei der Konferenz im Jahr darauf hatte sich ein weiteres sexuelles Abenteuer ergeben. Und zu guter Letzt hatten sie in diesem Jahr geheiratet.

Die Empfangsdame öffnete ihr die Tür, und plötzlich stand Callie vor ihm. Dem Mann, mit dem sie die aufregendsten Stunden ihres Lebens verbracht hatte. Mit einem Mal schien aller Sauerstoff aus der Luft gewichen zu sein, und das Atmen fiel ihr schwer.

Die Empfangsdame schloss die Tür diskret hinter ihnen. Nun, da sie allein waren, fiel Callie nichts ein, was sie hätte sagen sollen. Adam schien es nicht anders zu gehen.

Verblüffenderweise sah er genauso toll aus wie in ihrer Erinnerung. Dabei war sie überzeugt gewesen, dass sie im Nachhinein manche Dinge verklärt hatte. Kein Mann konnte dermaßen attraktiv sein. Doch jetzt stand er vor ihr, als lebender Beweis des Gegenteils. Adam war groß, breitschultrig und sah sie aus seinen grünen Augen durchdringend an. Nur dass er diesmal einen Anzug, ein gestärktes weißes Hemd und eine dunkelblaue Krawatte trug. Bei ihrer letzten Begegnung in ihrem Hotelzimmer in Vegas war er deutlich spärlicher bekleidet gewesen.

Er räusperte sich. „Du siehst anders aus mit braunen Haaren.“

Eigentlich hätte sie ihm sagen sollen, dass Karamellbraun ihre natürliche Haarfarbe war, stattdessen platzte es aus ihr heraus: „Du siehst anders aus mit Kleidung.“

Überrascht zog Adam die Augenbrauen hoch. Callie erschrak über sich selbst. Vermutlich war es wirklich keine gute Idee gewesen, sich vor dem Treffen Mut anzutrinken.

Doch dann zuckte es um seine Mundwinkel, und sein tiefes, raues Lachen erfüllte den Raum. „Langsam fällt mir wieder ein, warum ich dich geheiratet habe.“

Sie lächelte. „Und warum du mich verlassen hast.“ Als sie nach einem Tag gemeinsam im Bett beide langsam wieder nüchtern geworden waren, hatte Adam die Scheidung vorgeschlagen. Sie selbst hätte ihrer Ehe eine Chance gegeben – immerhin hatte sie sich unglaublich gut amüsiert, und von diesem Adonis in ihrem Bett war sie völlig hingerissen gewesen. Aber leider war ihr kein einziges vernünftiges Argument dafür eingefallen, und so hatte sie zugestimmt.

Und doch hatte drei Monate später immer noch keiner von ihnen die Scheidung eingereicht. Sie wusste nicht, was Adams Beweggründe waren. Doch ein Teil von ihr hoffte, dass er ebenfalls noch nicht bereit war, das Band zwischen ihnen endgültig zu zerschneiden.

Er wies auf zwei ledergepolsterte Stühle, die am Fenster standen. Von dort aus hatte man einen großartigen Blick über Los Angeles. „Setz dich doch. Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?“

Sie wusste, dass er vermutlich Kaffee oder Tee meinte, dennoch zuckte sie zusammen. Sie musste an den Gin denken, den sie dummerweise auf dem Weg hierher getrunken hatte. „Nein, vielen Dank. Ich bleibe nicht lang.“

Er nickte und nahm ihr gegenüber Platz. Sein Gesichtsausdruck wurde ernst. „Was kann ich für dich tun, Callie?“

Die Art, wie er ihren Namen aussprach, ließ sie unwillkürlich erzittern. Zu lebendig war die Erinnerung daran, wie er vor drei Monaten ihren Namen geflüstert hatte, während er ihren Bauch mit Küssen bedeckte. Wie er ihn schrie auf dem Gipfel der Lust. Callie schluckte. Sie musste sich zusammenreißen.

„Warum glaubst du, dass du etwas für mich tun sollst?“

Eine steile Falte bildete sich auf seiner Stirn. „Ich hatte nur angenommen …“ Er sprach den Satz nicht zu Ende. „Nach all dieser Zeit bin ich davon ausgegangen …“

„Ich will nichts von dir“, unterbrach sie ihn. „Ich bin aus reiner Gefälligkeit hier. Ich habe dir etwas mitzuteilen.“

Sie sah, wie die Muskeln an seinem Kiefer arbeiteten. „Du heiratest?“

Was für ein überraschender Gedankengang. Fasziniert stellte sie fest, dass es schon damals so gewesen war: Nie hatte sie gewusst, was er als Nächstes sagen würde.

„Nein, ich werde für eine Beförderung in Erwägung gezogen.“ Ihre PR-Firma gab ihr endlich die Chance, Partnerin zu werden. Darauf hatte sie die letzten Jahre hingearbeitet – und sie hatte vor, ihre Chance zu nutzen.

„Herzlichen Glückwunsch“, sagte er. „Aber was hat das mit mir zu tun?“

„Sie haben mir einen besonderen Auftrag gegeben. Wenn ich ihn gut erledige, werde ich Partnerin.“ Was sie im Alter von neunundzwanzig Jahren zur jüngsten Partnerin in der Geschichte der Firma machen würde.

Er hob fragend eine Augenbraue. „Was für einen Auftrag?“

„Es geht um die Hawke-Brothers-Stiftung.“ Die Wohltätigkeitsorganisation seiner Firma sammelte Spendengelder für obdachlose Jugendliche. Sie hatten schon viele hochkarätige Events organisiert, und diesen Weg wollten sie fortsetzen. Callie freute sich, ein Teil davon sein zu dürfen.

„Ach so“, sagte er und rieb sich den Nacken. „Mir war nicht klar, dass Jenna mit deiner Firma zusammenarbeitet.“

Adams zukünftige Schwägerin, Prinzessin Jensine Larson, hatte beim Aufbau der Stiftung geholfen und leitete das Tagesgeschäft. Callie hatte vermutet, dass Adam nicht über jeden einzelnen Schritt informiert wurde. Deswegen hatte sie ihn warnen wollen, bevor sie mit der Arbeit an dem Projekt begann.

„Es besteht eine gewisse Gefahr, dass wir uns bei einem Meeting über den Weg laufen werden. Deswegen die kleine Vorwarnung.“

„Das weiß ich zu schätzen“, sagte er und lächelte sie an. „Also, erzähl. Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen?“

Obwohl sie auf dem Papier verheiratet waren, kannten sie sich in der Realität nicht besonders gut. Das machte eine ungezwungene Plauderei eher schwierig. Also antwortete sie nur knapp: „Gut, und dir?“

„Gut“, sagte er.

Das hier ist verdammt peinlich, dachte Callie. Sie atmete tief durch und konzentrierte sich wieder aufs Wesentliche. „Ich dachte, wir sollten unsere Geschichten abstimmen. Nur für den Fall, dass die anderen zwei und zwei zusammenzählen.“

Er rieb sich nachdenklich das Kinn. „Du meinst die Tatsache, dass wir verheiratet sind?“

„Ich werde schließlich mit einigen Mitgliedern deiner Familie zusammenarbeiten. Es wäre also möglich, dass sie mich darauf ansprechen.“

„Das wird nicht passieren. Sie wissen nicht, dass ich …“ Er schluckte. „Sie wissen nichts davon.“

„Du hast deiner Familie nichts erzählt?“ Sie hatte zwar nicht erwartet, dass er ihr kurzes Intermezzo in Las Vegas an die große Glocke hängen würde. Andererseits hatte sie auch nicht damit gerechnet, dass er seinen Brüdern ihre Existenz verschweigen würde. Selbst in ihrer kurzen gemeinsamen Zeit hatte sie erfahren, wie nahe er seinen Brüdern stand.

Unbehaglich rutschte er auf seinem Stuhl hin und her. „Hast du es Freunden und Verwandten erzählt?“

„Nicht jedem“, gab sie zu. „Aber meiner Schwester schon.“ Sie befeuchtete ihre Lippen. „Ich kann nicht fassen, dass du mit niemandem darüber geredet hast.“

Sein Gesichtsausdruck wurde hart und undurchdringlich. „Ich pflege meine Fehltritte nicht in alle Welt hinauszuposaunen.“

Mit seiner Bitte um die Scheidung hatte er ihr bereits deutlich zu verstehen gegeben, was er von ihrer Hochzeit hielt. Und doch fühlte sie sich bei seinem verächtlichen Tonfall plötzlich klein und unbedeutend. In ihrer Erinnerung war ihre gemeinsame Zeit stets etwas Wildes, Verrücktes gewesen. Es hatte nicht zu ihr gepasst. Und ja, sie waren eindeutig zu weit gegangen. Trotzdem hätte sie das Ganze nicht als Fehltritt bezeichnet. Diese Worte aus seinem Mund zu hören tat weh.

Doch nun, da er aus seinen Gefühlen keinen Hehl gemacht hatte, musste auch sie vernünftig sein und loslassen.

Sie holte tief Luft. „Wenn ich schon mal hier bin, sollten wir auch über die Scheidung reden.“

„Ist bereits auf den Weg gebracht“, erwiderte er prompt. „Ich habe die Papiere ausgefüllt. Ich wollte nur noch die Hochzeit meines Bruders abwarten, bevor ich die Unterlagen einreiche.“

„Ja, richtig.“ Es war allgemein bekannt, dass sein kleiner Bruder eine Prinzessin heiraten würde. Callie verstand, dass Adam nichts tun wollte, was die Berichterstattung über die Hochzeit mit schlechter Presse überschattete.

„Ich wollte nicht, dass mein betrunkener Ausrutscher negative Folgen für ihn hat.“

Sie zuckte zusammen. Rasch griff sie nach ihrer Handtasche und erhob sich. „Ich sollte jetzt gehen. Lass mich wissen, wenn du bereit bist, die Scheidungspapiere einzureichen.“

„Callie.“ Er streckte die Hand aus, als wollte er sie berühren, dann ließ er sie wieder sinken. Zum ersten Mal, seit sie das Büro betreten hatte, lag ein Hauch von Zärtlichkeit in seiner Stimme. „Es tut mir leid. Das muss harsch geklungen haben. Ich möchte nicht, dass wir so auseinandergehen.“

„Es ist schon in Ordnung.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Aber ich habe schon genug von deiner Zeit in Anspruch genommen. Ich wollte dich vorwarnen, und das habe ich getan. Jetzt sollte ich mir langsam eine Werbekampagne für die Hawke-Brothers-Stiftung ausdenken.“

Er sah sie an, und einen Moment lang standen sie einfach schweigend da. Dann nickte er. „Okay. Lass mich wissen, falls du irgendetwas brauchst.“

Hastig schlüpfte Callie aus der Tür. Doch kaum hatte sie den Empfangsbereich erreicht, klingelte ihr Handy. Sie blieb stehen. Auf dem Display erschien der Name eines Kollegen: Terence Gibson. Man hatte auch ihm die Partnerschaft in Aussicht gestellt. Er war unglaublich ehrgeizig. Und seit Callie das Projekt bekommen hatte, war es noch schlimmer geworden. Eins stand jedenfalls fest. Er rief nicht an, um ihr zu gratulieren.

Sie hob ab. „Hi, Terence.“

„Ich kann verstehen, warum du diesen Auftrag bekommen hast.“ Er machte sich nicht die Mühe, die Bosheit in seinem Tonfall zu verbergen.

„Und warum?“, fragte sie, während sie den Fahrstuhlknopf drückte.

„Es ist sicher hilfreich, wenn man mit dem Klienten verheiratet ist.“

Sie erstarrte.

„Oh, du meinst, die Partner wissen gar nichts von deiner Ehe mit Adam Hawke? Oje. Ich frage mich, was die Führungsriege dazu sagen wird. Es wird ihr Vertrauen in dich nicht gerade stärken. Meiner Erfahrung nach wissen sie es zu schätzen, wenn ihre Partner offen mit ihnen kommunizieren.“

Die Fahrstuhltüren öffneten sich, doch sie ignorierte es. Stattdessen lehnte sie sich gegen die Wand. „Wie hast du …?“

„Du musst wirklich an deinem Pokerface arbeiten, Callie. Dein Gesichtsausdruck, als sie dir den Auftrag für die Hawke-Brothers-Stiftung gegeben haben … Ich wusste sofort, dass da irgendeine Verbindung besteht. Die Frage war nur, zu welchem der drei Brüder. Nach ein bisschen Recherche habe ich erfahren, dass du einen von ihnen vor drei Monaten geheiratet hast. Und ich konnte nirgendwo einen Beleg für die Scheidung finden. Ich nehme an, du bist gerade in diesem Moment bei deinem Ehemann?“

Ihr Magen zog sich zu einem steinharten Knoten zusammen. „Was willst du von mir, Terence?“

Sie wusste schon jetzt, wie die Antwort lauten würde.

„Gib den Auftrag auf und überlass ihn mir.“

Dieser Mann hatte wirklich Nerven. Seine Arroganz und seine Selbstgefälligkeit waren einfach unerträglich. „Du weißt, dass ich das nicht tun werde. Damit würde ich dir gleichzeitig die Beförderung überlassen.“

„Dann gehe ich damit eben zu den Schmierfinken von der Boulevardpresse“, sagte er mit unverhohlener Freude in der Stimme. „Die werden die Story lieben. Der zukünftige Prinzenbruder heiratet im Suff in Las Vegas. Ein PR-Debakel erster Güte.“

„Nein.“ Das würde ihr jede Chance auf eine Beförderung verderben.

„Dann überlass mir das Feld.“

Ein echtes Dilemma: Entweder sie überließ Terence die Partnerschaft, indem sie vom Auftrag zurücktrat. Oder sie löste durch ihre Weigerung einen Skandal aus, und er bekam die Partnerschaft so oder so. Keine der beiden Möglichkeiten erschien ihr sonderlich verlockend. Aber mehr als alles andere missfiel ihr der Gedanke, sich erpressen zu lassen. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken, damit sie sich eine dritte Lösung einfallen lassen konnte.

„Gib mir ein paar Tage zum Nachdenken. Wenn ich den Partnern mitteile, dass ich den Auftrag nicht annehme, brauche ich einen glaubwürdigen Grund.“

„Du hast vierundzwanzig Stunden.“

Dann war die Leitung tot.

Callie stieß die Luft aus. Erst jetzt merkte sie, dass sie die ganze Zeit den Atem angehalten hatte. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und marschierte zurück in Adam Hawkes Büro.

Adam blickte sich suchend im Raum um. Seine Empfangsdame Rose hatte ihn informiert, dass Callie Mitchell wieder da war. Dabei war sie erst vor fünf Minuten gegangen. Folglich musste sie etwas vergessen haben. Aber was?

Seit sie ihn um einen Termin gebeten hatte, war er rastlos gewesen. In der letzten Nacht hatte er von ihr geträumt, von ihrer gemeinsamen Zeit. Vom Sex mit ihr. Andererseits – das war nichts Ungewöhnliches, das tat er häufiger.

Was nur bewies, wie gefährlich Callie für sein inneres Gleichgewicht war. Es war ihm wichtig, stets die Kontrolle über sich und sein Leben zu bewahren. Callie stellte in dieser Hinsicht eine Gefahr dar.

Seit dem Moment, als sie an diesem Morgen sein Büro betreten hatte, konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er war nicht einmal dazu in der Lage gewesen, sie vernünftig zu begrüßen. Stattdessen hatte er eine dämliche Bemerkung über ihre Frisur gemacht …

Er betete, dass ihr nächster Besuch kurz sein würde. Damit er sich nicht zum Idioten machte. Nicht schon wieder.

Es klopfte an die Tür, und da war sie wieder. Seine Traumfrau. Mit ihrem vollen karamellbraunen Haar, das ihr locker auf die Schultern fiel, und ihrer glatten olivbraunen Haut. Plötzlich erinnerte er sich daran, wie ihre Haut schmeckte, und sein Herz setzte einen Schlag aus.

„Hast du etwas vergessen?“, stieß er mühsam hervor.

Sie schüttelte den Kopf, der Ausdruck in ihren graublauen, mandelförmigen Augen war ernst.

Sie sah ihm direkt in die Augen. „Wir haben ein Problem.“

Er schob sich an ihr vorbei und schloss die Tür. Dabei achtete er darauf, sie nicht zu berühren, um nicht noch mehr Erinnerungen heraufzubeschwören. Er führte sie zu den Stühlen, auf denen sie noch vor Minuten gesessen hatten.

„Okay, erzähl“, forderte er sie auf, sobald sie sich gesetzt hatten.

„Ein Kollege von mir hat Verdacht geschöpft. Er hat angefangen, Nachforschungen anzustellen, und ist dabei auf unsere Heiratsurkunde gestoßen. Jetzt droht er, damit an die Presse zu gehen.“

Adam fluchte leise. „Was hat er davon?“

„Er will diese Beförderung ebenso wie ich. Es ist seine große Chance, die Konkurrenz auszuschalten. Er meint, wenn die Medien von unserer Vegas-Hochzeit Wind bekommen, wird das meine PR-Arbeit für die Stiftung überschatten. Und damit hat er vermutlich recht. Er möchte, dass ich den Auftrag ihm überlasse.“

„Ja, sicher.“ Nichts war Adam so zuwider wie Erpressung. Er würde nicht zulassen, dass Callie nachgab. „Die Stiftung wird nicht mit einem Mann zusammenarbeiten, der sich seine Position durch Erpressung erschlichen hat.“

„Wenn du dich weigerst, mit ihm zusammenzuarbeiten, geht er mit der Geschichte trotzdem an die Presse. Aus reiner Bosheit. Wir würden so oder so verlieren.“

Obwohl Callie professionell und gelassen wirkte, musste das Ganze sie aufwühlen. In Adam regten sich Beschützerinstinkte.

„Gib mir eine Minute.“

Er stand auf, ging zum Schreibtisch und drückte den Summer. „Rose, sag all meine Termine für den Rest des Tages ab. Ein unerwarteter Zwischenfall.“

„Wird gemacht“, ertönte es vom anderen Ende der Leitung.

Er griff sich Notizblock und Stift und kehrte zu seiner Frau zurück. Es stand nicht nur Callies Job auf dem Spiel. Auf keinen Fall würde er zulassen, dass er mit seinem dämlichen Verhalten seinem Bruder und seiner zukünftigen Schwägerin schadete. Diese spontane Vegas-Hochzeit war absolut untypisch für ihn gewesen. Deswegen hatte er seine Konsequenzen daraus gezogen und trank seitdem kaum noch. Nie wieder würde er so die Kontrolle über sich verlieren.

Schließlich galt er in seiner Familie schon immer als Problemlöser. Doch Callie musste ihm helfen. Immerhin war sie PR-Expertin.

„Also, wie gehen wir mit den Auswirkungen um, wenn die Geschichte in der Presse Wellen schlägt?“

Ein zögerliches Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Du willst, dass ich ihm die Stirn biete?“

„Natürlich. Er ist ein Erpresser.“ Er musterte sie stirnrunzelnd. „Was hast du denn von mir erwartet?“

„Ich weiß nicht. Die Sache ist die: Ich kenne dich nicht besonders gut. Jedenfalls ist es schön, dass du hinter mir stehst.“

„Callie, ich weiß, unsere Beziehung ist ein bisschen unkonventionell, aber bitte zweifele nie daran, dass ich hinter dir stehe.“

„Danke“, sagte sie und sah einen kurzen Moment lang genau wie die Frau aus, die ihn damals an der Bar in ihren Bann gezogen hatte. „Das bedeutet mir viel“, fuhr sie fort. „Und es gilt auch umgekehrt.“

„Das weiß ich zu schätzen. Wie sieht also unser erster Zug aus?“

Sie tippte sich nachdenklich mit ihren leuchtend roten Fingernägeln gegen ihre geschürzten Lippen. „Wir müssen der Story zuvorkommen. Damit wir unsere eigene Geschichte lancieren können.“

„Klingt gut“, sagte er. „Wie machen wir das?“

„Wir müssen der Presse unsere Version von der Hochzeit erzählen.“ Unwillkürlich war sie aufgesprungen und hatte begonnen, im Raum auf und ab zu laufen. Immer schneller strömten die Worte aus ihrem Mund. „Wir schreiben die Geschichte um. Wir sagen, es war Liebe auf den ersten Blick. Herzergreifend, nicht der negative Mist, den die Boulevardblätter drucken wollen. Wir müssen mit der Geschichte so schnell wie möglich an die Presse gehen. Meine Kontakte werden mir dabei helfen.“

Adam sah sich die Notizen durch, die er sich bis jetzt gemacht hatte. „Das reicht nicht. Es steht ein Wort gegen das andere.“

„Aber das ist nur der erste Schritt“, sagte sie. „Als Nächstes erzählen wir Ihnen, was der neueste Stand ist.“

„Was ist der neueste Stand?“, fragte er, ohne von seinen Notizen aufzublicken.

„Ich weiß nicht.“ Sie blieb abrupt stehen. „Es sollte um uns gehen.“

„Als Paar?“, fragte er argwöhnisch.

„Das wäre das Beste.“ Sie stand da, die Hände in die Hüften gestemmt, während ihr Hirn offensichtlich auf Hochtouren arbeitete. Ständig schossen ihr neue Ideen durch den Kopf. „Vielleicht lautet der neueste Stand, dass wir jetzt endlich bereit für eine richtige Hochzeit sind.“

Instinktiv zuckte er zusammen. Dann schalt er sich selbst: Sie waren gerade beim Brainstorming. In dieser Phase musste er offen für alle Ideen sein. Nur so würden sie eine Lösung finden. „Was würde das nützen?“

„Dann wirkt die Hochzeit in Vegas ganz anders. Als hätten wir uns auf den ersten Blick ineinander verliebt. Und als wäre das der Startschuss für unsere jetzige Beziehung gewesen. So wird die Geschichte weder meiner Karriere noch deiner Familie schaden. Bevor wir mit der Story an die Öffentlichkeit gehen, müsste ich mit den Seniorpartnern reden. Ich werde ihnen sagen, dass wir uns darauf geeinigt haben, niemandem davon zu erzählen, bevor wir es offiziell machen.“

„Eine Hochzeit.“ Die Skepsis in seinem Tonfall war nicht zu überhören.

Callie zog ihre schmalen Schultern hoch. „Es muss ja nicht für immer sein. Nur bis das Interesse an der Story abgeklungen ist. Dann können wir uns in aller Stille trennen und unser normales Leben weiterführen.“

„Wie wollen wir die Monate dazwischen erklären?“

„Ich weiß noch nicht. Lass mich einen Moment überlegen.“

Wieder tippte sie sich mit dem Fingernagel gegen die Lippen. Wenn sie nachdachte, sah sie sogar noch schöner aus als in seinen Träumen. In seinem Traum letzte Nacht waren sie wieder in ihrem Hotel in Vegas gewesen. Im Bett. Er hatte sie auf ihre verführerischen Lippen geküsst, während er ihren nackten Körper unter sich spürte. Das Blut begann in seinen Adern zu kochen bei der Erinnerung. Angestrengt richtete er den Blick zum Deckenfluter, um den Aufruhr in seinem Körper niederzukämpfen.

„Okay“, sagte sie. „Wir können sagen, dass wir es versucht haben, aber dass die Umstände uns auseinandergebracht haben. Trotzdem haben wir den Kontakt nicht verloren. Irgendwann haben wir dann angefangen, an unseren Problemen zu arbeiten. Und nun sind wir endlich bereit für ein gemeinsames Leben. Als Ehemann und Ehefrau.“

Er gab sich Mühe, die Geschichte von allen Seiten zu betrachten. „Dieses Hin und Her in unserer Beziehung wird sicher hilfreich sein, wenn wir später die Trennung erklären müssen. Nur, wie schaffen wir es, die Welt davon zu überzeugen, dass diese Geschichte nicht wie eine PR-Aktion wirkt?“

„Ich werde dafür sorgen, dass Freunde von mir Details der Geschichte an Journalisten durchsickern lassen. Natürlich erzählen wir unsere Geschichte auch selbst der Presse. Wir werden uns ab und zu in der Öffentlichkeit zeigen und ein paar Interviews geben. Und dann heiraten wir.“

Der letzte Punkt auf der Liste überrumpelte ihn. Auf einmal hatte er einen trockenen Mund. „Du willst das wirklich durchziehen?“

Callie wirkte vollkommen ungerührt. Anscheinend verfügte sie über Nerven aus Stahl. „Wir sind bereits verheiratet, juristisch gesehen wird sich also nichts ändern. Und scheiden lassen müssen wir uns irgendwann so oder so.“

Adam schluckte schwer. Sie hatte recht. Da sie bereits verheiratet waren, machte eine offizielle Hochzeitsfeier keinen Unterschied. Nichts würde sich ändern. Aber in ihrer Nähe zu sein und Zeit mit ihr zu verbringen würde vielleicht eine ganze Menge ändern …

2. KAPITEL

Viereinhalb Stunden später stand Adam im Wohnzimmer seines Bruders Liam. Seine gesamte Familie hatte sich versammelt. Liam und seine Verlobte saßen nebeneinander auf dem Sofa, jeder von ihnen hielt ein Baby auf dem Schoß. Und auch sein jüngster Bruder Dylan und seine Verlobte waren gerade glücklicherweise in der Stadt. Normalerweise pendelten die beiden ständig zwischen New York und L. A. hin und her. Erwartungsvoll sahen Adams Eltern ihn an.

Er und Callie tauschten einen schnellen Blick. Obwohl die Familie noch miteinander plauderte, war es Zeit, sich der Sache zu stellen. In Adams Magen rumorte es.

„Bereit?“, fragte er Callie leise.

„Sicher“, gab sie zurück, ihr Gesichtsausdruck war völlig undurchdringlich.

Er wappnete sich innerlich. Es war nicht leicht, den Menschen, die ihm auf der Welt am wichtigsten waren, seine Fehler zu gestehen. Adam räusperte sich. Sofort wurde es im Raum still.

„Danke, dass ihr euch so kurzfristig Zeit genommen habt. Zunächst möchte ich euch Callie Mitchell vorstellen. Callie ist verantwortlich für die neue PR-Kampagne der Hawke-Brothers-Stiftung.“

Seine beiden Brüder sahen ihn fragend an. „Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Callie“, schaltete sich Jenna ein. „Sie wissen das wahrscheinlich schon, aber ich leite die Stiftung. Wir beide werden also eng zusammenarbeiten.“

„Ich freue mich darauf“, sagte Callie und erwiderte das Lächeln ebenso herzlich.

Liam legte den Kopf schräg. „Das erklärt allerdings nicht, warum du sie uns allen vorstellst und nicht bloß Jenna.“

„Willst du uns etwa wieder zu einer dieser bescheuerten PR-Aktionen überreden?“, schnaubte Dylan. „Wie diese Junggesellenversteigerung?“

Adam zog amüsiert eine Augenbraue hoch. „Wenn ich mich recht entsinne, hat diese bescheuerte Aktion recht gut für dich funktioniert.“ Er warf einen vielsagenden Blick auf Dylans Hand, die auf der Hand seiner Verlobten lag – Faith hatte damals drei Dates mit Dylan ersteigert.

Dylan grinste. Er beugte sich vor und küsste Faith auf die Wange.

„Also warum sind wir dann alle hier?“, wollte seine Mutter wissen.

Adam atmete tief durch. Er warf Callie einen schnellen Blick zu, um sicherzugehen, dass die direkte Art seiner Familie sie nicht einschüchterte. Sie wirkte zwar ein wenig angespannt – was unter diesen Umständen normal war – schien aber ansonsten okay zu sein.

Er hingegen wünschte sich verzweifelt, irgendwo anders zu sein. „Callie und ich …“, begann er. „Wir kannten einander, bevor sie den Auftrag bekam.“

„Callie“, sagte Dylan mitfühlend. „Falls du mit meinem Bruder ausgegangen bist, muss ich mich für ihn entschuldigen. Er hat ein paar ernste Probleme …“

„Einen Stock im Arsch zum Beispiel“, fiel Liam ihm ins Wort.

„Richtig“, erwiderte Dylan. „Besser hätte ich es nicht formulieren können.“

Adam rieb sich den Nasenrücken. Sein Leben stand Kopf, und sie machten sich auch noch über ihn lustig?

„Wir sind nicht ausgegangen“, sagte er trocken. „Wir haben geheiratet.“

Nach einem Moment schockierten Schweigens redeten alle wild durcheinander. Sogar die Babys, Jennas Töchter Meg und Bonnie, stimmten in den allgemeinen Lärm mit ein. Lachend fuchtelten sie mit ihren kleinen Ärmchen.

Callie warf Adam einen alarmierten Blick zu. Er wusste nicht viel über sie, aber vermutlich war sie nicht in einer so lauten Familie aufgewachsen. Dies hier war für sie so etwas wie eine Feuertaufe.

„Entschuldigt“, sagte er und zwang sich zu einem Lächeln. Sosehr er seine Familie auch liebte, stellte sie seine Geduld doch immer wieder auf eine harte Probe. „Wenn ihr mir die Gelegenheit dazu gebt, würde ich euch gerne erklären, was vorgefallen ist.“

Schlagartig verstummte der Lärm, und Adam atmete auf. „Callie und ich haben uns vor zwei Jahren auf einer Konferenz in Vegas kennengelernt. Seither sind wir einander immer wieder begegnet, dreimal insgesamt. Und aus einer Laune heraus haben wir dieses Jahr geheiratet.“

Es war Liam, der zuerst seine Stimme wiederfand: „Ich schätze, Alkohol hat dabei auch eine Rolle gespielt?“

„Bitte sag mir, dass ein Elvis-Imitator die Zeremonie durchgeführt hat“, bettelte Dylan, der die Situation offensichtlich in vollen Zügen genoss.

Adam rang um Gelassenheit: „Ja, Alkohol hat eine Rolle gespielt. Und nein, kein Elvis-Imitator.“

Seine Mutter rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her. „Du meine Güte, ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Warum um alles in der Welt hast du denn nie etwas gesagt? Das klingt alles so entsetzlich unromantisch.“

„Hey!“, rief Dylan dazwischen, bevor Adam antworten konnte: „Deswegen hast du dich also geweigert, an der Junggesellenversteigerung teilzunehmen. Weil du schon verheiratet warst.“

Adam zuckte zusammen. Die Auktion hatte direkt nach seiner Heimkehr von jenem schicksalshaften Wochenende in Vegas stattgefunden. Obwohl niemand von der Hochzeit wusste, hätte es sich verlogen angefühlt, den Junggesellen zu spielen. Statt die Frage zu beantworten, wandte er sich lieber an seine Mutter.

„Callie hatte diesen Auftrag unabhängig davon bekommen. Die Seniorpartner wissen nichts von unserer Verbindung. Unglücklicherweise hat ein Kollege es herausgefunden und will sie jetzt erpressen. Damit sie ihm den Auftrag abtritt und er die Beförderung kassiert.“

„Wie schrecklich“, rief Faith aus. „Ich hasse so was. Kannst du es nicht den Seniorpartnern erzählen?“

Callie nickte langsam. „Das könnte ich. Aber die Geschichte würde wahrscheinlich trotzdem herauskommen. Und durch Adams Verbindung zu Jenna und damit zur Fürstenfamilie von Beltsee wäre diese Geschichte ein gefundenes Fressen für die Boulevardpresse.“

„Außerdem“, fügte Adam hinzu, „könnte das Ganze desaströse Folgen für die Stiftung haben. Spendengelder könnten ausbleiben. Ganz zu schweigen davon, dass die negative Berichterstattung Liams und Jennas Hochzeit überschatten könnte.“

Sowohl Liam als auch Jenna protestierten. Doch Callie schnitt ihnen das Wort ab. Offensichtlich hat sie bereits gelernt, wie man mit meiner Familie umgehen muss, dachte er zufrieden.

„Alles ist gut“, sagte sie. „Wir haben einen Plan.“

Callie warf Adam einen fragenden Blick zu. Er nickte – schließlich war das Ganze ihre Idee gewesen. Da war es nur angemessen, dass sie es ihnen selbst erzählte.

„Wir kommen den Medien zuvor und bringen die Story selbst an die Öffentlichkeit. Wir machen unsere Beziehung öffentlich. Ein paar befreundete Journalisten werden mir dabei helfen. In der Story, die wir lancieren, wird es um den unkonventionellen Beginn unserer Liebesbeziehung gehen. Interviews, Fotos. Und wenn das Interesse dann abflaut, kehren wir zur Normalität zurück.“

„Liebesbeziehung?“, erkundigte sich seine Mutter hoffnungsvoll.

Fast hätte Adam laut losgelacht. Von der ganzen verrückten Geschichte war seiner Mutter ausgerechnet diese Formulierung im Kopf geblieben.

„Entschuldige, diesen Teil haben Callie und ich uns nur ausgedacht. Wir warten ab, bis das Interesse abgeklungen ist, und lassen uns dann in aller Stille scheiden. Die einzigen Menschen, die die Wahrheit erfahren werden, seid ihr. Und natürlich Callies Familie.“

Beim Blick in das enttäuschte Gesicht seiner Mutter beschlichen Adam Schuldgefühle. Andererseits – bald würde sie zwei neue Schwiegertöchter bekommen, da konnte sie sich kaum beschweren.

„Mir gefällt nicht, dass du das nur für uns tust“, sagte Jenna und legte Liam die Hand auf den Oberschenkel. „Du musst das nicht tun – wir kommen schon zurecht.“

Das mochte stimmen. Doch er würde auf keinen Fall zulassen, dass sein Fehltritt seinen Brüdern oder Jennas Familie in irgendeiner Weise schadete. Er hatte dieses Chaos angerichtet, und er würde es in Ordnung bringen.

„Callie und ich haben über die Folgen für deine Familie gesprochen, Jenna. Aber natürlich geht es auch um die Stiftung und um Callies Karriere. Wir haben uns auf diese Strategie geeinigt, weil sie in unser aller Interesse ist.“

„Wie können wir helfen?“, fragte Liam.

„Wir regeln das“, sagte Callie. „Ihr müsst nur mitspielen und an der Hochzeit teilnehmen.“

Faith zuckte zusammen. Anscheinend hatte sie eine Idee. „Ich kann einen Beitrag über den Brautstrauß in meiner Sendung bringen, wenn das hilft.“

Erst vor Kurzem hatte sie einen Job als Moderatorin einer Gartensendung übernommen. Ihr Sender befand sich in New York. Das war der Grund, warum Dylan und sie nun regelmäßig pendelten.

Jenna nickte. „Liam hat eine neue Blumensorte gezüchtet. Eine schneeweiße Tulpe, die er demnächst präsentieren will. Statt extra ein Werbeevent dafür zu planen, könnten wir die Hochzeit nutzen, um sie den Medien zu präsentieren. Damit können wir die Berichterstattung etwas lenken.“

Liams Kreativität und Geschick bei der Züchtung neuer Blumensorten war ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Züchtungsunternehmens. Jenna hatte für die Präsentation der letzten Neuzüchtungen einige im ganzen Land bekannte Persönlichkeiten gewinnen können. Und als Floristin hatte Faith dafür gesorgt, dass die Neuzugänge zu ihrem Sortiment fachmännisch präsentiert wurden.

„Großartig.“ Aufgeregt wandte sich Faith an Jenna. „Du warst dir wegen des Namens sowieso noch unsicher. Vielleicht könnten wir die Hochzeit einflechten. Wir könnten die Blume Hochzeitstulpe nennen.“ Im Nu waren Jenna und Faith in ein angeregtes Fachgespräch verwickelt.

In der Zwischenzeit nutzten Adams Eltern die Gelegenheit, Callie in der Familie willkommen zu heißen – auch wenn es nur für einen überschaubaren Zeitraum sein würde.

Adams Brüder traten auf ihn zu. Liam klopfte seinem großen Bruder anerkennend auf die Schulter. „Kaum zu glauben, dass du als Erster von uns heiraten wirst.“

„Wieso wirst?“, fragte Dylan. „Er ist doch schon verheiratet. Wir müssen in Zukunft darauf achten, dass er nicht zu viel trinkt.“

Obwohl es nur ein harmloser Scherz war, zuckte Adam zusammen. Der Gedanke, dass ausgerechnet seine jüngeren Brüder auf ihn achten sollten, war einfach zu viel. Er wandte sich ab. Doch seine Brüder ließen ihn nicht in Ruhe.

„Weißt du“, sagte Liam und tat so, als würde er angestrengt nachdenken. „Ich weiß gar nicht, wann ich ihn das letzte Mal betrunken gesehen habe.“

Dylan grinste. „Und jetzt wissen wir auch wieso: Es versetzt ihn in Heiratsstimmung.“

Adam drängte sich an den beiden vorbei und ergriff Callies Hand. Noch einmal erhob er die Stimme, um den Lärm zu übertönen: „So gern wir auch bleiben würden, Callie und ich müssen weiter. Wir treffen heute Abend noch ihre Familie.“

Ein paar Minuten später saßen sie im Auto. Als er den Motor startete, wurde ihm bewusst, dass jeder Muskel in seinen Schultern angespannt war. Es war nie schön, wenn man durch einen Patzer Gegenstand der allgemeinen Erheiterung wurde. Doch besonders wurmte ihn, dass ausgerechnet seine Familie Zeuge seines Kontrollverlusts hatte werden müssen.

Und dies war erst der Anfang der Farce.

Callie ließ ihren Blick über das scharfe Profil ihres Mannes gleiten, und ein Zittern durchlief ihren Körper. Hier in seinem Wagen neben ihm zu sitzen hatte etwas unheimlich Intimes.

Jetzt, da nichts anderes sie ablenkte, ließ seine Attraktivität ihr Herz schneller schlagen. Leise atmete sie seinen männlichen, herben Duft ein.

Adam hielt das Lenkrad fest umklammert, er wirkte aufgewühlt.

„Das lief doch ganz gut?“, sagte sie nach einigem Zögern.

„Sicher“, gab er spöttisch zurück. „Es gibt nichts Angenehmeres, als der eigenen Familie von seinen betrunkenen Ausrutschern zu erzählen. Und sich dafür aufziehen zu lassen.“

Callie zuckte zusammen. Ein betrunkener Ausrutscher. Das war ihre Ehe in seinen Augen. Sie wusste, dass es dumm war, so zu reagieren, schließlich hatte ihr Adam bereits klar gesagt, was er von ihrer Ehe hielt. Dennoch trafen sie seine Worte wie ein Schlag in die Magengrube.

Sie durfte nicht so empfindlich sein. Schließlich war es ihre Schuld, dass sie mit der Geschichte an die Öffentlichkeit gehen musste. „Vergiss deine Brüder. Lass uns weitermachen.“

„Gute Idee.“ Er lockerte seine breiten Schultern. „Erzähl mir von deiner Familie, damit ich vorbereitet bin. Werden sie sich über mich lustig machen oder mit der Schrotflinte auf mich losgehen?“

„Keins von beidem. Meine Eltern sind Lehrer, glücklich verheiratet und immer sehr verständnisvoll. Sie werden Fragen stellen, unterstützen mich aber bei allem, was ich tue.“

„Hast du Geschwister?“ Er fuhr schneller, um einen Wagen voller Teenager zu überholen, die das Radio laut aufgedreht hatten.

„Eine Schwester. Summer und ich wohnen zusammen.“ Außerdem war sie ihre beste Freundin. Tatsächlich war ihre Schwester die Einzige gewesen, der Callie von ihrer Vegas-Hochzeit erzählt hatte. Von ihrem unglaublich attraktiven Ehemann. Und von ihrer vergeblichen Hoffnung, dass vielleicht mehr daraus werden könnte.

„Wird sie heute Abend da sein?“ Seine tiefe, melodiöse Stimme erfüllte den Wagen.

„Sie sagte, sie würde mir moralischen Beistand leisten. Sie weiß Bescheid. Ich habe sie zwischendurch angerufen, damit sie uns hilft, einen Plan zu entwickeln.“

Sie und Summer waren schon immer unzertrennlich gewesen. Als sie zehn und Summer elf gewesen war, hatten sie sich einen Plan zurechtgelegt, wie sie zusammen die Welt erobern würden. Im Laufe der Jahre hatte sich der Plan ein paarmal geändert, doch im Kern war er gleich geblieben. Im College hatten beide ihr Talent für PR-Arbeit entdeckt und beschlossen, irgendwann ihre eigene Firma zu gründen. Mitchell und Mitchell. Bis dahin würden sie in verschiedenen Firmen arbeiten, um Erfahrungen zu sammeln und Kontakte zu knüpfen. Auch eine Seniorpartnerschaft war Teil ihres Plans. Denn die würde einen enormen Vorteil für ihre Firma bedeuten.

Irgendwann würden sie Männer kennenlernen, die zu ihnen passten. Männer voller Tatendrang und Einfluss. Männer, die eine erstaunliche Ähnlichkeit aufwiesen mit dem Mann direkt neben ihr.

So kindlich ihr Plan auch sein mochte, er war ihre Variante des amerikanischen Traums. Summer und sie hatten eine glückliche Mittelschichtskindheit mit liebevollen Eltern gehabt. Doch während ihre Eltern mit ihrem Los zufrieden waren, hatten Callie und Summer schon immer von mehr geträumt.

Dieses Eheintermezzo war ein kleiner Rückschlag, würde aber an ihrem Lebensplan nichts ändern. Sobald Callie sich von Adam getrennt hatte, würden sie und ihre Schwester unbeirrt weitermachen.

Endlich bogen sie in die Einfahrt ein und hielten vor dem Haus von Callies Eltern. Sofort entdeckte sie Summers Wagen.

„Ein hübsches Haus“, sagte Adam.

Unwillkürliche betrachtete Callie das bescheidene einstöckige Backsteinhaus mit neuen Augen. Im Garten blühten zahllose Blumen, was für Adam sicher nichts Besonderes war. Es waren schlichte Gänseblümchen und anspruchslose Blumenarten, die überall gediehen. Zwar wusste sie, dass Adam ebenfalls aus bescheidenen Verhältnissen stammte, trotzdem war er mittlerweile sicher viel luxuriösere Häuser gewohnt. Wie er wohl über ihre Herkunft dachte? Seine Miene gab nichts preis.

„Komm schon“, drängte sie schließlich. „Ich will dir meine Familie vorstellen.“

Eine Stunde später steuerten sie wieder auf Adams Wagen zu. Summer folgte ihnen.

„Das lief doch ziemlich gut“, sagte sie fröhlich.

Callie konnte das Lächeln ihrer Schwester nicht erwidern. „Meinst du nicht, dass sie enttäuscht von mir sind?“

Adam zog seine dunklen Brauen zusammen. „Sie sollten stolz auf dich sein. Alle Eltern wären stolz auf eine Tochter wie dich.“

Verblüfft sah Callie ihn an. Das war das erste Kompliment, das Adam ihr seit ihrer Hochzeit gemacht hatte. Und selbst da hatte er sie mit Komplimenten nicht gerade überschüttet. Ein wildes Glücksgefühl durchströmte ihren Körper – vom Kopf bis zu den Zehen. Gleichzeitig war sie erschrocken über sich selbst. Es konnte nicht sein, dass ein nettes Wort von Adam eine solche Wirkung auf sie hatte.

Mühsam riss sie sich zusammen.

„Danke“, stieß sie zwischen zusammengepressten Lippen hervor.

Adam nickte knapp, sah sie aber nicht an. Er schloss den Wagen auf.

„Mom und Dad sind nicht enttäuscht“, widersprach Summer. „Sie brauchen nur eine Weile, um sich an den Gedanken zu gewöhnen. Ihr sicher auch.“

„Die Zeit haben wir nicht“, gab Callie zu bedenken.

„Das ist wahr.“ Summer verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete die beiden nachdenklich. „Ich möchte euch beide nicht kränken, aber offen gestanden, wirkt ihr beide nicht wie ein verliebtes Paar.“

Adam zuckte die Achseln. „Ich bin nicht so der überschwängliche Typ.“

Summer schüttelte den Kopf. „Darum geht es nicht. Ihr wirkt so angespannt zusammen. Als würdet ihr euch unwohl fühlen.“

Adam winkte ab. „Wenn der Vorhang aufgeht, werden wir unsere Sache schon gut machen.“

Callie biss sich auf die Unterlippe. Sie wusste, dass Summer recht hatte. Wenn ihre Körpersprache nicht glaubwürdig war, würde ihnen niemand die Geschichte abkaufen. Und es war nicht zu leugnen, dass Adam und sie ganz und gar nicht entspannt miteinander waren.

„Was schlägst du vor?“, fragte Callie.

„Ein bisschen Schauspieltraining würde helfen.“

Callie zuckte zusammen. Der Gedanke, intime Gesten mit Adam einzustudieren, war erschreckend. Seit sie heute Morgen sein Büro betreten hatte, hatten sie sich kaum berührt. Dabei konnte sie sich nur zu gut daran erinnern, wie frei und ungezwungen sie schon miteinander umgegangen waren – und wie schön es gewesen war, von ihm liebkost zu werden. Diese Erinnerungen hatten sich unauflöslich in ihr Gehirn eingebrannt. Mit niemandem sonst hatte sie sich je so lebendig gefühlt. Vielleicht war sie beschwipst gewesen, als sie Adam geheiratet hatte, doch vor allem war sie von ihm selbst berauscht. Von seinen Liebkosungen, seinen Händen, seinen Lippen.

Wenn sie nur daran dachte, schlug ihr Herz schneller.

Adam hingegen wirkte völlig ungerührt. Es war, als würde ihm das alles überhaupt nichts abverlangen. Sie musste aufpassen, dass sie sich bei diesem Schauspieltraining nicht komplett lächerlich machte. Jemand musste auf die aufpassen.

„Wirst du uns helfen?“, fragte sie ihre Schwester.

„Natürlich“, erwiderte Summer lächelnd. „Warum fangen wir nicht gleich an? Wir können uns etwas zu essen holen und zu uns nach Hause gehen.“

„Ich glaube nicht, dass das nötig sein wird“, wandte Adam ein.

Nachdenklich sah Callie ihn an. Dann machte sie einen Schritt auf ihn zu, bis ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Sie legte ihm die Hand auf die Wange, eine Geste, die ihr nicht leicht fiel. Zu sehr sehnte sie sich danach, die Berührung fortzusetzen. Sie wollte sein stoppeliges Kinn streicheln und seine warme, verführerische Haut spüren.

Adams erstarrte. Fassungslos sah er sie an.

Callie trat einen Schritt zurück und sah ihm in die Augen. Sie hoffte inständig, dass ihr Blick sie nicht verriet. „Das ist genau, worüber Summer gesprochen hat. Wir können nicht bei jeder plötzlichen Berührung zusammenzucken. Sonst verraten wir uns.“

Adam lehnte sich mit dem Rücken gegen seinen Wagen und seufzte. „Du meinst, wir sollten üben.“

Callie nickte.

„Okay.“ Adam gab sich geschlagen. „Dann fahr du doch mit Summer vor, und ich hole auf dem Weg etwas zu essen.“

Während Callie ihm den Weg zum Apartment beschrieb, zog sich ihr Magen vor Nervosität zusammen. Sie würde den ganzen Abend lang üben, Adam Hawke zu berühren.

Präziser ausgedrückt: Sie würde den ganzen Abend damit verbringen, so zu tun, als ließen seine Berührungen sie kalt. Sie war sich nicht sicher, ob sie dieser Aufgabe gewachsen war.

3. KAPITEL

Mit Essenstüten beladen, stand Adam vor Callies Apartment und klingelte an der Tür. Das Einzige, was er seit heute Morgen zu sich genommen hatte, war ein Kaffee auf dem Weg zum Fitnessstudio. In Gedanken war er ganz und gar mit dem Arbeitstag beschäftigt gewesen, der vor ihm gelegen hatte. Nie hätte er geahnt, was an diesem Tag auf ihn zukommen würde.

Es war weniger als vierundzwanzig Stunden her, seit Callie wieder in sein Leben getreten war. Und schon hatte sie alles durcheinandergebracht: seinen Tagesplan, seine Familie, sein Leben.

Normalerweise sah er seine Aufgabe darin, Probleme zu lösen, und nicht, sie zu verursachen. Doch ein einziger Tag mit Callie Mitchell hatte das geändert.

Und jetzt war er auch noch im Begriff, sich auf eine Scheinehe mit ihr einzulassen. Wenn er heute etwas gelernt hatte, dann wie real und überwältigend seine Leidenschaft für diese Frau war. Aber er musste die Kontrolle bewahren, sich beherrschen. Wenn er nicht den Verstand verlieren wollte. Er musste klar unterscheiden, was real war und was Teil der PR-Kampagne.

Als der Summer erklang, schob er die Tür auf, durchquerte das Foyer und betrat den Aufzug. Er fuhr bis in den sechsten Stock.

Callie öffnete ihm die Tür, sie wirkte ebenso nervös wie er. Das beruhigte ihn ein wenig.

Er hielt ihr die Tüten hin. „Ich war mir nicht sicher, was ihr mögt. Also habe ich Sushi geholt, chinesisches Essen und Pizza.“

Summer kam auf ihn zu und nahm ihm die Tüten ab. „Toll. Das Sushi gehört mir.“ Sie kehrte in die Küche zurück und ließ Callie und Adam wieder allein.

Callie hatte sich umgezogen. Sie trug jetzt Jeans und ein himmelblaues Oberteil. Ihr langes karamellbraunes Haar hatte sie zu einem glatten Zopf zusammengebunden. Sie wirkte schön und begehrenswert.

„Ich möchte nur eins sagen.“ Sie vergrub die Hände tief in den Taschen. „Es tut mir leid, dass ich dich in all das hier hineingezogen habe.“

„Soviel ich weiß, habe ich die Heiratsurkunde ebenfalls unterzeichnet.“

„Ja, aber ohne meinen Job hätte es nie jemand herausgefunden. Außerdem ist da noch mein widerlicher Kollege.“

„Nicht deine Schuld“, wehrte er ab. „Außerdem weißt du nicht, ob die Journalisten nicht so oder so darauf gestoßen wären, wenn sie erst mal angefangen hätten zu wühlen. Sobald Liams und Jennas Hochzeit bekannt wird, werden sie das sowieso tun.“

Wenn überhaupt jemand Schuld trug, dann er. Sonst war er derjenige, auf den man sich verlassen konnte. Deswegen hatte er schon als Kind die Verantwortung für Liam und Dylan übertragen bekommen. Und deswegen war er der Geschäftsführer von Hawke’s Blooms und nicht einer seiner Brüder.

Wann immer er in der Vergangenheit unvorsichtig gewesen war, hatte das schlimme Folgen gehabt. Wie damals mit dreizehn, als er sich mit seiner ersten Freundin nach der Schule zum Knutschen hinter den Schuppen versteckt hatte. Der kleine Dylan hatte die Gelegenheit genutzt und war abgehauen. Erst nach zweistündiger verzweifelter Suche hatte Adam ihn wiedergefunden. Dylan war hingefallen und hatte sich Kratzer und blaue Flecken zugezogen. Adam hatte sich geschworen, von nun an besser auf seinen Bruder aufzupassen.

Als er das letzte Mal unvorsichtig gewesen war, hatte er betrunken eine nahezu fremde Frau in Las Vegas geheiratet …

Er folgte Callie durch das geräumige Apartment. Gemeinsam betraten sie die Küche, wo Summer bereits Teller und Besteck aus dem Schrank geholt hatte.

Die Schwestern arbeiteten Hand in Hand. Beim Anblick ihrer eingespielten, routinierten Handgriffe kam ihm ein seltsamer Gedanke: „Habt ihr so was schon mal mit einem Klienten machen müssen?“

Callie zog spöttisch eine Augenbraue hoch. „Eine Scheinehe eingehen?“

„Äh, nein“, sagte er. „Ich meinte, musstet ihr Leute coachen? Damit sie sich verhalten, als wären sie …“

„Verliebt?“, beendete Summer seinen Satz. Er nickte knapp.

Callie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich ihm gegenüber. „Nein, das ist für uns beide eine Premiere.“

Eigentlich hätte ihr Mangel an Erfahrung ihm Sorgen bereiten sollen. Doch ein Teil von ihm war froh.

„Lasst uns gleich anfangen“, schlug Summer vor. „Ihr beide solltet näher beisammensitzen.“

Sein Instinkt sagte ihm etwas anderes. Sein Instinkt riet ihm, Callie auf Distanz zu halten. Trotzdem war der Vorschlag natürlich vernünftig. Wenn man verliebt war, wollte man einander nahe sein. Er rückte auf und nahm direkt neben Callie Platz.

Sie war ihm so nah, dass er den Duft ihres Kokosnussshampoos riechen konnte. Sofort erwachten Erinnerungen in ihm. Daran, wie er ihr glänzendes Haar gestreichelt hatte. Wie sie sich in den Laken geräkelt hatte. Plötzlich musste er den Knoten seiner Krawatte lockern. Gleichgültig wirken war gar nicht so leicht.

Er warf seiner Frau einen scheinbar unbeteiligten Blick zu und schob sich einen Löffel gebratenen Reis in den Mund. „Ich schätze, dein Plan sieht vor, dass wir mehr Zeit miteinander verbringen. Damit wir uns aneinander gewöhnen.“

„So in etwa“, stimmte Callie zu. „Aber wir sollten auch ein paar Dinge tun. Aktiv.“

Er erstarrte. „Was meinst du damit?“

Callie zuckte die Achseln und legte sich eine Sushirolle auf den Teller. „Wir sollten uns ab und zu berühren. Händchen halten. Wenn uns die Kameras zufällig erwischen, sollten wir vertraut miteinander wirken.“

Er entspannte sich ein wenig. Das ergab Sinn und schien zudem nicht allzu intim.

Adam wappnete sich. Dann streckte er die Hand aus und strich ihr mit den Fingern leicht durchs Haar. „Etwa so?“

„Genau so.“ Sie wirkte professionell und beherrscht, dennoch klang sie ein wenig atemlos. „Und wir sollten uns ein paar Details über unsere Jobs erzählen. Und sonstige Dinge, die verheiratete Paare übereinander wissen.“

Händchen halten und reden. Das kriegte er hin.

Er bewegte seine Schultern und versuchte, die Verspannung loszuwerden, die sich dort eingenistet hatte. „Was würdest du gern wissen?“

Während des Abendessens stellte sie ihm alle möglichen Fragen über seine Firma, die er, so gut er konnte, beantwortete. Die gesamte Zeit gab er sich alle Mühe, gleichgültig zu erscheinen. Das war die Frau, in die er vorgab, verliebt zu sein. Es war lächerlich weit von der Wahrheit entfernt. Es forderte ihm so viel Konzentration ab, dass er von Glück sagen konnte, dass er sich nicht mit der Gabel ins Auge stach.

„Das lief doch schon ganz gut“, sagte Summer und nahm sich eine weitere Sushirolle. „Wie wäre es, wenn du sie jetzt ein bisschen fütterst, Adam?“

Erotische Bilder von ihrer Zeit in Las Vegas schossen ihm durch den Kopf. Damals hatte er seine frisch angetraute Frau im Hotel mit Erdbeeren gefüttert. An jenem Tag hatte er so viel getrunken, dass es ein Wunder war, dass er sich noch daran erinnerte.

Plötzlich wurde ihm bewusst, dass er ihr die Antwort schuldig geblieben war. Um seine Verlegenheit zu überspielen, hustete er. Doch seine Reaktion war Summer und Callie nicht entgangen. Sie wechselten einen vielsagenden Blick.

Summer sah ihn prüfend an. „Hast du noch nie mit einer Frau Händchen gehalten oder sie gefüttert?“

„Natürlich habe ich das. Aber mit diesen Frauen war ich zusammen“, verteidigte er sich. „In der Regel hat es sich organisch ergeben.“

Callies Atem ging schneller, ihre Blicke trafen sich. Und mit einem Mal war er sich ganz sicher, dass ihr genau dieselben Erinnerungen durch den Kopf schossen wie ihm. Wie sie auf jener Cocktailparty nach der Konferenz miteinander gelacht und geflirtet hatten. Wie er seine Hand auf ihre gelegt hatte an der Bar. Und wie sie sich geküsst hatten. Nur mit Mühe hatten sie es ins Hotelzimmer geschafft, wo sie sich die Sachen vom Leib gerissen hatten. Er erinnerte sich noch lebhaft daran: Auf dem Bett sitzend, hatten sie noch mehr Champagner getrunken. Und dann hatte er aus Versehen etwas auf ihren Körper verschüttet …

Auf einmal konnte er kaum atmen. Alles Blut schien aus seinem Kopf zu weichen und in seine untere Körperhälfte zu wandern. Dennoch weigerte sich Adam, die Kontrolle zu verlieren. Er warf einen Blick auf Summer, die das Zwischenspiel von der anderen Seite des Tisches aus beobachtete, und stieß einen tiefen Seufzer aus. Im Moment ging es nicht darum, was er wollte. Es ging auch nicht darum, sich mit Callie zu amüsieren. Das hier war eine Probe. Damit sie anschließend die Öffentlichkeit davon überzeugen konnten, dass sie ein verliebtes Pärchen waren. Und er hatte vor, seine Rolle gut zu spielen.

Entschlossen nahm er einen Löffel Reis und begann, Callie zu füttern. Dabei legte er so viel Enthusiasmus an den Tag, wie er aufbringen konnte.

Sie lächelte fröhlich zurück und öffnete die Lippen ein Stück weiter.

„Schon besser“, lobte Summer. „Obwohl, Callie, könntest du sein Handgelenk festhalten, damit er die Gabel ruhig hält?“

Callie gehorchte. Adam versuchte, weder auf ihre warme Hand zu achten noch auf den Duft ihrer Haut. Es war schwer, sich zu beherrschen, während er den Blick auf ihre verführerischen Lippen gerichtet hielt.

„Großartig“, sagte Summer. „Jetzt schaut einander in die Augen.“

Adam blickte konzentriert in Callies klare graublaue Augen und versuchte, möglichst unbeteiligt zu wirken. Er dachte an den Stapel unerledigter Papiere auf seinem Schreibtisch. An Tabellenkalkulationen und Grafiken. Auf keinen Fall durfte er sich in einem Augenblick verlieren, der nicht einmal real war.

Summer seufzte unzufrieden. „Das war nicht besonders glaubwürdig. Wie wäre es, wenn wir den Tisch abdecken und im Wohnzimmer weiterüben?“

Beinahe unmerklich zuckte Callie zusammen, und er drückte tröstend ihre Hand. Als ihm bewusst wurde, was er da tat, hätte er beinahe gelacht. Eigentlich hatte es ihm immer gefallen, wenn Frauen ihn anziehend fanden – auch auf Callie hatte er einmal eine gewisse Anziehungskraft ausgeübt. Und jetzt tröstete er sie, weil sie sich ein paar Minuten lang von ihm berühren lassen musste.

Nachdem sie den Tisch abgedeckt hatten, gingen sie ins Wohnzimmer. Dort brachte Callies Schwester ungefähr zehn Minuten damit zu, verschiedene Posen zu arrangieren. Es war peinlich, zur Spielfigur einer Frau zu werden, die er kaum kannte. Noch schlimmer war allerdings das brennende Verlangen, das er für die weibliche Spielfigur neben sich empfand.

Irgendwann seufzte Summer entnervt. „Okay. Ich zeige euch das mal.“ Sie nahm die Digitalkamera, mit der sie einige Bilder geschossen hatte, und verkabelte sie mit ihrem Laptop. „Schaut euch das an.“

Adam warf einen Blick auf den Bildschirm und wusste sofort, was sie meinte. Ihre Posen waren steif und unnatürlich, und Callie wirkte gequält.

„Das ist nicht gut genug“, gab er zu.

Callie biss sich auf die Unterlippe. „Wir müssen uns eben mehr anstrengen.“ Sie wandte sich vom Laptop ab und blickte sich suchend im Raum um. „Wie wäre es, wenn wir Musik auflegen würden? Vielleicht können wir tanzen? Wenn wir etwas zu tun haben, fühlen wir uns vielleicht nicht so unwohl.“

„Gute Idee“, sagte er. Zwar war die körperliche Nähe, die so ein Tanz mit sich brachte, gefährlich. Doch das Ganze war einen Versuch wert.

Summer ging zur Stereoanlage in der Ecke. Sekunden später erfüllten die Klänge einer Liebesballade den Raum. „Sollen wir?“

Seine Höflichkeit brachte sie zum Lächeln. „Ja, gerne.“ Sie nahm seine Hand.

Als ihre Körper sich streiften, löste die Berührung ein Feuerwerk in seinem Körper aus.

Er führte Callie auf eine freie Stelle im Wohnzimmer mit poliertem Holzfußboden. Hier war die Beleuchtung ein wenig gedämpft. Dann zog er sie in seine Arme, und sie begannen zu tanzen. Mit der Musik fühlte sich die Nähe gleich viel natürlich an.

„Du hattest recht“, flüsterte er. „Ich fühle mich viel wohler.“

„Ich mich auch“, gestand sie. „Ist es okay für dich, wenn ich ein bisschen näher komme?“

Er lachte leise. „Wir sollen verliebt aussehen. Ich glaube, du kannst so nahe kommen, wie du willst, ohne mich um Erlaubnis zu bitten.“

Sie trat einen Schritt näher und legte den Kopf an seine Schulter. Ein schönes, vertrautes Gefühl. Als er die Hand um ihre Taille legte, stieß sie einen leisen Seufzer aus.

Wie leicht wäre es, sie jetzt zu küssen, dachte Adam. Er musste sich nur ein wenig vorbeugen. Wie schön es wäre, sich in diesem Kuss zu verlieren. Er würde sie bei der Hand nehmen, ins Schlafzimmer führen und …

Nur dass sie eine Zuschauerin hatten.

Und dass sie nur so taten als ob.

Das hier war nicht real. Er durfte nicht auf die Geschichte hereinfallen, die sie der Presse erzählten. Abrupt ließ er Callie los und trat einen Schritt zurück.

„Ich, äh …“ Er räusperte sich. „Das schien doch schon ganz gut zu laufen.“

Callie nickte. „Was meinst du, Summer?“

Ihre Schwester ließ die Kamera sinken und wies auf den Laptop. „Großartig. Sobald ihr zwei angefangen habt zu tanzen, war es total glaubwürdig. Erinnert euch daran, wie sich das angefühlt hat, wenn die Fotografen euch bitten, für die Kameras zu posieren.“

„Natürlich“, sagte Callie. Ihre Stimme klang ein wenig heiser. „Wir tun einfach so, als würden wir tanzen.“

Adam massierte sich die Schläfen. „Sollte klappen“, sagt er und warf einen Blick zur Tür. Er brauchte ein bisschen Zeit für sich, um einen klaren Kopf zu bekommen. „Ich sollte gehen. Danke für deine Hilfe, Summer.“ Er streckte ihr die Hand hin, und sie schüttelte sie herzlich. Dann wandte er sich an Callie. „Callie, lass mich wissen, wann du ein Interview arrangiert hast. Dann räume ich dafür Platz in meinem Terminkalender frei.“

„Ich kümmere mich gleich morgen darum.“

Er nickte, unsicher, wie er sich von ihr verabschieden sollte. Schließlich gab er ihr einen raschen Kuss auf die Wange.

Hastig verließ er das Apartment. Denn so unvernünftig es auch war, er sehnte sich danach, sie wieder zu küssen. Und nicht nur auf die Wange.

Sobald sich die Fahrstuhltüren hinter ihm geschlossen hatten, stieß er seinen Kopf gegen die Wand und fluchte. Das nächste Mal, wenn er mit Callie Mitchell zusammen war, musste er sich besser im Griff haben. Sie mussten wie zwei Schauspieler sein, die eine Szene spielten.

Das nächste Mal …

Er stöhnte auf bei dem Gedanken, dass dies nur der Anfang war.

Zwei Tage später schlenderten Callie und er mit einer Journalistin durch die Blumenhallen von Hawke’s Blooms. Callie trug ein goldenes Kleid, Schuhe mit winzigen Absätzen und war professionell frisiert und geschminkt.

Adam lief mit dem Fotografen ein paar Schritte voraus. Gegensätzlicher hätten die beiden Männer nicht aussehen können: Während der Fotograf eine abgewetzte Jeans und ein verschlissenes T-Shirt anhatte, trug Adam einen Smoking. Wo er entlangschritt, teilte sich die Menge. Niemand hatte einen Gang wie Adam Hawke – kraftvoll und zielstrebig. Sein Jackett saß perfekt und unterstrich seine breiten Schultern.

„In der Männerlotterie hast du eindeutig das große Los gezogen“, bemerkte Anna Wilson trocken, die neben Callie herlief. Sie war Journalistin, und Callie hatte sich absichtlich zuerst an sie gewandt. Anna war eine Freundin und berühmt für ihre gut recherchierten Storys über Prominente. Nie machte sie sich über den Gegenstand ihrer Berichterstattung lustig oder ließ sich zu höhnischen Sticheleien herab.

„Ja, das Schicksal hat es gut mit mir gemeint.“ Erinnerungen an zerwühlte Laken und Adams nackten Körper schossen ihr durch den Kopf. Auf einmal hatte sie einen trockenen Mund.

„Vielleicht sollte ich es auch mal mit Vegas probieren“, gab Anna scherzhaft zurück. „Ein guter Ort, um sein Glück auf die Probe zu stellen.“

Callie spürte einen Stich in der Magengegend. Die Glücksgöttin hatte es eindeutig nicht gut mit ihr gemeint. Zwar hatte sie ihr einige himmlische Nächte mit einem wunderbaren Mann geschenkt. Doch der Preis war hoch.

„Ihr tragt keine Ringe“, bemerkte Anna plötzlich.

„Ringe?“ Callie sah sie verdutzt an.

„Du weißt“, spottete Anna, „diese kleinen goldenen Dinger, die die Leute gern austauschen, wenn sie sich verloben oder heiraten.“

Callie runzelte die Stirn, verwundert über sich selbst, dass sie dieses Detail übersehen hatte. Damals, bei der Hochzeitszeremonie, hatten sie billige Ringe erstanden, die es in der Kapelle zu kaufen gab. Am nächsten Morgen, als sie wieder nüchtern waren, hatten sie sie wieder abgelegt. Ihren bewahrte sie noch immer in ihrem Schminktäschchen auf. Sie nahm an, dass Adam seinen weggeworfen hatte.

„Für die neue Zeremonie besorgen wir uns auch neue Ringe“, erwiderte sie hastig. „Es soll einen Neuanfang symbolisieren.“

„Ein schöner Gedanke“, sagte Anna mit verträumtem Lächeln.

Adam blieb vor einem riesigen Blumenstand stehen. Überall standen Kübel mit Blumen in allen Farben. Er wandte sich an Callie. „Wie wäre es, wenn wir hier ein paar Fotos schießen?“

Prüfend blickte sie sich um, dann nickte sie. Die Kulisse war bunt und fröhlich, und das Licht war auch gut. „Schöne Idee.“

Adam beugte sich vor und gab ihr einen langen Kuss auf die Lippen. Ihr Puls begann zu rasen. Ausnahmsweise fiel es ihr nicht schwer, den verzückten Gesichtsausdruck aufzusetzen, den sie ohnehin ständig zur Schau stellen sollte. Er hatte sich in ihrem Gesicht festgesetzt, ob sie wollte oder nicht.

Anna beriet sich kurz mit dem Fotografen, bevor sie sagte: „Wie wäre es, wenn ihr diesen Kuss noch einmal für die Kamera wiederholen würdet?“

Callie warf Adam einen fragenden Blick zu. Er lächelte sie an, als könnte er sich nichts Schöneres vorstellen. Auf jeden Fall war er der bessere Schauspieler von ihnen beiden. Gut möglich, dass er noch etwas für sie empfand – die körperliche Anziehung zwischen zwei Menschen verschwand nicht von einem Tag auf den anderen. Aber Callie wusste, dass daraus nichts entstehen würde. Denn wenn sie in ihrer kurzen Zeit eins über Adam Hawke gelernt hatte, dann dass er über einen eisernen Willen verfügte.

„Mit Vergnügen.“ Er schlang den Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Dann küsste er sie noch einmal, aber dieser Kuss war anders – verführerisch, sinnlich, voller Leidenschaft. Sie strich über seine Schultern, dann über seinen Bizeps. Durch den Smoking hindurch konnte sie seine Muskeln spüren.

Als er mit den Lippen ihr Ohrläppchen streifte und ihren Namen flüsterte, durchlief ein Zittern ihren Körper.

Langsam lösten sie sich voneinander. Callie hielt sich noch einen Augenblick an seinem Arm fest, so zitterig fühlten sich ihre Knie an.

„Adam“, flüsterte sie, und ein zärtliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Großartig“, rief Ralph. „Bleibt so.“

Callie zuckte zusammen. Den Fotografen hatte sie vollkommen vergessen. Jetzt scheute sie sich davor, Adam in die Augen zu sehen. Er sollte sie nicht dafür verachten, dass sie sich so hatte gehen lassen. Und was, wenn er ebenso aufgewühlt ist wie du? Callie ignorierte die bohrende Stimme in ihrem Inneren. Manchmal war es besser, nicht so genau Bescheid zu wissen.

Sie wandte sich um und vertiefte sich in den malerischen Anblick der Blumenhalle. All die wunderschönen Blumen um sie herum. Endlich ging ihr Atem wieder gleichmäßig.

Als sie sich umdrehte, streifte ihr Kleid einen Blumenkübel mit Lilien, der zu ihren Füßen stand. Behutsam hob sie ihren knielangen Rock ein Stück hoch und trat einen Schritt zurück.

„Warte“, sagte Adam mit Blick auf ihren Saum. „Du hast Pollenstaub auf deinem Rock.“

Callie seufzte. Pollen ließen sich schier nicht aus Textilien entfernen, und sie hatte ausgerechnet ihr gutes Kleid an. Obwohl sie wusste, dass es vergeblich war, wollte sie den Fleck mit dem Daumen verreiben. Doch Adam hielt ihre Hand fest. „Warte. Reiben macht es nur schlimmer.“

Er kniete sich vor sie hin, nahm den Saum ihres Rocks in die Hände und inspizierte den Schaden. Dann zog er etwas aus seiner Hosentasche.

„Was ist das?“ Sie kniff die Augen zusammen, um zu erkennen, was er in der Hand hielt.

Er lächelte ihr zu. „Klebeband. Ich habe immer eine Rolle bei mir, wenn ich hier herumlaufe.“

„Ganz normales Klebeband?“, fragte sie skeptisch.

Er nickte. „Das eignet sich am besten.“ Er riss einen schmalen Streifen ab und legte ihn auf die Stelle mit dem Blütenstaub. Dann zog er ihn vorsichtig ab.

Es hatte etwas Märchenhaftes an sich, in einem goldenen Kleid inmitten von Blumen zu stehen, während ein attraktiver Mann zu ihren Füßen kniete. Die Tatsache, dass er weder beabsichtigte, ihr seine unsterbliche Liebe zu gestehen, noch ihr sein Königreich zu Füßen legen wollte, schmälerte die romantische Geste nicht. Im Gegenteil. Adam Hawke verdrehte ihr immer mehr den Kopf, ganz egal, was er tat.

Schließlich stand er auf und verstaute das Klebeband wieder in der Tasche. „Alles weg.“

Adam sprach so leise, dass nur sie ihn hören konnte. Als hätte er ihr etwas Intimes zugeflüstert.

Sie lachte leise – das hier kam ihr alles so unwirklich vor. „Ich kann nicht glauben, dass du das gerade getan hast.“

„Wenn man sein Leben lang mit Blumen zu tun hat, lernt man eben eine Menge Tricks.“ Er begleitete seine Worte mit einem leidenschaftlichen Blick.

Unwillkürlich leckte sie sich über die Lippen. Der Gedanke, ihn noch einmal zu küssen, hatte etwas Unwiderstehliches. Erst da fiel ihr ein, dass sie Zuschauer hatten.

Adam nahm ihre Hand und wandte sich an Anna und den Fotografen. „Wenn wir ein bisschen weiter in diese Richtung gehen, können wir ein paar Bilder mit Mitternachtslilien im Hintergrund bekommen.“

Liam hatte die Mitternachtslilie gezüchtet. Erst vor zwölf Monaten war sie auf den Markt gekommen. Ein Aushängeschild von Hawke’s Blooms – deswegen wollte Adam dorthin. Diese Aktion ist in erster Linie ein Geschäft für ihn, ermahnte sich Callie.

Wenn sie nicht aufpasste, würde sie sich von Gefühlen mitreißen lassen, die nicht real waren.

Das durfte nicht passieren. Nicht schon wieder.

4. KAPITEL

Callie war gerade aus der Dusche gestiegen, als sie den begeisterten Aufschrei ihrer Schwester hörte.

„Es ist online“, tönte es aus dem Nebenraum.

„Das Interview?“ Callie trocknete sich hastig ab und hüllte sich in ihren seidenen Morgenmantel, bevor sie sich auf den Weg ins Wohnzimmer machte.

„Ich dachte, sie würden den Beitrag erst in ein paar Tagen bringen.“

Callie spähte über die Schulter ihrer Schwester auf den Laptopbildschirm. Auf einmal stockte ihr der Atem. Noch nie hatte sie ein Bild von sich und Adam als Paar gesehen. So, wie ihre Beziehung bisher verlaufen war, hatte sich das nie ergeben. Sie hatte nicht erwartet, welch überwältigende Wirkung der Anblick auf sie haben würde.

Auf ein paar Aufnahmen standen Adam und sie inmitten von Blumen. Aber das größte Foto, das die halbe Seite einnahm, zeigte Adam zu ihren Füßen kniend, wie er den Saum ihres Kleides hochhielt.

„Das Foto ist toll“, sagte Summer. „Die Bildkomposition ist genial. War dieses Arrangement deine Idee oder die des Fotografen?“

„Unsere“, erwiderte Callie schwach. Sie rang noch immer um Fassung.

„Gute Arbeit. Und dein Gesichtsausdruck ist perfekt. Du siehst total verknallt aus. Das ganze Üben hat sich ausgezahlt.“

Callie konnte weder antworten noch den Blick vom Foto abwenden. Ihre Schwester hatte recht – die Frau auf dem Foto sah hoffnungslos verknallt aus. Was ihr Angst machte: Es war nicht gespielt. Keiner von ihnen beiden hatte in dem Moment gemerkt, dass sie fotografiert wurden.

Sie zog den Bademantel enger um sich und sank auf den Stuhl. Sie überließ es ihrer Schwester, den Rest der Story zu lesen. Callie hatte wichtigere Dinge, um die sie sich Gedanken machen musste. Zum Beispiel musste sie sich fragen, ob sie dieser Situation überhaupt gewachsen war …

„Hey, wow“, rief Summer aus.

„Was?“ Callie wappnete sich. Sie war sich nicht sicher, ob sie noch mehr verkraften konnte. Es war schon schlimm genug, ihre privatesten Gefühle für Adam Hawke mit aller Welt teilen zu müssen.

„Ich habe gerade die Homepage eines anderen Magazins gecheckt. Sie posten einen Artikel mit der Überschrift: Prinzessin wünscht ihrem Schwager alles Gute für heimliche Vegas-Hochzeit.“

Callie zuckte zusammen. „Das klingt nicht nach Anna.“

„Aber es funktioniert. Schau, wie oft es schon geliket worden ist.“

Callie verfolgte verwundert, wie Summer sich durch immer mehr Seiten klickte. „Ich hätte nie gedacht, dass die Story so gut ankommen würde. Wir wollten sie ja nur als Prävention für möglicherweise negative Berichterstattung haben.“

„Und jetzt bist du über Nacht berühmt geworden“, sagte ihre Schwester.

Callie blinzelte verwirrt. Berühmt? Sie hatte all die Jahre ein ganz normales Leben geführt. Es kam ihr seltsam vor, dass Menschen im Internet ihre Geschichte lasen und teilten. „Aber warum?“

„Unterschätze nie die Werbewirkung einer Prinzessin. Sicher hilft auch das Gerücht, dass die Fürstin von Beltsee höchstpersönlich an der Hochzeit teilnehmen will.“

„Ich hoffe nur, Jenna bereut nicht, dass sie sich eingeschaltet hat.“

„Ich bin mir sicher, sie hat Erfahrung mit der Presse. Außerdem geht es ja nicht um sie. Dieses Foto, auf dem Adam vor dir kniet, sieht aus, als käme es direkt aus einer Aschenputtelverfilmung. Was hat er da eigentlich gemacht?“

„Blütenpollen von meinem Rock entfernt.“ Sie sah sich das Foto noch einmal an. Ja, genau so hatte es sich angefühlt, wie ein Moment aus einem Märchen.

Summer stieß einen verzückten Seufzer aus. „Dann ist er auch noch galant. Dieses Bild ist Gold wert.“

Callies Magen krampfte sich zusammen. Das ging alles zu schnell. „Ich muss Adam anrufen und ihn vorwarnen.“ Sie griff gerade nach ihrem Handy, als Summer plötzlich nach Luft schnappte.

„Da ist ein Foto von unserer Eingangstür.“

Callie überlief ein eiskalter Schauer. „Sie wissen, wo ich wohne.“

„Ja. Das Foto ist heute Morgen aufgenommen worden.“

Mit dem Handy in der Hand trat Callie ans Fenster. Tatsächlich, vor dem Eingang des Apartmentgebäudes hatte sich eine kleine Gruppe Paparazzi versammelt.

„Sie sind hier.“ Sie merkte, wie ihre Stimme zitterte. „Es ist schon ironisch. Da haben wir einen Großteil unseres Lebens damit verbracht, Storys in der Presse zu lancieren. Und die, die richtig einschlägt …“

„Ist deine eigene“, vervollständigte Summer ihren Satz, nachdem sie neben ihre Schwester ans Fenster getreten war.

„Ich hätte nie gedacht, dass die Geschichte für so einen Wirbel sorgen würde“, sagte Callie.

„Zumindest sind das gute Neuigkeiten für die Hawke-Brothers-Stiftung. Die wird nämlich auch im Artikel erwähnt. Und für dich, weil es deine Chance auf die Partnerschaft erhöht.“

Plötzlich klingelte das Handy in ihrer Hand. Sie warf einen Blick aufs Display, und ihr Herz machte einen Sprung.

Sie nahm ab. „Hi, Adam.“

„Callie“, sagte er mit seiner tiefen, sanften Stimme. „Hast du den Artikel schon gesehen?“

„Ja. Ich wollte dich gerade anrufen. Unser Apartment wird von Fotografen belagert.“

Adam fluchte. „Ich komme gleich vorbei. Pack schon mal deine Tasche.“

„Wozu?“

„Du und Summer könnt bei mir wohnen. Ich habe erstklassiges Sicherheitspersonal.“

Ein Teil von ihr wollte protestieren – der Teil, der noch immer schockiert war über ihren verliebten Gesichtsausdruck auf dem Foto. Doch Adam hatte recht. Callie holte tief Luft.

„Das ist vielleicht die beste Lösung.“ Sie ließ ihren Blick über die Schar der Paparazzi schweifen. „Aber komm nicht her. Ich werde so tun, als hätte ich nur kurz meine Schwester besucht. Die Öffentlichkeit geht vermutlich davon aus, dass wir zusammenleben. Ich packe schnell ein paar Sachen und lasse mir die Tasche später bringen.“

„Gute Idee“, sagte Adam. „Was ist mit Summer?“

„Sie geht in ein paar Stunden sowieso auf Geschäftsreise. Sie wird einige Tage außer Landes sein. Sobald die Presse spitzkriegt, dass ich nicht mehr im Apartment bin, werden sie sich zurückziehen. Und bis zu ihrer Heimkehr ist alles wieder in Ordnung.“

„Okay. Wir treffen uns in einer Stunde bei mir zu Hause. Ist das genug Zeit?“

„Perfekt“, sagte Callie. Sie durfte sich ihre Bedenken nicht anmerken zu lassen.

„Ich schicke jemanden, der Summer zum Flughafen fährt.“

Callies Blick wanderte zu ihrer Schwester. „Danke, das ist nett.“

Jene wilde Nacht in Vegas schlug größere Wellen, als sie je vermutet hatte. Sogar Summers Leben wurde davon beeinträchtigt. Nun, es half nichts, sie mussten mit der Situation fertigwerden. Und idealerweise würden sie aus ihr sogar Profit schlagen. Aber das ging nur, wenn sie professionell blieb.

Vielleicht war es in dieser Hinsicht kein kluger Schachzug, ins Haus ihres Ehemanns einzuziehen.

Als Callies Wagen in die Einfahrt einbog, stand Adam bereits vor seinem Haus am Strand und erwartete sie. Seine Haut kribbelte am ganzen Körper, er fühlte sich rastlos.

Callie stieg aus und blickte sich in ihrer neuen Umgebung um. Die Meerbrise spielte mit ihrem langen Haar. Mit der Hand schirmte sie ihre Augen gegen die gleißende Sonne ab.

Sein Herz setzte einen Schlag aus bei ihrem Anblick. So war es ihm schon gegangen, als sie sich das erste Mal begegnet waren. Er hatte sie gesehen, und der Rest der Welt hatte aufgehört zu existieren.

Und genau deswegen durfte er nichts mit ihr anfangen – das galt heute ebenso wie am Tag ihrer Hochzeit.

Sein Großvater kam ihm in den Sinn. In seiner Kindheit, vor dem Umzug seiner Familie nach Kalifornien, hatte er ihm sehr nahe gestanden. Auch der alte Mann hatte seinen Enkelsohn geliebt. Nachdem Liam und Dylan auf die Welt gekommen waren, hatte der Großvater oft auf Adam aufgepasst, und die gemeinsamen Stunden waren immer etwas Besonderes gewesen.

Doch dann heiratete der Großvater noch einmal, und alles änderte sich. Seine zweite Ehefrau war eine oberflächliche, hartherzige Frau. Sie mochte den kleinen Jungen, der ständig in ihrem Haus herumhing, nicht. Irgendwann verkündete sie, dass sie nicht länger mit einem Farmer verheiratet sein wollte. Sie drohte, ihren Mann zu verlassen.

Blind vor Liebe, verkaufte der Großvater die Farm – und damit das Erbe seiner Kinder. Mit dem Geld finanzierte er die Reisen seiner Frau und ihre Shoppingtouren. Alles nur, um sie zu halten. Doch als das Geld weg war, verließ sie ihn doch.

Adams Eltern packten ihren Besitz ins Auto und brachen zur Westküste auf, um dort ihr Glück zu versuchen.

Allein und gebrochen nahm sich der Großvater schließlich das Leben.

Adams Eltern wollten nie darüber sprechen, aber Adam bohrte nach.

Auf einem Blumenfeld, wo seine jüngeren Brüder sie nicht hören konnten, erzählten sie ihm schließlich die traurige Geschichte. Und obwohl er damals erst zwölf Jahre alt war, gab er sich selbst ein Versprechen.

Er würde immer die Kontrolle über sein Leben bewahren. Niemals würde er sich von irgendwem manipulieren lassen. Oder eine Entscheidung wider besseres Wissen treffen.

Natürlich hatte sein Großvater das auch nicht geplant. Er hatte einfach die Kontrolle verloren. Und deswegen wusste Adam, dass er besonders wachsam sein musste. Bei Frauen war er immer vorsichtig. Wann immer er das Gefühl bekam, nicht mehr klar denken zu können, machte er Schluss.

Ja, Callie Mitchell war definitiv eine Frau, vor der er sich in Acht nehmen musste.

Die Hochzeit in Vegas war der beste Beweis.

„Es ist wunderschön hier“, rief sie aus. Ihre klaren graublauen Augen strahlten vor Glück.

„Ja, ich liebe diesen Ort auch“, gab er lächelnd zurück. Das Rauschen des Meeres beruhigte seine Nerven. Hier fand er Frieden. „Komm rein, dann führe ich dich herum.“

Gemeinsam gingen sie die drei Treppenstufen hoch, die zur breiten Veranda führten. Vor der Haustür blieb sie kurz stehen: „Danke für die Einladung.“

Er nickte lediglich und führte sie dann ins Haus. Vor den bodentiefen Fenstern blieb er einen Moment lang stehen, und sie genossen den Blick aufs Meer. Dann gingen sie weiter.

Schließlich öffnete er eine Tür. „Das ist dein Zimmer.“ Wände und Zierleisten, in demselben Schneeweiß gehalten, bildeten einen hübschen Kontrast zum polierten Holzboden. Die Überdecke auf dem riesigen Bett war in Blau- und Grüntönen gehalten, die gut zu den leuchtenden Farben vor dem Fenster passten. Adam hatte den Dekorateur gebeten, die Einrichtung möglichst schlicht zu halten.

„Es ist wunderschön!“, rief sie, während sie den Blick zufrieden durch den Raum schweifen ließ. „Freiwillig gehe ich hier nie wieder weg.“

Instinktiv zuckte er zusammen. Unglücklicherweise hatte sie es bemerkt.

„Ich habe nur einen Scherz gemacht, Adam. Entspann dich. Ich habe nicht vor, mich in dein Leben zu schleichen.“ Sie lachte. „Okay, ich schätze, darauf läuft unser Plan letztlich hinaus. Aber ich meine, in Wirklichkeit.“

„Ich wollte dir nichts unterstellen.“ Er meinte es ehrlich. „Ich bin einfach nicht gewöhnt, mit irgendwem zusammenzuleben.“

Erstaunt zog sie eine Augenbraue hoch. „Hast du noch nie mit einer Frau zusammengelebt?“

„Nein. Ich habe eine Haushälterin, aber die hat ihre eigene Wohnung. Die meiste Zeit verbringe ich im Büro. Also sehe ich sie nicht oft.“

„Weiß sie es?“ Unwillkürlich hatte Callie ihre Stimme gesenkt. „Die Wahrheit über uns?“

Zwar hatte Adam vollstes Vertrauen zu seiner Haushälterin, trotzdem war er vorsichtig.

„Ich habe ihr eine Woche bezahlten Urlaub gegeben. Also müssen wir uns wegen ihr keine Sorgen machen. Normalerweise kocht sie für mich. Aber während du hier wohnst, können wir uns etwas bestellen.“

„Gute Idee. Ich kann aber auch gern für uns beide kochen. Das macht mir nichts aus.“

Das klang gemütlich. Selbst zubereitete gemeinsame Mahlzeiten am Abend. Ein bisschen zu gemütlich. Er durfte seine Wachsamkeit nicht verlieren.

Er schüttelte den Kopf. „Deine Zeit ist kostbar. Wie wäre es, wenn wir einen Kompromiss schließen und ich eine Cateringfirma beauftrage? Für Lunch und kleine Snacks zwischendurch lassen wir uns Lebensmittel liefern.“

Sie sah ihn fragend an. „Du wirst zum Mittagessen zu Hause sein?“

„Ich habe mir eine Woche freigenommen“, sagte er. Er versuchte, es beiläufig klingen zu lassen. Dabei hatte er sich in den letzten vier Jahren praktisch keinen einzigen Tag Urlaub gegönnt. „Ich habe im Büro Bescheid gesagt, dass wir quasi frisch vermählt sind und ein bisschen Zeit zusammen verbringen wollen. Ich werde von zu Hause aus arbeiten.“

Callie nickte langsam. „Mir war nicht klar, dass wir in nächster Zeit hier zusammen festsitzen würden.“

Autor

Rachel Bailey
Rachel Bailey war während ihrer Schulzeit nicht sehr interessiert am Schreiben und lesen. Physik, Chemie und Biologie waren ihre Lieblingsfächer. Ihre Mutter machte sich darüber lustig, dass sie wissenschaftliche Lehrbücher in den Urlaub mitnahm. Nach der Schule machte sie einen wissenschaftlichen Abschluss (wer hätte das auch anders gedacht?) aber ganz...
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