Baccara Exklusiv Band 220

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KARIBISCHE NÄCHTE MIT DEM BOSS von KATE CARLISLE
Wann, wo, wie oft – Sex? Ein pikanter Vertrag, den Aidan mit seiner Assistentin Ellie geschlossen hat, weil sich nach einem Baby sehnt. Danach soll er in sein Playboyleben zurückkehren. Doch Aidan fehlt etwas bei dem Deal: Ellie, für immer!

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  • Erscheinungstag 03.06.2022
  • Bandnummer 220
  • ISBN / Artikelnummer 9783751510257
  • Seitenanzahl 512
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Kate Carlisle, Jennifer Lewis, Kat Cantrell

BACCARA EXKLUSIV BAND 220

1. KAPITEL

„Geht heute denn alles schief?“

Aidan Sutherland starrte auf die E-Mail seines Angestellten, der die Umbauarbeiten im Hotel beaufsichtigte, und fluchte. Normalerweise ließ er Ärger an sich abperlen. Es war nicht seine Art, über Probleme zu schimpfen oder zu jammern.

Aber dieser neueste Vorfall war heute bestimmt schon Nummer siebenundfünfzig in einer langen Liste von Komplikationen. Dabei war es noch nicht einmal Mittag. Es reichte.

Aidan überflog die Nachricht noch einmal. Das Problem warf seinen Terminkalender über den Haufen, aber wenn er sich in den nächsten vierundzwanzig Stunden darum kümmerte und ein paar zusätzliche Arbeiter darauf ansetzte, würde es sich lösen lassen. Kein Grund, sich zu ärgern.

„Warum ärgert es mich dann doch?“, fragte er sich laut. Erstaunt über seine Stimmung, stand er auf und durchquerte sein großzügig bemessenes Arbeitszimmer. Als er aus einem der hohen Fenster auf das noble Alleria Resort hinabschaute, legte sich sein Ärger. Stattdessen fühlte er eine tiefe Befriedigung.

Mit einem Schmunzeln dachte er an die Zeit zurück, als dieses Inselparadies nur ein Traum gewesen war. Als sie Kinder waren, hatten er und sein Zwillingsbruder Logan sich gewünscht, Superhelden zu sein, so wie im Comic. Aber mehr noch hatten sie sich gewünscht, ein Königreich zu regieren. Für zwei Kinder aus Kalifornien, die schwimmen konnten, bevor sie die ersten Schritte taten, schien es nur natürlich, davon zu träumen, dass sie ihre Geschäfte von einer tropischen Insel aus abwickeln würden.

Aidan sah einem Katamaran zu, der den Hafen unter ihm ansteuerte. Logan und er hatten ihre Träume fast verwirklicht. Zwar leiteten sie ihr Geschäft nicht unter einer Palme in einer Hängematte liegend, dafür hatten sie Apartments im Alleria Resort Hotel. Nicht schlecht für zwei Jungs aus der Arbeiterklasse, die ihre Jugend mit Surfen und auf Partys verbracht hatten.

Allerdings hatten sie die meisten der Surfwettbewerbe, an denen sie teilnahmen, gewonnen. Irgendwann hatten sie genug Geld zusammen, um das Versprechen zu erfüllen, das sie ihrem Vater gegeben hatten: Er hatte gewollt, dass seine Söhne ein College besuchten.

Niemand war mehr verwundert gewesen als Logan und Aidan selbst, als ein renommiertes Ostküsten-College sie aufnahm. Und dort – so wollte es die Legende – legten sie beim Poker den Grundstein für ihr Vermögen.

Aidan und Logan hatten ihre Collegezeit mit Auszeichnung abgeschlossen. Aber die Wirtschaftsmagazine interessierten sich nicht für ihre studentischen Leistungen. In ihren Artikeln erzählten sie vor allem von der Leidenschaft der Sutherland-Brüder fürs Surfen, Spielen und für Partys.

Den Brüdern war es egal, was in den Zeitungen stand. Die Wahrheit war, dass sie es durch einen atemberaubenden Mix aus Geschäftssinn, Pokern, Surfen, Schweiß und harter Arbeit nach ganz oben geschafft hatten. Aber sie hatten auch Spaß gehabt und eine Menge Glück. Das Resultat war jedenfalls die Sutherland Corporation. Die edlen Bars und Resorts, die dazugehörten, lagen über den ganzen Erdball verstreut. Ihre eigene Insel, Alleria, gehörte auch dazu.

Sie lebten ihren Traum.

Das Alleria Resort war die Top-Adresse für anspruchsvolle Reisende. Außerdem war es der Geschäftssitz der Sutherland Corporation. Der Hafen der Insel gehörte zu den beliebtesten in der ganzen Karibik.

Aidan ging zu seinem Schreibtisch zurück und griff nach seinem Becher. Während er ihn mit frischem Kaffee füllte, dachte er an seinen Zwillingsbruder. Logan war mit seiner Braut Grace auf Europareise.

„Wahrscheinlich geht deshalb alles schief. Zu viele Hochzeiten“, murmelte Aidan vor sich hin. Wenn die beiden erst zurück waren, würde alles wieder rundlaufen. Na ja, nicht alles. Aidans Vater würde ebenfalls demnächst heiraten. Aidan schüttelte den Kopf. Als ob nicht schon genügend Turteltauben um ihn herumgurrten.

An der Beziehung zwischen seinem Vater und seiner geliebten Sally gab es nichts auszusetzen. Die beiden hatten jeder lange allein gelebt, bevor sie sich begegnet waren. Aidan freute sich für sie. Andererseits schienen seine Probleme begonnen zu haben, als sich alle um ihn herum verliebten.

Dad und Sally wollten sich im kommenden Monat auf Alleria trauen lassen. Um die Vorbereitungen dafür musste er sich noch kümmern. Außerdem hatte er am nächsten Wochenende in Kalifornien einen wichtigen Geschäftstermin.

„Verdammt.“ Er hatte vergessen, sich mit den Dokumenten für seinen Vater zu beschäftigen. Er vergaß sonst nie etwas. Verlor er etwa die Übersicht? Nein, er hatte nur seine Sekretärin verloren. Sie hatte ihn verlassen, um zu heiraten. Gerade als er sie am nötigsten brauchte, hatte sie sich verliebt und war nach Jamaika geflogen, um ihren Liebsten zu ehelichen. Warum musste sie ausgerechnet verschwinden, wenn Logan ebenfalls weg war?

Warum heirateten plötzlich alle?

All dieses Glück hatte ihn aus der Balance gebracht, nur darum vergaß er wichtige Dinge. Er selbst war überzeugter Single – und nun war er von Brautpaaren regelrecht umzingelt. Es war sehr merkwürdig. Seine wohlgeordnete Welt schien sich in Nichts aufzulösen.

Aidan zog sein Handy aus der Hosentasche und verglich seinen elektronischen Kalender mit dem auf seinem Schreibtisch, um zu prüfen, ob er noch etwas vergessen hatte. Normalerweise kannte er jede kleinste Kleinigkeit, die die Sutherland Corporation betraf. Aber als er seine Kalender kontrollierte, fiel ihm auf, dass es noch einiges gab, worum er sich kümmern musste. Zwar war nichts davon wirklich wichtig, dennoch gab es keine Entschuldigung für seine Nachlässigkeit.

Das Geschäft mit den Ericksons musste in den kommenden drei Wochen erledigt werden. Aidan beschloss, dieses Projekt an Ellie weiterzugeben. Er hatte das in letzter Zeit öfter getan, weil ihn andere Projekte beschäftigten. Unter anderem das neue Hotel der Duke-Brüder, das ein paar Meilen entfernt entstehen sollte. Die Dukes waren seine Cousins und lebten in Kalifornien.

Ellie würde das Erickson-Geschäft sicher besser abwickeln als Logan oder er selbst. Sie beide waren zwar bei Verhandlungen unschlagbar, Ellie aber hatte ein besonderes Händchen für Geschäftsgespräche. Sie würde sich mit den Dukes, den Ericksons und dem Gewerkschaftsboss verständigen. Wenn Ellie sich darum kümmerte, würde das Ganze reibungslos über die Bühne gehen.

„Klopf, klopf“, rief hinter ihm eine Frauenstimme.

„Ja?“ Er drehte sich um.

„Kein guter Zeitpunkt?“

„Ellie.“ Aidan entspannte sich beim Anblick seiner stellvertretenden Geschäftsführerin Ellie Sterling, die in der Tür stand. „Komm herein. Tut mir leid, wenn ich schlecht gelaunt klang.“

„Ist etwas passiert?“

„Nichts, was nicht rasch in Ordnung gebracht werden kann“, entgegnete Aidan. „Ein bisschen Durcheinander auf der Baustelle, aber das kriegen wir hin. Du kommst genau richtig. Ich wollte mit dir sprechen.“

„Ich wollte auch einiges mit dir durchsprechen“, sagte sie und hielt ihren Tablet-Computer hoch, den sie immer bei sich hatte.

„Klar. Was sonst?“ Wann hatte die tüchtige, aktive, vorausdenkende Ellie einmal nichts zu besprechen?

Auf Ellie war Verlass. Sie war seine kompetente, tüchtige rechte Hand.

Ellie ging zu seinem Schreibtisch. Aidan hielt den Atem an, als sie sich setzte und ihre atemberaubend langen Beine übereinanderschlug.

Verdammt. Er drehte sich weg. In letzter Zeit konnte er den Blick nicht von ihr lassen. Wahrscheinlich waren auch daran die vielen Hochzeiten schuld. Auf der anderen Seite fielen ihm die Beine seiner Geschäftsführerin schon seit längerer Zeit auf. Neuerdings machte ihn ihre Anwesenheit regelrecht nervös. Kein Wunder! Diese Frau hatte erstklassige Beine. Und ein erstklassiges Lächeln. Er war sicher, dass sie auch erstklassige Brüste hatte, aber das ging ihn nichts an. Ihr großartiges Lächeln und die sensationellen Lippen konnte er allerdings nicht ignorieren. Auch nicht die blauen Augen, die anbetungswürdige Nase und das dunkle Haar, das ihr in einem dicken Zopf bis auf den Rücken hinabfiel.

War sein Interesse an Ellie ein weiteres Zeichen, dass sich das Universum gegen ihn verschworen hatte? Hatte er zu viele Hochzeiten erlebt? Litt er an einer Überdosis Eheversprechen? So war es wohl. Zu viel Romantik. Deshalb fielen ihm Ellies Beine neuerdings auf. Er müsste blind sein, wenn es anders wäre.

Na bitte, das war die perfekte Erklärung. Er fühlte sich gleich besser. Abgesehen von jenem einen, sehr offensichtlichen Zeichen seiner Begierde … Wenn Ellie es bemerkte, würde sie wahrscheinlich schreiend aus seinem Büro laufen.

Nach einer Weile hatte er sich im Griff, drehte sich wieder um und lächelte sie unschuldig an. Als habe er sie sich nicht gerade nackt vorgestellt. Dabei würde jeder das verstehen. Sie trug ein ärmelloses, farbenfrohes, kurzes Sommerkleid, das ihre Kurven betonte. Wann hatte sie angefangen, sich so zu kleiden? War sie schon immer so sexy gewesen, und es war ihm vorher nur nicht aufgefallen? Verdammt. Vielleicht sollte er seine Augen untersuchen lassen.

Das Kleid zeigte jedenfalls ihre wohlgeformten, leicht gebräunten Arme und ihre unglaublich heißen Beine.

Jetzt, wo er darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass Ellie sonst eher selten Kleider trug. Sie bevorzugte Hosenanzüge und praktische Schuhe. Aber es war wärmer geworden, und sie lebten und arbeiteten auf einer tropischen Insel. Das dürfte auch die hochhackigen Sandaletten erklären, in denen ihre gut gebauten Beine noch besser aussahen.

Er trat sich innerlich in den Hintern. Es war nicht akzeptabel, dass er auf diese Weise an seine stellvertretende Geschäftsführerin dachte. Diese Frau brachte ihre beachtlichen Talente und Fähigkeiten in seine Firma ein. Nicht Sex. Ende der Durchsage.

Er war schon lange nicht mehr mit einer Frau ausgegangen. Wie lange war es her? Es spielte keine Rolle, denn Ellie kam dafür nicht infrage. Er setzte sich und schaute sie an. „Was kann ich mit dir tun?“

„Wie bitte?“, sagte sie.

„Entschuldige. Ich meinte: Was kann ich für dich tun?“ Du meine Güte! „Es tut mir wirklich leid. Ich bin ein wenig abgelenkt durch diese Sache, die ich erwähnt habe. Was gibt es?“

Während sie die Daten auf ihrem Tablet-PC musterte, wippte sie in ihrem Stuhl, kreuzte die Beine und entflocht sie wieder. Aidan starrte fasziniert auf diese Beine. Ob es ihr wohl etwas ausmachen würde, wenn er sie auf seinen Schreibtisch legte und jeden Zentimeter ihrer Beine ableckte? Er könnte mit den Knöcheln beginnen und dann …

„Der erste Punkt auf meiner Liste betrifft das neue Sport Center“, sagte Ellie. „Die Verträge für die Peragons sind fertig und müssen unterzeichnet werden.“

Aidan versuchte, sich zu konzentrieren. Was hatte sie gesagt? Ach ja. Peragon war die Firma, die das Sport Center ausstatten sollte, von den Uniformen der Angestellten über die Handtücher bis hin zu den Tassen. Er selbst, Logan und Keith Sands, der Geschäftsführer von Peragon, waren alte Surfkumpel und kannten sich gut.

„Gut“, sagte Aidan. „Schick sie an Keith, damit das erledigt ist.“

„Okay.“ Sie tippte eine Nachricht und knabberte, während sie den Bildschirm ihres Tablets musterte, an der Unterlippe. Aidan betrachtete ihre sinnlichen Lippen und fragte sich, ob er besser kalt duschen sollte.

Er schwor sich, sich am nächsten Wochenende in Kalifornien zu verabreden. Er hatte schon zu lange keinen guten, altmodischen Sex mehr gehabt. Auch deshalb war er wahrscheinlich so fasziniert von Ellies Körper. Er musste sich unbedingt zusammenreißen. „Was noch?“

„Wie du weißt, beginnen in zwei Wochen die Arbeiten für das neue Hotel.“

„Genau. Aber es gibt irgendwelche Verzögerungen mit der Zementfirma.“

„Ich habe mit ihnen gesprochen“, sagte Ellie. Ich glaube, die Probleme sind beseitigt. Ich halte dich auf dem Laufenden. „Der nächste Punkt ist ein bisschen heikel.“ Sie strich sich übers Haar und atmete tief durch. „Ich hatte bisher noch keinen Urlaub. Aber kommenden Monat muss ich vom zweiten bis zum dreiundzwanzigsten drei Wochen freinehmen. Ich habe alles arrangiert. Es sollte hier also keine Probleme geben.“

Bevor Aidan etwas sagen konnte, kam Ellie zum nächsten Punkt ihrer Liste. „Es gibt gute Neuigkeiten. Der Limousinen-Service des Hotels wird in sechs Wochen seine Wagenflotte erneuern. Ich habe eine Firma in St. Barths gefunden, die uns die alten Wagen abnimmt. Der Käufer übernimmt zwar die Hälfte der Frachtkosten, aber ich fürchte, wir werden alles organisieren müssen. Es gibt in Nassau eine dänische Frachtlinie, die die Lieferung übernehmen kann, doch ich muss den Auftrag bald erteilen.“

„Schick mir die Unterlagen, und ich kümmere mich darum.“ Aidan hob einen Finger, um sie daran zu hindern, weiterzumachen. „Lass uns noch einmal zum Punkt davor zurückkommen.“

„Die Zementfirma?“, fragte sie erstaunt.

„Nein, Ellie. Dein Urlaub. Drei Wochen?“

„Ja. Aber mach dir keine Sorgen, ich fahre erst kommenden Monat.“

Er griff nach seinem Kalender. „Der Monat ist fast um. Nächste Woche ist Monatsanfang. Du willst also kommende Woche fahren?“

„Ja. Es ist etwas Wichtiges passiert. Es tut mir leid, dass ich es dir nicht früher sagen konnte.“

Er prüfte noch einmal seinen Kalender. „In einer Woche?“

„Ja. In einer Woche.“ Sie sprach langsam, als würde sie mit einem Kind reden.

„Das ist wirklich kurzfristig.“

„Das weiß ich, Aidan. Aber es ist dringend. Der Termin lässt sich nicht verschieben. Ich muss in einer Woche fahren.“

„Ist etwas passiert, Ellie? Bist du krank?“

„Nein! Mir geht es gut. Aber der Termin lässt sich eben nicht verschieben.“

Er blätterte wieder in seinem Kalender. „Können wir darüber reden? Ich brauche dich im nächsten Monat hier. Du weißt, dass ich am Wochenende wegmuss. Logan wird erst in vierzehn Tagen wieder zurück sein. Jemand muss ein Auge auf das Erickson-Geschäft haben. Auch das Projekt der Dukes muss beaufsichtigt werden. Außerdem kommen ein Dutzend Sekretärinnen, die sich um den freien Job bewerben. Ich hatte gehofft, dass du bei den Gesprächen dabei sein könntest. Es tut mir leid, dass ich hart bleiben muss, aber es ist gerade nicht die passende Zeit, um zu verreisen.“

„Aber ich habe alles vorbereitet …“

„Moment mal“, sagte er. „Die Versammlung der Pappkarton-Hersteller fällt auch in diesen Zeitraum. Das gehört zu deinen Aufgabengebieten. Die Typen lieben dich. Du kannst sie nicht hängen lassen.“

„Tue ich nicht. Sie sind in guten Händen.“

„Das ist nicht dasselbe“, sagte er. Verdammt. Er arbeitete schon ohne Sekretärin. Wie sollte er ohne Ellie klarkommen? „Du weißt, dass du ein Händchen für die Pappkarton-Leute hast.“ Er sah sie prüfend an. Was sollten diese plötzlichen Ferien? Hatte sie vor, sich mit einem Mann zu treffen? Aidan war sich nicht sicher, ob ihm diese Vorstellung gefiel. „Was ist so wichtig, dass du deswegen nächste Woche wegmusst?“

Sie betrachtete ihn. „Es ist privat.“

„Du kannst es mir sagen. Wir sind befreundet.“

„Du bist mein Chef.“

„Und dein Freund.“

Sie lächelte. „Glaub mir, Aidan, du willst es nicht wissen.“

Er lächelte. „Da irrst du dich. Was ist so wichtig, dass du erst eine Woche vorher Bescheid sagst, wenn du für drei Wochen wegwillst? Du wirst hier gebraucht.“

„Ich weiß. Aber ich habe ein Recht auf Urlaub.“

„Natürlich“, sagte er und fragte sich, warum er sich so in das Thema verbiss. Aber Ellie war seine und Logans beste Angestellte. Dabei war Angestellte kaum die richtige Bezeichnung, in Wirklichkeit war sie eher eine Partnerin. Unbestritten hatte sie ein Recht auf ihren Urlaub. Er wollte nur einfach nicht, dass sie jetzt wegfuhr. Schlimm genug, dass er ohne Sekretärin dasaß. Aber drei Wochen lang ohne seine rechte Hand zurechtzukommen? Er wollte gar nicht an all die Dinge denken, die schiefgehen konnten. „Wir haben zwei große Bauprojekte laufen. Es müssen noch einige Fragen mit der Gewerkschaft geklärt werden. Mein Bruder ist nicht da. Ich muss auch wegfahren.“

„Aber …“

„Es geht nicht darum, dass du keinen Urlaub nehmen sollst“, unterbrach er sie. „Es geht darum … Verdammt, du bist immer so gut organisiert. Du planst deinen Urlaub sonst ein Jahr im Voraus. Was ist los?“

„Es ist etwas passiert“, sagte sie ausweichend.

„Verdammt, Ellie. Was ist so wichtig, dass du fünfhundert Mitglieder einer Versammlung sich selbst überlässt?“ Von mir ganz abgesehen.

Sie seufzte. „Na gut. Aber behaupte nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“ Sie stand auf und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Ich habe einen Termin bei einer gynäkologischen Klinik in Atlanta. Der Zeitpunkt ist wichtig, weil es um meine fruchtbare Phase geht. Die Klinik hat gesagt, dass ich mich nach meiner Ankunft in Atlanta zwei Tage lang ausruhen muss, damit sich meine Eierstöcke von der Reise erholen können. Danach dauern die Untersuchungen eine Woche. Den Rest der Zeit muss ich mich wieder ausruhen und auf die Ergebnisse warten.“

Aidan schaute sie überrascht an. Er war sich nicht sicher, ob er das richtig verstanden hatte. Eierstöcke? Fruchtbarkeit?

Er sah sie an. „Wovon redest du, Ellie?“

„Ich möchte ein Baby.“

So. Jetzt war es raus.

Ellie versuchte, entspannt zu wirken, als Aidan sie musterte. Er war selbst schuld. Er hätte nicht fragen sollen. Sie hatte nicht darüber reden wollen. Aber Aidan wollte immer alles ganz genau wissen.

Er hatte ja recht. Normalerweise plante sie ihren Urlaub ein Jahr zuvor. Normalerweise war sie gut organisiert, detailverliebt, nie spontan, immer kontrolliert. Sie tat nichts, ohne vorher einen Plan zu entwerfen. Aber einmal im Leben musste eine Frau doch spontan sein dürfen!

Ellie konnte sich nicht daran erinnern, jemals spontan gewesen zu sein. Bis jetzt.

Sie spürte, wie Aidan sie beobachtete. Er legte den Kopf schief, als hätte er etwas nicht verstanden. „Kannst du das wiederholen?“

Ellie seufzte. Sie und Aidan arbeiteten fabelhaft zusammen. Im Job waren sie die besten Freunde, auch wenn er ihr Chef war. Auch wenn er athletisch aussah. Gebräunt. Umwerfend. Kräftig. Unglaublich sexy. Aber sie kam vom Thema ab.

Sie hatte Aidan vom ersten Tag an gemocht. Sie teilten viele Interessen, waren gemeinsam auf Geschäftsreisen gewesen und hatten schon viele Projekte erfolgreich über die Bühne gebracht.

Zu Beginn ihrer Zusammenarbeit hatte sie regelrecht für Aidan geschwärmt. Allerdings würde sie es nie zulassen, dass ihre Gefühle die Oberhand gewannen. Das würde nicht nur ihre Beziehung zerstören, sondern auch ihren Job – der beste Job, den sie je gehabt hatte. Es würde ihr zudem das Gefühl geben, sich dumm zu verhalten. Und sie war alles andere als dumm.

Sie wusste, dass Aidans Interesse aufrichtig war. Sie hatte sich geschworen, ihm die Wahrheit zu sagen, wenn er fragen sollte. Daher wiederholte sie: „Ich habe gesagt, dass ich ein Baby will.“

„Nächste Woche?“

„Nächste Woche.“

„Du kannst das nicht verschieben?“

„Nein.“ Sie versuchte, ruhig zu bleiben. „Mein Zyklus ist extrem regelmäßig. Für Atlanta habe ich ein Zeitfenster von drei Tagen eingeplant, in dieser Zeit sollte mein Eisprung …“

„Moment mal.“ Er hob die Hand. „Wir reisen gerade in das dunkle Reich der Weiblichkeit.“

„Aber du hast danach gefragt.“

„Ich will nur wissen, warum du ausgerechnet nächste Woche fahren musst.“

„Weil ich ein Baby möchte und nicht jünger werde.“

„Aber …“ Er kratzte sich sichtlich verwirrt am Kopf. „Du fährst zu einer Spermabank?“

„Ich bevorzuge den Ausdruck Fruchtbarkeitsklinik.“

„Aber warum?“

„Warum? Fragst du das ernsthaft, Aidan? Du fragst mich, warum ich in eine Fruchtbarkeitsklinik gehe? Ich dachte, dass du weißt, was in einer solchen Klinik passiert.“

Er schnaubte ärgerlich. „Natürlich weiß ich das. Was ich wissen will, ist, warum du es nicht auf die altmodische Art machst?“

„Ach so“, sagte sie langsam.

„Ja.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust.

„Nun. Weil …“ Sollte sie ihm die Wahrheit sagen? Die Wahrheit war, dass sie lieber auf die altmodische Art schwanger geworden wäre. Von einem wundervollen Mann, der den Rest seines Lebens mit ihr verbringen wollte.

Vor gar nicht langer Zeit hatte es einen Mann gegeben, der Interesse an ihr gezeigt hatte. Sie hatte sich einige Male mit ihm getroffen, aber als sie Andeutungen über Kinder und Familie gemacht hatte, war er verschwunden. Sie hatten nicht einmal Sex miteinander gehabt. Also hatte sie keine Chance gehabt, schwanger zu werden.

Natürlich gab es auf der Insel reichlich Gelegenheiten, Männer zu treffen. Aber keiner wollte eine feste Bindung. Die meisten Männer kamen nach Alleria, um zu feiern.

Das andere Problem war, dass die Männer sie nicht nur attraktiv, sondern auch einschüchternd fanden. Ellie wusste nicht, was sie dagegen tun sollte. Sie war wohl einfach zu klug. Sie hatte ein fotografisches Gedächtnis und lernte gerne dazu. Sie sammelte Wissen und teilte es gern mit anderen. Manche Menschen – insbesondere Männer – schätzten das nicht.

Dummerweise wusste sie auch nicht, wann es besser war, den Mund zu halten und einem Mann das Gefühl zu geben, er sei klüger als sie. Männer waren in der Hinsicht eigenartig.

Aber Ellie hatte beschlossen, sich davon nicht beeindrucken zu lassen. Gott sei Dank schätzten Aidan und Logan ihre Klugheit. Und eben deshalb liebte sie ihre Arbeit. Ihre beiden Chefs akzeptierten sie, wie sie war, und brauchten sie. Das bedeutete Ellie sehr viel mehr als irgendein Mann, für den sie einen Teil ihrer Persönlichkeit opfern müsste.

Nachdem sie die Vor- und Nachteile immer wieder überdacht hatte, hatte sie sich darum für eine künstliche Befruchtung entschieden, um Mutter zu werden.

Ihr Job war sicher und sehr gut bezahlt. Es war machbar, ein Kind allein großzuziehen. Sie hatte Freundinnen auf der Insel, auf die sie sich verlassen konnte, darum machte Ellie sich keine Sorgen. Ihr Baby und sie würden eine perfekte kleine Familie sein. Sie brauchte nur drei freie Wochen.

„Ellie, kannst du mir bitte sagen, warum du es nicht auf die …“

„… altmodische Art machst. Ich weiß.“ Sie räusperte sich und setzte sich wieder hin. „Das geht dich nichts an.“

„Du hast wahrscheinlich recht.“ Er grinste. „Aber du hast mir gerade von deinen Eierstöcken erzählt. Dann kannst du auch den Rest erzählen.“

„Herrje“, sagte Ellie. „Was ich in meiner Freizeit mache, geht niemanden etwas an.“

„Natürlich nicht“, entgegnete Aidan. „Aber ich mache mir Sorgen. Ich bin, wie schon gesagt, nicht nur dein Freund, sondern auch dein Arbeitgeber. Und du willst dir keinen Urlaub nehmen, um auszuspannen. Du willst wegfahren, um schwanger zu werden. Und dann? Dann willst du zurückkommen und wieder arbeiten? Für wie lange?“

„Bis das Kind geboren wird“, sagte Ellie sofort. „Dann nehme ich drei Monate Mutterschaftsurlaub, und dann bin ich zurück.“

Im Resort gab es vorzügliche Kinderkrippen. Sie war sicher, dass sie einen Platz für ihr Baby finden würde.

„Drei Monate. Okay. Ich werde jetzt nicht darüber nachdenken, dass du drei Monate lang nicht hier sein wirst. Wir beschäftigen uns erst einmal mit den nächsten Wochen.“

„Das wäre das Beste“, murmelte sie.

„Ich kann nichts dagegen tun, dass du fährst. Aber ich habe auch keine Ahnung, wie wir ohne dich drei Wochen lang klarkommen sollen. Bisher warst du noch nie so lange weg, und gerade jetzt gibt es hier unglaublich viel zu tun und niemanden, der dich ersetzen kann.“

Sie lächelte. Sie hatte gemeinsam mit Serena, die für das Catering zuständig war, schon nach Lösungen für die verschiedenen Probleme gesucht. „Serena und ihre Sekretärin werden sich um die Versammlung kümmern. Und meine Sekretärin wird alle Standardaufgaben erledigen. Ich werde rund um die Uhr telefonisch zur Verfügung stehen.“

„Verdammt, Ellie.“

„Schau, Aidan. Ich würde nicht fahren, wenn es hier auf der Insel einen Arzt gäbe, der auf künstliche Befruchtung spezialisiert ist. Aber es gibt eben keinen. Deshalb muss ich nach Atlanta.“

„Aber was passiert, wenn du nicht schwanger wirst?“

Sie hatte auch darüber schon nachgedacht. „Dann werde ich es in einigen Monaten noch einmal versuchen.“

„Okay. Ich verstehe, und es ist deine Entscheidung. Aber ich finde, du bist voreilig. Du bist noch so jung. Wie alt bist du? Achtundzwanzig? Neunundzwanzig?“

„Dreißig.“

„Das ist jung. Du hast noch viel Zeit, um es auf …“

„… die altmodische Art zu tun. Ich weiß. Du hast es schon einige Male erwähnt.“

„Weil es wahr ist“, sagte er freundlich.

Sie senkte den Blick auf ihren Tablet-PC. War die Temperatur im Raum gerade um einige Grad gestiegen? Dieses ganze Gespräch über Babys und die „altmodische Art“ weckte in ihr ein Gefühl für Aidan, das sie vor langer Zeit beiseitegeschoben hatte. Und es ging nicht nur um platonische, sondern auch um körperliche Gefühle. Das musste sofort aufhören. „Du weißt, dass dich das nichts angeht, oder?“

Er grinste. „Klar.“

Sie seufzte wieder. „Selbst wenn ich viel Zeit hätte, fehlt mir dennoch der Partner. So einer, der das nötige Rüstzeug mitbringt, um die Sache hinzukriegen.“

Konnte sie noch deutlicher werden?

„Ach so“, sagte Aidan abfällig. „Brad.“

„Blake“, sagte sie und verdrehte die Augen. „Blake Farrell.“

„Stimmt. Was ist mit Blake?“

Verlegen senkte sie den Blick. „Was meinst du?“

Aidan schwieg.

„Ach das“, sagte sie verärgert. Sie wusste genau, worauf er anspielte. Sex. „Wenn du es wissen willst: Ich treffe mich nicht mehr mit Blake.“

Aidan öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Nach einer Pause sagte er: „Tut mir leid, dass es nicht geklappt hat.“

„Klingt nicht so, als würdest du es bedauern.“

„Stimmt.“ Er grinste wölfisch. „Tue ich nicht. Er war nicht der Richtige für dich.“

„Aber du hast ihn mir vorgestellt.“

„Ihr habt beide da herumgestanden“, sagte Aidan achselzuckend. „Ich wollte höflich sein. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ihr zusammen ausgehen würdet. Aber ich bin froh, dass ihr euch getrennt habt. Du verdienst einen Besseren.“

„Vielleicht kannst du mir das ja erklären“, murmelte sie. „Ich hatte ihn schon gefragt, ob er …“ Sie unterbrach sich. Aber es war zu spät.

„Du hast ihn gefragt, ob er der Vater deines Kindes werden will?“

„Ich glaube, es wird Zeit, dieses Gespräch zu beenden.“ Sie nahm ihr Tablet und stand auf, um zu gehen.

„Komisch. Und ich dachte, wir hätten gerade erst angefangen, uns zu unterhalten.“ Aidan ging um sie herum und versperrte ihr den Weg. „Ellie, ich habe dir Blake vor drei Wochen vorgestellt. Willst du mir wirklich erklären, dass du ihn schon nach so kurzer Zeit gefragt hast, ob er …“

„Ja. Hab ich.“ Sie versuchte, Aidan auszuweichen. „Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Aber zu meiner Verteidigung: Wir sind oft miteinander ausgegangen, hatten Spaß miteinander und haben uns richtig gut kennengelernt. Als er mich eines Abends gefragt hat, wo ich mich in fünf Jahren sehen würde, habe ich es ihm gesagt.“

„Was hast du genau gesagt?“

Ellie wäre am liebsten im Boden versunken. Stattdessen holte sie tief Atem. „Ich hab ihm gesagt, dass ich in fünf Jahren auf Alleria für Sutherland Corporation arbeiten und mich um mein süßes vierjähriges Kind kümmern will.“

Sie sah, wie Aidan die Augen aufriss und sich auf die Unterlippe biss, um nicht laut loszulachen. „Um es mal auf den Punkt zu bringen: Du hast einen Typen, mit dem du dich drei Wochen getroffen hast, einfach gefragt, ob er der Vater deines Kindes sein will.“

„Nicht wirklich“, sagte sie. „Aber er hätte es so verstehen können.“

„Meinst du?“

„Hör auf zu lachen. Was weißt du schon? Blake war seit drei Jahren der erste Mann, mit dem ich mich getroffen habe.“

„Seit drei Jahren?“ Aidan musterte sie von Kopf bis Fuß. „Irgendetwas stimmt mit den Männern nicht.“

„Es liegt nicht an ihnen. Es liegt an mir.“ Gott! Sie klang wie der größte Versager der Welt. Sie musste hier raus.

Doch Aidan packte sie an den Schultern und schaute ihr ins Gesicht. „Süße, vertrau mir. Es liegt nicht an dir. Du bist klug, witzig und schön. Jeder Mann wäre … nun ja …“ Er zögerte und ließ sie los.

Sie sah zu ihm auf. „Was wäre jeder Mann?“

„Vertrau mir einfach. An dir liegt es nicht.“

Ellie wusste seine Worte zwar zu schätzen, wirklich hilfreich waren sie jedoch nicht. Gestehen zu müssen, dass sie mit Männern Pech hatte, war nicht gerade schön. Noch weniger schön war es, das ausgerechnet Aidan Sutherland zu gestehen. Er war nicht nur ihr Chef, sie war auch seit vier Jahren in ihn verknallt.

Das hatte natürlich nichts zu sagen. Es war ganz normal, in jemanden verknallt zu sein. Oder etwa nicht? Natürlich war es normal. Klar, hatte sie hin und wieder mal einen Durchhänger. Aber abgesehen davon, dass sie liebend gerne mit ihrem Chef schlafen wollte, ging es ihr bestens. Sie war gut organisiert und erfolgreich. Sie hatte Freunde. Sie war alles andere als eine Versagerin.

Sie lächelte. „Ich sage es noch einmal: Es tut mir leid, dass ich dir nicht früher Bescheid sagen konnte. Aber ich habe dafür gesorgt, dass hier alles rundläuft. Ich brauche nur deine Zustimmung, dass ich fahren kann.“

„Die kann ich dir nicht geben“, sagte er nachdrücklich. „Wir brauchen dich hier.“

Seine Worte überraschten und freuten sie zugleich. Er ahnte sicher nicht, wie sehr sie sich darüber freute, aber sie würde ihre Pläne trotzdem nicht von ihm durchkreuzen lassen.

„Aidan, du kennst mich. Ich liebe meine Arbeit. Ich liebe Alleria. Ich war noch nie irgendwo glücklicher, und ich würde meinen Posten nie freiwillig aufgeben.“

„Fein. Dann sind wir uns ja einig. Du bist enorm wichtig für unser Unternehmen.“

„Danke.“ Sie würde es zwar nicht laut sagen, aber es wäre idiotisch, diesen Job aufzugeben. Sie würde nie wieder etwas Vergleichbares finden, schon gar nicht in einer so schönen Gegend wie Alleria.

„Ich werde meinen Job nicht aufgeben“, wiederholte sie.

„Aber du willst ein Kind“, entgegnete er. „Das deutet nicht gerade darauf hin, dass du bleiben wirst.“

„Ich bin fest entschlossen, das Kind hier auf der Insel aufzuziehen und so lange für euch zu arbeiten, wie ihr mich haben wollt. Okay?“

Er grummelte etwas. Aber er wusste auch, wann er einen Kampf verloren hatte. Schließlich nickte er. „Okay.“

„Danke“, sagte sie und umarmte ihn spontan. „Ich freue mich, dass du das verstehst.“

„Ich verstehe gar nichts“, sagte er und brachte sie zur Tür. „Du kannst mich rückständig nennen, aber ich finde, Babys sollten auf die traditionelle Art gezeugt werden.“

Sie lachte fröhlicher, als ihr zumute war. „Okay. Du hast eine Woche Zeit, mich davon zu überzeugen.“

Sie hatte allerdings nicht ernsthaft die Absicht, ihre Pläne zu ändern, nur weil ihr Chef das wünschte. Sie hatte erlebt, wie eine miese Beziehung das Leben einer Frau durcheinanderwirbeln konnte, und sie würde nicht zulassen, dass dasselbe mit ihr geschah. Niemals. Nicht einmal für Aidan Sutherland.

2. KAPITEL

Am Abend saß Aidan in einem Liegestuhl am Strand und betrachtete die glatte Oberfläche des Meeres. Ab und zu nahm er einen Schluck Single Malt Whisky, den er sich in der Bar geholt hatte, bevor er zum Strand gegangen war, um sich zu entspannen und den Sonnenuntergang zu genießen.

Aber es war kaum möglich, entspannt zu sein. Er hatte schon oft in unangemessener Weise an Ellie gedacht, und nun war sie auch noch mit diesem Problem zu ihm gekommen. Sie hatte nur über Babys gesprochen, aber er hatte das Thema Sex aufgebracht, als er über die traditionelle Methode gesprochen hatte. Und nun bekam er den Gedanken an Sex mit Ellie nicht mehr aus dem Kopf.

Das bedeutete natürlich nicht, dass er seine Fantasien in die Tat umsetzen würde. Auf gar keinen Fall. Er würde jetzt sofort und in Zukunft aufhören, an seine Angestellte zu denken, nahm er sich vor. Seine Reise nach Kalifornien würde ihm dabei helfen.

Dass Ellie schwanger werden wollte, ging ihn nichts an. Aber als sie sein Büro verlassen hatte, hatte sie eine Art Wettstreit in Aussicht gestellt. Ob es nun ein Scherz gewesen war oder nicht – Aidan war bereit, sich auf ihre Herausforderung einzulassen. Er war entschlossen, in der kommenden Woche einen Mann zu finden, der bereit war, sie zu schwängern. Ein Sutherland scheute keine Herausforderung. Er hatte allerdings keine Ahnung, wo er einen solchen Mann finden sollte. Dieser Mann musste Ellie schließlich glücklich genug machen, um sie daran zu hindern, die Insel zu verlassen. Aidan brauchte Ellie hier. Er konnte aber wohl kaum einen seiner Bekannten fragen, ob er bereit wäre, seine stellvertretende Geschäftsführerin zu schwängern.

Während er seine Füße im Sand vergrub, dachte er darüber nach, warum er bei der Auseinandersetzung mit Ellie den Kürzeren gezogen hatte. Sie hatte ihm wenig Raum für Argumente gelassen und ihm von ihrem Plan erzählt, als sei daran nichts mehr zu rütteln. Aidan musste zugeben, dass er diese Eigenschaft an ihr schätzte. Wenn sie einen Entschluss gefasst hatte, blieb sie dabei.

Warum machte er also eine große Sache daraus? Es ging nur Ellie etwas an, wenn sie schwanger werden wollte. Es war ihr Leben. Wenn sie ein Kind haben wollte, sollte sie eben dafür sorgen, schwanger zu werden.

Aber dann würde sie die Insel verlassen. Natürlich nur für drei Wochen, aber sie hatte auch gesagt, dass sie nochmals nach Atlanta fahren würde, wenn es beim ersten Mal nicht klappen sollte. Und dann vielleicht ein weiteres Mal.

Aidan hasste es, sich einzugestehen, dass die Dinge nie richtig rundliefen, wenn Ellie abwesend war. Man könnte sogar sagen, dass die Dinge dazu neigten, ohne Ellie komplett aus dem Ruder zu laufen. Als sie vor zwei Jahren verreist gewesen war, war ein Hurrikan über die Insel gefegt. Im vergangenen Jahr hatte das Küchenpersonal gestreikt, während sie weg war.

Ellie schien die Seele von Alleria zu sein. War sie da, ging alles gut. War sie weg, brach das Chaos aus.

Aidan erwog, einen Fruchtbarkeitsspezialisten einfliegen zu lassen, damit Ellie blieb. Er dachte über diese Alternative nach. Es wäre die perfekte Lösung. Sie würde alle glücklich machen, oder?

Also, warum dachte er überhaupt noch weiter über das Thema nach?

Weil es bedeutete, dass Ellie sich künstlich befruchten lassen würde, stellte Aidan fest, während er einen Schluck Whisky trank. Und er war offenbar nicht bereit, das hinzunehmen. Er wollte seine Gefühle zwar nicht genauer analysieren, aber er fand es nicht richtig, dass diese schöne Frau sich mit einer Spritze schwängern lassen wollte.

„Nicht richtig?“, murmelte er vor sich hin. Richtig für wen? Für Ellie oder für die Männerwelt? Sie war eine wunderschöne Frau. Die meisten Männer würden ihr gerne aus der Patsche helfen. Aber hatte sie ihnen eine Chance gegeben? Natürlich nicht.

Selbst Blake Farrell hatte sie keine wirkliche Chance gelassen. Sie waren weniger als einen Monat lang miteinander ausgegangen. Welchen Mann würde es nicht schockieren, nach so kurzer Zeit auf das Thema Familie angesprochen zu werden?

Aidan machte ein finsteres Gesicht. Der richtige Mann würde sich allerdings nicht davon abschrecken lassen. Doch Blake Farrell war nicht der Richtige. Aidan kannte ihn seit Jahren. Er war ein Spieler, der sein Geld in Nassau mit Frachtflügen verdiente. Vor Kurzem hatte er eine Niederlassung im Hafen von Alleria gegründet. Er hatte in der Stadt ein kleines Haus gekauft, sodass er nun mehr Zeit auf der Insel verbrachte.

Wenn Aidan auch nur geahnt hätte, dass sich Ellie und Blake miteinander verabreden würden, hätte er sie einander nie vorgestellt. Es wurmte ihn, dass er derjenige gewesen war, der die Sache ins Rollen gebracht hatte.

Blake war nicht der richtige Mann für Ellie und schon gar nicht der richtige Vater für ihr Kind. Aber wer könnte der Richtige sein? Wenn Ellie schon jemanden für den Job brauchte, gab es eine Menge besserer Kandidaten als Blake Farrell.

Aidan gestand sich ein, dass er froh gewesen war, von Ellie zu hören, dass es gerade keinen Mann in ihrem Leben gab.

Andererseits würde nun ein Fremder der Vater ihres Kindes werden. Sie würde sich eine Beschreibung eines Kerls aus einem Buch aussuchen. Wer sagte eigentlich, dass dieser Kerl nicht log? Jeder konnte sein Sperma zur Verfügung stellen und behaupten, er sei ein Adonis, auch wenn in Wirklichkeit das Gegenteil der Fall war.

Hatte sie daran gedacht? Aidan stellte sich das Unheil vor, das in der Sperma-Spritze auf Ellie lauerte.

„Zur Hölle! Ich sollte anbieten, es selbst zu machen“, brummte er und trank noch einen Schluck. Dann sprang er aus seinem Stuhl hoch. Wie bitte? Hatte er das gerade wirklich gesagt? Er nahm einen größeren Schluck.

Er hatte nie vorgehabt, ein Kind zu zeugen, das hatte er schon vor langer Zeit beschlossen. Sein Vater hatte Logan und ihn allein aufgezogen, nachdem seine Frau ihn verlassen hatte. Sein Bruder und er waren damals sieben Jahre alt gewesen. Für Aidan war das ein einschneidendes Ereignis gewesen. Er genoss zwar alles, was Frauen zu bieten hatten, aber er traute keiner von ihnen genug, um sie zu heiraten, geschweige denn, ein Kind zu zeugen.

Er wollte nicht, dass ein Kind einfach zurückgelassen wurde, wie er selbst es erlebt hatte. Jetzt verstand er auch, warum es ihn so beunruhigte, dass Ellie ohne einen Mann an ihrer Seite schwanger werden wollte. Sie würde eine alleinerziehende Mutter werden und hatte nicht die geringste Ahnung, wie hart das sein konnte. Auch für ein Kind war es nicht gut, ohne seinen Vater aufzuwachsen.

Hatte Ellie wirklich gründlich genug nach einem passenden Mann gesucht?

Es liegt nicht an ihnen. Er dachte an ihr Gesicht, als sie die Worte gesagt hatte.

Natürlich hatte sie versucht, einen Partner zu finden, aber keiner der Kandidaten war bereit gewesen, den entscheidenden Schritt zu tun. Sie hatte so verwundbar gewirkt, als sie darüber gesprochen hatte. Aidan hätte sie am liebsten in die Arme genommen und ihren Schmerz weggeküsst. Gott sei Dank hatte er es gelassen. Es wäre ein großer Fehler gewesen.

Er hätte es durchaus genossen, dachte er und schlenderte weiter zur Uferlinie. Aber darum ging es nicht. Es ging darum, dass es nicht geschehen durfte.

Schade eigentlich. Denn nun, wo er darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass Ellie die einzige Frau war, der er vertraute. Sie war ehrlich und offen. Sie hielt ihm in allen Verhandlungen den Rücken frei und war in allen geschäftlichen Feinheiten genauso bewandert und zuverlässig wie Logan.

Logan war wie Aidan der Ansicht, dass Ellie einen guten Juniorpartner abgäbe. Bevor Logan in die Flitterwochen gefahren war, hatten sie beide beschlossen, dass sie Ellie diese Position nach Logans Rückkehr anbieten würden. Sein Bruder und er waren bisher ohne Partner ausgekommen, aber sie waren sich einig, dass Ellie sehr gut ins Unternehmen passte. Und wenn sie wollten, dass die Firma wuchs, würden sie jemanden mit ihrer Intelligenz, ihrem Insiderwissen und ihren Geschäftsprinzipien brauchen.

Damit, dass sie unglaublich schön und sexy war, hatte das überhaupt nichts zu tun. Aidan dachte an Ellies unglaublich lange Beine und wie es wäre, wenn diese unglaublich langen Beine um seine Hüften geschlungen wären, während er ganz tief in ihr …

Die Vorstellung war so lebhaft, dass er ins Stolpern kam. Seine Fantasie wanderte auf gefährlichen Pfaden. Wenn er nicht vorsichtiger war, würde er noch mit dem Gesicht im Sand landen.

Doch er erholte sich rasch und trank noch einen Schluck Whisky. Die weiche, flüssige Hitze des Getränks riss ihn aus seinen ausufernden Gedanken. Mit der Realität hatten sie nichts zu tun. Er mochte Ellie. Er würde auch gerne mit ihr schlafen. Aber er würde es nicht tun.

Wie konnte er wegen einer romantischen Affäre riskieren, Ellie als Geschäftspartnerin zu verlieren? Noch schlimmer: Was wäre, wenn er ihr einen entsprechenden Vorschlag machen würde und sie so entsetzt darüber wäre, dass sie kündigte?

„Sie würde nicht nur kündigen“, brummte er. „Sie würde dir erst die Nase einschlagen und dann kündigen. So würde das ablaufen.“

Trotzdem wollte er, dass sie glücklich war.

Aber offensichtlich musste dafür ein Baby her.

„Zur Hölle.“ Er ärgerte sich über sich selbst. Wenn er ehrlich war, könnte er Ellie nur schwer abweisen, wenn sie ihn fragen würde, ob er der Vater ihres Kindes sein wollte. Aber am Ende würde er sie abweisen. Oder nicht? Doch. Er konnte einer solchen Idee auf keinen Fall zustimmen. Auch wenn Ellie ihn darum bat.

„Sie hat dich ja nicht gefragt“, schimpfte er laut und staunte über sich selbst. Nun war es heraus: Er war verrückt geworden. Er trank den Rest seines Whiskys und ging dann zu seiner Suite zurück, bevor er noch völlig durchdrehte und begann, den Mond anzuheulen.

Ellie gähnte, trank einen letzten Schluck Tee und stellte ihren Computer ab. Sie hätte schon vor einer Stunde ins Bett gehen sollen, aber da sie gewusst hatte, dass sie ohnehin nicht einschlafen könnte, hatte sie sich die Bilder angesehen, die ihre Schwester Brenna ihr aus Atlanta geschickt hatte. Eines von Brenna mit ihrem geliebten Mann Brian. Eines, auf dem die beiden zusammen mit ihren zwei süßen Kindern zu sehen waren. Verschiedene Schnappschüsse der Kinder im Garten. Und ein verwaschenes Ultraschallbild von Brennas ungeborenem Baby.

„Der Doktor ist sicher, dass es ein Junge werden wird“, hatte Brenna in ihrer Mail geschrieben. „Lila ist ganz aufgeregt, dass sie noch einen Bruder bekommt. Keine nervige kleine Schwester.“

Ellie lächelte. Sie hörte förmlich Brennas Lachen, während sie das geschrieben hatte. In Brennas Leben war Ellie die nervige kleine Schwester gewesen.

Inzwischen hatte Brenna ihre eigene Familie. Ellie konnte es kaum abwarten, sie alle wiederzusehen. Auch das war ein Grund gewesen, warum sie sich für die Klinik in Atlanta entschieden hatte. Sie würde sich dort mit ihrer Schwester treffen.

Ellie und Brenna waren nicht immer glücklich gewesen. In ihrer Kindheit hatte ihre Mutter sie oft sich selbst überlassen, sogar, wenn sie im selben Zimmer mit ihnen saß. So etwas passierte einer Frau, die einen Mann liebte, der nichts von ihr wissen wollte. Statt ihre Kinder zu lieben, hatte sie sich all ihre Gefühle für den Fall aufgespart, dass deren Vater zurückkehrte. Doch das tat er nicht. Er wollte nichts mit ihnen zu tun haben. Er hatte eine andere Frau geheiratet und neue Kinder in die Welt gesetzt. Diese Kinder waren ihm wichtiger als seine beiden Töchter aus erster Ehe.

Aber Ellies Mutter hatte ihn nie aufgegeben. Sie hatte immer gehofft, dass er eines Tages zu ihr zurückkehren würde. Für diesen Tag hielt sie sich bereit: perfekt angezogen und geschminkt, für den Fall, dass er vor der Tür stand. Sie hatte darauf bestanden, dass ihre Töchter sich ebenfalls für den großen Tag bereithielten. Außerdem hatte sie Ellie und Brenna dafür verantwortlich gemacht, dass er gegangen war. Aber nur an den Tagen, an denen ihr überhaupt einfiel, dass sie zwei Töchter hatte.

Eines Tages, als sie gemeinsam in der Stadt waren, glaubte ihre Mutter ihren Exmann auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig zu sehen. Sie rannte los, ohne nach rechts und links zu schauen, und wurde von einem Bus überfahren.

Wenn es etwas gab, was Ellie in ihrer Kindheit gelernt hatte, dann war es dies: Hänge dich nicht an einen Mann, der dich nicht liebt. Ellie würde ihrem Kind nicht das antun, was ihre Mutter Brenna und ihr angetan hatte.

Sie wollte auch nicht von einem Bus überfahren werden.

Außerdem wollte sie nicht, dass ihr Selbstwertgefühl litt, so wie es ihrer Mutter passiert war. Ihre Mutter hatte sich immer und immer wieder selbst gedemütigt. Sie war so verblendet gewesen, dass sie Realität und Fantasie irgendwann nicht mehr unterscheiden konnte. Ellie würde nicht zulassen, dass es ihr einmal ähnlich erging.

Sie trug ihre Teetasse zum Ausguss und wusch sie ab. Während das Wasser lief, dachte sie an das kleine Wesen, das im Bauch ihrer Schwester heranwuchs und still darauf wartete, von einer liebenden Familie begrüßt zu werden, die es kaum erwarten konnte, das neue Familienmitglied kennenzulernen.

Ellie war so aufgeregt. Sie und ihre Schwester hatten sich nach dem Tod ihrer Mutter praktisch alleine erzogen, nur ein Vormund hatte die beiden im Blick behalten. Wie sie das hinbekommen hatten, wussten Ellie heute selbst nicht mehr. Sie wusste aber, dass Brenna ihr mehr über das Leben und die Liebe beigebracht hatte, als ihre Mutter je für nötig gehalten hatte.

Brenna hatte sich immer für sie beide gewünscht, dass sie eines Tages ihre eigenen großen, lebhaften Familien haben würden. Sie hatte sich vorgestellt, wie ihre Kinder am Weihnachtsabend über die bunt verpackten Geschenke unter dem Baum staunten. Es würde laut und ungestüm zugehen, wenn alle ihre Geschenke öffneten und vor Freude und Aufregung fast platzen würden.

Ellie lächelte. Jetzt, wo Brennas Traum in Erfüllung gegangen war, wo sie Brian und eine tolle Familie hatte, freute sich Ellie für ihre Schwester. Brennas Familie war auch ihre Familie.

Brenna hatte immer gesagt, dass Ellie eines Tages auch eine solche Familie haben würde. Sie würde einem Mann begegnen, der sie liebte und mit ihr Kinder haben wollte. Ellie hatte geglaubt, dass sie auf diesen Tag warten könnte, aber dann hatte Blake mit ihr Schluss gemacht, und am nächsten Tag waren Brennas Ultraschallbilder angekommen.

„Du wirst wieder Tante!“, hatte in der Mail gestanden.

Ellie hatte das unscharfe Ultraschallbild betrachtet und sich gefragt, ob ihr Tag je kommen würde. Es könnte sein, dass sie für immer nur Tante sein würde und nie Mutter. Deshalb hatte sie beschlossen, das Kinderkriegen allein in Angriff zu nehmen. Und zwar sofort, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Sie hatte die Klinik in Atlanta angerufen und einen Termin vereinbart.

So weit war also alles klar. Nun musste sie sich nur noch mit Aidan auseinandersetzen.

Als sie an seine Reaktion dachte, errötete sie unwillkürlich. Warum machst du es nicht auf die altmodische Weise? Das hatte er sie gefragt. Wäre er schockiert gewesen, wenn sie eine Gegenfrage gestellt hätte? Zum Beispiel: „Bietest du mir gerade an, den Job zu erledigen?“

Sehr wahrscheinlich wäre er schockiert gewesen. Und sehr wahrscheinlich hätte ihre Frage das Ende ihrer Arbeit bei der Sutherland Corporation bedeutet. Es kam nicht oft vor, dass weibliche Angestellte wegen sexueller Belästigung ihres Chefs gefeuert wurden, aber es gab für alles ein erstes Mal.

Aidan hatte ihr versichert, dass er sie davon überzeugen würde, doch auf die herkömmliche Art schwanger zu werden. Aber sie glaubte nicht, dass er noch einmal auf das Thema zu sprechen kommen würde. Vor allem, weil sie ihm gestanden hatte, dass sie keinen Mann kannte, der bereit war, mit ihr ein Kind zu zeugen.

Es wäre schön gewesen, wenn sich Aidan dafür angeboten hätte.

„Du meine Güte!“ Sie spürte, dass sie noch röter wurde. War sie verrückt geworden? Aidan war ihr Chef! Vielleicht sollte sie sich öfter daran erinnern. Und das wäre nicht einmal die einzige Schwierigkeit, die sich ihr in den Weg stellen würde, wenn sie erwog, ihren Chef zum biologischen Vater ihres Kindes zu machen.

Dummerweise war das größte Problem, dass sie Aidan seit Jahren begehrte. Im Geheimen natürlich. Sie hatte ihre Gefühle für ihn lange Zeit unterdrückt, aber das Gespräch über Babys und Sex hatte sie wieder aufflammen lassen. Sie hatte ihre Schwärmerei für ihn immer als nebensächlich und rein körperlich abgetan. Es war ja auch nichts dabei. Der Mann hatte schließlich einen beeindruckenden Körper! Außerdem war er klug und lustig und nett. Sie sollte sich dringend zusammenreißen, denn wenn sie zuließ, dass ihre Gefühle für ihn stärker wurden, war sie verloren. Wollte sie etwa wie ihre Mutter enden, die ihr ganzes Leben einem einzigen Mann geopfert hatte, ihn aus der Ferne geliebt und sich selbst dabei verloren hatte?

Nein, Ellie wollte nie von einem Mann abhängig sein. Sie mochte Aidan und fand ihn sexy. Das war’s. Sie würde nie wie ihre Mutter werden.

„Niemals“, sagte sie laut und ballte die Fäuste. Sie warf ihren Morgenmantel auf das Bett und schlüpfte unter die Decke. Während sie ihr Kissen zusammenknüllte, dachte sie darüber nach, dass sie sich sehr schwer tun würde, Aidan abzuweisen, für den Fall, dass er ihr anbieten würde, sie zu schwängern. Was sollte das bedeuten? Dass sie ihm nicht widerstehen konnte? Lieber nicht weiter darüber nachdenken.

„Du bist total verrückt“, murmelte sie vor sich hin. Doch auch das schien nicht zu helfen. In ihrem Kopf spukte weiterhin der Gedanke herum, wie schön es wäre, ein Kind zur Welt zu bringen, dessen Vater Aidan Sutherland hieß. Ihr Kind würde attraktiv, robust, gesellig, klug und athletisch werden – genau wie sein Vater.

Ellie seufzte. Auch wenn das alles niemals wahr werden würde, machte sie der Gedanke so glücklich, dass sie ihn mit in den Schlaf nahm.

Zwei Tage später besprach Aidan wie jede Woche mit den Managern des Resorts den Terminplan für das Wochenende und mögliche Probleme, die in der kommenden Woche auftauchen könnten.

Nach dem Treffen standen die Catering-Managerin Serena und Marianne, die Wirtschafterin, vor der Kaffeemaschine. Aidan wartete in der Nähe und hörte ihr Gespräch mit an.

„Ich wette, sie hat schon gepackt“, sagte Marianne leise. „Du kennst sie ja.“

„Organisiert bis in die Zehenspitzen.“ Serena schüttete Milch in ihren Kaffee. „Ich werde sie vermissen.“

„Sie wird nur drei Wochen lang weg sein.“

„Ach komm schon“, sagte Serena. „Wenn sie erst mal schwanger ist, wird sie kaum hierbleiben.“

„Sie hat versprochen, dass sie bleibt.“

„Aber sie wird sich um ein Baby kümmern müssen.“

„Schon“, sagte Marianne. „Aber sie ist gerne hier.“

„Klar. Wer nicht? Aber wie soll sie auf Alleria ein Kind großziehen?“

„Wie bitte?“, fragte Marianne. „Ich habe zwei Kinder.“

Serena legte die Hand auf Mariannes Arm. „Das weiß ich, Dummerle. Aber du hast einen Ehemann.“

Ihre Freundin runzelte die Stirn. „Stimmt.“

„Wenn Ellie ein Baby hat, wird sie auch einen Ehemann wollen. Dass sie hier keinen finden wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“

Marianne seufzte. „Du hast recht. Die Männer, die nach Alleria kommen, wollen keine feste Beziehung.“

Serena schaute sie an. „Und dennoch hast du Hektor hier getroffen.“

„Klar“, entgegnete Marianne und zwinkerte Serena zu. „Er hat einen heißen Feger gesucht und ihn gefunden.“

Sie kicherten beide.

„Ihr habt eben Glück gehabt.“ Serena trat näher an Marianne heran. „Glaub mir, sobald Ellie ein Kind hat, wird ihr klar werden, dass sie auch einen Mann braucht. Kannst du dich erinnern, dass ich dir von meiner alleinerziehenden Schwester erzählt habe? Sie hat sich jahrelang abmühen müssen, um durchzukommen. Das ist nicht gut.“

Marianne seufzte. „Alleria ist nicht der richtige Ort für eine Mutter, die einen Vater für ihr Kind sucht.“

Die beiden Frauen unterhielten sich weiter, während sie davongingen. Aidan hatten sie nicht bemerkt. Er sah ihnen nach, dann goss er sich einen Kaffee ein und überlegte.

Marianne und Serena waren eng mit Ellie befreundet. Wenn sie davon ausgingen, dass Ellie die Insel verlassen würde, dann war es wohl sinnlos, etwas anderes zu glauben.

Das gab den Ausschlag. Er hatte alle Möglichkeiten bedacht, und es gab nur einen einzigen Weg: Er durfte nicht zulassen, dass Ellie die Insel verließ.

In den vergangenen Tagen hatte er alle denkbaren Szenarien durchgespielt. Nach dem Gespräch, das er gerade mit angehört hatte, war er überzeugt, dass er nun die Lösung kannte.

Jetzt musste er nur noch Ellie überzeugen.

„Nein. Kommt nicht infrage“, sagte Ellie und sprang auf. „Bist du verrückt geworden?“

Kann schon sein, dachte Aidan. Als ihm der Gedanke vor einigen Tagen gekommen war, hatte er das auch als sicheres Zeichen dafür genommen, dass er irrewurde. Aber nachdem er das Gespräch gestern belauscht hatte, schien es ihm die einzig denkbare Lösung zu sein. Er konnte Ellie ein Baby machen. Sie konnten es auf die altmodische Art tun. Problem gelöst.

„Was noch viel wichtiger ist …“, fuhr er fort und ignorierte ihre Proteste, „… ich könnte dich und das Kind unterstützen. Du musst dir keine Sorgen machen, eine alleinerziehende Mutter zu werden. Es ist die bestmögliche Lösung des Problems.“

„Ich habe keine Probleme“, konterte sie.

„Bisher noch nicht. Aber denk an die Vorteile. Du müsstest nicht reisen und dir keine Gedanken über deine, na, deine Eierstöcke machen.“

„Über meine Eierstöcke?“

„Ja. Du hast neulich darüber gesprochen, dass sie sich erholen müssten.“ Er hörte selbst, wie albern er klang, und seufzte im Stillen auf. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. „Du könntest auf der Insel bleiben. Du hast gesagt, dass du das gerne tun würdest. Und ich könnte dir bei allem beistehen.“

„Aha“, sagte sie vorsichtig.

„Ich habe mich schlaugemacht“, fuhr er fort. „Mit der künstlichen Befruchtung sind oft Ängste verbunden. Man muss vorsichtig sein. Weißt du, du könntest für immer unfruchtbar werden oder so.“

„Erstens …“, sagte sie und hob einen Finger, „… bist du verrückt. Und zweitens … Du hast dich schlaugemacht? Das ist süß von dir.“

„Ich bin dein Freund. Es betrifft mich auch“, entgegnete er achselzuckend.

„Du bist mein Chef. Du willst nicht, dass ich wegfahre.“

„Das ist nicht so wichtig“, sagte er so überzeugend, dass er es fast selbst geglaubt hätte. „Mir geht es um deine Gesundheit und dein Wohlergehen.“

Sie verdrehte die Augen. „Klar. Schau, ich finde es toll, dass du dich so engagierst, aber deine Idee wird nicht funktionieren.“

„Warum nicht, Ellie?“

Sie sah ihn aufmerksam an. „Weil du kein Kind willst.“

„Aber du willst eins.“

„Richtig. Und ich habe eine Lösung dafür gefunden. Aber sie hat nichts mit dir zu tun.“

„Wir kennen uns schon lange, oder? Wir kommen gut miteinander aus. Und wir wohnen sogar in derselben Gegend. Also wenn du … na ja … Wenn du … Eisprung und so … Also wenn du weißt, dass es passt, rufst du mich an, und ich werde da sein.“

„Das klingt romantisch“, sagte sie trocken.

„Wie bitte? Findest du eine Spritze romantischer?“ Er grinste. „Nebenbei geht es ja nicht um Romantik, oder? Es geht um ein Baby. Und es geht darum, dass dein Kind seinen Vater kennt. Oder willst du das nicht für ihn?“

„Für ihn?“

„Ellie, denk einfach darüber nach. Ich kann unsere Anwälte bitten, einen Vertrag aufzusetzen, der alles enthält, was du für wichtig hältst.“

Aidan hatte bisher nur Frauen getroffen, die hinter seinem Geld her waren, aber Ellie war anders, das wusste er. Er wollte ihr seine Unterstützung anbieten, die rechtlichen Einzelheiten waren nicht so wichtig. Jetzt war es nur wichtig, dass sie das Kind bekam, das sie sich wünschte. Und dass sie bleiben und weiter für Sutherland arbeiten würde.

Um sicherzugehen, dass sie sich richtig verstanden, fügte er hinzu: „Ich würde in einem solchen Vertrag einen Absatz haben wollen, der festlegt, dass du und das Baby auf Alleria leben werden.“

„Ich hatte nichts anderes vor.“

„Aber es könnte sein, dass du deine Meinung änderst, wenn das Baby auf der Welt ist.“

Sie schüttelte den Kopf. „Das werde ich nicht.“

„Aber man weiß nie“, wandte er ein. „Vielleicht willst du eines Tages heiraten.“

„Ich habe nicht vor, zu heiraten.“

„Das weiß man nie“, wiederholte er. „Denn wenn doch, wie solltest du hier einen Mann finden? Die meisten Männer, die nach Alleria kommen, wollen nur ihren Spaß.“

Sie sah ihn misstrauisch an. Hatten ihre Freundinnen diesen Punkt schon mit ihr besprochen? Egal. Je mehr Argumente er für seine Position sammelte, desto besser.

Ellie knabberte nervös an ihrer Unterlippe. Zwischen seinen Leisten regte sich etwas. Wenn er sich weiter auf ihre Lippen konzentrierte, konnte er für nichts garantieren.

Seine Idee gefiel ihm von Minute zu Minute besser.

„Mir gefällt das nicht“, sagte sie.

Aidan lehnte sich vor und stützte sich auf die Ellbogen. „Es ist eine gute Idee, Ellie, außer …“ Er sah sie prüfend an. „Ich habe gedacht, dass du mich anziehend genug findest, um die Sache mit mir durchzuziehen. Aber vielleicht habe ich mich geirrt.“

„Sei nicht albern“, brummelte sie. „Natürlich finde ich dich attraktiv. Du bist der … Ach, egal. Du willst nur Komplimente hören.“

„Zu spät.“ Aidan musste grinsen.

„Es hat nichts damit zu tun, ob ich finde, dass du wie ein Troll aussiehst.“

„Ein Troll? Na, schönen Dank.“

„Ich mache Witze. Du siehst nicht aus wie ein Troll, und das weißt du auch.“ Ihr Lächeln verschwand. „Es geht nur darum, dass ich die ganze Sache seltsam finde.“

„Seltsam?“

„Aidan! Um das zu tun, müssten wir nackt sein.“ Sie atmete laut aus. „Wir arbeiten zusammen. Und uns dann so zu sehen … das ist doch seltsam.“

Nackt. Was er viel seltsamer fand, war, dass sie jetzt nicht nackt war. Dennoch … Er lehnte sich zurück und dachte einen Moment über ihre Worte nach. Offensichtlich fühlte sie sich unwohl, und das war seine Schuld. Wenn er imstande wäre, sich selbst in den Hintern zu treten, würde er es tun. „Verdammt, Ellie. Ich wollte nicht, dass du dich seltsam fühlst.“

Jetzt sah sie zerknirscht aus. „Ist schon in Ordnung. Ich weiß ja, dass du mich nicht in Verlegenheit bringen wolltest. Aber du musst zugeben: Die Idee ist ein bisschen bizarr.“

Er trank einen Schluck Kaffee und fragte sich, ob sie ihm seine Verzweiflung ansah. Er hatte zu hoch gepokert, und sie würde ihm gleich auf die Schliche kommen.

„Du hast recht“, sagte er zerknirscht. „Ich wollte auf keinen Fall unsere Arbeitsbeziehung kaputt machen. Meinst du, du kannst vergessen, was ich gerade gesagt habe?“

„Einen Moment …“, murmelte sie.

„Lass dir Zeit. Wenn du nachdenken willst, können wir uns später noch einmal treffen.“

Sie beachtete ihn nicht, sondern dachte offenbar über ihre Gefühle nach. „Es scheint schon sinnvoll zu sein, auf der Insel zu bleiben und es hier zu erledigen. Ich meine … Es mit dir zu machen.“ Sie fügte schnell hinzu: „Obwohl es eine schreckliche Vorstellung ist. Weißt du, weil es dabei um dich und mich geht. Wir sind Kumpel. Oder waren es wenigstens. Ich hoffe, dass wir es noch immer sind. Aber vor allem bist du mein Chef und ich die … Na, du weißt schon. Deine Angestellte. Deshalb ist es keine richtig gute Idee, oder?“

Aidan war nun wirklich verzweifelt und spielte seine Trumpfkarte aus. „Und was wäre, wenn wir mehr als Chef und Angestellte wären? Was wäre, wenn ich dir sagte, dass ich dich zur Partnerin machen will?“

Sie reagierte nicht sofort darauf. Aidan glaubte schon, sie hätte ihn nicht gehört. Er würde ihr nicht sagen, dass Logan und er schon beschlossen hatten, sie zum Partner zu machen. Sie verdiente es, und die Entscheidung war längst überfällig. Und wenn das helfen würde, ihr den anderen Teil seines Plans schmackhaft zu machen, umso besser.

Schließlich blickte sie blinzelnd auf. „Was hast du gesagt?“

Er lächelte. „Ich habe dir die Partnerschaft in unserer Firma angeboten.“

Ellies Kopf fühlte sich leer an. Sie fühlte sich schwach und verwirrt und war immer noch nicht sicher, ob sie ihn richtig verstanden hatte. „Kannst du das noch einmal wiederholen, bitte.“

„Partner, Ellie“, sagte Aidan. „Du hast mich verstanden. Ich weiß, dass du es willst.“

Natürlich wollte sie es. „Du … du bietest mir die Partnerschaft an.“

„Ja.“

„Warum?“

„Weil du sie verdienst. Und weil ich entschlossen bin, alles zu tun, damit du weiter für uns arbeitest.“

Sie wäre auch ohne die Partnerschaft geblieben, aber jetzt war sie überwältigt. Erst hatte er ihr sein Sperma angeboten – und sozusagen auch alles, was damit verbunden war. Und nun fragte er sie auch noch, ob sie Partner bei der Sutherland Corporation werden wollte. Hatte sie gerade das große Los gezogen?

„Nun, was meinst du?“, fragte er.

„Ich bin platt“, gestand sie. „Und etwas misstrauisch wegen des Zeitpunkts.“

Er nickte. „Das verstehe ich. Aber Logan und ich hatten ohnehin vor, dir die Partnerschaft anzubieten, wenn er aus den Flitterwochen zurückkommt. Ich greife dem nur vor.“ Er stand auf, kam zu ihr herüber und nahm ihre Hand. „Du möchtest ein Baby, und ich will dir dabei helfen, eins zu bekommen. Es liegt bei dir. Egal, wie du dich entscheidest, du wirst weiter unser Partner und unsere Freundin sein.“

„Oh, Aidan …“

„Warte einen Moment.“ Er hob die Hand. „Um ehrlich zu sein, muss ich noch sagen, dass es mir nichts ausmachen würde, dich nackt zu sehen. Ich hab in letzter Zeit sogar oft daran gedacht.“

Ihre Kehle war trocken. Wenn sie sich nicht irrte, klang das so, als wolle ihr Aidan noch immer zu einem Baby verhelfen. Je mehr sie darüber nachdachte, desto besser gefiel ihr die Vorstellung. Vor allem jetzt, wo er ihre Hand hielt und sein Daumen sacht über ihr Handgelenk rieb. Die Berührung sandte wohlige Schauer durch ihren Körper.

Sie wusste, dass es gefährlich war, Aidans Angebot anzunehmen. Doch sie war stark. Für ihr Kind würde es das Beste sein, und gleichzeitig war es eine fabelhafte Chance für sie – und für ihre Karriere. Sie konnte das Angebot annehmen, ohne zu fürchten, wie ihre Mutter zu werden.

Aidan sprach schon weiter. „Die Sache mit der Partnerschaft soll dir zeigen, dass wir wollen, dass du auch weiter für uns arbeitest, wenn du erst ein Kind hast.“

„Es ist also keine Bestechung, die mich dazu bringen soll, dein Angebot, mich zu schwängern, freundlicher zu betrachten?“

„Kommt drauf an“, sagte er vorsichtig. „Funktioniert es denn?“

Sie lachte. „Ja, es funktioniert. Aber du musst mich nicht bestechen, damit ich bleibe. Ich habe dir schon gesagt, dass ich die Absicht habe, auch nach der Geburt bei Sutherland zu arbeiten.“

„Das freut mich. Aber die Geschäftspartnerschaft ist wirklich keine Bestechung.“ Er erklärte ihr die Bedingungen der Vereinbarung und fügte hinzu, dass sie bei Unterzeichnung des Vertrages sofort wirksam werden würden. Es handelte sich um eine Partnerschaft, die Ellie Jahr für Jahr mehr Rechte einräumte. Am Ende würde sie eine gleichberechtigte Partnerin der Sutherland-Brüder sein.

„Aber ich warne dich“, sagte Aidan. „Es kann fünf bis zehn Jahre dauern, bis du gleichberechtigt bist. Aber ich will, dass du loslegst.“

Dass du loslegst. Sie wiederholte die Worte lautlos für sich. Konnte sie dem Deal wirklich zustimmen? Vielleicht war es klüger, sich nicht von Aidan schwängern zu lassen. Es würde bedeuten, eine intensive Bindung mit ihm einzugehen. Sie wusste nicht, ob ihr das guttun würde.

Doch ein Teil von ihr rief: Ja! Ja! Ob da ihre Hormone sprachen? Sie musste sehr gründlich darüber nachdenken. Und zwar ohne dass der aufregende Aidan in ihrer Nähe war.

Sie sammelte sich. „Ich brauche einige Tage, um über deine Angebote nachzudenken.“

„Über beide?“, fragte er.

„Ja, über beide.“

Er nickte. „In Ordnung. Ich fliege morgen nach Kalifornien. Meinst du, du hast dich bis Montag entschieden?“

„Ja. Am Montag werde ich dir antworten können.“

3. KAPITEL

„Wir können starten, Mr Sutherland.“

„Danke, Leslie.“ Aidan schloss seinen Sicherheitsgurt.

Die Flugbegleiterin ging nach vorne, und Aidan sah auf seine Uhr. Er musste sechs Stunden totschlagen, bevor die Maschine in Kalifornien landete. Er streckte die Beine aus und machte es sich bequem.

Warum hatte er Ellie nicht gebeten, ihn nach Kalifornien zu begleiten? Dann hätten sie sich während des langen Fluges unterhalten können. Dass Ellie wunderschön war, störte dabei nicht.

Sie war auch klug. Und humorvoll. Auf ihren gemeinsamen Geschäftsreisen hatten sie immer viel gelacht. Wenn sie mitgekommen wäre, hätte er vielleicht schon früher mit ihr schlafen können …

Andererseits hatte er allein auf dem Flug nun genügend Zeit, um über die möglichen Schwierigkeiten einer Vaterschaft nachzudenken. Denn davon gab es jede Menge. Er hatte nie Vater werden wollen, aber nun tat er es für Ellie und für ein Kind, das beide Elternteile kennen sollte.

Außerdem würde er Ellie nackt in seinem Bett haben.

Er öffnete seine Aktentasche und arbeitete an einigen Projekten. Als die Maschine Kalifornien überflog, hatte er fast alles erledigt, was es zu erledigen gab.

Er schaute erst auf, als die Stewardess nach hinten kam.

„Wir landen in fünfzehn Minuten“, sagte Leslie.

Ellie verbrachte jedes Wochenende einige Stunden im Büro, um sich mit den Wirtschaftszeitschriften und dem Börsengeschäft zu befassen. Sie mochte es, neue Dinge zu lernen. Artikel über die neuesten wirtschaftlichen Entwicklungen erweiterten nicht nur ihren Horizont, die Lektüre half ihr auch, ihren Job besser zu machen.

Ihre Freundinnen fanden, sie sei verrückt. Serena hatte ihr verboten, das ganze Wochenende zu lesen. Sie und einige andere Frauen trafen sich abends an der Bar, um ein paar Cocktails zu trinken und danach essen zu gehen. Serena hatte Ellie ausdrücklich dazu eingeladen, aber sie wusste noch nicht, ob sie ausgehen sollte. Es gab eine Menge, worüber sie nachdenken musste.

Aidans Vorschlag ging ihr immerzu im Kopf herum. Sie schaffte es kaum, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, vor allem nicht auf Geschäftliches. Ihre Gedanken hüpften von hier nach da … zu … Aidan.

Schließlich gab Ellie auf und verließ das Büro. Auf dem Weg zu ihrem Haus, das inmitten eines Kokoshains lag, beschloss sie, schwimmen zu gehen. Um sich zu entspannen, war Schwimmen perfekt.

Sie schlüpfte in ihre Badesachen, zog ein Strandkleid darüber, schnappte sich ein Handtuch und ging hinunter zum Meer. Die zahllosen Pools, die zum Resort gehörten, waren zwar schön, aber auch stark besucht. Sie schwamm lieber in der Bucht.

Die Sonne ging unter, aber es war immer noch warm. Ellie prüfte die Wassertemperatur. Perfekt. Sie ließ das Handtuch fallen, stieg ins Wasser und schwamm in langen Zügen vom Strand weg.

Sie hatte Wasser schon immer geliebt. Vor langer Zeit war sie eine so gute Schwimmerin gewesen, dass sie davon geträumt hatte, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Aber als ihre Mutter starb, war Schwimmen ein Luxus geworden, den sie sich nicht mehr leisten konnte. Ihre Gedanken wanderten zurück in jene Zeit …

Außer dem Leiter des Bestattungsinstituts war niemand außer Brenna und ihr auf der Beerdigung ihrer Mutter gewesen, erinnerte sich Ellie. Sie und ihre Schwester hatten erst da so richtig begriffen, dass sie nun ganz auf sich allein gestellt waren. Ihr Vater hatte keine Lust, sich um sie zu kümmern, und ihre Mutter hatte keine lebenden Verwandten mehr. Ellie war damals dreizehn gewesen. Sie hatte entsetzliche Angst davor gehabt, in eine Pflegefamilie zu müssen. Daher hatte die sechzehnjährige Brenna beschlossen, alles zu tun, damit sie beide in dem kleinen Haus bleiben konnten, in dem sie aufgewachsen waren.

Brenna hatte nach der Schule gearbeitet. Ihr Job hatte ein paar Hundert Dollar monatlich eingebracht, und ihre Mutter hatte ihnen zudem etwas Geld hinterlassen. Damit waren sie über die Runden gekommen, doch sie hatten sehr einfach gelebt. Ihr Geld reichte nur für das Allernötigste. Vier Jahre lang hatten sie sich der Obrigkeit entzogen, bis Ellies Schuldirektor aufmerksam wurde und die Behörden verständigte.

Die Mädchen hatten aus Angst vor dem, was daraufhin passieren könnte, mitten in der Nacht den Wagen ihrer Mutter mit ihren wichtigsten Habseligkeiten vollgepackt und die Stadt verlassen. Sie fuhren nach Süden und machten erst halt, als sie die Außenbezirke von Atlanta erreichten.

In den nächsten acht Monaten schliefen sie im Auto, wenn sie keine Unterkunft fanden. Brenna putzte tagsüber, während Ellie die Zeit in der Bibliothek verbrachte, um für ihre Abschlussprüfungen zu lernen.

Sie hatten sich durchgeschlagen und überlebt, dachte Ellie. Mehr noch, sie waren daran gereift.

Ein paar Hundert Meter vom Ufer entfernt hielt sie inne. Sie drehte sich auf den Rücken, ließ sich im Wasser treiben und betrachtete die rötlichen Streifen, die die untergehende Sonne ins Meer zauberte.

Wenn sie zum Resort schaute, konnte sie kaum glauben, dass das hier nun ihr Leben war. Sie hatte einen weiten Weg zurückgelegt, seit sie ihre Nächte im Auto verbracht hatte. Ihr Alltag damals war nicht leicht gewesen, aber sie und Brenna hatten zusammengehalten und es geschafft.

Als Ellie achtzehn geworden war, hatten die Schwestern den Zugriff der Behörden nicht mehr fürchten müssen. Sie hatten eine Wohnung gemietet, Ellie war aufs College gegangen, und Brenna hatte eine Reinigungsfirma gegründet.

Ellie schwamm zur Insel zurück. Wie seltsam ihr Leben doch verlaufen war! Sie hatte damals so viel verpasst. Freundschaften, Jungs, angesagte Kleidung, den Abschlussball – all das eben, was im Leben eines normalen Teenagers wichtig war. Brenna und sie hatten nicht auffallen wollen, denn sie hätten es sich nicht leisten können, dass jemand ihr Leben unter die Lupe nahm. Also verzichteten sie auf Jungen, auf enge Freundinnen, auf alles, was die Aufmerksamkeit auf sie zog. Stattdessen hatte Ellie gelesen und gelesen. Im College hatte sie dann alles nachgeholt: Sie hatte sich Freundinnen gesucht und sich verabredet. Dennoch war sie eine vorzügliche Studentin gewesen. Lernen konnte ihr gar nicht schnell genug gehen. Nach drei Jahren hatte sie ihren Abschluss in Betriebswirtschaft geschafft.

Jetzt war sie bei der Sutherland Corporation angestellt, wo alle sie für brillant, unabhängig und ambitioniert hielten. Sie hatte gute Freundinnen gefunden und die Möglichkeit, ein Kind zu bekommen und ihm alles zu geben, was sie selbst nicht gehabt hatte.

Am Strand schnappte sie sich ihr Handtuch und trocknete sich ab. Der Sand war immer noch warm, obwohl die Sonne inzwischen untergegangen war.

„Genug über früher nachgedacht“, murmelte sie.

Warum hatte sie die alten Ereignisse ausgegraben? Ob es an den Ultraschallbildern lag, die Brenna ihr geschickt hatte? Oder hatte es mit Aidans Vorschlag zu tun? Gaben die Erinnerungen ihr zu verstehen, wie müde sie es war, immer allen Spaß zu versäumen?

Es dämmerte ihr, dass sie Aidans Vorschlag nicht nur annehmen würde, um schwanger zu werden. Sie würde ihn auch annehmen, weil es aufregend war und Spaß machen würde. Nach all den schweren Jahren hatte sie ein bisschen Spaß verdient.

Dabei fiel ihr ein, dass sich ihre Freundinnen um sieben Uhr an der Bar trafen. Sie nahm ihr Handtuch, wickelte es sich um die Hüften und ging rasch in Richtung ihrer Wohnung. Wenn sie sich mit dem Duschen und Umziehen beeilte, konnte sie rechtzeitig zum ersten Drink dort sein.

Es war der zweite Tag seines Aufenthalts in Kalifornien, und Aidan lümmelte – ein kühles Bier in der Hand – auf einer bequemen Luftmatratze im Pool seines Cousins Cameron Duke. Cameron veranstaltete eine Poolparty in seinem Haus, das einen herrlichen Blick auf die Bucht von Dunsmuir bot. Kinder kreischten vor Vergnügen, ein Hund bellte. Aidan überlegte, wie lange es her war, dass er sich so entspannt gefühlt hatte. Ein halbes Jahr? Länger? Die Firma hatte ihn im vergangenen Jahr gefordert. Er hatte pausenlos gearbeitet.

Die Sonne wärmte seine Haut, das Wasser glitzerte, und als der Lärm verebbte, wünschte er sich wieder, er hätte Ellie mit nach Kalifornien genommen. Sie hätte Spaß an den ausgelassenen Leuten gehabt. Noch mehr wünschte er sich, ihren nassen Körper hier im Pool an seiner Seite zu spüren.

Ohne Vorwarnung kreischten plötzlich mehrere Stimmen auf, dann explodierte das Wasser um ihn herum regelrecht. Von überallher sprangen Kinder und Erwachsene in den Pool.

„Hey!“ Er rutschte mit der Bierflasche in der Hand von der Luftmatratze.

„Richtig so!“, rief Brandon. „Verschwende nie ein gutes Bier!“

Aidan lachte. „Ganz meine Meinung.“

Brandon war der besonders muskulöse Duke, ein früherer Quarterback in der Football-Liga. Samantha, die dreijährige Tochter seines Bruders Cameron, saß auf seinen breiten Schultern. Sie lachte, spritzte mit Wasser und schlug hin und wieder auf Brandons Kopf, als sei er eine Trommel.

Plötzlich spürte Aidan kleine Hände nach seinen Schultern greifen. Als er sich umdrehte, sah er Camerons fünfjährigem Sohn Jake ins Gesicht, der ihn angrinste.

„Reiten!“, rief der kleine Junge.

„Aha.“ Aidan sah sich nach Jakes Eltern um. Aber alle Erwachsenen im Pool waren mit anderen Kindern beschäftigt, er war auf sich allein gestellt.

„Na schön, Kleiner“, sagte er zu Jake. „Ich fürchte, du musst mit mir vorliebnehmen.“

Jake schien das nichts auszumachen. „Los! Los!“, rief er.

„Schon gut“, murmelte Aidan. „Halt dich gut fest“, fügte er hinzu, als der Junge auf seinen Rücken kletterte. Dann hielt er nach einem sicheren Platz für seine Bierflasche Ausschau und setzte sie schließlich am Rand des Pools ab.

Er schwamm los, umrundete langsam das Becken und achtete darauf, dass Jakes Kopf über der Wasseroberfläche blieb. Dann fiel ihm auf, dass das gar nicht nötig war. Alle Kinder der Duke-Brüder – selbst die jüngsten – schwammen wie die Fische.

Nach einiger Zeit wandte Aidan sich um. „Reicht das?“, fragte er.

„Nein“, sagte Jake und klatschte mit der Hand auf seinen Rücken. „Mehr.“

Eine halbe Stunde später legte Aidan eine Pause ein. „Ich bin fertig, Kleiner.“

„Okay. Dann ruh dich aus“, sagte Jake. Der Junge umarmte ihn fest, dabei spürte Aidan Jakes warme Wange an seinem Gesicht. „Danke, Onkel Aidan.“ Damit sprang der Junge von seinem Rücken und paddelte davon.

Aidan schwamm zu seiner Bierflasche und weigerte sich, sich einzugestehen, wie sehr er die Zeit mit dem Kleinen genossen hatte.

Drei Stunden später hatte Aidan Massen von Hamburgern und ebenso viel von Sally Dukes großartigem Kartoffelsalat gegessen. Er sah sich auf der großzügigen Terrasse um. Die Erwachsenen unterhielten sich, während die kleineren Kinder gegen ihre Müdigkeit ankämpften, die Schlacht aber zu verlieren schienen.

Aus irgendwelchen Gründen erinnerten ihn all diese aufmerksamen Eltern an Ellie, in deren Gegenwart alles so glatt und rund lief. Überhaupt erinnerte ihn zurzeit alles an die Frau, die in Alleria auf ihn wartete. Er konnte es nicht abwarten, zurückzukehren und sie auszuziehen. Keine Frage, dass sie dasselbe wollte.

Kurz darauf kam Jake in einem frischen Pyjama angerannt und erschreckte ihn, indem er sich auf seinen Schoß setzte. Kurz darauf war der kleine Bursche in seinen Armen eingeschlafen. Aidan staunte über sein unerwartetes Bedürfnis, den Jungen zu beschützen.

Waren das die Gefühle, die auf einen Vater warteten? Die auf ihn warteten? Nein, dachte er. Wenn Ellie sein Angebot annahm, würde er nur dem Namen nach Vater sein. Er würde sich für die finanzielle Unterstützung und Familientreffen zur Verfügung stellen. Mit diesen Gefühlen von Angst und Sorge und Liebe und so weiter würde er nichts zu tun haben.

„Hier, für dich.“ Cameron drückte ihm ein schweres Kristallglas mit Scotch in die Hand. „Mach dir keine Gedanken, Jake schläft fest. Den würde selbst ein Erdbeben nicht wecken.“

Cameron setzte sich zu Aidan. Die beiden Männer tranken schweigend ihren Whisky und beobachteten das Treiben.

„Zeit zum Schlafengehen“, verkündete Brandons Frau Kelly und schnappte sich den kleinen Robbie, der krabbelnd zu flüchten versuchte. Der Kleine protestierte ein bisschen, lehnte dann aber seinen Kopf an Kellys Schulter und schloss die Augen.

„Der hier ist auch endlich eingeschlafen“, sagte Adam und trug T. J. ins Haus. Seine Frau Trish war mit dem jüngsten Mitglied der Familie, der zwei Monate alten Annabelle, beschäftigt.

Cameron schüttelte den Kopf. „Ich hätte nie gedacht, dass eines Tages mehr Kinder als Erwachsene auf einer Party der Duke-Brüder sein würden.“

„Die Kinder sind toll“, entgegnete Aidan und trank noch einen Schluck Whisky.

Cameron lachte. „Das sagt ausgerechnet ein Junggeselle, der keine Kinder haben will.“

„Hey. Ich habe es ernst gemeint“, protestierte Aidan.

„Keine Sorge, ich verstehe die versteckte Botschaft.“ Cameron machte es sich in seinem Stuhl bequem. „Kinder sind so lange toll, wie sie zu anderen gehören.“

Aidan schmunzelte. Cameron hatte recht. Dennoch war es heute anders. Er mochte das Gefühl, den schlafenden Jake auf seinem Schoß zu haben. Es fühlte sich einfach gut an.

„Ich wollte auch nie welche“, sagte Cameron. „Keiner von uns. Meine Brüder und ich haben sogar einen heiligen Eid geschworen, keine zu bekommen. Keine Hochzeit. Keine Kinder. Nie.“

Aidan lächelte. „Und was ist dann passiert?“

„Julia ist passiert“, antwortete Cameron schlicht. „Und Jake. Mutter hatte auch eine Meinung dazu. Und meine Brüder haben sich wohl einfach davon anstecken lassen.“

Autor

Kate Carlisle
New York Times Bestseller-Autorin Kate Carlisle konnte sich nie so richtig entscheiden: Sollte sie die Haare lang oder kurz, glatt oder gelockt tragen? Sollte sie beim Fernsehen arbeiten oder Brathähnchen verkaufen? Jura studieren oder doch lieber Schauspielunterricht nehmen? Nachdem sie alles einmal ausprobiert hatte, besann sie sich schließlich auf das...
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Jennifer Lewis gehört zu den Menschen, die schon in frühester Kindheit Geschichten erfunden haben. Sie ist eine Tagträumerin und musste als Kind einigen Spott über sich ergehen lassen. Doch sie ist immer noch überzeugt davon, dass es eine konstruktive Tätigkeit ist, in die Luft zu starren und sich Wolkenschlösser auszumalen....
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Kat Cantrell
<p><em>USA Today</em>-Bestsellerautorin Kat Cantrell las ihren ersten Harlequin-Roman in der dritten Klasse und füllt ihre Notizbücher, seit sie Schreiben gelernt hat. Sie ist Gewinnerin des <em>So you think you can write</em>-Wettbewerbs und <em>Golden Heart</em>-Finalistin der <em>Romantic Writers Association</em>. Kat, ihr Mann und ihre beiden Jungen leben in Nordtexas.</p>
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