Baccara Gold Band 11

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INSEL DER BEGIERDE von MERRITT, JACKIE
Paradiesische Tage der Liebe und Lust! Seit Eve und der Millionär Miles auf einer Insel im Pazifik gestrandet sind, genießen sie ihre Leidenschaft. Doch Eves Glück ist getrübt: Miles hat sein Gedächtnis verloren! Wird er noch zu ihr stehen, wenn er weiß, dass Welten sie voneinander trennen?

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EINE WIRD GEWINNEN von BOSWELL, BARBARA
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  • Erscheinungstag 26.07.2019
  • Bandnummer 0011
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725860
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Jackie Merritt, Ann Major, Barbara Boswell

BACCARA GOLD BAND 11

1. KAPITEL

Ein Privatsteg. Mitten in San Diegos ohnehin schon überfülltem Jachthafen! Aber hatte sie etwas anderes erwartet? Der Boulevardpresse zufolge konnte sich der Wunderknabe Miles Leighton so gut wie jeden Wunsch erfüllen.

Über alle Eventualitäten hatte sie sich in den vergangenen vier Tagen seit dem Unfall ihres Vaters den Kopf zerbrochen, nur nicht darüber, wie sie überhaupt zum Schiff gelangen sollte. Auf die Möglichkeit, Leighton atemlos und verschwitzt gegenübertreten zu müssen, wäre sie nicht einmal im Traum verfallen.

Wenigstens trug sie flache Schuhe. Ihr elegantes weißes Kostüm dagegen war wenig geeignet für einen Fußmarsch, aber sie wollte so geschäftsmäßig wie möglich auf ihren Verhandlungspartner wirken.

Fehler Nummer eins, meine Kleiderwahl, dachte Eve grimmig, während sie sich in der glühenden Hitze mit ihrem Gepäck abschleppte. Viele Fehler konnte sie sich an diesem Wochenende nicht leisten.

Die Temperatur lag weit über dreißig Grad. Nicht einmal eine schwache Brise wehte. Hätte ich mir doch wenigstens die Haare aufgesteckt, schimpfte sie im Stillen vor sich hin. Mit ihren dreißig Jahren wusste sie schließlich, wie wichtig der erste Eindruck war. Dank ihres hochroten Gesichts und weil sie sich ständig ihre honigblonden Strähnen zurückstreichen musste, hatte sie nun auch noch den letzten Anschein von Eleganz und Gelassenheit verloren.

Eve entdeckte die schnittige Jacht, sobald sie den Kai erreichte. Wie groß mochte sie sein? Dreißig Meter? Sogar mehr? Sie war eine strahlend weiße Schönheit, die Messingbeschläge glänzten, das Teakholz schimmerte matt. Obwohl ein großes Schild verkündete: „Privatbesitz. Durchgang verboten!“, war das Tor zum Steg unverschlossen. Eve war erst wenige Meter gegangen, als ein Mann den Kai entlang auf sie zueilte.

„Kann ich Ihnen helfen, Ma’am?“

Er war groß, muskulös und ganz in Weiß gekleidet. Eine Schirmmütze und eine dunkle Sonnenbrille verdeckten die obere Gesichtshälfte, aber Kinn und Mund machten einen unnachgiebigen Eindruck. Eve war ihrem Gastgeber zwar noch nie begegnet, doch nach allem, was sie über Miles Leighton gehört hatte, würde er seine Gäste wohl kaum auf der Anlegestelle in Empfang nehmen. Sie lächelte. „Hallo. Mr. Leighton erwartet mich.“

„Darf ich um Ihren Namen bitten?“

Sie stellte Koffer und Aktentasche ab. „Eve Wallis.“

Ihr Gegenüber zog ein kleines Notizbuch aus der Hemdtasche. „Auf meiner Liste steht ein Conrad Wallis.“

Eves Herz setzte einen Schlag aus. Offenbar war ihre Nachricht noch nicht bis zu diesem Wachhund vorgedrungen. „Ich habe mich telefonisch angemeldet. Mein Vater hatte einen Unfall und bat mich, für ihn einzuspringen.“

Der Mann kniff die Augen zusammen und musterte sie argwöhnisch.

Eve lächelte, obgleich sie sich zunehmend unbehaglicher fühlte. „Mein Vater hat sich ein Bein gebrochen. Er liegt bis zur Hüfte in Gips. Es war schreckliches Pech … und zu einem sehr unglücklichen Zeitpunkt. Dieses Wochenende ist für ihn und Mr. Leighton sehr wichtig. Selbstverständlich habe ich Mr. Leightons Büro sofort Bescheid gegeben. Die Nachricht muss irgendwie untergegangen sein.“

„Wissen Sie noch, mit wem Sie gesprochen haben?“

„Äh … nein. Eine Frau war am Apparat. Vermutlich eine Sekretärin.“

Eve wusste, wie schwer es war, an Miles Leighton heranzukommen. Ihr Vater hatte Monate gebraucht, das Treffen zu arrangieren. Und dieser raubeinige Typ in Schneeweiß stand einfach da und überlegte, ob er ihre Geschichte glauben durfte! Die Situation wurde langsam grotesk – und sie zusehends ungeduldig.

„Könnten Sie sich nicht mit der Frau in Verbindung setzen?“, schlug sie vor, und ihr Lächeln wurde eine Spur verbindlicher. Der Mann zögerte.

„Sehen Sie“, begann sie erneut, entschlossen, die Fronten zu klären. „Mein Vater wollte Mr. Leighton zu dessen Insel Tierra del Ensueño begleiten. Er ist Immobilienmakler und soll sich im Auftrag seiner Klienten die Insel ansehen. Nun bin ich an seiner Stelle hier. Es handelt sich um eine geschäftliche Verabredung, Mr. … tut mir leid, Sie haben sich noch nicht vorgestellt.“

„Tom Beal.“ Er zögerte kurz. „Sind Sie auch Maklerin?“

„Mein Vater und ich sind Geschäftspartner. Wir haben schon bei mehreren Projekten zusammengearbeitet.“ Bei einem von Leightons Angestellten wollte Eve nicht weiter ins Detail gehen. Außerdem befanden sich die Verhandlungen noch in der Schwebe. Vorerst wollte Leighton ihrem Vater nur die Besichtigung der Insel ermöglichen. Als Repräsentant mehrerer seriöser Investoren, die dort eine Ferienanlage errichten wollten, war Conrad Wallis mit dem Kauf beauftragt worden. Über diesen Punkt hinaus war noch nichts besprochen, und bisher war von keiner Seite auch nur eine Andeutung über die Preisvorstellung gefallen. Dieses Wochenende sollte ein erster Schritt sein. Ihr Vater hatte sich monatelang darauf vorbereitet, und sie sprang nur ein, damit das Geschäft nicht wegen eines dummen Unfalls platzte.

Endlich schloss Tom Beal sein kleines Notizbuch und steckte es zurück in die Hemdtasche. „Warten Sie bitte hier.“

Kopfschüttelnd beobachtete Eve, wie er davonging. Anscheinend war diese Entscheidung so wichtig, dass Mr. Beal sie nicht allein fällen konnte.

Nach allem, was sie von Miles Leighton wusste, führte er ein außergewöhnlich zurückgezogenes Leben. Jede Kleinigkeit, von der die Zeitungen erfuhren, wurde daher aufgebauscht und hochgespielt. Seine Ehe war nach wenigen Monaten gescheitert, Kinder hatte er keine – zumindest keine, von denen die Öffentlichkeit je erfahren hatte.

In den letzten Wochen hatten sie und ihr Vater häufig über Leighton gesprochen und die wenigen Informationen ausgetauscht, die sie über ihn in Erfahrung bringen konnten. Ihr Vater war furchtbar aufgeregt gewesen, weil er Leighton endlich kennen lernen würde, und ebenso enttäuscht, als ein Unfall diese Aussicht zunichtemachte. „Du musst mich vertreten“, befahl er von seinem Krankenhausbett aus. „Und mach ein paar Fotos von ihm.“

„Das könnte allerdings ein Problem werden“, hatte sie zu bedenken gegeben.

„Ich weiß. Der Mann soll ja reichlich kamerascheu sein.“

„Unter anderem …“

„Du wirst schon damit fertig, Honey.“

„Hoffentlich …“

Jetzt, wo sie auf Leightons Kai stand und die Sonne heiß auf ihren Kopf schien, sank ihre Hoffnung rapide. Noch nie hatte sie jemanden kennen gelernt, der in einer Festung lebte, umgeben von Leibwächtern und Sicherheitskräften. Und genau das war Tom Beal: jemand, der seinen Chef vor unliebsamen Störungen bewahrte.

Seufzend blicke Eve sich um. Der Name der Jacht, „Lady Dreamer“, stand in Messingbuchstaben am Bug des Schiffes. Mehrere Leute befanden sich an Bord, und soweit sie erkennen konnte, gehörten nicht alle zur Besatzung. Offenbar wäre ihr Vater nicht der einzige Gast auf dieser dreitägigen Reise gewesen.

Miles Leighton lebt wirklich in einer ganz anderen Welt, dachte Eve mit einem Hauch Sarkasmus. Ihre Familie nagte auch nicht gerade am Hungertuch, doch der Lebensstil der Wallis’ kam dem, was sie hier vorfand, nicht einmal nahe.

Eine Bewegung am Fenster des Oberdecks erregte ihre Aufmerksamkeit. Sicher war einer der beiden weiß gekleideten Männer Tom Beal. Der andere musste Miles Leighton sein. Zweifellos wurde sie beobachtet und sorgfältig überprüft. Womöglich war sie ja eine gerissene Sensationsreporterin, die sich in Mata-Hari-Manier an Bord schleichen wollte.

Wenn nicht bald etwas geschah, konnte ihr Vater den größten Vertrag seiner Maklerkarriere abschreiben – nur weil er nach zehn Jahren strikter Abstinenz das Wasserskilaufen wieder angefangen hatte!

Unruhig trat Eve von einem Fuß auf den anderen. Einfach unfassbar! Welcher Mann ließ eine Frau in der grellen Sonne stehen, während er in aller Seelenruhe entschied, ob sie seiner Gesellschaft würdig war? Leighton war ein Snob. Wahrscheinlich war er genauso arrogant wie die Klatschkolumnen behaupteten. Falls es ihr gelang, an Bord dieses Schiffes zu kommen, stand ihr mit Sicherheit ein äußerst unbehagliches Wochenende bevor.

Endlich kam Tom Beal die Gangway herunter und eilte wieder auf sie zu. Sofort straffte sie die Schultern und hob das Kinn.

„Können Sie sich ausweisen?“

„Natürlich.“ Eve zog ihre Brieftasche hervor und reichte ihm ihren Ausweis.

Er ließ sich Zeit und verglich immer wieder das entsetzliche Passfoto mit ihrem Gesicht. Oh nein, sie würde sich nicht wie schon so oft für diese furchtbare Aufnahme entschuldigen! Sollte er ruhig mit seiner übertrieben gewissenhaften Überprüfung fortfahren. Schließlich schien er zufrieden zu sein und gab ihr den Ausweis zurück. „Ich nehme Ihr Gepäck. Folgen Sie mir bitte.“

„Vielen Dank“, entgegnete sie betont kühl. Dieser Mann war hart wie Granit. Sicher würde sein Gesicht bei einem Lächeln in tausend Teile zerspringen.

Als sie das Schiff betraten, erhaschte sie einen Blick auf zwei Männer und eine Frau, die in Freizeitkleidung auf eleganten Liegestühlen saßen und offenbar unbeschwert den Aufenthalt an Bord genossen.

Tom Beal führte Eve einige Stufen hinunter und einen langen Korridor entlang. „Hier ist Ihre Kabine.“ Damit öffnete er die Tür und trug ihr Gepäck hinein.

„Wo finde ich Mr. Leighton?“ Sofort bemerkte sie, dass sie den Mann erneut verwirrt hatte. „Macht nichts“, sagte sie trocken, „er kann ja nicht weit sein.“ Mit einem Seufzer der Erleichterung schloss sie die Kabinentür hinter ihm. Entweder war Tom Beal schwer von Begriff oder seinem Arbeitgeber bis an den Rand der Selbstaufgabe treu.

Immerhin war sie jetzt auf der „Lady Dreamer“. Sie hatte diesem unfreiwilligen Ausflug zwar etwas beklommen entgegengesehen, mit derartigen Problemen allerdings nicht gerechnet. Ein Termin war schließlich ein Termin. Außerdem hatte sie ihr Bestes getan, um Leighton von der Umdisponierung zu benachrichtigen.

Eve blickte sich in der Kabine um. Sie war klein, fast winzig. Ebenso das angrenzende Badezimmer. Trotzdem verfügten beide Räume über alles Nötige und waren hübsch eingerichtet. Zumindest insofern stand ihr ein angenehmer Aufenthalt bevor …

Der Rest, ganz besonders die Frage, ob sie die Verhandlungen zwischen ihrem Vater und Leighton behindern oder fördern würde, lag völlig im Dunkeln. Eves Selbstvertrauen war ohnehin nicht das größte, und in der letzten Viertelstunde hatte es einen gehörigen Dämpfer bekommen. Ohne ein einziges Wort hatte Miles Leighton ihr zu verstehen gegeben, wie unwichtig sie für ihn war. Und dabei hatte sie ihn noch nicht einmal zu Gesicht bekommen …

Ob Conrad auf dieselbe schäbige Art behandelt worden wäre? Stirnrunzelnd schob Eve den Aktenkoffer neben das Bett und hängte einige Kleidungsstücke in den Wandschrank. Ob man bei ihrem Vater auch auf dieser unverschämten Überprüfung bestanden hätte? Doch was half es, derart auf die Palme zu geraten?

Eve schüttelte das Gefühl der Unzulänglichkeit ab und beschloss, erst einmal ihr zerknittertes Kostüm auszuziehen und in etwas Luftigeres zu schlüpfen. Anschließend wollte sie sich an Deck blicken lassen. Und danach … Nun, es lag an Mr. Leighton, was danach geschah.

Vielleicht werden die kommenden drei Tage doch noch ganz angenehm, überlegte Eve, während sie an ihrem Gin Tonic nippte und sich langsam entspannte. Besonders, wenn Leighton auch weiterhin nicht auftauchte …

Immerhin hatten die anderen Gäste sie freundlich begrüßt. Die kleine Gruppe bestand aus zwei Paaren und einer Frau. Eve musterte die hübsche Marcy Emerson. War sie Leightons Partnerin auf dieser Reise? Aber wenn ja, wo blieb dann er? Er konnte seine Begleiterin doch nicht einfach ignorieren.

Eigentlich traf seine Unhöflichkeit alle, nicht nur Marcy Emerson. Aber es schien niemanden zu stören, oder genauer gesagt, niemandem schien es überhaupt aufzufallen, dass der Gastgeber durch Abwesenheit glänzte.

Im Gegensatz zu mir, kennen diese Leute Leighton wenigstens, vermutete Eve. Die ganze Situation war ziemlich verwirrend. Aber sie konnte die anderen ja schlecht ausfragen. Daher lächelte sie, nippte an ihrem Drink und warf gelegentlich eine Bemerkung in die Unterhaltung ein.

Schließlich verließ die „Lady Dreamer“ den Hafen und segelte aufs offene Meer hinaus. Die Stadt wurde immer kleiner, dann schlug das Schiff südlichen Kurs ein. Ein weiß gekleideter Steward servierte Cocktailhappen, und im Hintergrund erklang leise Musik. Es war die schönste Umgebung, die man sich vorstellen konnte, und ob der Besitzer der Jacht sich nun blicken lassen würde oder nicht, war Eve langsam gleichgültig.

Ihre Laune hatte sich erheblich gebessert. Dabei hätte sie erst vorhin noch, als sie endlich an Leightons Wachhund vorbeigekommen war, ihrem selbstherrlichen Gastgeber am liebsten den Schädel eingeschlagen. Nun sah sie das Komische an der Sache.

Eve stand auf und verließ die kleine Gruppe. An der Reling blieb sie stehen und ließ sich den Seewind durchs Haar wehen. Sie atmete tief ein und strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Die Küste war nur noch als dunkle Linie am östlichen Horizont zu erkennen. Eve fühlte sich wundervoll.

Aber das Gefühl lag nur an der Oberfläche. Sie durfte nicht vergessen, weshalb sie sich auf diesem großartigen Schiff befand und sich den Wind um die Nase wehen ließ: Ihr Vater verließ sich auf sie. Seit dem Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren hatten sie nur noch einander. Sie schuldete ihm viel, denn er war ihr nach ihrer gescheiterten Ehe eine große Stütze gewesen. Ihr Exmann hatte seinen skrupellosen Charakter hinter einer charmanten Fassade verborgen, und es dauerte lange, bis sie diese schmerzhafte, desillusionierende Beziehung überwunden hatte.

Jetzt war ihr die Karriere das Wichtigste im Leben. Auch wenn sie nicht mit Herz und Seele am Immobiliengeschäft hing, kein anderer Beruf konnte ihr eine so flexible Arbeitszeit und so hohe Gewinne bieten. Allein die Provision bei diesem Geschäft mit Leighton bewegte sich in astronomischer Höhe. Da konnte sie die Begeisterung ihres Vaters gut nachvollziehen.

Seufzend warf Eve einen Blick über die Schulter. Sie kniff die Augen zusammen. Die strahlende Sonne blendete sie, aber auf der Brücke war ein Mann zu erkennen. Tom Beal vielleicht?

Nein. Obwohl der Mann weiß gekleidet und ebenso groß wie Beal war, wirkte er viel schlanker. Bewegungslos stand er auf dem Oberdeck und hielt den Blick in die Ferne gerichtet. Irgendetwas an ihm fesselte sie. Sein dunkles Haar war windzerzaust, seine Haltung entspannt, aber trotzdem eindrucksvoll, die Haut braun gebrannt. Plötzlich wusste Eve, wen sie vor sich hatte. Ihr Herz schlug schneller. So jung hatte sie ihn sich nicht vorgestellt … oder so attraktiv!

Das ist also der berühmte Miles Leighton! dachte sie und versuchte, ihr hämmerndes Herz zu beruhigen. Den Gerüchten zufolge war er brillant, scharfsinnig, ein Genie der Finanzwelt, und sein hartnäckiges Bemühen, ein zurückgezogenes Leben zu führen, rief eine unglaubliche Neugier hervor.

Eve umklammerte die Reling. Er sah fantastisch aus. Atemberaubend männlich. Nun kam er die Treppe herunter. Obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, gleichgültig und gelassen-souverän zu erscheinen, wurde sie immer aufgeregter.

Sobald Leighton das Sonnendeck betrat, wandten sich alle zu ihm um. Nach dem allgemeinen Händeschütteln bestellte er einen Drink beim Steward. Dann sah er zu ihr hinüber.

Eve stockte der Atem. Seine Augen waren grau-blau wie glänzender Stahl und wirkten ebenso kalt. In seiner Miene lag mehr als bloße Zurückhaltung; ein abweisender Ausdruck, der sie verwirrte.

Mit dem Glas in der Hand kam Leighton näher. Sie ließ die Reling los. Auf fremde Menschen zuzugehen war ihr immer leichtgefallen, im Moment jedoch fühlte sie sich äußerst unbeholfen. Falls sie jetzt auch noch über die simplen Begrüßungsfloskeln stolperte, würde sie sich das nie verzeihen.

„Miss Wallis?“

„Erfreut, Sie kennen zu lernen“, sagte sie und reichte ihm die Hand.

Sein Händedruck war fest. „Eigentlich hatte ich Ihren Vater erwartet.“

„Sicher hat Mr. Beal Ihnen den Grund für meine Anwesenheit mitgeteilt.“

„Ja. Das mit Wallis’ Unfall tut mir leid.“

„Danke.“

Miles Leighton schüchterte sie ein, und dieses ungewohnte Gefühl ärgerte sie. Trotzdem brachte sie ein Lächeln zu Stande. „Ihr Boot ist schön.“

„Mein Boot?“, wiederholte er mit hochgezogenen Augenbrauen.

Sie errötete. „Schiff … Jacht. Ich kenne mich mit nautischen Begriffen nicht so gut aus.“

Keine Spur von Verständnis lag in seinem harten Gesichtsausdruck. Stattdessen musterte er sie so prüfend, dass sie sich vor dem Blick seiner stahlgrauen Augen am liebsten ins nächste Mauseloch verkrochen hätte.

Endlich wandte er sich ab. Hielt er sie nun für hübsch, durchschnittlich oder unscheinbar? In der legeren weißen Leinenhose mit dem passenden weit geschnittenen Hemd war sie ähnlich gekleidet wie die anderen Gäste, aber sie ahnte nicht einmal, was Leighton von ihr hielt. Seltsamerweise war ihr seine Meinung aber wichtig. Warum sonst raste ihr Herz und was hatten ihre feuchten Handflächen zu bedeuten?

Gewöhnlich verschlug ihr nichts so leicht die Sprache, nun jedoch wusste sie nicht weiter. Früher oder später allerdings musste sie das Gespräch auf Leightons Insel bringen. Nur war jetzt dafür mit Sicherheit der falsche Zeitpunkt. Ihr Puls überschlug sich regelrecht. Hoffentlich fiel ihre Nervosität nicht auf …

Leighton war bereits zu seinen Gästen zurückgekehrt. „Ich muss noch einige Dinge erledigen. Amüsiert euch solange. Das Dinner findet um acht Uhr statt wie gewöhnlich.“

Fassungslos sah Eve, wie er zur Kommandobrücke hinaufstieg. Er überließ seine Gäste erneut sich selbst? Nicht einmal fünf Minuten hatte er bei ihnen verbracht! Was fiel ihm eigentlich ein?

Marcy Emerson erhob sich und riss Eve aus ihrer Empörung. „Wenn ihr mich jetzt entschuldigt. Ich werde ein kleines Nickerchen halten.“

Auch die anderen verließen das Deck. Verblüfft beobachtete Eve, wie sie davonschlenderten. Offenbar war die Begrüßungsparty damit beendet.

Was sollte sie völlig allein an Deck? Und so verzog auch sie sich in ihre Kabine. Dort sank sie aufs Bett und ließ die letzten Minuten Revue passieren. Wieder und wieder spielte sich die Szene vor ihrem geistigen Auge ab. Miles Leighton hatte einen unglaublich tiefen Eindruck bei ihr hinterlassen. Dieser Mann strahlte Macht und Autorität aus. Seine Arroganz war offensichtlich, und er war unhöflich, ablehnend und unnahbar.

Davon abgesehen war er der attraktivste Mann, dem sie je begegnet war. Warum nur war sie so beeindruckt von einem Mann, der durch seine Mitmenschen einfach hindurchsah? Leighton hatte sie nicht einmal höflich zur Kenntnis genommen, nicht wirklich. Sein prüfender Blick war beleidigend gefühllos gewesen.

Eve streifte ihre Schuhe ab, schob sich ein Kissen unter den Kopf und starrte an die Decke. Was hatte der Gefühlstaumel in ihrem Inneren zu bedeuten? Nie reagierte sie so.

Zumindest bisher nicht. Sicher, Miles Leighton war einflussreich, unerhört gut aussehend und strahlte einen Sex-Appeal aus, wie sie es noch bei keinem Mann erlebt hatte. Sollte auch er sie umgekehrt als Frau betrachtet haben, dann hatte er das sehr gut verborgen.

Eve fühlte sich innerlich zerrissen. Sie war hier, um ein Geschäft abzuschließen. Sie musste mit Leighton über seine Insel und die Investoren sprechen. Für Gefühle war da kein Platz.

Nach Leightons Abgang waren alle schnell verschwunden. Hatten sie nur auf sein Erscheinen gewartet? Was Marcy Emersons Rolle an diesem Wochenende anging, musste sie, Eve, sich irren, denn Miles hatte ihr nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt als den anderen Gästen.

Es sei denn …

Ja, natürlich. Wie eine hungrige Katze war Marcy unter Deck geeilt! Sie hatte von einem Nickerchen gesprochen – aber wo?

Eve riss sich zusammen. Leightons Liebesleben ging sie nichts an. Wenn man sein betontes Desinteresse in Erwägung zog, sah es mehr danach aus, dass kein Teil seines Lebens sie je etwas angehen würde.

Genau! dachte Eve gereizt. Schließlich bin ich nicht freiwillig hier, was zerbreche ich mir über so was den Kopf! Sie würde die Insel besichtigen, weil es ihrem Vater wichtig war. Und sie würde mit diesem Finanzgenie reden, wenn er beschloss, ihr einige Minuten seiner kostbaren Zeit zu opfern. Aber ansonsten wollte sie das Wochenende so schnell wie möglich hinter sich bringen.

Eve drehte sich auf die Seite und schloss die Augen. Laut Zeitplan würde die „Lady Dreamer“ gegen Mitternacht auf Tierra del Ensueño anlegen. Da die Jacht erst am Sonntag nach San Diego zurückkehren sollte, blieb ihr ein ganzer Tag zur Besichtigung der Insel.

Und damit wäre ihre Rolle in diesem Geschäft beendet.

Dafür würde sie sorgen!

Kurz nach zweiundzwanzig Uhr kehrte Eve in ihre Kabine zurück.

Nein, Marcy Emerson ist kein besonderer Gast, stellte sie im Nachhinein fest und entfernte ihr Make-up. Leighton hatte ihr während des Dinners nicht mehr Aufmerksamkeit geschenkt als den anderen Gästen. Oh, natürlich war er anwesend. Vom Kopf des Tisches aus unterhielt er seine Gäste – falls man lakonische, oft zynische Bemerkungen überhaupt als Unterhaltung bezeichnen konnte. Er hatte sogar sie mit einigen seiner spitzfindigen Kommentare bedacht.

Davon abgesehen war der Mann kalt wie ein Fisch. Und kein noch so gutes Aussehen entschädigte für unzählige Charakterfehler.

Eve hielt in der Bewegung inne und betrachtete ihr Spiegelbild. Wenn Leighton wirklich so nervtötend war, weshalb hatte sie dann den ganzen Abend wie auf glühenden Kohlen gesessen? Warum blieb ihr jedes Mal das Herz stehen und wurde ihr der Mund trocken, wenn der Blick dieser grau-blauen Augen sie streifte?

Vielleicht wollte sie sich nur unbedingt besser fühlen und stempelte ihn deshalb als kalten Fisch ab. Denn hinter Leightons kühler Fassade glühte ein Feuer, heißer als die Hölle, auch wenn er es mit aller Macht in Schach hielt.

Der Salon der Jacht war atemberaubend. Holzgetäfelte Wände, flauschiger Teppichboden, kostbare Lampen und elegante Möbel. Das Dinner war hervorragend gewesen. Doch von der prächtigen Umgebung abgesehen, hatte sie nie zwei unangenehmere Stunden verbracht. Und nicht die anderen Gäste waren an ihrem Unbehagen schuld.

Miles Leighton machte sie nervös. Sein undurchdringlicher Gesichtsausdruck, die männlich-geschmeidige Art, in der er sich bewegte, der Klang seiner tiefen Stimme.

Ich mag diesen Mann nicht! hatte sie sich ständig ermahnt, und war von ihm beeindruckt geblieben. Daher war sie mehr als erleichtert gewesen, als die Dinnerparty endlich zu Ende ging. Bei der Aussicht auf die angekündigte Bridge-Partie hatte sie sich innerlich geschüttelt, sich bei den anderen Gästen entschuldigt und schnell in ihre Kabine verzogen.

Nun war sie Leightons beunruhigender Nähe endlich entkommen. Leider war sie überhaupt nicht müde, und wenn sie jetzt ins Bett ging, würde sie sich doch nur schlaflos hin und her werfen. Daher tauschte sie das elegante Seidenkleid gegen Shorts und Bluse und beschloss, an Deck die frische Nachtluft zu genießen.

Bestimmt war jetzt niemand auf dem Achterdeck. Sie könnte es sich auf einem Liegestuhl gemütlich machen und beobachten, wie sich das Mondlicht auf dem dunklen Pazifik spiegelte.

Bei dem romantischen Bild, das sie da entworfen hatte, musste Eve leise lachen. Auf der „Lady Dreamer“ gab es nur wenig Romantik. Ihr Besitzer war ein abgebrühter Realist, was sie besser nicht vergessen sollte. Leighton ging es nur darum, sein Vermögen zu vergrößern. Seine Mitmenschen waren ihm gleichgültig.

Soll Leighton doch der Teufel holen! schimpfte Eve, während sie die Schnürsenkel ihrer Segeltuchschuhe verknotete. Ein Wochenende ging schnell vorüber. Noch ganz anderes ließ sich drei Tage lang ertragen.

Entschlossen, einen kühlen Kopf zu bewahren, schlang sich Eve einen weißen Pullover um die Schultern und verließ die Kabine. Kaum hatte sie die wenigen Stufen zum Deck erklommen, hörte sie ein seltsames Rumpeln. Instinktiv griff sie nach der Reling. Im nächsten Moment folgte ein ohrenbetäubender Knall, und sie wurde durch die Luft geschleudert.

Alles geschah so schnell, dass für Angstgefühle keine Zeit blieb. Tiefer und tiefer versank Eve in den dunklen Fluten des Ozeans. Plötzlich ergriff Panik sie und wild um sich schlagend kam sie wieder an die Wasseroberfläche.

Sobald sie aufgetaucht war, rang sie nach Atem. Da folgte der zweite Schock: die Jacht brannte! Hochlodernde Flammen tauchten den dunklen Nachthimmel in ein grellrotes Licht. Unzählige Geräusche durchbrachen die eben noch so friedliche Stille.

Halb betäubt erkannte Eve, welcher Aufruhr auf dem Schiff herrschte. Sie sah Menschen hektisch hin und her rennen, und dann, ganz plötzlich, war das Deck leer. Die Flammen stiegen höher, das Feuer breitete sich immer weiter aus.

Mit Entsetzen beobachtete Eve, wie eine weitere Explosion die „Lady Dreamer“ auseinanderriss. Die Szene glich einem Albtraum. Trümmer flogen durch die Luft. Feuer und Rauch verdeckten ihr die Sicht, doch sie hörte Schreie und aufgeregte Stimmen.

Auch sie schrie um Hilfe. Sie war beim besten Willen keine Marathon-Schwimmerin und hoffte inständig, dass jemand sie bald aus dem Wasser fischte. Jeden Moment musste Rettung kommen. Es musste so sein.

Unglücklicherweise konnte sie niemanden mehr entdecken. Vielleicht waren alle auf der anderen Seite der Jacht, aber eben nicht in ihrer Nähe. Panik schnürte ihr die Kehle zu. Sie würde sterben. Bis ihre Kräfte nachließen würde sie Wassertreten und dann unweigerlich ertrinken.

Wrackteile wurden durch die Luft geschleudert und schlugen zischend ins Wasser. Falls sie getroffen wurde, hatte sie überhaupt keine Chance mehr! Verzweifelt begann Eve von dem brennenden Schiff wegzuschwimmen.

Wie durch ein Wunder entdeckte sie plötzlich ein flaches Brett in der Größe einer Tischplatte in greifbarer Nähe und klammerte sich daran fest. Als sie einen Blick auf die zerstörte „Lady Dreamer“ warf, sank ihre Hoffnung ins Bodenlose. Nur ein kleiner Teil des Schiffs befand sich noch über der Wasseroberfläche. Und auch jetzt konnte sie keine anderen Menschen sehen.

Eve war halb betäubt vor Angst. Sie konnte doch unmöglich die einzige Überlebende sein! Vorhin hatte sie doch Stimmen gehört! Es mussten noch andere in der Nähe sein!

Aber wo?

Wieder zerriss ein lauter Knall die Nacht, gefolgt von einem Funkenregen, der gleich einem Feuerwerk den Himmel erleuchtete. Wie hypnotisiert starrte sie auf das gefährlich-schöne Schauspiel. Doch als die Funken nun um sie herum ins Meer fielen, geriet sie in Bewegung.

Schnell kletterte sie auf das Brett und paddelte von der Unglücksstelle weg. Dann verließ sie die Kraft. Tränenüberströmt hockte sie da und sah hilflos, wie die Jacht vor ihren Augen verbrannte. Es gab keine Stimmen, keine Rufe, keine Lebenszeichen mehr. Sie war allein und würde hier draußen sterben.

Eve befeuchtete ihre salzigen Lippen. Nichts in ihrem Leben hatte sie auf so eine verheerende Situation vorbereitet. Der Schiffsrumpf versank in den Fluten. Bald würde die Dunkelheit sie einhüllen, und was dann?

Sie rief um Hilfe. Selbst für ihre eigenen Ohren klang ihre Stimme kläglich. Außerdem knarrte und ächzte das Schiff wie im Todeskampf. Der Krach übertönte alle Geräusche.

„Ist hier jemand? Hallo?“

Es war sinnlos. Das Brett wurde weiter abgetrieben. Eve versuchte, zur Unglücksstelle zurückzupaddeln, kam aber gegen die starke Strömung nicht an. Schluchzend kauerte sie sich auf ihrem Floß zusammen, während das Schiff und die Flammen immer kleiner wurden, bis nur noch ein schwacher roter Schein auf der Wasseroberfläche zu erkennen war.

Am Himmel leuchtete die Sichel des Mondes. Nur das Rauschen des Meeres war in der Stille zu hören. Plötzlich mischte sich ein leises Klopfen hinein. Es dauerte eine Weile, bis Eve erkannte, dass andere Wrackteile von der Strömung mitgerissen worden waren und aneinanderschlugen.

Erneut rief sie um Hilfe, und dann immer und immer wieder. War da nicht eine Antwort? Oder vielleicht dort drüben? Oder in dieser Richtung?

Schließlich musste sie sich eingestehen, dass sie die Orientierung verloren hatte und nicht mehr wusste, wo das Schiff gesunken war. Sie sah zum Himmel. Könnte sie die Position der Sterne deuten, dann wüsste sie wenigstens, wohin die starke Strömung sie trug. Was, wenn sie noch weiter hinaus aufs offene Meer getrieben wurde?

Es war hoffnungslos. Ihr war kalt, sie war triefnass und fühlte sich unsäglich einsam. Bis jemand sie auffischte, war sie den Kräften der Natur ausgeliefert. Ob es hier Haie gab? Oh nein, nicht auch das noch …

Hastig zog Eve ihre Füße von der Kante des Bretts. Sie kannte sich mit Haien nicht aus, hatte aber gelesen, dass sie von Blut angezogen wurden. Ängstlich betastete sie Arme und Beine. Blutete sie irgendwo? Nein, sie war unverletzt. Sogar ihre Schuhe trug sie noch, und der Pullover hing ihr um die Schultern. Seltsam. Sie hatte diese Explosion überlebt, und das auch noch völlig unversehrt.

Ihre Hoffnung stieg. Wenn ich unverletzt bin, ist anderen auch nichts passiert, sprach Eve sich Mut zu. Vermutlich trieben noch ein Dutzend von der Mannschaft und den Gästen an Treibholz geklammert auf dem Meer. Wegen der Dunkelheit konnte sie zwar nichts sehen, aber sobald es hell werden würde …

2. KAPITEL

Im Unterbewusstsein vernahm Eve ein rhythmisches Klopfen. Plötzlich kam die Erkenntnis, und der Schrecken der letzten Nacht stand ihr erneut vor Augen. Entsetzt richtete Eve sich auf und sah nur Zentimeter entfernt einen rötlichen Felsen.

Unbändige Freude stieg in ihr auf. Sie war gerettet! Sie war tatsächlich an Land geschwemmt worden!

Zumindest beinahe. Denn noch wurde ihr Floß von der Brandung immer wieder gegen den Felsen gestoßen. Unmittelbar dahinter jedoch rollten die Wellen sanft an einen goldenen Sandstrand. Die Sonne strahlte von einem postkartenblauen Himmel. Keine einzige Wolke trübte die Idylle. Eve drehte sich um und suchte mit den Augen den Horizont ab. Waren ihre Mitreisenden auch an diese wunderschöne Küste getrieben worden? Wo steckten sie?

Nur die endlose Weite des Ozeans war zu sehen. „Oh nein“, flüstert Eve erschüttert. War sie die einzige Überlebende dieses Albtraums? Die ganze schreckliche Nacht lang hatte sie sich heiser geschrien, bis sie vor lauter Angst und Erschöpfung das Bewusstsein verlor.

Nun ließ sie sich vorsichtig in das seichte Wasser gleiten. Sofort gaben ihre Knie nach, und sie klammerte sich haltsuchend an den großen Fels. Eine Weile schwankte sie hin und her, bis sie ihren zitternden Körper unter Kontrolle bekommen hatte.

Endlich gelang es ihr, durch die Brandung zum Strand zu waten. Wo war sie? Sie strich sich das feuchte Haar aus dem Gesicht und sank in den warmen Sand. Hoffnung regte sich in ihr. Land bedeutete Menschen. Wenn sie nur wüsste, wo sie gestrandet war. An der mexikanischen Küste? Auf einer Insel?

Es war nicht die Baja California, so viel stand fest. Die Vegetation hier war viel üppiger, mit einer Vielzahl verschiedener Bäume und Sträucher. Hinter dem breiten Sandstrand stieg das Gelände an. Ein paradiesischer Ort, dachte Eve fast ehrfurchtsvoll und sah zu den Möwen, die kreischend über ihren Kopf flogen. Und sie lebte und befand sich an Land. Es war ein Wunder.

Die Strömung musste doch auch einige ihrer Mitreisenden an diese wundervolle Küste gespült haben … Eve stand auf. Als sie sich über die trockenen Lippen leckte, schmeckte sie Salz. Ihre Haut spannte, und sie war verschwitzt. Was würde sie jetzt für einen eisgekühlten Drink geben …

Ihr Blick glitt über die bewaldeten Hügel. So etwas wuchs nicht ohne Süßwasser. Irgendwo musste ein Fluss ein. Die Suche nach Trinkwasser war im Moment am wichtigsten, und vielleicht lag hinter der ersten Erhebung ja ein Dorf. Eine nette kleine Siedlung, mit Menschen und jeder Menge Wasser.

Ja, genau, als Erstes musste sie auf eine Anhöhe klettern. Das war sinnvoller, als den Strand entlang zu laufen. Von dort oben aus würde sie meilenweit blicken können.

Eve kam nur langsam voran. Der Hügel war wesentlich steiler, als er vom Strand aus gewirkt hatte, und nun, wo keine Meeresbrise mehr wehte, brannte ihr die grelle Sonne heiß auf die ausgetrocknete Haut. Ihr Pullover war eine zusätzliche Behinderung. Um ihn nicht zu verlieren, hatte sie die Ärmel eng um ihre Taille geknotet. Dass sie noch die Segeltuchschuhe trug, war ein Glück, denn der Boden war uneben.

Von allen Unannehmlichkeiten war der Durst am schlimmsten. Ihre Zunge war belegt, die Lippen waren geschwollen. Eve versuchte, sich auf andere Gedanken zu bringen. Der Erfolg war niederschmetternd.

Früher oder später musste sie auf Süßwasser stoßen. Oder noch besser, auf Menschen. Die Möwen konnten doch nicht die einzige Spur von Leben hier sein.

„Hier? Wo ist das eigentlich?“, überlegte Eve laut. Der Klang einer Stimme, selbst wenn es nur ihre eigene war, beruhigte sie. „Also Eve Wallis, wo befindest du dich?“ Und eine Weile später murmelte sie: „Dad wird sich furchtbare Sorgen machen.“

Ja, aber erst morgen Abend. Würde überhaupt jemand die „Lady Dreamer“ vorher vermissen? Was war mit Leightons Insel? War sie bewohnt? Dann wusste man wenigstens, dass die Jacht nicht wie vorgesehen um Mitternacht angelegt hatte.

Ihr Herz machte einen kleinen Sprung. Bestimmt besaß Miles Leighton einen Wohnsitz auf Tierra del Ensueño. Bei seinem Einsiedlertick bedeutete das zwar nicht zwangsläufig auch sonstige Bewohner, aber zumindest die Möglichkeit bestand, dass bereits eine Suchaktion in Gang war.

Und damit war es nur eine Frage der Zeit, bis man sie entdeckte. Falls sie nicht zu weit vom Ort der Explosion abgetrieben worden war. Aber was, wenn dies eine der unbewohnten Inseln war, von denen sie gelesen hatte? Musste sie dann den Rest ihres Lebens in unfreiwilliger Einsamkeit verbringen?

Entnervt stöhnte Eve auf und verbat sich solche Gedanken. Sie ängstigte sich höchstens halb zu Tode, und das brachte sie keinen Schritt weiter.

Endlich erreichte sie den Kamm des Hügels. Sie atmete schwer, ihre trockene Kehle war rau wie Sandpapier. Benommen schloss sie die Augen und lehnte sich an einen Baum. Doch bevor sie sich ausruhen durfte, musste sie erst etwas zu trinken finden.

„Also los. Keine Müdigkeit vorschützen!“, befahl sie sich. Nur, wo sollte sie suchen? Schlagartig wurde sie sich ihrer Hilflosigkeit bewusst. In der Stadt aufgewachsen und an die grenzenlosen Annehmlichkeiten des Großstadtlebens gewöhnt, wusste sie so gut wie nichts vom Überleben ohne Supermarkt in der Nähe. Elektrizität war ihre eine Selbstverständlichkeit. Mit Tasten und Schaltern an technischen Geräten kannte sie sich aus. Hier dagegen bin ich aufgeschmissen, dachte Eve frustriert, und Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie besaß nicht einmal mehr die Kraft, sie zurückzuhalten.

Plötzlich sah sie durch den Tränenschleier etwas am Strand liegen. Nicht dort, wo sie angetrieben worden war, sondern weiter südlich. Etwas Weißes. Es sah aus wie …

Eve rieb sich die Augen und blinzelte gegen das grelle Sonnenlicht. Doch, es war eine Gestalt. Ja! Ein Mensch!

Noch jemand war an dieser Küste gestrandet! Bewegte er sich? Lebte er noch? Entsetzt von dem Gedanken, dass dort womöglich ein Toter lag, schlug Eve die Hand vor den Mund.

Zügig machte sie sich auf den Weg, der Abstieg war leichter. Je näher sie der reglosen Gestalt kam, desto mehr Einzelheiten konnte sie erkennen. Es war ein schwarzhaariger Mann, der mit dem Gesicht nach unten lag. Da er ganz in Weiß gekleidet war, gehörte er wahrscheinlich zur Crew. Tom Beal vielleicht? Auch Miles Leighton hatte Weiß getragen.

Er war barfuß. Nein, nur ein Fuß war nackt, an dem anderen steckte noch der Schuh. Seine Hose war zerrissen, an dem Hemd klebte Blut.

Eve kämpfte gegen die aufsteigende Übelkeit an. Aber ihr blieb keine Wahl, sie musste näher herangehen und seinen Puls überprüfen. Falls der Mann noch lebte, brauchte er ihre Hilfe. Jetzt war nicht der Zeitpunkt für schwache Nerven.

Doch dann … es war tatsächlich Miles Leighton. Ausgerechnet!

Nein, der Gedanke war furchtbar und gemein. Letzte Nacht hatte sie noch gehofft, alle würden überleben … ohne Ausnahme.

Vergeblich versuchte Eve, ihre trockenen Lippen mit der Zunge zu befeuchten. Sie war innerlich wie ausgedörrt, ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Nur Zentimeter trennten sie von dem Mann. Das Blut an seinem Hemdkragen musste von einer Kopfwunde stammen, denn auch die schwarzen Haare waren blutverkrustet.

Eve holte tief Luft, bevor sie sich in den Sand kniete. Mit bebenden Fingern berührte sie seine Schulter. Sofort stieß er ein tiefes, kehliges Stöhnen aus. Erschrocken zog sie die Hand zurück. Doch er lebte! Leighton war am Leben!

„Mr. Leighton?“ Sie schüttelte ihn am Arm. „Miles? Hören Sie mich?“ Als er erneut aufstöhnte, biss sie sich nervös auf die Unterlippe. Hatte er Schmerzen? War etwas gebrochen? Bis auf die Platzwunde am Kopf wirkte er unverletzt. Weder hervorstehende Knochen noch Schnittwunden waren zu sehen.

Er drehte ihr nun den Kopf zu und sah sie einen langen Moment an. Der Blick seiner blau-grauen Augen war verschleiert. „Was … Wo bin ich?“

Eve hielt sekundenlang den Atem an, dann stieß sie ihn langsam aus. „Ich wünschte, ich wüsste es. Haben Sie Schmerzen?“

„Schmerzen?“ Leighton rollte sich vorsichtig auf den Rücken. Selbst wenn er unverletzt war, schien er doch am Ende seiner Kräfte zu sein. Das war verständlich. Auch sie fühlte sich schwach, dabei hatte sie nicht einmal einen Kratzer abbekommen.

Forschend blickte Eve sich um. Wie war Leighton hierher gelangt? Sie konnte nichts entdecken, kein Brett, keine Schiffstrümmer. Nichts außer Sand, Felsen und Wasser. Salzwasser. So viel Wasser, und doch nicht trinkbar.

„Ich war gerade auf der Suche nach Trinkwasser, als ich Sie entdeckte“, murmelte sie erklärend. „Außer Ihnen habe ich noch niemanden gefunden. Bisher wenigstens.“

Offenbar wusste er nicht, wovon sie sprach. Er sah völlig verwirrt aus. So wie die Wrackteile in der vergangenen Nacht umhergeflogen waren, hatte Leighton bestimmt einen harten Schlag auf den Kopf bekommen und stand womöglich noch unter Schock.

„Erinnern Sie sich an die Explosion?“, tastete sie sich vorsichtig vor.

Blass und unverändert verwirrt sah er sie an. „Was?“

Eve schluckte, Leighton wirkte so verlegen, so hilflos. „Die Explosion. Auf der Jacht.“ Sie räusperte sich. Wenn er sich nicht einmal an diese schreckliche Explosion erinnern konnte, stand er mit Sicherheit unter Schock.

Miles Leighton rappelte sich auf. In seine Augen trat ein entsetzter Ausdruck, der sie zutiefst beunruhigte.

„Nicht so schnell. Ganz ruhig.“ Vielleicht hatte er innere Blutungen und würde sie mit seinen hastigen Bewegungen nur noch verschlimmern.

Dennoch setzte er sich und richtete den Blick starr auf den weiten Ozean. Als sie seine angespannten Schultern bemerkte, schrillte eine Alarmglocke in ihrem Hinterkopf. Nervös grub sie die Finger in den Sand. Dieser Mann war ein Fremder, richtig, aber er war auch nicht der Miles Leighton, der Fremde, den sie gestern kennen gelernt hatte.

Irgendetwas stimmte hier nicht.

Er wandte ihr wieder den Kopf zu, und sie versuchte, ihm offen in die Augen zu sehen.

„Wo sind wir?“

„Das weiß ich leider nicht.“

Eindringlich sah er sie an, und sein Blick ging ihr durch und durch. „Kennen wir uns?“

Die Frage brachte sie nun wirklich ins Schleudern. „Wir haben uns gestern kennen gelernt. Ich bin Eve Wallis.“

„Und?“

„Und was?“

Er sah zum Horizont und rührte sich eine ganze Weile nicht. „Oh nein!“, flüsterte er schließlich.

Endlich erinnert er sich an das Unglück, dachte Eve erleichtert. Und natürlich ist er erschüttert. Leighton mochte kalt wie ein Fisch sein, doch er war auch nur ein Mensch. Über diese entsetzliche Nacht würde keiner so leicht hinwegkommen.

Er rang nach Atem und trotz seiner breiten Schultern wirkte er in sich zusammengesunken. Was dann kam, ließ sie vor Schreck erstarren. „Und wie lautet mein Name?“

„Bitte?“

„Wer bin ich?“ Er schaute sie fragend an. „Ich erinnere mich an gar nichts. Nicht einmal an meinen Namen.“

Fassungslos sank sie in den Sand. Amnesie? Sie hatte über Gedächtnisverlust gelesen, kannte Filme darüber – doch selbst hatte sie sich noch nie damit auseinandersetzen müssen. „Erinnern Sie sich denn an überhaupt nichts?“ Ihre Stimme klang fast hysterisch.

Leighton schien wie gelähmt zu sein vor Entsetzen, und ihr erging es ähnlich. Das Rauschen der Wellen, die Schönheit des Strandes waren so friedvoll und beruhigend, ganz im Gegensatz zu den Gefühlen, die sie und der Mann neben ihr in diesem Augenblick durchlebten.

Miles schlug die Hände vors Gesicht. Ihr Herz zog sich vor Mitleid zusammen. Er hatte alles vergessen, die letzte Nacht, seine Vergangenheit. Er wusste nicht mehr, wer und was er war. Und er war zu Tode erschrocken.

Eves Gedanken überschlugen sich. Gedächtnisverlust musste nicht unbedingt von Dauer sein. Seine Erinnerung konnte und würde wahrscheinlich zurückkehren. Nur wann war die Frage. Es war so wenig, was sie über Miles Leighton wusste. Aber zumindest das konnte sie ihm erzählen. Vielleicht genügte ja schon ein kleiner Anstoß …

„Sie heißen Miles Leighton“, begann Eve und bemühte sich, möglichst gelassen zu klingen. Am liebsten hätte sie geschrien und um sich geschlagen.

„Wir befanden uns auf Ihrer Jacht, der ‚Lady Dreamer‘, auf der Fahrt zur Tierra del Ensueño. Außer uns waren fünf weitere Gäste und die Crewmitglieder an Bord.“ Er ließ langsam die Hände sinken. Wenigstens hörte er zu, und sie nannte ihm die Namen der anderen Gäste. „Ein Besatzungsmitglied heißt Tom Beal“, fuhr sie fort, „die Übrigen kenne ich leider nicht. Gegen zehn Uhr bin ich gestern Abend in meine Kabine gegangen. Sie und die anderen Gäste hielten sich zu der Zeit noch im Salon auf.“ In ruhigem Tonfall erzählte sie ihm alles, woran sie sich erinnerte.

Er wirkte weiterhin verwirrt. „Über Sie selbst weiß ich nicht allzu viel“, schloss sie schließlich. „Ich meine, ich kann Ihnen nichts über Ihre Familie und so weiter sagen.“

„Diese Insel, zu der wir fuhren“, wollte Miles niedergeschlagen wissen, „wo liegt sie ungefähr?“

„Vor der Baja California.“

„Wie weit entfernt?“

„Etwa hundert Meilen, glaube ich.“ Warum hatte sie nicht zugehört, als ihr Vater ihr die Route beschrieben hatte? Sie schluckte und versuchte, trotz ihrer ausgedörrten Kehle weiterzusprechen. „Einige Investoren sind daran interessiert …“ Während sie Miles über die Hintergründe ihrer Anwesenheit auf dem Schiff aufklärte, fiel Eve plötzlich etwas auf. Ihr Herz machte einen Satz. „Sie wissen, wo die Baja California liegt?“

Miles runzelte die Stirn. „Ja.“

„Dann haben Sie doch nicht alles vergessen!“

„Offensichtlich nicht.“ Seine Augen leuchteten hoffnungsvoll auf.

„Aber an Ihre Insel selbst haben Sie keine Erinnerung?“

Er schüttelte den Kopf, zuckte plötzlich zusammen und betastete ihn. „Ich habe mich verletzt.“ Erstaunt betrachtete Leighton seine blutverschmierten Finger.

„Soll ich mir die Verletzung mal ansehen?“ Da er keine Einwände erhob, kniete sie sich vor ihm. Die Berührung brachte sie etwas durcheinander.

Der Mann, den sie gestern kennen gelernt hatte – war es wirklich erst so kurze Zeit her? –, glich einer jener prachtvollen Eisskulpturen: schön anzusehen, aber berühren verboten. Doch von Anfang an hatte Eva das Feuer unter seiner Kühle gespürt. Feuer und Eis. Diese Kombination zog sie unwiderstehlich an.

Heute dagegen erschien er ihr zugänglicher. Immer noch sah er fantastisch aus, mit der tief gebräunten Haut, dem windzerzausten Haar. Nur seine Wachsamkeit war verschwunden. Dadurch wirkte er weniger fern, menschlicher.

Vorsichtig untersuchte sie die Platzwunde. „Eine Schwellung“, erklärte sie schließlich. „Sie haben sich irgendwo gestoßen. Obwohl es nicht stark blutet, wünschte ich, wir hätten eine Kompresse.“

„Muss es genäht werden?“

„Hoffentlich nicht“, antwortete sie seufzend und setzte sich wieder. Sie schob sich die verfilzten Haare zurück. Wahrscheinlich sah sie grauenhaft aus. „Sie haben nur noch einen Schuh“, sagte sie, und es klang seltsam traurig.

„Ja“, erwiderte er bedrückt. „Wie soll es jetzt bloß weitergehen?“ Hilflos strich er über den Sand.

„Ich … ich weiß nicht. Man wird doch nach uns suchen, oder?“

Er antwortete nicht. Was sollte er auch sagen …

Auch Eve schwieg beklommen. Falls Miles sich mit Überlebenstechniken auskannte, war dieses Wissen tief in seinem Unterbewusstsein verschüttet. Und ihre Pfadfinderkenntnisse reichten gerade mal, um den Weg zum nächsten Supermarkt zu finden. Sie gaben wirklich ein großartiges Paar ab!

Tränen stiegen ihr in die Augen. Schnell wandte sie den Kopf ab und blinzelte sie weg. Nach der Position der Sonne zu urteilen war es erst acht Uhr morgens – aber auf ihre Einschätzung als Amateurin wollte sie sich besser nicht verlassen. Zeit war ohnehin unwichtig. Sie mussten Wasser finden und zwar dringend!

Die Küste wirkte zwar unbewohnt, aber bisher kannte sie ja auch erst einen kleinen Teil des Strandes und den Blick von dem kleinen Hügel. Sie mussten Nahrungsmittel auftreiben und nach ihren Reisegefährten Ausschau halten.

Miles stand anscheinend immer noch unter Schock und versuchte krampfhaft, sein Erinnerungsvermögen wiederzuerlangen. Seine Wunde musste schmerzen, und vielleicht hatte er ja doch noch weitere Verletzungen davongetragen.

Noch nie war sie völlig auf sich gestellt gewesen. Dabei hing, solange Miles Leighton orientierungslos war, sein und ihr Leben von ihr ab. Hoffentlich fing er sich bald wieder.

„Wir müssen unbedingt Trinkwasser suchen“, meinte sie sanft. „Können Sie aufstehen?“

„Das werde ich wohl müssen.“ Seine Stimme klang matt.

Schwankend kam Miles auf die Beine.

Nach kurzem Zögern bot sie ihm an: „Stützen Sie sich doch auf mich.“

„Danke.“ Er legte ihr den Arm um die Schultern.

Er braucht meine Hilfe, beschwor sie sich. Alles andere war unwichtig. Besonders, dass seine Nähe sie aus dem Gleichgewicht brachte. Entschlossen schlang sie einen Arm um seine Taille. „Wie fühlen Sie sich?“

„Schwindlig.“

„Aber sonst ist alles in Ordnung?“

„Ich glaube schon.“

Sie atmete auf. Wie hätte sie mit einem Knochenbruch fertig werden sollen? Beide hatten sie großes Glück gehabt, auch wenn Miles im Moment sicher anderer Meinung war.

Eve blickte sich um. Welche Richtung sollten sie einschlagen? Vorhin war sie fast bis zur Kuppe des ersten Hügels gestiegen, aber Miles wäre zu solch einem Kraftakt noch nicht in der Lage. Außerdem gab es von dort oben auch nichts anderes zu sehen als Sand, Meer und den endlosen Horizont.

„Versuchen wir erst mal einige Schritte“, schlug sie daher vor. Miles überlief ein Zittern. Er war geschwächt, stand unter Schock, und jeder Schritt musste ihn eine enorme Anstrengung kosten. Erneut wurde sie weich. Dieser Mann, den der Verlust seines Erinnerungsvermögens so in die Knie gezwungen hatte, bot einen mitleiderregenden Anblick. Trotzdem hatte sie besser pragmatisch zu bleiben. „Die Vegetation ist so üppig, also muss sich auch Wasser in der Nähe befinden.“

„Ja.“

Sie kamen nur langsam voran, denn Miles bewegte sich unsicher und taumelte leicht. „Sagen Sie Bescheid, wenn Sie sich ausruhen möchten.“ Da er nicht reagierte, setzten sie schweigend ihren Weg fort.

„Sind Sie bei der Explosion nicht verletzt worden?“, wollte Miles schließlich wissen.

„Glücklicherweise nicht.“

„Wie viele Leute genau befanden sich eigentlich auf der Jacht?“

„Fünf Gäste, und ich habe vier Crewmitglieder gesehen, es könnten aber auch mehr gewesen sein.“

„Also elf zusammen.“

„Richtig.“ Wie hoch war wohl die Chance, dass elf Menschen solch ein Unglück überlebten? Eve fühlte sich mutlos wie noch nie und hätte am liebsten der Verzweiflung nachgegeben und einfach losgeheult. Aber dazu war jetzt weder die Zeit noch der geeignete Moment.

Normalerweise riss sie sich nicht darum, Verantwortung zu tragen, doch da Miles nicht in der Lage war, Entscheidungen zu treffen, musste wenigstens sie einen klaren Kopf behalten.

Wie sehr unterscheidet er sich doch heute von dem Mann, den ich gestern kennen gelernt habe, schoss es ihr durch den Kopf. Obwohl sie entschlossen war, seine männliche Ausstrahlung zu ignorieren, reagierte sie auf die Wärme seines Körpers, und sie spürte seine Verletzlichkeit genau. Konnte Gedächtnisverlust die Persönlichkeit eines Menschen derart verändern?

Sie näherten sich einer Landzunge, und Eve war neugierig, was sich dahinter verbarg.

„Eve …“, flüsterte er gefasst.

Sofort blieb sie stehen. „Was ist los?“ Miles war kreidebleich, Schweißtropfen standen auf seiner Oberlippe. „Möchten Sie sich setzen?“

„Bitte in den Schatten.“

„Schaffen Sie es bis zu dem großen Baum dort drüben?“

„Ich glaube schon.“

Sobald sie den Schatten erreichten, sank Miles zu Boden, lehnte sich zurück und legte den Arm über die Augen. Mit jedem heftigen Atemzug hob und senkte sich seine Brust.

Eve setzte sich neben ihn. Auch sie rang nach Atem. Auch ihre Kraft hatte Grenzen. Sie fühlte sich schwach, durstig, verschwitzt und hungrig. Aber sie war nicht verletzt.

„Ich suche nach Wasser“, kündigte sie an.

Miles nahm den Arm vom Gesicht und sah sie an. „Geben Sie mir fünf Minuten, dann komme ich mit.“

„Oh nein, Sie bleiben schön hier und ruhen sich aus.“

„Vielleicht wäre es besser, wenn Sie nicht allein hier umherstreifen würden.“

„Das ist wirklich meine allerletzte Sorge.“ Sie musste lächeln. „Außerdem war ich hier bisher ja auch auf mich allein gestellt.“

Eiskalt lief es ihr den Rücken hinab. Was wäre, wenn Miles woanders an Land geschwemmt worden wäre? Zwar war er zu erschöpft und verstört, um eine wirkliche Hilfe zu sein, aber wenigstens war sie nicht mehr allein. „Machen Sie ein Nickerchen!“, befahl sie ihm regelrecht. „Ich schaue mir nur an, was hinter der Biegung liegt.“

Gehorsam schloss er die Augen, und Sekunden später schlief er tief und fest. Sie blieb neben ihm sitzen und beobachtete ihn. Gut aussehende Männer verdrehten ihr nicht so leicht den Kopf – zumindest bisher nicht. Vielleicht war sie seit ihrer Scheidung auch übervorsichtig. Ein Fehlschlag reichte ihr.

Bei Miles Leighton dagegen arbeiteten ihre kleinen Warnsignale auf Hochtouren. Selbst unter diesen entsetzlichen Umständen gelang es ihr nicht, die Ausstrahlung dieses Mannes völlig zu ignorieren.

Er hat ein so ausdrucksvolles Gesicht, überlegte Eve, attraktiv, ohne schön zu sein. Ein wenig rau, nein, markant ist das richtige Wort. Eine gerade Nase, ein kräftiges Kinn, das auf Entschlossenheit schließen ließ, winzige Fältchen an den Augen- und Mundwinkeln, dichte schwarze Augenbrauen und lange Wimpern, um die ihn manche Frau beneiden würde. Und einen fantastischen Körper! Ihr Blick glitt über seine zerrissene Kleidung, die seine gebräunte Haut und schwarzes Brusthaar enthüllte.

Vergeblich versuchte sie, ihre trockenen Lippen anzufeuchten. Sie musste unbedingt Trinkwasser finden. Hier herumzusitzen und Miles Leighton anzuhimmeln war reine Zeitverschwendung.

Eve stand auf. Sofort drehte sich alles um sie. Sie wartete einen Augenblick, bis das Schwindelgefühl vorüber war, dann ging sie los.

3. KAPITEL

Die Sonne stand fast im Zenit, als Eve zurückkehrte. Miles schlief noch. Er wirkt entspannt, stellte sie fest und kniete sich neben ihn in den Sand. Seine Haut hatte wieder ihre natürliche Farbe, und es lag auch kein Schweißfilm mehr darauf.

„Miles“, sagte sie sanft. Da er nicht reagierte, versuchte sie es lauter. „Miles?“ Er rührte sich, hielt aber die Augen geschlossen. „Bitte wachen Sie auf.“ Sie schüttelte ihn am Arm. „Nicht weit von hier habe ich einen Bach entdeckt. Sie müssen unbedingt etwas trinken.“

Langsam öffnete er die Augen und starrte sie lange schweigend an. Endlich setzte er sich auf. „Entschuldigen Sie. Ich muss eingeschlafen sein.“

„Das ist auch gut so, Sie waren am Ende Ihrer Kräfte.“

Miles betastete seine Kopfwunde und fühlte geronnenes Blut. „Also war es nicht nur ein furchtbarer Traum. Wir sind hier gestrandet, und ich kann mich an überhaupt nichts erinnern.“

Eve fühlte einen Stich, denn sie hatte gehofft, sein Erinnerungsvermögen wäre durch den tiefen Schlaf zurückgekehrt. Betont unbekümmert meinte sie: „Sie sehen besser aus. Der Schlaf hat Ihnen wirklich gut getan.“

Sein Blick glitt über ihr Gesicht. „Sie wirken auch erholter.“

„Wasser kann wahre Wunder wirken“, sagte sie lächelnd.

„Keine Spur von den anderen?“

„Nein, leider nicht.“

„Sie haben keinen Grund, sich zu entschuldigen.“ Grimmig musterte er den endlosen Ozean. „Wir sind wirklich in Schwierigkeiten, Eve.“

„Können Sie aufstehen? Wenn Sie etwas getrunken haben, fühlen Sie sich bestimmt viel besser.“

„Wir können es ja versuchen.“ Er zog seinen Schuh aus, stand auf und stützte sich mit der Hand an dem Baumstamm ab. „Puh …“

„Ist Ihnen wieder schwindlig?“

„Etwas.“ Dann holte er tief Luft und riss sich zusammen. „Es ist vorbei. Gehen wir.“

„Soll ich Sie stützen?“

Zum ersten Mal, seit sie hier gestrandet waren, entdeckte sie so etwas wie männlichen Stolz in seinem Gesichtsausdruck. „Ich glaube, ich komme auch ohne Ihre Hilfe zurecht.“

„Schön“, sagte sie schnell. „Aber zögern Sie nicht. Ich bin da, wenn Sie mich brauchen.“

„Danke. Sie sind sehr nett, trotz der Umstände.“

„Es ist doch nicht Ihre Schuld, dass wir Schiffbruch erlitten haben“, erklärte sie, während sie losgingen. „Ich weiß zwar nicht, wo wir jetzt sind, aber wenigstens bin ich nicht mehr allein.“ Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort: „Um ehrlich zu sein, ich habe mir bereits Sorgen gemacht, was ich anfangen soll, wenn es dunkel wird. Tapferkeit ist nämlich nicht gerade meine starke Seite.“

Miles lächelte. „Angst vor der Dunkelheit?“

„Normalerweise nicht. Aber dieser Ort ist nicht gerade Vertrauen erweckend. Vermutlich gibt es hier sogar gefährliche Tiere.“

„Möglich wäre es.“

„Wildkatzen vielleicht, Luchse oder Pumas. Oder Wildschweine. Ja, bestimmt gibt es in diesem Teil der Welt Wildschweine.“ Miles nickte zustimmend. Eve fiel auf, dass Miles Luchse und Wildschweine anscheinend kannte. „Sie haben ja doch nicht alles vergessen!“, rief sie aufgeregt.

„Nein, nicht alles. Moment mal.“ Er blieb stehen und wühlte in seinen Taschen. „Was ist denn das?“

„Ein Taschenmesser!“ Eve betrachtete es genauer. „Ich meine … zumindest ist es ein Messer.“

Miles klappte das Messer auseinander und musterte verwirrt die schlanke Klinge. „Weshalb schleppe ich so etwas mit mir herum?“

„Wir können es bestimmt gut gebrauchen“, stellte Eve mit ihrem Sinn fürs Praktische fest und wandte sich wieder dem naheliegendsten Problem zu: „Der Bach kommt aus den Hügeln und fließt in ein kleines Becken. Ich bin ihm nur ein Stück in den Wald hinein gefolgt, denn ich wollte mich nicht zu weit vom Strand entfernen.“

„Es sieht so aus, als wären wir wirklich ganz allein hier. Wahrscheinlich befinden wir uns auf einer Insel.“

„Das glaube ich langsam auch“, stimmte sie ihm zu. „Aber sicher können wir erst sein, nachdem wir uns genauer umgesehen haben.“

„Außerdem müssen wir unbedingt etwas Essbares auftreiben.“

Da konnte sie ihm nur beipflichten. Jetzt, wo ihr Durst gestillt war, meldete sich lautstark ihr Magen zu Wort.

„Und dann brauchen wir Feuer“, überlegte Miles.

„Ja. Nur wie sollen wir es ohne Streichhölzer anzünden?“ Die Unterhaltung machte ihr nun Spaß. Miles kümmerte sich nicht weiter um seine Amnesie, sondern konzentrierte sich auf die Situation, in der sie beide steckten. Der erholsame Schlaf hatte Wunder gewirkt. „Ich habe mal gehört, dass man zwei Stöcke aneinander reiben muss, aber probiert habe ich es nie. Wie steht es mit Ihnen?“

„Nicht, dass ich mich erinnern kann“, entgegnete er trocken.

Sie errötete. „Das war gefühllos von mir.“

„Sie können nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.“

„Nein, aber ich muss auch nicht einfach drauflosplappern.“

„Vielleicht finde ich ja durch irgendein zufälliges Wort mein Gedächtnis wieder.“

Seine neue Gelassenheit erleichterte sie, ebenso, dass er aufrecht und mit vergleichsweise sicheren Schritten ging. Angesichts seiner vorherigen Schwäche war das ein enormer Fortschritt. Wenn sie jetzt noch etwas fand, um ihren Hunger zu stillen …

„Vielleicht gibt es hier Obstbäume“, meinte sie hoffnungsvoll. „Oder wir könnten Fische fangen. Immerhin befindet sich der Ozean direkt vor unserer Nase.“

„Haben Sie je rohen Fisch gegessen?“, erkundigte sich Miles.

„Sushi … Einmal hat mir gereicht.“ Fast hätte sie ihn das Gleiche gefragt, biss sich aber noch rechtzeitig auf die Zunge. „Es hat nicht besonders geschmeckt, aber roher Fisch ist immer noch besser als gar nichts.“ Dabei war das Sushi, das ihr eine Freundin aufgedrängt hatte, in köstlicher Sojasauce serviert worden. Roher Fisch pur dagegen … Bei der Vorstellung rebellierte ihr Magen.

Es war erstaunlich, wie ungezwungen sie sich über ihre vertrackte Lage unterhalten konnten. Sie warf Miles einen Seitenblick zu und bemerkte weder Arroganz noch Überheblichkeit oder Zynismus in seinem Gesicht. Nein, er war ganz entschieden nicht derselbe Mann wie gestern. Seufzend blickte Eve wieder nach vorn. „Dort müssen wir abbiegen. Der Bach liegt in dem kleinen Wäldchen.“

Durch den dichten Wald war die Luft angenehm kühl. Der Bach schlängelte sich durchs Unterholz und mündete in ein natürliches Becken. Schwarze Felsen umgaben den Teich. Die Vegetation war reich, außer Laub- und Nadelbäumen wie Wacholder, Platanen, Eukalyptus und Pinien wuchsen hier auch Palmen, Farne, dichte Sträucher und kleinere Büsche.

Sofort eilte Miles zum Teich. „Trinken Sie lieber aus dem Bach“, rief Eve ihm zu. „Im Teich könnten Algen sein.“ Trotzdem watete er zuerst ins Wasser und tauchte unter, als wolle er das Wasser mit allen Poren aufnehmen.

Während er sein Bad genoss, machte sie einen kleinen Erkundungsgang. In der Umgebung wuchsen Farne, Moos und … „Hier drüben gibt es Pilze.“

„Essbare?“, rief Miles herüber.

Eine berechtigte Frage. Sie runzelte die Stirn. „Keine Ahnung.“ Doch sie sahen köstlich aus, absolut verführerisch. Am liebsten hätte sie sich ungeachtet der Konsequenzen daran satt gegessen, und als sie sich abwandte, reagierte ihr Magen mit einem höchst undamenhaften Geräusch. Eve setzte sich auf einen flachen Felsen am Teichufer. „Aber es muss doch etwas aufzutreiben sein, von dem wir genau wissen, dass es essbar ist.“

Miles kam aus dem Teich und ging zu der Stelle, wo sie die Pilze entdeckt hatte. Wasser tropfte von seinen Kleidern, die ihm wie eine zweite Haut am Körper klebten. Eve beobachtete ihn mit einem Interesse, das sie in Erstaunen versetzte. Wie konnte sie von dem Körper eines Mannes gefesselt sein, wenn ihr eigener förmlich nach Essen schrie?

Essen.

Verzweiflung überkam sie. Wie sollten sie in ihrer Unwissenheit überhaupt etwas Essbares finden? Die Pilze waren ein entmutigendes Beispiel. Vielleicht waren sie ja sogar genießbar, nur kannte sie sich mit wild wachsenden Pilzen nicht aus, und sollte Miles darüber Bescheid wissen, hatte er es vergessen.

Und was sollten sie heute Nacht machen? Wo sollten sie schlafen? Sie besaßen nichts, nicht einmal Erfahrung, und waren hilflos der Gnade der Natur ausgeliefert.

„Wir sollten die Situation nicht zu schwarz sehen, Eve. Im Augenblick sind wir zwar allein, aber das bedeutet nicht, dass wir völlig von der Zivilisation abgeschnitten sind.“

„Das dachte ich heute Morgen auch noch“, antwortete sie bedrückt, während sie ihre Tränen trocknete. Sofort fühlte Eve sich schuldig. Miles hatte recht, Schwarzmalerei brachte sie nicht weiter. Er überlegte, wie es weitergehen sollte, und sie musste ihn unterstützen. Den Kopf in den Sand zu stecken war keine Lösung. Schon hinter dem ersten Hügel oder an der nächsten Bucht konnte sich ein Haus befinden.

„Warum verbinden wir die Nahrungssuche nicht mit einem ausgiebigen Erkundungsgang?“, schlug Miles vor.

„Das klingt vernünftig. Aber sind Sie dazu überhaupt schon in der Lage? Was ist mit Ihren Kopfschmerzen?“

„Fast verschwunden. Ich bin so weit okay.“

Sagte er die Wahrheit, oder spielte er seine Erschöpfung nur herunter, damit sie sich nicht auch noch um ihn Sorgen machte? Er sah besser aus als am Morgen, viel kräftiger, doch das bewies noch gar nichts. Andererseits war er bestimmt ebenso hungrig wie sie, und solange sich einer von ihnen noch auf den Beinen halten konnte, mussten sie sich umeinander kümmern. Und das Wesentliche für sie beide war jetzt das Essen.

„Einverstanden“, stimmte sie ihm seufzend zu. „Sollen wir in verschiedene Richtungen gehen?“

Ihre Blicke trafen sich. „Kommen Sie denn allein zurecht?“

Er war tatsächlich besorgt um sie! Diese verblüffende Erkenntnis brachte sie völlig aus dem Gleichgewicht. Das Schicksal hatte sie aneinandergekettet; zwei Fremde, die aufeinander angewiesen waren.

„Meine größte Sorge ist, dass ich nichts Essbares erkenne, selbst wenn ich darüber stolpere“, gab sie mit heiserer Stimme zu.

Miles betrachtete sie eindringlich. „Du bist eine sehr schöne Frau, Eve.“

Einen Moment wusste sie vor lauter Verlegenheit nicht, wo sie hinsehen sollte. Mit Make-up und anständiger Kleidung sah sie ja ganz hübsch aus. Unter den gegebenen Umständen jedoch schien „schön“ ziemlich weit hergeholt.

„Wie sehe ich aus?“

„Wie bitte?“ Entgeistert hob sie den Kopf.

Miles hielt den Blick auf seine Hände gerichtet. „Ich kann meinen Körper sehen, doch ich habe keine Ahnung, wie mein Gesicht aussieht.“

Daran hatte sie noch gar nicht gedacht, und sie fühlte einen Kloß im Hals. Es musste entsetzlich sein, wenn man nicht einmal wusste, wie man aussah. Miles war ein Mann ohne Vergangenheit. Außer unwichtigen Kleinigkeiten wusste er rein gar nichts über sich selbst.

„Du hast ein sehr attraktives Gesicht.“ Unwillkürlich ging auch sie zu dem vertraulicheren Du über.

„Deine Augen sind grün.“

„Und deine blau-grau. Du hast schwarze Haare. Warte mal, vielleicht kannst du ja dein Spiegelbild im Teich erkennen.“

Miles versuchte es, gab aber resigniert auf. „Leider nicht, zu viele Algen.“

„Du brauchst dir über dein Aussehen wirklich keine Sorgen zu machen, du bist ein sehr gut aussehender Mann.“

Offenbar hatte er diese Bestätigung bitter nötig. Mit einem schwachen Lächeln setzte er sich wieder. „Ich muss mich auf deine Worte verlassen.“

„Vertrau mir.“

Ihre Blicke trafen sich. „Genau darum geht es, nicht wahr? Wir müssen einander vertrauen. Wir stehen das durch, Eve. Du darfst nur nicht den Mut verlieren.“

Erneut war ihr zum Weinen zu Mute, und sie stand schnell auf. Für Selbstmitleid war jetzt keine Zeit. „Also los. Lass uns anfangen.“

„Schön.“ Miles erhob sich ebenfalls. „Du bist eine tapfere Frau.“

„Nicht tapfer. Hungrig.“

„Wir treffen uns wieder hier“, erklärte er lächelnd. „Behalt die Sonne im Auge, und pass auf, welche Richtung du einschlägst. Sieh zu, dass du vor Einbruch der Dunkelheit zurück bist.“

Ein Frösteln überlief sie. „Darauf kannst du dich verlassen.“

Am Strand trennten sie sich. Nach einigen Schritten blieb Eve stehen. „Sei vorsichtig, Miles!“

„Du auch. Bis nachher.“

Eve folgte der Küste in nördlicher Richtung. Nie zuvor war sie derart auf Nahrungssuche gewesen. Jetzt konnte sie sich nur auf ihr Gefühl verlassen, und auf ihren Verstand.

Logischerweise wuchs ein Obstbaum nicht gerade am Strand, nur – wo sollte sie mit der Suche anfangen? Eve legte den Kopf zurück und betrachtete den makellos blauen Himmel. Die unendliche Weite von Himmel und Meer weckte ein Gefühl von Zeitlosigkeit in ihr. Klein und unbedeutend kam sie sich vor.

Auf einem großen Felsen in der Nähe tummelte sich ein Schwarm Pelikane. Lauthals wetteiferten sie um einen Platz. Was den Krach anging, standen ihnen die Möwen in nichts nach, die sich gegenseitig mit durchdringendem Kreischen ihre Beute abjagten.

Dieser Ort war paradiesisch schön. In Reiseprospekten wurde mit einsamen Stränden geworben, aber dort befanden sich stets Hotels und Restaurants in der Nähe. Die völlige Abgeschiedenheit hier war einfach unglaublich.

Eve schlenderte weiter. Ein glänzender Gegenstand, der kurz vor ihr auf den Wellen tanzte, erregte ihre Aufmerksamkeit. Neugierig watete sie ins Wasser. Als sie erkannte, was sie da aus dem Meer gefischt hatte, musste sie lachen. „Was um alles in der Welt …?“ Ausgerechnet eine Blechtasse. Ob sie wohl von der Jacht stammte? Eve sah sich um. Vielleicht waren noch andere Dinge an diesen Strand geschwemmt worden. Erst sie, dann Miles – und nun auch noch diese Tasse.

Leider konnte sie weit und breit nichts entdecken. Eve warf einen Blick auf die Hügel. Am Strand entlang zu spazieren war nicht besonders ergiebig. Mal sehen, wie es landeinwärts aussah.

Sobald Miles zum Teich zurückgekehrt war, hielt er nach Eve Ausschau, doch sie war noch nicht da. Wie er festgestellt hatte, wuchsen jede Menge Früchte auf dieser Insel. Obwohl die Pflaumen und Nüsse kein Feinschmeckermenü abgaben, würden er und Eve wenigstens nicht verhungern.

Er lehnte sich an einen Baumstamm und schloss die Augen. Unscharfe Bilder und unklare Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Es war, als ob eine Tür geöffnet und schnell wieder zugeschlagen wurde, bevor er erkennen konnte, was sich dahinter verbarg.

„Verdammt!“ Erinnerung ließ sich nicht erzwingen, trotzdem versuchte er es immer wieder. Er stieß einen Seufzer aus. Wie lange konnten sie hier ausharren? Überleben wäre das passendere Wort. Sie brauchten mehr als Obst und Wasser. Niedergeschlagen fuhr Miles sich mit der Hand übers Gesicht. War er jemand, der schnell aufgab? War er eine Kämpfernatur? Was passte zu ihm? Hartnäckigkeit oder Resignation? Das war das Schlimmste an diesem Albtraum; er wusste nicht, wer er war und auch nicht, wie er war.

Eve Wallis, sie kannte er. Sie war eine sehr attraktive Frau. Alles an ihr gefiel ihm, ihr hübsches Gesicht, das bezaubernde Lächeln, ihre verständnisvolle Art.

Er zog das kleine Messer aus der Hosentasche und betrachtete es. Konnte es hier draußen von Nutzen sein? Vielleicht. Nur, was hatte er früher damit angefangen? Es war ein Taschenmesser, kein Klappmesser. Verwirrt runzelte er die Stirn. Ein Taschenmesser. Wieso konnte er sich an so unbedeutende Unterschiede erinnern, nicht aber an seine Vergangenheit? Sicher hatte er Angehörige. Auch wenn Eve nichts über seinen familiären Hintergrund wusste, irgendjemandem musste sein Verschwinden Sorgen bereiten. Aber wem?

Der Erkundungsgang war nicht sehr ermutigend gewesen. Es gab keine Spur menschlichen Lebens. Vogelgezwitscher, das Rauschen der Brandung und Blätter, die im Wind raschelten, waren die einzigen Geräusche. Zumindest eins jedoch wusste er nun mit Sicherheit: Eve und er befanden sich auf einer Insel. Vom Gipfel eines Berges aus hatte er auf allen Seiten nur den weiten Ozean erblickt. Wenn er dort ein Signalfeuer zündete, wäre der Rauch meilenweit sichtbar.

Außerdem gab es vermutlich noch andere Inseln in der Gegend, denn am Horizont hatte er einige Silhouetten entdeckt.

Wenn er ein Floß bauen könnte …

Oder ein Feuer anzünden …

Frustriert stemmte er sich von dem Stamm weg. Erst einmal mussten sie die Nacht hier verbringen. Ihn störte es nicht im Geringsten, im Freien zu übernachten. Eve dagegen würde einen Unterschlupf bestimmt zu schätzen wissen. Während er die riesigen Palmblätter des Baumes betrachtete, nahm ein Plan in seinem Kopf Gestalt an. Miles machte sich an die Arbeit.

Endlich erreichte Eve den Teich. Entweder hatte sie den Stand der Sonne falsch eingeschätzt oder sich zu weit vom Strand entfernt. Sie war unglaublich erleichtert, als sie Miles entdeckte, denn es wurde langsam dunkel, und ihre Nerven waren nicht gerade die besten. „Hallo“, rief sie ihm atemlos zu.

„Bist du gerannt?“

„Ich habe mich nur beeilt.“ Sie hielt ihm ihren Pullover hin, der prall gefüllt war mit köstlichen Apfelsinen.

„Großartig. Ich war auch nicht ganz erfolglos.“

Begeistert betrachtete sie die Nüsse und Früchte. Dann fiel ihr Blick auf Miles’ nackte Brust – und auf seine Schenkel. Die Hose war knapp über den Knien abgeschnitten. Sein Haar war zerzaust, auf dem Gesicht lag der Schatten eines Bartes. Er sah … atemberaubend aus!

Ihr Herz schlug schneller. Hastig hielt sie ihm die zerkratzte Tasse hin. „Die habe ich im Meer entdeckt, nur ein paar Meter vom Strand entfernt.“

„Eine Tasse?“ Er kam näher und nahm sie ihr ab.

„Sie trieb im Wasser. Was glaubst du, wo sie herkommt?“

„So wie sie aussieht, direkt vom Meeresboden.“

„Oder von der Jacht.“

„Das wäre möglich.“ Und er untersuchte den Fund genauer. „Hast du solche Tassen auf dem Schiff gesehen?“

Allein die Vorstellung war so absurd, dass Eve lachen musste. „Ich fürchte nein. Alles wurde auf feinstem Porzellan serviert. Aber vielleicht hat man in der Küche Blechgeschirr benutzt.“

„In der Kombüse“, verbesserte Miles sie prompt.

„Ja, richtig.“ In den überraschendsten Momenten fielen ihm die unwichtigsten Kleinigkeiten ein. „Ist ja auch egal, woher sie kommt. Was zählt, ist, dass sie hier ist. Die starke Strömung hat uns beide hergetrieben, und jetzt das!“

„Du glaubst, dass noch andere Dinge angeschwemmt werden? Durchaus möglich.“ Er reichte ihr die Tasse zurück. „Bald wird es dunkel. Ich habe dir einen behelfsmäßigen Unterschlupf gebastelt. Denn mit Sicherheit müssen wir die Nacht hier verbringen.“

Suchend sah Eve sich um.

Die Bäume und Sträucher um den Teich wirkten in der zunehmenden Dunkelheit wie silbergraue Schatten, doch dann bemerkte sie das seltsame Gebilde und trat näher. Riesige Palmenwedel bildeten das Dach eines kleinen Unterschlupfs. Dünne Äste steckten im Boden und stützten die Blätter ab. Nun wusste sie auch, warum Miles seine Hosenbeine abgeschnitten hatte, denn die Äste waren mit weißen Stoffstreifen aneinander befestigt. Das Ganze war gerade groß genug für eine Person.

„Es ist … wundervoll“, sagte sie rau, gerührt über so viel Rücksichtnahme.

„Leider haben wir nichts, was du auf den Boden legen könntest.“

„Ich habe nicht einmal mit einem Dach über dem Kopf gerechnet. Vielen Dank, Miles.“

„Bist du satt, oder möchtest du die Pflaumen probieren?“

Sie nickte, und mit gekreuzten Beinen setzten sie sich in den Sand und breiteten ihre Schätze aus. Die Luft war mild und duftete nach Blüten. Eve verspürte eine überraschende und sehr schöne Zufriedenheit. Sie hatten Wasser und Nahrungsmittel, außerdem musste sie die Nacht nicht unter freiem Himmel verbringen. Angesichts der Umstände war das sehr viel.

„Wir befinden uns auf einer kleinen Insel“, sagte Miles in die Stille. „Etwa zehn Kilometer im Umfang. Dieser Strand liegt auf der östlichen Seite, vielleicht auch etwas nordöstlich.“

Eve dachte an den Stand der Sonne im Laufe des Tages. „Ja, das stimmt.“

„Außerdem gibt es noch andere Inseln hier in der Gegend.“

In der Dunkelheit klangen ihre Stimmen weicher, gedämpfter. Hier gibt es nur uns beide, ging es Eve durch den Kopf. Nur Miles Leighton und mich. Noch nie war sie so abgeschnitten von der Welt gewesen, und dennoch war sie nicht unglücklich.

„Eve, du hast doch gesagt, mir würden die Jacht und Tierra del Ensueño gehören.“

„Richtig.“

„Das deutet darauf hin, dass ich über gewisse finanzielle Mittel verfüge.“

„Über eine Menge Mittel“, verbesserte sie ihn amüsiert. „Wenn man den Zeitungen Glauben schenkt, dann …“

„Den Zeitungen! Soll das heißen, man schreibt über mich?“

„Sogar ziemlich oft. Du bist so etwas wie ein Genie in der Finanzwelt, Miles.“

„Du machst Witze.“ Er zögerte. „Nein, du meinst es tatsächlich ernst. Darf ich dir einige Fragen stellen?“

„Sicher. Ich beantworte sie dir, so gut ich kann.“

„Was ist mit meiner Familie?“

Eve seufzte. „Du führst ein sehr zurückgezogenes Leben, Miles. Ich habe gelesen, dass du verheiratet warst.“

„Verheiratet? Du liebe Güte! Soll das heißen, ich habe eine Frau?“

„Nein, nein. Das ist schon lange vorbei. Deine Ehe hat nur kurze Zeit gehalten.“

„Wie kurz?“

„Wenige Monate.“

Einen Augenblick dachte er nach. „Ein paar Monate“, wiederholte er langsam. „Ich frage mich, was schiefgelaufen ist.“

„Die Presse berichtet nur sehr wenig über dein Privatleben. Über die Hintergründe deiner Scheidung wurde nichts bekannt.“

„Und sonstige Angehörige? Eltern, Geschwister?“

„Nicht, dass ich wüsste“, musste sie widerstrebend zugeben. „Ich glaube, deine Eltern sind vor einigen Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen.“

„Weißt du denn, wo ich lebe?“

Eve knabberte unruhig an einer Pekannuss. „Soweit ich mich erinnere, habe ich mal von einem Wohnsitz in New York gelesen. Aber dann war auch von Hawaii die Rede. Ich bin mir nicht sicher. Jedenfalls unterhältst du eine Art Büro in Los Angeles, denn dort habe ich wegen des Unfalls meines Vaters angerufen.“

„Klingt, als käme ich in der Welt herum.“ Unüberhörbarer Sarkasmus schwang in seinen Worten mit.

Verblüfft hob sie die Brauen. „Ich glaube nicht, dass du dich wegen deines Lebensstils schämen musst, Miles.“

„Oh, ich schäme mich nicht, sondern bin lediglich erstaunt. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass ich zwischen New York, Hawaii und Kalifornien hin und her pendle.“

„Das kann ich gut verstehen“, pflichtete sie ihm leise bei. Durch seinen Gedächtnisverlust musste ihm alles, was sie über seinen Alltag erzählte, wie ein Märchen vorkommen. „Wie auch immer. Man wird dich vermissen.“

Das war zweifellos richtig. Nur, vermisste man ihn jetzt schon? Erst morgen Abend sollte das Schiff wieder in San Diego anlegen. Wie ging die Crew normalerweise auf einer Reise vor? Hielt sie ständigen Funkkontakt mit der Küstenwache? Oder mit sonst jemandem? Wenn Miles ihr doch nur diese Frage beantworten könnte …

Doch er schaute gedankenverloren auf den silberschimmernden Ozean. „Es ist wunderschön hier.“

„Ja, das ist es wirklich. Ich bin noch nie an so einem Ort gewesen.“

„So friedvoll.“

Die Bemerkung überraschte sie, bis ihr sein Hang zur Zurückgezogenheit einfiel. Wahrscheinlich fühlte Miles sich in dieser Umgebung wesentlich heimischer, als sie es angenommen hatte.

Falls Tierra del Ensueño nur annähernd so schön war, konnte sie das Interesse der Investoren gut verstehen. Oh, nein … Bei dem Gedanken, der ihr plötzlich durch den Kopf schoss, schlug ihr das Herz bis zum Hals.

„Kommt dir diese Insel irgendwie bekannt vor?“, wollte sie gespannt wissen.

„Wie meinst du das?“

Der Verstand sagte ihr, dass es auf Tierra del Ensueño zumindest ein Haus, eine Anlegestelle oder irgendeinen anderen Hinweis auf menschliches Leben geben musste. Falls sich auch diese Insel hier im Privatbesitz befand, dann wurde sie auf jeden Fall nicht sehr häufig besucht. Wenn überhaupt. „Es war nur eine vage Hoffnung.“

„Trotzdem, eine gute Frage“, meinte Miles. „Die Insel kommt mir nicht bekannt vor, auf der anderen Seite fühle ich mich hier auch nicht völlig fremd. Seltsam.“

„Nein, nicht, wenn sie ähnlich wie deine Insel ist.“

Er sah auf. „Das stimmt. Was weißt du über meine Insel?“

„Leider nicht sehr viel. Den Gerüchten nach ist sie sehr schön. Die Investoren wollen sie erschließen, um dort eine große Ferienanlage zu bauen.“

„Dann wollte ich sie ihnen verkaufen?“

„Sagen wir, du warst generell an einem Verkauf interessiert.“

„Wenn sie nur annähernd so schön ist wie diese, wäre es eine Schande, so ein Paradies zu zerstören.“

„Ja, aber solche Geschäfte gehören zu deinem Beruf, Miles.“

„Warum nur habe ich einen solchen Beruf?“

Eve zog hilflos die Schultern hoch.

„Ist Geld wichtig für dich?“

„Natürlich ist Geld wichtig“, meinte sie leicht belustigt. „Das ist es wohl für jeden, der die Annehmlichkeiten des Lebens zu schätzen weiß.“

„Aber dreht sich alles darum? Ist es das Wichtigste in deinem Leben, möglichst viel davon zu haben?“

„Lieber Himmel, nein! Ich bin begeistert, wenn bei einem Verkauf eine gute Provision herausspringt, und ich versuche, in meinem Beruf möglichst erfolgreich zu sein. Doch ich gebe Geld wesentlich lieber aus, als es zu verdienen, wenn du verstehst, was ich meine.“

Miles lachte, und es war das erste Mal, dass sie ihn so entspannt sah. Dieser andere Miles Leighton könnte ihr wirklich gefährlich werden. Er war aufrichtig, warm, rücksichtsvoll – leider würde diese Seite seiner Persönlichkeit nicht lange die Oberhand behalten.

Zu schade, dass Miles ein wesentlich netterer Mensch ist, wenn er nicht er selbst ist, überlegte sie seufzend.

„Was weißt du sonst noch von mir? Ich meine, ganz persönlich.“

Mit der Frage brachte er sie teuflisch in Bedrängnis. Denn das Einzige, was sie ihm noch mit Sicherheit sagen konnte, war, dass sie ihn für den hochnäsigsten Kerl hielt, der ihr je begegnet war. Zwar besaß er eine gehörige Portion Sex-Appeal, aber trotzdem!

„Wir haben uns erst gestern kennen gelernt“, wich sie aus.

„Richtig, das sagtest du ja.“

Autor

Jackie Merritt
Seit 1988 ihre erste Romance veröffentlicht wurde, schreibt Jackie Merritt hauptberuflich. Sie ist fest davon überzeugt, dass jeder, der ein bisschen Kenntnis von Sprache und Grammatik hat, ein Buch verfassen kann. Die Voraussetzung ist allerdings, dass man sehr viel Disziplin aufbringen kann. Die ersten Seiten sind leicht – bis zum...
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Barbara Boswell war als Krankenschwester tätig, bis sie sich ganz der Kindererziehung widmete. Sie begann 1983 zu schreiben und veröffentlichte 22 Romane.
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