Bettgeflüster mit dem Boss

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Eine leidenschaftliche Liebesnacht - mit bitterbösem Erwachen! Denn im Rausch der Sinnlichkeit hat Jenny dem attraktiven Mike Ryan ihren Nachnamen verschwiegen. Am nächsten Morgen wirft er ihr vor, sie wolle ihn nur ausspionieren. Sie ist die Nichte des Mannes, der sein Imperium unter Druck setzt! Jenny will Mike nie wiedersehen. Doch ein Jahr später arbeitet sie als Grafikerin für sein Spieleunternehmen, eingestellt von seinem Bruder. Plötzlich ist ihr Exlover ihr Boss. Warum muss er bloß immer noch so unwiderstehlich sexy sein?


  • Erscheinungstag 12.06.2018
  • Bandnummer 2032
  • ISBN / Artikelnummer 9783733721961
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Ich traue ihr nicht.“ Mike Ryan trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch herum und starrte seinen jüngeren Bruder an.

„Ja“, sagte Sean lachend. „Das machst du seit Monaten deutlich. Nicht ganz so klar ist, warum. Sie ist eine fantastische Künstlerin, hält ihre Termine ein, und man kommt gut mit ihr klar. Also erzähl mir, was Jennifer Marshall getan hat, dass du dermaßen gegen sie eingenommen bist!“

Mit finsterem Blick biss Mike die Zähne zusammen und widmete sich der Aussicht aus seinem Bürofenster. Sogar in Südkalifornien sahen die Gärten im Januar trist aus. Im Garten hinter dem Haus der viktorianischen Villa, in der sich die Büros ihrer Firma Celtic Knot Gaming befanden, war das Gras braun und trocken, die Bäume waren kahl und die Blumenbeete leer. Graue Wolken überzogen den Himmel, und ein kalter Wind ließ die Äste zittern.

Trotzdem war dieser Anblick besser, als an Jenny Marshall zu denken. Sie war klein, kaum einen Meter sechzig groß, aber ziemlich sexy. Sie hatte Kurven, bei deren Anblick Mike jedes Mal das Wasser im Mund zusammenlief – vor allem, seit er wusste, wie diese Kurven nackt aussahen. Ihr blondes Haar reichte ihr bis zum Kinn – eine wilde Lockenpracht, die einen Mann von heißen, verschwitzten Nächten fantasieren ließ.

Sofort zwang Mike sich dazu, nicht weiter an eine nackte Jenny zu denken, sondern an ihr Gesicht. Ihre Augen waren himmelblau, und einmal hatte sie ihn voller Leidenschaft angesehen …

Okay, das reicht, ermahnte er sich.

„Ich habe meine Gründe“, murmelte er.

Sean hatte keine Ahnung, dass sich Mike und Jenny schon gekannt hatten, bevor sie bei Celtic Knot angestellt worden war, und es gab keinen Grund, das zu ändern.

„Na gut.“ Sean stieß die Luft aus. „Du warst schon immer ein Sturkopf. Ist sowieso egal, warum. Brady und ich haben es bereits beschlossen.“

„Brady ist in Irland.“

„Klar“, erwiderte Sean und fügte hinzu: „Ist Technik nicht etwas Großartiges? Kannst du dich an das Meeting erinnern, das wir per Webcam gemacht haben? Das, bei dem wir beschlossen haben, wer sich mit welchem Hotel beschäftigen soll?“

„Ich kann mich erinnern.“

„Gut. Weil Jenny nämlich gerade in ihrem Büro sitzt und an den Entwürfen für das River Haunt Hotel arbeitet.“ Sean sah seinen Bruder an. „Sie hat sich schon einige großartige Ideen einfallen lassen. Wenn wir jetzt den Designer wechseln, wird das die Fertigstellung verzögern. Außerdem ist Jenny gut.“

Mike verkniff sich jede weitere Debatte. Sean hatte recht, die Pläne waren fertig. Alle künstlerischen Mitarbeiter hatten bereits ihre Aufträge erhalten. Die meisten waren mit den Grafiken für das nächste Spiel beschäftigt, das kommenden Sommer erscheinen sollte. Also war Jenny die einzig logische Wahl.

Es gab Termine, die eingehalten werden mussten, und niemand wusste das besser als Mike. Er, sein Bruder Sean und ihr Freund Brady Finn hatten diese Firma gegründet, als sie noch im College waren. Ihr erstes Computerspiel war erfolgreicher gewesen, als sie jemals gehofft hatten, und als sie das College verließen, waren sie Millionäre.

Sie steckten ihr Geld in eine Firma, die sie Celtic Knot Gaming nannten, und veröffentlichten innerhalb eines halben Jahres ein noch aufwendigeres, anspruchsvolleres Spiel. Sie machten sich einen Ruf für Action-Spiele, die auf alten irischen Legenden und Aberglauben beruhten, und die Zahl ihrer Anhänger wuchs. Sie gewannen Preise und hatten Legionen von Fans, die auf das nächste Spiel warteten. Und jetzt wuchs die Firma in eine neue Richtung.

Sie hatten drei Hotels gekauft und polierten sie als Rollenspielorte für Gäste auf. Vorbild für jedes Hotel war eines ihrer Spiele. Das erste, Fate Castle, lag in Irland. Die Umbauten waren erst kürzlich beendet worden, und das Hotel würde im März eröffnet werden. Das zweite Hotel, River Haunt, lag in Nevada am Colorado River und wartete nur darauf, dass Mike auftauchte und sich um die Renovierung kümmerte.

Aber wie, zur Hölle, konnte er das, wenn er mit Jenny Marshall zusammenarbeiten musste? Antwort: Es ging nicht. Aber er wollte Sean die Gründe dafür nicht erklären. Stattdessen würde er zu Jenny gehen und sie davon überzeugen, dass sie sich aus diesem Projekt zurückziehen musste. Sie war wahrscheinlich ebenso wenig scharf darauf, mit ihm zu arbeiten, wie er mit ihr. Wenn sie zu Sean ging und darum bat, versetzt zu werden, würde es keine Probleme geben.

„Einstweilen …“, sagte Sean so laut, dass Mike seine Aufmerksamkeit wieder ins Hier und Jetzt lenkte, „… verhandele ich immer noch mit der Spielzeugfirma über die Sammlerstücke unserer Spielfiguren.“

„Was sagen die Anwälte dazu?“, fragte Mike.

„Viel“, bekannte Sean. „Das meiste davon verstehe ich nicht.“

„Wie viel hast du kapiert?“

Sean schlug lässig die Beine übereinander. „Genug, um zu wissen, dass die Firma uns ein Lizenzangebot machen wird.“

„Ich weiß nicht. Spielzeug?“

„Kein Spielzeug! Sammlerstücke“, korrigierte ihn Sean. „Ich habe Brady heute Morgen angerufen, und er ist mit an Bord. Also denk darüber nach, Mike. Bei der nächsten Game-Convention müssen wir nicht nur für die Spiele werben, sondern auch für die Sammlerstücke. Wir können auch Brettspiele entwickeln, für Leute, die sich nicht für Computerspiele interessieren.“

„Es gibt nicht viele Leute, die sich nicht für Computerspiele interessieren.“

„Okay, das ist wahr. Aber wir drängen in die Hotelindustrie und wollen den Gästen die Möglichkeit geben, ihre Lieblingsspiele zu leben. Wir könnten auch den nächsten Schritt gehen“, sagte Sean. „Wir könnten unsere eigenen Conventions organisieren.“

„Was?“ Überrascht starrte Mike ihn an. „Unsere eigenen Fan-Messen?“

Sean grinste. „Denk darüber nach! Wir könnten die Celtic Knot Con abhalten, eine Messe, die sich um unsere Spiele und Produkte dreht. Wir könnten Wettkämpfe veranstalten, Preise stiften.“

„Bist du heute Morgen surfen gewesen?“

Sean hielt inne. „Was hat das damit zu tun?“

„Das kalte Wasser hat möglicherweise ein paar Gehirnzellen einfrieren lassen.“

„Sehr lustig.“

„Findest du nicht, dass wir gerade genug zu tun haben? Das letzte Spiel ist im Dezember auf den Markt gekommen, und die Fortsetzung von Fate Castle erscheint diesen Sommer, vom Hotelgeschäft gar nicht zu reden.“

„Okay, wir sind beschäftigt“, gab Sean zu. „Aber wir wollen beschäftigt bleiben, wir müssen nachdenken, expandieren. Unser Geschäft beruht auf den Fans. Auf der Art, wie sie sich den Szenarios, die wir uns ausdenken, verbunden fühlen. Wenn wir ihnen andere Möglichkeiten bieten, sich als Teil der Welt zu fühlen, die sie lieben, nützt uns das.“

Mike dachte darüber nach. Er wusste, dass Sean recht hatte. Ihre Marke weiter auszubauen, würde ihre Position auf dem Markt festigen. Für das Burghotel in Irland gab es bereits eine Warteliste von einem halben Jahr, und es war noch nicht einmal eröffnet. Es gab einen riesigen Markt für das, was Sean gerade beschrieben hatte. „Wir reden mit Brady über deine Convention-Idee. Das könnte der richtige Weg sein.“

„Wow!“ Sean grinste. „Was für ein Moment, Mike stimmt mir zu! Vielleicht sollten wir einen Fotografen holen.“

Mike lachte. „Okay, na gut. Ich glaube, du hast da was Gutes vorgeschlagen. Was die Sammlerstücke angeht, bin ich dabei. Sag den Anwälten, sie sollen das Lizenzangebot der Firma ausarbeiten, und dann unterzeichnen wir.“

„Schon passiert“, sagte Sean.

„Du warst dir ganz schön sicher, was?“

„Da hast du recht.“

Amüsiert sagte Mike: „Okay, bei dem anderen Zeug hast du auch recht. Das Rollenspiel, die Wettbewerbe. Das Gelände des Hotels in Nevada ist nicht groß genug, um dort Wettbewerbe in einer vernünftigen Größe zu veranstalten. Irland ist zu weit weg. Bleibt Wyoming.“

„Dasselbe habe ich auch gedacht“, sagte Sean.

„Dann ist es ja praktisch, dass du dafür zuständig bist, oder?“

„Finde ich auch“, sagte Sean mit einem zufriedenen Lächeln.

„Du solltest nach Wyoming fliegen. Es persönlich überprüfen.“

Sean schnaubte. „Es ist Januar, Mike. Dort schneit es. Eisig kalter Schnee.“ Er schauderte. „Nein, vielen Dank!“

„Ja, aber …“

„Ich habe mit dem Makler geredet und ihn Videos machen lassen. Am Haus muss eine Menge getan werden, aber das Gelände ist perfekt, und das ist wichtiger, richtig?“

„Schon, aber …“

„Du kümmerst dich um deine Sachen und ich mich um meine. Keine Sorge, ich sehe mich in ein paar Monaten dort um, bevor wir mit der Renovierung anfangen.“ Sean stand auf. „Jetzt gerade beschäftige ich mich mit der Messe nächsten Monat in Chicago. Und ich muss mir das Design von Banshee Screams ansehen. Ich fahre schon noch nach Wyoming“, sagte er. „Aber das kann bis zum Sommer warten.“ Kopfschüttelnd lachte er auf und ging zur Tür. „Ein Surfer im Schnee.“

Mike sah ihm düster nach. Es würde mindestens sechs Monate dauern, um das Hotel in Nevada zu renovieren. Und wenn er keine Möglichkeit fand, sie aus dem Projekt zu entfernen, hieß das, er musste eine verdammt lange Zeit mit Jenny Marshall verbringen.

Eine Frau, die ihn belogen hatte.

Ja. Das würde großartig werden.

Jenny Marshall goss sich ein Glas Weißwein ein und ließ sich in einem weich gepolsterten Sessel nieder. Die Doppelhaushälfte, die sie gemietet hatte, war alt und klein und eigentlich zu teuer. Aber sie lag nur einige Blocks vom Strand entfernt an einer schmalen Straße. Hier konnte sie gärtnern und Nachbarschaftsfeste besuchen. Jenny fühlte sich hier als Teil einer Gemeinschaft. Und für eine Frau, die allein lebte, war dieses Gefühl unbezahlbar.

Sie trank einen Schluck Wein und hob den Blick zum Vorgarten, wo sich kahle Bäume im Wind wiegten. Die Dämmerung kam, und in den Häusern ihrer Nachbarn wurden die Lichter angeschaltet. Jenny konnte sich einfach nicht entspannen, aber das überraschte sie nicht.

Neben ihrer Arbeit an dem demnächst erscheinenden Spiel von Celtic Knot und den Entwürfen für das River Haunt Hotel beschäftigte sie noch etwas anderes. Sie liebte ihre Arbeit und war dankbar dafür. Wenn da nicht die Tatsache wäre, dass einer ihrer Chefs sie am liebsten feuern würde.

Düster blickte sie in ihr Glas. Es war nicht leicht gewesen, in den vergangenen Monaten mit Mike Ryan zusammenzuarbeiten. Jedes Mal, wenn sie im selben Raum saßen, spürte sie die Feindseligkeit, die Mike ausstrahlte. Der Mann war hartherzig, stur, unvernünftig – und immer noch der einzige, der sie auf diese unerklärliche Weise erregte.

Hatte sie ihre Lektion nicht vor mehr als einem Jahr gelernt? Als sie in jener Nacht in Phoenix zusammen gewesen waren, hatte es sich magisch und echt zwischen ihnen angefühlt. Und wie in jedem guten Märchen hatte der Zauber genau eine Nacht angehalten. Dann hatte sich der Traumprinz in ein Monster verwandelt, und statt gläserner Tanzschuhe hatte Jenny wieder Flip-Flops getragen.

Es hatte alles vielversprechend begonnen. In der Nacht vor der Messe, der großen Gaming-Convention in Phoenix, war sie einem großen, umwerfenden Mann mit einem frechen Lächeln und Augen so blau wie der Sommerhimmel begegnet. Sie hatten gemeinsam einen Drink in der Bar genommen, waren essen gegangen und schließlich in Jennys Hotelzimmer gelandet. Bis dahin war sie noch nie mit einem Mann ins Bett gegangen, den sie kaum kannte. Aber in dieser Nacht war alles anders gewesen.

Als sie Mike gesehen hatte, war da dieses sichere Gefühl in ihr aufgestiegen, dass sie nur auf ihn gewartet hatte. Doch das – so wusste sie heute – war total absurd gewesen. Aber diese Nacht …

Jenny hatte zugelassen, dass ihr Herz die Führung übernahm. Sie hatte sich der Anziehung überlassen und erst am Morgen erkannt, dass sie einen großen Fehler begangen hatte.

Seufzend schloss sie die Augen und kehrte in Gedanken zu dem Moment zurück, in dem sich der Boden unter ihren Füßen aufgetan hatte. Dem Morgen nach der besten Nacht ihres Lebens:

Mike zog sie an sich, und Jenny legte den Kopf an seine Brust und lauschte dem gleichmäßigen Pochen seines Herzens. Nach einer langen Liebesnacht fühlte sie sich wunderbar entspannt. Die Dämmerung malte rosarote und goldene Streifen an den Morgenhimmel, und Jenny verspürte nicht die geringste Lust, aus dem Bett zu steigen.

Was passiert war, sah ihr gar nicht ähnlich. Sie hatte keine One-Night-Stands und schon gar nicht mit einem Fremden. Aber sie bedauerte es nicht. Sie kannte nicht einmal seinen Nachnamen, dennoch fühlte sie sich ihm in diesem Moment näher als irgendjemandem sonst.

„Ich hasse den Gedanken, gleich aufzustehen“, sagte Mike. „Aber ich muss früh runter zur Convention.“

„Ich auch.“ Jenny schmiegte sich enger an ihn. „Mein Onkel braucht mich für den Aufbau seines Standes. Also …“

Mike strich mit der Hand über ihren Rücken, wobei seine Fingerspitzen auf ihrer nackten Haut ein erregendes Prickeln entfachten.

„Wirklich?“, fragte Mike. Er sprach leise und langsam. „Wer ist dein Onkel?“

„Hm?“ Von der Berührung seiner Finger und dem tiefen Klang seiner Stimme war sie wie hypnotisiert. „Oh, Hank Snyder“, flüsterte sie. „Ihm gehört Snyder Arts.“

Mike rührte sich plötzlich nicht mehr. Seine Hand glitt von ihrem Rücken, und sie spürte eine abrupte atmosphärische Veränderung. Es folgte eine physische Veränderung, als Mike sich aufsetzte und sie beiseiteschob.

Jenny rollte sich auf den Rücken und sah zu ihm auf. „Was ist?“

„Hank Snyder?“ Mike sprang aus dem Bett und starrte sie mit funkelnden Augen an. Sein Blick war durchdringend. Im Morgenlicht sah er wie ein nackter Racheengel aus.

Der Dunstschleier in ihrem Kopf hob sich, und ihr wurde ganz kalt. Langsam setzte sie sich auf und zog sich die Bettdecke über die Brüste. Dann schob sie sich die blonden Locken aus der Stirn und begegnete verwirrt seinem harten Blick. „Was ist los?“, fragte sie. „Kennst du meinen Onkel?“

Er schnaubte. „Wow! Wirklich gut. Dieser Anflug von Unschuld in der Stimme. Nett.“

Noch verwirrter schüttelte sie den Kopf. „Unschuldig? Wie?“

„Ach, hör auf damit!“ Mike schnappte sich seine Sachen und zog sie hektisch über. „Ich muss sagen, du warst gut.“

„Wovon redest du? Gut wobei?“

„Klar, du bist durcheinander.“ Mike nickte. „Weißt du, ich habe dir die ganze Sache vergangene Nacht geglaubt, aber jetzt damit weiterzumachen, wo ich weiß, wer du bist, ist wirklich das Letzte.“

Sie hatte keine Ahnung, worüber er sich so ärgerte. Wie konnte es sein, dass sie innerhalb kürzester Zeit von Sex zu Kuscheln und dann dazu übergegangen waren, sich gegenseitig anzugiften? „Kannst du mir bitte sagen, was hier los ist?“

„Was ich nicht verstehe, ist, woher du gewusst hast, dass ich vergangenen Abend in der Bar sein würde.“ Er zog sich das weiße Hemd über und knöpfte es mit geradezu unheimlicher Ruhe zu.

„Ich wusste nicht … Verdammt, ich wusste nicht einmal selbst, dass ich in die Bar gehen würde, bevor ich sie betreten habe.“

„Klar. Dein Onkel.“ Mike nickte. „Er muss das geplant haben.“

„Was hat Onkel Hank mit uns zu tun?“

Mike lachte, doch dieses Lachen klang weder humorvoll noch charmant. „Alles, Süße, und wir beide wissen das. Snyder Arts will uns dazu zu bringen, ihre Programme zu verwenden.“ Sein Blick fiel auf ihre Brust, dann hob er ihn wieder zu ihrem Gesicht. „Sieht ganz danach aus, als hätte der alte Hank jetzt die großen Geschütze herausgeholt.“

Jedes Wort von Mike hallte seltsam in ihrem Kopf wider, bis Jenny endlich verstand, was er meinte. Wessen er sie beschuldigte. Sie wurde wütend. Ihr Herz klopfte wie verrückt, und sie hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Ihre Gedanken rasten, dann sprang sie aus dem Bett.

„Du glaubst, mein Onkel hat mich geschickt, damit ich mit dir schlafe?“ Gott, sie bekam die Worte kaum heraus. „Damit ich dich davon überzeuge, sein Grafikprogramm zu benutzen?“

„Ja, so könnte man es ausdrücken“, sagte Mike tonlos.

Jenny wusste nicht, ob sie verletzt oder einfach nur wütend sein sollte. Bilder der vergangenen Nacht schossen ihr durch den Kopf wie ein Film im Schnelldurchlauf. Sie sah Mike über sich, sah sich die Beine spreizen, um ihn tief in sich aufzunehmen. Und sie spürte wieder das heiße Verlangen, spürte, wie richtig es sich angefühlt hatte, mit Mike zusammen zu sein. Dann endete der Film, und sie war wieder hier in diesem Zimmer, die Decke um sich geschlungen, und starrte den Fremden an, der ihren Körper jetzt kannte, dafür aber weder ihr Herz noch ihre Seele.

„Wer, zum Teufel, glaubst du eigentlich, dass du bist?“, fragte sie mit zitternder Stimme.

„Mike Ryan.“

Sie kannte den Namen. Mike Ryan. Einer der Besitzer von Celtic Knot Gaming. Jenny kannte ihre Arbeit, kannte das Design, das in jedes ihrer Spiele einfloss. Sie bewunderte sie seit Jahren, hatte gehofft, eines Tages für sie arbeiten zu können – was jetzt wohl unmöglich sein würde. Mike behauptete, sie sei eine Spionin – und, oh ja, eine Hure. Sie konnte sich nicht vorstellen, für einen Mann zu arbeiten, der Entscheidungen traf, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken.

„Aha“, sagte er und nickte, als sei jede seiner Vermutungen jetzt bestätigt. „Also kennst du mich.“

„Jetzt“, erwiderte sie. „Aber nicht vergangene Nacht. Nicht, als wir …“ Sie fuhr sich durchs Haar. Sie wollte nicht über Einzelheiten nachdenken, was sie gemacht hatten, weil sie sonst etwas total Dummes tun würde, wie zu erröten, verdammt!

„Und ich nehme an, darauf würdest du mir dein Wort geben“, sagte er.

Jenny presste kurz die Lippen aufeinander. „Wie es aussieht, brauchst du nur deine Vermutungen, dann steht deine Meinung fest. Du hast schon beschlossen, was und wer ich bin. Warum sollte ich also mit dir darüber streiten?“

„Weißt du, die wütende Unschuld spielst du fast so überzeugend wie die Verführerin.“

„Du bist ein arroganter, eingebildeter, selbstgefälliger Bastard!“

Eine dunkle Augenbraue hochgezogen, grinste er, ohne dass es freundlich aussah. „So ist es besser! Die Wut wirkt fast realistisch.“

Ihr Herz klopfte so laut, dass es ein Wunder war, dass er es nicht hören konnte. „Ich spiele dir kein Theater vor, du Mistkerl! Denk doch mal nach! Ich habe dich nicht verführt. Du hast mich in der Bar angesprochen. Und niemand hat dich gezwungen, mit mir ins Bett zu gehen. Soweit ich mich erinnere, bist du nur allzu gern gekommen!“

„Sogar mehrere Male“, erwiderte er.

„Das reicht. Verschwinde aus meinem Zimmer!“ Sie zeigte auf die Tür.

Er schnappte sich sein dunkles Jackett vom Stuhl und zog es über. „Oh, ich gehe. Mach dir keine Sorgen! Ich würde nicht mal bleiben, wenn du mich anbettelst.“

„Das wird nicht passieren.“

Wieder schnaubte er, ein hässliches, beleidigendes Geräusch.

Vor der Tür blieb er stehen. „Sag deinem Onkel, es war ein netter Versuch! Aber Celtic Knot wird keine Geschäfte mit ihm machen, egal wie viele attraktive Nichten er mir ins Bett legt.“

Dann war er weg.

Jenny seufzte und trank noch einen Schluck Wein. Sie hatte nicht gedacht, dass sie Mike Ryan wiedersehen würde. Aber dann hatte ihr sein Bruder Sean einen Job angeboten, der zu gut war, um ihn auszuschlagen. Die Möglichkeit, genau die Art von Design entwerfen zu dürfen, die sie liebte, war es wert, Mike jeden Tag um sich zu haben. Und indem sie jeden Tag in seiner Sichtweite war, teilte sie Mike Ryan auch mit, dass das, was er getan hatte, sie nicht verletzte.

Natürlich war das eine dicke, fette Lüge, aber das musste er nicht wissen.

Der Albtraum, den die Arbeit mit Mike bedeutete, würde in den nächsten Monaten rund um die Uhr anhalten. Ja, sie war aufgeregt, die Wandgemälde für das River Haunt Hotel entwerfen zu dürfen. Aber Hand in Hand mit Mike zu arbeiten, würde es anstrengend machen. Trotzdem würde sie nicht aussteigen. Er war derjenige, der sich entschuldigen sollte. Er war derjenige, der sie beleidigt und gedemütigt hatte. Warum sollte sie den Preis dafür bezahlen?

Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihre Gedanken. Sie öffnete die Tür – und sah in Mike Ryans strahlend blaue Augen.

Er schob sich an ihr vorbei.

Jenny konnte das Unausweichliche nur hinnehmen. Also schloss sie die Tür. „Nun, dann komm herein“, sagte sie. Jedes Wort triefte vor Sarkasmus. „Mach es dir bequem!“

Mit grimmiger Miene und Augen so blau wie ein zugefrorener See sagte er: „Wir müssen reden.“

2. KAPITEL

Mike blieb mitten im Zimmer stehen, drehte sich um und sah Jenny an. Sie trug ein blassgrünes T-Shirt und eine enge, ausgeblichene Jeans, die ihre Kurven umschmeichelte. Ihre kleinen, schmalen Füße waren nackt, die Nägel blassrosa lackiert. Ihre Frisur bestand aus einer zerzausten Masse blonder Locken. Mit großen blauen Augen sah sie ihn misstrauisch an. Sie sah gut aus. Zu gut und das war ein Teil des Problems.

Mike schob die Hände in die Taschen, um sich davon abzuhalten, sie zu berühren, und sah sich in dem kleinen Wohnzimmer um. Trotzdem war er sich ihres großartigen Körpers, ihrer wunderschönen Augen und ihrer Lippen, die zum Küssen einluden, nur allzu bewusst. Aber er war aus guten Gründen hergekommen und sollte sich konzentrieren.

Jennys Zuhause wirkte sehr gepflegt, gleichzeitig zwanglos und einladend. Es gab dick gepolsterte Sessel mit Blumenmuster und ein gelb-blau-gestreiftes Zweiersofa. Einige kleine Tische waren im Zimmer verteilt, und in den Ecken standen Stehlampen aus Messing, die den zerkratzten, aber blank polierten Holzfußboden in ein goldenes Licht tauchten. Die Wände waren in einem Grünton gestrichen, das an den Frühling denken ließ. Es gab gerahmte Gemälde und Fotografien und ein direkt an die Wand gemaltes großes Bild.

Sein Blick blieb daran hängen. Offenbar hatte Jenny es selbst gemalt, und Mike musste zugeben, dass diese Frau unglaublich talentiert war, egal, was sie sonst noch sein mochte. Das Motiv schien einem Märchen zu entstammen – oder einer irischen Legende.

Ein Wald, der gerade erwachte. Nebel driftete in dünnen Schleiern durch eine Landschaft; Sonnenlicht bohrte sich durch die Bäume und warf ein Muster auf den laubbedeckten Boden. In einiger Entfernung sah man undeutlich eine Blumenwiese, und in den hohen Bäumen saßen Elfen.

„Warum bist du hier, Mike?“ Ihre Stimme klang sanft, aber das Glitzern in ihren Augen war es ganz und gar nicht.

Gute Frage. Mike wusste, dass er wahrscheinlich nicht hätte kommen sollen – seit jener Nacht in Phoenix waren sie nicht mehr allein gewesen. Aber ihm fehlten die Alternativen. Er konnte Sean nicht sagen, warum es ein Fehler war, mit Jenny zusammenzuarbeiten, weil er seinem kleinen Bruder nicht eingestehen wollte, dass sie versucht hatte, ihn zu benutzen. In mehr als einer Beziehung.

Auch Jenny wusste, warum es nicht funktionieren würde. Er musste sie nur dazu bringen, Sean zu erzählen, dass sie die Entwürfe für das neue Hotel nicht machen wollte. Und wenn Jenny selbst darum bat, aus dem Projekt entlassen zu werden, würde sich Sean nicht widersetzen.

Zeit, auf den Punkt zu kommen, damit er so schnell wie möglich aus diesem kleinen Haus verschwinden konnte, in dem Jennys Duft mit dem einzigen Ziel in der Luft zu hängen schien, ihn zu quälen. „Ich möchte, dass du dich aus dem Hotel-Job zurückziehst.“

Sie blinzelte nicht einmal. „Interessant. Nun, ich möchte zehn Zentimeter größer sein und kleinere Brüste haben. Sieht ganz so aus, als seien wir beide dazu verdammt, eine Enttäuschung zu erleben.“

Warum sie kleinere Brüste wollte, erschloss sich ihm nicht. „Wir wissen doch beide, dass es keine gute Idee ist, monatelang zusammenzuarbeiten.“

„Richtig.“ Sie kreuzte die Arme, dabei hoben sich ihre Brüste verführerisch. „Vielleicht solltest du aussteigen. Das Hotel mit Sean tauschen. Ich mag Sean.“

„Lass Sean da raus!“, stieß Mike hervor.

Ihre lässige Haltung verschwand, sie hob frustriert die Hände. „Bitte! Hast du Angst, ich würde Sean verführen?“

„Das habe ich nicht gesagt.“

„Was genau willst du sagen, Mike?“ Sie stemmte die Hände in die Hüften, eine Geste, die den Stoff ihres T-Shirts fest gegen die erwähnten Brüste presste. Sie will dich nur ablenken, sagte sich Mike. Achte nicht darauf!

„Ich sage, lass Sean da raus!“, antwortete er. „Das ist eine Sache zwischen dir und mir.“

„Gut! Dann wirst du Sean sagen, dass er das River Haunt übernehmen soll und du dich um das Hotel in Wyoming kümmerst.“

„Nein.“ Mike war noch nicht bereit, aufzugeben. Er musste eine Möglichkeit finden, um Jenny zu überzeugen, dass es eine unmögliche Situation war. Dass es an ihr war, sich zurückzuziehen.

Wieder zuckte sie die Achseln und ging so langsam an ihm vorbei, dass er ihren Duft nach Vanille einatmete.

„Also, da keiner von uns bereit ist, aus diesem Projekt auszusteigen, glaube ich, wir sind hier fertig“, sagte sie, ließ sich in einen Sessel fallen und hob ihr Weinglas.

„Wir sind alles andere als fertig.“

Draußen lag die Straße im Dunkeln. Durch die Vorhänge der Nachbarn fiel Licht.

Autor

Maureen Child
<p>Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal. Ihre liebste...
Mehr erfahren