Bianca Gold Band 76

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EIN PRINZ FÜR SHANNON von TRACY SINCLAIR
Glück im Spiel! Bei einer Quizshow gewinnt Shannon eine Traumreise ins Fürstentum Mornay. Der Regent Prinz Michel zeigt ihr höchstpersönlich das Land – ohne allerdings seine unterkühlte Zurückhaltung aufzugeben. Bleibt Shannon das Glück in der Liebe versagt?

NUR EINE FLÜCHTIGE BEGEGNUNG? von CATHERINE GEORGE
Romantische Stunden in Venedig! Erst zeigt der charmante Hotelmanager Max Hamilton ihr die Lagunenstadt, dann küsst er Olivia zärtlich. Als die Hoteltesterin abreisen muss, macht Max ihr einen verführerischen Vorschlag, der ihr Leben für immer ändern könnte ...

FEURIGE BEGEGNUNG IN SPANIEN von LEE STAFFORD
In der wildromantischen Berglandschaft Asturiens lernt die zierliche englische Künstlerin Cordelia Harris ihren Traummann kennen: den heißblütigen Gil Montero, dessen Leidenschaft sie von der ersten Sekunde an in den Bann zieht. Ist er nur ein spanischer Herzensbrecher?


  • Erscheinungstag 21.07.2023
  • Bandnummer 76
  • ISBN / Artikelnummer 9783751516952
  • Seitenanzahl 447
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Tracy Sinclair, Catherine George, Lee Stafford

BIANCA GOLD BAND 76

1. KAPITEL

Prince Devon de Mornay starrte gespannt auf das einzige Fernsehgerät, das es auf Glenmar Castle gab. Aus Hollywood wurde gerade die Quizshow Königspreis übertragen, und wie alle Anwesenden im Fernsehstudio drückte auch der Prinz der Favoritin der Show, Shannon Blanchard, die Daumen. Er sprang aus seinem Sessel auf und streckte begeistert eine Faust in die Höhe, als sie die letzte, entscheidende Frage richtig beantwortete und damit als Siegerin aus der zehnwöchigen Show hervorging.

„Was für eine Schönheit!“ Prinz Devon stellte rasch das Gerät aus, als er auf der Diele Schritte hörte.

Das Thema Fernsehen war zum Ärgernis zwischen ihm und seinem älteren Bruder, Prinz Michel, geworden, seit Devon mit der TV-Gesellschaft einen Vertrag abgeschlossen hatte. Die Gewinnerin der Show würde für vierzehn Tage Gast auf seinem Schloss sein. Es war als Spaß gedacht, aber Michel gefiel das überhaupt nicht. Er war wütend.

Normalerweise standen sich die Brüder sehr nahe, aber diese Einladung belastete ihre Beziehung stark.

„Was hatte der Höllenlärm hier drinnen zu bedeuten?“, fragte Michel von der Tür des Arbeitszimmers her. Sein Mund wurde schmal, als er auf den leeren Bildschirm blickte. „Hast du dir wieder diese dämliche Show angesehen?“

„Sicher freut es dich zu hören, dass dies die letzte Runde war.“

„Warum sollte mich das freuen? Schließlich heißt das, die Leute werden demnächst in unser Privatleben eindringen.“

„Um es genau zu sagen, sehr bald.“ Devon lächelte kaum merklich. „Für dich ist das wahrscheinlich eine schlechte Neuigkeit.“

„Ja. Etwas Erfreuliches kann ich darin wahrhaftig nicht sehen.“ Aus seinen grauen Augen sah Michel seinen Bruder Devon zornig an. „Ich weiß nicht, wie ich jemals dem Besuch einer falschen Prinzessin zustimmen konnte. Ich hätte die Vereinbarung einfach kündigen und den Prozess abwarten sollen, den man uns für diesen Fall angedroht hat.“

Devon schwieg weise. In einen leichtfertigen Prozess verwickelt zu sein, das kam für die königliche Familie von Bonaventura nicht in Frage. Die TV-Gesellschaft dieser Show wäre von einem Prozess begeistert, ganz gleich, wer gewann. Für sie bedeutete es in jedem Fall kostenlose Werbung.

Vielleicht hat Michel ja recht, überlegte Devon. Ich lasse mich tatsächlich oftmals auf Dinge ein, ohne an die Folgen zu denken. „Sie werden wieder draußen sein, bevor du überhaupt etwas bemerkt hast“, versuchte er seinen Bruder zu beschwichtigen.

„Du sprichst von ihnen in der Mehrzahl. Von wie vielen Personen ist denn die Rede? Es gibt doch nur eine Gewinnerin, oder?“

„Selbstverständlich. Eine absolut umwerfende Blondine mit einer unglaublich tollen Figur. Das war übrigens die gute Neuigkeit, die ich dir mitteilen wollte.“

„Du hast meine Frage nicht beantwortet. Wie viele Menschen schicken sie uns her?“

„Vergiss nicht, dies ist eine TV-Show, die zur besten Sendezeit übertragen wird. In so einem Fall gilt meistens eine Regelung in größerem Stil.“

„Wie viele?“

„Drei oder vier“, gestand Devon. „Aber du kommst mit ihnen gar nicht in Berührung. Ich lasse ihre Zimmer im Nordflügel vorbereiten. Außerdem werden sie keineswegs den ganzen Tag hier auf dem Schloss herumhängen, sondern die meiste Zeit unterwegs sein.“

„Wann kommen sie?“

„Am Sonntag.“ Devon stellte sich auf eine Schimpftirade ein, aber Michel äußerte nur erneut kurz seinen Ärger und verließ dann den Raum.

Glenmar Castle stand auf einer Anhöhe, weit entfernt von der darunter liegenden Straße. In der untergehenden Sonne, die die mit Zinnen bedeckten Türme golden färbte, sah die Burg wie ein Märchenschloss aus.

So unwirklich wie alles, was mir in letzter Zeit passiert ist, dachte Shannon. Kaum eine Woche war vergangen, seit sie den traumhaften Urlaub gewonnen hatte, und schon saß sie mit ihrer Cousine Marcie im Fond einer eleganten schwarzen Limousine, die sie am Flughafen erwartet hatte. Noch glänzten ihre Augen vor Aufregung, und die Köpfe der beiden jungen Frauen flogen von einer Seite zur anderen, um ja keine Sehenswürdigkeit zu verpassen.

Ihre beiden Begleiter waren davon bei weitem nicht so beeindruckt. Für George Hatcher, den PR-Manager für dieses Ereignis, war das nichts als ein weiterer Job. Seine Aufgabe war es, darauf zu achten, dass in den Medien ständig über diese Show berichtet wurde. Der Fotograf Dave Finley blickte nicht mal aus dem Fenster. Er beschäftigte sich mit dem Ordnen seiner Kameraausrüstung.

„O Shannon“, rief Marcie aufgeregt, als sie die lange Auffahrt hinauffuhren, „sieh nur die Schafe dort auf dem Rasen! Wie malerisch.“ Staunend steckte sie den Kopf aus dem Fenster. Einige Arbeiter und ein Reiter bemühten sich, die Herde fortzutreiben. „Und sieh nur, da reitet sogar unser Märchenprinz auf seinem Pferd. Ob sie das wohl zu unserem Empfang arrangiert haben?“

„Das bezweifle ich“, erwiderte Shannon lachend. „Der Mann wird vermutlich hier arbeiten. Im Märchen sitzt der Prinz auf einem weißen Pferd. Dieses hier ist schwarz.“

„Er könnte trotzdem ein Prinz sein. Sieh nur die breiten Schultern und die muskulösen Arme. Was für ein toller Mann“, schwärmte Marcie, als der Wagen vor einer Schranke halten musste.

„Was soll denn dieses seltsame Gestell hier in der Einfahrt?“, fragte George Hatcher. „Steigen Sie aus, und entfernen Sie es“, wies er den Chauffeur an.

Bevor der Mann etwas entgegnen konnte, begriffen sie, warum ihnen die Schranke den Weg versperrte. Einige Schafe liefen bereits auf die Straße.

„Wir können doch nicht warten, bis die ganze Herde drüben ist. Hupen Sie, dann ist die Straße sofort frei.“ George steckte den Kopf aus dem Fenster und winkte. „Vorwärts, aus dem Weg!“, schrie er.

Der Mann auf dem schwarzen Pferd ritt näher. „Was, zum Teufel, erlauben Sie sich?“, schimpfte er.

„Verstehen Sie nicht? Aus dem Weg, meinte ich“, erwiderte George heftig.

Shannon zupfte ihn am Ärmel. „Wir sind hier Gäste. Das ist kein guter Anfang.“

„Lassen Sie mich das regeln“, verlangte George ungeduldig.

Doch der Reiter hatte sich schon von ihm abgewandt und sprach mit dem Chauffeur. George ignorierte er, ohne auch nur einen Blick in das Innere des Wagens zu werfen. Er wendete das Pferd.

„Hallo, wann gedenken Sie die Schafe weiterzutreiben?“, rief George ärgerlich. „Wir haben nicht vor, hier den ganzen Tag zu warten.“

„Dann schlage ich vor, Sie suchen sich ein anderes Quartier.“ Der Reiter gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte davon.

„Nicht zu fassen, diese Unverschämtheit“, schimpfte George. „Ich werde diesen Vorfall dem Prinzen melden.“

„Beruhige dich“, meinte Dave Finley und öffnete die Wagentür. „Ich kann ja inzwischen ein paar einführende Fotos schießen.“

George schob das Kinn vor. „Hoffentlich müssen wir hier nicht lange stehen. Wie heißt der Mann?“

„Das ist Prinz Michel, Sir“, antwortete der Chauffeur.

Das verschlug George die Sprache.

Shannon begeisterte sich. „Ich kann es nicht glauben. Er trägt Jeans und ein Baumwollhemd wie andere Männer auch. Ich hielt ihn für einen Vorarbeiter. Aber er ist etwas ganz Besonderes.“

„Ja, das ist er wirklich“, pflichtete Marcie ihr bei. „Bei diesem zerknitterten Gesicht könnte man schon schwach werden …“

„Er sieht nicht schlecht aus“, gab Shannon zu. „Aber er ist nicht sehr höflich. Immerhin sind wir seine Gäste.“

„Zahlende Gäste“, wurde sie von Marcie erinnert.

„Ja, das stimmt.“ George fühlte sich von der Abfuhr des Prinzen getroffen. „Er sollte uns für unser Kommen danken. Jeder, der sein Familienanwesen vermieten muss, ist doch fraglos scharf aufs Geld. Jedenfalls ist er ein arroganter Kerl.“

Alle starrten zu dem Prinzen hinüber, der die verirrten Schafe energisch zusammentrieb. Er schien ein ausgezeichneter Reiter zu sein. Der kraftvolle schwarze Hengst reagierte auf den leisesten Schenkeldruck. Prinz Michel ignorierte die Besucher völlig. Er schien ihre Anwesenheit vergessen zu haben.

Nach einigen Minuten war die Straße frei, und der Wagen fuhr weiter bis zu dem massiven Eingangstor der Burg. Hier war der Empfang herzlich genug, um sogar Georges verletzte Gefühle zu besänftigen.

Prinz Devon kam, um sie zu begrüßen, während Diener in Livreen das Gepäck ausluden. Dieser Prinz entsprach ganz Shannons Erwartungen. Er war freundlich, gut aussehend und würdevoll, ohne bedrohlich zu wirken.

Die Ähnlichkeit zwischen den Brüdern war nicht zu übersehen, wobei Devon nicht die gleiche attraktive Ausstrahlung wie Michel hatte. Er war kleiner, und seine Figur war weniger athletisch. Dafür war er eleganter gekleidet, und sein braunes Haar war perfekt frisiert.

Michels sandfarbenes Haar war vom Wind zerzaust gewesen, erinnerte sich Shannon. Sie stellte sich vor, dass seine Frisur ebenso perfekt wirken würde, wenn er sein Haar sorgfältig kämmte. Shannons stiller Einschätzung nach war Michel der aufregendere von den beiden Brüdern.

Das Schloss übertraf all ihre Erwartungen, angefangen von der gewölbten riesigen Eingangshalle bis hin zu der marmornen Freitreppe und dem weiten glänzenden Boden.

Devon führte die Gäste über einen breiten Flur in den wunderschönen Empfangsraum, den kostbare Teppiche und Vorhänge aus edlem Damast schmückten. Die bis zum Boden reichenden Fenster gaben den Ausblick auf einen im französischen Stil angelegten Schlossgarten frei.

Wenige Minuten später erschien ein Butler mit einem weiteren Bediensteten und bot ihnen Tee und Sandwichs an.

„Wenn die Mornay-Brüder unter Geldmangel leiden, so zeigen sie es jedenfalls nicht“, flüsterte Marcie Shannon zu.

Prinz Devon war ein charmanter Gastgeber. Er unterhielt seine Gäste mit Anekdoten und einem Einblick in den königlichen Alltag. Plötzlich ertönte eine tiefe männliche Stimme vom Korridor her.

„Devon. Ich muss mit dir sprechen.“

Der Prinz eilte zur Tür. Zu spät, um seinen Bruder zu warnen. Shannon und die anderen konnten mit anhören, wie ein sehr verärgerter Prinz Michel sich beklagte.

„Du hast versprochen, dass mir diese Leute vom Fernsehen nicht im Weg sein werden. Soll ich dir sagen, was sie als Erstes …?“

„Komm herein, Michel“, unterbrach Devon seinen Bruder hastig. „Wir haben Gäste.“

Michel schaute George finster an, doch als er die Besucher sah, veränderte sich seine Miene.

Devon machte sie miteinander bekannt. „Erlaube mir, dir die Prinzessin Shannon Blanchard und ihre Anstandsdame, Miss Marcie Cole vorzustellen?“

Als Shannon und Michels Blicke sich begegneten, war Shannon von der Kraft seiner männlichen Ausstrahlung regelrecht hingerissen. Prinz Michel mochte herrisch und leicht aufbrausend sein, aber er wirkte überaus sexy. Eine Frau konnte ihm gegenüber einfach nicht gleichgültig bleiben. Und schon gar nicht, wenn er seinen Charme herauskehrte. Shannons Arm schien zu brennen, als er ihr die Hand küsste.

„Ich freue mich, Miss Blanchard.“

Der Tonfall seiner rauen Stimme überzeugte sie beinahe, dass er es aufrichtig meinte. Aber sie vergaß auch nicht, wie er sich anfangs als eher frostiger Gastgeber gezeigt hatte. „Es tut mir leid“, bemerkte sie kühl, „wenn wir heute Nachmittag Ihre Schafherde gestört haben.“

„Wir wussten nicht, wer Sie waren“, fügte George hinzu. „Es war nicht meine Absicht, so gereizt zu reagieren. Aber wir hatten einen langen Flug hinter uns. Die Frauen wollten endlich am Ziel sein und auspacken.“

Shannon warf George einen zornigen Blick zu, weil er ihnen die Schuld für sein schlechtes Benehmen gab.

„Wir freuen uns wirklich sehr, hier zu sein“, erklärte nun Marcie. „Dies ist unsere erste Reise nach Europa.“

„Dann ist es eigentlich schade, dass Ihre TV-Gesellschaft nicht ein Schloss in Frankreich oder Italien ausgewählt hat.“ Michel erkannte zu spät, dass seine Worte nach seinem vorherigen Ausbruch möglicherweise als unhöfliche Bemerkung aufgefasst werden konnten.

Devon versuchte, schnell wieder einzulenken. „Michel meinte, dass für die Touristen Städte wie Paris und Rom meist an erster Stelle ihres Besucherprogramms stehen.“

„Wir hatten keine Wahl.“ Shannon blickte Michel an. „Also müssen Sie jetzt mit uns vorliebnehmen.“

„Oder umgekehrt.“ Wie kann eine so schöne Frau nur so aggressiv sein, dachte Michel in neu aufflammendem Ärger.

„Ich kann mir nicht vorstellen, wo ich lieber sein möchte“, warf Marcie ein. „Als wir beim Landeanflug Bonaventura überflogen, habe ich mich auf der Stelle in das Land verliebt.“

Die gespannte Atmosphäre begann sich zu lockern. „Das klingt sehr schmeichelhaft. Aber Sie haben noch keinen Vergleich.“ Michel schenkte Marcie ein aufrichtiges Lächeln.

„Natürlich wünsche ich mir, eines Tages auch andere Städte kennenzulernen. Aber jetzt bin ich hier, und ich beabsichtige, es in vollen Zügen zu genießen.“

„Eine sympathische Haltung, Miss Cole. Fast wie ein Philosoph.“

„Nein. Ich arbeite für eine Versicherungsgesellschaft. Jede Veränderung muss eine Verbesserung mit sich bringen.“ Sie lachte.

Michel stimmte in ihr Lachen mit ein. „Niemand läuft Gefahr, in Ihrer Gegenwart überheblich zu werden.“

Shannon staunte, wie herzlich und charmant Michel sein konnte – zu allen anderen, außer zu ihr. Von Anfang an hatte sie die Spannung zwischen ihr und Michel gespürt. Schade, aber egal, wahrscheinlich würden sie sich ohnehin nicht allzu oft in die Quere kommen müssen.

Dave hatte seine Kamera hervorgeholt. „Redet nur weiter, als wäre ich gar nicht da. Ich möchte möglichst natürlich wirkende Aufnahmen von euch machen.“

„Warte! Shannon soll erst ihr Haar kämmen“, schlug George vor.

„Dann wirkt es nicht mehr natürlich, Mann. Sie sieht doch so sehr hübsch aus.“

Alle blickten Shannon an. Ihre langen blonden Haare waren vom Wind zerzaust, sie trug nur einen Hauch von Make-up und Lipgloss sowie ein wenig Wimperntusche auf ihren dichten Wimpern. Mehr brauchte sie nicht. Shannon war eine natürliche Schönheit.

„Mehr als hübsch“, stellte Devon fest. „Findest du nicht, Michel?“

Sein Bruder antwortete nicht. Michel hing seinen Gedanken nach. Er stellte sich eine sanftere Shannon vor, die ihre weichen Lippen erwartungsvoll öffnete und die Wimpern verführerisch senkte.

„Michel?“ Devon hob leicht die Stimme.

„Wie bitte?“ Plötzlich wurde Michel bewusst, dass ihn alle anstarrten. „Was sagtest du gerade? Ich fürchte, ich habe mich einen Moment ablenken lassen.“

„Das ist völlig unwichtig“, wehrte Shannon ab.

„Der Tee schmeckt köstlich“, bemerkte Marcie rasch. „Darf ich noch eine Tasse haben?“

„Selbstverständlich.“ Devon läutete. „Sicher möchten alle noch Tee. Du auch, Michel?“

„Nein, danke. Ich habe noch zu arbeiten. Ich wünsche Ihnen allen einen angenehmen Aufenthalt.“

„Ich wünschte, ich hätte eben mehr Aufnahmen gemacht“, sagte Dave mit einem Seufzer, nachdem Michel den Raum verlassen hatte. „Es sieht nicht so aus, als würden wir den Prinzen sehr oft wiedersehen.“

„Wird er beim Empfang heute Abend anwesend sein?“, fragte Marcie. Devon hatte seinen Gästen mitgeteilt, dass er eine kleine Zusammenkunft für den Abend geplant hatte, damit sie einige der ortsansässigen Adeligen kennenlernen konnten.

„Ich hoffe es. Aber möglicherweise muss er irgendwelchen Staatspflichten nachkommen. Mein Bruder nimmt als Regent des Landes seine Pflichten sehr ernst.“

„Was ich Sie schon fragen wollte“, warf George ein. „Nennt man den ersten Mann eines Staates nicht für gewöhnlich König statt Prinz?“

„In den meisten Fällen. Aber es gibt Ausnahmen wie in Monaco zum Beispiel. Das ist eine Traditionsfrage.“

Shannon beteiligte sich nicht an der Konversation. Sie wunderte sich über Michels Verhalten. Er hätte ihr zumindest ein kleines Kompliment machen können, da es ihm sein Bruder schon beinahe in den Mund gelegt hatte …

Wenig später entschuldigte sich Devon. „Es war mir ein großes Vergnügen, Sie kennenzulernen, aber ich fürchte, ich habe Sie schon viel zu lange aufgehalten. Sicher möchten Sie sich erst mal in Ihrem Quartier einrichten.“ Er läutete. „Ich lasse Sie auf Ihre Zimmer führen.“

Als sie die Treppe hinaufkamen, führte ein Diener Marcie und die beiden Männer in die eine Richtung des Korridors, während ein zweiter Shannon in die entgegengesetzte Richtung begleitete. Offensichtlich waren ihre Gefährten in einem anderen Flügel untergebracht.

„Ich dachte, ich würde in der Nähe meiner Freunde wohnen“, sagte sie vorsichtig. „Meinen Sie, dass wir hier richtig sind?“

„Prinz Devon hat angeordnet, Ihnen die Prinzessinnen-Suite zu geben“, erklärte der Diener. „Wenn Sie andere Wünsche haben, spreche ich mit ihm.“

„Nein, ich bin sicher, was er ausgewählt hat, ist wunderschön.“ Michels Sympathie hatte sie sich bereits verscherzt, nun wollte sie es sich nicht auch noch mit Devon verderben.

Shannon machte große Augen, als der Diener eine große geschnitzte Doppeltür öffnete und sie aufforderte einzutreten. Das Wohnzimmer der Suite war zauberhaft eingerichtet. Orientteppiche, weich gepolsterte, mit Seide und Satin überzogene Sessel sowie ein antiker Schreibsekretär schmückten den Raum. An den Wänden prangten Bilder in goldenen Rahmen, deren Pracht noch von einem großen venezianischen Spiegel übertroffen wurde, der über einem elegant geschwungenen Sofa hing.

Nachdem der Diener sie allein gelassen hatte, ging Shannon zu den halb geöffneten Glastüren, um die Aussicht zu genießen, und entdeckte, dass diese Türen auf eine Terrasse führten, die sich über den gesamten Flügel erstreckte.

Unvermittelt hörte sie Marcies Stimme von der Tür ihrer Suite her. „Shannon? Bist du da drin? Du meine Güte, so etwas habe ich noch nie gesehen“, rief sie aus, als Shannon ihr die Tür öffnete. „Nicht mal im Film. Zwei Wochen Schlossleben. Was könnte schöner sein?“

Marcie ließ sich aufs Sofa fallen und schaute sich nachdenklich um. „Weißt du, ich muss meine Meinung über die Mornay-Brüder wohl ändern. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass sie in finanziellen Nöten sind. Vielleicht hat Devon seinen Bruder überredet, uns kommen zu lassen, und nun nimmt Michel darauf Rücksicht.“

„Aber ich zweifle, dass jemand Michel zu irgendetwas überreden kann. Er scheint mir der selbstherrlichste Mann zu sein, dem ich je begegnet bin. Kein Wunder, dass er Junggeselle ist. Wer möchte schon seine Prinzessin sein?“

„Das meinst du doch nicht im Ernst. Kannst du dir vorstellen, wie es wäre, mit dem Typ zu schlafen?“

Schweigend ließen beide ihren erotischen Fantasien freien Lauf. Schließlich atmete Shannon tief durch. „Wir reden hier wie Schulmädchen. Komm, schauen wir uns das Schlafzimmer an. Ich habe es selbst noch nicht gesehen.“

„Was hast du denn die ganze Zeit getan?“

„Ich habe erst mal den Luxus hier verinnerlicht. Von der Terrasse aus hat man einen großartigen Blick über die Anlage.“

„Das muss ich sehen.“

Angelockt von den begeisterten Ausrufen der jungen Frauen, steckte Devon am Ende der Terrasse den Kopf durch die Terrassentür eines anderen Raumes. „Was tun Sie beide hier?“

„Shannon zeigt mir die Aussicht“, erklärte Marcie. „Ich bin wirklich beeindruckt.“

„Sie sehen sich also schon mal allein hier um?“ Devon warf einen Blick über die Schulter. „Ich hatte die große Führung für morgen geplant. Aber es ist schon spät. Ich denke, Sie wollen sich noch für den Empfang frisch machen. Ich bringe Sie beide gern zu Ihren Räumen zurück.“

„Shannon wohnt ja hier. Aber ich nehme dankend an.“

„Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen für diese entzückende Suite danken soll“, sagte Shannon. „Dafür sind Sie verantwortlich, nicht wahr?“

„Oh, nun …“, begann Devon. „Ich freue mich, dass Sie sich hier wohlfühlen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen. Ich muss noch mit jemandem reden.“

„Devon scheint aufgebracht“, überlegte Marcie laut. „Meinst du, wir haben etwas falsch gemacht?“

„Noch nicht, aber ich nehme an, seine Hoheit, der Prinz wird schon etwas finden.“

„Sei nicht so hart mit dem Jungen“, rügte Marcie. In diesem Moment klopfte es an der Tür.

Auch George war von Shannons elegantem Quartier beeindruckt. Nachdem er sich gründlich umgesehen hatte, gab er Shannon Anweisungen für ihr Verhalten. „Bei dem Empfang heute, sagen Sie jedem, wie begeistert Sie über Ihren Besuch auf dem Schloss sind und wie aufregend Sie es finden, einen richtigen Monarchen kennenzulernen. Spielen Sie das staunende Aschenputtel.“

„Das klingt so unecht“, protestierte Shannon. „Ich bin glücklich hier. Warum kann ich das nicht sagen und es dabei bewenden lassen?“

Aber George dachte nur an sein Showgeschäft. „Arbeiten Sie mit mir zusammen, Baby. Tun Sie’s auch für den Produzenten. Sie verdanken ihm einen tollen Urlaub. Man hat eine Menge Geld für Sie ausgegeben. Allein Ihre Garderobe kostet Tausende.“

„Während ihr eure Angelegenheiten klärt, nehme ich ein Schaumbad“, verabschiedete sich Marcie.

Devon und Michel trafen in Michels Suite aufeinander.

Michel atmete tief durch. „Stimmt etwas nicht, Devon? Sag mir, was es ist, und bringen wir es hinter uns. Ich sehe dir immer an, wenn du etwas an mir vorbeimogeln willst.“

„Du hast mich schon durchschaut, als wir beide noch klein waren.“

„Sag einfach, was dich bedrückt, Devon.“

„Ich fürchte, es gab ein kleines … nun, Missverständnis.“

„Missverständnis?“

„Ich gab Jennings den Auftrag, für Shannon eine Suite, passend für eine Prinzessin herzurichten. Er hat das offensichtlich missverstanden und gab ihr die Prinzessinnen-Suite direkt neben deiner. Shannon war begeistert. Aber ich bringe das mit ihr in Ordnung. Mach dir keine Sorgen, Michel. Mir fällt dann schon eine plausible Entschuldigung ein.“

Michels abweisende Miene hatte sich verändert. „Wenn das deine ganze Sorge ist?“ Plötzlich lächelte er spitzbübisch. „Du hast sie ja nicht direkt in meinem Schlafzimmer untergebracht. Lass sie bleiben, wo sie ist. Sie wird mich nicht stören.“

„Das ist wirklich sehr großzügig von dir, Michel. Von jetzt an wirst du bestimmt nicht mehr belästigt. Das verspreche ich dir.“ Devon blickte auf seine Armbanduhr. „Ich mache mich jetzt lieber für den Empfang heute Abend fertig.“

Der Empfang glich einer Szene aus einem alten Hollywoodfilm. Ein Streichquartett an einem Ende des geräumigen Salons spielte leise Hintergrundmusik, während elegant gekleidete Damen und Herren an ihrem Champagner nippten. Diener füllten die Gläser und boten auf silbernen Tabletts Horsd’œuvres an.

„Ich könnte mich an dieses Leben gewöhnen“, murmelte Marcie, als Devon mit einem vornehmen Mann an seiner Seite näher kam.

Shannon hatte sich gefragt, worüber sie wohl mit den Gästen plaudern sollte, aber es lief problemlos. Viel einfacher als die Unterhaltung mit Michel. Würde es helfen, wenn sie sich bemühte, weniger aggressiv zu sein? Nicht, dass sie eine romantische Beziehung mit ihm erwartete. Aber wenn es ihnen gelang, freundlicher miteinander umzugehen, würde es die gespannte Atmosphäre lockern und ihren Aufenthalt angenehmer gestalten.

Sie erwartete Michel nicht auf der Party, als er dann aber doch erschien, war sie freudig erregt.

Das bedeutete allerdings gar nichts. Die meisten Frauen würden wie sie reagieren. In seinem maßgeschneiderten dunklen Anzug und dem schneeweißen Hemd, das seinen dunklen Teint betonte, wirkte Prinz Michel sehr weltmännisch. Shannon konnte sich nicht entscheiden, ob sie ihn in Jeans attraktiver fand oder so. Als ihre Blicke sich trafen, lächelte Michel.

George nahm Shannon beiseite. „Sie setzen sich nicht genug für die Show ein“, beklagte er sich. „Wenn jemand Sie fragt, wie Sie sich als Prinzessin fühlen, übertreiben Sie ruhig ein bisschen. Das kommt alles in die Illustrierten.“

„Darüber können wir später reden, George.“ Shannon bemerkte, dass Michel sich ihrer kleinen Gruppe näherte.

„Wozu reden? Ich bitte Sie nur, ein wenig mehr Begeisterung zu zeigen“, forderte George. „Die Leute zu Hause sind neugierig auf Ihren Traumurlaub.“

„Bis jetzt ist es noch kein Urlaub. Kein Mensch hat mir gesagt, dass ich als Werbepuppe für eine TV-Quizshow herumtanzen muss.“

„Umsonst ist nicht mal der Tod, Baby. Diese Reise kostet die Produktionsgesellschaft einen Haufen Geld. Ist es nicht normal, dass sie da etwas für ihr Geld erwartet?“

Shannons Augen funkelten zornig. Ich und George sollten mal ein Grundsatzgespräch führen, dachte sie. Dafür hatte sie jetzt allerdings keine Zeit. „Na gut, George, ich bemühe mich, das Richtige zu sagen.“

Das schien George zu genügen, denn zu Shannons Erleichterung ließ er sie jetzt allein.

Der Prinz und Marcie plauderten locker miteinander. Shannon versuchte, sich an dem Gespräch zu beteiligen, als Michel sich ihr zuwandte. „Marcie erwähnte, dass Sie ihre Cousine seien“, bemerkte er.

„Ja. Unsere Mütter sind Schwestern.“ Intelligente Antwort, dachte Shannon unzufrieden. Warum ließ diese ständige Spannung zwischen ihr und Michel sie stets etwas Falsches oder Dümmliches sagen? Dieses Mal war sie froh, als George in Begleitung einiger Gäste zurückkehrte.

„Gräfin Lawellan möchte sich mit Ihnen unterhalten“, erklärte er. „Sie meint, die Lokalzeitung hier könnte daran interessiert sein, einen Bericht über Sie zu bringen.“

„Ein zauberhaftes Cinderella-Märchen“, bemerkte die ältere Frau. „Jeder wird über Sie lesen wollen.“

„Besonders, da der Prinz der gut aussehende Prinz Michel ist, nicht wahr, Shannon?“, warf George ein.

„Bitte, George, Sie bringen mich in Verlegenheit“, zischte Shannon mit aufeinandergepressten Lippen.

„Das ist schon in Ordnung“, meinte die Gräfin lachend. „Alle jungen Frauen lieben Michel.“

„Jetzt bringen Sie mich aber in Verlegenheit.“ Michel machte einen ebenso verlegenen Eindruck wie Shannon.

„Was halten Sie von unserem kleinen Land?“, fragte die Gräfin Shannon.

„Ich finde es äußerst charmant. Wir sind erst heute eingetroffen, aber ich freue mich schon, mehr von Bonaventura zu sehen. Das Schloss ist hinreißend.“

„Es ist viele Jahrhunderte alt, aber Michel hat Heizung und Wasserleitungen erneuern lassen. Ich weiß, dass diese Dinge für Amerikaner wichtig sind“, fügte die Gräfin hinzu.

„An einem so eindrucksvollen Ort würde ich gern auch ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen“, erklärte Shannon.

Shannon hoffte, Michel mit ihren schmeichelnden Worten zu erfreuen, aber stattdessen runzelte er die Stirn. Womit kann man diesen Mann überhaupt zufriedenstellen, überlegte sie verzweifelt.

Devon sah Michels ärgerliche Miene. Was war nun schon wieder falsch gelaufen? Er eilte von der anderen Seite des Raums zu der Gruppe, um rasch jeden Misston auszuräumen. Es hatte ihn überrascht, dass sein Bruder sich überwunden hatte und an dem Empfang teilnahm.

„Haben sich schon alle miteinander bekannt gemacht?“, fragte er freundlich.

George erzählte ihm, dass die Gräfin einen Bericht über Shannon in der Lokalzeitung bringen wollte. „Ich werde mich bemühen, dass auch das Kabelfernsehen mitspielt. Bonaventura kann damit viel Werbung für sich machen, das verspreche ich Ihnen.“

Devon unterdrückte ein Stöhnen. Michel entschuldigte sich, er habe sich noch um andere Gäste zu kümmern. Shannon sah dann auch, wie Michel hier und da bei jemandem stehen blieb und ein paar Worte wechselte. Aber nur kurz. Dann verließ er den Raum.

Der Prinz war erbost, als er in sein Appartement hinaufging. Er war bereit gewesen, Shannon eine Chance zu geben, aber sein erster Eindruck von ihr war doch offensichtlich richtig gewesen. Sie war so oberflächlich und selbstgefällig, wie er es erwartet hatte.

Ihr schwärmerisches Lob von Bonaventura und dem Schloss ist bestimmt nur ein Trick, dachte er, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Und die Gräfin ist darauf hereingefallen. Natürlich – nachdem Shannon die arme Frau gründlich manipuliert hatte.

Was wollte Shannon damit erreichen? Vielleicht wollte sie ja ein Buch über ihren Aufenthalt in Bonaventura schreiben. Aber wahrscheinlicher war, dass sie mit einer Karriere im Show-business spekulierte. Schön genug war sie ja. Keine Frage. Ihre vollen Lippen und ihre blütenzarte Haut konnten einen Dichter inspirieren. Zu schade, dass ihre ganze Schönheit nur äußerlich war.

2. KAPITEL

Am nächsten Morgen erwachte Shannon früh, obwohl sie spät zu Bett gegangen war. Sie war eine Frühaufsteherin. Außerdem gab es hier zu viel zu sehen und zu tun, um die Zeit im Bett zu vergeuden.

Shannon legte etwas Lipgloss auf, fasste ihre langen Haare mit einem rosa Band zusammen und steckte sie auf dem Kopf fest. Alle schienen noch zu schlafen, aber mit ihren Sportschuhen konnte sie, ohne Lärm zu machen, die große Treppe hinuntergehen und das Schloss verlassen.

Es war ein wunderschöner Apriltag. Shannon überquerte die Auffahrt und schlenderte einen Kiesweg entlang. Sie freute sich am Gesang der Vögel und dem Anblick der bunten Schmetterlinge.

Als der Weg sie in den Wald führte, entschwand das Schloss allmählich ihren Blicken. Während sie in dieser grünen Zauberwelt den mit Moos bewachsenen Weg entlangspazierte, verlor sie jegliches Gefühl für die Zeit.

Nach einer Weile war sie froh, eine Bank zu sehen, und setzte sich dankbar hin. Seit mindestens einer Stunde war sie unterwegs. Plötzlich sah sie einen Reiter auf einem schwarzen Rappen den Weg entlang auf sie zukommen.

Zuerst erkannte Michel nicht, dass die Frau in den Jeans Shannon war. Er wurde ärgerlich, weil er anhalten und Konversation machen musste. Das gebot die Höflichkeit. Beim näheren Hinschauen musste er allerdings zugeben, dass es eine Freude war, sie anzusehen. „Sie sind früh auf“, stellte er fest und stieg vom Pferd.

„Ich bin Frühaufsteher.“

„Selbst wenn Sie abends zuvor lange gefeiert haben?“

„Ja.“

„Haben Sie schon bestimmte Pläne für heute?“

„Nicht für heute, aber ich kann es kaum erwarten, mehr von Bonaventura zu sehen. Es wirkt sehr freundlich und kultiviert. Sollte George etwas anderes mit mir vorhaben, hat er ein Problem, denn ich möchte mich hier umsehen.“

„Können Sie das ohne seine Zustimmung?“

„Nicht ohne lange Diskussion.“ Shannon blickte ärgerlich zu Boden. „Ich hatte keine Ahnung, dass mein Urlaub hier als Werbung für die Show benutzt werden sollte.“

Michel sprach seine Zweifel nicht aus, um nicht erneut die Spannung zwischen ihnen anzufachen. „Haben Sie sich nicht gefragt, warum Sie in dieser Begleitung hergekommen sind?“

„Erst bei der Abreise wurde ich informiert, dass George und Dave mitkommen. Es geht sogar so weit, dass George mir vorgibt, was ich sagen soll. Aber das, was er mich sagen lässt, ist nicht das, was ich sagen würde.“

„Heißt das, Sie finden Bonaventura nicht schön und ich bin nicht der Märchenprinz?“, fragte Michel belustigt.

Shannon erwiderte sein Lächeln. „Das ist so eine dieser verquickten Fragen, bei denen jede meiner Antworten nur falsch ausfallen kann.“

„Nicht unbedingt. Jeder Mensch freut sich über Komplimente.“

„Sie erhalten bestimmt eine Menge.“

„Komplimente von Leuten, die sich eine Gunst erhoffen, zählen nicht. Aber von einer schönen Frau sind sie immer willkommen.“

„Das heißt also, Sie vergeben mir, dass ich Ihren Haushalt durcheinanderbringe?“ Michels überraschende Freundlichkeit ermutigte sie, offen zu sprechen. „Wir wussten nicht, dass Ihr Bruder uns eingeladen hat, ohne Sie zuvor zu fragen.“

„Das war wieder einer seiner Streiche. Aber er bekam einen ordentlichen Schrecken, als er merkte, dass die TV-Leute gar nicht erfreut waren, als er sich aus dem Vertrag zurückziehen wollte. Ich bemühe mich, ihm beizubringen, mit mehr Verantwortungsgefühl zu handeln. Immerhin steht er an zweiter Stelle in der Thronfolge.“

Shannon verstand Michel, aber sie hatte auch Verständnis für Devon. Er war ein junger Mann, der das Leben in Reichtum genoss, ohne Verantwortung zu tragen. Die Chance, jemals Regent von Bonaventura zu werden, war höchst gering. Michel war jung und kraftvoll. Er würde heiraten und Söhne haben, die ihm später auf den Thron folgten. Selbstverständlich sprach sie das jedoch nicht aus.

„Das Einzige, worüber Devon und ich uns streiten, ist eigentlich sein Mangel an Verantwortungsgefühl“, fuhr Michel fort. „Ansonsten stehen wir uns sehr nahe, besonders seit dem Tod unserer Eltern.“

„Das tut mir sehr leid.“

Shannon wusste, dass Michel mit knapp dreißig Jahren den Thron hatte besteigen müssen, nachdem seine Eltern an den Folgen einer Viruserkrankung verstorben waren. Er hatte von Anfang an seine Fähigkeit als Regent mit großer Ausstrahlung und Durchsetzungskraft bewiesen.

Plötzlich schien es Michel bewusst zu werden, dass er sich mit einer praktisch Fremden über seine Privatangelegenheiten unterhielt. „Wie auch immer, ich wollte Ihnen damit nur mein unhöfliches Benehmen erklären.“

„Sie hatten allen Grund, sich zu ärgern. Aber es würde mich nicht überraschen, wenn George und Dave bald nach Hause fliegen. Wenn ich George heute sage, dass ich bei seiner Werbekampagne nicht mitmachen will, werden sich die beiden wohl kaum noch lange hier herumtreiben.“

„Kann das nicht Ihrer Karriere schaden?“

„Ich bin Rechtsassistentin und arbeite für eine sehr seriöse Anwaltsfirma, die nichts mit dem Fernsehen oder der Filmindustrie zu tun hat.“

„Haben Sie denn nicht an dieser Sendung teilgenommen, um ins Showgeschäft zu kommen?“

Shannon schüttelte den Kopf. „Ich wollte eigentlich gar nicht mitmachen. Das war allein Marcies Idee. Als sie mich nicht überreden konnte, füllte sie, ohne mich zu fragen, einen Fragebogen für uns beide aus. Aber ich hätte darauf kommen müssen, als sie mich um ein Foto bat. Wozu brauchte sie es, wenn wir uns doch jede Woche sahen?“

Michel konnte verstehen, dass Shannon ausgewählt wurde. Mit ihrem glänzenden blonden Haar und dem eng anliegenden T-Shirt wirkte sie an diesem Morgen ebenso anziehend auf ihn wie am Abend zuvor in ihrer bezaubernden Garderobe und dem großen Make-up.

Shannon empfand Michels bewundernde Blicke eher als unangenehm. „Ich weiß, was Sie denken. Aber die Show war kein Schönheitswettbewerb. Die ersten Fragen waren leicht, aber als richtig viel Geld ins Spiel kam, wurden sie immer schwieriger.“

„Ich wusste nicht, dass es bei dieser Show auch um Geld ging.“

„Bis zur letzten Runde erhielten die Teilnehmer einen Geldgewinn, mit dem sie aussteigen konnten. Ich wollte viel früher aussteigen, weil ich das Geld brauchte, aber Marcie und die Produzenten gaben keine Ruhe. Ich musste weitermachen. Eigentlich wollte ich gar nicht Prinzessin werden.“

„War das, bevor oder nachdem Sie mich kennengelernt haben?“, neckte sie Michel.

„Aus keinem persönlichen Grund.“ Sie erwiderte sein Lächeln. „Ich bin nur kein Mensch, der gern im Rampenlicht steht. Irgendwie wird man zum Besitz der Öffentlichkeit. Plötzlich kannten mich alle. Das Schlimmste war jedoch, die Leute schämten sich nicht, mich mit den erstaunlichsten Fragen über mein Privatleben zu belästigen. Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie es ist, wenn man zur königlichen Familie gehört.“

„Es ist ein wenig anders. Sie stellen keine direkten Fragen. Sie spekulieren nur, was von dem Klatsch, den sie gelesen haben, richtig, falsch oder womöglich beides ist.“ Michel lächelte spöttisch.

„Zumindest genießen Sie einige Vergünstigungen, die das ausgleichen.“

„Das ist wahr. Ich werde zu vielen Partys eingeladen, und alle hübschen Mädchen müssen mit mir tanzen.“

„Ich bin sicher, das würden sie auch von sich aus tun“, meinte Shannon leichthin. „Es muss noch andere Belohnungen geben. Ich halte Sie nicht für einen oberflächlichen Menschen.“

„Richtig. Da liegt eher Devons Problem. Der Zweitgeborene erfreut sich meist größerer Freiheit.“

„Devon ist nur sehr lebensfroh. Ich bezweifle, dass er Sie absichtlich provozieren will.“

„Wahrscheinlich haben Sie recht.“ Es gab Vorfahren in der königlichen Familie, die viel verantwortungsloser gelebt hatten als sein Bruder, und er erzählte Shannon eine Reihe Anekdoten über sie. Als ihm plötzlich bewusst wurde, dass er die ganze Zeit sprach, entschuldigte er sich. „Ich lasse Sie gar nicht zu Wort kommen. Ich bin wirklich ein schlechter Gastgeber.“

„Ich höre Ihnen gern zu. Ich finde es faszinierend, etwas über wahrhaftige Prinzen und Prinzessinnen zu erfahren.“

„Sie sehen, wir sind Menschen genau wie Sie.“

„Oh, das würde ich nicht sagen. Sie und ich leben in ganz verschiedenen Welten.“

„In verschiedenen Ländern. Aber das betrifft nur die Geografie. Ich wette, wir haben vieles gemein.“

„Das kann ich mir nicht vorstellen. Sie sind ein Regent und daran gewöhnt, Menschen zu sagen, was sie zu tun haben. Selbst wenn Ihre Untergebenen nicht mit Ihrer Führung zufrieden sind, können sie nichts daran ändern, stimmt’s?“

„Mag sein. Aber diese Art Monarch möchte ich nicht sein.“

Shannon blickte ihn bewundernd an. „Ich verstehe nicht, wie ich Sie so falsch einschätzen konnte. Sie sind wirklich ganz anders.“

„Ich weiß zwar nicht, was Sie mit ‚ganz anders‘ meinen, aber es klingt positiv.“

„Ist es auch. Es tut mir leid, dass unsere Bekanntschaft einen so schwierigen Start …“

„Mein Fehler“, unterbrach Michel sie rasch.

„Nicht ganz. Aber wie auch immer, ich hoffe, wir können das alles vergessen und Freunde sein.“

„Ich fühle mich geehrt“, sagte er und blickte Shannon tief in die Augen.

Shannon war sich seiner Ausstrahlung deutlich bewusst und nahm den feinen Duft seines Rasierwassers und die Dichte seiner Wimpern über den grauen Augen wahr, mit denen er ihre Gedanken zu lesen schien. Hoffentlich war dies nicht der Fall. Wie peinlich, wenn er wüsste, dass sie ihn für den attraktivsten Mann hielt, dem sie je begegnet war.

„Wenn wir Freunde sein wollen, muss ich mehr über Sie erfahren“, sagte der Prinz. „Bis jetzt weiß ich nur, dass Sie einen TV-Wettbewerb gewonnen haben und dass Marcie Ihre Cousine ersten Grades ist. Mütterlicherseits“, scherzte er und brachte ihr damit gleichzeitig in Erinnerung, dass sie ihm beim Empfang nur diese wenigen Details über sich mitgeteilt hatte.

Bemerkenswert, wie weit wir in dieser kurzen Zeit vorangekommen sind, dass wir darüber lachen können, dachte Shannon. „Sie haben mich sicher für eine richtige Niete gehalten.“

„Im Gegenteil. Ich fand Sie bewundernswert und anstrengend. Aber zweifellos verführerisch. Mein Bruder war derselben Ansicht. Sie haben alle Angehörigen des königlichen Hauses von Mornay ganz für sich eingenommen.“

„Das sind ja nur Sie beide.“

„Wie viele Prinzen sind erforderlich, um Sie zufriedenzustellen?“

Das würde Michel ganz allein gelingen. Wahrscheinlich war er sehr erfahren in der Liebe. Shannon malte sich aus, wie ihre Körper miteinander verschmolzen, während er sie küsste und streichelte …

Ihr Puls beschleunigte sich. „Ich wollte damit nur sagen, dass Sie eine kleine Familie haben, wenn auch größer als meine. Ich war ein Einzelkind, und mein Vater starb, als ich noch ein Teenager war.“

„Das klingt traurig. Jetzt ist also nur noch Ihre Mutter am Leben?“

„Meine Mutter lebt auch nicht mehr. In meinem letzten Collegejahr erkrankte sie schwer. Damals musste ich mir einen Job suchen und mich um sie kümmern. Nach ihrem Tod waren horrende Rechnungen zu bezahlen, der Collegeabschluss wurde unmöglich. Ich hatte geplant, Familienrecht zu studieren, weil ich schon seit jeher ein gutes Verhältnis zu Kindern habe.“

„Ich fürchte, ich sehe die Verbindung nicht ganz.“

„Familienrecht umfasst unter anderem sowohl Scheidungs- als auch Sorgerechtsprozesse. Ich wäre gern Rechtsanwältin für die armen Kinder geworden, die letztendlich die wirklichen Opfer der Trennungen sind.“

Michel nickte. „Das kann recht schlimm sein.“

An den Berichten über Fallstudien, die diese Kinder betrafen, schien er nicht interessiert zu sein, was Shannon jedoch nicht weiter überraschte. Als flotter Junggeselle standen ihm andere Probleme näher. Shannon war sicher, sein Interesse würde erwachen, sobald er heiratete und eigene Kinder hatte.

An ihrer Berufswahl war er jedoch sehr wohl interessiert. „Sie sagten, Sie seien Rechtsassistentin. Heißt das nicht, Sie sind Anwältin?“

„Wir Rechtsassistentinnen arbeiten für einen Rechtsanwalt. Wir müssen uns um viele Rechtsangelegenheiten kümmern, haben aber keinen Abschluss und dürfen also auch niemanden vor Gericht vertreten. Ein mehrjähriges Studium wäre erforderlich, das ich mir bisher leider nicht leisten konnte.“

„Das ist wirklich sehr schade.“ Michel blickte sie mitfühlend an.

„Ich beklage mich nicht. Ich habe einen interessanten Beruf, und ich mag meine Kollegen. Wenn ich die Schulden eines Tages zurückerstattet habe, hole ich das Studium vielleicht nach. Ich hätte mir wirklich den Geldgewinn auszahlen lassen sollen.“

„Das wäre vernünftig gewesen. Trotzdem freue ich mich, dass Sie es nicht getan haben“, sagte Michel voller Herzlichkeit. „Ich verspreche Ihnen, ich werde Ihnen einen unvergesslichen Urlaub bereiten, damit Sie nichts bereuen.“

Das Funkeln seiner Augen warnte Shannon. Sie war sicher, eine Affäre mit Michel wäre eine unvergessliche Erfahrung für sie, aber sie gönnte sich keine lockeren Liebesabenteuer – nicht mal mit einem Prinzen.

Hastig warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Es ist schon spät. George bekommt einen Anfall. Für zehn Uhr hatten wir einen Fototermin verabredet.“

„Ich dachte, Sie wollten George Ihre Unabhängigkeit erklären.“

„Ich möchte auch nicht unfair sein. Die Produzenten haben eine Menge Geld für mich ausgegeben. Ich denke, ich lasse Dave von mir und dem Schloss so viele Fotos machen, wie er mag. Natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben.“ Fragend sah sie Michel an.

Michel zuckte die Schultern. „Er machte sie ohnehin. Ich kenne die Paparazzi.“

„Tut mir leid.“

„Nicht nötig. Aber Sie müssen mir ein Foto überlassen. Das kommt in meine Sammlung von Hoheiten, die uns mit ihrem Besuch beehrt haben.“

„Ist mir eine Ehre. Aber jetzt muss ich schnell zurück. Gibt es eine Abkürzung?“

„Ich habe einen besseren Vorschlag. Ich bringe Sie zum Schloss.“

„Auf dem Pferd?“

„Damit sind Sie schneller dort als zu Fuß.“

„Einverstanden. Wenn das Pferd nichts dagegen hat.“

Auf Michels Pfeifen hin kam der schwarze Hengst herbei. Michel hob Shannon aufs Pferd und schwang sich danach selbst hinauf.

Skeptisch blickte Shannon an dem Pferd hinunter. „Er erscheint mir sehr hoch, nicht?“

„Keine Sorge. Ich lasse Sie nicht herunterfallen.“

„Ich merke schon, Sie sagten nicht, dass es ein sanftes Pferd sei.“

„Nein. Aber Zeus respektiert die Autorität.“

Als Michel einen Arm um Shannons Taille legte und ihren Körper ein wenig näher an sich zog, machte sie sich keine Sorgen mehr wegen des Pferdes. Michel wusste damit umzugehen. Er besaß die muskulöse Statur eines Athleten.

Aber bald ging das Pferd in rhythmischen Galopp über, und Shannon umklammerte Michels Arm.

Michel hielt sie fester. „Entspannen Sie sich. Gleich sind wir zu Hause.“

Irgendwie fand sie die Kraft und den Mut, nach vorne zu gucken. Keiner von beiden wollte diesen erregenden Moment als etwas Außergewöhnliches wahrnehmen. Sie sprachen kein Wort, bis Michel das Pferd vor dem Eingangstor zügelte.

Der Prinz sprang ab. „Nun, war das nicht angenehmer, als zu laufen?“

„Es war ein echtes Erlebnis.“ Shannon stützte sich auf Michels breite Schultern, während Michel ihr die Hände um die Taille legte und sie auf den Boden hinunterschwang.

„Sie zittern ja.“ Michel zog Shannon in seine Arme und strich ihr über das vom Wind zerzauste Haar. „Ich wusste nicht, dass Sie so große Angst hatten. Ich wäre langsamer geritten.“

Shannon genoss die erregende Intimität der Umarmung. „Ich hatte nicht wirklich Angst. Aber seit ich zehn war, habe ich auf keinem Pferd mehr gesessen. Trotzdem vielen Dank, dass Sie mich pünktlich hergebracht haben. Jetzt beeile ich mich lieber und ziehe mich rasch um.“

Shannon blieb keine Zeit, über „den kleinen Zwischenfall“, mit Michel nachzudenken. Kaum hatte sie ihre Suite erreicht, als es an der Tür klopfte.

„Warum sind Sie noch nicht fertig?“, grüßte George sie unfreundlich. „Ihr Haar ist durcheinander, und das Make-up fehlt. Was haben Sie nur den ganzen Vormittag getan?“

„Ich habe einen Spaziergang gemacht.“

„Die ganze Zeit? Wie weit? Etwa bis Paris?“

Shannon hob sich die Antwort, die ihr auf der Zunge lag, für später auf. „Warten Sie unten auf mich, George. Ich komme gleich nach.“

„Es ist aber mehr als nur ein bisschen Lippenstift erforderlich. Ich versuche, eine bekannte Illustrierte dazu zu bewegen, ein Interview mit Ihnen zu führen mit dem Schloss als Hintergrund. Anschließend machen wir noch ein paar Fotos an anderen Plätzen der Stadt. Bringen Sie jedenfalls jede Menge Garderobe zum Wechseln mit. Wir brauchen Sie den ganzen Nachmittag.“

Shannon riss der Geduldsfaden. „Besser, Sie machen die Fotos alle auf einen Schlag, denn nach heute stehe ich nicht mehr zu Ihrer Verfügung.“

„Was reden Sie denn da? Dave und ich sollen den gesamten Urlaub dokumentieren. Ich habe schon darüber nachgedacht, die Geschichte ein wenig aufzubauschen. Spitze wären ein paar herzige Fotos von Ihnen und dem Prinzen Michel. Sie wissen schon, ein Hinweis, dass sich zwischen Ihnen beiden eine kleine romantische Affäre anbahnt.“

„Wie können Sie so etwas vorschlagen?“

„Ich schlage ja nicht vor, mit ihm ins Bett zu steigen. Wir könnten sogar noch eine Dreiecksgeschichte aufbauen und andeuten, dass beide Prinzen um Sie kämpfen.“

„George!“, rief Shannon empört. „Keinesfalls werden Sie irgendeine Geschichte über die königliche Familie aufbauen. Wenn Sie das tun, erzähle ich den Reportern die Wahrheit, dass die gesamte Show ein abgekartetes Spiel war.“

„Das können Sie nicht tun. Wo bleibt Ihre Dankbarkeit?“

„Wofür? Dass man mir einen wundervollen Urlaub verspricht und ihn dann ruiniert?“

Schließlich ließ George sich sogar noch zu Drohungen hinreißen. Shannon habe eingewilligt zu kooperieren. Die TV-Gesellschaft würde Gründe finden, eine Rückzahlung der Ausgaben für Shannon zu verlangen.

Shannon wartete, bis George sich ausgetobt hatte. „Vergeuden Sie lieber nicht Ihren letzten Tag“, riet sie dann kühl. „Wir sehen uns gleich unten.“

Shannon wählte ein blaues Sommerkleid mit weitem Rock und trug dazu einen mit Rosen geschmückten Strohhut – ein zauberhaftes Ensemble, passend für ein Gartenfest auf einem Landgut. Von den Wartenden wurde sie auf dem Rasen vor dem Schloss mit Applaus empfangen.

„Was für ein wunderschönes Kleid“, rief Marcie aus.

„Sie sehen wie eine Prinzessin aus“, lobte Devon.

„Die Farbe des Kleides kommt auf dem Grün des Rasens vor den grauen Steinmauern hervorragend zur Geltung“, freute sich Dave. „Beginnen wir an dem Weg dort drüben. Da haben wir das Schloss im Hintergrund.“

Shannon posierte auf dem Rasen, vor dem Eingangstor, mit und ohne Hut. Sie gab sich Mühe, mit Dave zu kooperieren, und ließ sich sogar ohne Widerrede darauf ein, sich für einen gestellten Spaziergang in langer Hose und hohen Pfennigabsätzen ablichten zu lassen.

„Gibt es im Erdgeschoss einen Raum für mich zum Umkleiden, Devon?“, fragte sie den Prinzen. „Damit wir nicht so viel Zeit verlieren, habe ich reichlich Garderobe zum Wechseln mit heruntergebracht. Jetzt liegen die Sachen auf einem Stuhl vor dem Eingang.“

Als sie das Schloss betraten, nahm Devon ihre Kleider vom Stuhl und führte Shannon in einen kleineren Raum, der offensichtlich sein Büro war. Gegenüber der Tür stand ein großer Schreibtisch. Nach all den Unterlagen und Papieren zu schließen, die sich dort stapelten, war Devon offensichtlich gar nicht der unverbesserliche Playboy. Er schien dieses Image nur zu kultivieren.

„Tut mir leid, hier herrscht ein kleines Chaos“, sagte er entschuldigend, als er ihre Kleider auf einer Couch ablegte.

„Das stört mich nicht. Danke für Ihre Hilfe.“

Nachdem er gegangen war, zog Shannon ihr Kleid sowie den hellblauen BH aus, den sie darunter getragen hatte. Er würde sich unter der weißen Seidenbluse abzeichnen, die sie zu den weißen Leinenhosen tragen wollte. Sie war gerade dabei, die Kleidungsstücke aus dem Stapel auf der Couch herauszusuchen, als die Tür aufging.

Erschrocken fuhr sie hoch. Ihr Atem stockte. Fassungslos starrte sie Michel an.

Auch Michel schien erschrocken. Aber beim Anblick von Shannons perfekt gebautem Körper, hellte sich seine Miene auf. Einen Moment glaubte er, sie stünde vollkommen unbekleidet vor ihm. Aber dann sah er, dass sie noch ein knappes Höschen trug.

Das Glitzern seiner Augen alarmierte Shannon. Hastig griff sie nach einem Kleid und hielt es sich vor den Körper. „Wie können Sie als Gentleman hier einfach so hereinplatzen?“

„Entschuldigung. Ich wusste ja nicht …“

„Sie hätten klopfen können.“

„Nun ja, aber …“

„Und überhaupt, was tun Sie hier?“

Meinte er tatsächlich, es würde ihr gefallen, wenn er sie so sah? Glaubte er, während des Heimrittes auf Zeus’ Rücken irgendeinen ermunternden Hinweis von ihr erhalten zu haben?

„Immerhin ist das mein Büro.“

„Wirklich? Ich glaubte, es sei Devons Büro. Ich hatte ihn nach einer Umkleidemöglichkeit hier unten gefragt. Warum bringt er mich hierher?“

„Devon sah mich mit Zeus und vermutete wohl, ich wollte ausreiten. Da ich normalerweise mindestens eine Stunde unterwegs bin, ging er wahrscheinlich davon aus, mein Büro sei frei.“

„So muss es gewesen sein“, murmelte Shannon. „Ich hätte wissen müssen, dass Sie so etwas nicht absichtlich tun.“

„Ich müsste mich entschuldigen, weil ich hier hereingeplatzt bin.“

„In Ordnung. Jetzt muss ich mich aber ankleiden.“ Es war eine erregende Erkenntnis, dass sie hinter ihrem improvisierten Vorhang beinahe nackt war.

„Selbstverständlich. Ich lasse Sie allein.“

Hastig zog Shannon Bluse und Hose an, während sie versuchte, die Erinnerung an Michels verlangende Blicke auf ihre nackten Brüste zu verdrängen. Du solltest nicht überreagieren, ermahnte sie sich. Für Michel ist eine nackte Frau sicher nichts besonders Aufregendes.

Michel wartete in der großen Diele auf sie. „Ich hoffe, dieser kleine Vorfall schadet unserer jungen Freundschaft nicht.“

„Nein. Selbstverständlich nicht.“ Statt Michel anzusehen, richtete Shannon ihren Blick unbestimmt in Richtung seiner rechten Schulter.

Michel umfasste ihr Kinn, so dass sie ihn ansehen musste. „Sie haben einen wunderschönen Körper, Shannon. Ich habe ihn angesehen, wie man ein bezauberndes Gemälde in einem Museum betrachtet. Können wir es nicht dabei belassen?“

„Vielleicht gelingt mir das nicht gleich.“ Shannon lächelte verlegen.

„Ich hoffe, Sie brauchen nicht zu lange.“

Seine sanfte Stimme erregte sie, und sie trat einen Schritt zurück. „Ich gehöre nicht zu der Art selbstbewussten Frauen, an die Sie gewöhnt sind. Ich gebe zu, der Vorfall ist mir im Moment peinlich, aber ich komme schon darüber hinweg.“

Plötzlich stand Devon vor ihnen und sah seinen Bruder überrascht an. „Ich habe dich nicht so bald zurückerwartet, Michel. Ich … oh … ich hatte Shannon dein Büro zum Umziehen angeboten.“

„Ja. Das habe ich gemerkt“, entgegnete Michel belustigt.

„Alles okay?“ Devon schien ein wenig nervös. „Dave wollte wissen, was Sie so lange aufhält, Shannon?“

„Ich bin schon auf dem Weg.“

Mit Shannon in ihrer Mitte traten die beiden Prinzen ins Freie.

„Himmel, das ist das Heißeste, was ich je gesehen habe“, begeisterte sich George. „Sehen die drei nicht königlich aus? Beeil dich, Dave. Schieß ein paar Fotos.“

„Ich dachte, wir hätten das bereits abgehakt.“ Shannons Lippen wurden zu einem schmalen Strich.

„Ist schon in Ordnung“, beschwichtigte Michel sie.

„Wir lassen uns gern mit Prinzessinnen fotografieren, die unsere Gäste sind.“ Devon lächelte.

„Mach schon, Dave“, drängte George den Fotografen, bevor jemand seine Meinung ändern konnte.

„Die Gartenlaube wäre doch ein geeigneter Ort“, schlug Michel vor.

„Wo ist sie denn?“, wollte Dave wissen. „Ich sehe keine.“

„Kommen Sie. Ich zeige sie Ihnen.“

Sie gingen um einen Turm herum zu einem abgelegenen Bereich des Parks, wo eine weiße von Purpurwinde bewachsene Gartenlaube stand.

„O Michel, wie zauberhaft“, rief Shannon entzückt.

Dave nickte. „Ja, das passt.“

Im Laufe der nächsten zehn Minuten wies er die drei an, wie sie sich aufstellen sollten, während er seine Fotos schoss. „Blicken Sie nicht in die Kamera. Tun Sie so, als wäre ich gar nicht da.“

„Großartig“, meinte George. „Vielleicht können Sie noch ein wenig näher zusammenrücken.“

Dave konzentrierte sich vollkommen auf seinen Job, bis Devon schließlich fragte: „Warum machen wir nicht auch ein paar Fotos von Marcie?“

Marcie stand in der Nähe und sah ihnen zu. „Shannon ist der Star. An mir ist niemand interessiert.“

„Ich bin interessiert“, erwiderte Devon. „Ich nehme an, ich bin auch jemand.“

„Devon hat recht“, pflichtete Shannon ihm bei. „Marcie soll mit auf den Fotos sein. Ich hätte selbst drauf kommen müssen.“

„Wenn sie nicht will, lassen wir sie doch in Ruhe“, meinte George. „Wir haben hier ohnehin schon genug Aufnahmen gemacht. Suchen wir uns einen anderen Hintergrund.“

„Wir geben doch nicht so leicht auf, oder?“, fragte Michel die anderen. „Ich bin sicher, Marcie lässt sich überreden, ihre Meinung zu ändern.“

„Wir lassen sie nicht in Ruhe“, stimmte Devon ihm zu.

George war nicht dumm. Er merkte es, wenn er überstimmt war. „Kommen Sie, Marcie, machen Sie mit. Ist Ihnen überhaupt klar, wie berühmt Sie sind?“

„Nein. Ihnen war es nicht klar.“ Marcies Augen funkelten spitzbübisch.

Als George wenig später Shannon aufforderte, sich noch ein weiteres Mal umzukleiden, um Fotos an einigen Plätzen in der Stadt zu machen, runzelte Michel die Stirn. „Shannon wird von Ihnen zu sehr unter Druck gesetzt. Sie muss auch mal eine Pause machen.“

„Ist schon in Ordnung“, beruhigte Shannon ihn. „Ich habe George versprochen, ihm den ganzen Tag zur Verfügung zu stehen. Dafür habe ich hinterher meinen Urlaub ganz für mich.“

„Darüber reden wir noch“, protestierte George. „Ich habe heute mit dem Produzenten der Show telefoniert. Er ist sehr enttäuscht von Ihnen, Shannon.“

„Oh. Wie mir das leidtut. Ich ziehe mich rasch um. Lassen Sie den Wagen vorfahren, damit wir keine Zeit verlieren.“

Michel missfiel, was er hörte. „Ich hoffe, Sie lassen sich von George nicht einschüchtern“, sagte er zu Shannon.

„Keine Sorge. Ich bin nicht mehr so leichtgläubig wie früher“, versicherte Shannon. „Ich habe gelernt, Nein zu sagen und das auch ernst zu meinen.“

„Trotzdem sind Sie ein Spätzünder. Den meisten schönen Frauen wird dieses Talent schon in die Wiege gelegt.“ In Michels Augen blitzte es schelmisch auf.

„Möchtest du, dass ich euch in die Stadt begleite?“, fragte Marcie Shannon.

„Nur, wenn du es auch willst. Warum solltest du deinen Tag vergeuden?“

„Vielleicht möchte Marcie lieber etwas von Bonaventura sehen“, schlug Devon vor.

„Das würde ich gern. Aber nur, wenn Shannon nichts dagegen hat.“

3. KAPITEL

Als Shannon nach dem arbeitsreichen Nachmittag aufs Schloss zurückkehrte, war sie hungrig und ein bisschen schlecht gelaunt. Sie hatte das Frühstück verpasst, und das Mittagessen hatte nur aus einem Sandwich bestanden, das sie im Auto gegessen hatte.

Marcie und die beiden Prinzen erwarteten Shannons Rückkehr bei einem Drink im Salon.

„O Shannon, du hättest dabei sein sollen. Devon hat mir eine Reihe wunderschöner Plätze gezeigt.“

„Das überrascht mich nicht. Während der Fahrt habe ich zwar nur kleine Ausblicke genossen, aber was ich sehen konnte, war sehr interessant.“ Shannon versuchte, optimistisch zu klingen. Sie freute sich wirklich für ihre Cousine.

„Sie haben heute die große Führung verpasst, aber dafür ist der Abend frei. Ich würde Ihnen gern das Nachtleben zeigen“, schlug Michel vor. „Hätten Sie Lust, zum Dinner auszugehen und hinterher einige Clubs zu besuchen? Vielleicht schließen Devon und Marcie sich uns an. Devon kennt die Szene besser als ich.“

„Tu nicht so, als würdest du wie ein Mönch leben“, neckte Devon seinen Bruder. „Du bist auch häufig unterwegs gewesen.“

„Also, ich glaube kaum, dass die Damen an den Details unseres Lebens interessiert sind.“

„Können Sie auch Restaurants besuchen wie normale Menschen?“, fragte Marcie neckisch.

Michel lächelte. „Wir gehören einer recht demokratischen Monarchie an. Ich genieße dieselben Privilegien wie der Rest meines Volkes.“

„Sie wissen genau, was ich meine.“

„Die Menschen liegen nicht vor uns auf dem Boden oder brechen in Jubel aus, wenn wir vorbeikommen“, scherzte Devon.

„Sie machen sich lustig über mich.“ Marcie zog einen Schmollmund.

„Niemals.“ Devon hob ihre Hand an seine Lippen.

„Bitte nehmen Sie es uns nicht übel, wenn wir ein falsches Bild von Ihrem Leben haben“, bat Shannon. „Sie sind die ersten Hoheiten, die wir kennenlernen.“

„Dann müssen wir uns von unserer besten Seite zeigen“, meinte Michel. „Darf ich Sie also heute Abend zum Dinner einladen?“

„Das ist mal eine deiner besseren Ideen, Bruder. Marcie?“ Devon sah Marcie fragend an.

„Ich bin dabei. Hoffentlich habt ihr drei Hoheiten nichts dagegen, mit einer Bürgerlichen auszugehen.“

„Wir sind bereit, tolerant zu sein“, antwortete Devon galant.

Von außen wirkte das Restaurant, das Michel ausgewählt hatte, wie ein Miniaturschloss. Es war mit Efeu bewachsen, und eine Fahne flatterte über dem Eingangstor.

In dem geräumigen Speisesaal schmückte weißes Leinen die Tische unter Kristallleuchtern, die alles in sanftes schmeichelndes Licht tauchten.

Die kleine Gruppe wurde von einem überaus höflichen Oberkellner begrüßt. „Es ist mir eine Ehre, Hoheit, Sie heute Abend zum Dinner bei uns zu sehen. Wünschen Sie einen separaten Raum?“

Michel blickte Shannon fragend an.

„Was immer Sie entscheiden, ist mir recht“, sagte sie.

„Und Sie, Marcie, haben Sie einen Wunsch?“

„Ich würde gern hier draußen sitzen, wo jeder sieht, in wessen Begleitung ich bin.“ Sie kicherte.

Shannon stöhnte. „Ich kann sie nirgendwo mit hinnehmen.“

Michel lachte nur.

Die beiden Prinzen waren von den anderen, festlich gekleideten Gästen zwar bemerkt worden, sie waren aber offensichtlich zu wohlerzogen, um sie anzustarren. Viele neugierige Blicke wanderten zu Shannon und Marcie.

„Sie sehen“, begann Michel, nachdem sie zu einem Tisch am Fenster geführt worden waren, von dem aus sie einen hübschen Ausblick über einen kleinen Teich hatten, „wir werden behandelt wie jeder andere auch.“

Shannon zweifelte, dass allen Gästen ein so respektvoller Service zuteil wurde. Um ihren Tisch versammelte sich eine ganze Truppe von Kellnern, bereit, jeden ihrer Wünsche zu erfüllen. Ein Hilfskellner füllte die Gläser mit Eiswasser, ein anderer brachte Brot und Butter. Ein Kellner reichte ihnen in Leder gebundene Menükarten, so groß wie Fotoalben. Dann kam der Sommelier und beriet sich mit Michel über dessen bevorzugte Weine.

Als sie einen Moment allein waren, sagte Michel zu Shannon: „Es freut mich zu sehen, dass Sie jetzt tun, was Ihnen Freude macht.“

„Darüber freue ich mich auch. Und Sie können stolz auf mich sein. George ließ alle Register spielen, aber nach kurzer Zeit habe ich nicht mehr mitgemacht. Armer Kerl. Er tut mir trotzdem leid. Das Studio setzt ihn offensichtlich stark unter Druck.“

„Sie werden doch nicht schwach und lassen sich von ihm Ihren Urlaub verderben?“

„So leid tut er mir nun auch wieder nicht.“ Shannon lachte.

„Da Sie nun allein über Ihre Zeit verfügen, sollten wir Pläne machen“, schlug Devon vor. „Ich nehme an, an oberster Stelle auf Ihrem Terminplan steht eine Besichtigungstour. Darf ich Ihnen meine Hilfe anbieten? Ich bin ein ausgezeichneter Führer.“

„Bevo...

Autor

Tracy Sinclair
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Catherine George
Die öffentliche Bibliothek in ihrem Heimatort nahe der walisischen Grenze war der Ort, an dem Catherine George als Kind in ihrer Freizeit meistens zu finden war. Unterstützt wurde sie dabei von ihrer Mutter, die Catherines Lesehunger förderte. Zu einem Teil ist es sicher ihrer Motivation zu verdanken, dass Catherine George...
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Lee Stafford
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