Blütenpracht und Frühlingsküsse - 6 traumhafte Liebesromane

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TRAUMREISE NACH PARIS von CAROLE MORTIMER

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DIE SCHÖNE UND DER MILLIARDÄR von MARGARET WAY

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NUR EINE SINNLICHE AFFÄRE? von YVONNE LINDSAY

Attraktiv, umschwärmt und ein Draufgänger: Der charmante Dylan Lassiter ist Jennas absoluter Traummann! Nach Stunden voller Lust muss sie den Millionär trotzdem verlassen. Denn sie hütet ein dunkles Geheimnis, von dem Dylan niemals etwas erfahren darf …


  • Erscheinungstag 06.03.2025
  • ISBN / Artikelnummer 9783751536943
  • Seitenanzahl 721
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

Traumreise nach Paris erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

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Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2003 by Carole Mortimer
Originaltitel: „In Separate Bedrooms“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA
Band 1541 - 2004 by CORA Verlag GmbH, Hamburg
Übersetzung: Elke Schuller

Umschlagsmotive: shutterstock / conrado, Nattee Chalermtiragool

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783733779016

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

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1. KAPITEL

„Aber dieser Mann ist ein unverbesserlicher Frauenheld, Mom!“, rief Mattie aufgebracht. Ihre dunklen blauen Augen blitzten, und ihr zartes Gesicht schien zu glühen. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr Haar knistern und im nächsten Moment anfangen, Funken zu sprühen, so empört war sie.

„Urteilst du da nicht etwas vorschnell?“, erwiderte ihre Mutter. „Wir wissen doch beide, wie oft du dich schon in einem Menschen getäuscht hast.“ Dann wurde ihre Stimme sanft. „Oder reagierst du etwa so heftig, weil du diese Geschichte mit Richard noch nicht überwunden hast?“

Aber Mattie wollte jetzt nicht daran denken, wie sehr sie von Richard gedemütigt worden war. Drei Monate nachdem sie sich kennengelernt hatten, hatte er ihr plötzlich eines Tages gesagt, sie könnten sich nicht mehr sehen, weil er verlobt sei und in einigen Tagen heiraten würde.

„Obwohl er nach allem, was du mir über ihn erzählt hast, mit seinen Gefühlen tatsächlich etwas freigebig umzugehen scheint“, gab ihre Mutter zu.

„Etwas, Mom? Er hat vier Freundinnen gleichzeitig. Vier!“, wiederholte Mattie angewidert. „Und drei von ihnen sind offensichtlich sogar verheiratet.“

„Dann sollten sie es besser wissen und sich mehr ihren Ehemännern widmen“, bemerkte ihre Mutter kritisch. „Alleinstehende Männer denken oft, sie seien umso sicherer, je mehr Beziehungen sie haben.“

„Sicher wovor, Mom?“

„Vor dem Heiraten.“

„Welche Frau, die halbwegs bei Verstand ist, würde denn einen solchen Mann heiraten wollen? Er ist ein … ein unersättlicher Schürzenjäger.“

„Wenn es nach mir ginge, sollte man ihn an den Pranger stellen und öffentlich auspeitschen“, erklang plötzlich eine amüsierte, unverkennbar männliche Stimme von der offenen Tür her.

Mattie errötete verlegen und wagte nicht, sich umzudrehen. Aber wie hätte sie denn auch ahnen können, dass jemand ihnen zuhörte? Und dann auch noch ein Mann! Sie war ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie am Sonntag im Büro ihrer Mutter ungestört sein würden.

Ihre Mutter hingegen schien überhaupt nicht verlegen. Sie stand von ihrem Schreibtisch auf und schenkte dem Besucher ein charmantes Lächeln. „Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?“

„Mrs Crawford? Ich bin Jack Beauchamp“, stellte der Mann sich vor. „Ich hatte gestern angerufen und mich erkundigt, ob Sie meinen Hund nächstes Wochenende beherbergen können. Sie meinten, ich solle vorbeikommen und mich erst mal bei Ihnen umsehen. Hier bin ich.“

Mattie wurde blass. Der unerwartete Besucher war also ein Kunde, der seinen Hund in der Hundepension ihrer Mutter unterbringen wollte.

„Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen“, fügte er hinzu. „Sie sagten, ich könne heute Nachmittag vorbeikommen, trotz des Sonntags.“

Mattie schluckte trocken. Sie hatte sich noch nie so unbehaglich gefühlt.

„Ja, sicher, Mr Beauchamp“, erwiderte ihre Mutter freundlich. „Ich führe Sie gern herum und zeige Ihnen, wie gut die Tiere bei uns versorgt sind. Wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie einen Bearded Collie?“

Typisch Mom, dachte Mattie. Hunde gingen ihr nie aus dem Kopf, doch ihre Besitzer interessierten sie nicht.

„Er heißt Harry“, bestätigte Jack Beauchamp. „Aber wenn Sie gerade beschäftigt sind, kann mir gerne auch Ihre Mitarbeiterin alles zeigen.“

Mitarbeiterin? Ja, so sehe ich wahrscheinlich aus, gestand sich Mattie ein. Sie trug ausgeblichene Jeans und ein altes T-Shirt, genau die richtige Kleidung, um in den Zwingern zu arbeiten – was sie an den Sonntagen häufig tat, wenn sie sich nicht um ihren Laden zu kümmern brauchte.

Sie atmete tief durch, bevor sie sich umdrehte – und den attraktivsten Mann vor sich stehen sah, der ihr jemals begegnet war. Er war Anfang dreißig, groß, schlank, und hatte kurzes dunkles Haar und Lachfältchen um die auffallend dunklen braunen Augen. Eine Farbe wie geschmolzene Schokolade, musste sie unwillkürlich denken. Sein Blick schien unergründlich – und war zugleich so sanft wie eine zarte Liebkosung.

Sein markantes Gesicht war ausdrucksvoll und sonnengebräunt. Die festen Lippen machten den Eindruck, als würde er viel lachen, und seine Nase sah aus, als wäre sie schon einmal gebrochen gewesen. Das Kinn allerdings wirkte, wie man so sagt, energisch. Er trug dunkelblaue Jeans und ein einfaches schwarzes T-Shirt. Alles in allem sah er beeindruckend aus, entspannt und lebenslustig.

„Selbstverständlich zeige ich Ihnen gern alles“, bestätigte Mattie schließlich. Ihre Stimme klang kühl. „Sie haben ganz richtig bemerkt, dass meine Mutter im Moment sehr beschäftigt ist.“

„Verstehe.“ Jack Beauchamps Augen funkelten belustigt.

Anscheinend amüsierte ihn ihr dezenter Hinweis, dass sie nicht einfach eine Mitarbeiterin war. Ob er sich für seinen Irrtum entschuldigen würde? Nein, und er machte nicht einmal eine höfliche Bemerkung in der Art, dass ihm die ausgeprägte Ähnlichkeit zwischen ihr und ihrer Mutter hätte auffallen müssen. Er stand nur da und sah aus, als fände er die ganze Situation komisch.

„Aber Mattie, ich …“

„Nein, mach du ruhig mit deiner Arbeit weiter“, unterbrach Mattie ihre Mutter, bevor sie ausreden konnte. „Ich bin sicher, Mr Beauchamp und ich kommen gut allein zurecht.“

Ihre Mutter sah sie fragend und zugleich etwas besorgt an. Ja, ich bin in genau der richtigen Stimmung, einem so selbstherrlichen Mann wie Jack Beauchamp einen kleinen Dämpfer zu verpassen, gestand sich Mattie ein. Ihre Mutter schien das bemerkt zu haben und befürchtete nun wohl, Mattie könnte ihren Kunden vergraulen.

Mattie verstand ihre Sorge. Ihre Hundepension hatte im vergangenen Jahr schwierige Zeiten durchgemacht, weil sich immer mehr Leute privat als „Hundesitter“ anboten. Leute, die keine Vorstellung davon hatte, dass dieser Job harte Arbeit bedeutete und man rund um die Uhr für seine Schützlinge da sein musste.

Das „Waudorf-Astoria“ – der Name war eine Anspielung auf das berühmte Luxushotel Waldorf-Astoria in New York – sollte etwas ganz Besonderes sein und alle anderen Hundepensionen übertreffen. Dass ihrer Mutter das gelungen war, würde sie Jack Beauchamp jetzt demonstrieren. Ja, ich werde mein Bestes tun, um ihn für Mom als Kunden zu gewinnen, nahm sich Mattie vor.

„Wenn Sie mir folgen wollen, Mr Beauchamp, dann zeige ich Ihnen, wie unsere vierbeinigen Gäste untergebracht sind“, forderte sie ihn auf und bemerkte, wie ungewohnt gestelzt sie klang. Wahrscheinlich lag es daran, dass ihr die Situation noch immer peinlich war.

„Sie brauchen nur zu pfeifen, Miss Crawford, und ich folge Ihnen überallhin.“

„Wie bitte?“, fragte sie fassungslos. Hatte er wirklich gesagt, was sie zu hören gemeint hatte? Er hatte so leise gesprochen, dass ihre Mutter nicht einmal etwas bemerkt zu haben schien.

„Ich sagte, dass das Wetter sehr angenehm ist, seit der Wind zu pfeifen aufgehört hat“, antwortete Jack Beauchamp, und wieder funkelten seine dunklen Augen belustigt.

Tatsächlich schien er sich vom ersten Moment an insgeheim über sie zu amüsieren. Und dass er nun behauptete, nur etwas über das Wetter gesagt zu haben, machte sie sprachlos.

„Nach Ihnen, Mr Beauchamp“, sagte Mattie kühl, als er ihr die Tür aufhielt.

„Ladies first“, widersprach er und verbeugte sich gespielt förmlich.

„Danke, aber bei uns ist der Kunde König und hat den Vortritt.“

„Das mag ja sein, Miss Crawford, aber meine Erziehung gebietet mir, niemals vor der Dame durch eine Tür zu gehen.“

„Und meine gebietet mir … Ach, egal!“ Um das sinnlose Hin und Her zu beenden, machte sie einen Schritt auf die Tür zu und wollte hinausgehen. Im selben Moment entschloss sich Jack Beauchamp, das Gleiche zu tun. Und so kam es, wie es kommen musste: Sie stießen zusammen. Unwillkürlich registrierte sie seinen festen, muskulösen Körper, dann war sie an ihm vorbei und stand in der Frühlingssonne.

„Tut mir leid“, entschuldigte sich Mattie, nachdem er ihr ins Freie gefolgt war.

„Mir war es ein Vergnügen“, erwiderte er mit einem entwaffnenden Lächeln.

Ein Vergnügen? Hatte er die Situation etwa absichtlich provoziert? Das würde sie ihm durchaus zutrauen. Aber sie musste auch zugeben, dass die Berührung keineswegs unangenehm gewesen war. Überrascht stellte sie fest, dass ihre Haut noch immer seltsam prickelte …

„Zum Glück ist hier draußen Platz genug, dass wir uns nicht gegenseitig auf die Füße treten müssen“, hörte sie sich sagen und registrierte die Frostigkeit in ihrer Stimme.

„Ich werde besser aufpassen“, versprach er mit einem schalkhaften Lächeln und folgte ihr den von wuchernden Blumenbeeten gesäumten Weg entlang, der zu dem Nebengebäude führte, in dem die Hunde untergebracht waren. „Sie kommen mir irgendwie bekannt vor, Miss Crawford. Kann es sein, dass wir uns schon mal begegnet sind?“

Sie atmete tief durch. Wollte Jack Beauchamp mit ihr flirten, oder hatte er sie tatsächlich schon einmal gesehen? Wie auch immer, sie durfte sich nicht anmerken lassen, was sie von ihm hielt, sonst würde er seinen Hund bestimmt nicht im „Waudorf-Astoria“ unterbringen. Und schließlich brauchte ihre Mutter jeden Kunden, den sie bekommen konnte.

„Dass wir uns in denselben gesellschaftlichen Kreisen bewegen, möchte ich bezweifeln“, erwiderte Mattie ausweichend.

„Ich bewege mich nicht in den sogenannten Kreisen“, konterte er. „Außerdem bin ich mir sicher, Ihnen auch nicht auf einer Party oder bei einem anderen gesellschaftlichen Ereignis begegnet zu sein.“ Er betrachtete ihr zartes Gesicht, als würde er darin nach etwas suchen. „Sie kommen mit nur irgendwie vertraut vor“, fügte er hinzu und zuckte dann die Schultern.

„Das muss ein Irrtum sein.“ Sie setzte ein gespieltes Lächeln auf und senkte dann den Blick, um sich ihre wahren Empfindungen nicht anmerken zu lassen. Jack Beauchamp konnte die Bemerkung interpretieren, wie er wollte. Entweder, dass sie sich noch nie begegnet waren, oder dass sie sich nicht an ihn erinnerte, weil er sie nicht beeindruckt hatte. Letzteres stimmte natürlich ganz und gar nicht. Er war mehr als beeindruckend, er war umwerfend.

Und sie wusste, wer er war.

„Hier entlang“, sagte sie und schloss die Tür des Nebengebäudes auf. Sofort begannen die Hunde, aufgeregt zu bellen.

„Das Gebäude ist natürlich beheizt, und alle Räume sind mit pflegeleichtem Teppich ausgelegt“, erklärte Mattie, während sie den Gang zwischen den Zwingern entlangging. Ab und zu blieb sie stehen und streichelte einen der Hunde durch den Maschendraht. „Für Hunde, die nicht gern auf dem Boden liegen, haben wir sogar Sessel. Die Schlafkörbe und Decken werden natürlich für jeden neuen Gast gereinigt und desinfiziert. Es ist uns aber auch durchaus recht, wenn Sie Korb und Decke Ihres Lieblings mitbringen wollen.“

Da sie ihrer Mutter schon seit Jahren an den Wochenenden half, traf sie im Umgang mit Kunden mittlerweile mühelos den richtigen Ton. Die Unterbringung im „Waudorf-Astoria“ war nicht billig, und Jack Beauchamp sollte wissen, was er für sein Geld bekommen würde.

„Für diejenigen unserer Gäste, die nicht auf ihre gewohnten Seifenopern verzichten wollen, stellen wir auch Fernseher bereit“, scherzte sie. „Wie Sie sehen, Mr Beauchamp, sind …“

Doch dann bemerkte sie, dass er ihr nicht gefolgt war, sondern immer noch vor dem Zwinger am Eingang stand und die Labradorhündin darin musterte. Die wedelte begeistert mit dem Schwanz und hatte die Schnauze durch den Maschendraht geschoben, um sich streicheln zu lassen.

Mattie ging zurück und kraulte die Hündin liebevoll. „Das ist Sophie“, erklärte sie Jack Beauchamp. „Sie ist wirklich ein ganz braves Tier.“

„Sie sieht prächtig aus.“ Sichtlich angetan von der schönen Hündin, zeigte er ein sympathisches Lächeln. „Und zutraulich ist sie auch.“

So wirkt er beinahe jungenhaft – und noch attraktiver, stellte Mattie fest. Sie spürte, wie ihr Herz schneller zu pochen begann.

„Das ist sie bei jedem“, erwiderte sie und empfand ihre Worte selbst als unhöflich und abweisend. Ich muss mich zusammennehmen, dachte sie. Verflixt, warum fand sie Jack Beauchamp bloß so attraktiv, obwohl sie Männern wie ihm sonst gar nichts abgewinnen konnte?

„Sophie hofft auf ein neues Zuhause“, sagte sie und versuchte, ihrer Stimme jetzt einen verbindlichen Klang zu geben. „Ihr Besitzer ist vor drei Monaten gestorben, und seine Angehörigen wollen sie nicht bei sich aufnehmen. Sie wollten Sophie einschläfern lassen, deshalb ist sie noch hier. Meine Mutter würde es niemals übers Herz bringen, ein gesundes Tier töten zu lassen.“ Sie lächelte. „Dabei hat sie inzwischen schon vier Hunde. Aber das Tierheim ist ja auch keine Lösung, denn dort droht den Hunden dasselbe Schicksal, wenn sich kein neuer Besitzer findet.“

„Wie traurig, dass die Leute sie nicht nehmen wollten.“ Jack Beauchamp schob die Hand durch den Maschendraht und kraulte Sophie hinter dem Ohr.

„Ja.“ Darin stimmte Mattie voll und ganz mit ihm überein. „Wenn Sie jetzt mitkommen wollen …“ Sie schlug wieder den sachlichen, geschäftsmäßigen Ton an. „Dann zeige ich Ihnen einen leeren Zwinger, damit Sie sehen können, wo Ihr Harry – so heißt er doch, stimmt’s? – unterkommt, wenn Sie sich entscheiden, ihn bei uns zu lassen.“

Mittlerweile hoffte sie, er würde es nicht tun, auch wenn ihre Mutter dringend auf Einnahmen angewiesen war. Sie hatte versprochen, ihr während des Osterwochenendes zu helfen, und das hieß, dass sie Jack Beauchamp dann unweigerlich wieder begegnen würde.

„Das ist tatsächlich eine luxuriöse Unterkunft“, sagte Jack Beauchamp, als er sich wenig später in den Sessel des leeren Zwingers fallen ließ.

„Hunde sind der beste Freund des Menschen, deshalb verdienen sie unserer Meinung nach das Beste vom Besten“, erklärte Mattie.

„Das sehe ich auch so“, stimmte er zu und stand auf. „Harry wird es hier gefallen. Es klingt vielleicht merkwürdig, aber ich habe ihn noch nie weggegeben, seit ich ihn als Welpen bekommen habe. Und er ist immerhin schon sechs Jahre alt.“

Ihr gefiel, was er sagte. Da sie mit Tieren aufgewachsen war, begegnete sie ihnen mit der gleichen Zuneigung wie ihre Mutter. Zweifelsohne liebte Jack Beauchamp seinen Hund sehr. Egal, wie er sonst sein mochte.

„Es wird Harry bei uns gut gehen“, versicherte sie ihm. „Ich zeige Ihnen jetzt die Außenzwinger. Jeder Hund hat einen eigenen.“ Sorgsam schloss sie ab, nachdem sie nach draußen gegangen waren. „Natürlich werden die Hunde täglich auch ausreichend ausgeführt“, fügte sie rasch hinzu, damit er nicht glaubte, die Tiere würden einfach nur eingesperrt und sich selbst überlassen.

Jack Beauchamp lächelte anerkennend. „Die Hundepension Ihrer Mutter ist luxuriöser als manches Hotel, das ich kenne.“

„Das hören wir oft“, bestätigte Mattie. Natürlich wusste sie, dass ihre Mutter viel Geld in den Bau der Zwinger investiert hatte, und auch der Unterhalt kostete einiges. Aber es lohnte sich durchaus, ein „Fünf-Sterne-Hotel“ für Hunde zu betreiben. Die Besitzer sahen sofort, dass ihre geliebten Vierbeiner hier in den besten Händen waren, wie sich jetzt wieder einmal zeigte.

„Erledigt Ihre Mutter alles allein, oder hat sie Hilfe?“, erkundigte er sich, als sie zum Büro zurückgingen.

„Sie muss nicht alles allein machen“, antwortete Mattie ausweichend. „Wie gefällt Ihnen übrigens die Umgebung hier, Mr Beauchamp? Sie ist wunderschön, stimmt’s? So ländlich, obwohl es gar nicht weit nach London ist.“ Sie hoffte, er würde nicht merken, dass sie das Thema absichtlich wechselte. Aber es ging ihn nun wirklich nichts an, ob sie ihrer Mutter nur ab und zu oder regelmäßig half.

„Ja, etwas so Schönes habe ich lange nicht mehr gesehen“, bestätigte er mit leiser Stimme.

Sie sah ihn an und stellte fest, dass er weder die Landschaft noch die üppige Blumenpracht der Beete entlang des Weges betrachtete, sondern sie, Mattie. Er kann es anscheinend wirklich nicht lassen, mit mir zu flirten, dachte sie aufgebracht.

„Jetzt überlasse ich Sie meiner Mutter, damit Sie die Einzelheiten mit ihr besprechen können“, verkündete sie energisch und führte ihn ins Büro.

Matties Mutter sah von den Papieren auf, die vor ihr auf dem Schreibtisch ausgebreitet lagen. „Ich hoffe, es sagt Ihnen zu, Mr Beauchamp“, sagte sie und lächelte ihn an.

„Durchaus“, bestätigte er und lächelte ebenfalls. „Und reden Sie mich doch bitte nicht so förmlich mit Mr Beauchamp an. Nennen Sie mich einfach Jack.“

„Sehr gerne, Jack! Ich heiße Diana.“

Mom ist im Gegensatz zu mir völlig unbefangen, stellte Mattie erstaunt fest. Natürlich war ihre Mutter gut zehn Jahre älter als Jack Beauchamp, aber welche Frau – egal, in welchem Alter – hätte nicht bemerkt, wie umwerfend attraktiv er war? Allerdings wusste sie, dass ihre Mutter kein großes Interesse an Männern hatte. Sie war seit zwanzig Jahren verwitwet und behauptete immer, sie habe ihren Mann zu sehr geliebt, um jemals wieder Zuneigung für einen anderen empfinden zu können.

„Darf ich fragen, wie Sie vom ‚Waudorf-Astoria‘ erfahren haben, Jack?“, erkundigte sich ihre Mutter interessiert. „Hat jemand uns empfohlen? Oder haben Sie eine unserer Anzeigen in einer Zeitung entdeckt?“

„Nein, es war auf Grund eines seltsamen Zufalls: Ich fand eine Ihrer Visitenkarten in meiner Firma, habe allerdings keine Ahnung, wie sie dorthin gelangt sein könnte.“

Mattie tat so, als würde sie sich plötzlich brennend für die Fotos interessieren, die an der Wand neben dem Schreibtisch hingen. Sie hoffte, dass weder ihre Mutter noch Jack Beauchamp merkten, wie verlegen sie plötzlich war.

„Wie sich jetzt zeigt, war es nicht nur ein seltsamer Zufall, sondern offensichtlich ein Glücksfall“, fügte er lächelnd hinzu.

„Das freut mich für Sie, Jack“, erwiderte Matties Mutter. Und es freute sie, dass der eigenartige Zufall ihr einen unerwarteten Kunden beschert hatte.

„Wie ich Ihrer Tochter vorhin schon erzählte, habe ich bisher noch nie daran gedacht, Harry in einer Hundepension unterzubringen – nicht einmal in einer so luxuriösen wie Ihrer, Diana. Es war einfach noch nie nötig, aber am kommenden Wochenende fliege ich mit meiner Familie nach Paris. Es bleibt niemand hier, der sich wie sonst, wenn ich auf Reisen bin, um Harry kümmern könnte. Ich weiß, dass ich mich sozusagen erst im allerletzten Moment um seine Unterbringung bemühe, Diana. Aber ich habe den Gedanken an die Trennung so lange wie möglich verdrängt.“

Familie? wiederholte Mattie im Stillen. Welche Familie? War Jack Beauchamp etwa gar kein Junggeselle, wie sie angenommen hatte, sondern verheiratet?

„Es ist nie leicht, wenn man seinen Hund zum ersten Mal in andere Hände gibt“, versicherte Diana ihm einfühlsam. „Aber keine Sorge, Jack. Ich verspreche Ihnen, dass wir uns sehr gut um Harry kümmern. Falls …“

„Entschuldigt mich bitte“, unterbrach Mattie ihre Mutter unvermittelt. „Ich habe noch einiges zu erledigen.“ Sie spürte auf einmal, dass sie es nicht länger aushalten konnte, mit Jack Beauchamp in einem Raum zu sein.

Allerdings stand er noch immer genau vor der Tür und versperrte ihr den Weg. Eine rasche Flucht war somit unmöglich.

„Danke, dass Sie mich herumgeführt und mir alles gezeigt haben, Miss Crawford“, sagte er höflich. „Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen.“

„Das Vergnügen war ganz meinerseits“, erwiderte Mattie ebenso höflich, wenn auch nicht ganz ehrlich. Dass er ihr nicht anbot, ihn beim Vornamen zu nennen, ärgerte sie, obwohl sie seinen Namen wohl kaum über die Lippen gebracht hätte.

Jack Beauchamp lächelte, und seine dunklen Augen funkelten wieder belustigt. Anscheinend merkte er, wie pikiert sie war, übergangen worden zu sein.

„Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder, Miss Crawford.“

Mattie hoffte das Gegenteil, obwohl kaum Chancen bestanden, dass sich ihre Hoffnung erfüllen würde.

„Vermutlich nächstes Wochenende, falls Sie Harry bei uns lassen“, erwiderte sie spitz. „Würden Sie mich jetzt bitte entschuldigen!“ Sie warf ihm einen auffordernden Blick zu, denn er hatte sich keinen Millimeter bewegt und stand ihr noch immer im Weg.

„Ja, natürlich.“ Mit einer zuvorkommenden Geste trat er einen Schritt beiseite.

Mattie flüchtete sich förmlich nach draußen und atmete tief durch. Drinnen hatte sie plötzlich das Gefühl gehabt zu ersticken.

Das also war Jack Beauchamp! Natürlich war er sehr attraktiv, das musste sie zugeben. Und man konnte ihn sogar charmant nennen, wenn man ignorierte, wie durchdringend er einen ständig ansah. Ihrer Mutter jedenfalls schien er zu gefallen, allerdings vertraute sie schnell anderen Menschen und mochte beinahe jeden. Wie hatte sie letztes Jahr von ihrer jungen Aushilfe geschwärmt, die sie dann bestohlen hatte. Nein, wenn Mom jemand mag, dann ist das nicht gerade eine verlässliche Empfehlung, dachte Mattie.

Als sie die Visitenkarten des „Waudorf-Astoria“ unauffällig in den Büros von „JB Industries“ verteilt hatte, hatte sie ja nicht ahnen können, dass Jack Beauchamp höchstpersönlich hier auftauchen würde.

Sobald er weg ist, werde ich Mom einiges erklären müssen, dachte Mattie und seufzte bedrückt. Denn der Mann, den sie vorhin empört als „unverbesserlichen Frauenheld“ und „Schürzenjäger“ beschimpft hatte, war kein anderer als ausgerechnet Jack Beauchamp.

2. KAPITEL

„Ein außerordentlich charmanter Mann“, meinte Matties Mutter, als Jack wenig später in seinem roten Sportwagen vom Grundstück fuhr und sie ihm nachwinkte.

Mattie schnitt ein Gesicht. Sie war ganz anderer Meinung, und plötzlich wurde ihr klar, dass sie ihrer Mutter wohl würde erklären müssen, warum sie von Jack Beauchamp nicht sehr viel hielt.

„So ungezwungen und freundlich, obwohl er offensichtlich reich ist“, schwärmte ihre Mutter weiter. „Er trägt die Nase nicht oben, hätte dein Großvater gesagt, Mattie. Jack hat Harry für das lange Wochenende zu Ostern angemeldet, womit wir beinahe ausgebucht sind. Ich muss zugeben … Aber was hast du denn?“

Mattie war hundeelend zu Mute, weil sie diesen „außerordentlich charmanten Mann“ erst eine Stunde zuvor ganz anders beschrieben hatte. Sie wich zwar keinen Deut von ihrer früheren Meinung ab, dennoch würde es peinlich werden, zu erklären, wer Jack Beauchamp wirklich war.

Sie atmete tief durch, um sich Mut zu machen. „Ich wusste nicht, dass man seinen Namen ‚Bietscham‘ ausspricht“, begann sie zögernd. „Andernfalls hätte ich …“ Ja, was? Egal, wie man den Namen aussprach, es änderte nichts daran, dass Jack Beauchamp nicht nur vier Freundinnen gleichzeitig hatte, sondern auch noch Frau und Kinder, wie sie jetzt wusste!

„Mattie?“ Argwöhnisch runzelte ihre Mutter die Stirn. „Was hast du angestellt?“

„Angestellt?“, wiederholte Mattie mit unnatürlich hoher Stimme und räusperte sich. „Wieso glaubst du, ich hätte etwas angestellt?“ Es war, wie sie nun merkte, nicht leicht, ihrer Mutter alles zu gestehen.

„Ich kenne dich doch“, erwiderte Diana beunruhigt. „Du gerätst ständig in die Patsche. Also, was hättest du gemacht, wenn du gewusst hättest, wie man den Namen Beauchamp ausspricht?“, hakte sie nach.

Alles wäre ganz anders gekommen, wenn sie im Terminkalender Jonathan Beauchamp von „JB Industries“ anstelle des Namens entdeckt hätte, den ihre Mutter einfach so notiert hatte, wie sie ihn am Telefon gehört hatte: Bietscham.

„Eigentlich ist es egal, aber … ach, Mom, du hast recht: Ich habe etwas wirklich Dummes angestellt“, gestand Mattie kleinlaut.

Falls Jack Beauchamp herausfand, was sie getan hatte, würde er seinen Hund bestimmt nicht einmal in die Nähe des „Waudorf-Astoria“ bringen.

„Möchtest du darüber reden, Mattie?“, fragte ihre Mutter mit sanfter Stimme. Sie war seit Jahren an die unüberlegten Handlungen ihrer Tochter gewöhnt, denen stets schnell Zerknirschung folgte.

Nein, eigentlich wollte Mattie ganz und gar nicht darüber reden, aber sie hatte keine andere Wahl. „Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig.“

„Soll ich uns Kaffee oder Kakao machen?“, erkundigte sich ihre Mutter.

Kaffee tranken sie bei kleineren Katastrophen, Kakao bei den wirklich schlimmen.

„Ich fürchte, diesmal brauchen wir ein Glas Whisky“, antwortete Mattie niedergeschlagen.

Ihre Mutter zog die Brauen hoch. So zerknirscht hatte sie Mattie noch nie erlebt, obwohl es im Verlauf der letzten Jahre zu genügend Beichten gekommen war, denn allzu oft nur handelte Mattie spontan aus dem Bauch heraus und dachte erst anschließend nach.

„Dann gehen wir besser ins Haus“, schlug ihre Mutter vor.

Mattie folgte ihr zögernd. Sie wusste, dass die kommenden Minuten alles andere als angenehm werden würden. Auch weil ihre Mutter vorhin richtig vermutet hatte, dass sie, Mattie, wohl vor allem wegen Richards Hinterhältigkeit mit solcher Heftigkeit reagiert hatte.

An ihrer Meinung über Jonathan Beauchamp änderte das natürlich nichts. Aber sie hätte sich sicher anders verhalten, wenn Richard sie nicht so verletzt hätte.

Statt Whisky einzuschenken, machte ihre Mutter Tee, und sie tranken ihn am Tisch in der behaglichen Küche. Die vier Hunde strichen ihnen liebevoll um die Beine.

„Und? Was hast du mir zu sagen, Matilda-May?“

Mattie, die schweigend in den Teebecher geblickt hatte, fuhr zusammen. „Bitte, nenn mich nicht bei diesem Namen, Mom. Es war wirklich nicht nett von euch, mich so zu taufen. Nur weil deine Mutter Matilda und Dads Mutter May hieß, musstet ihr doch nicht gleich …“

„Egal, wie lange du es hinauszögerst, du wirst schließlich doch mit der Sprache herausrücken müssen“, unterbrach ihre Mutter sie energisch.

Mattie schluckte trocken. „Na gut. Erinnerst du dich an den Frauenhelden?“

„Den was? Ach so, du meinst den Mann mit den vier Freundinnen, über den du dich vorhin so empört hast, richtig?“

„Richtig“, bestätigte Mattie verlegen. „Jack Beauchamp ist eigentlich Jonathan Beauchamp, und ihn meinte ich. Er ist der Frauenheld! Ich will sagen …“

„Ich glaube, ich weiß, worauf du hinauswillst“, entfuhr es ihrer Mutter. „Er ist der Mann, auf den du so wütend warst. Der Mann, dessen Sekretärin dich gestern beauftragt hat, Blumensträuße an seine sämtlichen Freundinnen zu schicken.“

Mattie nippte an dem heißen Tee und verbrühte sich fast die Lippe. Wie hatte sie nur so dumm sein können, diesen Auftrag so zu verpatzen? Und sie hatte sich auch noch für besonders clever gehalten! Jetzt, da sie Jack Beauchamp kennengelernt hatte, fragte sie sich, wie er reagieren würde, wenn er erfuhr, was sie angestellt hatte. Doch eigentlich war es nicht schwer zu erraten.

Er würde ihren Vertrag kündigen und ihr den Auftrag entziehen, sich um die Grünpflanzen und Blumenarrangements in seinem Firmengebäude zu kümmern. Vielleicht würde er sogar auch andere Firmen dazu bringen, auf ihre Dienste zu verzichten. Ganz sicher aber würde er keinen einzigen Blumenstrauß mehr in ihrem kleinen, aber gut gehenden Laden bestellen. Kurz gesagt: Er würde sie geschäftlich ruinieren. Und seinen Hund würde er bestimmt nicht ihrer Mutter anvertrauen.

„Ja, genau der ist er“, bestätigte Mattie schließlich ausdruckslos.

„Du hast seinen Auftrag doch ausgeführt, oder?“ Aus dem Gesicht ihrer Mutter sprach Sorge.

„Oh ja, das habe ich. Weißt du, ich habe schon einmal vier Blumensträuße an die betreffenden Frauen geliefert. Letztes Jahr zu Weihnachten.“

„Was beweist, dass er immerhin seit vier Monaten mit denselben Frauen liiert ist“, schlussfolgerte ihre Mutter logisch.

„Seine Sekretärin kam ins Geschäft, um mich mit der Lieferung zu beauftragen“, begann Mattie zögernd. „Sie gab mir vier Karten, die ich an die Blumensträuße heften sollte. Und ich … Ach, Mom … ich habe die Karten vertauscht!“

Lieber Himmel, sie war dreiundzwanzig Jahre alt! Es wurde höchste Zeit, dass sie aufhörte, sich derartig kindisch zu benehmen.

„Die Kartengrüße waren überhaupt nicht originell“, fügte sie hinzu, als wäre es eine Entschuldigung. „Er hat geschrieben: ‚Sandy, alles Liebe, J.‘, und ‚Cally, alles Liebe, J.‘ und so weiter. Ich dachte mir, es wäre bestimmt besser, wenn jede von den Frauen weiß, dass sie nicht die einzige für ihn ist. Deswegen habe ich die Karte an Tina zum Blumenstrauß für Cally gegeben, die an Sandy zu Tinas, Sallys zu Sandys und Callys zu Sallys. Das war dumm von mir, ich weiß, aber ich … Mom, weinst du?“

Besorgt betrachtete sie ihre Mutter, die das Gesicht in den Händen barg und deren Schultern leicht zuckten. „Ich gehe zu ihm und erkläre ihm alles, und vielleicht …“ Ratlos verstummte Mattie.

Ihre Mutter ließ die Hände sinken, und nun war klar, dass sie nicht weinte, sondern lachte. „Ach, Mattie! Du wirst tatsächlich zu Jack gehen und ihm einiges erklären müssen. Wie du das allerdings anstellen willst, ist mir ein Rätsel.“ Dann wurde sie wieder ernst. „Die Sache mit Richard war ja schon schlimm genug. Bis zu seiner Hochzeit habe ich jeden Tag damit gerechnet, seine Verlobte würde zur Tür hereinkommen und eine Erklärung von dir verlangen. Was du jetzt allerdings getan hast, schlägt dem Fass den Boden aus, wie man so schön sagt.“

„Sei bitte fair, Mom!“, protestierte Mattie. „An der Sache mit Richard hatte ich keine Schuld. Wie hätte ich ahnen sollen, dass er verlobt war?“

„Das konntest du wirklich nicht ahnen“, gab ihre Mutter zu. „Aber wir sind uns doch wohl einig, dass deine Idee, die Karten zu vertauschen, das Schlimmste ist, was du bisher angerichtet hast, oder?“ Offensichtlich musste sie sich Mühe geben, ernst zu bleiben.

„Das ist nicht komisch, Mom!“, fuhr sie ihre Mutter an, die sich jetzt nicht länger beherrschen konnte und hellauf loslachte.

„Nein, ist es wirklich nicht“, stimmte Matties Mutter zu, während ihr die Tränen die Wangen hinunterliefen.

„Dann hör bitte auf zu lachen!“ Mattie seufzte mitleiderregend. „Jack Beauchamp wird mir den Hals umdrehen. Er wird mir Daumenschrauben anlegen, mich am nächsten Baum aufknüpfen und …“

„Liebes, wenn er dir als Erstes den Hals umdreht, braucht er sich nicht die Mühe weiterer Strafmaßnahmen zu machen“, unterbrach ihre Mutter sie und versuchte sichtlich, sich zusammenzureißen.

„Er sieht aus wie einer, der es doch machen würde – nur zum Vergnügen“, meinte Mattie halblaut. Sie wusste nicht, ob sie ebenfalls lachen oder lieber weinen sollte. Denn es lag durchaus in Jack Beauchamps Macht, sie geschäftlich zu ruinieren.

„Du hast die Blumensträuße gestern bereits geliefert?“, erkundigte sich ihre Mutter.

Es war, wie sie beide wussten, eine rhetorische Frage. Mattie lieferte stets zum vereinbarten Zeitpunkt. Deshalb hatte sie so viele Stammkunden, denn die wussten, dass sie sich auf Mattie verlassen konnten. Aber Jack Beauchamp würde jetzt bestimmt nicht mehr dazugehören.

„Immerhin hat Jack vorhin nicht so ausgesehen, als hätte eine seiner Freundinnen ihre Wut an ihm ausgelassen. Er hatte weder Kratzer im Gesicht noch sonstige Blessuren“, meinte ihre Mutter tröstend, und ihre Mundwinkel zuckten schon wieder verräterisch.

Ich würde mich besser fühlen, wenn eine von ihnen ihm ein blaues Auge verpasst hätte, dachte Mattie niedergeschlagen. Dann wäre ihre unüberlegte Einmischung wenigstens gerechtfertigt gewesen.

„Mom, mir schaudert bei dem Gedanken, Jack alles gestehen zu müssen.“

„Das verstehe ich, nachdem ich ihn kennengelernt habe. Trotz seiner umgänglichen Art wirkt er, als würde er sich nichts gefallen lassen. Wenn du nicht zu ihm gehst, kommt er bestimmt morgen zu dir in den Laden.“

Das befürchtete Mattie ebenfalls. Wenn sie ihn jedoch in seiner Firma aufsuchte und freiwillig ein Geständnis ablegte, rechnete er ihr das vielleicht an und erwies sich als nachsichtig. Ja, sie hatte gar keine andere Wahl! Es ging ja nicht nur um sie, sondern womöglich hatte sie ihrer Mutter auch noch einen lukrativen Auftrag für das Wochenende zu Ostern vermasselt.

Das Wochenende, das Jack Beauchamp, wie Mattie jetzt wieder einfiel, in Paris verbringen wollte. Mit seiner Familie.

Vielleicht brauche ich doch nicht völlig zerknirscht zu tun, wenn ich mit ihm rede, sagte sie sich. Jemand, der Frau und Kinder hat, sollte anderen Frauen keine Blumen schicken. Sonst muss er damit rechnen, sich familiäre Probleme einzuhandeln.

Und um das zu vermeiden, würde Jack Beauchamp vielleicht geneigt sein, kein großes Aufheben von den vertauschten Grußkarten zu machen.

Ja, man sollte immer positiv denken, ermunterte sich Mattie. Jack Beauchamp konnte ihr nicht wirklich schaden. Oder doch?

Als Mattie in Jack Beauchamps eindrucksvollem Büro stand und ihn über den großen Schreibtisch hinweg ansah, war sie längst nicht mehr so selbstbewusst wie noch am Tag zuvor. Sie hatte Jack noch am gleichen Abend aufsuchen wollen, aber er hatte nur Adresse und Telefonnummer seines Büros hinterlassen, und so musste sie sich bis zum Montag gedulden.

Den ganzen Abend lang hatte sie sich Sorgen gemacht und in der Nacht schlecht geschlafen, weil sie sich immer wieder ausgemalt hatte, dass er wenigstens von einer seiner vier Freundinnen von den vertauschten Karten erfahren hatte.

Am Morgen hatte ihre Mutter ihr eine Tasse Kaffee gereicht, sie stumm angesehen und war dann ins Nebengebäude gegangen, um die Hunde zu füttern.

Mattie hatte ohnehin nicht reden wollen. Das wollte sie jetzt immer noch nicht, aber sie hatte, wie sie wusste, keine Wahl.

Hier in seinem Büro wirkte Jack Beauchamp zu allem Übel weit distanzierter als bei seinem Besuch im „Waudorf-Astoria“. Er trug einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine Krawatte und sah unnahbar aus. Allerdings war er auch völlig ruhig und sah gar nicht wie ein Mann aus, dessen Privatleben völlig durcheinandergeraten war.

Bring es endlich hinter dich, ermahnte sich Mattie und atmete tief durch.

„Mr Beauchamp, ich …“

„Nennen Sie mich doch Jack“, unterbrach er sie und lehnte sich zurück.

Warum hat er mir das nicht schon gestern angeboten? fragte sich Mattie pikiert. Es würde ihr zwar das Geständnis nicht leichter machen, wenn sie ihn beim Vornamen nannte, aber wenn das Gespräch in freundschaftlichem Ton geführt wurde, verlief es bestimmt angenehmer.

„Meine Sekretärin Claire erwähnte, dass Sie mich in einer dringenden Angelegenheit sprechen wollten“, sagte er und riss sie aus ihren Gedanken.

Natürlich hatte Mattie behauptet, es sei dringend, denn andernfalls hätte sie keinen Termin bekommen. Die Sekretärin hatte ihr einige Minuten vor der Mittagspause zugestanden und darauf hingewiesen, dass Mr Beauchamp um ein Uhr eine Verabredung habe.

„Gibt es ein Problem mit Harrys Unterbringung am Osterwochenende?“ Jack runzelte die Stirn.

„Nicht dass ich wüsste“, erwiderte Mattie schnell. „Ich bin allerdings auch nicht deshalb hier.“

„Nein?“ Der Ausdruck seiner dunklen Augen war unergründlich. „Warum wollten Sie mich denn dann so dringend sehen? Führt Sie etwa ein persönlicher Grund zu mir?“

Nicht der, den du dir anscheinend denkst, du Frauenheld, antwortete Mattie im Stillen und strich sich nervös den Rock glatt.

Sie hatte sich am Morgen für ein schlichtes dunkelblaues Kostüm und eine hellblaue Bluse entschieden, weil sie gehofft hatte, es würde ihr Selbstbewusstsein stärken, wenn sie wie eine erfolgreiche Geschäftsfrau aussah – die sie ja auch war. Trotzdem hätte sie sich nun am liebsten umgedreht und wäre aus dem Büro geflüchtet wie ein verschüchtertes Kind.

„Ich arbeite nicht in der Hundepension. Mr Beau… Jack“, fing sie an. Ich muss versuchen, freundlich zu bleiben, ermahnte sie sich. Es bestand ja die Hoffnung, dass er die Angelegenheit von der komischen Seite sah und ihr vergeben würde.

Würdest du das denn an seiner Stelle tun? fragte sie eine innere Stimme spöttisch.

Bestimmt nicht, gestand Mattie sich ein. Allerdings würde sie auch nie in eine derartige Situation geraten, weil sie sich niemals auf einen solchen Beziehungswirrwarr einlassen würde. Außer unwissentlich natürlich. So wie mit Richard.

„Was tun Sie denn beruflich, wenn Sie nicht bei Ihrer Mutter arbeiten, Mattie?“, erkundigte sich Jack freundlich.

Er hatte also von Anfang gewusst, wie sie mit Vornamen hieß. Na gut, natürlich nicht vom ersten Moment an, aber spätestens nachdem ihre Mutter sie so angeredet hatte. Trotzdem hatte er sie ständig mit „Miss Crawford“ angesprochen – und das war kein gutes Omen.

„Man könnte sagen, dass ich für Sie arbeite. Na ja, nicht direkt … Sie sind einer meiner Kunden und …“

„Moment, Mattie! Könnten Sie bitte kurz erwähnen, was Ihr Beruf ist? Bevor ich mir völlig falsche Vorstellungen davon mache.“

Was meinte er damit? Sie sah doch wirklich nicht aus wie eine …

„Ich bin Floristin“, antwortete sie kühl. „Ich bin die Besitzerin des Ladens ‚Blumenzauber‘.

Sie sah, wie sich Jacks Miene plötzlich verfinsterte. Offensichtlich wurde ihm nun einiges klar.

„Ach so!“ Er wirkte wie jemand, der endlich die Lösung eines Rätsels präsentiert bekommen hatte. „Kann es sein, dass Ihr dringender Wunsch, mich zu sehen, mit dem Vertauschen gewisser Grußkarten zusammenhängt?“

Nun war sich Mattie sicher, dass zumindest eine seiner Freundinnen mit Jack gesprochen hatte. Sie fühlte sich elend.

„Ich hatte vor, mich heute deswegen mit Ihnen in Verbindung zu setzen, Mattie“, sagte Jack, bevor sie auch nur ein Wort zu ihrer Verteidigung hatte vorbringen können.

„Das dachte ich mir“, gestand sie kleinlaut.

„Verstehe! Sie wollten meinem Besuch bei Ihnen zuvorkommen, indem Sie mich hier aufsuchen.“

„Ja“, gab sie kurz und bündig zu. „Sehen Sie, Jack, ich habe gestern Abend noch einige Unterlagen durchgesehen und dabei festgestellt, dass ich einen schrecklichen Fehler gemacht habe …“

„Einen Fehler. Tatsächlich?“, unterbrach er sie. Unerwartet stand er auf und ging auf sie zu. „Wann genau haben Sie Ihren Irrtum denn entdeckt?“

Obwohl sie Pumps mit hohen Absätzen trug und damit größer wirkte als nur knapp einen Meter sechzig, musste sie zu Jack aufblicken. Das behagte ihr überhaupt nicht. Er war ihr viel zu nahe, und sie hatte keine Ahnung, in welcher Stimmung er jetzt war. Nach dem Chaos, das sie in seinem Privatleben vermutlich angerichtet hatte, ist er bestimmt nicht gerade gut gelaunt, dachte sie.

„Gestern Abend, wie ich schon sagte. Es tut mir wirklich sehr leid, Jack, dass …“

„Mattie, ich finde unser Gespräch äußerst interessant, aber könnten wir es verschieben und die noch offenen Fragen bei einem gemeinsamen Abendessen klären?“, unterbrach er sie abermals und sah auf seine Armbanduhr. „Ich habe eine Verabredung zum Mittagessen, und in zwei Minuten erwarte ich …“

„Nein, wir können das Gespräch nicht beim Abendessen weiterführen!“, fiel Mattie ihm heftig ins Wort. Was bildete er sich eigentlich ein, sie einfach zum Essen einzuladen?

„Warum nicht?“, hakte er nach.

Empört funkelte sie ihn an. „Erstens, weil Sie verheiratet sind, Jack! Und zweitens, weil Sie trotzdem vier Freundinnen haben. Mindestens vier, soweit ich weiß“, fügte sie nachdrücklich hinzu.

Oh nein, jetzt habe ich mich verraten, dachte sie bestürzt. Nun konnte sie sich nicht mehr, wie sie es ursprünglich geplant hatte, auf einen dummen Fehler herausreden. Aber kein Wunder, dass sie die Kontrolle über sich verloren hatte, wenn Jack Beauchamp so unverfroren versuchte, sie seinem „Harem“ einzuverleiben!

Er war dicht an sie herangetreten, und ihr wurde bewusst, dass ihr, mit dem Schreibtisch im Rücken, keine Möglichkeit zur Flucht blieb, falls …

„Hallo, Jack! Bin ich zu früh dran?“, erklang eine Frauenstimme von der Tür her.

Mattie fuhr zusammen. Völlig auf Jack konzentriert, hatte sie gar nicht bemerkt, dass jemand ins Zimmer gekommen war.

Jack sah Mattie kurz mit zusammengekniffenen Augen an, dann trat er einen Schritt zurück und wandte sich lächelnd der Besucherin zu. „Nein, du bist pünktlich“, versicherte er höflich. „Mattie und ich haben gerade darüber gesprochen, ob ich sie heute Abend zum Essen ausführen darf.“

Mattie achtete nicht auf seine Worte, weil die Besucherin sie ganz in den Bann zog. Sie war außerordentlich attraktiv, das dichte schwarze Haar fiel ihr locker auf die Schultern, und ihre blauen Augen funkelten lebhaft. Dezentes Make-up betonte die feinen Gesichtszüge. Sie trug ein sichtlich teures, elegantes Kostüm und modische schwarze Sandaletten, die ihre langen schlanken Beine bestens zur Geltung brachten. Ob das eine von Jacks …

Jack umfasste Matties Arm und zog sie an sich heran. „Mattie, darf ich Sie mit meiner Schwester Alexandra bekannt machen?“

Denkt er wirklich, ich glaube ihm, dass die Frau seine Schwester ist? fragte sie sich.

„Nett, Sie kennenzulernen, Mattie.“ Alexandra lächelte herzlich. „Tut mir leid, wenn ich gestört habe“, fügte sie mit ihrer angenehm klingenden Stimme hinzu. „Claire war nicht im Vorzimmer, deshalb bin ich einfach so hereingekommen.“

„Sie haben nicht gestört“, versicherte Mattie nervös und wünschte, Jack würde sie loslassen, denn sein fester Griff brachte ihre Haut seltsam zum Prickeln. „Und ich wollte ohnehin gerade gehen“, fügte sie hinzu und trat einen Schritt beiseite.

Trotzdem lockerte Jack seinen Griff nicht und sah sie herausfordernd an. „Moment, Mattie! Wir haben noch nicht die Einzelheiten für heute Abend besprochen. Da Sie nicht mit mir essen gehen wollen, schlage ich vor, ich hole Sie um neun Uhr bei Ihnen zu Hause ab, und wir gehen in ein nettes Pub. Einverstanden?“

Warum vergaß er die Einladung nicht einfach? Wahrscheinlich, weil er mich nicht ungeschoren davonkommen lassen will nach meinem Schnitzer, argwöhnte Mattie.

„Na schön“, stimmte sie widerstrebend zu. „Wenn Sie unbedingt darauf bestehen.“

„Unbedingt!“, wiederholte Jack nachdrücklich.

„Okay“, erwiderte sie kurz angebunden. „Dann bis heute Abend um neun.“

Er nickte. „Ich freue mich schon darauf!“

Ich nicht, konterte sie im Stillen. Was würde er ihr alles vorhalten? Und was würde er wegen ihrer Sabotage seines Liebeslebens unternehmen?

3. KAPITEL

„Sie haben die Karten absichtlich vertauscht, habe ich recht?“

Mattie, die gerade an ihrem Weinglas nippte, verschluckte sich und musste husten, bis ihr die Augen tränten.

Jack klopfte ihr auf den Rücken. „Das wird gleich wieder.“

Sie saßen nebeneinander auf der Eckbank in einem gemütlichen Pub, das er vorgeschlagen hatte.

Fast hätte er mich von der Bank geworfen, so hart hat er geschlagen, dachte Mattie pikiert und versuchte, den Hustenreiz zu unterdrücken, was ihr allerdings nicht gelang.

An den Nebentischen drehten sich Leute um und sahen sie mitfühlend an. Jack hingegen schien eher amüsiert zu sein.

Nun musste sie zu allem Übel auch noch heftig niesen.

„Hier, putzen Sie sich die Nase“, forderte er sie auf und reichte ihr ein blütenweißes Taschentuch.

Sie tat es, und es half tatsächlich. Nur ihre Augen tränten noch immer.

„Fühlen Sie sich jetzt besser?“, erkundigte er sich.

Rasch tupfte sie sich die Tränen von den Lidern und war sich plötzlich sicher, dass sie die Wimperntusche verschmiert hatte. Tatsächlich! Ein kurzer Blick auf das eben noch weiße Taschentuch bestätigte ihren Verdacht.

„Ja, danke“, antwortete Mattie, obwohl es nicht stimmte. Wie sollte sie sich besser fühlen, wenn Jack wusste, dass sie die Karten mit voller Absicht vertauscht hatte? Sie knüllte das Taschentuch in der Hand zusammen, denn er wollte es bestimmt nicht zurückhaben, nachdem sie sich die Nase damit geputzt hatte.

Um Punkt neun Uhr war Jack erschienen, um sie abzuholen. Mattie stand bereits draußen am Ende der Auffahrt und wartete auf ihn. Ihre Mutter sollte auf keinen Fall merken, dass sie mit ihm verabredet war.

Beim Abendessen hatte Mattie lediglich berichtet, sie sei bei Jack Beauchamp gewesen und habe alles geklärt. Sie hatte auch behauptet, dass er seinen Hund nach wie vor im „Waudorf-Astoria“ unterzubringen gedenke – wozu sie ihn allerdings erst noch überreden musste.

Viel Hoffnung, es zu schaffen, hatte sie nach seiner einleitenden Bemerkung jetzt nicht mehr.

Mattie räusperte sich. „Ich habe heute Mittag zu erklären versucht, dass ich erst am Sonntag meinen Irrtum bemerkt habe, und …

„Ja, das haben Sie“, fuhr Jack trocken dazwischen. „Und Sie haben außerdem eine Bemerkung über meine Frau und vier Freundinnen gemacht, die mich vermuten lässt, dass Sie nicht ganz ehrlich waren.“

Schaudernd dachte sie an ihre unbedachten Worte.

„Stimmen Sie mir zu?“, hakte er nach und trank einen Schluck Bier.

Bevor ich am Samstag die Karten vertauscht habe, hätte ich mir die möglichen Konsequenzen besser überlegen sollen, dachte Mattie verzweifelt. Aber genau das war ja ihr Problem: Sie dachte nicht nach, sie handelte einfach.

Nun hätte sie am liebsten auch nicht weiter nachgedacht, denn ihr wurde immer klarer, wie dumm sie sich verhalten hatte. Es ging sie doch überhaupt nichts an, ob ein Kunde Dutzende Freundinnen hatte, die nichts voneinander wussten. Sie wurde bezahlt, um Blumen zu liefern, nicht, um moralische Urteile zu fällen – und schon gar nicht dafür, auf Grund dieser Urteile auf eigene Faust zu handeln!

„Und da ist noch etwas, Mattie“, fuhr Jack fort und kam mit seinem Gesicht dichter an sie heran.

Sie fühlte sich wie in einer Falle. An Flucht war jedoch nicht zu denken, denn selbst wenn sie hätte weglaufen können, wäre sie nicht weit gekommen. Jack verbrachte seine Arbeitstage, wie sie vermutete, hauptsächlich am Schreibtisch sitzend, aber er war durchtrainiert wie ein Sportler.

„Ich habe noch einmal über das Gespräch nachgedacht, das Sie gestern mit Ihrer Mutter hatten und das ich zufällig mit angehört habe, erinnern Sie sich?“ Er wartete ihre Bestätigung nicht ab. „Es ging um einen unersättlichen Schürzenjäger mit vier Liebhaberinnen gleichzeitig.“

Mattie bemerkte, wie auch der letzte Rest ihres Selbstbewusstseins schwand. Verlegen befeuchtete sie mit der Zunge ihre sich plötzlich trocken anfühlenden Lippen und sah Jack reumütig an. Sie wusste nicht, was sie hätte erwidern sollen.

„Sagen Sie endlich etwas, Mattie“, forderte Jack sie auf. „Gestern hatten Sie doch auch keine Schwierigkeiten, Ihre Gefühle auszudrücken, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.“

„Das fällt mir auch jetzt nicht schwer“, konterte sie heftig. „Ja, ich habe gestern mit meiner Mutter über Sie gesprochen, aber das bedeutet nicht … es heißt nicht, dass …“ Sie wusste nicht weiter.

„Was bedeutet es nicht?“

Wütend funkelte sie ihn an. „Ich habe einen Fehler gemacht, okay? Jeder macht gelegentlich Fehler.“ Sicher sogar ein Mann wie Jack Beauchamp, ergänzte sie im Stillen.

„Richtig“, stimmte er nachsichtig zu. „An welchen Ihrer Fehler denken Sie denn gerade?“

Mattie stöhnte innerlich. Sie saß neben einem außergewöhnlich attraktiven Mann in einem behaglichen Pub und hätte die Situation unter anderen Umständen sicher sehr genossen. Aber die Umstände waren nun mal leider keine anderen!

„Ich habe Sie heute in Ihrem Büro aufgesucht, um mich für meinen Fehler zu entschuldigen, und …“ Plötzlich fiel ihr etwas auf, und sie runzelte die Stirn. „Was soll das überhaupt heißen, an welchen meiner Fehler ich denke?“

„Endlich geben Sie zu, dass Sie mehr als einen gemacht haben, Mattie!“

Der größte Fehler war, ihrer Meinung nach, dass sie geglaubt hatte, sich gegen Jack behaupten zu können. Doch das meinte er sicher nicht. Vielmehr schien er andeuten zu wollen, dass sie etwas missverstanden habe.

„Sie haben gestern Ihre Familie erwähnt“, begann sie zögernd. „Ich habe vermutet, dass Sie Frau und Kinder meinen, aber …“

„Ich habe weder Frau noch Kinder“, beendete er den Satz. „Nur Eltern und Geschwister.“

„Und mit denen fahren Sie nach Paris?“, fragte Mattie zweifelnd. Bildete er sich wirklich ein, dass sie ihm das glaubte? Paris war die Hauptstadt der Liebe, aber kein Ziel für Familienausflüge!

Jack nickte. „Meine jüngste Schwester Alexandra – die Sie heute Mittag kennengelernt haben –, hat sich verlobt und sich in den Kopf gesetzt, das Ereignis in dem Restaurant oben im Eiffelturm zu feiern.“

Die Erklärung klang so absurd, dass Mattie am liebsten laut aufgelacht hätte. Zugleich war sie beinahe neidisch, dass es Frauen gab, die von einer Verlobungsfeier in Paris nicht nur träumten.

„Sie sind also nicht verheiratet?“, kam Mattie auf den entscheidenden Punkt zurück.

„Und ich habe auch keine vier Freundinnen“, fügte Jack mit Nachdruck hinzu.

„Jetzt bestimmt nicht mehr“, meinte sie und versuchte zu lächeln.

Er sah auch jetzt nicht aus wie ein Mann, dem eine seiner Geliebten – oder sogar alle vier – gerade die Hölle heiß gemacht hatte, aber Mattie hatte sich gewundert, dass er sich so kurzfristig mit ihr verabreden konnte. Was sie jetzt auf den Gedanken brachte, dass ihm vielleicht alle vier den Laufpass gegeben hatten …

„Wissen Sie, was ich glaube?“, fragte Jack nachdenklich. „Ich glaube, Ihr Vater hätte Sie früher öfter übers Knie legen sollen.“

Mattie verging das Lächeln augenblicklich. „Das war schlecht möglich, denn er starb, als ich erst drei Jahre alt war“, erklärte sie ausdruckslos.

An ihren Vater erinnerte sie sich nur noch undeutlich. Er war groß gewesen und hatte viel gelacht, und oft hatte er sie zur Schlafenszeit auf die Schultern gehoben und in ihr Zimmer getragen. Auch ihre Mutter war damals eine ausgesprochen lebenslustige Frau …

„Das tut mir leid. Es muss sehr schwer für Sie gewesen sein, Mattie.“

Seine Stimme brachte sie in die Gegenwart zurück. „Für meine Mutter war es wesentlich schlimmer“, erwiderte sie und zuckte die Schultern. Sie wollte sich nicht anmerken lassen, wie sehr es sie manchmal immer noch schmerzte, an ihren viel zu früh gestorbenen Vater zu denken.

„Das kann ich mir vorstellen“, pflichtete Jack ihr bei.

Sie erwartete, dass er nun fortfahren würde, ihr die Leviten zu lesen, aber er schwieg nachdenklich und mit einem unergründlichen Ausdruck in den dunklen Augen. Hoffentlich bedauerte er sie nicht, weil sie ihren Vater so früh verloren hatte. Auf das Mitgefühl eines Manns wie Jack Beauchamp konnte sie gut verzichten.

„Mein Problem ist folgendes“, begann Jack dann unvermittelt. „Ihre Einmischung hat mich in eine etwas schwierige Lage gebracht, Mattie.“

„Tatsächlich?“

„Tatsächlich“, bekräftigte er spöttisch. „Allerdings gäbe es einen Ausweg …“

Warum beschleicht mich das komische Gefühl, dass mir der überhaupt nicht behagen wird? fragte sie sich.

„Haben Sie einen gültigen Pass, Mattie?“

„Einen was?“, hakte sie verblüfft nach.

„Einen gültigen Pass“, wiederholte Jack zuvorkommend.

„Ja, schon … Warum wollen Sie das wissen?“ Im vergangenen Jahr hatte sie sich einen Reisepass ausstellen lassen, weil sie und ihre Mutter zum ersten Mal seit Jahren Zeit gefunden hatten, Urlaub zu machen, und zwar in Griechenland. Aber was ging es Jack an, ob und welche Ausweise sie besaß?

„Ich habe Ihnen doch erzählt, dass ich zu Ostern nach Paris reise“, rief er ihr ins Gedächtnis.

„Ja, ich weiß. Weil Ihrer jüngste Schwester dort ihre Verlobung feiert.“

„Und ich kann nicht allein fliegen, Mattie!“

„Allein? Aber sie reisen doch mit Ihren Eltern und Geschwistern!“ Ihr war noch immer nicht klar, worauf er hinauswollte.

„Ich meinte, dass ich eigentlich mit einer Begleiterin nach Paris wollte, Mattie. Und wenn Sie einen Reisepass besitzen, brauchte ich trotz allem nicht auf Begleitung zu verzichten.“

„Ich verstehe noch immer nicht … ach so!“ Plötzlich wusste sie, worauf er hinauswollte: Offensichtlich hatte er mit einer seiner vier Freundinnen nach Paris fliegen wollen. Und da Mattie sich eingemischt und die Karten vertauscht hatte, sprachen die Frauen wahrscheinlich nicht einmal mehr mit ihm, ganz zu schweigen davon, dass sie mit ihm zu verreisen gedachten.

Welche von ihnen verzichtete jetzt wohl auf ein Wochenende in Paris? Sally, Sandy oder … Das ist doch völlig egal, tadelte sich Mattie. Wichtig war jetzt nur, dass Jack offensichtlich auf die fixe Idee gekommen war, dass nun sie ihn begleiten solle.

„Das kommt überhaupt nicht infrage!“, antwortete sie schroff, und der Satz schien wie eine Mauer zwischen ihnen im Raum zu stehen. Wofür hielt er sie denn? Sie war Floristin, kein Callgirl, das man für ein Wochenende mieten konnte.

„Wirklich nicht?“, fragte Jack herausfordernd. „Was könnte denn romantischer sein als ein Frühlingswochenende in Paris?“

Sie sah ihn mit strengem Blick an. Den frivolen Ton konnte er sich bei ihr sparen. „Na gut, ich gebe zu, dass ich Ihnen durch meine Dummheit Ihre Osterpläne verdorben habe. Aber deshalb muss ich Sie doch nicht zur Strafe begleiten, oder? Sie haben Charme und sind attraktiv, Jack. Sie finden mit Sicherheit eine andere Frau, die Sie herzlich gern begleiten wird.“

Ja, die meisten Frauen würden das Angebot mit Freuden akzeptieren – und nicht allein, weil es um eine Reise nach Paris ging. Jack Beauchamp sah, so ungern Mattie es auch zugab, tatsächlich umwerfend gut aus und war so charmant, dass er jede Frau um den Finger wickeln konnte.

Mich natürlich ausgenommen, sagte sich Mattie rasch.

„Meinen Sie wirklich, eine andere Frau würde eine derartige Einladung sozusagen in letzter Minute annehmen?“, fragte Jack zweifelnd und sah sie mit einem Blick an, den sie nicht zu interpretieren vermochte.

Sie zuckte die Schultern. „Ihnen fällt bestimmt etwas ein. Sie haben doch eben selbst gesagt, es gebe nichts Romantischeres als den Frühling in Paris.“

„Richtig, und zudem haben Sie gerade festgestellt, dass ich gut aussehe und Charme habe“, erinnerte er sie.

„Ich wollte nur sagen, dass Sie auf viele Frauen bestimmt charmant und attraktiv wirken“, erwiderte sie abwehrend. Er sollte nicht glauben, sie fände ihn ebenfalls attraktiv – obwohl sie es natürlich tat. Oder besser gesagt: Sie fand, dass er gut aussah. Die Tatsache, dass er vier Freundinnen hatte, war allerdings völlig inakzeptabel. Nur inakzeptabel? Nein, nach dem Fiasko, das sie gerade erst mit Richard erlebt hatte, fand sie diesen Umstand sogar regelrecht verabscheuenswürdig!

„Jedenfalls wird mich keine der vier Frauen begleiten, denen ich Blumen geschickt habe.“ Jack seufzte leise. „Nein, Mattie, das ha...

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