Brenda Jackson Edition Band 14

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DEINE KÜSSE VERZAUBERN MICH von BRENDA JACKSON

Sieben Jahre lang hat sie versucht, Darius zu vergessen. Und nun läuft sie dem sexy Ex-Polizisten, der ihr einst das Leben rettete, immer wieder über den Weg. Aber auch wenn sie sich unwiderstehlich zu ihm hingezogen fühlt, gibt Summer ihm keine zweite Chance. Oder?

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  • Erscheinungstag 22.02.2025
  • Bandnummer 14
  • ISBN / Artikelnummer 9783751531481
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

BRENDA JACKSON

1. KAPITEL

„Was machst du denn hier, Summer?“

Summer Martindale, die gerade in einem Dokument las, erstarrte beim Klang der heiseren Stimme, die sie nahezu sieben Jahre lang nicht gehört hatte. Und obwohl es schon so lange her war, erinnerte sie sich nur zu gut an diesen sinnlichen Klang, der sie tief berührte.

Sie holte tief Luft, bevor sie den Kopf hob und in Darius Franklins dunkle Augen sah. Sein Blick strahlte eine Kühle aus, bei der Summer eine Gänsehaut bekam.

Sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr es sie aus der Fassung brachte, Darius wiederzusehen. Was einst zwischen ihnen gewesen war, gehörte endgültig der Vergangenheit an. Das hatte er ihr damals ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, und sie hatte ihm nie verziehen, auf welche Weise er es getan hatte. Die Schmerzen, die sie dabei empfunden hatte, wollte sie nie wieder in ihrem Leben erleiden müssen.

„Ich könnte dich dasselbe fragen, Darius“, erwiderte sie schließlich im gleichen scharfen Tonfall, in dem er seine Frage gestellt hatte.

Er sah wirklich beeindruckend aus, wie er da mit über der Brust verschränkten Armen an der Tür stand und sie ansah. In diesem Augenblick schossen ihr dieselben Gedanken durch den Kopf wie damals, als sie diesen Mann zum ersten Mal gesehen hatte. Mit seiner Größe von einem Meter fünfundachtzig, der dunklen Haut, dem kurz geschnittenen schwarzen Haar und dunkelgrauen Augen, war Darius Franklin ein außerordentlich attraktiver Mann. Ein paar kleine Veränderungen fielen ihr jedoch auf: Seine Wangenknochen schienen stärker hervorzutreten, und sein Gesichtsausdruck wirkte entschiedener, als sie ihn in Erinnerung hatte.

Sein finsterer Blick und die zusammengekniffenen Lippen ließen keinen Zweifel daran, dass auch Darius nicht besonders glücklich über das Wiedersehen war. Nicht dass es ihr anders erging. Sie konnte nicht behaupten, in den vergangenen Jahren nie an diesen Mann gedacht zu haben. Als sie sich jedoch den Herzschmerz und die Qualen ins Gedächtnis rief, die er ihr zugefügt hatte, bereute sie, ihn jemals in ihr Leben gelassen zu haben.

Während er sich vom Türrahmen abstieß und auf sie zukam, betrachtete sie seinen muskulösen Körper und spürte plötzlich Verlangen in sich aufsteigen. Darius wirkte noch genauso unwiderstehlich sexy wie damals. Die durchtrainierten Brust- und Armmuskeln zeichneten sich unter dem Baumwollstoff seines Hemdes deutlich ab, und er trug Jeans, die seine schmale Hüfte und die muskulösen Oberschenkel besonders gut zur Geltung brachten. Unwillkürlich musste Summer daran denken, wie er diese Oberschenkel damals an ihre gepresst hatte und sie ihn tief in sich gespürt hatte.

Mühsam verscheuchte sie die nur allzu lebhaften Erinnerungen. Stattdessen sah sie Darius wieder in die Augen und hielt seinem feindseligen Blick stand. Wieder einmal fragte sie sich, wieso dieser Mann, in den sie so heftig verliebt gewesen war, sie derart schäbig behandelt hatte.

„Ich wohne hier in Somerset.“

Er lebte hier in Somerset in Maverick County? Diese Neuigkeit überraschte Summer. Wann hatte er wohl das Houston Police Department verlassen – und vor allem: warum?

„Ich wohne auch in Somerset“, hörte sie sich sagen. „Ich bin letzten Monat hierher gezogen und arbeite jetzt als Sozialarbeiterin bei Helping Hands.“

Überrascht sah er sie an. „Als Sozialarbeiterin?“

„Ja, genau.“

Seine Verwunderung war verständlich. Als er sie vor sieben Jahren getroffen hatte, war er ein vierundzwanzigjähriger Detective beim Houston Police Department gewesen. Und Summer ein neunzehnjähriges Mädchen, das den Klauen ihres Verlobten Tyrone Whitman zu entkommen versuchte. Nachdem sie die Verlobung mit ihm gelöst hatte, hatte Tyrone die Trennung nicht akzeptiert und sie monatelang verfolgt. Schließlich hatte er sie allein in ihrem Apartment überrascht und ihr drei Stunden lang eine Waffe an den Kopf gehalten.

Während die Spezialeinheit der Polizei versucht hatte, Tyrone zum Aufgeben zu bewegen, war Darius durch das Badezimmerfenster in Summers Apartment eingestiegen, hatte Tyrone überwältigt und sie gerettet. In dieser Nacht war Darius zu Summers Ritter in strahlender Rüstung geworden.

Am nächsten Tag war er zu ihr gekommen, um die zerbrochene Fensterscheibe im Bad zu reparieren. Als ein nicht allzu schlauer Richter zugelassen hatte, dass Tyrone auf Kaution wieder freikam, war Darius bis zum Tag der Gerichtsverhandlung außerdem noch zu Summers persönlichem Beschützer geworden. Danach hatten sie sich fast täglich gesehen, und wann immer er sie zwischen seinen Schichtwechseln besucht hatte, hatte er ihr das Gefühl gegeben, etwas Besonderes zu sein.

Und für eine einzige Nacht war er ihr Liebhaber gewesen.

„Dann hast du also studiert und deinen Abschluss gemacht?“, fragte er, und fast glaubte sie, einen bewundernden Unterton wahrzunehmen. Doch der harte Ausdruck in seinen Augen verriet ihr, dass sie sich getäuscht haben musste.

„Ja, ich habe meinen Abschluss gemacht“, erwiderte sie, stolz auf ihre Leistung. Darius hatte zu den wenigen Menschen gehört, die sie zum Studium ermuntert hatten. Er hatte ihr geholfen, an sich selbst zu glauben. Eine Zeit lang hatte sie außerdem geglaubt, dass es für sie beide eine gemeinsame Zukunft gab – doch diese Hoffnung hatte er zerstört.

„Herzlichen Glückwunsch.“

„Danke“, entgegnete sie hastig und schob das Dokument zur Seite, in dem sie gelesen hatte. „Also, warum bist du hier, Darius? Was machst du hier bei Helping Hands?“

„Ich installiere hier das Sicherheitssystem und das Buchhaltungsprogramm“, erwiderte er, als ob das alles erklären würde.

Sie nickte. „Ach ja, der Texas Cattleman’s Club wollte jemanden vorbeischicken“, bestätigte sie und hatte ziemliche Schwierigkeiten, sich auf ihre Worte zu konzentrieren.

Sie hatte bereits eine Menge von dem Texas Cattleman’s Club gehört. Er bestand aus einer Gruppe von angesehenen Männern, die sich als so eine Art Beschützer des texanischen Staates betrachteten. Seine Mitglieder zählten allesamt zu den reichsten Männern des Landes. Der Club unterstützte viele der Projekte von Helping Hands, unter anderem ein neu eröffnetes Frauenzentrum in einer etwas ärmeren Gegend des ansonsten wohlhabenden Maverick Countys.

Summer hatte sich für die Stelle im Frauenzentrum beworben, die sie als eine gute Möglichkeit für einen Neuanfang betrachtete. Und so war sie von Austin, wo sie die vergangenen sechs Jahre gelebt hatte, hierher nach Somerset gezogen.

„Wie bist du eigentlich an den Auftrag gekommen?“, konnte sie sich nicht verkneifen zu fragen.

Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe eine eigene Sicherheitsfirma.“

Verwundert darüber, dass er tatsächlich nicht mehr bei der Polizei arbeitete, runzelte sie die Stirn. Darius war ein ausgezeichneter Detective gewesen, und sie hatte sich immer vorgestellt, dass er Karriere bei der Polizei machen würde.

„Und wie lange lebst du jetzt schon in Somerset?“, wollte sie wissen.

„Fast sechs Jahre.“

Das war beinahe genauso lang, wie sie in Austin gewohnt hatte. Er musste ein Jahr nachdem sie ihre Beziehung beendet hatten, hierhergekommen sein. Unwillkürlich verbesserte sie sich im Stillen: Sie hatten ihre Beziehung überhaupt nicht beendet, weil sie eigentlich gar keine gehabt hatten … zumindest nicht so, wie sie geglaubt hatte.

„Wenn du dein Verhör beendet hast, würde ich gerne mit meiner Arbeit anfangen“, bemerkte er.

„Von mir aus. Ich räume den Platz, falls du hier arbeiten musst“, entgegnete sie und stand auf. Es war doch ein bisschen zu viel für sie, ihn nach all den Jahren wiederzusehen. Bittersüße Erinnerungen stiegen in ihr auf, doch sie war entschlossen, dem Anflug von Sentimentalität zu widerstehen.

„Wenn du noch was brauchst, dann sag es Marcy Dillard, unserer Sekretärin hier. Ich gehe in der Zwischenzeit zum Mittagessen.“

Eilig griff sie nach ihrer Tasche und ging an ihm vorbei zur Tür.

„Summer?“

„Ja?“, fragte sie, während sie sich umdrehte.

Immer noch hatte er diesen kühlen Ausdruck in den Augen. „Ich würde gerne sagen können, dass ich mich freue, dass du jetzt hier lebst, aber das wäre eine Lüge.“

Verärgert sah sie ihn an. „Tja, dann werden wir wohl lernen müssen, uns zu arrangieren, meinst du nicht?“ Und ohne seine Antwort abzuwarten, ging sie einfach.

Darius lehnte sich an den Schreibtisch und blickte Summer nach. Es dauerte eine Weile, bis sich sein Herzschlag wieder beruhigt hatte.

Sieben Jahre waren eine lange Zeit, trotzdem hatte es ihm heute einen Stich versetzt, Summers überraschten Blick zu sehen. Die Erinnerungen überwältigten ihn, als er daran dachte, wie viel sie ihm damals bereits nach so kurzer Zeit bedeutet hatte. Und wie sehr ihr Betrug ihn verletzt hatte.

Frustriert schlug er mit der Faust auf den Tisch. Wie konnte es sein, dass er diese Frau nach all der Zeit immer noch so begehrenswert fand? Nach allem, was sie ihm angetan hatte? Warum erregte ihr Anblick ihn immer noch genauso wie vor sieben Jahren? Sie war nicht mehr die Neunzehnjährige, die abgesehen davon, dass sie sich von ihrem brutalen Verlobten befreien wollte, nicht gewusst hatte, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Sie war genauso betörend, wie er sie in Erinnerung gehabt hatte – und vielleicht sogar noch betörender als früher.

Summer hatte sich zu einer vollendeten Schönheit entwickelt. Sie war schlank, trug das braune, glatte Haar schulterlang und hatte haselnussbraune Augen, die ihn magisch anzogen. Ihre hellbraune Haut sah so unglaublich weich aus, dass er unwillkürlich daran denken musste, wie himmlisch es sich angefühlt hatte, sie zu berühren.

Für einen Augenblick senkte Darius den Kopf, als weitere Erinnerungsfetzen in ihm wach wurden – Erinnerungen, die er mühsam zu vergessen versucht hatte.

Nach dem College hatte er eine Stelle im Houstoner Police Department angenommen, fest dazu entschlossen, eine Bilderbuchkarriere zu machen. Als die Polizei zu einem Fall häuslicher Streitigkeiten gerufen worden war, waren Darius und sein Partner Walt Stewart als Erste dort eingetroffen.

Eine junge Frau, die gegen ihren ehemaligen Verlobten eine einstweilige Verfügung erwirkt hatte, befand sich in höchster Gefahr. Der Mann, ein gewisser Tyrone Whitman, war in ihr Apartment eingebrochen und drohte, sie zu erschießen, wenn sie nicht zu ihm zurückkehrte.

Während Walt versuchte, den Typen zur Aufgabe zu überreden, gelang es Darius, durch das Badezimmerfenster in die Wohnung einzusteigen, Whitman zu überwältigen und Summer zu befreien.

Nachdem Whitman auf Kaution bis zur Verhandlung wieder freigelassen worden war, hatte Darius sich um Summers Sicherheit Sorgen gemacht und es persönlich übernommen, auf die junge Frau aufzupassen. Doch schnell wurde offensichtlich, dass da viel mehr für ihn dahintersteckte. Er fühlte sich zu ihr hingezogen und war überzeugt davon, sie sei etwas Besonderes. Eine junge Frau, die sich auf den falschen Kerl eingelassen hatte – und die jetzt versuchte, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Obwohl sein Kollege ihn davor gewarnt hatte, hatte Darius sich in sie verliebt.

Er hatte geglaubt, sie zu kennen und dass sie dasselbe für ihn empfand – besonders nach dieser einzigartigen, leidenschaftlichen Nacht, die sie gemeinsam verbracht und in der sie sich voller Hingabe geliebt hatten. Er zitterte immer noch, wenn er an diese Nacht und die Dinge zurückdachte, die sie im Rausch der Leidenschaft angestellt hatten. Obwohl er sich in den vergangenen sieben Jahren redlich darum bemüht hatte, hatte Darius diese Liebesnacht nie vergessen können.

Offensichtlich hatte sie mehr für ihn bedeutet als für Summer.

Am Tag danach hatte sein Bruder Ethan einen schweren Autounfall gehabt, und Darius war sofort zu ihm nach Charleston gefahren. Da er Summer nicht erreichen konnte, hatte er seinen Partner Walt gebeten, ihr Bescheid zu sagen. Als er eine Woche später nach Houston zurückkehrte, war Summer verschwunden. Sie hatte einfach ihre Sachen gepackt und die Stadt verlassen – ohne zu sagen, wohin sie gegangen war. Sie hatte Walt gebeten, Darius auszurichten, dass sie mit einem älteren Mann ein neues Leben beginnen wollte. Einem reichen Mann – etwas, was Darius damals noch nicht war.

Nachdem er beinahe seinen Bruder verloren hatte, war er am Boden zerstört gewesen, dass jetzt auch noch Summer ihm den Rücken zugekehrt hatte und alles, was zwischen ihnen gewesen war, für Geld aufgab.

Er verzog die Lippen zu einem bitteren Lächeln, als er sich fragte, was Summer wohl jetzt sagen würde, wenn sie herausfand, dass er ein sehr wohlhabender Mann geworden war. Sein Geld hatte er einigen gelungenen Investitionen und seinem erfolgreichen Sicherheitsunternehmen zu verdanken. Wahrscheinlich dachte sie, dass der Texas Cattleman’s Club ihm lediglich den Auftrag gegeben hatte, das Sicherheitssystem bei Helping Hands zu installieren – er konnte sich ihre Überraschung vorstellen, sollte sie jemals herausfinden, dass er ein Mitglied dieses angesehenen Clubs war, der die Stiftung und somit auch Summers Gehalt finanzierte.

Ein plötzlich auftauchender Gedanke verursachte ihm eine Gänsehaut. Was, wenn sie es bereits wusste? Was, wenn sie nur nach Somerset gekommen war, weil sie von seinem Erfolg gehört hatte – und glaubte, Darius wieder zurückerobern zu können? Einer Frau, die nach einem reichen Ehemann Ausschau hielt, war alles zuzutrauen. Schon einmal war er gutgläubig gewesen – meinte sie etwa, er würde wieder auf sie hereinfallen? Wenn er darüber nachdachte, was sie vor sieben Jahren getan hatte, traute er ihr ein solches Verhalten durchaus zu.

Seine Gedanken überschlugen sich beinahe, während er weitere Vermutungen anstellte. Er hatte keinen Ring an ihrem Finger entdeckt, das hieß, dass sie wahrscheinlich nicht verheiratet war. Sie hatte tatsächlich sehr überrascht gewirkt, als er im Frauenzentrum auftauchte. Aber natürlich konnte das auch nur gespielt gewesen sein. Er hatte schließlich damals auf die harte Tour selbst herausgefunden, was für eine begabte Schauspielerin sie war. Eines stand für ihn auf jeden Fall fest: Dieses Mal würde er auf der Hut sein. Sie hatte ihm sein Herz einmal gebrochen, noch einmal würde es ihr nicht gelingen.

Er wollte gerade mit der Arbeit anfangen, für die er eigentlich hierhergekommen war, als sein Handy klingelte. Der Klingelton verriet ihm, wer der Anrufer war, und er ging ran. „Ja, Lance?“

„Hey, Mann, tut mir echt leid, ich habe deinen Anruf vorhin verpasst.“

„Kein Problem. Ich wollte dir eigentlich nur erzählen, dass Chief Ingle von der Feuerwehr sich bei mir gemeldet hat. Ich treffe mich morgen Abend mit ihm, um ein paar Dinge zu besprechen. Er meinte, dass er den offiziellen Bericht in gut einer Woche fertig haben wird. Daraus geht hervor, dass das Feuer absichtlich gelegt wurde.“

Lance Brody war Darius’ bester Freund. Er kannte ihn noch aus seiner Zeit an der Universität von Texas, wo sie sich gemeinsam mit einem weiteren Freund, Kevin Novak, ein Zimmer geteilt hatten. Zwischen den dreien war eine Freundschaft entstanden, die ein Leben lang halten würde. Es gab nichts, was einer für den anderen nicht tun würde, und Darius verdankte seinen finanziellen Erfolg nicht zuletzt diesen beiden Männern.

Lance und sein jüngerer Bruder Mitch kamen aus einer reichen Familie und besaßen gemeinsam die Brody Oil and Gas Company. Die beiden hatten Darius schon häufiger um seine Mithilfe bei Ermittlungen gebeten – genau wie Kevin, der äußerst erfolgreich im Immobilienbereich tätig war.

Lance und Kevin waren in Somerset aufgewachsen und hatten Darius davon zu überzeugen versucht, nach dem Studium auch dort hinzuziehen. Doch er hatte sich für den Job in Houston entschieden. Kurz nach dem Zwischenfall mit Summer hatte er allerdings beschlossen, in Somerset ein neues Leben zu beginnen.

Seitdem hatte er eng mit seinen Freunden zusammengearbeitet, und Lance hatte ihn engagiert, um die Ursache für das Feuer herauszufinden, das vor einigen Wochen in der Raffinerie von Brody Oil and Gas ausgebrochen war. Es hatte zwar erheblichen Schaden angerichtet, aber glücklicherweise war niemand ernsthaft verletzt worden. Darius hatte von Anfang an geglaubt, dass es sich um Brandstiftung handelte, und jetzt hatte Chief Ingle seinen Verdacht bestätigt.

„Ich kann es kaum erwarten, Alex endlich dranzukriegen“, sagte Lance. „Und ich werde dafür sorgen, dass er so schnell nicht wieder aus dem Gefängnis kommt.“

Lance und Mitch waren ziemlich sicher, dass Alejandro „Alex“ Montoya, der langjährige und verhasste Rivale der Brüder, das Feuer gelegt hatte.

„Komm mal wieder auf den Teppich, Lance. Der Mann ist so lange unschuldig, bis wir seine Schuld bewiesen haben“, wandte Darius ein.

„Warte, bis der Bericht veröffentlicht ist. Ich sage dir, Alex Montoya steckt hinter dem Feuer.“

„Das kann ja durchaus sein“, erwiderte Darius, der wusste, dass es keinen Zweck hatte, mit Lance darüber zu diskutieren. „Aber das müssen wir erst einmal beweisen. Wie geht es eigentlich Kate?“, fragte er scheinbar beiläufig, um das Thema zu wechseln. Lance und Kate waren vor ein paar Wochen nach Las Vegas geflogen, um Hals über Kopf zu heiraten.

„Kate geht es gut, und ich weiß ganz genau, was du mit deiner Frage bezwecken willst“, entgegnete Lance.

Darius lachte leise auf. „Bring mich ruhig zum Lachen. Ich kann es dringend gebrauchen.“

„Klingt, als hättest du einen schlechten Tag gehabt“, bemerkte Lance.

„Das kannst du laut sagen. Summer ist hier.“

Am anderen Ende der Leitung herrschte zunächst Schweigen. „Summer? Deine Summer?“, fragte Lance schließlich nach.

Das klang irgendwie seltsam, dachte Darius, denn Summer hatte ja nie richtig zu ihm gehört. Da er aber mal gedacht hatte, dass sie es tat, hatte er Lance natürlich alles über sie erzählt. „Ja, Summer Martindale.“

„Was macht sie denn in Somerset?“

„Sie ist Sozialarbeiterin im Helping Hands Frauenzentrum“, erwiderte Darius mit einem tiefen Seufzer. „Ich bin eigentlich nur wegen der Sicherheitssysteme hingegangen und dabei ausgerechnet in ihrem Büro gelandet.“

„Na, ich kann mir schon vorstellen, wie sehr ihr beide euch über das Wiedersehen gefreut habt“, meinte Lance sarkastisch.

„Ja, und das ist sogar noch untertrieben.“

„Das hört sich ganz danach an, als könntest du einen Drink vertragen. Lass uns doch in der Mittagspause im Café vom Cattleman’s Club treffen.“

Als Darius kurz darauf auflegte, wusste er, dass Lance recht gehabt hatte. Er brauchte jetzt unbedingt einen Drink.

Summer machte es sich im Red Sky Café bequem, das drei Blocks vom Frauenzentrum entfernt lag. An diesem herrlichen Augusttag hatte sie den Spaziergang in vollen Zügen genossen und dabei die Gelegenheit genutzt, die unerwartete Begegnung mit Darius zu verarbeiten.

Sie sah sich im Café um. Seitdem sie für Helping Hands arbeitete, war sie oft zum Lunch hier gewesen und hatte sich mit den Besitzern angefreundet. Die Timmons hatten schon immer hier gelebt und hatten geholfen, die Mitglieder des Texas Cattleman’s Clubs zu überzeugen, das Frauenhilfsprojekt finanziell zu unterstützen.

Helping Hands bot Frauen Schutz, die Opfer von Gewalt geworden waren. Die Mitarbeiter unterstützten die Frauen, über das Erlebte hinwegzukommen und dabei, neue Pläne für ihre Zukunft zu schmieden. Helping Hands hatte erst vor einigen Monaten eröffnet, und Summer war als Mitarbeiterin im Beraterteam eingestellt worden. Summer wusste den Einsatz der Mitglieder des Texas Cattleman’s Clubs für dieses Projekt sehr zu schätzen. Aus eigener Erfahrung wusste sie nur zu gut, wie wichtig eine solche Einrichtung war.

Erst nachdem Summer sich mit Tyrone verlobt hatte, war ihr seine besitzergreifende Art aufgefallen. Immer wieder hatte er sie sowohl psychisch als auch physisch gequält, bis Summer es nicht mehr ausgehalten hatte und sich an ein Frauenhilfsprojekt in Houston gewandt hatte. Dort hatte sie endlich die Kraft gefunden, mit ihrem gewalttätigen Verlobten Schluss zu machen. Die Beraterinnen hatten ihr deutlich gemacht, dass sie zwar keinen Einfluss auf Tyrone, sehr wohl jedoch auf ihr eigenes Verhalten hatte. Was bedeutete, dass nur sie allein die Entscheidung treffen konnte, sich aus dieser Situation zu befreien.

Tyrone hatte ihren Entschluss, ihn zu verlassen, nicht akzeptieren wollen und deswegen damit begonnen, sie auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Deshalb hatte sie damals eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirkt. Doch Monate später war er eines Nachts in ihr Apartment eingebrochen und hatte damit gedroht, sie zu töten. Wenn sie daran zurückdachte, lief es ihr immer noch kalt den Rücken herunter.

Nach ihren eigenen schrecklichen Erfahrungen, die sie mit Tyrone gemacht hatte, und nachdem Darius ihr das Herz gebrochen hatte, hatte sie das Vertrauen in ihr eigenes Urteilsvermögen, was Männer anging, verloren, und war seitdem allein geblieben. Sattdessen hatte sie sich in ihre Bücher vergraben, um ihren Abschluss zu bekommen. Nach dem College hatte sie sich dann ausschließlich auf ihre Arbeit konzentriert, um Frauen in Not zu helfen.

„Was soll es denn heute sein, Miss Martindale?“

Lächelnd sah Summer zu der Kellnerin auf. Ihr Name war Tina Kay, und sie war eine der ersten Frauen gewesen, die Summer bei Helping Hands betreut hatte. Mit gerade mal siebzehn Jahren war sie auch die bisher Jüngste gewesen. Tina war von zu Hause durchgebrannt, nachdem man sie von einer Pflegefamilie zur nächsten abgeschoben hatte. Doch der Mann, mit dem sie dann zusammenlebte, hatte sie regelmäßig geschlagen, und Tina war davon überzeugt gewesen, die Schläge auch verdient zu haben.

Unwillkürlich musste Summer an ihre eigene Lebensgeschichte denken. Nach der Highschool hatte sie die Welt entdecken wollen. Sie war bei ihrer Tante Joanne aufgewachsen, nachdem ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Ihre Tante hatte versucht, Summer zum Bleiben in Birmingham zu bewegen, aber Summer hatte Alabama verlassen, um sich bis nach Kalifornien durchzuschlagen. Bis dahin hatte sie es allerdings nicht geschafft, sondern war irgendwie in Houston gestrandet, wo sie einen Job als Kellnerin in einem Schnellrestaurant gefunden hatte. Dort hatte sie auch Tyrone kennengelernt, dessen Arbeitgeber die Restaurants regelmäßig belieferte. Irgendetwas in ihr hatte sie schon damals von ihm gewarnt, aber sie hatte den Glauben daran nicht aufgeben wollen, dass doch noch ein guter Kern in ihm schlummerte. Sie hätte sich wirklich nicht mehr irren können.

„Dasselbe wie immer“, antwortete Summer endlich und lehnte sich entspannt in ihren Stuhl zurück, während sie sich auf den Salat mit gegrilltem Hühnchenfleisch freute. Einen Moment lang betrachtete sie Tina, die heute vollkommen anders aussah als die junge Frau, die einst mit einem geschwollenen Auge und blauen Flecken am ganzen Körper ins Helping Hands gekommen war. „Wie geht es Ihnen, Tina?“, fragte sie.

Das Lächeln der Kellnerin wurde noch herzlicher. „Es geht mir gut, danke. Ich wohne jetzt in der Wohnung über den Timmons. Und ich habe mich für ein paar Mathekurse an der Volkshochschule eingeschrieben.“

„Und was macht die Selbstverteidigung?“ Das Frauenzentrum bot einen Kurs an, der immer ausgebucht war.

„Der Kurs ist ganz großartig. Wir haben einen tollen Lehrer, der uns eine Menge Tricks beibringt.“

Summer bemerkte, wie aufgeregt Tina war, und freute sich darüber. Der Kerl, der Tina verprügelt hatte, war nicht mehr in der Stadt, und es war Haftbefehl gegen ihn erlassen worden. Sie musste an Tyrone denken, der zu zwanzig Jahren verurteilt worden war. Wahrscheinlich wäre die Strafe nicht so hoch ausgefallen, wenn Tyrone dem Richter nicht gesagt hätte, wohin er sich seiner Meinung nach das Urteil schieben könne. Kopfschüttelnd fragte sie sich, wie sie jemals diesen Mann hatte lieben können. Vermutlich war sie mit achtzehn einfach zu jung und leicht zu beeinflussen gewesen.

„Ich bin gleich mit Ihrem Essen zurück“, versprach Tina.

Als die junge Kellnerin gegangen war, musste Summer an den Mann denken, den sie eben im Frauenzentrum zurückgelassen hatte. Den Mann, den sie unbedingt hatte vergessen wollen. Eigentlich hatte sie gedacht, dass ihr Umzug nach Somerset ein guter Neuanfang sein würde. Eine neue Stadt, neue Leute, ein neuer Job. Sie hatte nicht damit gerechnet, hier und heute mit ihrer Vergangenheit konfrontiert zu werden.

Den Frauen, die sie beriet, erzählte sie immer wieder, dass sie mit jeder Herausforderung zurechtkommen konnten, wenn sie sich ihr nur stellten. Jetzt war die perfekte Gelegenheit, ihren eigenen Ratschlag zu befolgen. Das Schicksal hatte ihr übel mitgespielt, indem es sie und Darius wieder in dieselbe Stadt geführt hatte. Aber Summer würde damit fertigwerden. Sie würde mit Darius fertigwerden.

Leicht gereizt betrat Darius das Café des Texas Cattleman’s Club und sah sich um. Das ehemalige Herrenhaus mit den sechsundzwanzig Räumen war in einen Ort der Erholung und Entspannung verwandelt worden – und das war genau das, was Darius jetzt dringend nötig hatte.

Zum Club gehörten einen Golfplatz, ein hochmoderner Wellnessbereich, Reitställe und ein klimatisiertes Schwimmbad, dessen Dach sich öffnen ließ. Darüber hinaus gab es zahlreiche Versammlungszimmer, eine gut ausgestattete Bücherei und einen gediegenen Speisesaal.

Darius, Lance und Kevin brachten gemeinsam mit Mitch und Justin Dupree, einem weiteren Freund der Brodys, viel Zeit damit zu, im Spielsalon Poolbillard zu spielen. Während der Footballsaison im vergangenen Herbst hatten sie förmlich vor dem hochauflösenden Fernseher geklebt, um auf gar keinen Fall eines der Spiele zu verpassen.

Lance saß an einem Tisch im hinteren Teil des Raums. Im Café konnte man sowohl zu Mittag als auch zu Abend essen, und es war nicht unüblich, dass die beiden Freunde sich hier zum Lunch trafen. In letzter Zeit zog es Lance allerdings immer wieder schnell in seine Firma zurück, denn seine frischgebackene Ehefrau Kate arbeitet weiterhin als seine persönliche Assistentin bei Brody Oil and Gas und wartete dort auf ihn.

So wie Darius seinen Freund Lance kannte, bezweifelte er, dass dieser Kate viel Arbeit zumutete. Verdammt, wahrscheinlich würde er es selbst auch nicht anders machen, wenn er seine hübsche Frau, die er von ganzem Herzen liebte, tagtäglich in seiner Nähe hätte.

Von ganzem Herzen lieben.

Etwas in ihm zog sich bei diesem Gedanken zusammen. Allein Summer hatte er es zu verdanken, dass er wahrscheinlich nie wieder eine Frau lieben würde.

„Ich brauche jetzt ein Bier“, stellte er stirnrunzelnd fest, während er sich Lance gegenübersetzte.

„Ich hab dir schon eins bestellt“, erwiderte Lance und sah seinen Freund aufmerksam an.

„Danke. Ich hoffe, ich werde heute noch mit dem Sicherheitscheck an den Computern fertig, damit ich entscheiden kann, welche Software am besten geeignet ist“, sagte Darius und lächelte der Kellnerin dankbar zu, die ein Bierglas vor ihm auf den Tisch stellte.

„Warum lässst du das nicht einfach einen deiner Angestellten machen?“, erkundigte Lance sich.

„Heath ist gestern nach Los Angeles geflogen, um eine Schauspielerin zu beschützen, die schon drei Morddrohungen bekommen hat. Und Milt ist immer noch in Dallas“, erklärte er. „Die anderen kümmern sich um verschiedene Projekte hier in der Gegend. Ich muss also nach dem Mittag zum Frauenzentrum zurück.“

Einen Schluck Bier trinkend, nickte Lance. „Was wiederum heißt, dass du Summer wiedersiehst.“

Darauf antwortete Darius nicht. Ja, das bedeutete vermutlich, dass er Summer begegnen würde. Und er hatte keine Ahnung, wie oft sie sich noch über den Weg liefen, bis er seine Arbeit im Frauenzentrum erledigt hatte.

Weil die Lebenspartner der Frauen, die bei Helping Hands Zuflucht suchten, meistens vor nichts zurückschreckten, um ihre Partnerinnen zu suchen, mussten die Computer dort vor Angriffen gegen Hacker geschützt sein. Der Großteil der Bewohnerinnen von Helping Hands waren Opfer häuslicher Gewalt, und ihr Leben konnte ernsthaft in Gefahr geraten, wenn ihre ehemaligen Peiniger herausbekamen, wo sie sich aufhielten.

„Erzähle mir von ihr, Darius.“

Die Blicke der beiden Freunde trafen sich. „Darüber, wie wir uns kennengelernt haben und dass sie mich klammheimlich verlassen hat, weißt du ja schon alles. Danach ist sie zur Uni gegangen, hat ihren Abschluss gemacht und arbeitet jetzt für Helping Hands“, erklärte Darius.

„Hast du ihr gesagt, dass du jetzt ein Mitglied im Club bist?“

„Nein. Sie glaubt, dass die Firma, für die ich arbeite, damit beauftragt wurde, die Sicherheitssysteme zu checken, das ist alles.“

Lance lächelte. „Na, in gewisser Weise stimmt das ja auch.“

„Ja, und deswegen muss sie auch nicht mehr wissen“, erklärte Darius und spürte, wie sich seine Gesichtszüge verhärteten. „Es wird niemals wieder etwas zwischen mir und Summer sein“, behauptete er, obwohl er wusste, dass das nicht einfach werden würde. Als er sie vorhin im Büro überraschend wiedergesehen hatte, war er sich schwach und verwundbar vorgekommen.

Und das konnte er sich auf gar keinen Fall leisten. Es gab sie nicht, die besondere Frau in seinem Leben, und es war ihm lieber, dass es dabei blieb. Sein Verlangen nach mehr war vor sieben Jahren mit Summers Verrat gestorben.

2. KAPITEL

„Mr. Franklin lässt ausrichten, dass er Mittagspause macht. Er kommt danach aber wieder zurück, Miss Martindale.“

„Oh, danke, Marcy“, erwiderte Summer und versuchte, ihre Stimme so normal wie möglich klingen zu lassen. Nachdem sie eine Akte von Marcys Schreibtisch genommen hatte, ging sie in ihr Büro und ließ die Tür einen Spalt offen.

Heute hatte sie sich besonders viel Zeit für ihr Mittagessen genommen, weil sie gehofft hatte, Darius würde endlich fertig sein, wenn sie wiederkam. Doch anscheinend war das nicht der Fall. Summer biss sich auf die Lippen. Sie würde sich Darius gegenüber wie ein erwachsener Mensch benehmen. Genau wie sie hatte er einen Job zu erledigen. Solange sie beide wussten, wie sie zueinander standen, gab es keinen Grund, sich nicht vernünftig zu verhalten. Aber worüber machte sie sich eigentlich Gedanken? Immerhin hatte er sie verletzt und nicht umgekehrt. Einfach so hatte er die Stadt verlassen, nicht ohne zuvor seinem Partner Walt die Nacht, die sie miteinander verbracht hatten, ausführlich zu beschreiben. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, dass Walt ihr die Wahrheit erzählt hatte, und hatte sich vielleicht darüber gewundert, dass Summer nicht mehr in Houston war, als er zurückkam. Es war schon verrückt, was Männer sich manchmal dachten, aber das spielte jetzt keine Rolle mehr. Darius hatte ziemlich deutlich gemacht, was er von ihr hielt, und sie hoffte ihrerseits, ihm unmissverständlich klargemacht zu haben, was sie von ihm hielt. Und das war’s.

Nein, dachte sie, als sie sich seufzend auf ihren Schreibtischstuhl fallen ließ, das war’s wohl doch nicht. Zumindest nicht so lange, wie sie bei Darius’ Anblick fast wahnsinnig wurde. Jedes Mal, wenn er sie ansah, fühlte sie ein Prickeln an Stellen ihres Körpers, über die sie lieber gar nicht erst nachdenken wollte. Schon immer hatte er diese Wirkung auf sie gehabt. Früher hatte ihr das gefallen, aber heute wollte sie sich um nichts in der Welt so fühlen.

Sie holte tief Luft und hatte zum ersten Mal seit Jahren wieder das Gefühl, dass sie von ihrer Vergangenheit eingeholt wurde. Nachdem sie Houston verlassen hatte, hatte es eine ganze Weile gedauert, bis sie sich wieder in den Griff bekommen und den Entschluss gefasst hatte, dass kein Mann – weder Darius noch Tyrone – so viel Schmerz wert war. Mittlerweile hatte sie ihr Leben unter Kontrolle und war stolz auf das, was sie geleistet hatte. Sie war fest entschlossen, in einigen Jahren ihre Doktorarbeit zu schreiben.

„Hast du denn gar nichts zu tun?“

Summer sah auf und sah Darius in der Tür stehen. Sie warf ihm einen wütenden Blick zu. So viel also dazu, sie beide könnten vernünftig miteinander umgehen. „Du hättest wenigstens anklopfen können, bevor du in mein Büro kommst, meinst du nicht?“

Er zuckte mit den Schultern. „Die Tür stand offen.“

„Und das gibt dir das Recht, einfach so hereinzuplatzen? Ich hätte ja auch eine Klientin hier bei mir haben können“, brauste Summer auf.

„Dann wärst du sicher professionell genug, die Tür richtig zu schließen, um die Privatsphäre der Frau zu schützen. Aber du bist allein, und du hast gewusst, dass ich wieder zurückkomme. Also mach nicht so einen Aufriss deswegen“, sagte er, während er eintrat.

Einen Augenblick sah Summer ihn sprachlos an und fragte sich, wie um alles in der Welt sie beide miteinander auskommen sollten. Natürlich hatte wer auch immer Darius engagiert hatte keine Ahnung gehabt, dass sie sich kannten. Und auf gar keinen Fall konnte sie ohne triftigen Grund den Texas Cattleman’s Club darum bitten, eine andere Sicherheitsfirma mit dem Job zu beauftragen.

„Sieh mal, Darius, du musst deine Arbeit machen und ich meine. Du hast sicher nicht damit gerechnet, mich heute hier zu sehen. Wie auch immer, wir sind beide Profis und sollten vernünftig genug sein, das Beste aus der Lage zu machen. Du brauchst wahrscheinlich nicht mehr als einen Tag, um hier fertig zu werden, und …“

„Falsch.“

Überrascht sah sie ihn an. „Wie bitte?“

Er verschränkte die Arme über der Brust. „Ich habe gesagt, du liegst falsch. Ich brauche wenigstens eine Woche. Vermutlich sogar zwei.“

Seine Worte trafen sie wie ein Blitz. „Du machst Witze.“

„Keineswegs.“

Sie verkniff sich eine beißende Bemerkung darüber, dass er zwar keine Witze machte, dafür aber mit seinen Bettgeschichten hausieren ging. Stattdessen fragte sie: „Was kann schon so lange daran dauern, ein Sicherheitssystem zu installieren?“

Nach einer langen Pause, als sie schon glaubte, überhaupt keine Antwort mehr zu bekommen, sagte er schließlich: „Weil ich nicht nur ein neues Sicherheitssystem auf allen Rechnern hier im Haus installiere, sondern darüber hinaus auch ein Buchführungssystem für den Texas Cattleman’s Club. Ich bekomme für diesen Job gutes Geld, und ich habe nicht vor zu schlampen, nur damit es dir besser geht.“

„Mir geht es prächtig“, gab sie schnippisch zurück.

„Oh, richtig. Wie dumm von mir. Aber wie ich sehe, trägst du keinen Ring. Hast du dir immer noch keinen reichen Mann geangelt?“

Summer fragte sich, wovon in aller Welt er sprach. Vermutlich wollte sie es lieber gar nicht wissen. „Hör zu, Darius …“, begann sie.

Er kam so schnell zu ihrem Schreibtisch herüber, dass sie erschreckt in ihren Stuhl zurücksank. Mit den Händen stützte er sich auf der Tischplatte auf und lehnte sich so weit zu Summer herüber, bis ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. „Nein, jetzt passt du mal auf, Summer. Du hast vollkommen recht, wir sind beide Profis. Zwei Erwachsene, die eine Affäre hatten, die zu nichts geführt hat. Ich bin darüber weg, und du bist es auch. So, und jetzt lass uns weitermachen.“

„Fein“, entgegnete sie knapp.

„Toll.“ Er richtete sich wieder auf und ging hinüber zu einem großen Wandschrank, den er öffnete. „Leider ist euer Hauptrechner in diesem Büro, also werde ich hier mehr Zeit verbringen als in den anderen Räumen. Es kann also sein, dass ich dich ein paar Mal belästigen muss.“

„Wenn ich einen Termin habe, gehe ich in eins der freien Konferenzzimmer“, entgegnete sie in einem möglichst höflichen Tonfall.

Er nickte nachdenklich. „Und wenn du keine Termine hast?“

„Ich bin durchaus in der Lage, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren und mich nicht ablenken zu lassen.“

„Ach, tatsächlich?“

„Ja, tatsächlich.“

„Na, dann brauchen wir uns ja keine Sorgen zu machen“, meinte er und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Hast du denn heute noch ein Treffen?“

„Nein, ich habe nur noch Papierkram zu erledigen. Musst du jetzt meinen Computer runterfahren?“ Es war offensichtlich, wie sehr sie beide sich darum bemühten, halbwegs höflich zueinander zu sein. Doch trotz dieser angespannten Stimmung wurde Summer heiß, wenn sie in Darius’ Augen sah.

„Nein, aber wenn sich was ändern sollte, gebe ich dir rechtzeitig Bescheid.“

„Danke.“

„Ich fang dann mal mit dem Hauptcomputer an“, meinte er und beugte sich zwischen die offenen Schranktüren.

Summer schluckte, als sie ihn unter gesenkten Lidern beobachtete. Die Jeans, die er trug, setzten seine schlanken Hüften und muskulösen Oberschenkel wirklich toll in Szene. Der Typ hatte eine Wahnsinnsfigur.

Schließlich musste sie sich geradezu zwingen, den Blick abzuwenden und sich wieder der Akte zu widmen, die sie gerade bearbeitete. Obwohl sie sich wirklich darum bemühte, sich auf das Dokument vor ihren Augen zu konzentrieren, erwischte sie sich jedoch oft genug dabei, wie sie verstohlene Blicke in Darius’ Richtung warf. Er stand vor der großen Rechnereinheit, aus der bündelweise Kabel herausragten. Während Darius sich konzentriert mit dem Hauptcomputer beschäftigte, war Summer ihrerseits damit beschäftigt, ihn dabei zu beobachten. Er mochte ein arroganter Mistkerl sein, aber er war zugegebenermaßen ein sehr gut aussehender arroganter Mistkerl.

Als er plötzlich aufsah, trafen sich ihre Blicke. Sie sahen sich einen Moment länger als nötig in die Augen, bevor Summer sich wieder ihrer Akte zuwendete. So viel also zu dem Thema, mich nicht von meiner Arbeit ablenken zu lassen, dachte sie.

Darius konnte den Blick einfach nicht von Summer abwenden. Er beobachtete sie verstohlen beim Lesen und wie sie dabei unbewusst ihr schulterlanges Haar aus dem Gesicht strich – das Gesicht, das ihn sofort in seinen Bann gezogen hatte, seit er es zum ersten Mal gesehen hatte.

Nur zu gut erinnerte er sich an jenen Moment vor sieben Jahren. Er war durch das Fenster in ihrem Badezimmer in das Apartment eingestiegen, und Summer hatte ihn bereits bemerkt, bevor Whitman auch nur ahnte, dass noch jemand in der Wohnung war. Durch Blickkontakt hatte Darius Summer aufgefordert, ruhig zu bleiben und ihn nicht zu verraten. Um Whitman zu überwältigen, hatten ein paar wenige gezielte Tritte gereicht. Er hatte Whitman am Boden, bevor dieser überhaupt wusste, wie ihm geschah.

Im nächsten Augenblick hatte sich die vollkommen traumatisierte Summer in Darius’ Arme geworfen und sich an ihn geklammert, als ob ihr Leben davon abhängen würde. Sie weigerte sich auch noch, ihn loszulassen, als die anderen Police Officer ins Apartment kamen, um Whitman Handschellen anzulegen. Obwohl er beinahe Feierabend hatte, folgte Darius dem Einsatzwagen, der die junge Frau ins Krankenhaus brachte, wo man sie vorsichtshalber untersuchen wollte. Und am nächsten Tag reparierte er das zerbrochene Fenster in ihrem Badezimmer.

In den folgenden Wochen fand er dann immer die eine oder andere Ausrede, um Summer wiederzusehen. Als er dann erfuhr, dass ihr Exverlobter gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden war, fuhr Darius jede Nacht bei ihr vorbei, um sicherzugehen, dass es ihr gut ging. Meistens saßen sie dann bei ihr im Wohnzimmer zusammen und redeten.

Während dieser Zeit erzählte ihm Summer eine Menge über ihr Leben. Darius erfuhr beispielsweise, dass sie bei ihrer Tante groß geworden war und ihre Heimatstadt Birmingham in Alabama verlassen hatte, um nach Kalifornien zu kommen. Um Schauspielerin zu werden, wie sie ihm erzählte, oder besser noch, um einen reichen, älteren Mann kennenzulernen, den sie heiraten konnte. Darius hatte zunächst gedacht, dass sie einen Scherz machte, aber wenig später, nachdem er sich in sie verliebt hatte, fand er heraus, dass sie es ihr damit todernst gewesen war. Sie hatte wirklich nach einem reichen Mann Ausschau gehalten.

Ärger, der sich seit sieben Jahren in ihm angestaut hatte, stieg wieder in ihm auf, und Darius gelang es nur mühsam, ihn zu unterdrücken. Doch er musste wohl unbewusst etwas vor sich hin gemurmelt haben, denn plötzlich sah Summer von ihrer Arbeit auf, und ihre Blicke trafen sich abermals. Obwohl er sich redlich bemühte, schaffte er es einfach nicht wegzusehen. Während er den Schrank mit dem Hauptrechner schloss, nahm er sich fest vor, sofort von hier zu verschwinden. Doch warum auch immer, er konnte es einfach nicht. Stattdessen bewegte er sich wie magisch angezogen auf Summers Schreibtisch zu. Der Gedanke machte ihm zu schaffen, dass Summer ihn damals wegen eines anderen Mannes verlassen hatte. Für einen Mann, der gut und gerne ihr Vater hätte sein können, wie Walt ihm erzählt hatte.

„Was ist denn mit dir los?“, fragte sie verunsichert, stand auf und ging einige Schritte zurück, bis sie die Wand im Rücken spürte.

Er zwang sich zu einem Lächeln. „Nichts ist los, Summer.“

„Und was um alles in der Welt soll das hier werden?“, flüsterte sie verwirrt, als er sich ihr immer weiter näherte.

„Du stellst immer noch zu viele Fragen“, murmelte er und beugte sich vor, um sie zu küssen.

In dem Moment, als ihre Lippen sich berührten, ging Summer der Gedanke durch den Sinn, dass sie sich lieber nicht auf diesen Kuss einlassen sollte. Allerdings schwand ihr ohnehin schon zaghafter Widerstand, als Darius sie auf diese unnachahmliche Art küsste, an die sie sich nur zu gut erinnerte.

Als er mit der Zunge ihren geöffneten Mund streifte, war es um Summer geschehen. Plötzlich ließ sie alle Vorsicht fallen und dachte nicht mehr daran, was vor sieben Jahren passiert war. Auch jetzt noch schmolz sie unter seinem Kuss förmlich dahin.

Das lag nicht nur an dem erotischen Tanz, den ihre Zungen vollführten, es ging um viel mehr als das. Heiß wie Lava stieg das Verlangen in ihr auf, als Darius ihre Taille umfasste und sie fest an sich heranzog. Unwillkürlich schlang sie die Arme um seinen Nacken.

Brennende Sehnsucht überkam sie. Sieben lange Jahre war es her, dass sie von einem Mann geküsst worden war. Sieben Jahre, in denen sie sich diesen Spaß und eine ganze Reihe anderer Vergnügungen versagt hatte. Jetzt wollte Summer alles auf einmal nachholen – und das alles nur, weil Darius sie so küsste, wie er es gerade tat.

Ich fühle mich immer noch zu ihm hingezogen und er sich offensichtlich zu mir, dachte sie, als er sie noch leidenschaftlicher umarmte. Einige Dinge änderten sich wohl niemals. Zwischen ihnen herrschte nach wie vor eine starke körperliche Anziehung.

Darius’ Kuss und seine Umarmung wurden immer inniger. Fast kam es Summer vor, als wollte er sich wieder mit ihrem Geschmack vertraut machen, während er ihren Mund erkundete.

Als ob das nicht schon genug war, begann er, ihre Zunge so aufreizend zu umspielen, dass Summer die Knie weich wurden. Ihre Erregung wuchs immer mehr. Sie streichelte seinen Hals und seine Schultern, bevor sie schließlich genussvoll mit den Händen über seinen Rücken strich.

Als er sich plötzlich von ihr zurückzog, rang Summer heftig nach Atem. Dieser Kuss war so vollkommen unerwartet gewesen, dass sie sich jetzt wie berauscht vorkam.

Energisch rief sie sich zur Ordnung. Sie versteifte sich, damit Darius gar nicht erst auf den Gedanken kam, das könnte der erste von vielen Küssen gewesen sein. Er sollte auch nicht glauben, dass der Weg zurück in ihr Herz über ihr Bett führte.

Innerlich schalt sie sich dafür, diesen Kuss überhaupt zugelassen zu haben.

„Wenn du deinen Job hier behalten willst, Darius, rate ich dir, so etwas nie wieder zu tun“, sagte sie in einem schneidenden Tonfall. „Und wenn du dich nicht daran hältst, werde ich den Texas Cattleman’s Club davon informieren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es noch andere Sicherheitsfirmen gibt, die deine Arbeit hier machen können.“

Für einen Moment glaubte sie, ihn schwach lächeln zu sehen, bevor er sie wieder gewohnt finster anstarrte. „Wirst du den Club auch darüber informieren, dass du meinen Kuss erwidert hast? In mein Ohr gestöhnt hast? Deinen Körper an meinem gerieben hast?“, fragte er leicht spöttisch.

Summer spürte, wie sie errötete. Hatte sie wirklich all diese Dinge getan, während sie sich geküsst hatten? Okay, sie hatte seinen Kuss erwidert und vielleicht auch ein paar Mal leise in sein Ohr gestöhnt, aber hatte sie sich wirklich an ihm gerieben? Da er sie vollkommen überrumpelt hatte, war das durchaus denkbar. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass er sie einfach küssen durfte, wenn ihm der Sinn danach stand. Und das würde sie ihm klarmachen.

„Ich mache dich darauf aufmerksam, dass ich mich diese Woche mit Kevin Novak vom Texas Cattleman’s Club treffe, um mit ihm darüber zu sprechen, was wir hier noch verbessern können. Ich kann mir vorstellen, dass dir dieser Job im Helping Hands viel bedeutet. Ich würde Kevin nur ungern darum bitten, dich zu ersetzen, aber ich werde es tun, wenn du in Zukunft deine Finger nicht bei dir behältst.“

Er ließ den Blick noch für einen Moment auf ihr ruhen, bevor er einen Schritt zurücktrat. Offenbar hatte er begriffen, dass sie es ernst meinte. Schweigend sahen sie einander an, bevor er zu ihrer Überraschung zu lächeln begann. „Dir hat der Kuss genauso gut gefallen wie mir“, sagte er schließlich. „Und falls Mr. Novak mir irgendwelche Fragen stellen sollte, werde ich ihm das erzählen. Wenn du denkst, du kannst mich unter Druck setzen, dann denk lieber daran, dass der Texas Cattleman’s Club ebenso dein Arbeitgeber ist wie meiner.“ Sein Blick nahm wieder diesen kalten Ausdruck an, den sie schon von ihm kannte. „Muss ich dich daran erinnern, dass ich schon wesentlich länger in Somerset bin als du? Die Leute hier wissen, dass ich ein Profi bin, der sich seine Freunde sorgfältig aussucht. Ich genieße einen makellosen Ruf in dieser netten Stadt, wo jeder jeden kennt. Du bist hier fremd, Summer, nicht ich. Aber ich werde auf deinen Wunsch Rücksicht nehmen. Der nächste Kuss geht von dir aus. Bis dahin hast du von mir nichts zu befürchten.“

Summer konnte es nicht fassen: Allein der Gedanke, sie würde sich ihm wieder nähern, war geradezu lächerlich! „Das wird auf gar keinen Fall geschehen“, sagte sie bestimmt.

„Dann bedeutet das wohl“, erwiderte er lächelnd, „dass zwischen uns nichts passieren wird.“

Gerade als sie ihm eine wütende Bemerkung entgegenschleudern wollte, klingelte sein Handy. „Entschuldige bitte“, meinte er und nahm das Gespräch an.

Wahrscheinlich irgendeine Frau, vermutete Summer.

Nachdem er kurz dem Anrufer zugehört hatte, sah er wieder auf. „Das ist ein wichtiges Gespräch. Vergiss nicht, was ich gesagt habe.“ Mit diesen Worten verließ er ihr Büro.

Darius schlenderte in die Lobby des Frauenzentrums, weit genug weg vom Büro, damit Summer ihn nicht hören könnte, aber doch nah genug, um zu sehen, wenn sie herauskam.

„Okay, Kevin, jetzt kann ich sprechen. Was gibt’s?“

„Ich wollte dich nur daran erinnern, dass wir uns am Donnerstagabend im Club zum Poolbillard treffen.“

Unwillkürlich musste Darius lächeln. Wenn Kevin seine Freunde an das Spiel erinnerte, konnte das nur bedeuten, dass er glaubte, den Sieg so gut wie in der Tasche zu haben. „Keine Sorge, das vergesse ich schon nicht.“

„Wo bist du denn gerade?“, wollte Kevin wissen.

„Im Helping Hands. Ich installiere das Sicherheitssystem.“ Plötzlich kam Darius ein Gedanke. „Eben ist dein Name gefallen, als ich mich mit einer der Sozialarbeiterinnen hier unterhalten habe. Sie heißt Summer Martindale. Sie sagt, dass ihr euch irgendwann diese Woche trefft.“

„Stimmt, erinnere mich bloß nicht daran. Eigentlich sollte das Huntington erledigen, aber er hat sich mal wieder wie ein kleiner König aufgeführt und die Sache mir zugeschoben, als ob ich sein Laufbursche wäre. Dieser Kerl raubt mir noch den letzten Nerv.“

Darius wusste nur zu gut, wie Kevin sich fühlte. Ihm, Lance, Mitch und Justin erging es ähnlich. Gemeinsam mit Alex Montoya waren sie die neuesten Mitglieder des Texas Cattleman’s Clubs – was einigen der älteren Clubmitglieder gar nicht in den Kram passte. Ganz besonders nicht Sebastian Huntington und seinen spießigen Freunden. Aus irgendeinem Grund dachten sie, dass die jungen Männer die Mitgliedschaft im Club nicht verdienten – immerhin handelte es sich um eine der angesehensten gesellschaftlichen Vereinigungen in ganz Texas.

„Hey, Mann, haben wir uns nicht darauf geeinigt, uns nicht weiter um Huntington und seine Bande von Narren zu kümmern?“, erinnerte Darius seinen Freund.

„Das ist aber nicht so einfach. Er steht nicht hundertprozentig hinter dem Frauenzentrum, weil es unsere Idee war und nicht seine.“

„Aber er ist überstimmt worden und muss sich damit abfinden“, entgegnete Darius. „Vielleicht hat es ja auch was Gutes, dass du hierherkommst und nicht er. Er würde wahrscheinlich sowieso alles schlechtmachen.“

„Wahrscheinlich hast du recht. So, und du hast also Miss Martindale getroffen?“

„Ja, erinnerst du dich an Summer, mit der ich was hatte, bevor ich nach Somerset gezogen bin?“

„Verdammt, sie ist die Summer?“

„Ja, die Summer.“ Kevin wusste zwar nicht so viel wie Lance über das, was in Houston geschehen war, aber auch ihm hatte er erzählt, dass Summer ihn nach Strich und Faden betrogen hatte. Und dass sie der Grund dafür gewesen war, dass er Houston verlassen und nach Somerset gezogen war, um ein neues Leben zu beginnen.

„Du musst mir einen Gefallen tun“, bat Darius.

„Klar doch. Um was geht’s?“

Das war etwas, was Darius an seinen Freunden besonders schätzte. Sie halfen sich stets gegenseitig und vertrauten einander bedingungslos.

„Das erkläre ich dir, wenn wir uns Donnerstagabend sehen. Aber wenn du Summer triffst und ihr über mich redet, erwähn auf gar keinen Fall, dass ich Clubmitglied bin“, bat Lance.

„Kein Problem.“

Darius hatte beschlossen, Summer die Wahrheit zu erzählen, wenn er bereit dazu war. Er konnte gar nicht abwarten, ihr Gesicht zu sehen, wenn sie erfuhr, dass Darius mittlerweile genauso reich war wie der alte Mann, für den sie ihn damals verlassen hatte.

Nachdem das geklärt war, unterhielten sich die beiden Männer über die neuesten Informationen zum Feuer in der Raffinerie von Brody Oil and Gas. Kevin sprach gerade darüber, warum auch er, genau wie Lance und Mitch glaubte, dass Alex Montoya für den Brand verantwortlich war, als Darius plötzlich Schritte auf dem Fliesenboden hörte. Summer hatte ihr Büro verlassen und lief auf einen Aktenschrank zu, der auf dem Flur stand.

Da Darius hinter einer Säule stand, konnte er Summer unbemerkt beobachten. Jeder ihrer Schritte wurde von einem verführerischen Hüftschwung begleitet. Ihr Outfit, das aus einer braunen Hose und einer hellblauen Bluse bestand, brachte ihre vollendeten Kurven perfekt zur Geltung. Er konnte gar nicht anders, als ihr hinterherzustarren. Aber nicht nur ihr Äußeres gefiel ihm außerordentlich gut.

Sie wirkte wesentlich selbstbewusster, schien ihr Leben im Griff zu haben und scheute nicht vor einer Auseinandersetzung zurück. Offensichtlich hatte es ihr vorhin keinerlei Probleme bereitet, Darius in seine Schranken zu verweisen. Allerdings war sie damit nicht sehr erfolgreich gewesen, denn für Darius gab es in Bezug auf Summer keine Schranken, in die sie ihn weisen konnte – aber das konnte sie ja nicht wissen.

Er hätte sie nicht küssen sollen. Aber er hatte einfach nicht anders gekonnt. Und jetzt, wo er es getan hatte, wollte er es wieder tun. Und sie auf seinen Armen ins Bett tragen.

Darius ballte eine Hand zur Faust, weil ihm nicht gefiel, in welche Richtung seine Gedanken abschweiften. Auf keinen Fall wollte er diese Dinge mit der Frau, die sein Herz gebrochen hatte. Ihre Reaktion auf seinen Kuss hatte ihn allerdings vollkommen überrascht. Ihre völlige Hingabe hatte ihn derart erregt, wie er es seit Jahren schon nicht mehr erlebt hatte.

Mühsam hatte er sich von ihren Lippen lösen müssen, um nicht etwas Dummes zu tun, beispielsweise sie gleich an Ort und Stelle auf ihrem Schreibtisch zu lieben. Es hätte nicht viel gefehlt, und es wäre passiert – denn auch Summer schien nicht abgeneigt gewesen zu sein, obwohl sie hinterher sehr aufgebracht getan hatte.

„Darius? Bist du noch dran?“

Die Stimme seines Freundes riss ihn aus den Gedanken. „Kev, ich rufe später noch mal an. Ich muss noch was erledigen, bevor es zu spät ist“, entschuldigte er sich zerstreut.

„Alles klar.“

Nachdem er das Handy zugeklappt hatte, ging Darius zu Summer hinüber, die ihm überrascht entgegensah. „Ich habe gedacht, du bist schon weg.“

Er zwang sich zu lächeln. „Sicher hast du das, aber ich haue nicht einfach so ab, ohne vorher Bescheid zu sagen – es sei denn, es kommt etwas Unvorhergesehenes dazwischen.“

Verwundert blinzelte sie. „Und was soll das bitte wieder bedeuten?“

„Denk mal drüber nach. Sicher brauchst du nicht lange, um es zu verstehen. Ich bin morgen wieder da.“ Ohne ihr die Gelegenheit zu antworten zu geben, drehte er sich um und ging.

Darius riss sich mühsam zusammen, bis er in seinem Wagen saß und auf dem Heimweg war. Lauthals fluchte er. Summer hatte doch tatsächlich die Frechheit besessen, die Ahnungslose zu spielen, als er eben diese versteckte Andeutung gemacht hatte! Was mochte sie ihm wohl sonst noch verheimlichen? Vielleicht wusste sie auch von seinem Reichtum und der Mitgliedschaft im Texas Cattleman’s Club und tat nur so, als hätte sie davon keinen blassen Schimmer.

Wütend verstärkte er den Griff um das Lenkrad. Obwohl er Summer gegenüber viele negative Gefühle hegte, konnte er nicht leugnen, dass er sich körperlich nach ihr verzehrte. Er brauchte sie nur anzusehen oder ihren Duft wahrzunehmen – und schon übermannte ihn unersättliche Begierde nach dieser Frau. Er musste sich unbedingt etwas einfallen lassen, da sie im Begriff war, die Mauer, die er um sein Herz errichtet hatte, zu durchdringen.

In den sechs Jahren, in denen er in Somerset lebte, hatte er ein friedliches und harmonisches Leben geführt. Warum hatte sie sich von allen Städten auf der Welt ausgerechnet Somerset aussuchen müssen? Natürlich konnte er versuchen, Summer zu meiden, aber das war keine wirkliche Option – obwohl vieles dadurch vermutlich einfacher für ihn werden würde. Allein ihre Anwesenheit brachte ihn schon aus der Ruhe.

Er atmete tief ein und versuchte sich zu beruhigen. Wenn sie es so wollte, dann würden sie beide eben dieses Spiel spielen. Jetzt war er endlich in der Position, ihr die Lektion zu verpassen, die sie schon lange verdiente. Sie hatte einen reichen Ehemann gewollt, und Darius würde ihr klarmachen, dass sie mit ihm einen verloren hatte. Er würde auf den rechten Augenblick warten und sie in sein Bett locken. Und dann, wenn sie glaubte, dass zwischen ihnen alles großartig lief – dann würde er ihr dasselbe antun, was sie ihm damals angetan hatte.

Er würde sie verlassen, ohne einen einzigen Blick zurückzuwerfen.

3. KAPITEL

Am nächsten Morgen zog Summer mit einem Gefühl, als ob sie Schmetterlinge in ihrem Bauch hätte, ihren Dienstausweis durch den Scanner des Frauenzentrums und betrat das Gebäude. Sie hoffte, früher als Darius da zu sein, denn er war der letzte Mensch, den sie jetzt sehen wollte. In der vergangenen Nacht hatte sie nicht viel Schlaf gefunden, und Darius war der Grund dafür gewesen. Der Kuss von gestern war ihr einfach nicht mehr aus dem Sinn gegangen.

Während sie zu ihrem Büro ging, versuchte sie nicht daran zu denken, weshalb sie heute Morgen mehr Zeit als gewöhnlich für ihr Outfit und Make-up gebraucht und zum ersten Mal seit Wochen den Lockenstab verwendet hatte.

Sie sah auf die Uhr auf Marcys Schreibtisch. Die Sekretärin würde erst in einer Stunde hier sein, also nahm Summer den Notizblock, in dem ihre Termine vermerkt waren. Als sie gerade zu lesen begann, was sie heute erwartete, hörte sie Darius’ Stimme.

„Gut siehst du heute aus.“

Summer ignorierte ihn zunächst, denn sie hatte sich am Morgen fest vorgenommen, sich auf gar keinen Fall von Darius provozieren zu lassen. Es war besser, zur Abwechslung einfach mal zu glauben, dass er meinte, was er sagte.

Als sie sich schließlich doch zu ihm umdrehte, verstärkte sie den Griff um den Notizblock in ihren Händen und schluckte nervös. Wie konnte es bloß sein, dass er heute noch besser aussah? Seine Kleidung war lässig, saß aber tadellos. Unter seinem Hemd zeichneten sich seine durchtrainierten Muskeln ab. Der hellbraune Stetson, der in leicht schrägem Winkel auf seinem Kopf saß, verlieh seinem ohnehin schon attraktiven Gesicht das gewisse Etwas. Wieder einmal musste Summer feststellen, dass Darius wirklich ein außerordentlich gut aussehendes Exemplar von einem Mann war.

„Danke für das Kompliment. Du siehst auch nicht schlecht aus“, erwiderte sie, fest entschlossen, sich nicht wieder auf ein Wortgefecht mit ihm einzulassen. „Musst du heute in meinem Büro arbeiten?“

„Nein, erst wenn ich das Buchhaltungssystem installiere, muss ich wieder in dein Büro. Aber das dauert sicher noch eine Weile.“

„Dann lasse ich dich jetzt besser mal arbeiten“, nickte sie, um das Gespräch nicht unnötig in die Länge zu ziehen.

„Treffen wir uns in der Mittagspause?“

„Wie bitte?“, fragte sie, weil sie nicht glauben konnte, was sie da eben gehört hatte.

Bei seinem Lächeln wurde ihr ganz heiß.

„Ich will wissen, ob du mit mir zum Lunch gehst“, wiederholte er.

„Warum?“, entfuhr es ihr.

„Warum nicht? Du musst essen und ich auch.“

„Aber das kann auch jeder für sich tun“, wandte sie ein.

Daraufhin lächelte er noch herzlicher, wodurch ihr sogar noch heißer wurde. „Stimmt, aber das wäre eine gute Gelegenheit, die Vergangenheit hinter uns zu lassen und in die Zukunft zu sehen“, erwiderte er. „Wir werden wohl kaum ein Herz und eine Seele werden. Aber ich muss noch ein paar Wochen hier arbeiten, und es wäre doch schön, wenn wir miteinander auskommen. Ich bin nicht zum Mittag verabredet, und ich schätze, du auch nicht. Also, warum gehen wir nicht zusammen zum Lunch?“

„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, Darius.“

„Was hast du gestern doch gleich noch gesagt? Ach ja, dass wir beide Profis und erwachsen genug wären, das Beste aus der Situation zu machen.“

Summer holte tief Luft. Dem hatte sie nichts hinzuzufügen.

„Ich beiße auch nicht, versprochen.“

Noch immer wusste sie nicht, was sie darauf erwidern sollte. Verwirrende Gefühle stiegen in ihr auf, und sie wusste auch, was der Grund dafür war. Darius machte ihr ein Friedensangebot. Sie spürte auf einmal, wie sehr sie sich nach dieser Gelegenheit gesehnt ...

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