Collection Baccara Band 281

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HEISSE BLICKE AUS STAHLBLAUEN AUGEN von MCLINN, PATRICIA
Graublaue Augen, Muskeln wie Stahl - beim Anblick des durchtrainierten früheren Footballprofis bekommt Jennifer weiche Knie. Dabei wollte sie sich bei ihrem neuen Chef betont kühl und professionell geben. Denn Trent Stenner ist der Bruder ihres treulosen Exmannes …

LASS DICH BERÜHREN - UND VERFÜHREN von GILLEN THACKER, CATHY
Nicht einen Tag länger kann Cade sein brennendes Verlangen ertragen. Seit Wochen lebt er mit der hinreißenden Laurel zusammen und darf ihr doch nicht näherkommen. Auch wenn sie seine rechtmäßig angetraute Ehefrau ist - die Abmachung lautet nun mal: Bitte nicht berühren!

MÄRCHENPRINZ FÜR EINE NACHT von HARLEN, BRENDA
Jewel fühlt sich wie berauscht: ein Ausritt im Mondschein, ein leidenschaftlicher Kuss - diese Nacht ist einfach märchenhaft. Und der faszinierende Mac Delgado kann nur ein Traumprinz sein. Sie ahnt gar nicht, dass sie damit der Wahrheit ziemlich nahekommt …


  • Erscheinungstag 16.09.2009
  • Bandnummer 0281
  • ISBN / Artikelnummer 9783862956197
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

BRENDA HARLEN

Märchenprinz für eine Nacht?

Mit Charme und seinem guten Aussehen hat Mac schon viele Frauen verführt, nur bei Jewel hat er keinen Erfolg. Dabei begehrt er nicht nur ihren sinnlichen Körper, sondern möchte ihr Herz im Sturm erobern. Doch nach einem heißen Kuss hat Jewel sich wieder ganz zurückgezogen. Spürt sie vielleicht, dass Mac etwas vor ihr verbirgt?

PATRICIA MCLINN

Heiße Blicke aus stahlblauen Augen

In seiner Exschwägerin hat Trent sich gründlich getäuscht! Jennifer ist gar nicht raffgierig und kalt, sondern eine warm-herzige, verführerische Frau. Unermüdlich versucht sie, die Schulden seines Bruders zu begleichen – und entwickelt dabei viel Sinn fürs Geschäft. An Geschäfte denkt Trent allerdings nicht, wenn er in Jennifers erregender Nähe ist …

CATHY GILLEN THACKER

Lass dich berühren – und verführen!

Diesmal hat es Laurel mit ihrer Hilfsbereitschaft übertrie-ben! Warum hat sie bloß einen Wildfremden geheiratet, nur damit er seinen Vater beerben kann? Es hilft auch nichts, dass dieser Mann verdammt sexy ist – das beflügelt nur ihre Träume von einer wilden Hochzeitsnacht. Aber die wird es nicht geben, denn ihre Ehe mit Cade besteht nur auf dem Papier …

PROLOG

„Bringt Sie das nicht auch auf den Geschmack?“

Fürst Marcus Santiago von Tesoro del Mar sah in die großen blauen Augen seiner jungen Tanzpartnerin, die ihn erwartungsvoll anblickte. Er versuchte, eine gewisse Distanz zu ihr zu wahren, damit sie sich nicht ermutigt fühlte oder die Presse annahm, dass er mehr als nur einen Walzer auf der Hochzeit seines Bruders mit ihr tanzen wollte. Nur hatte sie das anscheinend nicht kapiert.

„Nein“, sagte er knapp und unmissverständlich.

„Ich wette, dass Sie Ihre Meinung ändern, wenn Sie die Richtige treffen.“

„Im Moment hätte ich gar keine Zeit dafür. Ich muss erst mal mein Studium abschließen. Dann kann ich mir Gedanken über meine Zukunft machen.“

Sie machte einen Schmollmund. „Müssen Sie wirklich nächste Woche nach Harvard zurück?“

„Am liebsten würde ich hierbleiben. Nur verlangt die Universität, dass man an den Vorlesungen und an den Klausuren teilnimmt, um den Abschluss zu erlangen.“

Sie lachte. „Aber Sie werden doch nicht wirklich Anwalt, oder? Sie sind doch ein Fürst.“

„Man kann auch gleichzeitig Anwalt und Fürst sein.“

„Ich dachte bloß, dass Sie nicht arbeiten müssen.“

Marcus lächelte. Das Mädchen hatte keine Ahnung davon, was es hieß, ein Fürst zu sein. In Wahrheit kannte er keinen Menschen, der härter arbeitete als sein Bruder Rowan. Da Marcus der jüngste der drei Brüder war, hatte er nicht so viel Verantwortung zu tragen. Trotzdem war auch er gezwungen, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten.

Seine Tanzpartnerin näherte sich ihm und flüsterte ihm ins Ohr: „Wenn Sie so bald abreisen müssen, könnten wir doch irgendwohin verschwinden, wo wir allein sind, um uns persönlich voneinander zu verabschieden.“

Marcus war erleichtert, dass der Walzer sich langsam dem Ende neigte. Er gab ihr einen Handkuss und wich zurück. „Entschuldigen Sie mich. Ich muss dringend mit meinem Bruder sprechen.“

Sie sah ihn enttäuscht an. „Natürlich, Eure Hoheit. Vielleicht später?“

Er antwortete ihr nicht mehr und verschwand.

Das war genau der Grund, weshalb er nicht gern auf Hochzeiten ging. Gegen die Eheschließung selbst hatte er nichts. Doch die Wirkung, die dieses Ereignis auf ledige Frauen hatte, nervte ihn. Es schien, als ob sie an nichts anderes mehr als eine eigene Hochzeit denken konnten. Und jeder unverheiratete Mann war ein potenzielles Opfer. Darauf hatte Marcus keine Lust.

Es gab viel zu viele Frauen, mit denen er sich vergnügen könnte, um sich auf nur eine zu beschränken. Vielleicht würde er einmal irgendwann eine Frau treffen, die ihn wirklich berührte. Dann könnte er über eine Hochzeit nachdenken. Im Moment kam dies aber überhaupt nicht infrage.

Er nahm sich ein Glas Champagner von einem Tablett und ging auf die Terrasse, wo sein Bruder Eric gerade verschwunden war.

„Versteckst du dich?“, fragte Marcus.

Eric lächelte. „Und ich schäme mich nicht einmal dafür.“

„Wie oft wurdest du heute schon gefragt, ob du durch Rowans Hochzeit auch auf den Geschmack gekommen bist?“

„Ich habe das Zählen längst aufgegeben.“

Marcus nickte und trank einen Schluck Champagner. Er genoss es, endlich wieder solche Gespräche mit seinem Bruder führen zu können, da sie sich viel zu selten sahen.

Schließlich unterbrach Eric das Schweigen. „Ich kann nicht behaupten, dass ich nie darüber nachgedacht hätte.“

Marcus hätte sich fast verschluckt. „Über eine Hochzeit?“

Sein Bruder nickte. „Ich habe zwar noch keine bestimmte Frau im Auge, aber manchmal frage ich mich schon, wie es wäre, Julian und Catherine oder Rowan und Lara nachzueifern.“

„Sag das bloß nicht zu laut, sonst hast du schneller einen Ring am Finger, als du denken kannst.“

„Glaubst du wirklich, dass diese Idee so abwegig ist? Allein zu sein ist ja auch nicht besonders toll. Hast du denn nie daran gedacht, eine Frau zu finden, die dir ein Zuhause bieten kann?“

„Du warst wohl zu lange auf See.“

„Deshalb wird es schwer sein, überhaupt eine Frau zu finden.“

„Ich würde sagen, dass der Fürstinnentitel Entschädigung genug wäre.“

„Jetzt bleib doch mal ernst.“

„Ich bin nur realistisch. Deshalb haben wir ja auch alle den Mädchennamen unserer Mutter im Pass stehen, damit wir dem Fürstendasein manchmal entfliehen können.“

„Ich dachte, du stehst auf diesen Rummel.“

Marcus konnte seinem Bruder diese Bemerkung nicht verübeln. Es gab eine Zeit, in der er das Blitzlichtgewitter genossen hatte. Mittlerweile wollte er davon aber nichts mehr wissen. Ihm war nun wichtiger, herauszufinden, was er im Leben tun wollte und wer er wirklich war. Bisher hatte er immer nur Partys gefeiert und ständig eine andere Frau gehabt.

Vielleicht hatte Eric auch recht. Möglicherweise brauchte Marcus eine Frau, bei der er Halt und Wärme finden konnte.

Er hätte fast laut gelacht, als er darüber nachdachte. Am heutigen Abend wollte er bloß etwas Spaß haben. Mehr nicht. Er trank den Champagner aus und ging los, um sich zu amüsieren.

1. KAPITEL

Zwei Jahre später

Jewel Callahan setzte sich an den Tresen des Halfway Cafés und sah die blonde Frau dahinter mürrisch an, die gerade Kaffeebohnen mahlte.

Crystal Vasicek war nicht nur die Besitzerin des beliebten kleinen Cafés, sondern auch die Erfinderin der sündhaftesten Desserts von ganz West Virginia – und wahrscheinlich auch von allen anderen Staaten.

Jewel wartete, bis die Kaffeemühle verstummte. „Du weißt, dass es deine Schuld ist.“

Crystal schüttete die frisch gemahlenen Kaffeebohnen in den Filter und steckte ihn dann in die Kaffeemaschine. „Das sagt ausgerechnet jemand, der immer gern die Verantwortung für die Probleme anderer Menschen übernimmt.“ Sie sah Jewel neugierig aus ihren blauen Augen an. „Was habe ich denn überhaupt getan?“

„Es geht darum, was du nicht getan hast.“

„Na gut.“ Crystal nahm einen Becher, schenkte Kaffee ein und gab ihn ihrer Schwester. „Was habe ich nicht getan?“

„Du hast Russ nicht geheiratet.“

Crystal hob eine Augenbraue. „Er hat mich auch nie gefragt.“

„Vielleicht hätte er das, wenn du nicht Simon geheiratet hättest.“

„Vergib mir, dass ich mich verliebt und damit deine Pläne durchkreuzt habe.“

„Du denkst eben nie richtig darüber nach, was du tust.“

„Und du machst dir genügend Gedanken für uns beide.“

Das lag daran, dass Jewel ihre Schwester immer beschützen wollte. Als Töchter von Jack Callahan hatten sie es nicht leicht. Es gab zu viele Erwartungen, die enttäuscht werden konnten. Immerhin war Jewel zwölf Jahre älter als ihre Schwester und musste mehr Verantwortung übernehmen.

„Wir haben über Russ gesprochen“, erinnerte Jewel sie.

„Was ist mit ihm?“

„Er verlässt die Ranch.“

„Oh.“ Crystal ging zum Kühlschrank, nahm ein riesiges Stück Schokoladenkuchen heraus und stellte es vor Jewel auf den Tresen.

Jewel musste unwillkürlich lächeln. Crystal glaubte, dass Schokolade alle Probleme lösen konnte, und so groß, wie dieses Stück war, sprach sie ihm eine entsprechend große Wirkung zu.

Russ Granger hatte in den letzten zehn Jahren auf der Callahan Ranch gearbeitet. Viel länger war er noch mit Jewel befreundet gewesen, deshalb war sie nun geschockt, dass er sie verließ. Dabei war er der einzige Mann, auf den sie sich immer verlassen konnte, und jetzt ging er einfach.

Nachdem sie sich selbst einen Kaffee eingeschenkt hatte, kam Crystal um den Tresen herum und setzte sich neben ihre Schwester. „Warum verlässt er die Ranch?“

Jewel nahm eine Gabel und stocherte damit in ihrem Kuchen herum. „Weil Riley einen Plattenvertrag bekommen hat und er mit ihr auf Tour gehen möchte.“

„Sie hat ihr Talent im The Mustang doch nur verschwendet.“

Jewel aß ein Stück von dem Kuchen. Doch selbst die Schokolade konnte ihre Stimmung nicht heben. „Ich hätte wissen müssen, dass so etwas passieren würde. Schon als er mir erzählte, dass er Riley einen Antrag machen wollte, hätte ich es ahnen können. Aber ich habe mich so für ihn gefreut, dass ich nicht an die Konsequenzen für die Ranch dachte. Ich hätte allerdings nie geglaubt, dass er mitten in der Saison gehen würde.“

„Schon so bald?“

„Ende nächster Woche. Er hat in den letzten Jahren sehr eng mit Darrell zusammengearbeitet und mir versichert, dass dieser seine Aufgaben problemlos übernehmen kann. Trotzdem weiß ich nicht, wie ich ohne ihn durch die Saison kommen soll.“

„Das schaffst du schon. Es wäre doch nicht die erste Hürde, die du meisterst“, ermutigte Crystal sie.

Jewel war immer stolz darauf gewesen, dass sie alles aus eigener Kraft geschafft hatte. Und das war gut so, weil sie sich meistens nur auf sich selbst verlassen konnte.

„Jack Callahan mag die Ranch aufgebaut haben, aber erst durch dich ist sie zu einem der besten Trainingscenter im Staat geworden. Du hast das ganz allein bewerkstelligt, obwohl ich dir gern geholfen hätte, wenn ich gekonnt hätte.“

„Du bist deinen eigenen Weg gegangen.“ Auch auf den Erfolg ihrer Schwester war Jewel stolz. Ihre beliebten Desserts gab es nicht nur in ihrem kleinen Café, sondern auch in den angesagten Restaurants der Gegend. „Manchmal frage ich mich, ob ich nicht auch etwas anderes hätte machen können.“

„Du bist immerhin drei Jahre lang erfolgreich Rennpferde geritten“, erinnerte Crystal sie.

Jewel lächelte, auch wenn die Erinnerungen an diese Zeit eher gemischt waren. „Das ist schon eine Ewigkeit her. Aber es hat mich auch dazu inspiriert, das zu tun, was ich tun wollte, obwohl Jack dagegen war. Davor hätte ich alles für ihn getan, nur um ihn zufriedenzustellen.“ Jewel wusste bis heute nicht, warum sie ihrem Vater immer so viel beweisen wollte. Dabei war nichts, was sie getan hatte, gut genug für ihn gewesen.

„Und das hast du auch. Du hast sogar dein eigenes Leben aufgegeben, um zu ihm zu kommen, als er dich darum gebeten hat.“

Er hatte sie nicht nur darum gebeten, sondern es von ihr verlangt. In Wahrheit war Jewel damals aber von vielen Dingen enttäuscht gewesen und hatte deshalb die Absicht, nach Alliston zurückzukehren. Der Herzinfarkt ihres Vaters hatte sie dann endgültig dazu bewogen. Und trotz aller Schwierigkeiten mit ihm hatte sie es bis jetzt nicht bereut.

Sie war zu seiner ehrgeizigen Assistentin geworden und hatte immer mehr Verantwortung auf der Ranch übernommen. Doch Jack Callahan hatte bis zu seinem Tod die Zügel in den Händen gehalten. Erst danach konnte Jewel ihre eigenen Ideen verwirklichen.

Jewel und Crystal hatten damals beim Begräbnis nebeneinander gestanden und waren sich im Klaren darüber gewesen, dass ihr Vater sie niemals geliebt hatte. Jack war zweimal verheiratet gewesen, und jede seiner Frauen hatte ihm eine Tochter geboren. Zu einer richtigen Familie waren sie aber nie geworden, da ihr Vater es nicht verstanden hatte, sie einander näherzubringen.

„Das hier war immer mein Lebensmittelpunkt gewesen, selbst wenn ich nicht hier war“, sagte Jewel schließlich.

Crystal berührte ihren Arm. „Vielleicht ist das Problem nicht, dass Russ geht, sondern dass er jemanden gefunden hat, und du nicht.“

Jewel schob den halb gegessenen Kuchen zur Seite. „Fang nicht wieder damit an.“

„Du bist zu jung, um dich mit dem Alleinsein abzufinden.“

„Ich bin zufrieden mit meinem Leben.“

„Bist du wirklich glücklich, allein zu sein?“

„Wann bin ich denn schon allein?“

„Die Pferde zählen nicht.“

„Immerhin breiten sie sich nicht auf dem Bett aus oder nehmen mir die Fernbedienung weg.“

„Nun, ich kann nicht behaupten, dass Simon das macht. Aber er tut andere Dinge, die sehr nützlich sind. Und ich rede hier nicht vom Müll rausbringen.“

Jewel stand auf und schenkte sich einen weiteren Kaffee ein. „Du hast eben mit Simon Glück gehabt.“

„Dann verstehst du mich vielleicht, dass ich nicht auf Russ’ Antrag gewartet habe.“

Jewel seufzte. „Ich freue mich, dass du glücklich bist, Crystal.“

„Ich bin glücklicher, als ich jemals geglaubt hätte.“

Jewel kannte dieses Gefühl. Sie hatte sich auch unsterblich in einen Mann verliebt und war dann enttäuscht worden, nachdem sie angenommen hatte, dass sie für immer mit ihm zusammenbleiben würde. Sie hoffte nur, dass ihre Schwester diese bittere Erfahrung nicht machen müsste.

Crystal ergriff ihre Hand und drückte sie. „Auch dein Traumprinz wird noch kommen.“

Bevor Jewel darauf antworten konnte, ertönte die Türglocke und kündigte einen neuen Gast an.

Crystal sah zur Tür und pfiff leise. „Sieh nicht zur Tür, Jewel! Ich glaube, er ist gerade gekommen.“

Jewel trank einen Schluck Kaffee, während Crystal auf eine Antwort wartete.

„Du hast gesagt, dass ich nicht hinsehen soll“, erinnerte Jewel sie.

„Seit wann hörst du denn auf mich?“

Jewel zuckte mit den Schultern. „Seitdem der letzte Prinz sich in einen Frosch verwandelt hat.“

Crystal nahm eine Speisekarte in die Hand und wedelte sich damit Luft zu. „Ich schätze ein Meter neunzig. Dunkle Haare, noch dunklere Augen. Sehr attraktiv und anscheinend solo.“

Jewel war aufgrund der Beschreibung des Fremden neugierig geworden. Sie blickte sich um – und wäre fast vom Stuhl gefallen.

Crystal hatte nicht übertrieben. Der Mann, der gerade hereingekommen war, hatte kurzes volles Haar, dunkle funkelnde Augen, feine Gesichtszüge und einen aufregenden Mund, der prickelnde Fantasien bei ihr auslöste. Sein dunkler Teint und sein exotisches Aussehen wiesen auf eine südländische Abstammung hin. Seine sinnliche Ausstrahlung nahm Jewel den Atem.

Nein, ihre Schwester hatte nicht übertrieben. Sie hatte allerdings nicht erwähnt, dass er jung war. Viel zu jung. Wahrscheinlich war er sogar jünger als Crystal. Jewel hätte mit ihren vierunddreißig Jahren definitiv keine Chance bei so einem Traummann.

Der Fremde sah durch den Raum, und plötzlich traf sein Blick den von Jewel. Seine Lippen formten sich zu einem Lächeln, und Jewels Herz schlug auf einmal so schnell, dass sie glaubte, gleich vom Stuhl zu kippen.

„So, so …“, bemerkte Crystal.

Jewel spürte, wie sie errötete. Beschämt starrte sie zu Boden, auch wenn sie den Mann am liebsten weiter angesehen hätte.

Crystal wandte sich an ihren neuen Kunden. „Nehmen Sie Platz, wo Sie möchten. Ich bin gleich bei Ihnen.“

„Danke.“ Seine Stimme war genauso sexy wie der Rest von ihm.

„Sehr gern“, antwortete Crystal lächelnd.

Jewel trank einen weiteren Schluck Kaffee. „Haben wir nicht gerade darüber gesprochen, wie glücklich du verheiratet bist?“

„Das bin ich auch. Der Ring an meinem Finger hat mir aber nicht das Sehvermögen genommen. Und hier ist wirklich ein Bild von einem Mann.“

Jewel konnte das nur bestätigen, hätte es aber niemals vor ihrer Schwester laut ausgesprochen. Deshalb sagte sie bloß: „Ein Bild von einem Mann, der auf einen Kaffee wartet.“

„Oh ja, richtig.“ Crystal lächelte und nahm die Kaffeekanne in die Hand.

Jewel trank ihren eigenen Kaffee aus, während ihre Schwester sich mit dem Fremden unterhielt. Sie konnte nicht hören, worüber sie sprachen. Aber schon allein seine Stimme jagte ihr wohlige Schauer über den Rücken.

Jewel hatte ihre Schwester schon immer um ihre Leichtigkeit im Umgang mit Menschen beneidet. Sie selbst war immer vorsichtiger und reservierter gewesen. Durch ihre Arbeit hatte sie viel mit Menschen zu tun, bevorzugte aber meistens die Gesellschaft von Pferden. In letzter Zeit hatte sie sich jedoch zu sehr mit einigen unangenehmen Dingen auf der Ranch beschäftigen müssen. Das erinnerte sie daran, dass dies der andere Grund für den Besuch bei ihrer Schwester war.

Sie wartete, bis Crystal den Mann bedient hatte, und wandte sich dann an sie, als sie wieder am Tresen war. „Und als ob es nicht schon reichen würde, dass Russ geht, hat sich Grady auch noch ein Bein gebrochen und fällt als Stallgehilfe aus. Glaubst du, Simons Bruder hätte Interesse an einem Ferienjob?“

„Ted ist in den nächsten Monaten mit seiner Freundin in Europa.“

„Oh. Fällt dir sonst noch jemand ein?“

„Die meisten Studenten in der Gegend haben schon einen Ferienjob.“

Jewel seufzte. „Dann muss ich wohl eine Anzeige in der Zeitung schalten.“

„Tut mir leid, dass ich dir da nicht weiterhelfen kann. Ich weiß doch, wie sehr du Bewerbungsgespräche hasst.“

„Mich stört mehr, dass es schon zu spät sein könnte, einen qualifizierten Helfer für den Sommer zu finden.“

„Welche Qualifikation braucht man denn, um stinkende Ställe auszumisten?“

„Ein paar Erfahrungen im Umgang mit Tieren wären hilfreich.“

„Von welchen Tieren sprechen Sie?“, fragte eine männliche Stimme hinter ihnen.

Jewel drehte sich um und sah den attraktiven Fremden vor sich stehen.

Sein Polohemd spannte sich um seine muskulösen Schultern. Er sah Jewel in die Augen und wiederholte seine Frage. „Welche Tiere meinten Sie?“

Jewel holte tief Luft und atmete dabei seinen verführerischen männlichen Duft ein. „Pferde.“

„Reinrassige Rennpferde“, ergänzte Crystal. „Meine Schwester leitet eines der führenden Trainingscenter im Staat.“

„Mein Name ist Mac Delgado“, stellte der Mann sich vor. „Ich kenne mich ganz gut mit Pferden aus und suche gerade einen Job.“

„Ich stelle aber niemanden ohne Empfehlung ein“, antwortete Jewel und stand auf, um zur Tür zu gehen.

„Ich gebe dir Bescheid, wenn sich jemand findet!“, rief ihre Schwester ihr hinterher.

„Danke, Crystal.“ Jewel drehte sich nicht mehr um. Aber sie wusste genau, dass die Augen des Fremden auf sie gerichtet waren, während sie das Café verließ.

Er war abgewiesen worden. Das war eine neue Erfahrung für Mac Delgado alias Seine Hoheit Marcus Santiago, Fürst von Tesoro del Mar, und er konnte nicht behaupten, dass ihm diese Situation gefiel. Sie hat mir noch nicht einmal ihren Namen verraten, dachte er, während sie mit ihren langen Beinen und einem aufreizenden Hüftschwung das Café verließ.

„Nehmen Sie sich das nicht zu Herzen“, sagte die andere Frau, Crystal, zu ihm. „Sie hat das nicht so gemeint.“

„Aber sie scheint ein Talent dafür zu haben, andere Menschen abblitzen zu lassen.“

Crystal lächelte. „Sie hat gerade viel um die Ohren.“

Er zuckte mit den Schultern und tat so, als ob ihn die Frau nicht interessierte, obwohl ihm tausend Fragen über sie im Kopf schwirrten. Stattdessen setzte er sich an den Tresen, während Crystal ein älteres Ehepaar verabschiedete.

„Was führt Sie denn nach Alliston?“, fragte Crystal, als sie wieder zurückkam.

„Eine Umleitung auf dem Highway.“

Sie lächelte. „Wo wollen Sie hin?“

„Vielleicht nach Kalifornien.“

„Mit dem Auto?“

Er nickte.

„Da haben Sie ja einen langen Weg vor sich.“

„Ich habe Zeit.“

„Was machen Sie in Kalifornien? Haben Sie dort Freunde, einen Job oder eine Ehefrau?“

„Nichts von alledem.“

„Sie müssen mir schon mehr erzählen, wenn Sie von mir erwarten, dass ich Ihnen Fragen über meine Schwester beantworte.“

„Wieso glauben Sie, dass ich mich für Ihre Schwester interessiere?“

Sie hob eine Braue. „Sie möchten Jewel also nicht mehr wiedersehen?“

„Jewel? Das ist ihr Name?“ Ein passender Name für eine Frau, die ihn vom ersten Moment an in ihren Bann gezogen hatte. Er dachte an ihre wilden Haare und ihre funkelnden Augen, die ihn neugierig angeblickt hatten. Und an ihre Lippen, die so voll und glänzend waren. Und …

Crystals wissendes Lächeln brachte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück.

„Es scheint so, als wären Sie doch an meiner Schwester interessiert“, sagte sie mit einem breiten Lächeln.

„Wo kann ich sie denn finden?“

Jewel faxte gerade ihre Stellenanzeige an die lokale Zeitung, als es klopfte.

„Herein.“ Sie blickte von dem Faxgerät auf und sah diese breiten Schultern. Die hatte sie schon einmal gesehen. Im Café ihrer Schwester. Dann hob sie den Kopf und erkannte den attraktiven Fremden. Ihr wurde warm. Sie konnte nicht gegen die Gefühle ankämpfen, die der mysteriöse Mann bei ihr auslöste.

In seinen Augen war so etwas wie Belustigung zu erkennen. Es wirkte fast so, als ob er spürte, was gerade in ihr vorging.

Er war wahrscheinlich daran gewöhnt, dass Frauen gewisse Reaktionen auf ihn zeigten – ein so gut aussehender Mann musste überall, wo er hinkam, für Aufsehen sorgen. Das war aber keine Entschuldigung für ihr eigenes Verhalten. Es lag nur einfach zu lange zurück, dass sie einen Mann auf diese Weise wahrgenommen hatte.

Die Männer auf der Ranch waren ausnahmslos ihre Angestellten oder Kunden, und außerhalb der Ranch hatte Jewel kaum etwas mit Männern zu tun. Deshalb überraschte sie ihre Reaktion auf den Mann aus dem Café. Er hatte etwas an sich, was sie nicht in Ruhe ließ.

„Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte sie höflich.

„Eigentlich bin ich gekommen, um Ihnen zu helfen.“

Sie verfluchte innerlich ihre Schwester, die ihm bestimmt alles erzählt hatte.

„Wie glauben Sie denn, dass Sie mir helfen könnten?“

„Indem Sie mir den Job geben, über den Sie im Café gesprochen haben.“

Sie sah ihn an und schüttelte den Kopf. Obwohl sie keine Zweifel daran hatte, dass er mit seinem gut gebauten Körper die Arbeit verrichten könnte, glaubte sie nicht, dass er genügend Erfahrung besaß. „Ich suche jemanden, der die Ställe ausmistet und die Pferde pflegt und trainiert.“

„Das hat Crystal mir bereits erzählt.“

Ihre Schwester konnte sich einfach nicht aus Jewels Angelegenheiten heraushalten.

„Und wie ist Ihr Name?“, fragte sie, da sie sich nicht mehr daran erinnerte.

„Mac Delgado.“

Ihr Vater hatte sie gelehrt, dass man eine Menge über den Händedruck eines Mannes herausfinden konnte. Deshalb machte sie einen Schritt auf ihn zu und reichte ihm die Hand.

Sein Händegriff war kräftig und fest.

Die Berührung schickte außerdem eine unerwartete Hitzewallung durch ihren Körper. Jewel hatte kurz den Eindruck, als ob auch er diese Hitze gespürt hatte. Wahrscheinlich bildete sie sich das bloß ein. Sie ging zurück zu ihrem Schreibtisch, setzte sich und bot ihm einen Stuhl an. „Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein, Mr. Delgado. Sie wirken nicht gerade so, als wären Sie an Stallarbeit gewöhnt.“

„Ich besitze sehr viel Erfahrung mit Pferden und könnte Sie gut unterstützen.“

„Über welche Erfahrungen verfügen Sie denn?“

„Ich gehe davon aus, dass Sie meine Erfahrungen mit Pferden meinen?“ Seine Augen funkelten, und er versuchte, mit ihr zu flirten.

Sie kannte Typen wie ihn. Solche Männer glaubten, dass sie mit ihrem guten Aussehen und ihrem Charme alles im Leben erreichen konnten. Jewel würde allerdings nicht darauf hereinfallen. Trotzdem riet ihr eine innerliche Stimme, den Mann einzustellen, nur damit sie seinen Körper betrachten könnte, während er im Stall arbeitete. Sie stellte sich vor, wie seine kräftigen Muskeln sich anspannten, wenn er den Stall ausmistete – falls er überhaupt mit der Mistgabel umgehen konnte. Aber es kam für sie nicht infrage, den Job einem Mann zu geben, von dem sie gerade einmal wusste, wie er hieß. Und Jewel Callahan konnte es sich nicht leisten, einen Fehler zu begehen. Nicht bei dem Namen, den sie trug.

„Also, Mr. Delgado. Nun erzählen Sie mir einmal von Ihren Erfahrungen mit Pferden.“

„Ich bin mit Pferden aufgewachsen. Noch bevor ich laufen konnte, saß ich schon auf einem Pony.“

„Das beweist aber nicht, dass Sie den Unterschied zwischen einem Striegel und einem Hufkratzer kennen.“

„Ich habe schon viele Pferde gepflegt und sogar einige trainiert.“

„Verfügen Sie über Referenzen?“

„Geben Sie mir eine Woche Probezeit. Dann kann ich Ihnen beweisen, dass ich der Richtige für den Job bin.“

„Also keine Referenzen“, schloss sie.

„Ich arbeite hart.“

„Meine Ranch ist sehr angesehen …“

„Nur drei Tage“, unterbrach er sie.

Sie schüttelte den Kopf und stand auf. „Ich habe weder die Zeit noch die Geduld, um jemanden anzulernen.“

„Geben Sie mir eine Chance. Ich verspreche Ihnen, dass ich Sie nicht enttäuschen werde.“

„Vielleicht würde ich Ihnen den Job geben, wenn Ihre Hände nicht so aussähen.“

„Was stimmt mit meinen Händen nicht?“

„Sie sehen nicht aus, als wären sie an harte Arbeit gewöhnt.“

„Das liegt daran, dass ich in den letzten Jahren auf der Universität war. Ich würde aber nicht wagen, mit Tieren umzugehen, die sechsmal mehr wiegen als ich, wenn ich nicht mit ihnen vertraut wäre.“

Jewel setzte sich wieder und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Welche Universität haben Sie besucht?“

„Bekomme ich den Job, wenn ich Ihnen die richtige Antwort gebe?“

„Dann müssen Sie davon ausgehen, dass es eine richtige Antwort gibt.“

Er lächelte sie selbstbewusst an und ließ seinen Charme spielen. „Gibt es denn eine?“

„Nein. Ich kann Sie nicht einstellen.“

Sie könnte diese Entscheidung noch bereuen, falls sich niemand auf ihre Annonce meldete. Doch sie wusste, dass es gefährlicher wäre, Mac Delgado den Job zu geben, da ihr Herz immer schneller schlug, wenn er in ihrer Nähe war.

Vier Stunden später checkte Marcus aus seinem Hotel aus und fuhr zur Callahan Ranch zurück, nachdem Jewel ihre Meinung noch einmal geändert hatte.

Er glaubte nicht an das Schicksal, aber er konnte nicht leugnen, dass er zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort gewesen war – und das gleich zweimal. Zuerst, als er Jewel in dem Café kennengelernt hatte, und dann, als ein Stallgehilfe in ihr Büro geeilt war, um ihr mitzuteilen, dass eine trächtige Stute Probleme bei der Geburt hatte.

Wie sich herausstellte, handelte es sich nicht bloß um irgendeine Stute, sondern um eine, die Jewel selbst aufgezogen hatte. Deshalb war Jewel verzweifelt gewesen, als sie hörte, dass das Leben von Muttertier und Fohlen in Gefahr war.

Da der Tierarzt mehr als eine Stunde entfernt wohnte und das restliche Personal Vorbereitungen für das nächste Rennen traf, hatte sie keine andere Wahl gehabt, als Marcus zu vertrauen, dass er das Fohlen zur Welt bringen und so beide Tiere retten konnte. Natürlich hatte sie zuerst selbst ihr Bestes gegeben. Erst als sich herausstellte, dass sie es nicht schaffen würde, trat sie zur Seite und ließ Marcus gewähren.

Er gab alles und war am Ende schweißüberströmt vor Anstrengung. Hatte er es geschafft, Jewel doch noch von sich zu überzeugen? Er wusste nicht genau, warum ihm die Meinung dieser Frau so wichtig war, aber er wollte Eindruck bei ihr schinden.

In einem Fürstenhaus aufzuwachsen bedeutete, dass man mit Respekt behandelt wurde. Und genauso war man auch mit ihm umgegangen, obwohl er der Jüngste von vier Brüdern war. Der Titel, den er geerbt hatte, bescherte ihm ein nahezu sorgenfreies Leben. Deshalb war Ablehnung eine neue Erfahrung für ihn.

Er war nun fünfundzwanzig Jahre alt und wusste immer noch nicht, was er mit seinem Leben anfangen sollte. In diesem Moment wollte er Jewel Callahan näher kennenlernen – dessen war er sich sicher. Die Frau gab ihm aber mehr als deutlich zu verstehen, dass seine Anstellung nur vorübergehend war.

Natürlich hatte sie keine Ahnung von seiner wahren Identität. In der Universität hatte er sich mit dem Namen Mac Delgado eingeschrieben. Davon hatte er sich erhofft, ein Leben abseits des Medienrummels führen und sich auf das Studium konzentrieren zu können. Und es hatte funktioniert – sogar besser als erhofft. Nachdem er in die Vereinigten Staaten gekommen war, hatte er sich gewundert, wie wenige seiner Mitstudenten Tesoro del Mar überhaupt auf der Weltkarte finden konnten. Sie hatten nie auch nur Verdacht geschöpft, dass er dem Fürstenhaus entstammte.

Seine Anonymität machte ihn aber nicht weniger beliebt beim weiblichen Geschlecht. Sein Charme und sein Aussehen halfen ihm genauso wie in Europa, bei den Frauen anzukommen. Und auch Jewel schien ihm nicht abgeneigt zu sein.

Sie war ihm dankbar dafür, dass er der Stute und ihrem Fohlen das Leben gerettet hatte. Ob sie sonst noch etwas für ihn empfand, das würde er in den nächsten Tagen herausfinden. Immerhin hatte sie ihm eine Probezeit gewährt.

Als er am Tor der Ranch ankam, stand Jewel in der Nähe der Einfahrt. Sie war mit der Stute und dem Fohlen aus dem Stall herausgekommen.

„Kaum zu glauben, dass sie gerade eine schwere Geburt hinter sich hat“, bemerkte Marcus.

„Es hätte auch alles anders ausgehen können.“ Sie drehte sich zu ihm um. „Ich hatte Sie nicht so früh zurückerwartet.“

„Ich musste nicht viel packen.“

Sie holte einen Schlüssel aus der Hosentasche und reichte ihn Marcus. „Die Zimmer sind nicht besonders groß oder gemütlich, aber sie liegen immerhin zentral. Und wenn Sie morgens um vier Uhr aufstehen müssen, dann lernen Sie das zu schätzen.“

Er nickte. „Danke.“

„Es gibt eine Kantine auf der Ranch, aber auch einen Kühlschrank, eine Mikrowelle und Geschirr auf Ihrem Zimmer.“ Sie neigte den Kopf und musterte ihn. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich Sie letztendlich doch einstellen würde.“

„Auch ich habe nicht mehr damit gerechnet.“

„Warum sind Sie mir für die Geburt in den Stall gefolgt?“

„Ich glaube, ich war einfach neugierig.“

„Nun, ich bin froh, dass Sie da waren.“ Sie blickte zu Boden. „Sonst hätte ich wohl beide Tiere verloren.“

Er berührte ihren Arm und merkte, dass sie mehr als nur Dankbarkeit für ihn empfand, da ihr Atem plötzlich schneller ging. Ob Jewel ihn nun mochte oder nicht, sie konnte sich gegen ihre Empfindungen für ihn nicht wehren.

Er zog die Hand wieder zurück. „Die Stute hat wirklich ein prachtvolles Fohlen geboren.“

„Je schöner sie sind, desto mehr Probleme bereiten sie.“

Marcus hob fragend die Brauen.

„Das ist eine Weisheit meines Vaters“, erklärte sie.

„Dann müssen Sie ihm wohl eine Menge Ärger bereitet haben.“

Ihre Wangen erröteten, doch in ihren Augen war eine verborgene Traurigkeit zu erkennen. „Nicht wirklich.“

„Ich hätte jedenfalls wetten können, dass es ein Hengstfohlen ist.“

„Weshalb?“

„Weil Sie gesagt haben, dass es eigentlich erst in ein paar Wochen kommen sollte, und meiner Erfahrung nach lassen sich weibliche mehr Zeit.“

Sie lächelte müde. „Ich werde diese Bemerkung nicht persönlich nehmen.“

Ihre Reaktion gab ihm Hoffnung, dass die Distanz zwischen ihnen sich bald verringerte.

„Geburten sind nie wirklich vorhersagbar“, bemerkte er.

„Sie scheinen Erfahrungen zu haben.“

„Ich war acht Jahre alt, als ich das erste Mal bei der Geburt eines Fohlens dabei war.“

„Sind Sie auf einer Farm aufgewachsen?“

Ihre Frage brachte ihn zum Lächeln. So hatte noch nie jemand den Fürstenpalast genannt. Aber irgendwie war er auch eine Art Farm. „Das mit den Pferden war eher ein Hobby für mich.“

„Wie viele hatten Sie?“

„Mal war es nur ein halbes Dutzend, mal waren es doppelt so viele.“

„Wir haben hier zwischen achtzig und hundert Pferden.“

„Da kommt wohl eine Menge Arbeit auf mich zu.“

„Das ist eine sehr angesehene Ranch. Unsere Pferderennen ziehen Menschen aus der ganzen Welt an und rücken den Namen Callahan in das Interesse der Weltöffentlichkeit. Vor zwei Jahren hatten wir sogar den britischen Premierminister hier, und letztes Jahr kam die Fürstin von einer kleinen Insel im Mittelmeer zu Besuch.“

„Beeindruckend.“

„Deshalb kann ich mir keine Fehler erlauben.“

„Es war bestimmt kein Fehler, mich einzustellen“, versicherte Marcus ihr.

„Wir haben uns auf eine einwöchige Probezeit geeinigt. Wenn wir beide am Ende dieser Woche zufrieden sind, können wir darüber reden, wie es weitergeht.“

„Dann freue ich mich auf unser Gespräch am Ende der Woche.“

„Sie halten viel von sich, was?“

Er lächelte. „Ein gesundes Selbstbewusstsein kann nicht schaden.“

„Sie sollten aber wissen, dass ich nur jemanden für ein paar Monate suche, bis Grady wieder auf den Beinen steht.“

„Hatte er einen Reitunfall?“

„Nein. Er ist von der Leiter gefallen, als er die Weihnachtsbeleuchtung entfernen wollte.“

„Im Mai?“

Ihr Lächeln war nun breiter. „Er wollte es nicht im Januar tun, weil er glaubte, dass er dann ausrutschen und von der Leiter fallen würde.“

Sie war noch schöner, wenn sie lächelte. Dann funkelten nämlich ihre Augen, und an ihren Mundwinkeln bildeten sich kleine Grübchen. Marcus fragte sich, ob ihre Lippen genauso süß schmeckten, wie sie aussahen. Er wusste aber, dass er den Job gleich wieder los wäre, wenn er das ausprobieren würde.

Weil er diesen Job wirklich wollte, beschloss er, sich zusammenzureißen.

Marcus hatte einen Universitätsabschluss und zahllose fürstliche Pflichten, die zu Hause auf ihn warteten, doch im Moment interessierte ihn nichts mehr als dieser Job auf der Ranch.

Als er Jewel von seinen ersten Reitversuchen erzählte, hatte er nichts als die Wahrheit gesagt. Sein Vater hatte allen seinen Söhnen Reitunterricht erteilt. Und da er immer sehr beschäftigt gewesen war, hatten sie die wenige Zeit beim Reiten genossen.

Nach dem Tod seines Vaters hatte Marcus noch mehr Zeit in den Pferdeställen verbracht, weil er sich dort seinem Vater näher fühlte. Erst jetzt, wo er den Job auf der Ranch gefunden hatte, wurde ihm klar, wie sehr er diese Tätigkeit vermisst hatte. Und er wollte ihn nicht wegen einer Frau aufs Spiel setzen – die gleichzeitig auch noch sein Boss war.

Trotzdem konnte er den Blick nicht von ihr lassen. Sie faszinierte ihn. Wie gern hätte er sie näher kennengelernt. Wenn sie bloß nicht so unnahbar wäre.

2. KAPITEL

Irgendetwas hatte sich verändert.

Jewel wusste weder wann noch wie das passiert war. Aber nichts war mehr wie zuvor.

Gerade eben hatten sie sich noch über Gradys Missgeschick lustig gemacht, und plötzlich hatte Mac sie angesehen, als ob es nur sie beide gab. Alles andere um sie herum verschwamm plötzlich.

Es lag eine Spannung in der Luft, die sie kaum in Worte fassen konnte.

Jewel gehörte nicht zu den Frauen, deren Knie beim Anblick eines attraktiven Mannes schwach wurden – bis jetzt jedenfalls. Aber genau das war geschehen, als sie Mac Delgado das erste Mal im Café gesehen hatte.

Die Frauen lagen ihm garantiert zu Füßen. Deshalb dürfte sie eigentlich nicht überrascht von ihrer Reaktion sein. Selbst ihre Schwester hatte bei ihm einen kurzen Anfall von Schwärmerei bekommen.

Doch da gab es noch das Problem mit dem Alter. Er war bestimmt zehn Jahre jünger als Jewel, und sie wusste, dass das gefährlich werden konnte.

Sie hatte sich schon einmal auf einen jungen und attraktiven Mann eingelassen und war trotz der Warnungen ihrer Schwester und besonders ihres Vaters auf die Nase gefallen.

Diesen Fehler würde sie nicht noch einmal begehen.

Sie wandte sich von den Pferden ab und machte sich auf den Weg. „Ich muss mich noch um andere Dinge kümmern, und Sie sollten Ihr Zimmer beziehen.“

Jewel hatte es so gemeint, als sie zum ihm gesagt hatte, dass sie sich auf der Ranch keine Fehler leisten konnte. In Herzensangelegenheiten wollte sie allerdings noch weniger Risiken eingehen, auch wenn eine flüchtige Affäre sicherlich ihren Reiz hatte.

Du bist zu jung, um dich mit dem Alleinsein abzufinden.

Jewel musste an die Worte ihrer Schwester denken. Die Wahrheit war, dass sie eine Familie gründen und sich außerhalb der Ranch niederlassen wollte. Nur hatte sie das ihrer Schwester bisher nicht erzählt.

Mittlerweile hatte Jewel sich an das Alleinsein gewöhnt. Sie war zwar nicht glücklich, aber immerhin schützte sie ihr Herz davor, erneut verletzt zu werden.

Bei Mac Delgado hatten ihre Gefühle ihr kurzfristig einen Streich gespielt. Sie war dankbar, dass er ihr bei der Geburt von Scarletts Fohlen geholfen hatte. Der Rest war bloß Schwärmerei.

Oder steckte doch mehr dahinter?

Als Jewel den Stall verließ, sah sie gerade Russ ankommen. Sie lächelte vor Freude, während sie auf ihn zuging. Ihr Lächeln verblasste allerdings, als sie den mürrischen Ausdruck in seinem sonst freundlichen Gesicht bemerkte.

„Hast du Scarletts Fohlen gesehen?“, fragte sie.

Er nickte und drehte sich dann zum Wohnhaus. „War er das?“

„Wen meinst du?“

„Der Typ, der in der noblen Karosse vorgefahren ist. Ist er der neue Stallgehilfe, den Cody erwähnt hat?“

Sie nickte. „Sein Name ist Mac Delgado.“

„Was weißt du über ihn, Jewel?“

„Ich weiß, dass er in schwierigen Situationen die Ruhe behält.“

„Du hast ihn eingestellt, weil er dem Fohlen bei der Geburt geholfen hat?“

„Das ist eigentlich nicht meine Art, aber ich muss sagen, dass er sich dadurch mehr als empfohlen hat. Wenn er nicht da gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich Scarlett und das Fohlen verloren.“

„Du bist nur sauer, weil ich nicht hier war.“

„Ich habe keinen Grund, sauer auf dich zu sein. Es gab keine Hinweise, dass Scarlett bald gebären würde. Und du musstest ja Vorbereitungen für deine Abreise treffen.“

„Hast du deswegen den Erstbesten eingestellt, der dir über den Weg gelaufen ist?“

„Darauf muss ich nicht antworten, Russ.“

„Nein. Aber früher hätten wir über so etwas gesprochen.“

„Ja, das war, bevor du beschlossen hast, die Ranch zu verlassen.“

„Wirst du mir das nun mein Leben lang vorwerfen?“

„Vielleicht.“

Jetzt war er noch wütender.

Sie seufzte. „Tut mir leid, Russ. Ich weiß, dass das nicht fair war.“

„Ich möchte nicht, dass du glaubst, ich würde dich im Stich lassen.“

Jewel nickte und war froh, dass er nicht aussprach, was sie beide dachten. Wie ihre Mutter. Wie Thomas, Allan und alle, die behauptet hatten, dass sie sie liebten. Sie wusste, dass es nicht seine Absicht war, sie im Stich zu lassen. Doch es fühlte sich so an.

Marcus arbeitete in den nächsten sieben Tagen eng mit Russ zusammen. Er lernte die alltäglichen Arbeitsabläufe sowie die Tiere und die Menschen auf der Ranch kennen. Während dieser Zeit lief Jewel ihm nur sehr selten über den Weg. Und wenn sie es tat, dann sprach sie nicht mit ihm. Sie schien ihm nicht mehr Aufmerksamkeit zu schenken als jedem anderen Arbeiter auch.

Am Anfang genoss er es, wie alle anderen behandelt zu werden. Nach einigen Tagen frustrierte ihn ihre Ignoranz allerdings langsam. Es kam ihm vor, als ob sie ihm aus einem bestimmten Grund fernblieb.

Ihr Name fiel oft bei Unterhaltungen zwischen den Angestellten, und er lauschte immer voller Neugier, um sich ein Bild von der Frau machen zu können, für die er arbeitete. Zu seinem Erstaunen hörte er, dass sie eine Zeit lang an Pferderennen teilgenommen hatte, bevor ihr Vater vor einigen Jahren einen Herzinfarkt erlitt. Er fand außerdem heraus, dass sie von den Männern auf der Ranch, von denen die meisten schon etliche Jahre dort arbeiteten, gemocht und respektiert wurde.

Die Besitzer, die immer wieder auf das Grundstück kamen, um den Fortschritt ihrer Pferde zu überwachen, waren nicht so sehr überzeugt von Jewel. Sie waren sich nicht ganz sicher, ob „Jacks Tochter“ das Zeug zu einer Geschäftsführerin hatte wie ihr Vater.

Marcus musste noch herausfinden, was es damit auf sich hatte.

Am Ende der Woche war er erschöpft. Aber er fühlte sich gut, weil er wirklich viel geleistet hatte. Seine Hände zeigten nun deutliche Spuren von harter Arbeit. Die Blasen auf den Händen nahm er jedoch gern in Kauf, da ihm die Arbeit mit den Pferden Spaß bereitete und er es genoss, ihre Fortschritte zu beobachten.

„Hey, Mac.“ Crystal warf ihm ein Lächeln zu, während sie an ihm vorbeilief.

„Hi, Crystal. Wohin des Weges?“

„In den Haven. Ich bin spät dran.“

„Was ist der Haven?“

Sie blieb stehen und sah ihn verwundert an. „Wie lange arbeiten Sie denn jetzt schon hier?“

„Meine einwöchige Probezeit endet heute. Und da Ihre Schwester mich noch nicht gefeuert hat, nehme ich an, dass sie mich hierbehalten will.“

„Ich kann nicht glauben, dass sie Ihnen nichts vom Haven erzählt hat“, sagte Crystal und lief weiter. „Normalerweise ist sie für jede helfende Hand dankbar.“

„Wozu?“

Sie blieben vor einer Scheune stehen, die sich am Rand der Ranch befand. Ihm war das Gebäude zwar schon vorher aufgefallen, doch er hatte nicht gedacht, dass es wichtig wäre. Über dem Eingang hing eine Messingtafel, auf dem sich ein Abbild eines Pferdekopfes und das Wort „Haven“ befanden.

„Das ist Haven“, sagte sie.

Er folgte ihr in den Reitstall und bemerkte sofort, dass er so sauber und organisiert wie alle Gebäude auf der Ranch war. Obgleich dieser Stall funktioneller wirkte als die anderen. Der Boden war hier nicht aus Kopfsteinpflaster, sondern betoniert, und die Namen der Pferde standen auf weißen Schildern und nicht auf Messingplatten.

„Jewel hat den Haven für alte und verletzte Pferde eingerichtet. Die erfolgreichen Rennpferde werden gut von ihren Besitzern versorgt, aber die weniger Erfolgreichen werden oft vernachlässigt, da sie zu hohe Kosten verursachen. Diese unerwünschten Pferde kommen dann hierher und werden gepflegt, bis sie ein neues Heim finden.“

„Das tut sie also in ihrer Freizeit“, bemerkte Marcus.

„Jack Callahan hat das alles aufgebaut. Als er dann starb, hat Jewel die Ranch übernommen, weil sie Pferde mehr als alles andere liebt. Leider ist die Ranch aber in erster Linie ein kommerzielles Unternehmen. Für Jewel steht die Leidenschaft mehr im Vordergrund.“

„Gibt es eigentlich etwas, was sie nicht kann?“

Crystal lächelte. „Ihr Käsekuchen kommt an meinen nicht heran.“

„Ich habe eine Schwäche für Käsekuchen.“

Und er hatte auch eine Schwäche für Jewel Callahan. Je mehr er über die wunderschöne, aber auch sture Frau erfuhr, desto mehr faszinierte sie ihn. Und er hatte eine gute Idee, wie er sie auch für sich begeistern konnte.

Cayenne war auf der Weide, als Jewel nach ihrem Ausflug in der Stadt zur Ranch zurückkehrte. Deshalb ging sie davon aus, dass ihre Schwester den Stall des Pferdes reinigte. Da Jewel wusste, wie sehr Crystal es hasste, die Stallarbeit zu verrichten, hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie so lange in der Stadt geblieben war. Crystal half schon im Haven aus, seitdem das erste Pferd dort aufgenommen worden war. Jewel selbst kam kaum noch dazu, sich um die vernachlässigten Pferde dort zu kümmern. Heute hatte sie aber etwas Zeit und beschloss deshalb, ihrer Schwester beim Ausmisten zu helfen, um in Form zu bleiben.

Als sie die Säcke mit den Vitaminpräparaten für die Pferde hineintrug, konnte sie nicht anders, als ihre Schwester aufzuziehen. „Du scheinst deine Anziehungskraft auf Männer langsam zu verlieren, Crystal. Sonst hättest du bestimmt einen süßen Stallgehilfen gefunden, der die Arbeit für dich erledigt.“

Doch der Kopf, der aus dem Stall schaute, gehörte nicht zu ihrer Schwester.

„Hi“, sagte Mac.

„Anscheinend hat sie ihre Anziehungskraft doch nicht verloren“, murmelte Jewel.

Mac warf ihr ein Lächeln zu, das sie wohlig erschauern ließ. „Heißt das, dass Sie mich süß finden?“

Sie ignorierte seine Frage. „Haben Sie diese Woche nicht schon genug Ställe ausgemistet?“

„Mehr als genug“, versicherte er ihr und lehnte sich an die Mistgabel.

„Wo ist meine Schwester? Und wie hat sie Sie dazu überredet, ihre Arbeit zu erledigen?“

„Sie hat mich nicht überredet, sondern bestochen.“

„Womit denn?“

„Sie hat mir einen Kirschkäsekuchen versprochen.“

„Da hat sie ein gutes Geschäft gemacht, obwohl ihr Kuchen wirklich gut ist.“

„Roastbeef war auch im Gespräch.“

„Crystal hat Sie zum Abendessen im Haus eingeladen?“ Nicht, dass es ihr etwas ausmachte. Schließlich wären ja auch Crystal und Bonnie mit dabei. Trotzdem kam es ihr komisch vor, dass ihre Schwester ihn eingeladen hatte.

„Crystal glaubte, dass dies eine gute Gelegenheit wäre, um über meine zukünftige Arbeit auf der Ranch zu sprechen.“

„Wenn Sie bleiben möchten, können Sie das tun.“

„Ich möchte bleiben. Und ich würde auch gern im Haven arbeiten.“

„Warum?“

„Weil es den Anschein hat, als ob Sie hier Hilfe brauchen könnten.“

„Nicht nur hier. Es fehlt mir überall an qualifizierten Arbeitskräften. Der Haven wirft aber nicht genug ab, um weitere Helfer dafür abzustellen. Normalerweise nehmen wir Schüler von der Highschool für den Stall.“

„Und dann müssen Sie jeden Tag noch einmal hier rein, weil die Arbeit nicht richtig erledigt worden ist“, riet er.

„Es sind doch noch Kinder. Sie tun ihr Bestes.“

„Und sie ängstigen sich bestimmt zu Tode vor Cayenne.“

„Cayenne ist eines der Pferde, die von ihrem Besitzer misshandelt wurden. In Cayenne steckt viel Potenzial. Nur müsste man ihm erst einmal seine Angst vor Menschen nehmen.“

„Ich könnte Cayenne trainieren.“

Jewel müsste verrückt sein, wenn sie das zuließe. Cayenne war mit keinem der Pferde vergleichbar, mit denen Mac in der letzten Woche zu tun hatte. Das Tier war wild, kaum zu zähmen und unberechenbar. Jewel hatte selbst nach wochenlanger Arbeit kaum Erfolge erzielt.

Vielleicht lag es auch einfach daran, dass sie so gut wie keine Zeit mehr für solche Tätigkeiten hatte. Es gab einfach zu viele Aufgaben, um die sie sich kümmern musste. Das brachte die Arbeit als Geschäftsführerin der Ranch eben mit sich. Doch sie hätte sich viel lieber wieder mit dem beschäftigt, was ihr wirklich lag: nämlich mit den Pferden.

Außerdem konnte sie Macs Angebot nicht annehmen, weil er dann noch öfter im Haven wäre, wo sie ständig auf ihn träfe. Und sie wusste nicht, was passierte, wenn er sie weiterhin so anlächelte.

„Das Abendessen ist um sechs“, sagte sie schließlich. „Dann können wir weiter darüber reden.“

Jewel kam gerade aus der Dusche, nachdem sie ihre Arbeit im Haven beendet hatte, als es klopfte. Sie sah auf die Uhr. Punkt sechs. Da sie sich sicher war, dass die Haushälterin Mac öffnen würde, beeilte sie sich nicht. Sie begann ihr nicht zu bändigendes Haar zu kämmen, als es erneut klopfte.

Langsam machte sie sich auf den Weg in die Küche, wo sie eigentlich erwartete, Bonnie am Herd sehen. Stattdessen fand sie nur eine Nachricht.

Crystal fährt mich zur Post, um ein Paket abzuholen. Das Abendessen ist im Ofen. Guten Appetit.

Jewel fiel der für zwei Personen gedeckte Tisch mit Kerzen und einer Flasche Wein auf. Ihr kamen Zweifel daran, dass das Paket wirklich existierte. Sie hatte nur keine Einwände gegen Macs Einladung zum Abendessen gehabt, weil sie davon ausgegangen war, dass Bonnie und Crystal auch anwesend sein würden. Aber irgendwie hatte ihre intrigante Schwester es geschafft, ein harmloses Abendessen in ein Date zu verwandeln. Jewel wusste genau, was ihre Schwester vorhatte. Aber sie wollte nicht, dass sich jemand in ihr Leben einmischte.

Sie stellte die Kerzen und den Wein in die Vorratskammer, brachte die Gläser zurück in die Regale und legte die Gedecke an die gegenüberliegenden Seiten des Tisches. Dann ging sie zur Tür.

Das Erste, was Mac auffiel, als sie die Tür öffnete, war Jewels verführerischer Duft. Sie musste gerade aus der Dusche gekommen sein. Jetzt trug sie ihr Haar offen und kein Make-up, was ihre natürliche Schönheit unterstrich.

Jewel bemerkte die Blumen, die er mitgebracht hatte, und runzelte die Stirn. „Sie hätten keine Blumen mitbringen müssen.“

„Die sind nur für Sie, wenn Sie das Roastbeef zubereitet haben.“

„Das habe ich nicht.“ Sie lächelte. „Und darüber sollten wir beide froh sein.“

„Dann sind die Blumen wohl für Bonnie.“

„Haben Sie sie schon kennengelernt?“

„Noch nicht, aber Ihre Schwester hat mir schon sehr viel von ihren Kochkünsten berichtet.“

„Leider werden Sie sie heute Abend nicht kennenlernen. Sie muss etwas Wichtiges in der Stadt erledigen.“ Jewel nahm ihm die Blumen ab. „Ich stelle die aber ins Wasser für Bonnie und erzähle ihr, dass Sie sich damit bei ihr bedanken wollten.“

Marcus folgte ihr in die Küche und sah sich um. Alles war sehr einfach eingerichtet. Es gab kein Porzellan oder Silberbesteck, was ihm sehr zusagte. Manchmal waren es die einfachen Dinge, die einem mehr Freude bereiteten. Vor allem, wenn man nur an Luxus gewöhnt war.

Marcus sah, dass der Tisch lediglich für zwei Personen gedeckt war. „Ich dachte, dass Ihre Schwester auch zum Abendessen kommt.“

„Das habe ich auch gedacht.“

Ihre Stimme verriet ihm, dass sie nicht nur überrascht, sondern auch verärgert darüber war. Er fragte sich, ob es ihr unangenehm war, allein mit ihm zu Abend zu essen.

„Bedeutet das, dass es keinen Käsekuchen als Nachspeise gibt?“

„Nein.“ Sie lächelte, während sie einen Teller mit Fleisch und Gemüse zum Tisch trug. „Der Käsekuchen ist im Kühlschrank.“

„Da bin ich aber erleichtert.“

Sie deutete ihm, sich zu setzen, doch er schnappte sich einen Korb mit warmen Brötchen und die dampfende Bratensauce, bevor Jewel es tun konnte.

Sie sah ihn verwundert an, als ob sie nicht erwartet hatte, dass er behilflich sein würde.

Sie setzten sich beide und füllten sich Fleisch und Gemüse auf die Teller.

Während des Essens führten sie Smalltalk und unterhielten sich über die Pferde und die Arbeit in den Ställen und über Pferderennen. Marcus genoss ihre Gesellschaft und hoffte, dass ihr gemeinsamer Abend noch lange andauerte.

Als sie aufstand, um das Dessert zu holen, sah sie auf die Uhr. „Ist es wirklich schon halb acht?“

„Tatsächlich. Haben Sie noch einen Termin?“

„Nein.“ Sie schnitt ein großes Stück Käsekuchen ab und legte es auf einen Teller. „Ich habe mich gefragt, was Bonnie so lange aufhält.“

Das Telefon läutete. Jewel reichte Marcus den Teller und ging zum Telefon.

Als sie das Gespräch beendet hatte, kam sie wieder an den Tisch zurück. „Das war Bonnie. Anscheinend haben Crystal und sie beschlossen, noch einen Kaffee trinken zu gehen, und dabei gemeinsame Bekannte getroffen.“

Marcus aß ein Stück von seinem Kuchen und fragte sich, ob sie genug von seiner Gesellschaft hatte. War es ihr etwa unangenehm, dass sie beide hier allein waren?

Sie legte sich ein kleineres Stück Kuchen auf den Teller und setzte sich wieder.

„Erzählen Sie mir mehr über den Haven“, forderte er sie auf. „Je mehr ich darüber weiß, desto besser kann ich Ihnen helfen.“

„Warum interessieren Sie sich so sehr dafür?“

„Das ist doch offensichtlich. Ich möchte mich bei Ihnen einschmeicheln, damit Sie mich auf der Ranch arbeiten lassen und vielleicht sogar noch eine heiße Affäre mit mir beginnen.“

Jewel starrte ihn mit offenem Mund an. „Wie bitte?“

Er zuckte mit den Achseln und lächelte. „Vergessen Sie es einfach.“ Er konnte ihr ansehen, dass seine Bemerkung sie verunsichert hatte. „Sind Sie immer so misstrauisch, wenn Ihnen jemand seine Hilfe anbietet?“

„Ich möchte eben sichergehen, dass ich keinen Fehler mache.“

„Ich mag Pferde. Und aus irgendeinem Grund mag ich Sie auch. Vielleicht möchte ich ja auch mehr Zeit im Haven verbringen, weil ich Sie dann häufiger sehe. Aber keine Sorge, ich bin wirklich harmlos.“

„Nun, jedenfalls haben Sie recht damit, dass wir dort jede Hilfe brauchen können. Deshalb werde ich Sie nicht hindern, dort Ihre Freizeit zu verbringen.“

„Das ist sehr großzügig von Ihnen“, lächelte er.

„Ja, Crystal sagt immer, dass ich mehr an meinen sozialen Fähigkeiten arbeiten sollte. Die Pferde beschweren sich ja nicht.“

„Ich beschwere mich auch nicht.“

Jewel stand auf und brachte das Geschirr in die Küche. Als er aufstehen wollte, um ihr zu helfen, hob sie die Hand. „Lassen Sie nur. Ich schaffe das schon.“

Er ignorierte sie und begann, den Geschirrspüler einzuräumen.

„Sie müssen morgen früh aufstehen“, sagte sie.

„Sie doch genauso. Immer wenn ich in den Stall komme, sind Sie schon da.“

„Es ist ja auch meine Ranch.“

„Das bezweifelt keiner.“ Er schubste sie mit der Hüfte zur Seite, um den Geschirrspüler schließen zu können.

Die kurze Berührung reichte aus, um ihr wohlige Schauer über den Rücken zu jagen.

Sie wich hastig einen Schritt zurück und stieß dabei eine Wasserkaraffe mit dem Ellbogen um. Die Karaffe fiel auf den Boden und zerbrach in mehrere Stücke.

„Passen Sie auf, wo Sie hintreten“, warnte Marcus sie, als er bemerkte, dass Jewel barfuß war.

„Mist!“, fluchte sie, als sie trotz der Warnung in eine Scherbe trat. Die Wunde am Fuß begann sofort zu bluten.

Bevor sie etwas sagen konnte, hob Marcus sie hoch und setzte sie auf den Tresen.

Ihr stockte der Atem. Doch sie wusste nicht, ob das an dieser überraschenden Aktion lag oder daran, dass sie in den Armen eines starken Mannes war.

Anschließend ergriff er ihren verletzten Fuß und musterte ihn vorsichtig. Seine Berührung war sanft und komischerweise auch sehr sinnlich.

„Mac …“

Er riss ein Stück von der Küchenrolle ab. „Lassen Sie mich einen Blick darauf werfen.“

Da ihr sowieso nichts anderes übrig blieb, ließ sie ihn gewähren.

„Wann haben Sie sich das letzte Mal gegen Tetanus impfen lassen?“, fragte er.

„Das muss ein paar Jahre her sein.“

„Es sieht nicht so aus, als ob es genäht werden müsste. Aber man sollte auf jeden Fall etwas Jod auftragen und den Fuß verbinden.“

„Im Bad ist ein Erste-Hilfe-Kasten. Wenn Sie mich runterlassen, kann ich ihn holen.“

„Nichts da! Ich hole ihn.“

„Sie sind besser darin, Befehle zu erteilen, als welche entgegenzunehmen, Mac“, bemerkte sie, als er wieder zurück war.

„Sie hätten doch sonst nur überall das Blut auf dem Boden verteilt.“

„Ich hätte mir auch selbst helfen können.“

In Wahrheit hätte sie die Karaffe niemals heruntergeworfen, wenn seine Berührung sie nicht so sehr aus der Fassung gebracht hätte, aber das würde sie vor ihm natürlich auf keinen Fall zugeben.

„Sie sind ja schon wieder undankbar“, sagte er, während er die Wunde säuberte.

„Ich bin eben daran gewöhnt, mein Schicksal selbst in die Hände zu nehmen.“

„Also liegt es nicht nur an mir.“

„Nein.“

Er tröpfelte etwas Jod auf einen Wattebausch und legte ihn auf die Wunde.

Jewel schnappte hörbar nach Luft, während er einen Verband um den Fuß legte. Mehr und mehr genoss sie seine sanften Berührungen.

„Das sollte reichen“, sagte er schließlich und ließ ihren Fuß los. Doch er blieb ganz nah bei ihr stehen.

Und plötzlich wurde sie sich bewusst, in was für eine intime Situation sie durch diesen Zwischenfall gekommen waren. „Ich … ich muss die Glasscherben auffegen“, sagte sie stotternd.

Er bewegte sich keinen Zentimeter weg, sondern stand immer noch direkt vor ihr, die Hände auf den Tresen gestützt. „Werden Sie immer so nervös, wenn Ihnen jemand nahe kommt?“

Sie legte die Hände auf seine Brust und versuchte, nicht daran zu denken, welch attraktiver Oberkörper sich unter seinem Hemd verbarg.

Als noch schlimmer empfand sie aber, wie intensiv Mac sie musterte. Ihr ganzer Körper bebte vor Aufregung. Sie schaffte es trotzdem, ihm in die Augen zu sehen und zu antworten. „Ich mag es nicht, wenn mir Menschen zu nahekommen, die ich nicht kenne.“

Bevor er etwas darauf entgegnen konnte, kam ein Auto vor dem Haus zum Stehen.

„Das wird Crystal sein. Sie bringt Bonnie zurück.“ Jewel atmete erleichtert auf, dass diese unangenehme Situation ein Ende fand. Insgeheim war sie aber auch enttäuscht, weil sie gerade angefangen hatte, sich an seine Nähe zu gewöhnen.

Mac schien zu merken, wie die Situation sie verwirrte. Sie konnte sich aber nicht vorstellen, dass ein Mann, den sie gerade erst eine Woche kannte, ihr Gefühlsleben durchschaute.

Und sie wusste, dass er einen Weg zu ihrem Herzen finden würde, wenn sie nicht vorsichtig war.

Während Mac einen Besen holte und die Scherben zusammenkehrte, nahm Jewel sich vor, ab sofort vorsichtiger zu sein.

Jewel überarbeitete gerade den Trainingsplan der Jungpferde, als Caleb Bryant in ihr Büro kam. Er hatte bei ihrem Vater als Stalljunge angefangen, als Jewel noch Ponys ritt, und war mit der Zeit zu einer festen Größe auf der Ranch geworden. Heute war er nicht nur einer der besten Pferdetrainer überhaupt, sondern auch ein guter Freund.

Sie konnte an seinem Blick erkennen, dass ihm irgendetwas Sorgen bereitete.

„Gabe Anderson war hier“, sagte er nur.

Jewel wusste sofort, was das hieß. Gabe Anderson war schon seit Langem ein Kunde der Callahan Ranch, und er hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Jewels Führungsqualitäten infrage stellte. Sie hätte ihm am liebsten gesagt, dass er mit seinen Pferden woanders hingehen sollte. Aber leider besaß Anderson zu viel Einfluss im Renngeschäft, als dass man ihn als Kunde verlieren konnte. Daher biss sie immer die Zähen zusammen und versuchte, es ihm recht zu machen. Diesmal schien es allerdings ernst zu sein.

„Gibt es ein Problem?“

„After Midnight kam in Belmond als Neunter von vierzehn Pferden ins Ziel.“

Jewel rieb sich die Schläfen. Die Kopfschmerzen verfolgten sie schon seit einigen Stunden. Sie hatte es aber geschafft, sie mit einigen Aspirin unter Kontrolle zu bringen. Bis jetzt. „Ist das ein schlechtes Ergebnis für dieses Pferd?“, erkundigte sie sich.

Caleb zuckte mit den Schultern. „Es handelt sich um einen jungen Hengst mit viel Potenzial. Er scheint allerdings noch nicht ganz ausgereift zu sein.“

Deshalb hatte Caleb auch vorgeschlagen, noch etwas zu warten, bevor das Pferd an Rennen teilnahm. Da Anderson aber hohe Erwartungen in das Pferd steckte, hatte er Caleb dazu gedrängt, den Hengst auf das Rennen vorzubereiten.

„Ich wollte dir nur mitteilen, dass Anderson sich überlegt, seine Pferde woanders unterzubringen“, sagte Caleb. „Ich weiß, dass er das jedes Jahr androht, aber jetzt scheint er es wirklich ernst zu meinen.“

Sie nickte. „Ich danke dir.“

Caleb ging zur Tür und drehte sich noch einmal um. „Wir wissen doch beide ganz genau, dass er keine vergleichbare Ranch finden wird. Callahan ist einzigartig.“

Jewel zwang sich zu einem Lächeln. „Genauso wie unsere Trainer.“

Caleb lächelte zurück. „Das geht runter wie Öl.“

Nachdem er gegangen war, beschloss Jewel, dass der Trainingsplan warten müsste. Sie konnte sowieso nichts zustande bringen, wenn ihr Kopf schmerzte.

„Das Abendessen ist gleich fertig!“, rief Bonnie vom Flur aus.

„Ich habe keinen Hunger“, antwortete Jewel.

Bonnie kam ins Büro. „Da du nicht zum Mittagessen erschienen bist, kannst du seit dem Frühstück nichts mehr gegessen haben. Es sei denn, du hast eine Küche im Büro, von der ich nichts weiß.“

„Ich habe einen Schokoriegel gegessen und eine Cola getrunken.“

„Das erklärt die Kopfschmerzen.“

„Ich will nur noch ein Bad nehmen und dann ins Bett gehen.“

Bonnie lächelte. „Du hast etwas vergessen.“

Jewel zuckte zusammen. Da war doch noch etwas. Aber was?

„Die Jungs geben heute Abend eine Abschiedsfete für Russ im The Mustang“, erinnerte sie die Haushälterin.

Jewel war sich nicht sicher, ob sie Russ’ letzten Abend verdrängt oder wirklich vergessen hatte. Es war einfach zu hart, daran zu denken, dass er bald weg wäre. „Mir ist heute nicht nach Feiern zumute.“

„Du kannst nicht fehlen. Das weißt du.“

Bonnie verschränkte die Arme vor der Brust. Jewel wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit ihr zu diskutieren. Seitdem Jewels Mutter ihren Mann und ihre Tochter verlassen hatte, war Bonnie zu ihrer Ersatzmutter und einer guten Freundin geworden.

„Also nimm etwas gegen deine Kopfschmerzen. Ich lasse dir inzwischen ein Bad ein“, fuhr Bonnie fort. „Danach geht es dir garantiert besser. Außerdem würdest du es dir niemals verzeihen, wenn du dich nicht von deinem besten Freund verabschiedest.“

Jewel wusste genau, dass Bonnie recht hatte. Und nachdem sie ein Bad genommen und etwas Warmes gegessen hatte, fühlte sie sich tatsächlich viel besser.

Als sie schließlich nach draußen zu ihrem Wagen ging, begegnete sie Mac.

Sie hatte ihn in den letzten Tagen nur selten gesehen. Manchmal hatte sie ihn im Haven getroffen, aber sie war ihm bewusst aus dem Weg gegangen, denn sie brauchte Distanz. Sonst könnte sie für nichts mehr garantieren.

Seit dem Abend in der Küche waren anderthalb Wochen vergangen, und es hatte sich nichts verändert. Als Mac sie in diesem Moment aus seinen funkelnden Augen ansah, spürte sie wieder dieses Kribbeln am ganzen Körper. Sie wusste genau, dass sie sich immer noch zu ihm hingezogen fühlte.

Und das Funkeln in seinen Augen verriet ihr, dass er genauso empfand.

„Was tun Sie hier, Mac?“

„Ich habe gehofft, dass Sie mich in die Stadt mitnehmen.“

„Stimmt etwas mit Ihrem Wagen nicht?“

„Nein. Ich dachte bloß, dass es klüger wäre, mit einem Auto zu fahren. Wir haben doch den gleichen Weg.“

„Hat meine Schwester das wieder eingefädelt?“

Er ignorierte die Frage und lächelte Jewel an. „Also, wie sieht es aus? Nehmen Sie mich nun mit oder nicht?“

Das Letzte, was sie wollte, war, allein mit einem Mann durch die Dunkelheit zu fahren, der ihre Hormone durcheinanderbrachte, wenn er sie nur ansah. Leider hatte sie keine akzeptable Ausrede parat. Schließlich schüttelte sie den Kopf. „Nein!“ Sie warf ihm den Schlüssel zu. „Sie fahren.“

3. KAPITEL

Jewel machte sich keine Sorgen, dass Gerüchte entstehen könnten, wenn sie mit Mac im The Mustang erschien. Die Männer auf der Ranch wussten genau, dass sie niemals etwas mit einem Angestellten anfangen würde. Doch während sie mit Mac zur Bar fuhr, musste sie sich ständig selbst daran erinnern, um nicht schwach zu werden.

Die Distanz, die sie in den letzten anderthalb Wochen zu ihm aufgebaut hatte, bewirkte nur, dass sie sich noch mehr nach ihm sehnte. Aber sie wusste, dass sie sich zurückhalten musste, denn sonst würde sie ihm verfallen.

Als sie in der Bar ankamen, trennte sie sich von ihm, ohne dass er dagegen protestierte. Sie begrüßte einige ihrer Angestellten, hatte allerdings ständig das Gefühl, dass sie zu Mac zurückgehen sollte. Vielleicht empfand er ja auch gar nichts für sie. Möglichweise spielten bloß ihre Hormone wieder verrückt.

„Wenn du weiter so ein mürrisches Gesicht machst, wird der Ehrengast noch glauben, dass du dich nicht amüsierst.“

Sie drehte sich um und lächelte Russ an. „Ich war nur etwas in Gedanken.“

Russ gab ihr einen der beiden Bierkrüge, die er in den Händen hielt. „Du hast deine Schwester verpasst. Sie und Simon sind kurz vorbeigekommen, um sich zu verabschieden.“

„Freut mich, dass sie es noch geschafft haben.“ Sie folgte ihm zu einem Tisch in einer Ecke.

„Dann bist du nicht mehr sauer auf Crystal, weil sie mich nicht geheiratet hat?“

Jewel verdrehte die Augen. „Gibt es eigentlich etwas, was sie dir nicht von unserem Gespräch erzählt hat?“

„Wahrscheinlich nicht.“

Sie unterhielten sich noch eine Weile über die Arbeit auf der Ranch und bestellten eine weitere Runde Bier.

„Du hast mich nicht wegen Mac gefragt“, bemerkte er.

„Hätte ich das denn tun sollen?“

„Ich dachte, es würde dich interessieren, wie er sich gemacht hat.“

„Wenn es Probleme gegeben hätte, wüsste ich das doch schon längst.“

Er nickte. „Er lernt schnell, scheut sich nicht davor, sich die Hände dreckig zu machen, und kommt gut mit den anderen Jungs aus.“

„Aber?“

„Irgendwie kann ich ihn nicht durchschauen.“

Jewel blickte über die Schulter und bemerkte, dass Mac sie beobachtete.

Die Liebhaber, die Jewel gehabt hatte, ließen sich an einer Hand abzählen. Doch nie zuvor hatte sie so viel für einen Mann empfunden, über den sie kaum etwas wusste. Und mit jedem Tag fühlte sie sich mehr zu ihm hingezogen.

„Jeder hat seine Geheimnisse.“ Sie wandte sich wieder an Russ. „Für mich zählt nur, dass er seinen Job gut macht.“

„Dann hast du kein persönliches Interesse an ihm?“

„Crystal hat dir wohl wirklich alles erzählt.“

„Das hat sie. Ich bin aber auch nicht blind und kenne dich schon sehr lange.“

„Dann müsstest du ja wissen, dass ich niemals Privates mit Geschäftlichem vermische.“

„Sag niemals nie“, warnte Russ sie.

Marcus störte es nicht, dass Jewel sich mit Russ Granger in eine Ecke verzogen hatte. Als er auf der Ranch angefangen hatte, war ihm zwar aufgefallen, dass die beiden sich gut verstanden und viel miteinander unternahmen, aber letztendlich hatte sich herausgestellt, dass sie einfach nur gut miteinander befreundet waren. Und das war auch gut so, weil Marcus nämlich mit ihr ins Bett wollte und keine Konkurrenz duldete. Ob sie allerdings etwas mit einem anderen Mann hatte, wusste er nicht.

Nachdem Russ sich schließlich verabschiedet hatte, nutzte Marcus die Gelegenheit. Er bestellte ein Bier für Jewel und eine Cola für sich und setzte sich zu ihr an den Tisch.

„Mir ist gerade aufgefallen, dass das mein erster Abend in der Stadt ist“, sagte er.

„Und, gefällt es Ihnen?“

„Es ist ein guter Anfang.“

„Wenn Sie abends gern weggehen, ist Alliston sicherlich nicht der richtige Ort dafür. Es gibt zwar ein paar Restaurants, diese Bar, ein Kino und eine Kegelbahn, aber das ist auch schon alles.“

„Wo geht man denn hin, wenn man eine Frau ausführen möchte?“

„Nach Charleston.“

„Möchten Sie mit mir nach Charleston gehen?“

Jewel schüttelte den Kopf.

„Sie können ruhig noch einmal darüber nachdenken oder in Ihrem Terminkalender nachsehen“, sagte er lächelnd.

„Das brauche ich nicht, weil ich mich nicht mit Ihnen verabreden werde, Mac.“

„Sie sind wenigstens ehrlich.“

„Habe ich Ihren Stolz verletzt?“

„Das wäre noch schmeichelhaft ausgedrückt.“

„Das bezweifle ich aber.“

„Gibt es einen Mann in Ihrem Leben?“

„Nein.“ Sie trank einen Schluck Bier. „Und ich habe auch nicht die Absicht, mein Leben durch eine Beziehung komplizierter zu machen.“

„Mein Vater hat einmal gesagt, dass wir erst dann unser wahres Glück finden, wenn wir mit der Suche aufhören.“

Sie lächelte. „Hört sich so an, als ob Ihr Vater entweder ein Philosoph oder ein Romantiker ist.“

„Er war einfach nur ein guter Mensch, der viel zu früh von seiner Familie gehen musste.“

„Wie lange ist das her?“, fragte sie sanft.

„Fast schon acht Jahre.“

„Es muss schwierig für Sie gewesen sein, ihn so jung zu verlieren.“

Marcus war klar, dass sie versuchte, auf sein Alter zu kommen. Er wusste nur nicht, ob sie das tat, weil sie an ihm interessiert war, oder aus schierer Neugier.

„Was glauben Sie denn, wie alt ich war?“, fragte er.

„Vierzehn?“

„Ich war siebzehn.“

„Sie haben doch gesagt, dass Sie die Universität gerade erst abgeschlossen haben. Also müssen Sie vorher noch etwas anderes gemacht haben.“

„So kann man das sagen.“

„Sie haben mir nie erzählt, auf welche Universität Sie gegangen sind.“

Er hätte wissen müssen, dass diese Frage kommen würde. Aber was nützte es, Jewel anzulügen? „Harvard.“

Sie zog die Brauen hoch. „Keine schlechte Adresse.“

In diesem Moment kam ein langsames Lied von Aerosmith aus der Jukebox, das Marcus sehr mochte. „Tanzen Sie mit mir!“ Er stand auf und reichte ihr die Hand.

Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht tanzen.“

„Sie können nicht tanzen?“

„Nicht mit Ihnen.“

„Wieso?“

„Weil hier überall Leute sind, die auf der Ranch arbeiten.“

„Die meisten sind doch schon gegangen.“

Jewel blickte sich überrascht um und sah dann auf die Uhr. „Tatsächlich. Ich hätte nicht geglaubt, dass es schon so spät ist. Warum sind Sie denn nicht mit jemandem zurückgefahren?“

Er lächelte. „Ich hatte die Wahl zwischen einem kalten leeren Bett und der Gesellschaft einer schönen Frau. Da fiel mir die Wahl nicht schwer.“

Jewel fühlte sich geschmeichelt. Ihr war aber auch klar, dass sie ihm ihre Grenzen aufzeigen musste, denn sonst würde alles außer Kontrolle geraten.

„Hören Sie, Mac …“

„Nur ein Tanz, Jewel.“

Als er ihre Hand ergriff, vergaß sie alles, was sie sich vorgenommen hatte. Auf der Tanzfläche befanden sich nur zwei weitere Pärchen, die eng umschlungen miteinander tanzten. Die restlichen wenigen Gäste saßen an der Bar und waren in Unterhaltungen vertieft.

Es ist nur ein Tanz, dachte Jewel, während Mac sie in die Arme nahm.

Mac war ein sehr angenehmer Tanzpartner. Er führte sie sanft zum Rhythmus der Musik, aber er drückte sie nicht so fest an sich, wie es die anderen Männer mit ihrer Tanzpartnerin taten. Ihre Körper berührten sich nur leicht, während sie sich langsam bewegten. Trotzdem reichte diese Distanz, um ein unglaubliches Kribbeln in ihrem Bauch auszulösen.

In der kurzen Zeit, die er auf der Ranch arbeitete, waren seine Muskeln von der anstrengenden Arbeit hart geworden. Jewel stellte sich unwillkürlich vor, wie es wäre, wenn ihre nackten Körper sich berührten und sie seine heiße Brust streichelte.

Sie war so vertieft in ihre erotischen Fantasien, dass sie fast gestolpert wäre. Aber er fing sie auf und zog sie noch näher an sich. Ihre Brüste berührten nun seine muskulöse Brust, und sie konnte spüren, wie ihre Spitzen vor Erregung hart wurden.

Wusste er, wie sehr er sie erregte? Dann bemerkte sie, dass auch er erregt war. Gut, dass sie nicht die Einzige war, die so reagierte.

Am liebsten hätte sie ihn eng umschlungen und sich an seinem Körper gerieben. Er brachte ihr Blut so sehr in Wallung, dass sie sich kaum noch beherrschen konnte. Aber sie musste sich zusammenreißen, denn sie waren immer noch mitten in der Bar, wo alle sie sehen konnten.

Jewel seufzte erleichtert auf, als das Lied endlich zu Ende war. Sie befreite sich aus seinen Armen und nahm sich fest vor, die Kontrolle zu behalten.

Marcus musste alle Willenskraft aufbringen, um Jewel ins Haus gehen zu lassen, ohne sie vorher zu küssen. Sie sah unglaublich schön im Mondlicht aus, und als sie ihm tief in die Augen blickte, hätte er sie fast geküsst.

Diese Lippen waren zum Küssen geschaffen. So voll und sinnlich.

Jewel hätte seinen Kuss bestimmt erwidert. Dessen war er sich sicher. Als er sie auf der Tanzfläche in den Armen gehalten hatte, konnte er spüren, wie schnell ihr Herz schlug. Und als er ihr in die Augen gesehen hatte, hatte er das gleiche Verlangen entdeckt, das auch in ihm loderte. Oh ja, sie hätte den Kuss ganz bestimmt erwidert. Und anschließend hätte sie ihn rausgeworfen.

Bei dem Gedanken musste er lächeln, während er zurück auf sein Zimmer ging. Dann hätte sie nur einen Vorwand gehabt, um ihn endlich loszuwerden. Er würde ab sofort langsamer vorgehen und auf seine Chance warten.

Es war schon komisch, sich so viele Gedanken über eine Frau zu machen. Normalerweise musste er sich kaum bemühen, um eine Frau ins Bett zu bekommen. Sein Name half ihm meistens dabei.

Natürlich wusste Jewel nicht, dass er ein Fürst war, und das war auch besser so. Wenn sie hinter seine wahre Identität käme, würde sie ihn wahrscheinlich gleich rausschmeißen und er sie niemals wiedersehen.

Und das wollte er auf keinen Fall riskieren. Noch nie hatte er eine Frau kennengelernt, die ihn dermaßen faszinierte. Und je mehr sie sich von ihm zurückzog, desto mehr begehrte er sie.

Ihre Bemerkungen zu seinem Alter deuteten darauf hin, dass sie ein Problem in dem Altersunterschied sah. Obwohl er nicht genau wusste, wie viele Jahre zwischen ihnen lagen, machte es ihm nichts aus. Er war mit Frauen zusammen gewesen, die noch älter gewesen sein mussten. Und das war nie ein Problem für ihn gewesen.

Auch dass sie seine Chefin war, störte ihn nicht. Damit hatte er zwar noch keine Erfahrungen gemacht – er hatte ja auch noch keinen wirklichen Job bisher –, aber auch das sollte ihnen nicht im Wege stehen.

Marcus war davon ausgegangen, dass Jewel kein Interesse an ihm hatte. Diese Annahme hatte sich heute auf der Tanzfläche aber als falsch erwiesen.

Die Spannung, die zwischen ihnen in der Luft gelegen hatte, war echt gewesen. Da war dieses Funkeln in ihren Augen, das mehr als tausend Worte aussagte.

Er wusste aber auch, dass sie ihn garantiert wegstoßen würde, wenn er jetzt zu viel Druck auf sie ausübte.

Geduld war noch nie seine Stärke gewesen. Aber er war sich darüber bewusst, dass er sowohl Geduld als auch Beharrlichkeit brauchte, um Jewel für sich zu gewinnen.

Autor

Patricia Mc Linn
Es war für Patricia McLinn eine Form von Selbstverteidigung, so schnell wie möglich lesen zu lernen. Denn wenn ihre zwei älteren Geschwister ein Geheimnis miteinander hatten, buchstabierten sie, um es vor Patricia zu verbergen. Allerdings eröffnete sich ihr dann in den Büchern, die sie daraufhin lesen konnte, weitaus aufregendere Geheimnisse...
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<p>Cathy Gillen Thacker ist eine Vollzeit-Ehefrau, - Mutter und – Autorin, die mit dem Schreiben für ihr eigenes Amusement angefangen hat, als sie Mutterschaftszeit hatte. Zwanzig Jahre und mehr als 50 veröffentlichte Romane später ist sie bekannt für ihre humorvollen romantischen Themen und warme Familiengeschichten. Wenn sie schreibt, ist ihr...
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