Collection Baccara Band 376 - Titel 2: Verführung in High Heels

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Ein Traum in Lack und Leder: Sammie eröffnet ein Geschäft für Designer-Schuhe. Und es läuft gut, denn mit ihrer Schwäche für heiße Stiefel steht sie nicht allein da. Leider auch nicht mit ihrer Liebe zu dem vermögenden Jackson Worth, ihrem unverschämt attraktiven Geschäftspartner …


  • Erscheinungstag 07.01.2014
  • Bandnummer 0376
  • ISBN / Artikelnummer 9783733722722
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Frauenstiefel.

Sie standen neben dem Bett auf dem Boden. Kunstvolle Schnörkel schmückten das weiche schokobraune Leder. Jackson Worth verzog die Lippen zu einem Lächeln. Er erinnerte sich daran, wie sehr es ihn erregt hatte, sie ihr von den schlanken Beinen zu ziehen. Und gleich darauf den kurzen Rock und die taillierte Bluse. Vorsichtig streckte er sich und versuchte, die Frau neben sich nicht zu wecken.

Es war verrückt. Beim Anblick der besten Freundin seiner Schwägerin hatte ihn die Begierde getroffen wie ein Blitz. Sammie Gold war gestern Abend in der Hotelbar auf ihn zugekommen, mit ihrem süßen Lächeln, den schlanken Hüften und diesen unglaublichen Stiefeln.

Jackson Worth war kein Dummkopf. Er würde die Quittung für das, was er getan hatte, noch bekommen. Von seinen Brüdern Clay und Tagg, doch vor allem von Callie. Taggs Ehefrau würde ihm den Kopf abreißen und ihm damit drohen, ihn zu entmannen.

Durch einen Spalt zwischen den Vorhängen fiel strahlender Sonnenschein. Er schloss die Augen und versuchte, die Kopfschmerzen zu vertreiben, die in seinen Schläfen zu pochen begannen. Die Frau neben ihm auf dem breiten Doppelbett regte sich, und der Duft von Jasmin erfüllte die Luft. Jackson sog ihn ein, und verdammt … sein völlig erschöpfter Körper reagierte schon wieder auf das liebliche Aroma.

Dabei hatte er noch nie zuvor Geschäftliches und sehr Privates miteinander vermischt.

Sammie drehte sich um. Ihr Arm legte sich dabei über seine Brust, und ihre Finger berührten seine Haut, sanft und gleichzeitig besitzergreifend. Im Schlaf murmelte sie etwas vor sich hin.

Er betrachtete ihren Pixie-Cut. Das kurze braune Haar war durchzogen von karamellfarbenen Highlights und kastanienroten Strähnen und erinnerte ihn an einen seltenen Edelstein. Sie war süß, aber sie entsprach nicht dem Typ Frau, mit dem er normalerweise ausging. Als ihm jedoch klar wurde, wie falsch das klang, fühlte er sich reichlich unbehaglich.

Er war nicht mit ihr ausgegangen. Er hatte mit ihr geschlafen.

Ja, Callie würde nicht gerade begeistert sein, wenn sie das herausfand. Seine Schwägerin hatte ihn um einen Gefallen gebeten und ihm ihr volles Vertrauen geschenkt.

Sammie hat eine schwere Zeit hinter sich. Sie hat ihren Vater und ihr Geschäft verloren. Kümmere dich um sie, Jackson. Hilf ihr. Bitte.

Dieses Vertrauen hatte er mit Füßen getreten.

Während er noch mit sich haderte, hob Sammie verschlafen den Kopf vom Kissen. Verwirrt blickte sie ihn aus dunkelbraunen Augen an. „Jackson?“

„Guten Morgen.“

Sie blickte sich in dem eleganten Raum um. Dann blinzelte sie und schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich um ihre Gedanken zu sortieren. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen, und sie riss die Augen weit auf. Als sie sich erhob, rutschte die Decke herunter und entblößte ihren nackten Körper. Klein, rund und fest kamen ihre Brüste zum Vorschein, und Jackson stöhnte innerlich auf. Wenn sie eine andere Frau wäre, würde er sich an diesem Morgen noch einmal mit ihr auf den Weg in den siebten Himmel machen.

Keuchend griff sie nach dem Laken, um ihre Brüste damit zu bedecken. „Oh nein! Sag, dass wir das nicht getan haben.“

Das war keinesfalls die Reaktion, die er von Frauen nach einer Nacht mit großartigem Sex gewohnt war. „Offensichtlich doch.“

Wieder stöhnte sie auf und blickte sich im Zimmer um. „Wo bin ich?“

„Paris.“

Ihre Stimme überschlug sich. „In Frankreich?“

„Las Vegas.“

Sie ließ sich gegen das Daunenkissen am Kopfende des Bettes fallen. „Wie ist das passiert?“

Obwohl er sicher war, dass es sich um eine rhetorische Frage handelte, hatte Jackson das Bedürfnis, ihr zu antworten. Den Kopf in die Hand und den Ellbogen auf das Bett gestützt, blickte er Sammie in die Augen. Dann gab er ihr die einzig sinnvolle Erklärung.

„Stiefel.“

Sammies wirre Gedanken begannen, sich zu ordnen. Wie durch einen Schleier erinnerte sie sich, wie sie nach Las Vegas gereist war, wo eine Tagung der Schuhbranche stattfand. Ihre beste Freundin Callie Worth hatte darauf bestanden, dass sie sich mit Jackson traf, der sich zur selben Zeit in Vegas aufhielt.

Jackson hatte einen ausgezeichneten Geschäftssinn. Er konnte ihr möglicherweise helfen, sich aus ihrem finanziellen Chaos zu befreien. Sammies letzter Freund, ein Buchhalter, der wusste, wie er mit Zahlen und mit ihrem Herzen spielen konnte, hatte sie bestohlen … und sich schließlich mit fast allem aus dem Staub gemacht, was sie besaß.

Sie fühlte sich wie eine Idiotin, weil sie ihm seine Lügen abgekauft hatte.

Und jetzt musste sie sich auch noch mit Jackson Worth herumschlagen.

Seitdem ihr Vater vor einigen Monaten gestorben war, hatte Sammie keine einzige vernünftige Entscheidung getroffen. Aber dies hier war vermutlich das Dümmste, was sie je getan hatte … mit dem Schwager ihrer besten Freundin zu schlafen.

Auf dem Fußboden entdeckte sie ihre Kleidung. Bluse, Rock, BH und Tanga waren ausgebreitet wie Kleider, die zum Trocknen auf der Leine hängen. Panik schnürte ihr die Kehle zu. „Wie viel Champagner habe ich gestern Abend getrunken?“

„Nicht so viel … vielleicht zwei Gläser. Oder drei.“

„Ich … ich trinke normalerweise nicht. Weil ich nichts vertrage. Ich werde dann, ähm …“

Er warf ihr einen vielsagenden Blick zu. „Wild und sexy?“

„Oh nein … habe ich dich etwa verführt?“

Er verzog den Mund zu einem kleinen Lächeln. „Es beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit, Sammie. Erinnerst du dich nicht?“

Er hatte ihr geholfen, das wusste sie noch. Die halbe Nacht lang hatten sie an der Bar über geschäftliche Dinge gesprochen und sich dabei köstlich amüsiert. Dann kam der Champagner. Nach dem ersten Glas ging es ihr bestens, und dabei hätte sie es belassen sollen. Aber zwei, drei Gläser von dem Zeug zu trinken, bei ihrer zierlichen Figur und obwohl sie nicht viel Alkohol vertrug … sie hätte es besser wissen müssen.

Wenige Monate zuvor war Sammie wegen Callies Hochzeit aus Boston angereist und hatte Jackson kennengelernt. Seitdem hatten sie sich öfter unterhalten und waren so etwas wie Freunde geworden. Er sah umwerfend aus. Und er kam ihr so unerreichbar vor, dass sie nie darüber nachgedacht hatte, wie es wäre, mehr als nur locker mit ihm befreundet zu sein.

Sie betrachtete die seidenen Laken und den Mann, der – vermutlich splitterfasernackt – unter der Decke neben ihr lag. Irgendwo zwischen der Fahrt mit dem Aufzug hierher und dem Zeitpunkt, als Jackson ihr die Stiefel auszog, begann ihre Erinnerung zu verschwimmen.

Oh Mann. „Ich erinnere mich nicht mehr … an sehr viel.“ Sie seufzte. „Ich hätte schon das zweite Glas nicht trinken sollen.“

Jackson berührte sie am Arm und zog mit den Fingern Kreise genau über ihrem Ellbogen. Unter dieser Berührung erschauerte sie. Plötzlich spürte sie pochende Hitze zwischen den Schenkeln, und einen Augenblick lang kehrte die Erinnerung zurück. Sie erinnerte sich an etwas … an die Reaktion ihres Körpers, als Jackson sie berührt hatte. „Diese Einsicht kommt ein bisschen spät.“

Er hatte recht. Gestern Abend an der Bar hatte sie jede Vorsicht in den Wind geschlagen. Sie hatte keine Lust mehr, immer Frau Saubermann zu sein … Und sie hatte es satt, so zu tun, als wäre Jackson Worth nicht der begehrenswerteste Mann, der ihr je unter die Augen gekommen war. Und darum hatte sie etwas getan, was ganz und gar untypisch für sie war. Auf der Tanzfläche hatte sie Jackson die Arme um den Nacken geschlungen und ihn geküsst. Wahrscheinlich fand er sie bemitleidenswert. „A…also, so bin ich eben … immer zu spät auf jeder Party.“

„Sammie“, sagte er, und der raue Klang seiner tiefen Stimme machte ihr klar, dass ihr eine Menge entging, weil sie sich nicht an den Abend zuvor erinnern konnte. „Sei ehrlich … du wolltest zu der Party.“

„Ich … ähm … ich weiß.“ Welche Frau, die noch bei Verstand war, hätte das nicht gewollt?

Sie kniff die Augen zusammen. Wäre sie nur vorsichtiger gewesen! Sie hätte ihr Verhalten gern damit entschuldigt, dass sie innerhalb kurzer Zeit ihren Vater und ihr Geschäft verloren hatte. Doch sie musste sich der Wahrheit stellen. Gestern Abend hatte ihr Selbstbewusstsein dringend Stärkung gebraucht, und der breitschultrige blauäugige Adonis Jackson Worth mit dem dunkelblonden Haar war genau der Typ, der sie aus ihrem Tief holen konnte. Er sah nicht nur gut aus. Er war sympathisch, hilfsbereit und aufmerksam. Einfach unwiderstehlich.

Mit Jackson zu schlafen, war alles andere als ein kluger Schachzug … aber sich hinterher nicht einmal daran zu erinnern? Das war wirklich ein übler Fehler. Sie hatte Schuldgefühle – allerdings ohne die heißen Erinnerungen, die damit normalerweise einhergingen. Niemals würde sie erfahren, wie es gewesen war. Und eine Wiederholung der letzten Nacht würde es nicht geben.

Sie hatte gehofft, während der Tagung auf Interesse für ihr Geschäft zu stoßen. Die Wirtschaft befand sich in einer Flaute, und nur starke Unternehmen konnten überleben. Niemand war daran interessiert, Geld in ihre kleine einzigartige Boutique zu stecken.

Niemand … außer Jackson Worth.

Plötzlich dämmerte ihr etwas. Die Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf, und dann begriff sie. „Du meine Güte, Jackson. Wir sind … Partner.“

Jackson verzog die Lippen zu einem vielsagenden Lächeln. Dann seufzte er. „Wir haben den Vertrag geschlossen, bevor der Champagner serviert wurde, Darling. Du hast auf der gepunkteten Linie unterschrieben. Das Boot Paradise gehört jetzt zur Hälfte mir.“

Sammie lag im Bett und hörte, wie im Zimmer nebenan der Wasserhahn aufgedreht wurde. Das Rauschen verdrängte ihre Gedanken, und als die Tür zur Duschkabine geöffnet und wieder geschlossen wurde, konnte sie sich mühelos vorstellen, wie Jackson nackt aussah. Fünf Minuten zuvor war er im Adamskostüm aus dem Bett gesprungen und ins Bad geschlendert. Seine Haut war gebräunt, und er hatte den großartigsten Hintern, den sie je an einem Mann gesehen hatte.

„Bist du sicher, dass du nicht zuerst gehen willst?“, hatte er gefragt.

Sie hatte sich noch tiefer unter der Decke verkrochen. „Nein, geh du. Ich warte lieber.“ Nun lag sie auf dem Bett, und der Puls pochte in ihren Ohren. Für ein Mädchen, das ganz neu anfangen wollte, war sie ziemlich tief ins Fettnäpfchen getreten.

Heiliger Himmel.

Plötzlich wurde ihr klar, wie unbesonnen sie sich verhalten hatte. Sie zitterte am ganzen Körper. Um ihre blank liegenden Nerven zu beruhigen, atmete sie tief durch.

Sie würde noch viele Momente erleben, die ihr Furcht und Unsicherheit einjagten. Schließlich war sie dabei, ihr Leben völlig umzukrempeln. Ans andere Ende des Landes zu ziehen und ein Unternehmen in einer Stadt zu gründen, die sie nicht kannte – das war genug, um ihr Angst zu machen.

Und nun begann ihr neues Leben mit einem Fehlstart.

Das friedliche Rauschen des Wassers verstummte, als der Hahn zugedreht und die Tür der Dusche geöffnet wurde. Sammie sank auf das Bett zurück und zog sich die Decke bis unters Kinn.

Die Badezimmertür wurde geöffnet, und Jackson erschien in einem edlen dunkelblauen Morgenmantel. Die Bartstoppeln auf seinem kantigen Kinn und die feuchten blonden Haarsträhnen, die sich auf dem Kragen kringelten, ließen ihn aussehen wie ein GQ-Model. Aber das wusste sie bereits über Jackson Worth. Er kleidete sich stilvoll, sein Lächeln brachte die Polarkappen zum Schmelzen, und … verdammt … er war so charmant, dass jede Frau zu träumen anfing. Alles in allem war er fantastisch – und gefährlich. Und gestern Abend hatte ihr inneres Alarmsystem völlig versagt.

Jetzt warf er einen schneeweißen Morgenmantel neben sie auf das Bett. „Vielleicht solltest du dich anziehen“, sagte er, und sein sonst so selbstsicheres Gesicht wirkte leicht verwirrt. „Wir müssen reden.“

Ohne ihre Antwort abzuwarten, ging er zum Fenster und warf einen Blick auf die Kopie des Eiffelturms, die draußen zu sehen war. Während Jackson hinausspähte, zog Sammie schnell den Morgenmantel über und schlang den Gürtel um die Taille. Dann schnappte sie sich ihre Kleider vom Boden und verschwand eilig im Bad.

Unter anderen Umständen hätte sie sich in der riesigen Wanne aus Marmor unter den Massagedüsen geaalt und den wasserfallartigen Strahl der Dusche genossen. Heute aber duschte sie schnell. Jackson wartete auf sie, und sie hatten ernste Dinge zu bereden.

Sie zog dieselben Kleider an, die sie schon gestern auf der Tagung getragen hatte. Vorsichtig fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar. Die dicken, kurzen Strähnen fielen wie von selbst in Form.

Barfuß tappte sie aus dem Badezimmer und bemerkte, dass Jackson noch immer am Fenster stand. Er hielt eine Tasse Kaffee in der Hand. Während sie geduscht hatte, war der Zimmerservice gekommen. Es erstaunte sie immer wieder, dass für reiche Menschen alles wie von selbst zu laufen schien. Sie schnippten mit den Fingern, und jeder Wunsch wurde ihnen erfüllt.

Doch vielleicht war es gut, dass Jackson reich war, denn anders als all die anderen hatte er sich auf eine Zusammenarbeit mit ihr eingelassen. Sie waren Partner. Sammie machte sich keine Illusionen über seine Gründe. Normalerweise würde ein Viehbaron, der es gewohnt war, in Immobilienprojekte und Aktien zu investieren, eine armselige Schuhverkäuferin links liegen lassen. Doch Jackson tat Callie einen Gefallen, indem er Sammie unterstützte. Und deshalb war sie umso entschlossener, erfolgreich zu sein. Sie wollte Callie nicht enttäuschen.

Der Esstisch war für zwei Personen mit weißem Leinen und einer hübschen Vase voller Blumen gedeckt. Als sie neben Jackson aufgewacht war, hatte sie keinerlei Appetit verspürt, doch nun, nachdem die Dusche sie gestärkt hatte, sahen die Himbeermuffins mit weißer Schokolade sehr verführerisch aus.

Jackson wandte sich vom Fenster ab, blickte ihr in die Augen, und seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Schnell trank er einen Schluck Kaffee.

„Was ist?“, fragte sie.

Eilig schüttelte er den Kopf. „Das willst du nicht wissen.“

„Doch“, platzte sie heraus.

Wieder blickte er ihr in die Augen. Dann sagte er schulterzuckend: „Du bist süß.“

„Süß?“ Sie blickte an ihrem cremefarben und braun karierten Faltenrock und der taillierten elfenbeinfarbenen Bluse hinab, die sie in den Bund gesteckt hatte. Die Kombination passte perfekt zu den klassischen braunen Stiefeln, die ihr bis zu den Knien reichten, die jetzt aber neben dem Bett standen.

Sie wackelte mit den nackten Zehen. Keine Stiefel, keine Macht. Jetzt war sie also nur noch „süß“?

„Hunger?“, fragte er und wandte den Blick von ihr ab.

„Ja. Ich könnte etwas vertragen.“

Er machte ihr ein Zeichen mit der Hand, dass sie hinüber zur Essecke gehen sollte. Sie durchquerte den Raum und setzte sich an den Tisch. Noch immer in den vornehmen Morgenmantel gehüllt, ließ Jackson sich auf einem Stuhl neben ihr nieder. Er schenkte ihr Kaffee ein und wartete, dass sie den ersten Schluck trank. Die Mischung schmeckte köstlich und gab ihr die Kraft, die sie brauchte, um diese Unterhaltung zu überstehen.

Als Jackson sie nun aufmerksam betrachtete, fühlte sie sich allerdings doch etwas unbehaglich. „Was ist los?“

Wieder erschien dieses Ich-weiß-etwas-was-du-nicht-weißt-Lächeln auf seinem Gesicht. „Das willst du wirklich nicht wissen.“

„Oh.“ Sie schluckte den Kaffee so schnell hinunter, dass sie sich die Kehle verbrannte. Verstohlen musterte sie Jackson unterhalb der Taille, obwohl der Tisch zwischen ihnen stand und sie nichts sehen konnte. Doch ihre Absicht war klar, und Jackson entging sie nicht.

„Hör zu“, begann er und drehte sich auf dem Stuhl ganz zu ihr. „Ich bin sowieso nicht der Typ, der mit intimen Dingen an die Öffentlichkeit geht, aber wegen meiner – und deiner – Beziehung zu Callie bin ich der Meinung, dass wir die letzte Nacht einfach vergessen sollten. Es war ein Fehler, und ich übernehme die volle Verantwortung dafür.“

Innerlich stöhnte Sammie auf. Sie wusste, was er meinte, doch es war schwer zu ertragen, dass ein Mann es als Fehler bezeichnete, mit ihr geschlafen zu haben. Diese Worte aber von Jackson zu hören, war ein echter Schlag für ihr Ego. „Ich hatte auch meinen Anteil daran, Jackson. Auch wenn ich mich an fast nichts erinnern kann.“

Jackson atmete hörbar ein, und seine Augen leuchteten. „Das ist auch gut so.“

Warum? War es zwischen ihnen so schlecht gelaufen? Oder so gut? Sie hatte nicht den Mut zu fragen. Sammie wünschte, sie könnte sich an die letzte Nacht erinnern und sie in ihrer Fantasie so oft wiedererleben, wie sie wollte. Doch dieser Wunsch war jetzt bei Weitem nicht das Wichtigste.

„Ich möchte in Arizona neu anfangen. Callies Freundschaft bedeutet mir viel. Wir werden uns oft sehen, und ich möchte sie nicht anlügen. Aber etwas zu verschweigen, ist nicht dasselbe wie eine Lüge, stimmt’s?“, sagte sie.

„Genau. Es wird unser Geheimnis bleiben, und wir machen weiter, als wäre nichts passiert, Sammie.“

„Okay, behalten wir es für uns. Ich meine, es war nur Sex, richtig?“

Jackson wollte nicken, doch plötzlich hielt er inne. „Ich verweigere die Aussage. Kein Mann, der noch recht bei Verstand ist, beantwortet so eine Frage.“

Zum ersten Mal, seit sie an diesem Morgen die Augen geöffnet hatte, lächelte Sammie. „Du bist ein kluger Mann.“

„Tatsächlich?“ Er ließ seinen Blick über sie wandern, und Sammie wurde heiß.

„Du findest mich also ‚süß‘.“

Er grinste. „Das kann sehr sexy sein.“

„Offensichtlich.“

Jetzt lachte er.

Die Situation entspannte sich, Sammie nahm sich einen Muffin und biss herzhaft hinein. Nun, wo die Dinge zwischen ihnen geklärt waren, fühlte sie sich besser. Sie sagte sich, dass Jackson Worth ihr Geschäftspartner und deshalb streng tabu war. Also würde sie die Finger von ihm lassen. Sie musste … es gab keine andere Möglichkeit.

Nach dem Frühstück kam Jackson in dunklen Stoffhosen und einem Westernhemd aus dem Bad. Er hatte ihr angeboten, sie zum Motel zu fahren, damit sie ihre Sachen packen konnte. Dann wollte er sie zum Flughafen bringen, wo sie den Flieger nach Boston erwischen musste. Er drückte sich den Stetson auf den Kopf – ein Worth durch und durch. Mit verschränkten Armen stand er neben dem Bett und sah ihr dabei zu, wie sie ihre Lederstiefel anzog.

„So“, sagte sie, zog den langen Reißverschluss hoch und richtete sich zu voller Größe auf. Dann zog sie ihren Blazer an und warf das Haar zurück. „Von mir aus können wir gehen.“

Er betrachtete ihre Stiefel und musterte die Kontur ihrer Beine. Ein eigenartiger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht, doch er schüttelte ihn schnell ab. Dann nahm er sie an der Hand und führte sie zur Tür. „Nichts wie raus hier.“

Sie hatten einen Vertrag geschlossen, und das alte Sprichwort stimmte noch immer. Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas …

Es hätte aufregend sein können, ein Geheimnis mit Jackson Worth zu teilen.

Wenn es nur nicht so verdammt notwendig gewesen wäre.

2. KAPITEL

In Boston hatte der Herbst begonnen. Die Blätter verfärbten sich und bedeckten die Stadt mit einem Teppich aus tief orangefarbenem und goldenem Laub. Kühle Luft ersetzte die Schwüle des Sommers, und eine frische Brise spielte in den Bäumen.

In Arizona dagegen gab es keine raschelnden Bäume. Jedenfalls heute nicht. Die Luft stand still, und das Land war öde, abgesehen von den Sträuchern und anderen Pflanzen, die aus tropischeren Gefilden in die Wüste verpflanzt worden waren.

Sie würde ihre Heimatstadt vermissen, doch ihr Leben spielte sich nicht mehr dort ab. Kaum war sie gestern auf dem Sky Harbor Airport gelandet und hatte die Füße auf den Boden von Arizona gesetzt, als sie von einer Begeisterung ergriffen wurde, die sie schon lange nicht mehr empfunden hatte. Hier war sie … ihre Chance auf einen Neubeginn.

Jetzt stand sie in dem leeren Ladenlokal, und ihr Blick wanderte über den glänzenden Boden aus Hartholz und die schmucklosen Wände. Sie nahm den Geruch frischer Farbe wahr. Als sie den Kopf hob, sah sie rustikale Holzbalken, die kreuz und quer unter der Decke verliefen. Jackson hatte einen großartigen Laden in Scottsdale für ihre Boutique ausgesucht, mitten im Herzen der Shoppingmeile für die Oberschicht von Phoenix.

Das Klicken ihrer Stiefelabsätze folgte ihr, als sie zur Eingangstür ging. Es war ein einsames Geräusch, das sie an all das erinnerte, was sie verloren hatte, doch Sammie würde sich heute keinen Gedanken daran erlauben.

Sie steckte den Kopf zur Tür hinaus und sah ein kleines Café, das nur wenige Schritte die Straße hinunter lag und vor dem Zweiertische standen. Ein warmes Gefühl durchströmte sie, und sie flüsterte: „Hier bin ich jetzt zu Hause.“

Callie hatte Sammie angeboten, auf der Worth-Ranch zu wohnen, doch Sammie wollte sich nicht aufdrängen. Ihre Freundin war im achten Monat schwanger, und sie verdiente es, diese besondere Zeit ihres Lebens zu genießen, ohne sich um einen Gast im Haus kümmern zu müssen.

Auf Jacksons Empfehlung hatte Sammie über einen Anbieter im Internet eine möblierte Mietwohnung gefunden. Sie lag in einem Gebäude im spanischen Stil mit Torbogen aus Lehm und einem mit roten Steinen gepflasterten Innenhof. Sammie hatte alles verkauft, was sie in Boston besaß. Es war ein symbolischer Akt gewesen, um mit ihrem alten Leben komplett abzuschließen.

„Willkommen in Arizona, Frau Nachbarin.“ Sie zuckte zusammen. Als sie sich umdrehte, sah sie einen Mann, der eine Kochschürze trug und vom Café aus auf sie zusteuerte. Er lächelte sie an, und auf seinem perfekt geschnittenen Gesicht mit dem olivfarbenen Teint zeichneten sich Falten ab. Er sprach mit einem leicht spanischen Akzent.

Er blieb vor ihr stehen und streckte die Hand aus. „Ich heiße Sonny Estes. Mir gehört das ‚Sonny Side Up‘-Café.“

„Hallo. Ich heiße Sammie Gold. Toller Name übrigens.“ Sie reichte ihm die Hand, und er schüttelte sie energisch. „‚Sonny Side Up‘, meine ich. Ich habe das Schild heute Morgen gesehen.“

„Danke. Sie machen hier eine Stiefelboutique auf, stimmt’s?“

Überrascht legte sie den Kopf schief. „Ja. Woher wissen Sie das?“

„Jack ist ein Freund von mir. Und mein Vermieter, aber das vergesse ich manchmal. Wenn ich ihn schlage, zum Beispiel.“

Sammie zog fragend die Augenbrauen hoch. „Sie schlagen ihn?“

„Beim Sport“, lachte Sonny. Sammie stellte sich den GQ-Cowboy sofort in weißen Shorts vor. „Tennis?“

Lachfalten zeichneten sich um seine Augen ab. „Basketball.“

„Oh.“ Aus irgendeinem Grund erschien ihr das passender.

„Er hat mir erzählt, dass Sie vorbeikommen würden, um sich den Laden anzusehen.“ Über ihre Schulter spähte er zu dem leeren Geschäft hinüber. „Gefällt er Ihnen?“

„Ja, er ist toll. Ich meine, er wird toll, wenn erst die Ware kommt.“

„Der Standort ist unschlagbar. Es kommen viele Einheimische zum Shoppen her, aber die Touristen kaufen auch sehr gerne hier ein. Und nicht zu knapp. Scottsdale ist das Beverly Hills von Arizona.“

Sie lächelte. „Umso besser.“

„Kommen Sie mal im Café vorbei. Ich lade Sie zum Essen ein.“ Er winkte zum Abschied. „Ich muss wieder in die Küche. Mittags ist es meistens sehr voll.“

Sammie erwiderte den Gruß und ging zu ihrem Laden zurück. Sie betrat das Hinterzimmer, das ihr als Büro dienen würde, und nahm auf einem Stuhl Platz. Jackson setzte viel Vertrauen in ihr Boot Paradise, und bei diesem Gedanken musste sie lächeln. Er mochte Stiefel. Besonders an Frauen. Ach, wem wollte sie etwas vormachen? Jackson mochte Frauen. Punkt. Und sie mochten ihn.

Mit einem gähnenden Geräusch wurde die Hintertür geöffnet, und als Sammie herumfuhr, sah sie Jackson über die Schwelle treten. Er schloss die Tür und näherte sich ihr mit einem entspannten Lächeln auf den Lippen. „Hey, Sammie.“

„Oh, hallo.“ Sie wünschte, ihr würde nicht jedes Mal der Atem stocken, wenn sie ihn erblickte. Er sah fantastisch aus. Heute trug er Jeans und ein schwarzes Jackett über einem weißen Baumwollhemd. Sein dickes dunkelblondes Haar wurde von einem hellbraunen Filzhut bedeckt. In seinem Blick lag ein Hauch von Übermut, als er ihn auf ihre wadenhohen Stiefel richtete.

Er musterte die Bänder aus weichem Mochaleder und die silberfarbenen Nieten.

Dann trafen sich ihre Blicke. „Hübsch.“

Verlegen stand sie vom Tisch auf und blickte ihm ins Gesicht. „Danke. Ich mache sozusagen mit meinen Beinen Reklame für die Stiefel.“

„Und wer würde nicht stehen bleiben, um … sie zu bewundern“, fragte er, während er den Blick über ihre Beine schweifen ließ und höher zu ihren Brüsten, um ihr schließlich in die Augen zu sehen.

Verunsichert stammelte Sammie: „Ich … ähm … ich habe dich heute Morgen gar nicht erwartet.“

„Es ist beinah Mittag.“

Sie zuckte die Schultern. Über Kleinigkeiten würde sie nicht mit ihm streiten. „Oh, ja, vermutlich hast du recht. Ich war beschäftigt und habe nicht auf die Zeit geachtet.“

„Beschäftigt? Womit denn?“ Suchend blickte Jackson sich in dem Raum um. „Es ist leer hier.“

„Ich weiß. Ich war damit beschäftigt, nachzudenken … darüber, wie es aussehen wird, wenn es nicht mehr leer ist.“

Autor

Charlene Sands
<p>Alles begann damit, dass der Vater von Charlene Sands, ihr als Kind die schönsten, brillantesten und fantastischsten Geschichten erzählte. Er erfand Geschichten von plündernden Piraten, mächtigen Königen und Sagen von Helden und Rittern. In diesen Erzählungen war Charlene immer die Prinzessin, Königin oder Heldin um die gekämpft oder die gerettet...
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