Collection Baccara Band 381

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DIE SINNLICHE ZÄHMUNG DES PLAYBOYS von WILLIAMS, SYNITHIA
Ein Wochenende mit einem Fan, der ihn anhimmelt - Schauspieler Irvin Freeman ist gelangweilt. Nur für einen guten Zweck hat er diesem Treffen zugestimmt. Doch Faith betet ihn absolut nicht an. Ganz im Gegenteil! Und ihr Widerstand weckt ungeahntes Verlangen in Irvin …

WENN DER BOSS SO FEURIG KÜSST von BANKS, LEANNE
Was würde sie nicht alles tun für einen Kuss von Jack Fortune? Aber ihr Boss sieht in ihr nicht die Frau, sondern nur die Sekretärin - bis er eine Nanny für seine Tochter braucht. Amanda kümmert sich, und plötzlich betrachtet ihr Chef sie mit den Augen eines Mannes …

BITTERSÜßES BEGEHREN von SANDS, CHARLENE
Diese Nacht wird Brooke nie vergessen - und erst recht nicht, dass Wyatt Brandt verschwunden war, als sie aufwachte! Sie war für ihn also nur ein Abenteuer. Trotzdem wird sie Wyatt wiedersehen müssen, denn die süße Leidenschaft in seinen Armen blieb nicht ohne Folgen …


  • Erscheinungstag 20.06.2017
  • Bandnummer 0381
  • ISBN / Artikelnummer 9783733724115
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Synithia Williams, Leanne Banks, Charlene Sands

COLLECTION BACCARA BAND 381

SYNITHIA WILLIAMS

Die sinnliche Zähmung des Playboys

Sein Ruf als Casanova ist fast schon legendär: Irvin Freeman ist ganz bestimmt kein Mann, mit dem sich Faith eine Zukunft vorstellen kann! Und trotzdem: Wenn der berühmte Schauspieler in ihre Augen schaut, kann sie der lockenden Versuchung kaum widerstehen. Aber Faith will mehr als nur eine Affäre – können ihre sinnlichen Küsse den Playboy zähmen?

LEANNE BANKS

Wenn der Boss so feurig küsst

Der Liebe hat Jack Fortune abgeschworen: Seine Ex hat ihm gezeigt, dass Frauen nicht ehrlich sind! Daran ändert auch seine süße Sekretärin Amanda nichts. Ihre Blicke und ihr Körper wecken in ihm zwar eine ungeahnte Sehnsucht nach lustvollen Umarmungen – doch Jack weiß, dass er Amanda nicht vertrauen kann. Sie ist schließlich auch nur eine Frau …

CHARLENE SANDS

Bittersüßes Begehren

Atemlose Leidenschaft in ihren Armen – mehr darf nicht geschehen! Wyatt kann seine verstorbene Frau und den Treueschwur ihr gegenüber nicht vergessen. Und Brookes Zärtlichkeiten werden diesen Vorsatz nicht ins Wanken bringen. Er will sein Herz nie wieder verschenken – aber warum geht ihm Brooke dann einfach nicht mehr aus dem Sinn?

1. KAPITEL

„Herzlichen Glückwunsch, Faith! Sie haben gewonnen – und zwar ein Wochenende. Ein Wochenende in New York! Und jetzt kommt’s: ein Wochenende miiiit … mit Irvin Freeman!“

Wie bitte? Faith riss sich das Handy vom Ohr und blickte verblüfft auf die unbekannte Nummer auf dem Display. Das musste ein Witz sein. Sie sah zu den beiden anderen Krankenschwestern hinüber, die sich im Pausenraum aufhielten. Keine von ihnen schien sich ein Lachen zu verkneifen oder verstohlen zu ihr herüberzusehen, um herauszufinden, ob sie ihnen auf den Leim gegangen war. Dann guckte sie durch die Scheibe auf den Gang. Die Neugeborenenstation der Klinik in Laurel County, South Carolina, war ruhig, wie üblich an einem Mittwoch.

Sie hielt das Handy wieder ans Ohr. „Wie war das?“

„Sie haben richtig gehört“, verkündete die aufgekratzte Stimme am anderen Ende. „Sie haben den ersten Preis gewonnen in dem Gewinnspiel der Stiftung Starting Over von Irvin Freeman. Unter Tausenden von Spendern für die Kampagne gegen den Alkoholmissbrauch wurde Ihr Name gezogen. Sie sind die Glückliche, die ein wunderbares Wochenende in New York mit Irvin Freeman verbringen darf. Alle Kosten werden übernommen. Ihr Preis schließt ein Styling mit ein. Sie werden Irvin zur Premiere seines neuesten Films begleiten.“

Die Stimme der Frau überschlug sich geradezu vor Begeisterung.

„Ist das ein Witz? Ich bin hier bei der Arbeit, und ich habe wirklich keine Zeit für solche Albernheiten.“

Nach einer kurzen Pause war die schrille Stimme wieder da. „Das ist kein Scherz, Ms. Logan. Erinnern Sie sich nicht, dass Sie online an diesem Gewinnspiel teilgenommen haben?“

Faith überlegte. Ihr ganzes Geld ging für die Arztrechnungen ihrer Eltern und den Haushalt drauf. Sie hatte kein Geld für irgendwelche Stiftungen oder Zeit, um an Gewinnspielen teilzunehmen.

Abgesehen von dem einen Mal …

Sie fuhr herum, um der Krankenschwester mit dem kurzen schwarzen Haar einen durchdringenden Blick zuzuwerfen. Marie war ihre beste Freundin geworden, seit sie vor zwei Jahren zurück nach Hause gekommen war und den Job im Laurel County Hospital angetreten hatte. Im Moment blätterte Marie gerade in einer Zeitschrift. Faith stieß sie mit dem Fuß an. Als Marie aufsah, bedachte sie sie mit einem perfekten Es-ist-alles-deine-Schuld-Blick. Sie hatte gewusst, dass es eine dumme Idee war, als Marie sie drängte, bei dem Gewinnspiel mitzumachen. Aber es hatte alles dafür gesprochen, ein paar Dollar für einen sinnvollen Zweck zu stiften. Niemals hätte sie erwartet, dass ausgerechnet ihr Name gezogen werden würde.

Marie sah sie fragend an. „Was ist los?“

Statt ihr zu antworten, sagte Faith zu der Frau am anderen Ende der Leitung: „Ja, ich erinnere mich, dass ich an dem Gewinnspiel teilgenommen habe. Ich habe nur nicht erwartet, dass mein Name gezogen wird. An welchem Wochenende soll das sein? Ich muss erst herausfinden, ob ich dann überhaupt nach New York kommen kann.“

Marie sprang auf. Sie wirkte weit jünger als ihre dreiunddreißig Jahre.

„Sie wissen nicht, ob Sie kommen können?“ Die Stimme der Frau verlor etwas von ihrer überkandidelten Begeisterung. „Ms. Logan, dies ist die Chance Ihres Lebens! Alle Frauen werden Sie beneiden. Ein Fünf-Sterne-Hotel in der Nähe des Times Square …“

Faith hörte nicht mehr hin, als die Frau die Vorzüge ihres Gewinns aufzählte. Das Gefühl prickelnder Erregung, das für einen Moment in ihr aufgestiegen war, wurde erstickt von der harten Realität ihres Lebens. Diese Realität sah so aus, dass sie einen fantastischen Job in Houston aufgegeben hatte, um nach Hause zurückzukehren und sich um ihre Eltern zu kümmern. Zu allem Überfluss hatte sie dabei auch noch den Mann verloren, mit dem sie ihre Zukunft gesehen hatte.

Sie war nicht verbittert – das wäre eine Kraftverschwendung gewesen, die sie sich nicht leisten konnte. Wenn nötig, hätte sie sich noch einmal genauso entschieden. Aber die Stadt jetzt zu verlassen, war unmöglich. Wer sollte sich um ihre Eltern kümmern, wenn sie nicht da war? Was, wenn sie an dem Wochenende Dienst hatte? Ihre Urlaubstage brauchte sie, um ihre Mutter zum Arzt zu begleiten. Was sollte sie anziehen? Ihre neuen Sachen waren zwei Jahre alt und alles andere als modisch.

Dann war da der gewichtigste Grund, nicht zu fahren: Irvin Freeman. Der Mann war unglaublich sexy. Wahrscheinlich erwartete er, dass jede Frau sofort bei seinem Anblick dahinschmolz.

„Vielen Dank für das Angebot“, unterbrach sie den Redestrom der Frau am anderen Ende der Leitung, „aber ich bin mir nicht sicher …“

Marie entriss ihr das Handy. „Hallo, hier ist Marie, die … äh … persönliche Assistentin von Faith. Wir verlegen ein paar ihrer Termine und werden dafür sorgen, dass sie kommt.“

Faith versuchte, das Handy wieder an sich zu bringen, aber Marie war schneller als sie. „Welches Wochenende soll das sein?“ Marie warf einen Blick auf den Dienstplan der Station. „Perfekt! An dem Wochenende hat sie frei. Sie haben ihre E-Mail-Adresse, oder? Mailen Sie die Details und schicken mir eine Kopie, dann sorge ich dafür, dass sie rechtzeitig zum Flughafen kommt.“

Marie nannte rasch ihre E-Mail-Adresse und verabschiedete sich. Gleich darauf stieß sie einen Freudenschrei aus, als hätte sie selbst den Preis gewonnen.

„Du bist doch die glücklichste Frau der Welt!“ Sie umarmte ihre Freundin überschwänglich.

„Ich kann nicht fahren, Marie.“

„Natürlich kannst du – und du wirst es tun. Und wenn ich dich k. o. schlagen und selbst nach New York bringen muss. Du hast ein Date mit Irvin Freeman gewonnen! Wie kannst du dich darüber nicht freuen?“

Dorothy, die zweite Krankenschwester, und eine Patientin hatten mitbekommen, worum es ging, und stimmten prompt in Maries Begeisterung mit ein. Und Faith stellte sich vor, wie sie ein ganzes Wochenende lang mit anhören musste, wie Irvin mit seinem Leben und seinen Errungenschaften prahlte. Gut, in Fernseh-Interviews wirkte er immer sehr geerdet, aber wahrscheinlich verbarg sich hinter dieser demonstrativen Bescheidenheit ein Ausbund an Arroganz. Schließlich war er ein Mann, den Millionen von Frauen anhimmelten.

„Meine Eltern“, warf Faith ein, um einer Diskussion mit ihrer besten Freundin über ihren Lieblingsschauspieler aus dem Weg zu gehen. „Wer wird sich um sie kümmern?“

„Sie werden für ein Wochenende allein zurechtkommen. Ich werde persönlich jeden Tag bei ihnen vorbeisehen, solange du fort bist.“

Faith verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn ich frei habe, hast du Dienst. Du kannst also nicht bei meinen Eltern vorbeifahren.“

Nun mischte Dorothy sich ein. „Es geht deiner Mutter inzwischen viel besser. Du könntest einige Mahlzeiten auf Vorrat kochen, sodass sie sie nur warmzumachen braucht. Und vergiss nicht, du bist nicht mehr in der Großstadt. Hier helfen Freunde und Nachbarn gerne aus.“

Dorothy hatte recht, aber Faith hatte sich bisher ganz allein um ihre Eltern gekümmert. Es war ihr Versuch der Wiedergutmachung dafür, dass sie nicht da gewesen war, als ihr altes Leben wie ein Kartenhaus in sich zusammenfiel. Sie war es nicht gewohnt, Hilfe anzunehmen. Außerdem würde das ihre Schuldgefühle nur verstärken. Diese Gefühle ließen sie nicht mehr los, seit sie den Anruf erhalten hatte, dass ihre Mutter mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert worden war.

„Ich will niemandem Umstände machen“, sagte sie.

„Sei doch nicht albern“, wies Marie sie zurecht. „Dein Wochenende in New York wird das Highlight des Jahres für ganz Laurel County sein. Die Zeitungen werden mit Sicherheit vorher und hinterher darüber schreiben. Und kannst du dir vorstellen, was für eine Ehre es für die Leute wäre, wenn sie sagen können, dass sie geholfen hätten, damit du zu deinem Wochenende mit dem großen Hollywood-Star gekommen bist?“

Faith musste ihrer Freundin wider Willen recht geben. Schon seit Jahren war in Laurel County nichts Aufregendes mehr passiert. Noch jetzt sprachen die Menschen davon, wie Tamara Blake im Jahre 2001 Ms. Laurel County geworden war und wie sie zu ihrem Sieg beigetragen hatten – sei es, indem sie ihr ein Paar Ohrringe verkauft hatten oder indem sie ihren Eltern zum Public Viewing der Zeremonie ein Grillhähnchen vorbeigebracht hatten.

„Gut, zugegeben“, sagte Faith, „aber ich möchte keine fremden Leute bitten, sich um meine Eltern zu kümmern. Und davon einmal abgesehen: Ich habe nichts anzuziehen.“

„Du bekommst tausend Dollar Spesen. Kauf dir, was du brauchst, wenn du in New York bist.“

„Tausend Dollar in New York sind wahrscheinlich so viel wie fünf Dollar hier. Damit komme ich nicht weit.“

„Wenn du dafür ein einziges sexy Kleid bekommst, das es Irvin Freeman unmöglich macht, den Blick von dir zu wenden, ist es doch genug.“

Unwillkürlich musste Faith an einen Artikel denken, den sie vor Kurzem über den Schauspieler gelesen hatte. Dort hieß es, er könne allein mit seinem Blick bei einer Frau einen Herzstillstand auslösen. Die Vorstellung, er könne sie so ansehen, war absurd. Und doch machte ihr Herz einen verräterischen kleinen Hüpfer.

„Der Mann geht mit Models und Oscar-Preisträgerinnen aus“, sagte Faith. „Der würde sich nicht einmal für mich interessieren, wenn ich nackt ginge.“

„Es gibt keinen Mann, der sich nicht für eine nackte Frau interessiert“, widersprach Dorothy lachend, und Marie nickte. Faith hatte unwillkürlich das Gefühl, als stiege ihre Körpertemperatur um ein paar Grad.

Stopp! Sie gebot ihren heißen Gedanken Einhalt. Sogar wenn sie nach New York fliegen würde – sie würde nicht mit Irvin Freeman schlafen. Sie mochte seine Filme und fand, dass er ein großartiger Schauspieler war, aber in den charmanten Fernseh-Interviews gab es auch immer Fragen zu seinem Liebesleben. Oft wurde er mit Selena Jones in Verbindung gebracht, mit der er häufig drehte, und ebenso oft erschienen Fotos von ihm mit anderen Schauspielerinnen und Models. Es wäre absurd, auch nur daran zu denken, dass zwischen ihm und ihr mehr sein könnte. Entweder würde er sie auslachen, wenn sie es darauf anlegte, oder aber – noch schlimmer – er würde darauf eingehen, und sie wäre das neueste Groupie, dessen Name sich für ein paar Tage mit seinem verband. So etwas würde man sie hier in Laurel County niemals vergessen lassen. Nachdem sie sich so bemüht hatte, den Namen Logan während der vergangenen zwei Jahre skandalfrei zu halten, wäre das wirklich das Letzte!

Ein ernüchternder Gedanke schoss ihr durch den Kopf. Dieses Wochenende würde sie in den Fokus der Öffentlichkeit bringen, auch wenn sie sich nicht weiter mit Irvin einließ. Die Menschen wollten vielleicht mehr über sie erfahren. Das konnte zu Fragen nach ihrer Familie führen – und zu ihrer Zwillingsschwester. Sie wollte auch weiter so tun können, als habe sich ihr Zwilling auf wundersame Weise in Luft aufgelöst.

„Keine Angst – ich werde nicht nackt gehen. Ich werde überhaupt nicht gehen. Sie können sich jemand anderes suchen. Ich habe hier zu viel zu tun.“

„Hör auf!“, befahl Marie. „Du bist keine schlechte Tochter, wenn du dir einmal ein Wochenende für dich nimmst. Es wäre das erste Mal in zwei Jahren. Geh und genieß die Zeit! Deine Eltern würden mir zustimmen.“

„Das werden sie, denn ich rufe sie jetzt an und überbringe ihnen die gute Nachricht.“ Dorothy griff zum Telefon.

„Dorothy, nein! Hör auf damit.“ Faith musste daran denken, dass ihre Mutter sie schon seit Wochen bedrängte, sich einmal Zeit für sich zu nehmen. Wenn sie von diesem Wochenende erfuhr, würde sie Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um dafür zu sorgen, dass sie nach New York flog.

„Zu spät. Es klingelt schon. Pack deine Sachen, du fliegst“, verkündete Dorothy munter. „Hey, Virginia, stellt dir vor: Deine Tochter hat gerade die Reise ihres Lebens gewonnen!“

Marie strahlte, und Dorothy hob grinsend die Daumen. Faith spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Das Schicksal schlug immer dann zu, wenn sie es am wenigsten erwartete.

2. KAPITEL

„Also, sie hätte wirklich etwas begeisterter reagieren können!“

Irvin sah von dem Drehbuch auf, das er gerade las. Kitty Brown, seine PR-Agentin, starrte verdrossen auf ihr Handy. Er hatte ihr Gespräch über dem allgemeinen Gewusel des Teams kaum wahrgenommen. Dieses Team war ihre Idee gewesen – er wäre sehr gut ohne das alles ausgekommen. Es waren Tage wie diese, an denen er die Anonymität seiner Kindheit vermisste. Er war in einer der ärmsten Gegenden Londons aufgewachsen. Jetzt wurde alles, was er tat, von Kitty geplant, immer im Hinblick auf gute Fotos, die anschließend veröffentlicht werden konnten.

„Was ist los, Kitty? Hat sie sich nicht vor Dankbarkeit in ein Meer von Tränen aufgelöst?“ Er konnte immer noch nicht begreifen, wie dramatisch einige Frauen auf ihn reagierten.

„Wovon redest du? Die Frau hat nicht einen Funken Begeisterung darüber gezeigt, dass ihr Name gezogen wurde.“ Kitty runzelte die Stirn. „Ich hoffe, das ändert sich noch. Schließlich wollen wir nicht, dass sie auf jedem Foto ein mürrisches Gesicht macht.“

„Wie kommst du darauf, dass sie das tun könnte?“

„So etwas höre ich.“

„Es ist mir einerlei, ob sie lächelt oder nicht. Ich habe die Aktion gemacht, um Geld für die Stiftung zu sammeln. Das Geld wird wesentlich mehr Gutes bewirken als das Lächeln der Gewinnerin auf deinen Fotos.“

„Mag sein, aber ich habe dich nicht zum begehrtesten Junggesellen des Landes aufgebaut, um dann eine derart flaue Reaktion zu bekommen.“

„Ich finde flaue Reaktionen hin und wieder sehr erfrischend.“

„Mach dich nicht lustig über mich“, wies Kitty ihn zurecht. „Du würdest dich doch zu Tode langweilen ohne diesen ganzen Trubel.“ Sie machte eine ausladende Bewegung, die die zehn Leute des Teams umfasste, von denen jeder entweder telefonierte oder sich mit Facebook & Co befasste. Alles nur, um seinen Namen überall präsent zu halten und sein Image zu fördern.

An manchen Tagen hätte er sie am liebsten alle zum Teufel geschickt, aber er konnte nicht leugnen, dass es seine Vorzüge hatte, einer der großen Stars Hollywoods zu sein. Zumindest was das Geld betraf. Geld gab ein Gefühl der Sicherheit. Etwas, das er in seiner Kindheit sehr vermisst hatte. Und das Geld kam mit jedem neuen Action-Film, mit jeder Rolle, die er wie am Fließband ablieferte. Kitty in die Wüste zu schicken, war nicht sinnvoll, wenn er diese Sicherheit behalten wollte.

Offensichtlich war er müde, sonst hätte die gewohnte Routine ihn nicht so genervt. Das Wochenende mit der Gewinnerin war Höhepunkt und Abschluss der Promotion für seinen neuesten Film.

„Vielleicht würde ich mich langweilen“, stimmte er zu, „aber ich hätte nichts gegen etwas weniger Aufmerksamkeit einzuwenden.“

„Du bist zugänglich, und deswegen lieben die Leute dich, Irvin. Arrogante Typen lassen sich schlecht vermarkten.“

Er hätte gern darauf hingewiesen, dass es durchaus Stars gab, die sich aus dem Rampenlicht fernhielten, aber in diesem Moment machte sich sein Smartphone bemerkbar. Seine Spannung wuchs wie immer, seit er vor einer Woche sein Drehbuch an Kevin Lipinski geschickt hatte. Kevin war einer der erfolgreichsten Produzenten. Jeder seiner Filme wurde ein Kassenschlager. Falls das Drehbuch ihm gefiel und er bereit war, den Film zu produzieren, konnte das Irvins Chance sein, hinter der Kamera zu stehen statt davor. Er wollte selbst Regie führen.

Das Smartphone signalisierte den Eingang einer E-Mail. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder liebte Kevin das Drehbuch, oder er hasste es. Beide Antworten machten Irvin Angst.

Er drückte das E-Mail-Symbol und hielt den Atem an. Es war nur die Einladung zu einer Party. Vergebens versuchte er, seinen Frust zu unterdrücken. Wie lange konnte es dauern, ein Drehbuch zu lesen?

Kitty redete inzwischen weiter von Plänen für die Premierenfeier. Jemand aus dem Team lachte laut über etwas, das er am Telefon gehört hatte. Ein anderer wechselte die TV-Kanäle auf dem Großbildschirm, wobei die Laustärke auch einen Tauben zum Hören gebracht hätte. Irvin hatte genug.

„Nachdem du die glückliche Gewinnerin nun informiert hast, können wir hier für heute Schluss machen“, bemerkte er an Kitty gewandt. Er hielt das Drehbuch hoch. „Ich muss mich endlich hierum kümmern.“ Ein weiterer Action-Film. Nicht schlecht, aber auch nichts Neues. Die Formel für seinen Erfolg war immer gleich: Er rettete eine schöne junge Frau, raste mit entblößtem Oberkörper durch den Verkehr der Großstadt und schoss wüst um sich.

„Nein, wir sind noch nicht fertig“, widersprach Kitty. „Wir müssen noch die Termine durchgehen. Jedes Detail des Premieren-Wochenendes muss perfekt geplant sein.“

„Das kannst du auch ohne mich erledigen. Sag mir einfach, wann ich wo sein soll. Mich interessiert nur die Übergabe des Schecks an den Vorsitzenden der Stiftung. Sorge dafür, dass ich vorher und hinterher genügend Zeit habe, mich mit ihm und seinen Mitarbeitern zu unterhalten. Ich möchte wissen, ob ich sonst noch etwas für sie tun kann, um die Sache zu unterstützen.“

Alkoholmissbrauch war nicht unbedingt eines der angesagtesten Themen, für die sich ein Prominenter engagieren konnte. Kitty hätte es lieber gesehen, wenn er Babys in irgendwelchen Dritte-Welt-Ländern geküsst oder Spielplätze für gefährdete Jugendliche gebaut hätte – dabei ließen sich gute Fotos machen. Er unterstützte auch Aktionen dieser Art, aber der Kampf gegen den Alkoholmissbrauch hatte für ihn oberste Priorität. Er hatte die Gefahren der Sucht am eigenen Leib erlebt.

„Ich hätte die Wohnung jetzt gern wieder für mich.“ Sein Ton blieb gewohnt freundlich, aber der eiserne Wille, der dahinter stand, war unmissverständlich.

Kitty war pikiert, lenkte aber ein. „Gut, aber tu mir den Gefallen und lies dir den Terminplan vor dem Wochenende durch.“ Sie schnappte sich ihre Tasche und reichte ihm einen prall gefüllten Aktendeckel. „Es hat eine Weile gedauert, aber es ist mir gelungen, ein Foto der Gewinnerin aufzutreiben.“

Er sah das Foto gleich obenauf. Es zeigte eine Frau mit dickem schwarzem Haar in einem konservativen blauen Kostüm. Ihre Lippen verzogen sich zu einem kühlen Lächeln, das jedoch nicht bis in ihre Augen reichte. Kitty hätte wissen sollen, dass von dieser Frau keine hysterischen Begeisterungsbekundungen zu erwarten waren. Sie war nicht der Typ dafür. Er betrachtete sie nachdenklich. Er hätte nicht einmal gedacht, dass sie sich an einem solchen Gewinnspiel beteiligen würde.

„Woher hast du das Foto?“

„Sie war Leiterin des Pflegedienstes im East Houston Regional Medical Center. Das war das Foto ihrer Personalakte.“

„Ist sie nicht mehr dort?“

„Nein, sie hat vor zwei Jahren gekündigt. Es hatte irgendwie mit einem Krankheitsfall in der Familie zu tun. Ich konnte kein aktuelleres Foto finden. Kannst du dir vorstellen, dass sie nirgendwo in den sozialen Medien auftaucht?“ Kitty sagte das in einem Ton, als ginge es darum, ohne Elektrizität zu leben.

„Es gibt eben Menschen, die ihre Privatsphäre schätzen.“ Er sah Kitty kritisch an. „Wenn sie nicht online ist – wie bist du dann an dieses Foto gekommen?“

„Ich kann dich doch nicht einfach mit irgendjemandem vor die Kameras schicken, Irvin. Bevor ich sie angerufen habe, habe ich selbstverständlich ein paar Informationen eingeholt.“

Er bezweifelte, dass die Frau es gutgeheißen hätte, hätte sie davon gewusst. Aber sie gewöhnte sich am besten gleich daran. Während des Wochenendes mit ihm war sie selbst so etwas wie eine Prominente.

„Nachdem du nun herausgefunden hast, dass sie keine Kriminelle ist, möchte ich nicht, dass du noch weitere Nachforschungen anstellst.“

„Für den Moment ist es genug“, bestätigte sie und wandte sich an das Team. „Okay, Leute, wir sollten Irvin jetzt etwas Ruhe gönnen.“

Innerhalb kürzester Zeit hatten alle ihre Sachen gepackt und verabschiedeten sich gutgelaunt. Irvin genoss die Stille für ein paar Minuten. Es schien hundert Jahre her, seit er einen ganzen Tag für sich gehabt hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, wann es wieder einmal dazu kommen würde.

„Ein voller Magen sollte sich nicht beklagen“, hörte er im Geiste seine Mutter sagen. Es war ihre Art gewesen, ihm zu sagen, er solle den Mund halten, wenn er sich empörte, weil sie wieder einmal Prügel von seinem Dad bezogen hatte. Prügel dafür, dass sie ihm Geld „gestohlen“ hatte, um Essen auf den Tisch bringen zu können.

Er schob die unangenehmen Erinnerungen beiseite. Falls der Mangel an Ruhe der Preis für die finanzielle Sicherheit war, dann wollte er sich nicht beklagen. Seine Mutter hatte wesentlich Schlimmeres durchlitten. Sie konnte seinen Ruhm nicht mehr genießen, aber die Lektionen der Kindheit blieben gelernt.

Er überflog das Drehbuch und fand die Standard-Liebesszene. Nackt. Das würde Kitty gefallen. Wäre es nach ihr gegangen, würde er grundsätzlich nur mit entblößtem Oberkörper vor der Kamera stehen und in jedem Film mindestens eine Nacktszene drehen. Das machte ihr die Arbeit wesentlich leichter.

Verdrossen warf er einen Blick auf sein Handy, immer getrieben von der stillen Hoffnung auf einen Rückruf von Kevin.

Es klopfte. Falls das wieder Kitty war, die ihm noch irgendetwas über das Premierenwochenende sagen wollte, konnte sie sich auf etwas gefasst machen!

Er warf einen Blick durch den Spion und entspannte sich. „Was zum Teufel machst du denn hier?“

Dante Wilson, ein Rhythm’n’Blues-Sänger mit einer Fangemeinde so groß wie die von Irvin, grinste ihn an. „Ich habe noch Zeit vor dem Beginn meiner Tournee. Da dachte ich, ich komme doch mal vorbei zu deinem Promo-Wochenende.“

Irvin trat beiseite, um den Freund hereinzulassen. „Wieso willst du dabei sein?“

„Kitty dachte, es könnte nicht schaden, deine hochkarätigen Verbindungen öffentlich zu machen, während du das Highlight im Leben dieser Frau wirst“, erklärte Dante lachend. „Ihre Worte, nicht meine. Jacobe kommt auch.“

„Super. Ich habe ihn seit Wochen nicht gesehen.“

Jacobe Jenkins spielte Basketball für die Jacksonville Gators. Er war während seines ersten Jahres am College entdeckt worden. Das schnelle Geld und die Frauen waren ihm zu Kopf gestiegen. Er begann seine Karriere im Basketball als wilder Partylöwe. Irvin und Dante hatten ihn vor einem guten Jahr auf einer Feier kennengelernt und kümmerten sich seither um ihn. Er liebte Partys nach wie vor, aber er brachte sich nicht mehr in unnötige Schwierigkeiten.

„Du hättest nicht so früh zu kommen brauchen.“

„Es ging nicht nur um dich. Ich habe da ein Model kennengelernt, das in dieser Woche hier eine Show hat …“

Aha! Irvin nickte. „Kann ich dir einen Drink anbieten?“

„Ja, bitte. Nimmst du auch einen?“

Irvin schüttelte den Kopf. „Ich habe meinen heute schon gehabt.“

„Hat Kitty dir noch keinen zweiten aufgenötigt?“

Irvin lachte. „Das versucht sie immer wieder, aber der zweite führt zum dritten und so weiter …“

Er ging zur Bar, um Dante einen Whiskey und sich selbst eine Cola einzuschenken.

Der Sänger trat ans Fenster und ließ seinen Blick über die Skyline der Stadt gleiten. Während Irvin der Schattenseiten des Star-Daseins allmählich überdrüssig wurde, kannte Dante kein anderes Leben. Er war der Sohn von zwei Musiker-Legenden, war vor der Kamera aufgewachsen und genoss den Ruhm als Star.

„Du solltest mir diese Wohnung verkaufen“, sagte er, als Irvin ihm das Glas reichte.

„Mach dir keine falschen Hoffnungen.“ Irvin nippte an seiner Cola.

„Irgendwann werde ich dich überzeugen.“

„Das wage ich zu bezweifeln.“

Dante lachte leise und hob sein Glas. „Wirst du sie hierher bringen?“

„Wen?“

„Die Gewinnerin.“ Dante sah ihn von der Seite an. „Wirst du ihr alles zeigen, was New York zu bieten hat?“

„Weißt du, ich bringe nie Frauen hierher. Es ist der einzige Ort, an dem ich meine Ruhe haben kann – zumindest solange Kitty nicht da ist.“ Sie lachten beide. „Außerdem werde ich wahrscheinlich keine halbe Stunde allein sein mit dieser Frau. Kitty wird alles ganz genau geplant haben. Ich muss nur irgendwo auftauchen, charmant lächeln, ein paar Autogramme geben und kann wieder verschwinden.“

„Ein Jammer.“

„Überhaupt nicht. Der Sinn des Ganzen ist ja nicht, eine Frau anzubaggern. Eine Frau kann ich auch ohne das alles haben. Es geht darum, Geld für die Stiftung zu sammeln.“

„Ich meine ja nur, es könnte nicht schaden, dabei auch etwas Spaß zu haben. Wenn sie bei diesem Gewinnspiel mitgemacht hat, scheint sie sich ja doch für dich zu interessieren.“

„Ich werde niemals einen Fan ausnutzen. Außerdem habe ich Wichtigeres zu tun, als ihr die Stadt zu zeigen.“

Das Handy klingelte wieder. Irvin hastete zur Bar, wo er es liegenlassen hatte. Enttäuscht sah er, dass es nur eine Mail von Kitty war, die ihn daran erinnerte, sich den Terminplan anzusehen. Er fluchte leise.

„Was geht dir so gegen den Strich?“, erkundigte Dante sich.

„Ich warte auf eine Reaktion auf mein Drehbuch.“

„Du hast es also endlich abgeschickt. Prima. Du weißt, dass es gut ankommen wird.“

„Ich will nicht, dass es ankommt, nur weil mein Name dahintersteht. Ich will, dass es ankommt, weil es gut ist.“

„Der Grund ist doch einerlei … Du hast mehr als ein Jahr daran gearbeitet. Wirf deinen Namen in die Waagschale und mach den Film.“

„So will ich es nicht.“

„Was ist dein ganzer Ruhm wert, wenn du ihn nicht für dich nutzen kannst?“

„Ich warte erst einmal ab und sehe, was passiert.“

„An wen hast du es geschickt?“

„Kevin Lipinski.“

Dante zuckte zusammen. „Ein harter Knochen. Und er hasst Drehbücher von Superstars. Willst du deine Karriere als Drehbuchautor beenden, noch bevor sie überhaupt begonnen hat?“

„Falls er Ja sagt, weiß ich, dass der Stoff gut ist. Falls er Nein sagt, nennt er mir vielleicht wenigstens einen Grund, wieso es ihm nicht gefällt.“

„Und in der Zwischenzeit gehst du auf dem Zahnfleisch. Der Mann liebt nichts mehr, als Stars mit aufgeblasenem Ego am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen.“

„Ich habe kein aufgeblasenes Ego, das er verhungern lassen könnte.“

„Das sagst du jetzt. Warte, bis sein Kommentar kommt.“

3. KAPITEL

„Ich muss ja nicht fahren.“ Faith drehte unschlüssig ein paar Dessous zwischen ihren Händen.

Virginia Logan kam mit dem Rollstuhl in das Zimmer ihrer Tochter. Sie warf Faith denselben empörten Blick zu, den sie schon gehabt hatte, als Faith noch ein junges Mädchen war und abends länger als erlaubt ausbleiben wollte. Nur, dass jetzt die linke Hälfte ihres Gesichts ein wenig herabhing. Aber auch das war schon ein großer Fortschritt zu dem Zustand, in dem sie unmittelbar nach dem Schlaganfall gewesen war.

„Hast du den Verstand verloren?“, herrschte sie Faith an. „Du hast diesen Urlaub mehr als verdient – und noch ein Dutzend weitere dazu.“

Faith warf die Dessous in die Tasche. „Ich habe überhaupt nichts verdient. Ich hätte den Dienst für eine der anderen Schwestern übernehmen sollen, die dieses Wochenende frei haben wollte. Ich bin so dicht davor, den Kredit zu tilgen. Es ist absurd, auf vierundzwanzig Überstunden zu verzichten, nur um ein Wochenende mit einem Schauspieler zu verbringen.“

„Es spricht nichts dagegen, sich auch einmal zu amüsieren.“ Virginia nahm die Hand ihrer Tochter und drückte sie. „Du hast in Houston vieles aufgegeben, als du hierhergekommen bist, um dich um uns zu kümmern.“

„Das war doch das Mindeste – nach allem, was Love euch angetan hat.“

Virginia seufzte und ließ Faiths Hand los. „Du solltest aufhören, dir Vorwürfe für das zu machen, was deine Schwester getan hat.“

„Ich weiß, Mama, aber wir sind Zwillinge. Ich hätte spüren müssen, dass sie so etwas machen könnte.“

Virginia lachte. „Wir sind hier nicht in irgendeinem Science-Fiction-Film. Nur weil du ihr Zwilling bist, heißt das nicht, dass du ihre Gedanken lesen kannst. Keiner von uns hat ahnen können, dass Love drogensüchtig wird oder dass sie mit unserem Geld verschwinden würde, während ich im Krankenhaus lag.“

„Wie konnte sie so herzlos sein?“

„Deine Schwester ist nicht herzlos, Faith. Sie ist krank. Gott sei Dank hat sie das endlich eingesehen und macht nun eine Entziehungskur.“

Faith nahm zwei leichte Sommerkleider aus dem Schrank. Es frustrierte sie zutiefst, dass ihre Mutter nach wie vor nur das Gute in Love sehen wollte. Ihre Eltern hatten viele Jahre hart dafür gearbeitet, ein paar Rücklagen für das Alter anzusparen. Ihre Mutter war Lehrerin und Schulleiterin gewesen, ihr Vater hatte bei einer Spedition gearbeitet. Vor vier Jahren hatte die Pechsträhne der Familie begonnen: Ihr Vater brach sich bei einem Unfall mehrere Wirbel und musste mühsam wieder gehen lernen. Vor zwei Jahren folgte der Schlaganfall ihrer Mutter – und einen Tag nachdem sie ins Krankenhaus gekommen war, machte Love sich mit den Ersparnissen davon.

Das konnte Faith nicht verzeihen. Dieses Geld hätte dazu dienen können, die vielen Arztrechnungen zu bezahlen und das Haus entsprechend den neuen Bedürfnissen ihrer Eltern umzubauen. Das alles hatte Faith dann übernommen. Zunächst hatte sie ihren Eltern angeboten, zu ihr nach Houston zu ziehen. Dort hätte sie sich besser um sie kümmern können, da sie gut verdiente. Aber ihre Mom und ihr Dad hatten beide ihr ganzes Leben in Laurel County verbracht und wollten nicht fort aus der kleinen Stadt. Also gab Faith ihre Stelle auf, steckte ihre Ersparnisse in die dringendsten Umbauten des Hauses und verwendete ihr laufendes Einkommen dafür, sie alle über Wasser zu halten.

„Love ist nicht krank, Mama, sie ist ein Junkie.“ Faith gab sich keine Mühe, ihre Verachtung zu verbergen. Sie warf die Kleider in die Tasche.

Virginia nahm sie wieder heraus und faltete sie sorgsam. „Du solltest deine Schwester nicht hassen.“

„Das fällt mir schwer nach allem, was sie getan hat.“

„Familie bleibt Familie. Love versucht ja nun, ihre Drogensucht zu bekämpfen.“ Virginia sah Faith in die Augen. „Und wenn sie aus der Klinik kommt, werden wir alles tun, um ihr zu helfen. Oder?“

Faith wandte sich ab. Das war ein Versprechen, das sie nicht geben konnte. Schließlich war es nicht Loves erster Versuch, von den Drogen loszukommen.

„Falls du mich nicht davon abhalten willst zu fahren, sollte ich mich jetzt beeilen“, sagte sie stattdessen und schloss die Tasche.

Virginia seufzte, sagte aber nichts weiter.

„Ich habe alles vorgekocht. Du brauchst es nur aufzutauen.“

Virginia lachte leise. „Du sagtest es bereits, Faith. Sogar mehrfach.“

„Und Marie hat versprochen, jeden Tag nach euch zu sehen. Ich werde mein Handy immer bei mir haben. Falls etwas ist …“

„Es wird nichts sein, und von New York aus könntest du ohnehin nichts machen.“

„Du hast recht. Ich sollte bleiben.“

„Hör auf mit dem Theater. Alles wird gut.“ Virginia verließ das Zimmer.

Faith folgte ihrer Mutter hinaus auf die Veranda. Der Junimorgen war angenehm warm. Marie hatte es sich in einem Korbsessel bequem gemacht und unterhielt sich mit Faiths Vater.

„Ich bin fertig“, sagte Faith.

Maries Lachen verflog, als sie sie ansah. „Du willst so gehen?“

Faith sah an ihrem fliederfarbenen Top hinunter zu den Shorts aus Jeans-Stoff. „Wieso nicht?“, fragte sie. „Ich werde den ganzen Morgen in einem Flugzeug sitzen.“

„Und wenn du aussteigst, triffst du Irvin Freeman. Ich hätte früher kommen und dir dein Outfit aussuchen sollen.“

Jimmy Logan stützte sich auf seinen Gehstock und erhob sich. „Sie sieht auch so hübsch aus.“ Er ging langsam zu Faith. „Hab eine schöne Zeit. Und mach dir keine Sorgen um uns. Es wäre schön, wenn du ein paar Fotos für deine Mom und mich machen könntest, okay?“

Sie umarmte ihn lächelnd. „Das mache ich, Daddy.“

„Wir sollten losfahren“, mahnte Marie.

„Habe ich dir gesagt, wo der Reserveschlüssel ist?“, fragte Faith. „Und vergiss nicht …“

„Faith!“ Marie rollte die Augen. „Du hast uns allen alles schon hundert Mal erklärt … Nun hör endlich auf, dir Sorgen zu machen.“

„Ich wollte ja nur …“

Marie nahm sie beim Arm und zog sie die Stufen hinunter. „Wir haben verstanden. Wink deinen Eltern zum Abschied zu, und dann geht’s los.“ Sie schob sie erbarmungslos weiter, während ihre Eltern lachten, so als hätten sie ihren Spaß daran zuzusehen, wie Marie mit ihr umging.

„Hab eine schöne Zeit, Kind“, rief ihre Mutter ihr nach.

Ihre Eltern schienen so glücklich für sie zu sein. Zumindest ihnen zuliebe sollte sie versuchen, das Wochenende zu genießen. Faith musste sich eingestehen, dass sie sich selbst auch ein wenig auf New York freute – und darauf, sich einmal keine Gedanken um die Rechnung machen zu müssen, bevor sie sich etwas zu essen bestellte. Sie vermisste diesen Teil ihres alten Lebens, dachte aber nicht zu oft daran. Sie hatte getan, was getan werden musste, und es hatte keinen Zweck, einer Vergangenheit nachzutrauern, die genau das war: vergangen.

Während der Wagen losfuhr, warf sie einen letzten Blick zurück zum Haus – und registrierte unwillkürlich, dass die Auffahrt für den Rollstuhl ausgebessert werden musste, ebenso wie das Dach der Veranda, das bei starkem Regen an einer Stelle leckte. Sie sollte sich um diese Dinge kümmern, statt zu ihrem Vergnügen nach New York zu fliegen. Der Himmel mochte wissen, was das Schicksal als Strafe dafür bereithielt!

Stunden später. Faith rollte ihre Tasche durch die Ankunftszone des LaGuardia Airports in New York. Eine Mischung aus Vorfreude und Nervosität ließ ihre Hände feucht werden. Sie war im Süden und Westen der Staaten viel gereist, war aber noch nie in New York gewesen. Auch wenn sie ihre Eltern nur ungern allein zurückließ, genoss sie die Aussicht, diese Stadt kennenzulernen – was sie ohne diesen Anlass sicher nie getan hätte.

Sie ging sogar so weit zuzugeben, dass es ganz interessant sein könnte, Irvin Freeman kennenzulernen. Sicher hatte er nicht die Absicht, das ganze Wochenende ihren Touristenführer zu spielen. Wahrscheinlich bekam sie ihn während dieser Zeit nur ein paar Mal kurz zu sehen.

Sie fand ihren Weg zum Meeting Point des Flughafens. Man hatte ihr gesagt, sie werde erwartet. Blieb zu hoffen, dass sie sich in diesem Menschengewimmel nicht verfehlten.

Ihre Sorge war unbegründet. Ein ganzes Komitee wartete auf sie: ein Kameramann, ein Fotograf und ein Mann, der ein großes Schild hochhielt, auf dem ihr Name stand. Daneben stand eine Frau mit einer leuchtend roten Strähne in ihrem schwarzen Haar. Sie trug ein enges schwarzes Kostüm, und den Anweisungen nach zu urteilen, die sie den Männern gab, hatte sie hier das Sagen.

„Hi, ich bin Faith Logan“, stellte Faith sich vor, während sie auf die Gruppe zutrat, die schon die allgemeine Aufmerksamkeit erregte. „Ich nehme an, Sie warten auf mich.“

Die Frau im Kostüm hörte auf zu reden und fuhr zu ihr herum. Ihr Lächeln verrutschte für einen Moment, während sie ihren Blick rasch über Faiths Haar und ihr Outfit gleiten ließ.

„Willkommen, Faith, und herzlichen Glückwunsch! Ich heiße Kitty Brown und bin Irvins PR-Agentin und Ihre Gastgeberin für dieses Wochenende“, erklärte sie in dem begeisterten Ton, den Faith noch vom Telefon her im Ohr hatte.

Der Fotograf hob die Kamera und richtete sie auf Faith. Kitty schüttelte den Kopf. „Nicht jetzt. Wir machen später eine Aufnahme, wenn sie Irvin trifft.“ Sie zeigte Faith wieder ihr strahlendes Lächeln. „Für die Begegnung richten wir Sie dann besonders her.“

„Das ist nicht nötig.“ Faith hasste die Unterstellung, sie sei in ihrem derzeitigen Outfit nicht vorzeigbar. Gut, sie hatte gehofft, noch etwas Make-up auflegen zu können – Lipgloss und etwas Mascara –, und vielleicht wäre sie sogar in eines ihrer Sommerkleider geschlüpft. Aber Kittys Ton brachte sie auf die Palme – als hätte sie nicht die letzten Stunden in einem Flugzeug verbracht mit einem einstündigen Zwischenstopp wegen irgendwelcher technischen Probleme!

„Also gut, aber vielleicht möchten Sie sich … ein wenig frisch machen. Wir haben leider nicht viel Zeit. Ihre Maschine hatte eine Stunde Verspätung.“ Kitty sagte es, als sei Faith schuld daran. „Eigentlich war der Plan, sie neu einzukleiden, Ihr Haar zu machen und sie zu schminken, aber dann bleibt es bei ein paar kleineren Veränderungen für die Aufnahmen. Alles Weitere lassen wir dann für später. Heute Abend steht der Besuch einer Party auf dem Programm.“

„Falls die Fotos mein erstes Treffen mit ihm zeigen sollen, wieso soll ich mich dann umziehen?“

Kitty rang um Fassung. „Wir können Sie ja schlecht in diesem Outfit aufnehmen.“

Faith ging davon aus, dass die emporgezogene Braue und der Ton für gewöhnlich die gewünschte Wirkung hatten, aber sie hatte in Houston mit einer der furchtbarsten Krankenhausleiterinnen zu tun gehabt. Kitty konnte sie nicht einschüchtern.

„Was ist mit meinem Outfit? Hören Sie, ich komme Ihnen ja gern entgegen, aber ich lasse mich nicht beleidigen – weder meine Kleidung noch mein Haar oder sonst was. Hätten Sie ein Model gewollt, hätten Sie wahrscheinlich eines bekommen können, aber das haben Sie nicht getan. Sie haben mich gewählt. Und nun bekommen Sie mich.“

Kittys Mundwinkel hob sich zu einem zynischen Lächeln. „Ein Zufallsgenerator hat Sie ausgewählt, nicht ich. Aber ich weiß, wie ich aus dem Material, das ich bekomme, etwas machen kann. Mein Angebot sollte keine Kränkung sein – es ist ein Teil des Wochenendes. Ein Makeover und eine Foto-Session mit Irvin. Haben Sie den Plan nicht gelesen, den ich Ihnen geschickt habe?“

„Ich habe ihn nicht angesehen“, bekannte Faith.

Auf Kittys Zügen zeichnete sich so etwas wie Erleichterung ab. „Kein Wunder, dass sie so wenig begeistert sind. Warten Sie nur, bis Sie sehen, was Sie alles erwartet! Sie werden angenehm überrascht sein.“

Kitty hakte sich bei Faith ein, als seien sie alte Freundinnen, und steuerte Richtung Ausgang. Mit einer Handbewegung bedeutete sie den anderen, ihnen zu folgen, bevor sie wieder eine begeisterte Tirade darüber anstimmte, wie glücklich Faith sich doch schätzen könne.

Faith versuchte, den Anflug von Begeisterung zurückzugewinnen, den sie auf dem Flug hierher verspürt hatte, aber Kitty gab ihr keine Chance, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie redete ohne Punkt und Komma. War ihr Redefluss die Strafe des Schicksals dafür, dass sie diese Reise angetreten hatte?

4. KAPITEL

Irvin blätterte in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Men’s Health. Er hatte es sich im Studio des Fotografen Rafael Sims bequem gemacht. Kitty hatte Verspätung, was sehr ungewöhnlich war für sie, aber er hatte keine Eile. Die Foto-Session mit ihm und der Gewinnerin sollte ungefähr eine Stunde dauern, und für den Nachmittag hatte er sich nichts anderes vorgenommen, als nicht alle sechs Minuten nach seinen E-Mails zu sehen. Es fiel ihm schwer, sich an diesen Vorsatz zu halten. Rafael hatte ihn ein paar Minuten mit Small Talk abgelenkt, war dann aber ans Telefon gerufen worden. Irvin warf einen Blick auf die Uhr. Fünf Minuten waren vergangen, seit er die Mails das letzte Mal gecheckt hatte.

Er legte die Zeitschrift beiseite und griff nach seinem Smartphone. Wie erwartet gab es keine Nachricht von Kevin Lipinski. Es wäre besser gewesen, das Handy zu Hause zu lassen. Er warf es auf den Glastisch und nahm die Zeitschrift wieder auf.

„Kann ich Ihnen etwas bringen, solange Sie hier noch warten müssen?“ Das Lächeln von Rafaels junger Assistentin verriet, dass sie mehr als Wasser oder Saft zu bieten hatte. Seit er eingetroffen war, hatte sie alle fünf Minuten nach ihm gesehen – er wusste es, weil er genauso oft nach seinen Mails gesehen hatte.

Er schüttelte den Kopf. „Nein danke, Tina. Es ist alles in Ordnung.“

„Ich will Sie ja nicht nerven, aber ich weiß, wie schrecklich es ist, warten zu müssen. Manchmal hilft ein wenig Ablenkung …“

Er unterdrückte ein Stöhnen. Würde sie ihn auch nur eines Blickes würdigen, wäre er nicht der Irvin Freeman? Er bezweifelte es. Als Jugendlicher hatte er bestenfalls durchschnittlich ausgesehen. Wie erstaunlich, dass Geld und Ruhm den Unterschied machen konnten zwischen Normalo und Sex-Symbol.

Er hielt die Zeitschrift hoch. „Ich habe schon eine Ablenkung“, sagte er lächelnd. Die Verehrerinnen mochten ihn nerven, aber er wurde nie unhöflich. Schließlich: Ein voller Magen sollte sich nicht beklagen!

„Falls Sie etwas brauchen, rufen Sie mich einfach.“

Er sah ihr nach, als sie hinausging. Sie war hübsch, das musste er ihr lassen. Ein netter Po und eine zierliche Taille. Zu Anfang seiner Karriere hätte er ihre Einladung angenommen – damals, als das Gefühl, von vielen Frauen begehrt zu werden, noch neu gewesen war, nicht lästig.

Tina warf ihm einen Blick über die Schulter zu und ertappte ihn dabei, dass er sie musterte. Das wissende Lächeln in ihrem Blick ließ ihn fast fluchen. Nun musste er sie überzeugen, dass er ihr zwar nachgesehen, aber nicht die Absicht hatte, weiterzugehen.

Der Augenblick wurde unterbrochen, weil Kitty und die anderen in diesem Moment unter viel Reden und Lachen hereinkamen. Er suchte die Gruppe nach der Gewinnerin ab. Kitty hatte ihm per SMS mitgeteilt, dass sie immer noch nicht sonderlich begeistert schien. Er erwartete das kühle Lächeln und den reservierten Ausdruck des Fotos, das er von ihr gesehen hatte. Sein Blick hielt unvermittelt ein, als er auf die lächelnde Frau traf, die sich angeregt mit einem der Kameraleute unterhielt.

Im Geiste stieß er einen anerkennenden Pfiff aus. Das war nicht die reservierte Frau von dem Foto. Die hier hatte das strahlendste, schönste Lächeln, das er je bei einer Frau gesehen hatte. Dann waren da ihre Beine: lang, wohlgeformt und verführerisch in den kurzen Shorts. Das fliederfarbene Top brachte ihren Teint auf das Vorteilhafteste zur Geltung. Das dicke schwarze Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden.

Da er aus England kam, hatte er nie verstanden, wieso die amerikanischen Männer so auf den Typ des Mädchens von nebenan standen – bis jetzt. Diese Frau ließ ihn an Grillfeste denken, an Fahrradfahren und Picknicks. All die Dinge, die Hollywood in den guten alten amerikanischen Filmen so liebevoll zeigte.

Er erhob sich langsam. Das Wochenende schien plötzlich wesentlich interessanter als zuvor.

Sie hörte auf zu reden und sah zu ihm hinüber. Ihr Lächeln gefror. Sie atmete tief durch und schien ihn eine Ewigkeit einfach nur anzusehen – wahrscheinlich waren es nur wenige Sekunden. Er wartete auf die Zeichen der Erregung, das hektische Luftzufächeln, einen Freudenschrei und eine Träne oder zwei.

Es blieb aus. Stattdessen kam sie ruhig zu ihm herüber und reichte ihm die Hand. „Es freut mich, Sie kennenzulernen, Irvin.“

Dieser Südstaatenakzent! Die raue, tiefe Stimme schien sich wie eine Wolke um ihn zu legen und weckte in ihm den Wunsch, sie seinen Namen flüstern zu hören.

Er nahm ihre Hand in seine. „Das Vergnügen ist ganz meinerseits.“

Sie schluckte und nickte kurz, bevor sie ihm die Hand entzog. „Schön, dass Sie das sagen. Ich bin sicher, dies ist eine ziemliche Zumutung für Sie.“

„Wäre es so, hätte ich es nicht angeboten. Ich bin immer dankbar für neue Möglichkeiten, Spenden für den Kampf gegen den Alkoholmissbrauch aufzutreiben.“

Ihre Miene verriet, dass sie ihm nicht glaubte. „Ich nehme an, jetzt ist es an der Zeit für meine Transformation.“

In diesem Moment kam Rafael aus seinem Büro. Auf der Straße hätte niemand in ihm den berühmten Fotografen gesehen. Mit dem gelockten Haar, der dicken, eckigen Brille und dem weißen Hemd zur grauen Khakihose sah er aus wie alle anderen Mittdreißiger.

„Ist das unsere Gewinnerin?“ Rafael nahm Faiths Hände in seine und streckte sie aus. „Bei Ihnen müssen wir nicht viel verändern. Bei den Beinen und dem Lächeln! Sie haben ein ausgesprochen nettes Gesicht, meine Liebe.“

Aus der Art, wie sie den Blick abwandte, schloss Irvin, dass das Kompliment ihr Unbehagen verursachte.

„Es freut mich, das von einem Mann zu hören, der sonst weit glamourösere Frauen als mich fotografiert.“

„Glamour ist ein Wunder. Ein Wunder, das ich schaffe.“ Rafael legte in einer dramatischen Geste eine Hand auf seine Brust. „Die Linse kann den schrecklichsten Menschen wie einen Heiligen erscheinen lassen, wenn sie in den richtigen Händen ist – und meine Liebe: Dies sind die richtigen Hände.“

Faith lächelte – und Irvin musste wieder denken, wie bezaubernd doch ihr Lächeln war. „Sie haben die richtigen Hände und eine Gabe mit Worten.“

Rafael lachte und winkte Tina herbei. „Wenn Sie glauben, ich sei gut mit Worten, warten Sie, bis Sie die Fotos sehen. Also nun zum Haar und Make-up …“

„Nicht zu viel Make-up“, warf Irvin ein.

Faith und Rafael sahen ihn überrascht an. Irvin registrierte die Neugier in Rafaels Blick. Gut, er war kein Experte, aber er hatte das Gefühl, dass zu viel Schminke ihr etwas von ihrem natürlichen Charme nehmen würde.

„Der große Irvin hat gesprochen“, sagte Rafael. „Nicht zu viel Make-up.“ Rafael und Tina führten Faith in die Künstlergarderobe.

„Was meinst du?“, fragte Kitty, als Faith und Rafael verschwunden waren.

„Gefällt mir.“

„Gut. Sie ist ein wenig reserviert. Ich durchschaue sie noch nicht ganz, aber ich werde herausfinden, wie sie tickt.“

Er wusste, was das hieß. „Keine weiteren Nachforschungen!“, befahl er. „Sie ist hier, und sie scheint normal zu sein.“

„Normal ist ein Wunder“, sagte Kitty und imitierte dabei die Handbewegung von Rafael so treffend, dass Irvin lachen musste.

Wenige Minuten später war Faith zurück. Jetzt trug sie das Haar offen, und das fliederfarbene Top war durch ein leuchtend gelbes ersetzt worden. Das dezente Make-up betonte ihre weichen Wangen, die braunen Augen und die vollen Lippen.

„Ich fange mit Fotos von Ihnen an, und dann machen wir Aufnahmen von Ihnen beiden zusammen“, erklärte Rafael. Er führte Faith zu dem Hintergrund, vor dem die Fotos gemacht werden sollten.

„Was soll ich tun?“, fragte sie.

„Seien Sie ganz Sie selbst“, bat Rafael. „Was sagten Sie? Woher kommen Sie?“

„Aus South Carolina. Laurel County.“

„Hmmm. Ich war schon mal in North Carolina. In Charlotte.“ Rafael begann mit seinen Aufnahmen.

Faith lächelte angespannt. „Das ist noch ziemlich weit von uns entfernt.“

„Egal – entspannen Sie sich. Seien Sie ganz Sie selbst.“

Mit einem Anflug von Panik sah sie sich nach dem Hintergrund um.

Irvin eilte zu ihr. „Wieso fangen wir nicht gleich mit den Fotos von uns beiden an?“ Er nahm ihre Hand und spürte, wie nervös sie war. „Entspannen Sie sich“, murmelte er.

Sie versuchte vergebens, ihm ihre Hand zu entziehen. „Sie haben gut reden“, sagte sie ebenso leise. „Sie wurden ja nicht direkt aus dem Flugzeug vor eine Kamera gezerrt, ohne eine Chance, zwischendurch auch nur einmal zu Atem zu kommen.“

„Sind Sie nervös?“

„Ein wenig.“

Er schenkte ihr sein strahlendstes Lächeln. „Das müssen Sie nicht sein. Ich beiße nicht.“

„Das ist gut zu wissen, aber das ist nicht der Grund für meine Nervosität. Ich weiß, ich habe nur ein paar geplante Auftritte mit Ihnen, und das ist mir gerade recht so.“

Wie bitte? Seit er London verlassen hatte, hatte ihm keine Frau mehr gesagt, sie ziehe es vor, so wenig wie möglich von ihm zu sehen. Er wollte nach dem Grund fragen, als er begriff. Schon andere Frauen hatten diesen Trick versucht – sie heuchelten Desinteresse, um gerade dadurch seine Aufmerksamkeit zu erringen. Irgendwie enttäuschte es ihn, dass sie auf so etwas zurückzugreifen schien.

„Sie haben also an diesem Gewinnspiel teilgenommen, um ein Wochenende mit mir zu gewinnen, hoffen aber, nicht allzu viel Zeit mit mir verbringen zu müssen. Und hoffen auch nicht insgeheim, dass zwischen uns etwas passieren könnte.“

Ihr ungläubiger Blick war fast überzeugend. „Sie machen ja wohl Witze. Glauben Sie allen Ernstes, ich möchte meinen Namen in einer Reihe mit den vielen anderen Frauen sehen, mit denen Sie geschlafen haben?“

Die Kamera klickte schneller. „Näher zusammenrücken“, bat Rafael. „Vergessen Sie nicht: Sie freuen sich auf das Wochenende.“

Irvin legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an seine Seite. Sie duftete gut. Ein leicht blumiger Duft. Und ihr Körper passte genau an seinen. Es wäre ihm lieber gewesen, er hätte es nicht so bewusst registriert.

„Wollen Sie mir unterstellen, ich hätte die Absicht, die Gewinnerin in mein Bett zu locken?“, raunte er ihr zu, während er der Kamera sein professionelles Lächeln zeigte.

Sie setzte ebenfalls ein Lächeln auf. „Offen gestanden ist es mir nie in den Sinn gekommen. Ich bezweifle allerdings, dass Sie ein entsprechendes Angebot ablehnen würden.“

Das Spiel begann ihm Spaß zu machen. „Ach … Und wieso glauben Sie das?“

Sie zögerte. Er spürte, dass sie überlegte, ob sie sich noch weiter aus dem Fenster lehnen sollte oder nicht. Die Entschlossenheit, die sich plötzlich in ihrem Blick zeigte, ließ ihn grinsen. Sie würde das Spiel weiterspielen.

„Sie wechseln die Frauen schneller als andere Männer ihr Hemd, und die Leser der Essence haben Sie in der letzten Ausgabe zu dem Mann gekürt, den die meisten Frauen am liebsten in ihrem Bett sehen würden. Ich bezweifle, dass Sie viele einschlägige Angebote ablehnen.“

„Sie halten mich also für eine erotische Wanderdüne?“

„Ich sage nur, dass es genügend Frauen gibt, die bereit wären, Ihnen das Bett zu wärmen. Ich gehöre nicht dazu!“ Ihre Stimme hatte sich gehoben. Sie klang fast überzeugend. Er wusste nicht, was ihm lieber gewesen wäre: dass es ihr Ernst war oder dass nicht. Er schlief schon lange nicht mehr mit Groupies, aber er musste zugeben, diese Frau war ausgesprochen sexy, wenn sie so tat, als sei sie empört.

Er brauchte einen Moment, um zu registrieren, dass es rundum sehr still geworden war. Er wandte sich im selben Moment um wie Faith. Kitty vibrierte förmlich vor Zorn, Rafael lachte, und der Rest des Teams schien fassungslos.

„Das war’s.“ Rafael legte die Kamera beiseite.

Faith löste sich von Irvin. Sie sah sich um. „Ich muss ein Telefonat erledigen. Gibt es hier irgendwo eine Möglichkeit, wo ich das ungestört tun könnte?“

Rafael deutete auf sein Büro. „Gehen Sie ruhig hinein.“

„Danke.“ Sie eilte hinüber und zog die Tür hinter sich zu.

Kitty trat zu Irvin. „Ich habe dir doch gesagt, sie will nicht hier sein. Ich hätte die Gewinnerin selbst auswählen sollen, statt es dem Zufallsgenerator zu überlassen. Sie sollte doch froh sein …“

„Das Ganze war doch nur eine Show“, unterbrach er sie. „Das haben schon andere Frauen bei mir versucht. Wahrscheinlich erzählt sie gerade ihrer besten Freundin, dass ich ihr auf den Leim gegangen bin.“

Er ging zu Rafaels Büro. Die Tür war nur angelehnt. Er hatte keine Gewissensbisse dabei, ihr Gespräch zu belauschen. Er musste sich davon überzeugen, dass sie nur mit ihm spielte – nur das konnte ihn davon ablenken, wie unglaublich sexy sie gewesen war, als sie ihn angefaucht hatte. Ihre Augen hatten gefunkelt, und …

Er glaubte, seinen Namen gehört zu haben und lehnte sich näher an die Tür. Wollte wissen, was sie plante.

„Der Mann ist genau so, wie ich es erwartet habe – ein verwöhnter, reicher Playboy, der glaubt, alle Frauen müssten es nur darauf abgesehen haben, mit ihm zu schlafen. Es wäre wirklich besser gewesen, ich wäre zu Hause geblieben, Mama. Dieses Wochenende wird einfach nur schrecklich!“

Irvin Freeman traute seinen Ohren nicht.

5. KAPITEL

„Wovon redest du?“, fragte Virginia.

„Ich bin angekommen, und es ist schon jetzt alles verkorkst. Irvin ist nicht der nette Typ, als der er in den Interviews herüberkommt. Er glaubt, ich sei hier, um ihn zu verführen.“

„Vielleicht solltest du das tun.“

„Hör doch auf, Mama!“

„Okay, das war vielleicht etwas zu viel. Aber es könnte dir nicht schaden, ein wenig zu entspannen und Spaß zu haben. Das kannst du auch ohne ihn tun.“

Faith seufzte. Sie war sich einigermaßen sicher, dass Kitty gesagt hatte, sie könne nach den Aufnahmen ins Hotel gehen. Das hieß also, sie musste Irvin jetzt nicht mehr sehen.

„Du hast recht. Ich kann vor der Party heute Abend noch einen Bummel durch die Stadt machen.“

„Wenn du nun noch das Wort Party so aussprechen könntest, als ginge es nicht um deine Hinrichtung …“

Faith lachte. „Gut. Ich kann es gar nicht erwarten, zu dieser wunderbaren Party mit diesem wunderbaren Schauspieler zu kommen, der glaubt, ich sei hier, um ihn in mein Bett zu locken“, trällerte sie mit aufgesetzter Fröhlichkeit.

„Wiedersehen, Faith“, sagte ihre Mutter und lachte leise.

„Okay, Mama, ich rufe dich später nochmal an.“

Sie überlegte. Was jetzt? Sie wollte Irvin nicht wieder über den Weg laufen. Zugegebenermaßen war sie ziemlich enttäuscht davon, dass er nicht so normal war, wie sie es sich insgeheim erhofft hatte. Wie schade, dass Marie jetzt nicht bei ihr war. Mit der Freundin an ihrer Seite hätte sie leichter entspannen können.

Sie zog die Tür auf – und fuhr erschreckt zurück, als sie fast direkt auf Irvin geprallt wäre. Unwillkürlich registrierte sie ein markantes Kinn unter einem exakt geschnittenen Bart, eine kräftige Nase und durchdringende dunkle Augen, die so unglaublich sexy wirken konnten.

Er war nicht gutaussehend im herkömmlichen Sinn, aber er machte den Mangel mehr als wett durch ein nicht zu übersehendes Selbstbewusstsein. Es zeigte sich in allem: in der Art, wie er ging, wie er redete und wie er sich kleidete. Er hatte Klasse und wirkte gleichzeitig gefährlich, war Gentleman und Bad Boy, freundlich und unverschämt gleichermaßen.

Und er dachte, sie wollte ihn in ihrem Bett haben.

Es wäre ja durchaus keine Zumutung gewesen.

Sie gab sich einen Ruck. „Haben Sie gelauscht?“

„Habe ich“, bekannte er ungeniert.

Sie kam sich vor wie die innerlich erbebende jungfräuliche Heldin eines Märchens. Sie war zwar keine Jungfrau mehr, aber etwas an seiner männlichen Ausstrahlung sagte ihr, dass eine Nacht mit ihm mit Sicherheit alle ihre bisherigen Erfahrungen auf diesem Gebiet blass aussehen lassen würde.

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und bedachte ihn mit einem Blick, der schon manche Lernschwester in den Grundfesten erschüttert hatte. „Verraten Sie mir auch, wieso?“

„Offen gestanden habe ich erwartet, Sie damit prahlen zu hören, dass ich Ihnen auf den Leim gegangen bin. Oder dass Sie einen neuen Plan haben, mit mir zu flirten.“ Er hob die Hände, als sie die Augen zusammenkniff. „Ich habe mich geirrt, und ich entschuldige mich. Wie wäre es, wenn wir noch einmal neu anfangen?“ Er bedachte sie mit diesem Lächeln, das in einer Frau sofort den Wunsch auslöste, ihm ins Schlafzimmer zu folgen.

Sie musterte ihn durchdringend. „Wieso einigen wir uns nicht darauf, dieses Wochenende mit möglichst wenig Kontakt hinter uns zu bringen?“

„Das kann ich nicht.“

„Wieso nicht?“

„Ich habe Sie gekränkt, und ich möchte es wieder gutmachen. Die Frauen laufen mir wirklich nach, wie Sie ganz richtig bemerkten, aber ich nehme nicht jedes Angebot an.“

„Gut, ich nehme Ihre Entschuldigung an, aber Sie müssen nichts wieder gutmachen. Ich weiß, dass dieses Wochenende eine reine Verpflichtung ist für Sie.“

„Es mag so angefangen haben, aber meine Ansicht dazu ändert sich gerade.“

Sein Blick glitt über ihren Körper. Es war ein rascher und doch gründlicher Blick. Die Art Blick, mit der ein Mann einer Frau sein Interesse signalisierte. Ein Blick mit vielen Versprechungen. Ein Blick, der sie heiß werden ließ.

„Nett, dass Sie das sagen.“

„Ich würde es nicht sagen, wenn ich es nicht auch meinte. Geben Sie mir eine Chance, es wieder gutzumachen.“

„Das ist wirklich nicht nötig. Wir gehen heute Abend zu dieser Party und morgen zur Premiere Ihres Films, das ist alles.“

„Sind Sie schon einmal in New York gewesen?“

Der abrupte Themenwechsel überraschte sie. „Nein, ich bin zum ersten Mal hier.“

„Dann lassen Sie mich Ihnen die Stadt zeigen.“

Ihr Herz machte einen gewaltigen Satz bei dieser Vorstellung, aber sie musste sich im Griff behalten. „Ich bin müde. Ich würde jetzt gern ins Hotel fahren und mich ein wenig entspannen.“

„Dann also bis heute Abend.“ Ehe sie es sich versah, hatte er ihre Hand in seine genommen und hauchte einen Kuss darauf.

Sie musste einen hingerissenen Seufzer unterdrücken. „Wir sehen uns dann auf der Party.“

Er bedeutete ihr, voranzugehen. Der Duft seines Aftershave stieg ihr verführerisch in die Nase. Die anderen taten so, als hätten sie nicht auf ihr Gespräch geachtet, aber ihnen war mit Sicherheit nichts entgangen. Kitty gab rasch eine Reihe von Anweisungen. Sekunden später hingen alle an ihren Handys.

Es war ein ernüchternder Eindruck. Alles, was Irvin tat, endete auf irgendeiner Klatschseite. Wahrscheinlich wurde schon jetzt irgendwo über ihre Begegnung mit ihm berichtet. Ein weiterer Grund, ihre Zeit mit ihm zu beschränken. Sie wollte nicht, dass jemand in ihrem Leben herumstocherte und vielleicht herausfand, was ihre Schwester getan hatte. Die schmutzige Wäsche ihrer Familie gehörte nicht an die Öffentlichkeit.

Ebenso wenig wie ihr eigenes Leben.

Sie wollte jetzt endlich ins Hotel – fort von der Neugier seines Teams. Fort von Irvins heißen Blicken.

6. KAPITEL

„So – fertig.“

Die Maskenbildnerin trat zurück von Faiths Stuhl. Kitty und einige andere Mitglieder des Teams drängten heran, um sie zu betrachten. Hätte es nicht alles so viel Spaß gemacht, hätte Faith dagegen protestiert, gemustert zu werden wie ein Insekt unter dem Mikroskop. Aber alle waren so begeistert bei der Sache, dass Faith sich von der guten Stimmung anstecken ließ.

„Perfekt!“ Kitty strahlte. „Du wirst heute Abend an Irvins Arm hinreißend aussehen.“

Natürlich ging es Kitty nur darum, Irvin gut aussehen zu lassen. Aber nicht einmal das konnte Faith die Laune verderben. Während der letzten vier Stunden war sie verwöhnt worden wie noch nie in ihrem Leben – von der Ganzkörpermassage bis hin zu Frisur und Make-up.

„Darf ich jetzt in den Spiegel sehen?“ Sie wollte sich gerade umdrehen, als Kitty sie bei den Armen packte.

„Nein, nicht, bevor du nicht das Kleid anhast.“

Sie waren inzwischen alle zum vertrauten Du übergegangen, was sich bei der Intimität der Situation förmlich aufdrängte.

Faith konnte es kaum erwarten. Die Vorstellung, ein Designer-Kleid zu bekommen, das speziell für sie gemacht war, hatte etwas Atemberaubendes. Das Team hatte vor dem Beginn des Umstylings ihre Maße genommen, und das Kleid war vor wenigen Minuten gebracht worden.

Einen Moment später durfte sie sich endlich im Spiegel betrachten.

„Voilà!“, sagte Kitty stolz.

Faith sank für einen Moment die Kinnlade herunter. Die Frau, die ihr da aus dem Spiegel entgegensah, war nicht mehr die Stationsschwester Faith Logan. Diese Frau war das perfekte Arm-Candy für einen Hollywood-Superstar.

Das Kleid hatte lange Ärmel, aber es stand nicht zu befürchten, dass ihr zu warm werden würde. Der glänzende Stoff schmiegte sich an ihren Körper und endete über der Mitte ihrer Schenkel. Volle Locken umschmeichelten ihr Gesicht, und ihr Make-up … Es war makellos. Sie wirkte selbst wie ein Star. Und so, wie alle sie im Moment mit Ohs und Ahs bestaunten, fühlte sie sich auch.

„Was meinst du?“ Kitty sah sie fragend an.

„Atemberaubend“, flüsterte Faith.

„Endlich eine Reaktion von dir, mit der ich leben kann.“ Kitty klatschte erleichtert in die Hände.

Es klopfte. Die Erregung des Teams steigerte sich noch.

„Das muss Irvin sein“, sagte Kitty.

Faiths Puls raste. Ihr brach der Schweiß aus. Verdammt, sie durfte jetzt nicht schwitzen! Nicht in diesem Outfit und bei diesem perfekten Make-up. Sie wollte sich Luft zufächeln, aber Kitty schob sie bereits aus dem Schlafzimmer ihrer Hotelsuite in den Wohnbereich.

Nicht schwitzen! Nicht schwitzen! Nicht schwitzen! befahl sie sich stumm, als ob das helfen könnte.

Kitty rückte sie und die anderen für Irvins Eintritt in die richtige Position. Vage fragte Faith sich, ob der Mann je einen Raum betrat, ohne dass Kitty alles für ihn arrangierte. Alle diese Überlegungen verflogen in dem Moment, als er hereinkam und der Blick seiner dunklen Augen sie fand.

Irvin trug ein weißes Hemd, eine schwarz-weiß gestreifte Weste und eine schwarze Hose. An ihm wirkten sogar diese schlichten Kleidungsstücke sexy. Und diesen Mann sollte sie heute Abend zu einer Party begleiten!

Benimm dich nicht wie ein Fan! Er glaubt sowieso schon, dass du ihn verführen willst! Trotz der warnenden Stimme in ihrem Innern konnte sie nicht umhin zu denken, dass es Spaß machen müsste, diesen Mann zu verführen.

Reiß dich zusammen! Sie gab sich einen Ruck.

Ihr guter Vorsatz war vergessen, als er seinen Blick einmal, zweimal und noch ein drittes Mal über ihren gesamten Körper wandern ließ. Ein Lächeln glitt über seine vollen Lippen. Wie mochte es sein, wirklich sein Date zu sein und nicht nur für die Kamera?

„Du siehst wunderbar aus.“ Er kam zu ihr.

Himmel, sie hatte schon ganz vergessen, wie sexy seine tiefe Stimme war! Sie registrierte nur vage, dass auch er zum Du übergegangen war.

„Danke.“ Sie war froh, dass ihre Stimme ihr gehorchte. „Ich dachte, wir treffen uns im Club.“

„Ein Gentleman holt seine Lady immer an der Tür ab.“

„Ich bin nicht deine Lady. Wir wissen beide, dass dies eine reine Promo-Aktion ist.“ Sie sagte es eher für sich als für ihn.

„Promo hin, Promo her – ich habe schon jetzt meinen Spaß dabei.“

Er ließ eine Hand über ihren Arm gleiten. „Ein schönes Kleid.“

Sie hasste sich dafür, dass sie leicht erbebte, aber es war schwer zu unterdrücken. Ihre Blicke trafen sich, und sie hätte schwören mögen, bei ihm Verlangen erkannt zu haben. Sie sah sich um. Er war ein Schauspieler. Es war sein Job, Frauen das Gefühl zu geben, begehrenswert zu sein. Dies war alles nur Show.

„Kitty hat es ausgesucht.“

„Das sehe ich. Das bist nicht wirklich du.“

Sie runzelte die Stirn und wich ein wenig zurück. Da glaubte sie, perfekt gestylt zu sein für den Abend mit ihm, und er fand, das Kleid passte nicht zu ihr? Gut, sie selbst hätte es nicht gewählt, aber sie sah sehr schön aus darin.

„Woher willst du wissen, was ich bin und was nicht?“

„Du brauchst das alles nicht, um begehrenswert zu sein. Ja, das Ergebnis ist atemberaubend, aber deine Schönheit ist wesentlich dezenter.“

Sie spürte eine heiße Woge durch ihren Körper schwappen. Hatte er von ihrer Schönheit gesprochen? Ja, aber das hatte nichts zu sagen! Sie durfte nicht den Kopf verlieren!

„Du machst dich lustig über mich.“ Sie hob ihr Kinn.

Er trat näher. Sie vergaß die anderen im Raum, die sie beobachteten. „Das Kleid weckt viele Gelüste in mir – darunter mit Sicherheit nicht den Wunsch, mich über dich lustig zu machen.“

Nun flirtete er auch noch mit ihr! Sie musste dem allen ein Ende machen, bevor sie vergaß, dass dies alles nur eine Show war. Eine Illusion. Er war es gewohnt, zu bekommen, was er wollte. Und seinem Blick nach zu urteilen, wollte er sie. Im Moment. Spätestens Montagmorgen hatte er sie dann wieder vergessen.

Sie räusperte sich. „Hör mal, es war mir ernst mit dem, was ich vorhin beim Foto-Shooting gesagt habe. Ich habe per Zufallsgenerator ein Date mit dir gewonnen, und ich bin aus keinem anderen Grund hier.“

Er lachte leise. „Du sagtest es bereits mehrfach. Aber als Gewinnerin hast du das Recht, von mir zu verlangen, dass ich alles tue, um dieses Wochenende für dich unvergesslich zu machen.“

„Ich hatte nicht die Absicht, Sex zu verlangen.“

„Du hattest …? Vergangenheit? Heißt das, du hast deine Meinung geändert?“

„Ja. Ich meine, nein. Ich meine, ich habe nicht … ich denke nicht, dass du … dass wir …“ Sie spürte, wie sie rot wurde.

„Entspann dich! Ich mache nur Spaß.“ Er lachte leise. „Wir werden einen sehr schönen Abend zusammen haben.“

Kitty eilte zu ihnen. „Wir kommen zu spät, wenn wir jetzt nicht losfahren.“

„Zu spät – wofür?“, entfuhr es Faith.

„Ich habe Irvins Ankunftszeit bekanntgegeben, um sicherzustellen, dass die besten Fotografen vor Ort sind“, erklärte Kitty. „Ich kann euch auf der Fahrt erklären, wie es weitergeht …“

„Das ist nicht nötig“, entgegnete Irvin. „Ich fahre allein mit Faith. Ihr könnt mit einem zweiten Wagen nachkommen.“ Er reichte Faith seinen Arm. „Ich möchte mein Date besser kennenlernen.“

Irvin ging hinter Faith her zur Limousine. Er konnte den Blick nicht von ihren Schenkeln wenden. Von der Andeutung ihres flachen Bauches. Von den Brüsten.

Als sie auf der Rückbank der Limousine Platz nahmen, rutschte ihr Rock höher. Seine Erregung wuchs. Es würde ein sehr langer Abend werden, falls er so tun musste, er sei nicht interessiert an dem, was sie zu bieten hatte.

„Ich glaube, Kitty ist nicht sehr glücklich“, sagte Faith leise.

Irvin sah zu seiner PR-Agentin hinüber, die mit leicht verkniffener Miene die Wagentür hinter ihnen geschlossen hatte. „Sie hat gern alles unter Kontrolle.“

„Und du hast damit kein Problem?“

„Ihren Bemühungen ist es zu verdanken, dass meine Karriere nach wie vor auf Erfolgskurs ist.“

Er griff nach der Champagnerflasche, die in einem Kühler kaltgestellt war. „Möchtest du ein Glas?“

„Wie sollte ich ein solches Angebot ausschlagen: ein Glas Champagner in einer Stretch-Limousine mit einem Hollywoodstar!“

„Es wäre wirklich unvorstellbar.“

Ein Lächeln glitt über ihre Züge, als sie das Etikett auf der Flasche las. „Es ist lange her, seit ich einen guten Champagner hatte.“

Während er einschenkte, sah er, wie sie ihr Smartphone aus der Tasche zog. Er erwartete, dass sie ein Foto vom Inneren der Limousine und vielleicht ein Selfie von ihnen beiden machen würde, aber stattdessen wählte sie nur eine Nummer und runzelte dann die Stirn.

„Gibt es ein Problem?“ Er sah sie fragend an.

„Ja. Meine Eltern melden sich nicht. Es ist kurz vor Mitternacht. Da gibt es keinen Grund für sie, nicht dranzugehen.“

Ihre Sorge war unüberhörbar. Wieder einmal hatte er erwartet, dass sie sich wie ein Groupie verhalten würde, und wieder einmal hatte sie das Gegenteil getan. Er konnte sich nicht erinnern, je ein Date mit einer Frau gehabt zu haben, der es wichtiger gewesen war, ihre Eltern anzurufen, als mit ihm zu trinken.

„Vielleicht schlafen sie schon.“

„Nein, meine Eltern sind Nachteulen. Sie sehen sich die Elf-Uhr-Nachrichten an und anschließend die Tonight Show. Sie sollten jetzt im Wohnzimmer sitzen.“

„Vielleicht sind sie ausgegangen. Es ist Freitagabend.“

Faith schüttelte den Kopf. „Nein, sie gehen nicht aus. Meine Mutter sitzt im Rollstuhl, und mein Vater geht am Stock, seit er sich bei einem Unfall ein paar Wirbel gebrochen hat. Ich kümmere mich um sie.“

„Hast du noch eine andere Nummer, die du anrufen könntest?“

Sie wählte bereits, bevor er zu Ende gesprochen hatte. Am anderen Ende meldete sich jemand, und die Anspannung wich aus ihren Schultern. „Was ist los, Marie? Ich habe zu Hause angerufen und habe meine Eltern nicht erreicht.“

Sie hörte ein paar Sekunden zu. „Ins Kino? Was?“

Irvin schenkte ein Glas Champagner für Faith ein und nahm sich selbst ein Mineralwasser. Er nippte daran. Es war doch interessant, dass es ihr ganz offensichtlich nie in den Sinn gekommen wäre, ihre Eltern könnten ins Kino gegangen sein. Sie hatte gesagt, sie kümmere sich um ihre Eltern. Das konnte er nachvollziehen, da er sich als Teenager um seine Mutter kümmern musste. Er war darin so aufgegangen, dass es erst einer Tragödie bedurft hatte, um ihm klarzumachen, dass er gar nicht mehr richtig lebte.

Wahrscheinlich hatte sie dieses Wochenende mehr als alle anderen Frauen verdient, die an dem Gewinnspiel teilgenommen hatten.

Sie beendete das Telefonat, legte das Smartphone aber nicht beiseite, sondern sah es an, als erwarte sie noch weitere Antworten.

„Ich nehme an, du hast deine Eltern gefunden?“ Er reichte ihr das Glas.

Sie nahm es, ohne ihn dabei anzusehen. „Sie sind ins Kino gegangen. Sie wollten diesen neuen Action-Film sehen, in dem all die Stars der 80er mitwirken.“

„Und? Was ist daran so schlimm?“

„Sie gehen sonst nie ins Kino.“ Sie nippte geistesabwesend am Champagner.

„Vielleicht haben sie bisher nur nicht gesagt, dass sie gern gehen würden.“

„Was soll das denn heißen?“, fuhr sie ihn empört an – und erinnerte ihn wieder daran, wie unglaublich sexy sie war, wenn sie aufgebracht war.

„Offensichtlich wollten sich deine Eltern einen Film ansehen. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder hatten sie eine spontane Erleuchtung und haben daraufhin beschlossen, sich wieder dem Kino zuzuwenden, oder aber sie wären immer schon gern ins Kino gegangen, haben aber gewartet, bis sie freie Fahrt hatten dafür.“

Sie rang um Worte. „Sie haben nicht gewartet, bis ich weg war!“, fauchte sie schließlich.

„Sie haben dich also gebeten zu bleiben?“

Sie öffnete den Mund, um ihn wortlos wieder zu schließen. Sie trank noch einen Schluck Champagner und sagte dann mit einem leisen Lachen: „Meine Mutter hat mich förmlich aus der Tür geschubst. Ich nehme an, ich habe sie tatsächlich von vielem abgehalten. Ich mache mir wohl zu viele Sorgen um sie. Es war ja auch wirklich schwierig.“ Sie wandte den Blick ab.

„Schwierig? Inwiefern?“

„Es stand nicht gut um die Gesundheit meiner Eltern. Ich musste mich um sie kümmern.“

„Bist du deswegen nicht mehr am Krankenhaus in Houston?“

„Woher weißt du davon?“ Bevor er etwas sagen konnte, hob sie eine Hand. „Lass mich raten – Kitty.“

Sie lachten beide. „Ja. Sie hat ein paar Informationen über dich eingeholt, bevor sie dir mitgeteilt hat, dass du gewonnen hast.“

Sie wandte rasch den Blick ab. „Das ist wohl nur vernünftig. Es hätte ja auch irgendein Verrückter gewinnen können.“

„Genau ihre Worte, nicht meine.“

Autor

Leanne Banks
<p>Mit mehr als 20 geschriebenen Romanen, ist Leanne dafür geschätzt Geschichten mit starken Emotionen, Charakteren mit denen sich jeder identifizieren kann, einem Schuss heißer Sinnlichkeit und einem Happy End, welches nach dem Lesen noch nachklingt zu erzählen. Sie ist die Abnehmerin der Romantic Times Magazine’s Awards in Serie. Sinnlichkeit, Liebe...
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<p>Alles begann damit, dass der Vater von Charlene Sands, ihr als Kind die schönsten, brillantesten und fantastischsten Geschichten erzählte. Er erfand Geschichten von plündernden Piraten, mächtigen Königen und Sagen von Helden und Rittern. In diesen Erzählungen war Charlene immer die Prinzessin, Königin oder Heldin um die gekämpft oder die gerettet...
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