Das Geheimnis der schönen Ex

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"Bleib weg von mir - nein, komm näher." Schon liegt sie in den starken Armen ihres Ex Cole Sullivan. Seine Lippen erobern ihren Mund genauso hungrig wie damals und machen Dani wehrlos vor Verlangen. Dabei sollte sie besser fliehen! Denn sie hat zwei süße Geheimnisse, die sie Cole seit fünf Jahren verschweigt - und das wird mit jedem Tag seit ihrer Rückkehr nach Royal schwieriger! Ein brisanter Fall, der die Kleinstadt erschüttert, erfordert Danis enge Zusammenarbeit mit dem unverschämt attraktiven Privatdetektiv. Tagsüber - und besonders in der Nacht …


  • Erscheinungstag 29.10.2019
  • Bandnummer 2105
  • ISBN / Artikelnummer 9783733725457
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Cole Sullivan sehnte sich im Augenblick vor allem nach einem ordentlichen Abendessen. Ein langer Tag lag hinter ihm. Er musste die Verpflichtungen seiner beiden Jobs unter einen Hut bringen: die täglichen Arbeiten bei Sullivan Cattle Co., der Ranch, auf der seine Familie Longhorn-Rinder züchtete, und die Ermittlungen zu dem Verschwinden von Jason Phillips. Dieser Fall hatte sich vor Kurzem als Mordfall entpuppt. Der Tag hatte nicht einmal genügend Stunden, um in einem der beiden Jobs voranzukommen. Cole hatte das Gefühl, dass er alles nur halb erledigte, und das gefiel ihm überhaupt nicht. Es war einfach nicht seine Art.

Das Einzige, was er noch dringender brauchte als etwas zu essen, war eine Dusche. Nach vielen Stunden im Sattel war sein Rücken völlig verspannt, und die Zeit, die er der Ermittlungen wegen am Schreibtisch und am Telefon verbracht hatte, war auch nicht gerade gut für seine Schultern gewesen.

Achtlos ließ er seine schmutzige Arbeitskleidung auf den Marmorboden seines luxuriösen Badezimmers fallen. Er liebte diesen Raum; hier konnte er so richtig entspannen. Er drehte an einem chromglänzenden Hebel, und sofort strömte Wasser aus einem Dutzend Duschköpfe in der geräumigen, von einer Glaswand umgebenen Kabine auf ihn hinunter.

Cole stellte sich in den warmen Regen und regelte die Düsen so, dass das Wasser seine Schultern und seinen Rücken an den richtigen Stellen traf. Er atmete tief ein und versuchte, seine Muskeln mit der Kraft der Gedanken dazu zu bewegen, sich zu lockern. Der Stress machte ihm zu schaffen. Seine Ärzte hätten es ihm übelgenommen, wenn sie gewusst hätten, wie sehr er seinen Körper täglich beanspruchte. Er forderte den Tod ja geradezu heraus! Aber das war jetzt egal. Sorgen über seinen Gesundheitszustand trugen nicht dazu bei, das millionenschwere Familienunternehmen am Laufen zu halten und machten auch den Tod eines unschuldigen Mannes nicht ungeschehen, der eine siebenjährige Tochter hinterlassen hatte.

„Cole? Bist du da drin?“, rief sein jüngerer Bruder Sam draußen in der Eingangshalle.

Das war einer der Nachteile, wenn man mit seinen beiden Brüdern zusammen auf der Ranch der Familie wohnte. Cole stellte das Wasser ab und schnappte sich ein dickes, weißes Handtuch von dem beheizten Ständer. „Ja, ich bin hier. Was ist los?“

„Nichts. Ich wollte nur etwas mit dir besprechen.“

„Ich zieh mir eben was an. Nimm dir ein Bier, ich komme gleich.“

„Okay.“

Cole rubbelte sich die Haare trocken und schlang sich das Handtuch anschließend um die Hüften. Dann ging er in sein Ankleidezimmer hinüber, zog eine saubere Jeans und ein kariertes Hemd über und ging zu seinem Bruder. Sam saß auf einem der mit handgeprägtem Leder bezogenen Barhocker am Küchentresen aus schwarzem Marmor. Genau wie im Bad hatte Cole auch bei der Kücheneinrichtung keine Kosten gescheut.

„Was ist los?“

„Dani ist wieder in der Stadt.“

Cole hielt einen Augenblick lang inne, während er diese Feststellung verarbeitete. Dann drehte er sich zu Sam um. „Was hast du gesagt?“

„Danica. Deine Ex. Sie ist wieder in der Stadt. Ich dachte, dass du das wissen willst.“

Sam fuhr sich mit den Fingern durch sein dichtes braunes Haar. Der Blick, mit dem er Cole ansah, war traurig, als wolle er damit sagen, dass Cole der Wahrheit in die Augen sehen müsse, ganz gleich, was das für ihn bedeutete. Sam war fünf Jahre jünger als er und konnte nichts für sich behalten. Er war nicht besonders diplomatisch.

„Von wem du redest, weiß ich.“ Cole ging auf seinen Bruder zu und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wohnt sie wieder hier, oder ist sie nur zu Besuch?“ Er hatte Dani seit fast sechs Jahren nicht gesehen. Die Zeit hatte den Trennungsschmerz ein bisschen abgemildert, aber mit dem Grund für ihr Zerwürfnis musste er trotzdem leben. Das Wissen saß wie festgebrannt in seinem Hirn, unmöglich, es zu vergessen.

Sam trank schnell einen Schluck Bier. „Ich habe gehört, sie wohnt wieder hier. Sie arbeitet als Köchin im Glashaus drüben im Bellamy.“

„Das passt zu ihr.“ Nach allem, was er gehört hatte, war Dani in New York unglaublich erfolgreich gewesen. So erfolgreich, dass Cole erschrocken über ihre Rückkehr war. Was hatte man ihr geboten, dass sie die große Bühne verlassen und sich für die viel kleinere in Royal entschieden hatte?

„Ich dachte nur, falls du Kontakt mit ihr aufnehmen willst oder so.“ Sam zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ob sie immer noch Single ist, aber du ja schon. Und eins weiß ich ganz genau: Du bist viel, viel lockerer gewesen, als du noch mit Dani zusammen warst.“

„Hey. Das ist nicht fair.“

„Es ist die Wahrheit.“

Cole gab sich keine Mühe, seinen Ärger zu verbergen. „Ich weiß genau, warum ich mich da nicht noch mal reinhängen will. Dani würde lieber ersticken, als mit mir zu reden.“

„Kann man ihr das übelnehmen? Du hast ihr das Herz gebrochen, Cole.“

„Dafür gab es gute Gründe. Das weißt du doch am besten.“

„Und sechs Jahre später bist du immer noch am Leben, und die Frau, in die du bis über beide Ohren verliebt gewesen bist, ist wieder da. Vielleicht ist das hier ja ein Schubs in die richtige Richtung.“

Cole schüttelte den Kopf. „Ich brauche keinen Schubs, aber danke. Wir sprechen uns morgen.“

„Ist das alles?“ Sam stand auf und leerte sein Bier.

„Das Kapitel Dani ist für mich abgeschlossen. Sie ist darüber hinweg und ich auch.“ Das stimmte nicht ganz. Er musste noch immer an sie denken und das öfter, als er je zugegeben hätte. Manchmal träumte er sogar von der überwältigenden, kochend heißen Leidenschaft zwischen ihnen. Er konnte nicht vergessen, wie sie sich geliebt hatten – ihre sinnlichen Kurven hatten sich zu gut angefühlt, als dass er die Erinnerung daran jemals aus seinem Gedächtnis verbannen könnte. Aber Dani war nicht für ihn bestimmt, und daran war auch nichts zu ändern.

„Du arbeitest seitdem mehr als für jeden halbwegs vernünftigen Menschen gut wäre.“

„Ich muss immer etwas zu tun haben, Sam. So bin ich nun mal.“ Cole brauchte das Geld, das er mit seinen beiden Berufen verdiente, nicht unbedingt. Eigentlich gar nicht. Aber er brauchte eine Beschäftigung. Das war der einzige Weg, einigermaßen bei Verstand zu bleiben.

„Glaubst du, dass Dani keinen Kontakt mit dir aufnehmen will?“

„Willst du mich verarschen? Die Frau hat drei Tage nach unserer Trennung all ihre Sachen gepackt und ist ans andere Ende des Landes gezogen. So viel Abstand wollte sie zwischen uns bringen. Ich glaube, dass Dani mir aus dem Weg gehen wird so gut sie kann, solange sie hier ist.“

„Glaubst du, du kennst sie so gut?“

„Allerdings.“

„Und du willst dich nicht bei ihr melden und ihr erzählen, was passiert ist?“

„Nein, will ich nicht.“

Sam bedachte ihn mit dem mitleidigen Blick, den Cole ganz und gar nicht leiden konnte. Hätte er seinen Bruder nicht so gerngehabt, wäre er vielleicht in Versuchung geraten, diesen Blick mit einem Faustschlag zu vertreiben.

„Du bist ein hoffnungsloser Fall, Cole Sullivan.“

„So ist das Leben. Je früher du dich daran gewöhnst, desto besser.“

Ob es ihr nun gefiel oder nicht, und es gefiel ihr überhaupt nicht: Wenn Danica Moore in Royal in Texas wohnen wollte, konnte sie Cole Sullivan nicht für immer aus dem Weg gehen. Irgendwann würde sie diesem viel zu attraktiven Kerl unweigerlich begegnen. Und sie konnte nicht dafür garantieren, dass sie ihm dann keine Ohrfeige verpassen würde.

Allein die Vorstellung, wie ihre Handfläche brannte, nachdem sie gegen sein markantes Kinn geknallt war, verschaffte ihr schon ein wenig Genugtuung. Aber das reichte nicht aus, um wiedergutzumachen, wie sehr sie wegen Cole gelitten hatte. Es war ebenso wahrscheinlich, dass sie Coles Eltern oder einem seiner Brüder, Sam oder Kane, begegnete. Die superreichen Sullivans waren in dieser Stadt so allgegenwärtig wie die heiße Sonne jetzt im Juli. Dani hoffte nur, dass sie einer zufälligen Begegnung aus dem Weg gehen konnte.

Aber jetzt war sie zurück in Texas. Sie wollte, dass ihre beiden Söhne den weiten Himmel und die frische Luft kennenlernten, die sie als Kind genossen hatte. Sie wollte, dass sie ihre Tante Dot kennenlernten, das einzige verbliebene Mitglied ihrer Familie, das sie liebte, und ihre beste Freundin Megan Phillips.

Als Megan ihr erzählt hatte, dass die Geschäftsführerstelle im Glashaus, dem besten Restaurant des gesamten Bezirks, frei wurde, hatte Dani die Gelegenheit beim Schopf gepackt, nach Royal zurückzukehren. So konnte sie ihre Karriere als Spitzenköchin am Laufen halten und ihren Söhnen die Stadt zeigen, die sie so sehr liebte. In New York hätte sie das nicht gekonnt. Also hieß es „Hallo Texas“. Wieder einmal.

Aber auch wenn sie in Royal viele ihrer Probleme gelöst hatte, blieb eins trotzdem bestehen – Cole. Er war der Inbegriff einer offenen Rechnung, und sie hatte die Sache auf die lange Bank geschoben. Inzwischen war sie seit ein paar Wochen wieder in Royal. Sie musste sich irgendwann mit ihm treffen, deswegen hatte sie beschlossen, dass es zu ihren eigenen Bedingungen passieren sollte. Heute Abend. Bei ihm und ohne Vorwarnung. Denn die hatte er nicht verdient.

Dani sah sich im Spiegel an und atmete so tief ein, wie sie nur konnte, als ob die Luft ihr Selbstvertrauen geben konnte. Ihr langes dunkles Haar saß perfekt – glänzend und üppig. Ihr Make-up war ebenfalls makellos. Das Kleid, das sie trug, war nur die Kirsche auf der Torte. Kirschrot, genauer gesagt, und mit einem Schnitt, der alle ihre Vorzüge betonte.

Dani steckte den Kopf durch die Tür zum Schlafzimmer ihrer Zwillinge. Cameron und Colin waren fünf Jahre alt. Das Zimmer, das die beiden sich teilten, gefiel ihr. Es hatte hellblau gestrichene Wände, das Stockbett, das die Jungs sich immer gewünscht hatten, und jede Menge Platz, um mit Autos und Eisenbahnen zu spielen. Kurz gesagt hatten sie alles, was sie in ihrer New Yorker Wohnung nicht hatten haben können.

„Seid ihr fertig zum Schlafengehen?“

Elena, Danis treues Kindermädchen, sah von dem Buch auf, aus dem sie den Jungs vorgelesen hatte.

„Du siehst toll aus“, sagte Elena. „Mit dem Outfit haust du Cole Sullivan aus den Socken.“

Dani legte einen Finger an die Lippen und schüttelte so schnell den Kopf, dass ihr Gehirn zu klappern schien. Sie wollte nicht, dass Cameron und Colin Coles Namen erfuhren. Noch nicht. Sie waren noch so klein, so unschuldig. Es war nicht ihre Schuld, dass man sich nicht auf ihren Daddy verlassen konnte.

„Oh, stimmt, tut mir leid.“ Elenas Blick sagte mehr als tausend Worte. „Wartet mal kurz, ihr zwei. Ich muss mit eurer Mom reden.“ Elena stand auf und kam auf Zehenspitzen zu Dani hinüber. „Bist du sicher, dass du ihm nichts sagen willst?“

Sie brauchte nicht deutlicher zu werden. Dani wusste auch so, was Elena meinte. „Auf keinen Fall. Nicht heute.“ Dani wollte Cole nichts von den Zwillingen sagen, solange sie nicht sicher wusste, dass er die beiden nicht genauso zurückweisen würde wie sie.

„Aber wie willst du es ihm erklären, wenn du ihn später zufällig triffst und er die Jungs sieht?“

Dani klopfte Elena auf die Schulter. „Deswegen mache ich mir gerade keine Sorgen. Cole ist nur mit sich selbst beschäftigt. Der würde das gar nicht bemerken.“

Elena lächelte, obwohl sie nicht so aussah, als wäre sie überzeugt. „Du weißt bestimmt, was du tust.“ Sie setzte sich wieder auf den Boden, um weiter vorzulesen.

„Ihr zwei macht Elena keinen Ärger, okay?“, ermahnte Dani ihre Jungs.

„Wo gehst du hin, Mommy?“, fragte Cameron, der immer gesprächig und neugierig war. Mit seinem dunkelbraunen Haar und den haselnussbraunen Augen sah er ihr ähnlicher. Colin, ihr stiller Beobachter, glich eher Cole. Dunkelblondes Haar. Seelenvolle blaue Augen.

„Ich treffe mich mit einem alten Freund.“

„Wieso können wir nicht mitkommen?“

„Weil wir nur langweilige Erwachsenengespräche führen, und mit Elena wird es viel lustiger für euch. Außerdem ist fast Schlafenszeit.“ Sie beugte sich über sie und ließ sich umarmen und küssen. „Ich hab euch beide sehr lieb. Bis morgen früh.“

„Viel Glück“, sagte Elena.

Dani marschierte in den Flur, schnappte sich ihre Autoschlüssel und schlüpfte durch die Küche in ihre Garage, in der Platz für drei Autos war. Sie hatte fast sechs Jahre Zeit gehabt, sich Sorgen über ihr erstes Wiedersehen mit Cole zu machen. Wenn sie jetzt zu lange darüber nachdachte, schob sie es nur auf, und das wollte sie nicht. Sie wusste ganz genau, was sie ihm heute Abend sagen wollte, und dazu passte es am besten, wenn sie die Familienkutsche stehen ließ und stattdessen in das silberfarbene Porsche Cabrio stieg, das sie sich vor Kurzem gegönnt hatte.

Dani hatte seit jeher eine Schwäche für Autos. Das hatte sie von ihrem Vater, der Polizist gewesen war. Er war vor zehn Jahren gestorben, und Dani vermisste ihn immer noch schrecklich. Aber wenn sie in ihrem kleinen Sportwagen herumraste, fühlte sie sich ihm näher. Er hatte ihr beigebracht, mit Schaltgetriebe zu fahren. In all den Jahren in New York war sie zu oft Taxi und U-Bahn gefahren. Dani gefiel der Gedanke, dass ihr neues Auto ein perfektes Sinnbild für ihr neues Leben darstellte. Sie bestimmte, wo es langging. In jeder Hinsicht.

Langsam lenkte sie den Wagen die halbkreisförmige Auffahrt hinunter. Der Motor schnurrte. Ihr zwei Morgen großes Grundstück wurde auf beiden Seiten von texanischen Eschen und Eichen flankiert, die von indirekten Gartenlampen angestrahlt wurden. Es war ein warmer Abend, aber sie spürte auch einen Hauch von Herbst, denn die Tage wurden bereits kürzer.

Dani ließ ihr Haus hinter sich. Sie konnte noch immer nicht richtig glauben, dass es ihr gehörte – sechs Schlafzimmer und eine Einliegerwohnung für das Kindermädchen, hohe Sprossenfenster und ein gelber Jasmin, der an Spalieren die gewölbte Eingangstür umrankte. Hinter dem Haus gab es einen großen Pool für ihre Jungs, und nächste Woche sollte ein Klettergerüst aufgebaut werden. Es war alles perfekt, und sie hatte es sich selbst erarbeitet.

Auf der Fahrt zu Coles Ranch hatte Dani genügend Gelegenheit, sich noch einmal genau zu überlegen, was sie ihm sagen wollte, aber jedes Mal, wenn sie anfing, verhaspelte sie sich in ihren eigenen Worten. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, wie es sein würde, wenn sie ihm endlich gegenüberstand.

Wenn er sein Herzensbrecher-Lächeln aufsetzte oder sie mit seinen blauen Augen durchdringend ansah, konnte sie ihm vielleicht nicht widerstehen. Wenn er sie mit seinen starken Händen berührte, würde sie sofort dahinschmelzen. Die Liebe und die Leidenschaft, die sie früher für Cole empfunden hatte, waren so intensiv gewesen. Es würde sicher nicht leicht werden, beides zu ignorieren. Das wiederum bedeutete, dass sie ihm so direkt wie möglich sagen musste, was sie ihm mitzuteilen hatte.

„Cole, ich wollte dir sagen, dass ich wieder hier wohne. Es ist mir egal, ob dir das passt oder nicht. Wenn du mich in Ruhe lässt, hörst du von mir auch keinen Ton, versprochen.“ Das ging. Hoffentlich konnte sie das auch genauso flüssig herausbringen.

Dani setzte den Blinker und bog auf den Weg ein, der zur Ranch der Sullivans führte. Sie wurde jetzt schon nervös, obwohl sie sich noch ganz am Rand der riesigen Ländereien befand. Vor ihr lagen noch Meilen über Meilen durch das schönste Farmland in diesem Teil von Texas. Genau das erinnerte sie mit Nachdruck daran, wie groß die Kluft zwischen Cole und ihr gewesen war, bevor er mit ihr Schluss gemacht hatte. Seine Familie gehörte hier quasi zum Hochadel. Die Sullivans hatten genug Geld, um sich darüber keine Gedanken machen zu müssen. Ihre eigene Familie dagegen besaß so gut wie nichts.

Dani ließ das bombastische Haupttor zum Anwesen von Sullivan Cattle Co. hinter sich und fuhr weiter zu dem kleineren Zugang, der von den Landarbeitern und Lieferanten genutzt wurde. Sie hätte zwar gerne einen größeren Auftritt hingelegt, aber sie konnte sich nur noch an den Zahlencode des Seiteneingangs erinnern. So weit hatte Cole sie in sein Leben hineingelassen und anschließend wieder hinausbefördert. Aber trotzdem pochte ihr Herz schneller, als sie neben dem Tastenfeld anhielt und auf die eckigen silberfarbenen Knöpfe drückte. Bei ihrem Glück hatte Cole den Code inzwischen vielleicht geändert.

Erstaunlicherweise quietschte das schmiedeeiserne Tor und rollte beiseite. Dani nahm das als gutes Zeichen. Heute war der richtige Tag für das, was sie vorhatte.

Die Sonne war noch nicht untergegangen, als sie auf das Haus zufuhr. Hinter ihr leuchtete der weite texanische Himmel wunderschön in Rot- und Orangetönen.

Dani hatte dieses Haus immer geliebt, obwohl es ein wenig übertrieben wirkte. Das Dach wurde von Erkern und Türmchen gekrönt, es gab unzählige Fenster, und auf der breiten Veranda war genügend Platz, damit es sich dort fünfzig enge Freunde mit ihren Schaukelstühlen bequem machen konnten. Und von dort aus hatte man noch nicht einmal den besten Ausblick. Die Aussicht hinter dem Haus war noch schöner – dort waren eine weitläufige Terrasse und ein Pool angelegt worden, und nichts behinderte den Blick auf die wunderschöne idyllische Landschaft.

Dani hielt vor dem Haupthaus an. Sie kontrollierte ihre Frisur und ihren Lippenstift und klappte die Sonnenblende wieder hoch. Jetzt durfte sie sich nicht zu viel Zeit lassen, sonst machte sie am Ende doch noch einen Rückzieher. Also marschierte sie schnurstracks die Stufen zur Veranda hinauf auf die Vordertür zu. Es hatte sie ja schon nervös gemacht, den Zahlencode am Tor einzugeben, aber an dieser Tür zu klingeln war noch hundertmal schlimmer.

Das Klingeln war so laut, dass sie es selbst draußen vor der Tür noch deutlich hören konnte. Sie wandte sich ab und ging ans Ende der Veranda, von wo aus sie die kiesbestreute Einfahrt überblicken konnte, die in weitem Bogen die Meile hinunter auf die Hauptstraße führte. Hier oben, weit weg vom Rest der Welt, wurde ihr wieder klar, wie froh sie war, dass sie nach Royal zurückgekommen war. Trotz allem, was sie auf der anderen Seite dieser Tür erwartete.

Sie drehte sich um und versuchte noch einmal, jemanden dazu zu bewegen, an die Tür zu kommen. Dieses Mal klingelte sie zweimal kurz hintereinander. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte durch das Fenster im oberen Teil der schweren Holztür. Im selben Augenblick betrat Cole die Eingangshalle, und ihre Blicke trafen sich.

Verdammt.

Sie sank auf die Füße. Ihr Herz hämmerte, als wäre sie hergerannt und nicht mit dem Auto gefahren. Sie presste eine Hand auf ihre bebende Brust und ging zurück in die Mitte der Veranda, um Abstand zu gewinnen.

Sag es kurz und bündig. Keine Diskussionen und dann hau ab so schnell es geht.

Sie rang sich ein Lächeln ab, als er die Tür öffnete, aber dann wurde ihr schnell klar, wie sinnlos ihre Vorbereitung im Auto gewesen war. Denn darauf, dem verführerischen, hochgewachsenen Cole Sullivan jetzt gegenüberzustehen, hätte sie sich niemals ausreichend vorbereiten können.

Cole, mit den muskulösen Armen und der breiten Brust. Sein wirres dunkelblondes Haar war so dick, dass es ihm beinahe vom Kopf abstand. Und du lieber Gott, es war feucht. Hatte er gerade geduscht? Sie schaute in seine eisblauen Augen, bemerkte seine gebräunte Haut, sah, wie er fragend den Mund verzog. Wie er sie blinzelnd und auch ein wenig erschrocken ansah. Wie konnte Verwirrung nur so sexy aussehen?

„Also, wen haben wir denn da? Ist das nicht Dani Moore? Ich habe schon gehört, dass du wieder in der Stadt bist.“

Seine Stimme klang allerdings so selbstbewusst, dass sie sofort wütend wurde. Natürlich hatte er gewusst, dass sie wieder da war. Wie dumm von ihr, dass sie das nicht erwartet hatte! Cole kam über die Türschwelle, sodass er nur noch einen Schritt von ihr entfernt war.

Sie machte unwillkürlich einen Schritt rückwärts. Sie spürte genau, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Ihr ganzer Körper schrie danach, sich an seine festen Muskeln zu schmiegen und ihn zu küssen. Ihr Verstand wusste jedoch ganz genau, was das für eine dumme Idee war, und er war zu allem bereit, um sie zu schützen. „Ja, ich bin wieder da.“

„Wir haben uns sechs Jahre lang nicht gesehen, und dann stehst du plötzlich vor meiner Tür?“ Er schüttelte den Kopf und lachte spöttisch.

Dani war nicht klar, was daran so lustig sein sollte. „Ja, Mann, sechs Jahre und ich stehe einfach vor deiner Tür. Ich hatte Angst, dass du die Ranch so fest verriegelst, dass niemand mehr reinkommt, wenn ich vorher anrufe.“ Sie atmete tief ein, um ihr pochendes Herz zu beruhigen. Sie konnte das schaffen. Auch wenn allein sein Anblick ausreichte, damit sie alle Vorsicht über Bord werfen und sich in seine Arme stürzen wollte. Kein Wunder, dass sie jahrelang nicht über ihn hinweggekommen war. Cole Sullivan zu sehen, war wie nach Hause zu kommen.

„Und soll das auf Dauer sein?“ Er runzelte die Stirn.

„Ich bin jetzt Restaurantgeschäftsführerin im Glashaus.“

„Das ist ein schicker Job.“ Cole lehnte sich an den Türrahmen und verschränkte die Arme über der breiten Brust. „Aber das war ja wohl auch nötig, um dich vom New Yorker Glamour wegzuholen.“

Sie spitzte die Lippen. Was war das denn für ein Ton? „Um Glamour ging es mir dabei nie. Ich wollte mir in der kulinarischen Welt einen Namen machen, deswegen bin ich nach New York gegangen. Und ich wollte so weit von dir weg wie möglich.“

Er lächelte breit, und dabei wurde der verdammte Drang, ihn zu küssen, noch stärker. „Deine Aufrichtigkeit muss man einfach lieben. Erfrischend.“

„Ich bin nicht gekommen, um dich zu unterhalten. Ich wollte bloß nicht, dass es peinlich oder unangenehm wird, wenn wir uns zufällig treffen, und du weißt ja, wie es hier in dieser Stadt zugeht. Da kreuzen sich unsere Wege auf jeden Fall. Ich will einfach nur keinen Ärger.“

„Wenn du nicht willst, dass es peinlich wird, dann komm rein, und trink was mit mir.“

„Das ist kein Freundschaftsbesuch, Cole. Ich wollte nur schnell Hallo sagen.“

Er hob eine Augenbraue und bedachte sie mit einem arroganten Blick. „Wenn das so ist, warum hast du dann ein Kleid an, das den Verkehr aufhält?“ Er musterte sie von oben bis unten. Sein entschlossener Blick gab ihr das Gefühl, als hätte sie überhaupt nichts an. „Ich will mich ja nicht beschweren. Mir hat dieser Anblick immer schon gefallen, und mit der Zeit ist er sogar noch schöner geworden.“

Ihr wurde warm, und die Wärme durchflutete rasch ihren ganzen Körper. Verdammt, wieso war sie so begeistert darüber, dass er fand, sie sähe gut aus?

Oh, ja klar, weil das zu ihrem Plan gehört hatte. Sie wollte ihn mit ihren Reizen aus dem Konzept bringen. Also gut. Das hatte sie schon einmal geschafft. „Dieses alte Ding? Ich bin immer noch beim Auspacken, und das hing ganz vorne im Schrank.“

Er machte ein skeptisches Gesicht. „Also ich finde, es wäre Verschwendung von diesem alten Ding, wenn du gleich wieder gehst. Komm rein, wir trinken einen Scotch.“

„Nein danke.“

„Ich habe noch eine Flasche zwölf Jahre alten Whisky aus den Siebzigern. Der lag im Keller von meinem Vater. Ich weiß doch, dass du Scotch liebst.“

Verdammt. Es stimmte, dass sie Scotch liebte, und nachdem sie jetzt Cole begegnet war, musste sie ihre geschundenen Nerven beruhigen. Dazu kam noch die ganze Flasche Wasser, die sie auf dem Weg hierher getrunken hatte. Ganz schlechte Idee. Sie musste mal für Damen, und zwar schnell.

Aber all das war unwichtig. Das hier war Cole Sullivan. Er hatte ihr Herz nicht bloß zertrampelt, er hatte es mit seinem großen Pick-up überfahren. Das konnte sie ihm niemals verzeihen.

In ihr brandete eine Welle der Wut auf. „Ich habe Nein gesagt. Bilde dir ja nicht ein, dass du mich einwickeln kannst, damit ich nett zu dir bin.“ Sie drehte sich so schnell um, dass ihr Rock hochwirbelte. Das hatte sie zwar nicht beabsichtigt, aber die dramatische Geste passte. „Wir sehen uns, Cole.“ Sie winkte ihm zu und polterte die Stufen hinunter, ohne sich noch einmal umzusehen.

„Dani, komm zurück. Sei doch nicht albern.“

Sie blieb wie angewurzelt stehen. „Albern? Was genau ist daran albern? Du hast mich wie Dreck behandelt, Cole. Ich habe dich nach deinem Unfall wieder gesund gepflegt, und wie hast du mir meine unendliche Fürsorge gedankt? Du hast mit mir Schluss gemacht.“ Mit jedem Wort, das ihren Mund verließ, wurde sie wütender. „Du bist ein Mistkerl. Und ich trinke nicht mit Mistkerlen. Ende.“

Sie streckte die Hand nach dem Türgriff ihres Autos aus, aber ehe sie wusste, wie ihr geschah, legte Cole ihr die Hand auf den Arm. Die Berührung war vorsichtig, aber sie reichte, damit sie erschauerte. Ihr Herz flatterte. Weißglühende Lust schoss ihr durch die Adern. Sie wurde von einer Welle der Vertrautheit überspült, auf die sie überhaupt nicht vorbereitet war.

2. KAPITEL

Es war purer Instinkt, dass Cole Dani auf die Einfahrt hinterherlief. Verdammt, die Frau konnte in High Heels rennen. Zum Glück waren seine Beine lang genug, sodass er sie einholen und am Arm packen konnte, ehe sie ihre Autotür öffnete.

Im selben Augenblick, als er sie berührte, wusste er, dass er einen riesengroßen Fehler gemacht hatte. Er wusste es mit jeder Faser seines Körpers. Das Feuer zwischen ihnen brannte zu heiß. So war es immer gewesen, und wahrscheinlich würde es auch immer so bleiben. Natürlich war das alles Jahre her, und in der Zwischenzeit hatte sich viel verändert, aber er hätte es besser wissen müssen. Trotzdem konnte er sie nicht einfach so weglaufen lassen.

„Dani, lass das. Bitte bleib hier. Es ist okay, dass du immer noch wütend bist.“

Sie drehte sich um, und dabei wehte ihm eine Spur ihres Parfüms in die Nase. Wie hatte er nur vergessen können, wie schön sie war? Glänzendes dunkles Haar, feurige braune Augen und rote Lippen, bei deren Anblick ein Mann glatt vergessen konnte, was er eigentlich sagen wollte.

„Ich brauche keine Erlaubnis, um wütend zu sein. Ich bin den Rest meines Lebens wütend, wenn mir danach ist.“

Eine Sache stand jedenfalls fest: Er war völlig aus der Übung, wenn es darum ging, Dani zu zähmen. „Ich weiß. Es tut mir leid. Du hast recht.“

Autor

Karen Booth
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