Dein sinnlichstes Versprechen

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Die langen, muskulösen Beine in einer engen Jeans, den Stetson ins Gesicht gezogen: Für Nora scheint der sexy Rancher Mike wie das Versprechen einer perfekten sinnlichen Nacht. Doch die schöne Konditorin ist noch Jungfrau - und Mike will nicht ihr erster Mann sein ...


  • Erscheinungstag 31.08.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733734756
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Nora Bailey konnte sich Besseres vorstellen, als die einzige Jungfrau weit und breit zu sein.

Aber sie würde das bald ändern, und wenn es das Letzte war, was sie je tat. Sie war zu allem entschlossen. Die Frage war nur, welcher Mann sollte sie aus diesem unerwünschten Zustand befreien? Die Auswahl in ihrer kleinen Stadt ließ eher zu wünschen übrig.

Nora sah aus dem Fenster ihrer Bäckerei und beobachtete die Bürger von Tesoro, die den schönen Frühlingsmorgen genossen. Mit prüfendem Blick betrachtete sie ausnahmslos die Männer, die die belebte, enge Hauptstraße entlanggingen.

Zuerst sah sie Dewy Fontaine, vermutlich kaum einen Tag jünger als neunzig, der gerade die Apotheke gegenüber betreten wollte. Er blieb kurz stehen, um Dixon Hill zu begrüßen, den stolzen Vater von sechs Kindern und zum dritten Mal verheiratet. Nora schauderte es.

Trevor Church raste auf seinem Skateboard vorbei. Niedlich, aber schließlich erst achtzehn Jahre alt, Himmel noch mal! Der Junge vollführte eine geschickte Drehung, als er die Ecke nahm und verschwand. Nein, so verzweifelt war sie denn doch noch nicht.

Harrison De Long, sechzig und immer ein bisschen zu lebhaft, blieb stehen, um Bekannte zu begrüßen und Babys zu küssen. Er hatte sich schon wieder als Bürgermeister zur Wahl gestellt, und wer vertraute schon einem Politiker?

Mike Fallon. Nora seufzte sehnsüchtig. Nein, er kam leider nicht infrage. Aber sie zögerte. Ihr Blick verweilte einen Moment auf ihm, während er die Straße zur Eisdiele hinunterschlenderte. Er war hochgewachsen und trug eine verwaschene Jeans und ein kurzärmeliges dunkelrotes Hemd. Seine Stiefel waren abgetragen, sein Haar war zerzaust von der leichten Brise, und Nora wusste, ohne es von ihrem Standort genau sehen zu können, dass seine grünen Augen ernst und wachsam in die Welt blickten. Mike vertraute nur einem einzigen weiblichen Wesen, und das war seine fünfjährige Tochter Emily. In diesem Augenblick lief das kleine Mädchen zu seinem Vater und packte seine Hand mit beiden Händen. Mike sah sie an und schenkte ihr sein seltenes, aber atemberaubendes Lächeln.

Wirklich zu schade, dass Mike nicht infrage kam.

„Ist das nicht wieder typisch?“, murmelte sie vor sich hin. „Endlich bin ich so weit, den entscheidenden Schritt zu tun, und es gibt keinen geeigneten Kandidaten, der dafür infrage kommt.“

Als sie noch zur Schule ging, hatte sie beschlossen, bis zu ihrer Heirat Jungfrau zu bleiben. Damals schien es eigentlich ein recht intelligenter Gedanke zu sein, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie mit achtundzwanzig Jahren immer noch Jungfrau sein würde.

Sie hatte angenommen, dass sie nach dem College den Richtigen finden, heiraten und Kinder bekommen würde. Ganz schön altmodisch, das gab sie gern zu, aber immerhin war sie in Tesoro geboren und aufgewachsen, einer winzigen Küstenstadt in Kalifornien, wo die Leute immer noch selbst gebackene Kuchen versteigerten, um Geld für die Schule zu sammeln. Wo die Nachbarn sich umeinander kümmerten und fast keiner jemals die Haustür abschloss. Und wo es leider schwieriger war, einen unverheirateten Mann zu finden als einen kalorienfreien Schokoladenkuchen.

Seit ihrem College-Abschluss waren elf Jahre vergangen, und Nora war immer noch so unberührt wie frisch gefallener Schnee. Die Sache mit dem Zölibat hatte ihren Glanz schon längst eingebüßt. Noras jüngere Schwestern waren beide verheiratet und hatten je ein Baby. Sie hatte versucht, geduldig zu sein, und sich immer wieder gesagt, dass der Richtige schon irgendwann auftauchen würde. Aber wenn sie ehrlich sein wollte, fing sie in letzter Zeit an, ernsthaft daran zu zweifeln. Sie gehörte nun mal nicht zu den Frauen, nach denen die Männer sich umdrehten. Nichts an ihr war auffallend oder gar aufregend.

Ihre Schwestern waren zierlich und hübsch. Nora war hochgewachsen, freimütiger als gut für sie war, und zu allem Überfluss ziemlich dickköpfig. Zum Flirten hatte sie nicht das geringste Talent, weil sie zu ehrlich war, um neckische Spielchen zu spielen. Außerdem arbeitete sie zu hart daran, ihr Geschäft aufzubauen, um ihre Zeit in Bars und Tanzclubs verbringen zu können.

Aber den Anstoß zu ihrem Entschluss, dem Jungfrauendasein ein für alle Mal ein Ende zu bereiten, hatte jemand gegeben, der erst gestern in Noras Bäckerei geschlendert war. Becky Sloane würde bald heiraten. Das Kind, für das Nora vor, wie es schien, einer kleinen Ewigkeit den Babysitter gespielt hatte, war hereingekommen, um ihre Hochzeitstorte zu bestellen – eine vierstöckige Torte aus weißer Schokolade mit rosafarbenen und gelben Marzipanrosen. Becky, oder vielmehr deren Mutter, scheute keine Kosten. Mit ihren neunzehn Jahren war Becky schon bei ihrer zweiten Verlobung angelangt, und Nora war sicher, dass sie sich auch bei Nummer eins nicht geziert hatte.

Und da hatte Nora sich plötzlich gefragt, für wen sie sich eigentlich aufsparte. Wenn sie so weitermachte, würde sie noch als Jungfrau beerdigt werden. Himmel, wie deprimierend! Und deswegen war sie jetzt so entschlossen, diese Situation zu ändern. Wie viel Selbstverleugnung konnte man schließlich von einer schwachen Frau erwarten?

Natürlich hatte sie gestern beim Mittagessen ihren Entschluss mit ihrer besten Freundin Molly Jackson besprochen und die Begegnung mit Becky Sloane erwähnt.

„Becky Sloane?“, hatte Molly gesagt. „Ich erinnere mich noch an die Zeit, als sie sich noch nicht allein die Schnürsenkel binden konnte.“

„Ich weiß. Ach Molly, ich komme mir plötzlich so alt vor.“

„Himmel, wie demütigend für dich“, meinte Molly und nahm einen Schluck von ihrem Saft. „Becky heiratet, und du bist immer noch Jungfrau.“

„Vielen Dank“, erwiderte Nora trocken. „Ich fühle mich jetzt so viel besser.“

Molly verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. „Entschuldige.“ Die elfenhaft zierliche Molly mit ihren grünen Augen und dem kurzen roten Haar strich mitfühlend über ihre Hand. Sie betrieb ein Grußkartengeschäft, das sie von zu Hause aus leitete, und war außerdem Mutter des süßesten sechsmonatigen Mädchens auf der ganzen Welt und verheiratet mit dem Sheriff der Stadt, der sie förmlich anbetete.

„Wann findet die Hochzeit statt?“, fragte Molly.

„Nächste Woche. Samstag.“

Molly hob ihre Augenbrauen. „Das ist aber schnell.“

„Ja. Und um ehrlich zu sein, Becky sah auch nicht besonders gut aus. Sie war ein bisschen grün im Gesicht.“

„Aha. Dann gibt es vielleicht einen Grund für die Eile, was?“

„Ich weiß nicht“, sagte Nora. „Aber wenn Becky verheiratet ist, dann hat sie einen eindeutigen Vorsprung vor mir.“

Molly lächelte und schüttelte den Kopf. „Wetteifert ihr etwa miteinander?“

„Nein.“ Nora seufzte und lehnte sich zurück. „Es ist nur so, dass ich auf sie aufgepasst habe, als sie klein war, und jetzt fängt sie ihr Leben an, und ich …“

„Du backst leckere Zimtbrötchen.“

„Genau.“ Nora wäre fast in Tränen ausgebrochen.

„Nun, du weißt ja, sonst sag ich liebend gern: ‚Ich hab’s dir ja gesagt‘, aber diesmal werde ich davon Abstand nehmen.“ Molly zwinkerte ihr zu. „Ich finde nur, dass es höchste Zeit ist, dass du etwas unternimmst, Nora. Du weißt, dass die meisten Männer Jungfrauen aus dem Weg gehen, als hätten sie die Pest. Sie halten sie für zu romantisch und haben Angst, von ihnen in eine Ehe gelockt zu werden.“

„Stimmt.“

Wenn sie also den Richtigen finden wollte – fall es ihn überhaupt gab –, dann musste sie sich endlich von ihrem Jungfrauendasein befreien. Eine erfahrene Frau würde vermutlich mehr Glück haben.

Im hinteren Teil der Bar spielte eine alte Jukebox Songs aus den Sechzigerjahren. An der einen Wand befand sich eine Reihe von Nischen mit roten Vinylsitzen, die im Lauf der Jahre unzählige Kratzer abbekommen hatten.

Nora und Molly saßen an einem Tisch am anderen Ende des Raums. Die Blätter mehrerer rankender Efeus boten teilweise Sichtschutz wie in einer Laube. Ein paar Stammgäste saßen auf Barhockern, und einige Paare schmiegten sich in den Nischen aneinander.

Nora seufzte, riss sich vom Anblick des verliebtesten Paars los und sah ihre Freundin ernst an. „Meine Aufgabe ist also, eine Exjungfrau zu werden.“

„Sage ich dir das nicht schon seit fünf Jahren?“

Nora sah sie vorwurfsvoll an.

Molly grinste. „Schon gut, schon gut, ich habe versprochen, nichts zu sagen.“ Sie hob die Hand wie zum Schwur. „Ich werde dich nie wieder darauf aufmerksam machen, dass du zu lange gebraucht hast, um zu merken, dass männliche Singles in Tesoro fast ausgestorben sind. Aber es ist dennoch besser, in deiner Heimatstadt einzukaufen, um es mal so auszudrücken. Wer weiß, was für Männer dir in der Großstadt begegnen?“

Nora musste lächeln. Wenn sie sich auf etwas verlassen konnte, dann darauf, dass Molly immer völlig ehrlich mit ihr sein würde. Selbst wenn sie ihr etwas sagen musste, was Nora nicht gern hören würde.

„Ich fühle mich schon ein bisschen besser.“

„Und bald sogar noch besser“, versicherte Molly ihr und leerte ihre Margarita. „Sobald du dieses kleine Hindernis aus dem Weg geschafft hast.“

„Klein?“

„Na schön, nicht allzu klein. Aber wir werden einen Mann für dich finden, warte es nur ab. Ich meine, du bist schließlich keine alte, verschrumpelte Jungfer oder so. Jedenfalls noch nicht.“

Nora überlief ein Schauder. Was für ein fürchterlicher Gedanke. Sie stellte sich vor, wie ihr Leben in vierzig Jahren aussehen würde, und sie sah deutlich vor ihrem inneren Auge, dass sie völlig allein war, abgesehen von etwa einem Dutzend Katzen, die über ihre mit Häkeldeckchen geschmückten Möbel krabbelten. Oh nein, das war nicht das Leben, das sie sich wünschte. Sie wollte eine Familie, sie wollte Liebe und Leidenschaft. Und es war höchste Zeit, dass sie anfing, die richtigen Bedingungen dafür zu schaffen. Wenn sie es nicht tat, wer würde es dann tun?

„Ich werde es doch schaffen, Molly, oder?“

„Aber klar doch.“

Bevor Nora sich ein wenig entspannen konnte, fragte Molly: „Welche Frist wollen wir festsetzen?“

„Frist?“

Molly nickte. „Ich kenne dich, Nora. Wenn man dich nur lässt, redest du dir die ganze Sache im Handumdrehen wieder aus. Wenn wir dir keine Frist setzen, wird nichts daraus werden, darauf wette ich. Am Ende lehnst du dich nur wieder bequem zurück und wartest darauf, dass der Richtige von selbst auftaucht.“

„Glaubst du wirklich, dass es den Richtigen gibt?“, fragte Nora leise. Früher hatte sie das zwar auch geglaubt, wie jede romantische junge Frau, aber je älter sie wurde, desto unwahrscheinlicher kam es ihr vor.

„Doch“, sagte Molly nach kurzem Überlegen. „Ich glaube es.“

Ihr Lächeln weckte ein kleines bisschen Neid in Nora, obwohl sie ihrer Freundin natürlich niemals das Glück mit Jeff missgönnen würde.

„Wie geht es eigentlich deinem Richtigen?“, fragte sie.

Molly lachte. „Wunderbar. Er passt im Büro gerade auf das Baby auf.“ Sie sah auf ihre Uhr und schnappte erschrocken nach Luft. „Was mich daran erinnert, dass ich ihn ablösen muss, damit er zur Arbeit zurückgehen kann. Aber bevor ich abrausche … bis wann?“

„Woher soll ich denn wissen, wie lange es dauern wird, Molly?

Sei bitte nicht albern.“

„Na schön, ich mach dir einen Vorschlag. Wie wär’s mit drei Monaten?“

Nora überlegte. Konnte sie es wirklich tun? Konnte sie wirklich irgendeinen Mann in die Falle locken, damit er sie von etwas erlöste, das ihr allmählich wie der berühmte Mühlstein um den Hals vorkam? Und wenn sie es nicht schaffte? Sollte sie dann schon mal langsam anfangen, sich Katzen anzuschaffen? Oh nein! „Okay. Drei Monate.“

„Gutes Kind.“ Molly grinste. „Bevor du weißt, wie dir geschieht, wirst du glücklich sein bis an dein Lebensende, Nora. Wart’s nur ab.“

Der Timer schrillte und riss Nora aus der Erinnerung an ihr gestriges Gespräch mit Molly. Sie eilte durch die Pendeltür in die Küche, griff nach einem Topfhandschuh, öffnete die Backofentür und holte das Blech mit den Zimtbrötchen heraus.

Sie lächelte, als sie sie zum Kühlen auf ein Regal stellte und mit geübtem Griff das nächste Blech in den Ofen schob. Als der Duft nach Nüssen und warmem Zimt den Raum erfüllte, lehnte Nora sich gegen die Marmortheke, die sie zum Teigkneten benutzte, und sah sich zufrieden um.

Ihre Küche war klein, aber sehr praktisch und mit den besten Geräten ausgestattet, die Nora sich leisten konnte. Sie hatte sich in Tesoro in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht. Ihre Bäckerei war so erfolgreich, dass sie sogar Kunden aus Carmel und Monterey anzog. Ihr Geschäft blühte, sie besaß ein schönes kleines Haus nur einen Block von der Bäckerei entfernt und eine Mutter und zwei Schwestern, die sie liebte. Das Einzige, was ihr noch zu ihrem Glück fehlte, war eine eigene Familie. Und das war ein Schmerz, der ständig an ihrem Herzen nagte.

Sie hatte immer geglaubt, dass sie Zeit haben würde. Während sie auf dem College war, hatte sie sich zu sehr auf ihren Abschluss konzentriert, um viel mit Männern auszugehen. Und nach dem Abschluss hatte sie Koch- und Konditorkurse belegt. Anschließend hatte sie all ihre Kraft für die Eröffnung ihrer Bäckerei eingesetzt. Und jetzt beanspruchte ihr Geschäft ihre ganze Zeit, damit es so erfolgreich blieb.

Aber ihr wurde allmählich immer klarer, was sie verpasste. Die Jahre waren so schnell an ihr vorbeigegangen, dass ihr kaum aufgefallen war, dass die meisten ihrer Freundinnen heirateten und Kinder bekamen. Und ihre biologische Uhr – sie hasste diesen Ausdruck! – raste weiter. Die Zeit wurde knapp. Sie wollte nicht erst eine Familie gründen, wenn sie vierzig war. Sicher, für viele Frauen war das kein Problem, aber sie selbst hatte sich ihr Leben anders vorgestellt.

Sosehr sie es auch genoss, die liebe Tante Nora für die süßen kleinen Kinder ihrer Schwestern zu sein, es reichte ihr einfach nicht. Und wenn sie diese Situation ändern wollte, musste sie sofort etwas unternehmen.

Einen Lichtblick gab es aber wenigstens bei dieser Sache. Jeder Mensch im Umkreis von zwanzig Meilen war zu Becky Sloanes Hochzeit eingeladen worden. Da war es doch wohl unausweichlich, dass sie, Nora, wenigstens einen passenden unverheirateten Mann kennenlernen würde. Oder?

„Um Himmels willen, Nora, wann hast du dich das letzte Mal maniküren lassen?“

Nora entzog ihrer Schwester die Hand und betrachtete ihre wirklich recht mitgenommenen Nägel. „Ich muss arbeiten, wie du vielleicht schon gehört hast.“

„Ach, keiner muss so viel arbeiten“, entgegnete Jenny. Sie griff wieder nach der Hand ihrer Schwester und fuhr fort, die Nägel mit der Nagelfeile zu bearbeiten.

„Was ist mit deinem Haar?“ Frannie starrte ihre ältere Schwester fasziniert im Spiegel an. „Hast du es schon wieder selbst abgehackt?“

Nora zuckte zusammen. „Ich nehme das Wort ‚hacken‘ sehr übel“, sagte sie beleidigt.

„Als Kosmetikerin nehme ich übel, was du mit deinem Haar gemacht hast.“

Ihre Schwestern. Nora seufzte. Beide zierlich und blond und umwerfend hübsch. Jenny und Franny, erst süße vier- und dreiundzwanzig Jahre jung, hatten beide ihre Freunde aus der Highschool geheiratet und waren im siebten Himmel. Nora gönnte es ihnen von Herzen, aber sie hätte gern auch ein wenig von ihrem Glück abbekommen. Ihre Schwestern waren sich im Alter so nah, dass sie wie Zwillinge immer alles zusammen unternommen hatten. Von Kindheit an hatten ihnen die Männer von Tesoro aus der Hand gefressen.

Nora war auch kein Kind von Traurigkeit gewesen, aber sie hatte immer mehr Spaß daran gehabt, selbst einen Sport auszuüben, statt von den Seitenlinien aus mit bunten Pompons herumzufuchteln. Und während ihre Schwestern es immer schafften, mit ihrem Charme die Meinung der anderen zu ihren Gunsten zu beeinflussen, hatte Nora es sich angewöhnt, mit ihrem Gegenüber zu diskutieren, bis sie jemanden überzeugt hatte oder er zu erschöpft war, um ihr zu widersprechen.

Warum war sie aber dann hier im kleinen Schönheitssalon gleich neben Frannies Haus und mutete sich diese Tortur zu?

Na schön, sagte Nora sich, es war vielleicht doch keine so gute Idee gewesen. Sie hatte gedacht, dass der schnellste Weg zu einer Verschönerung über ihre Schwestern führen würde. Aber war diese Quälerei es wirklich wert? Sie konnte sich bessere Dinge vorstellen, die sie stattdessen tun könnte.

„Ich kann es nicht fassen, dass du mich endlich an dein Haar heranlässt.“

„Komm nur nicht auf zu verrückte Ideen“, warnte Nora sie.

Frannie schnaubte amüsiert. „Keine Panik. Ich verspreche, dir nichts allzu Elegantes aufzudrängen.“

„Sehr witzig.“

„Danke schön.“

„Ich weiß nicht, was ich mit deinen Nägeln tun soll“, sagte Jenny entrüstet. „Sie sind in einem hoffnungslosen Zustand.“

Nora warf ihr einen wütenden Blick zu. „Dann hack sie doch einfach ab, und am besten meine Hände dazu.“

„Das sollte ich auch. Sie sind so rau, dass es eine Schande ist.“

Okay, sich helfen zu lassen war eine Sache. Aber still zu sitzen, während man heruntergemacht wurde, war etwas ganz anderes. „Das reicht. Ich verschwinde von hier. Ihr habt euren Spaß gehabt, kleine Schwestern.“

Frannie drückte sie auf den Stuhl zurück und sah ihr Spiegelbild streng an. „Wir versprechen, nicht mehr auf dir herumzuhacken, aber ich lasse dich nicht mit solchen Haaren aus meinem Laden hinaus. Die Leute werden denken, dass ich daran schuld bin, und dann ist mein Ruf im Eimer.“

„Das soll kein Herumhacken sein?“

„Letzter Seitenhieb, ich schwöre.“

„Ich auch.“ Jenny grinste. „Bleib schon sitzen, okay? Wir werden aus dir eine Prinzessin machen. Du wirst sogar die Braut in den Schatten stellen.“

Frannie kicherte. „Das wird gar nicht so schwer sein. Wie ich höre, leidet die arme Becky unter morgendlicher Übelkeit.“

„Ihre Mutter behauptet, es sei die Grippe“, sagte Jenny.

„Ja, der berühmte Neunmonatsvirus.“

Die Schwestern erzählten noch mehr lokalen Klatsch. Nora schloss die Augen und hoffte nur, dass sie sich wiedererkennen würde, wenn die beiden mit ihr fertig waren.

2. KAPITEL

Mike Fallon zerrte an dem dunkelblauen Schlips, der ihn beengte. Er beruhigte sich selbst damit, dass seine Anwesenheit bei dieser Hochzeit gut fürs Geschäft war. In einer Stadt von der Größe Tesoros wäre es sehr unklug gewesen, keinen Umgang mit seinen potenziellen Kunden zu pflegen. Außerdem konnte er sich nicht ewig auf seiner Ranch verstecken. Er musste an Emily denken. Ob es ihm gefiel oder nicht, sie würde irgendwann erwachsen werden, und er wollte nicht, dass man sie als die Tochter des Einsiedlers bezeichnete.

Wenn es nach ihm ginge, wäre er lieber auf der Ranch geblieben, als zur Hochzeit zu kommen und Small Talk zu betreiben. Andererseits war seine Ungeselligkeit ja auch einer der Gründe, weswegen seine Exfrau Vicky sich von ihm hatte scheiden lassen, nicht wahr?

Hör auf damit, warnte er sich. Fang nicht an, über Vicky und deine misslungene Ehe nachzudenken. War er nicht unglücklich genug, verdammt noch mal? Er nahm einen Schluck Bier, lehnte sich mit der Schulter an eine Wand und ließ den Blick über die Menge der Gäste wandern, die im Empfangssaal des Country Clubs herumschlenderten.

Fast sofort blieb sein Blick an Nora Bailey hängen. Das war eine Frau, die einen Mann von allem ablenken konnte, was es auch war.

Er betrachtete sie vom perfekt frisierten Haar und den verführerischen Rundungen, die unter ihrem aufregenden kleinen schwarzen Kleid verborgen waren, bis zu den Spitzen ihrer hochhackigen Schuhe. Als er sie vorhin in der Kirche gesehen hatte, hatte er zweimal hinschauen müssen. So hatte er Nora noch nie zu Gesicht bekommen.

Er war es gewöhnt, sie hinter dem Tresen ihrer Bäckerei stehen zu sehen, wie sie den Kindern Kekse schenkte und sich mit den Händen durch das Haar fuhr, das so aussah, als wäre es zusammen mit dem Teig in ihren Mixer geraten.

Heute Abend wirkte sie ganz anders. Mike hob die Bierflasche an die Lippen, aber es fiel ihm plötzlich schwer zu schlucken. Nora sah unglaublich gut aus. Ihr honigblondes Haar war kürzer als sonst und gelockt, ihre blauen Augen schienen heute dunkler und geheimnisvoller zu sein, und ihre langen Beine wurden von ihrem kurzen Kleid verführerisch zur Geltung gebracht. Wer hätte gedacht, dass sich unter ihrem gewohnten Outfit, das aus Jeans, T-Shirt und Schürze bestand, ein so umwerfender Körper verbarg?

Er blickte ihr nach, während sie lachend und plaudernd in der Menge umherging. Sie nahm einen Schluck von ihrem Drink und ging ein wenig unsicher weiter. Sie schwankte und fing sich dann hastig. Es war zu erkennen, dass sie reichlich beschwipst war, als sie sich jetzt vorsichtig in seine Richtung bewegte und sich dabei Mühe gab, nüchtern auszusehen. Mike runzelte besorgt die Stirn, sagte sich dann aber, dass es ihn nichts anging, wenn Nora ein Gläschen zu viel getrunken hatte.

„Dreht sich der Raum?“, fragte er, als sie näher kam.

Nora blieb abrupt stehen, hob ein wenig den Kopf und kniff die Augen zusammen, um ihn besser sehen zu können. Sie blinzelte, aber auch das nützte nichts. Mike Fallon besaß tatsächlich nicht nur ein tolles Gesicht, sondern gleich zwei. Und je mehr Mühe sie sich gab, desto mehr verschwamm er vor ihren Augen. Sie gab es auf.

Vielleicht hätte sie die letzte Margarita doch nicht trinken sollen. Ihr wurde plötzlich ganz heiß. „Hi, Mike.“ Sie atmete seufzend aus. „Nein, der Raum dreht sich nicht. Er schwankt höchstens ein bisschen. Ich bin erstaunt, dich hier zu sehen.“

„Die ganze Stadt ist hier.“

„Ja“, sagte sie. Genau wie ihre Schwestern vorausgesagt hatten, wirkte die Braut eine Spur zu blass. Beckys frischgebackener Mann tanzte aufgeregt um sie herum, während die Mutter allen, die geduldig zuhören wollten, von dem gemeinen Grippevirus erzählte, der ihre arme Tochter befallen hatte.

Abgesehen von den leckeren Margaritas war der Abend für Nora ein absoluter Reinfall gewesen. Sie hatte niemanden gefunden, der sich daran interessiert zeigte, ihr erster Liebhaber zu werden. Die meisten der Männer kannten sie zu lange als die brave gute alte Nora, dass sie nicht einmal den Versuch unternahmen, mit ihr zu flirten. Es war zum Verzweifeln. Aber die Party war noch nicht zu Ende. Nora gab die Hoffnung nicht auf.

Ihr Blick kehrte wieder zu Mike zurück. Obwohl sie ihn nur verschwommen sah, erschien er ihr attraktiver, als für ihn gut war. Sein festes Kinn und die dunkelgrünen Augen waren wirklich filmreif. Und obwohl sie ihn in Jeans und Stiefeln vorzog, stand ihm der Anzug auch sehr gut. So gut, dass es einen Versuch wert war. Nora fasste einen Entschluss.

Sie lächelte und zwinkerte ihm zu.

„Hast du was im Auge?“

„Nein“, erwiderte sie beleidigt und starrte ihn an. „Ich habe mit dir geflirtet.“

Er lächelte. „Nicht sehr geschickt.“

„Sehr freundlich von dir, das zu sagen.“

„Nora, was ist los? Irgendwie bist du heute ganz anders als sonst.“

Sie seufzte und hob instinktiv die Hand, um sich durch das Haar zu fahren. Aber dann fiel ihr gerade noch rechtzeitig ein, dass Frannie es ihr sorgfältig gestylt hatte, und sie ließ die Hand wieder sinken. „Nichts“, versicherte sie leise. „Überhaupt nichts.“

So wie die Dinge nun mal lagen, war sie auf dem allerbesten Weg, in einem Haus voller Katzen zu enden. Aber das war ja nicht Mikes Problem.

„Nimm es mir nicht übel“, sagte Mike sanft, sodass seine Stimme gerade eben noch über der Rockmusik zu hören war, „aber ich finde, du benimmst dich heute ein wenig … seltsam.“

„Seltsam?“ Sie legte eine Hand an seine Brust und gab ihm einen Stoß. Er rührte sich nicht vom Fleck. „Ich benehme mich seltsam?“ Nora lachte knapp. „Du kommst zu einer großen Party und stehst ganz allein in einer Ecke rum, und ich bin diejenige, die sich seltsam benimmt?“ Sie schüttelte den Kopf und bedauerte es sofort. „Oje“, flüsterte sie. Als der Raum aufhörte, sich zu drehen, fuhr sie fort: „Weißt du, du kannst zu ’ner Party gehen, aber wenn du nicht wirklich da bist, kannst du genauso gut zu Hause bleiben. Verstehst du, was ich meine?“

„Nein.“

Sie schnaubte geringschätzig. Es hatte offensichtlich keinen Zweck, sich weiter mit ihm abzugeben. Und während sie hier herumstand und mit einer Statue namens Mike Fallon sprach, verpasste sie jede Menge Gelegenheiten. „Schon gut. Wir kommo…“, sie unterbrach sich und nahm einen neuen Anlauf, um das schwierige Wort zu bewältigen, „wir kommoni… kommunizieren nicht.“

Mikes Lippen zuckten und brachten fast so etwas wie ein Lächeln zustande, aber es erschien nur so kurz auf seinem Gesicht, dass Nora nicht sicher war. Aber was für ein Gesicht! „Es ist wirklich zu schade“, sagte sie.

„Was ist schade?“

Autor

Maureen Child
<p>Da Maureen Child Zeit ihres Lebens in Südkalifornien gelebt hat, fällt es ihr schwer zu glauben, dass es tatsächlich Herbst und Winter gibt. Seit dem Erscheinen ihres ersten Buches hat sie 40 weitere Liebesromane veröffentlicht und findet das Schreiben jeder neuen Romance genauso aufregend wie beim ersten Mal. Ihre liebste...
Mehr erfahren