Deine Lippen muss man küssen

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Das Gefühl seidiger Haut, der Geschmack weicher Lippen, ein erregender Duft … Den besten Sex seines Lebens hat Unternehmer Buck Morgan ausgerechnet mit seiner Assistentin Terri. Doch auch wenn er alles darum geben würde, noch einmal mit ihr zu schlafen, hat eine Beziehung mit ihr keine Zukunft. Denn Terri ist die kleine Schwester seines ehemaligen besten Freundes Steve. Und wenn sie je herausfindet, was er seit dessen Tod vor ihr verheimlicht, will sie bestimmt nie wieder etwas mit ihm zu tun haben!


  • Erscheinungstag 13.06.2017
  • Bandnummer 1981
  • ISBN / Artikelnummer 9783733723774
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Porter Hollow, Utah, Mitte Juni

Mit einem Rest lauwarmem Kaffee spülte Terri Hammond zwei Aspirin hinunter. Ihre Tasse, ein teures handgetöpfertes Ungetüm, trug die Aufschrift „Rechte Hand vom Chef“ und war ein Weihnachtsgeschenk ihres Arbeitgebers Buck Morgan, seines Zeichens Vorstandsvorsitzender von Bucket List Enterprises. Die Aufschrift, eigentlich als Kompliment gedacht, führte Terri jedes Mal wieder schmerzlich vor Augen, wie Buck sie in den zehn Jahren, die sie für ihn tätig war, behandelte. Nämlich wie jemanden, der alles tat, was der Chef wollte, ohne irgendeine Anerkennung dafür zu erwarten – kein Lob, keine Aufmerksamkeit. Wie eine Selbstverständlichkeit.

Zu Bucks Ehrenrettung sei gesagt, dass er ihr damals zusätzlich zu der Tasse einen ordentlichen Bonus gegeben hatte. Trotzdem hätte Terri die Tasse in diesem Moment am liebsten mit voller Wucht an die Wand gedonnert. Kein Wunder, dass sie Kopfschmerzen hatte! Erst Viertel vor zehn, aber schon zeichnete sich ab, dass dieser Tag ein pechschwarzer Montag werden würde – und von Buck war weit und breit nichts zu sehen.

Losgegangen war es mit einer Voicemail von Jay Mickleson, der am Nachmittag für einen Tandem-Fallschirmsprung gebucht war: Er hatte sich am Wochenende einen Hexenschuss zugezogen und musste absagen. Wenn es Terri nicht gelang, einen der anderen Ausbilder aufzutreiben oder Buck zu finden, musste sie wohl oder übel selber ran. Sie verfügte über alle notwendigen Qualifikationen, aber der Tag würde auch ohne diese zusätzliche Aufgabe hektisch genug werden. Und dabei hatte er gerade erst begonnen.

Während sie ihre Mails checkte, rief das Altenheim an: Terris einundneunzigjährige Großmutter verweigerte schon wieder das Essen. Außerdem hatte sie die Schwester, die sie daraufhin füttern wollte, wüst beschimpft, den Teller auf den Boden geworfen und verlangt, nach Hause gebracht zu werden.

Wie immer würde sich die Aufregung auch dieses Mal rasch legen. Trotzdem fühlte sich Terri verpflichtet, später dort vorbeizuschauen. Schließlich konnte niemand etwas dafür, dass die liebenswürdige, geduldige Frau, bei der Terri nach dem Tod ihrer Eltern aufgewachsen war, im Zusammenhang mit der fortschreitenden Demenz launisch und mürrisch geworden war und viel Liebe und Zuwendung brauchte.

Während Terri darauf wartete, dass ihr Assistent Bob eintraf, zu dessen Aufgaben es eigentlich gehörte, die Anrufe entgegenzunehmen, klingelte schon wieder das Telefon. Ihr wurde mulmig, als sie die Stimme erkannte. Es war Diane, Bucks Exfrau, die dank eines findigen Scheidungsanwalts einen zwanzigprozentigen Anteil an Bucket List Enterprises besaß.

„Terri, geben Sie mir Buck.“

Die Wörtchen bitte beziehungsweise danke waren, solange Terri denken konnte, noch nie über die aufgespritzten Lippen dieser Frau gekommen.

„Tut mir leid, Diane, er ist nicht da.“

„Wo treibt er sich denn rum? Ans Handy geht er auch nicht.“

„Ich weiß. Ich habe selbst schon versucht, ihn zu erreichen. Zu Hause geht er auch nicht ran. Kann ich Ihnen weiterhelfen?“

„Na ja.“ Diane schnalzte mit der Zunge. „Sie können ihm etwas ausrichten: Ich kann Quinn diese Woche nicht zu ihm bringen, weil ich ein Seminar zur spirituellen Reinigung hier in Sedona leite. Wenn Buck will, dass seine Tochter die Sommerferien bei ihm verbringt, soll er jemanden schicken, der sie abholt, oder selber kommen.“

Terri verkniff sich einen bissigen Kommentar und versprach, die Nachricht weiterzuleiten. Sie atmete erleichtert auf, als Diane aufgelegt hatte. Bucks neunjährige Tochter war ein liebenswertes, aufgewecktes Kind, aber ihre Eltern schubsten sie nur herum. Keiner der beiden nahm sich wirklich Zeit für sie.

Quinns Anreise zu organisieren, war Bucks Problem, aber es war Terris Pflicht, ihm Bescheid zu sagen. Wieder griff sie zum Telefon und wählte die Nummer seines Handys. Wie jedes Mal, wenn sie, auch nach all den Jahren noch, seine tiefe, rauchige Stimme auf der Ansage hörte, überlief sie eine Gänsehaut.

Hi! Dies ist die Nummer von Buck Morgan. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht. Ich rufe so bald wie möglich zurück.

„Verflixt noch mal, Buck, wo treibst du dich rum?“, schimpfte Terri nach dem Piep. „Jay hat einen Hexenschuss und fällt vermutlich die ganze Woche aus. Außerdem sollst du Diane zurückrufen. Anscheinend kann sie Quinn nicht herbringen. Melde dich bitte!“

Fünf Minuten später – zu spät, wie üblich – trudelte Bob endlich ein. Der Neunzehnjährige verfügte über ein Selbstbewusstsein, das schon an Arroganz grenzte. Klar, er sah gut aus, allerdings fehlte es ihm an Wissen und Erfahrung, um dieses Selbstbewusstsein zu begründen. Er hatte noch viel zu lernen, besonders, was die Arbeit bei Bucket List Enterprises betraf. Aber nach drei Wochen fruchtloser Bemühungen war Terri zu der Überzeugung gelangt, dass es ihm an der nötigen Bereitschaft fehlte. Unglücklicherweise war sein Vater einer von Bucks Teilhabern, sodass ihr keine Wahl blieb. Was gäbe sie nicht für jemanden, auf den sie sich verlassen konnte!

Sie erteilte dem Jungen ein paar Anweisungen, dann setzte sie die Sonnenbrille auf, machte sich auf den Weg zu ihrem Auto und fuhr zum Altenheim.

Als sie ankam, war die Krise bereits ausgestanden.

„Harriet hat sich beruhigt, kurz, nachdem wir angerufen haben“, erklärte ihr die Heimleiterin. „Sie hat doch noch gefrühstückt und ist dann vor dem Fernseher eingeschlafen.“

„Sie verabreichen ihr aber hoffentlich keine Schlafmittel?“

„Wo denken Sie hin? Aber in ihrem Alter nimmt sie schon die geringste Aufregung sehr mit.“

Der Fernseher dröhnte in voller Lautstärke, als Terri das kleine Apartment ihrer Großmutter im ersten Stock des Heims betrat. Die alte Dame sah nicht auf. Sie war tief in ihren Sessel gerutscht, der Kopf hing zur Seite, sie schlief. Wie ein müdes Vögelchen schaut sie aus, dachte Terri, so schmal, so zerbrechlich. Sie musste gegen die Tränen ankämpfen. Leise schaltete sie den Fernseher aus und stahl sich davon. Am Abend würde sie noch einmal vorbeikommen, aber erst musste sie Buck finden.

Inzwischen machte sie sich nämlich wirklich Sorgen. Buck hatte sein Unternehmen im Schweiße seines Angesichts aufgebaut und packte nach wie vor mit an, wo Not am Mann war. Genauso ernst wie mit der Arbeit nahm er es aber auch mit der Entspannung. Es konnte schon mal passieren, dass er nach einer wilden Nacht verschlief. Dass er aber komplett untertauchte, ohne Terri Bescheid zu geben oder wenigstens das Handy anzulassen, damit sie ihn im Notfall erreichen konnte, war nicht seine Art.

Nein, irgendetwas war da nicht in Ordnung.

An diesem warmen Junitag wimmelte es vor Touristen auf den Gehwegen entlang der Main Street. Sie bummelten durch die eleganten Galerien und Boutiquen oder gönnten sich einen Brunch in einem der zahlreichen Gourmet-Restaurants. Viele Generationen lang hatte Porter Hollow, eine Kleinstadt im Süden von Utah, eingebettet in eine spektakuläre Gebirgslandschaft, vom Rest der Welt verborgen Dornröschenschlaf gehalten. Bis Buck, der hier aufgewachsen war, vor elf Jahren vom Militär zurückgekommen war. Er hatte einen Sack voller Ideen mitgebracht, um dem Ort Leben einzuhauchen und ihn dem Tourismus zu erschließen.

Er fing klein an: Mit einer Handvoll Partner aus dem Bereich Outdoor-Aktivitäten gründete er Bucket List Enterprises. Innerhalb weniger Jahre wurde die Stadt zu einem Mekka für Abenteuerlustige, die bereit waren, sich ihren Spaß etwas kosten zu lassen. Von Porter Hollow aus waren nicht nur vier Nationalparks, sondern auch der Lake-Powell-Stausee und Cedar City, die Heimat des international bekannten Shakespeare-Festivals, leicht zu erreichen.

Für seine Gäste organisierte Buck Wildwasserfahrten, Angeltrips, Bergwanderungen, Fallschirmsprünge und Touren in die nahe gelegenen Berge, wahlweise mit Allradfahrzeug, Mountainbike oder zu Pferd. Mit dem Bau eines weitläufigen Luxushotels samt exklusiver Boutiquen, Fünf-Sterne-Restaurants, Spa, Schönheitssalon und der Möglichkeit, das komplette Programm von Bucket List Enterprises in Anspruch zu nehmen, hatte Buck ein Reich geschaffen, über das er dank seines siebzigprozentigen Geschäftsanteils nach eigenem Gutdünken herrschte. Nicht einmal Terri wusste, wie hoch sein Vermögen war.

Terri verließ die Hauptstraße und bog auf eine schmale Straße ein, die sich zwei Meilen weit durch einen Canyon mit zinnoberrotem Gestein zu Bucks Privatgrundstück hinaufschlängelte. Wenn sie ihn dort nicht antraf, würde sie anfangen müssen, herumzutelefonieren. Denn Buck Morgan war nicht nur ihr Arbeitgeber, er war ein alter Freund, und ihr lag wirklich etwas an ihm.

Buck war der beste Freund von Terris älterem Bruder Steve gewesen. Die beiden hatten zusammen Football gespielt, gejagt, gefischt und die heißesten Mädchen aufgerissen. Nach dem Schulabschluss hatten sie beim Militär angemustert und in derselben Einheit gedient. Aber während Buck unversehrt aus dem Irak zurückkehrte, wurde Steve während eines Patrouillengangs erschossen. Ihn brachte man in einem flaggenbedeckten Sarg nach Hause.

Für Terri brach eine Welt zusammen. Buck sorgte sich damals rührend um sie, und als sie nach dem College nach Porter Hollow zurückkehrte, um sich um ihre Großmutter zu kümmern, hatte er ihr den gut bezahlten Job als Büroleiterin und persönliche Assistentin angeboten. Seit sie zusammenarbeiteten, waren Terris Gefühle für Buck noch stärker geworden, aber Buck ahnte nichts davon. Er war ein guter Freund, mehr wollte er nicht sein, auch wenn er ansonsten in puncto Frauen nichts anbrennen ließ.

Der Gesundheitszustand ihrer Großmutter und die Loyalität zu Buck ketteten Terri nun schon zehn Jahre an Porter Hollow und Bucket List Enterprises. Allmählich aber begann sie, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Inzwischen war sie dreißig Jahre alt. Wollte sie sich wirklich den Rest ihres Lebens für einen Kerl aufreiben, der eine Schwäche für vollbusige Blondinen hatte und von ihr nur dann Notiz nahm, wenn sie etwas für ihn erledigen sollte?

Es war ja nicht so, dass sie keine andere Wahl hatte. Als Bucks Assistentin unterhielt sie Kontakte zu anderen Resorts in der Gegend und erhielt immer wieder reizvolle Jobangebote. Ein geeignetes Heim für ihre Großmutter fand sie auch anderswo. Ich muss mir das wirklich durch den Kopf gehen lassen, dachte Terri, während sie durch den Canyon fuhr. Ein Tapetenwechsel täte ihr sicher gut. Vielleicht gelang es ihr auf diese Weise sogar, über Buck Morgan hinwegzukommen, in den sie rettungslos verliebt war, seit sie vierzehn war.

Am Tor tippte Terri den Zutrittscode ein. Ihre Handflächen waren schweißnass vor Nervosität. Was erwartete sie im Haus? Würde sich Bucks rätselhaftes Schweigen jetzt aufklären?

Das Haus, eine Sinfonie in Stein, Holz und Glas, fügte sich nahtlos in die Felsenlandschaft ein. Es hatte hohe Räume und einen imposanten gemauerten Kamin. Obwohl sich Buck ein Heer von Bediensteten hätte leisten können, zog er es vor, allein zu leben. Lediglich eine Putzkolonne aus dem Hotel sorgte einmal die Woche für Ordnung.

Alles wirkte friedlich. Murphy, der Straßenköter, den Buck vor dem Tierheim gerettet hatte, tollte bei Terris Anblick freudig in seinem großen Gehege herum. Trotz seines Aussehens war der riesige Hund, eine furchterregende Mischung aus Rottweiler und Pitbull, anhänglich und verspielt. Schwanzwedelnd und mit heraushängender Zunge sprang er am Zaun hoch und begrüßte Terri mit lautem Gebell, als sie aus dem Jeep kletterte.

„Na, du!“ Terri steckte die Hand durch die Maschen des Zauns und ließ sich die Finger abschlabbern. Das Tier wirkte völlig normal, und sie schloss daraus, dass hier alles in Ordnung war. Außerdem parkte Bucks sandfarbener Geländewagen vor der Garage, ein weiteres Indiz dafür, dass er hier war. Warum ging er dann nicht ans Telefon?

Im Haus herrschte Totenstille: Kein Fernseher lief, aus der Küche drangen weder Geräusche noch Gerüche. Trotzdem warf Terri einen Blick hinein, ehe sie sich im Esszimmer umsah, in der Speisekammer, im Wohnzimmer und sogar in der Gästetoilette. Abgesehen von einer einzelnen Kaffeetasse in der Spüle entdeckte sie kein Lebenszeichen.

Die Schlafzimmer befanden sich im ersten Stock, und Terri beschlich ein ungutes Gefühl, als sie die offene Treppe hochstieg. Was, wenn Buck da oben war, aber nicht alleine? Sie nahm sich vor, sich beim kleinsten verdächtigen Geräusch diskret zurückzuziehen.

Schon vom Treppenabsatz aus erkannte sie, dass die Tür zu Bucks Zimmer einen Spaltbreit offen stand. Vorsichtig spähte sie durch die Ritze. Die Rollos waren heruntergelassen, alles war still. Als sich ihre Augen an das dämmrige Licht angepasst hatten, entdeckte sie eine Gestalt, die bäuchlings auf dem zerwühlten Doppelbett lag. Lange, nackte Beine, heillos in die Laken verwickelt, ein dichter Schopf dunkler Haare … das war Buck, keine Frage. Aber was war mit ihm? Es sah ihm nicht ähnlich, an einem Werktag um diese Uhrzeit im Bett zu liegen.

Leise schlüpfte Terri aus ihren Sandalen und schlich auf Zehenspitzen zum Bett. Wenigstens lebt er noch, dachte sie, als sie raue Atemzüge hörte. Beim Näherkommen entdeckte sie Schuhe und Kleidung in einem wüsten Haufen auf dem Schaffell, das als Bettvorleger diente. Es sah aus, als hätte er die Sachen einfach fallen gelassen und war ins Bett geplumpst. Er trug nicht einmal einen …

Terris Wangen wurden siedend heiß, als ihr Blick auf die knackigen Pobacken fiel, die sich aus den zerknüllten Laken erhoben. Der Kerl war splitterfasernackt. Und das, was sich ihr so präsentierte, war nicht zu verachten!

Leider war es kein besonders geeigneter Moment, um sich an dem wohlgeformten Körper ihres Arbeitgebers sattzusehen. Irgendetwas war hier oberfaul! War Buck krank? Stand er unter Drogen? Oder beides?

Sein Handy lag auf dem Nachttisch. Ausgeschaltet. Daneben standen ein leeres Wasserglas und zwei Medizinfläschchen. Terri musste sie ins Licht halten, das vom Treppenhaus hereinfiel, um die Etiketten zu entziffern. Bei dem einen handelte es sich um das starke Schmerzmittel, das Buck bei einem seiner nicht sehr häufigen Migräneanfälle nahm. Das andere kannte sie nicht. Hatte Buck beide zusammen geschluckt, und dann hatten ihn die Wechselwirkungen ausgeknockt? Oder Schlimmeres?

Terri war zwar keine Ärztin, aber eines wusste sie: Sie durfte ihn nicht einfach liegen lassen. Sie musste ihn wecken, um sicherzustellen, dass es ihm gut ging.

Behutsam tippte sie ihn an der Schulter an. „Aufwachen, Buck!“, flüsterte sie.

Ein Zittern lief durch seinen Körper, und er stöhnte, den Kopf ins Kissen gedrückt.

„Wach auf! Schau mich an!“ Noch einmal schüttelte sie ihn, fester diesmal. Er stöhnte, zuckte, dann rollte er sich auf den Rücken und schlug die blauen Augen auf. Sie wirkten glasig und wie in Trance.

„Hallo, schöne Frau“, stammelte er. „Du kommst gerade rechtzeitig.“

„Rechtzeitig wofür?“, fragte Terri. Buck schien noch halb zu schlafen und hatte sie offenbar nicht erkannt. Schöne Frau, so nannte er die jeweils aktuelle Flamme. Terri selbst war diese Ehre noch nie zuteilgeworden.

„Dafür.“ Er packte ihr Handgelenk, zog ihre Hand unter die Bettdecke und schloss ihre Finger sanft, aber unnachgiebig um seine äußerst beeindruckende Erektion.

Terri wusste nicht, wie ihr geschah. Natürlich war sie keine Jungfrau mehr. Sie hatte ein paar Beziehungen hinter sich, aber die waren lange her, und außerdem handelte es sich hier um Buck, ihren Chef, ihren Freund … und den Mann, in den sie schon jahrelang heimlich verknallt war. Und er war eindeutig nicht bei klarem Verstand.

Das Klügste wäre, ihn mit ein paar kräftigen Ohrfeigen zur Vernunft zu bringen und zu gehen. Aber ihr Körper gehorchte nicht. Selbst nachdem Buck ihre Hand losgelassen hatte, weigerten sich Terris Finger, sich von der heißen, seidig-harten Männlichkeit zu lösen. Sie wollte ihn!

„Komm her“, raunte Buck, während Terri verzweifelt versuchte, sich davon zu überzeugen, dass sie gehen sollte, gehen musste!

Aber Buck hatte bereits ihren Kopf zu sich heruntergezogen und gab ihr einen rauen, besitzergreifenden Kuss, der sie um den letzten Funken Verstand brachte. Seine Zunge fand den Weg in ihren Mund und entflammte eine Begierde, die so hell loderte wie eine Fackel. Terri spürte, wie sie dahinschmolz, wie jeder vernünftige Gedanke zerstob. Sie wollte ihn so sehr. Und es war ein unbeschreibliches Gefühl, wenigstens einen Moment lang glauben zu dürfen, dass er sie genauso begehrte.

Ohne die Lippen von ihren zu lösen, knöpfte Buck mit schnellen, geübten Fingern ihre Hose auf und streifte sie ihr zusammen mit dem Slip ab. Dann brachte er sie dazu, sich rittlings auf ihn zu setzen, und schob die Hand zwischen ihre Schenkel. Sie fühlte, dass er lächelte, als er spürte, wie feucht sie bereits war.

Terri presste die Knie gegen Bucks Hüften und nahm ihn langsam in sich auf. Mit geschlossenen Augen konzentrierte sie sich darauf, wie er in sie eindrang und sie erfüllte. Unwillkürlich japste sie nach Luft. Sie schlief mit Buck, dem Mann, nach dem sie sich sehnte, seit sie eine Ahnung hatte, worum es beim Sex ging. Nur bei dem Gedanken setzten schon die ersten Wellen eines Orgasmus ein.

Buck stöhnte leise, als sie anfing, sich zu bewegen. Zuerst nahm sie sich Zeit, um jedem Zentimeter seiner Länge nachzuspüren. Sehr bald aber hielt es sie beide nicht mehr. Sie keuchten, ihre Körper bogen sich einander entgegen, immer schneller, immer wilder, bis Buck sich schließlich nach Atem ringend herumdrehte und sich auf sie rollte.

Terri schlang die Beine um seine Hüften, während er immer intensiver in sie stieß. Sie kamen gleichzeitig, und dieser Höhepunkt machte jede einzelne von Terris Fantasien der vergangenen fünfzehn Jahre wahr.

Mit einem tiefen Seufzer wälzte Buck sich anschließend von ihr herunter und ließ sich in die Kissen sinken. Terri überließ sich noch eine kurze Weile den unglaublichen Empfindungen, bis sie unsanft in die Realität zurückgerissen wurde: Sie hatte gerade wilden, durchgeknallten Sex mit ihrem Chef gehabt. Nichts würde je wieder so sein wie früher.

Mit einem Ruck richtete sie sich auf und sah auf ihn hinunter. Buck hatte die Augen geschlossen. Sein Atem ging tief und regelmäßig, auf seinen Lippen lag ein äußerst zufriedenes Lächeln. Der Kerl war einfach eingeschlafen! Sofern er überhaupt richtig wach gewesen war.

Terris Wangen begannen zu glühen, als ihr die Wahrheit dämmerte: Für sie stand die Welt gerade kopf. Aber für ihn? Er war kurz aufgewacht, hatte eine Frau in seinem Schlafzimmer vorgefunden und instinktiv reagiert. Es hätte jede x-beliebige sein können. Im besten Fall würde er sich später vielleicht vage daran erinnern. Ob er dann noch wusste, dass es sich bei der Frau um sie gehandelt hatte, wagte Terri zu bezweifeln.

Was nicht das Schlechteste wäre, überlegte sie, glitt geräuschlos aus dem Bett und sammelte ihre Sachen ein. Wenn Buck die Identität der geheimnisvollen Geliebten nicht kannte, blieben ihnen beiden peinliche Begegnungen erspart. Genau! Sie würde die Sache mit keinem Sterbenswörtchen erwähnen, dann konnten sie so tun, als wäre nichts geschehen.

Oder war dies das Zeichen, auf das sie gewartet hatte, das Signal, um ihr Leben endlich aus seinen eingefahrenen Bahnen zu lenken? Durfte sie sich so weit versteigen, zu hoffen, dass sich jetzt etwas ändern würde? Dass Buck endlich die warmherzige, liebevolle und – ja, warum eigentlich nicht? – sexy Seite der Assistentin entdeckte, die ihm seit nunmehr zehn Jahren treu diente?

Wenn nicht, dann war es wirklich Zeit für einen Neuanfang.

Bevor Terri ging, schaltete sie Bucks Handy ein und drehte die Lautstärke bis zum Anschlag auf. Buck hatte gerade zweifelsfrei bewiesen, dass er fit genug war, um einen Anruf entgegenzunehmen.

Draußen im Flur schlüpfte sie hastig in ihre Sachen, stopfte die Bluse in den Hosenbund und schloss mit bebenden Fingern die Gürtelschnalle. Schon jetzt kam es ihr vor, als hätte sie die Szene in Bucks Bett nur geträumt. Ob es bei einem verrückten Traum blieb oder ob mehr daraus wurde, lag jetzt ganz bei Buck.

Nachdem sie den Hund gefüttert und mit frischem Wasser versorgt hatte, fuhr sie los. Mit Buck war alles in bester Ordnung, das hatte er eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Sollte er ruhig ausschlafen, warum auch immer er es nötig hatte – um ihn machte Terri sich keine Sorgen mehr.

Zwanzig Minuten später saß sie auf dem Hotelparkplatz in ihrem Jeep und versuchte, sich zu sammeln. Beim Gedanken daran, dass sie eben in Bucks Bett gelegen hatte, bekam sie jetzt noch Herzklopfen. Mit allem hatte sie gerechnet, als sie zu seinem Anwesen hinaufgefahren war, aber nicht damit.

Es würde nicht leicht werden, in die Normalität zurückzukehren. Möglicherweise aber – und bei diesem Gedanken machte ihr Herz einen Satz – hatten sie ja den ersten Schritt in eine neue Normalität gemacht. Fürs Erste jedoch musste sie sich zusammenreißen. Sie strich sich die Bluse mit dem Bucket-List-Logo glatt, kletterte aus dem Auto und machte sich auf den Weg ins Büro.

Die Eingangshalle des Hotels war dem nahe gelegenen Grand Canyon nachempfunden: Die hohen Wände aus dem für die Gegend typischen rötlichen Sandstein gingen in eine Decke mit offener Balkenkonstruktion über. Der Boden war mit Schieferplatten ausgelegt. Ein offener Kamin gegenüber dem Eingang reichte bis hoch an die Decke, und im Zentrum der Halle ergoss sich ein künstlicher Wasserfall über mehrere Stufen aus natürlichem Gestein. Kostbare Navajo-Teppiche schmückten die Wände, und in den Boutiquen konnte man indianisches Kunsthandwerk erstehen. Nicht den üblichen Touristen-Ramsch, denn Buck legte großen Wert darauf, dass alles, was im Hotel verkauft wurde, nicht nur authentisch, sondern auch von hoher Qualität war.

Terri nickte den Angestellten an der Rezeption freundlich zu, bevor sie zur Personaltoilette eilte. Dort warf sie einen Blick in den Spiegel und erschrak.

Sie hatte das übliche Bild erwartet: langes, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenes kastanienfarbenes Haar, braune Augen mit kupferfarbenen Einsprengseln, schmale Brauen, spitzes Kinn und sommersprossige, gerade Nase – nüchtern, geschäftsmäßig, so wie sie sich bei der Arbeit eben gab. Stattdessen blickte ihr eine Fremde entgegen mit geröteten Wangen, leicht geschwollenen, feuchten Lippen und großen, strahlenden Augen. Ein überraschend sinnliches Gesicht. Jeder, der sie kannte, würde die Veränderung sofort bemerken.

Gute Güte! Warum hängte sie sich nicht gleich ein großes Schild um: „Hatte Sex mit dem Boss!“

Kopfschüttelnd spritzte sie sich eiskaltes Wasser ins Gesicht und zog die Lippen mit Lipgloss nach. Dann befeuchtete sie die Hände und versuchte, ihr Haar zu bändigen – das musste genügen. Die Pflicht rief.

Die Geschäftsräume von Bucket List Enterprises befanden sich in einem separaten Flügel des Hotelkomplexes. Sie bestanden aus einem Großraumbüro, diversen Pausen- und Konferenzräumen, WCs, dem geräumigen Büro von Buck und Terris deutlich bescheidenerem Zimmer.

Als sie eintrat, sehr darauf bedacht, so zu tun, als sei nichts geschehen, entdeckte sie Bob. Er fläzte sich in ihrem Bürostuhl und hatte die Beine auf die Schreibtischplatte gelegt. Kaffeeflecken sprenkelten die Oberfläche aus Mahagoni. Terri hätte ausrasten können, aber sie verbiss sich jeden Kommentar. Schließlich hatte sie den Jungen ausdrücklich gebeten, ihre Anrufe entgegenzunehmen. Er wusste vermutlich bloß nicht, wie er sie auf seinen Apparat umleiten konnte.

„Was liegt an?“, fragte sie stattdessen.

Bob machte keine Anstalten, den Stuhl freizugeben, aber wenigstens besaß er den Anstand, die Füße vom Tisch zu nehmen und ein bisschen betreten dreinzusehen, als er seinen gelben Notizblock zückte. Immerhin, schreiben konnte er offenbar.

„Der Tandemsprung ist gebongt“, erklärte er. „Jay hat einen Ersatzmann aufgetrieben.“

Uff! Nach diesem Vormittag hätte sich Terri nicht in der Lage gesehen, die Dame zu begleiten, die ihren siebzigsten Geburtstag mit einem Sprung aus einem Flugzeug feiern wollte. „Sonst noch was?“

„Diane hat noch einmal angerufen und nach Buck gefragt. Ist er wieder aufgetaucht?“

Terri bemühte sich um eine ausdruckslose Miene. „Er fühlt sich nicht ganz fit und hat das Handy ausgeschaltet, damit er schlafen kann.“

Endlich hielt Bob es für angebracht, sich vom Schreibtisch zu erheben. Der lange, schlaksige Kerl überragte Terri um einen ganzen Kopf.

„Hey, hast du einen Ohrring verloren?“, fragte er auf einmal.

Bestürzt fasste sich Terri an die Ohrläppchen. Tatsächlich, ein Ohrring fehlte. Die silbernen, mit Türkisen besetzten Schmuckstücke, die eine Flöte spielende indianische Gottheit namens Kokopelli darstellten, waren ihr Lieblingspaar. Sie waren ziemlich auffällig, selbst Buck hatte sie bemerkt. Natürlich konnte der Ohrring überall abgefallen sein, aber instinktiv wusste sie, wie und wo sie ihn verloren hatte.

Ausgeschlossen, dass Buck ihn nicht erkannte. Was bedeutete, dass er nicht so tun konnte, als wäre nichts geschehen. Ihr Magen verkrampfte sich. Es war eine Katastrophe …

… oder vielleicht der Anfang von etwas Wunderbarem. Was genau, würde sich erst herausstellen, wenn sich Buck endlich blicken ließ.

2. KAPITEL

Der durchdringende Klingelton des Handys weckte Buck aus dem Tiefschlaf.

„Verdammt!“ Schimpfend und fluchend tastete er nach dem Ding und fegte es dabei versehentlich vom Nachttisch. Dabei hätte er schwören können, dass er es ausgeschaltet hatte, bevor er am Abend zuvor ins Bett gefallen war. Außerdem drehte er nie, niemals die Lautstärke voll auf. Wie war das möglich? Irgendwie bekam er das Gerät zu fassen und nahm das Gespräch an.

„Wo treibst du dich denn wieder rum?“

Dianes Stimme hatte auf seine Hörnerven schon immer denselben Effekt gehabt wie Fingernägel, die über eine Tafel schabten. Nachdem sie nicht nur eine gemeinsame Tochter hatten, sondern Diane außerdem einen Anteil an seiner Firma besaß, musste er sich leider darauf einstellen, diesem schrillen Organ auf Lebenszeit ausgesetzt zu sein.

„Im Bett. Mir geht’s nicht gut.“ Tatsächlich fühlte sich seine Kehle so an, als hätte er Sägemehl geschluckt.

Autor

Elizabeth Lane
Immer auf der Suche nach neuen Abenteuern und guten Stories, hat Elizabeth Lane schon die ganze Welt bereist: Sie war in Mexiko, Guatemala, Panama, China, Nepal und auch in Deutschland, aber am wohlsten fühlt sie sich im heimatlichen Utah, im Westen der USA. Zurzeit lebt sie mit ihrer 18jährigen Katze...
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