Dem Milliardär zu Diensten - 7-teilige Serie

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Titel der Originalserie "At His Service"

SAG EINFACH NUR: ICH LIEBE DICH!

So leidenschaftlich zieht Prinz Xaviero sie in seine Arme, so erregend küsst er sie … Cathy muss sich diesem Mann einfach hingeben! Auch wenn er von vornherein bestimmt hat: eine Affäre, mehr nicht! Doch dann muss er plötzlich heiraten - und macht ihr überraschend einen Antrag …

MÄRCHENHAFTE NÄCHTE IN DER TOSKANA

Wie ein Märchenprinz erscheint Sarahs neuer Nachbar genau zum richtigen Zeitpunkt. Lorenzo rettet sie vor dem Unwetter, das die toskanische Finca, in der sie Unterschlupf gesucht hat, zu zerstören droht. In seinem prunkvollen Palazzo kommt Sarah zur Ruhe - und findet in Lorenzos Armen die Hoffnung auf die wahre Liebe: Zögernd genießt sie die liebevollen Aufmerksamkeiten des vermögenden Regisseurs, bis eine bittere Erkenntnis ihr Märchen zerstört: Lorenzo flirtet nicht aus Herzenswärme mir ihr - sie hütet unwissend einen Schatz, den er unbedingt in seinen Besitz bringen will …

ALS SPIEL FING ES AN

Die Welt ist ungerecht, findet Daisy, als ihr bei einem exklusiven Pferderennen der Multimilliardär Ethan Cartwright begegnet. Er hat einfach alles: Geld, Macht und einen umwerfenden Charme. Den er bei Daisy gleich einsetzt, indem er ihr einen Tipp bei der Pferdewette gibt. Daisy lässt ihn jedoch mit einem kühlen "Ich spiele nicht" abblitzen. Aber als Ethan sie als Verwalterin für sein Anwesen engagiert, sagt sie sofort Ja, denn sie braucht dringend einen gutbezahlten Job. Und lässt sich damit auf ein sinnliches Spiel ein, das viel gefährlicher für ihr Herz ist als jede Wette …

EIN UNMORALISCHES ANGEBOT VOM BOSS

"Ich soll Ihre Geliebte werden?" Die Haushälterin Zoe hasst ihren arroganten Boss Isandro Montero für seinen unverschämten Vorschlag! Doch warum klopft ihr Herz dann so sehr, als er sie verlangend küsst?

ZWISCHEN SCHULD UND VERLANGEN

Er ist eiskalt, unerbittlich und unfassbar attraktiv … Mit rasendem Puls steht Ravenna vor Jonas Deveson, dem Milliardär, der ihre Mutter hasst. Weil sie seine Familie entzweite - und weil sie sein Geld gestohlen hat. Jonas ahnt nicht, dass Ravenna ohne dieses Geld nicht mehr am Leben wäre. Es gibt nur einen Weg, Jonas’ Rache abzuwenden: Sie muss die Schuld Penny für Penny abarbeiten. Als seine Haushälterin! Auf Deveson Hall entdeckt Ravenna unerwartete Seiten an Jonas - und plötzlich ist die härteste aller Strafen, dass sie ihrem brennenden Verlangen nicht nachgeben darf …

EINE NACHT, EIN JAHR - EIN LEBEN?

Treue, Heirat, Kinder? Cesare ist schockiert. Nach ihrer Liebesnacht will seine Angestellte alles - und reißt damit alte Wunden auf. Ein Jahr geht ins Land, bis er Emma in Paris wiedersieht und erkennt: Sie ist das Licht, das seinem Leben fehlt. Doch Emma lebt nicht mehr allein …

WENN EIN MILLIARDÄR DICH BEGEHRT

"Lass mich dein Geliebter sein, Carly!" Der sexy Milliardär Luis Martinez könnte jede Frau haben, doch er will sie! Aber Vorsicht: Als Luis’ Haushälterin weiß Carly nur zu gut, dass er ein Herzensbrecher ist …


  • Erscheinungstag 17.08.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733734541
  • Seitenanzahl 974
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Sharon Kendrick, India Grey, Emma Darcy, Kim Lawrence, Annie West, Jennie Lucas

Dem Milliardär zu Diensten - 7-teilige Serie

IMPRESSUM

Sag einfach nur: Ich liebe dich! erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
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© 2009 by Sharon Kendrick
Originaltitel: „The Prince’s Chambermaid“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA
Band 320 - 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Rita Koppers

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733734626

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

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1. KAPITEL

Einen Moment glaubte sie, sich verhört zu haben. Entweder das, oder sie wurde verrückt. Vielleicht war sie das schon. Denn ihr Traum von der Liebe war vor wenigen Stunden wie eine Seifenblase zerplatzt.

Cathy war in der Mittagspause für die Empfangsdame eingesprungen und starrte ihren Chef nun ungläubig an. Sie versuchte, nicht an den zerknitterten Brief zu denken, der in ihrer Handtasche steckte. Oder an ihr zerstörtes Selbstwertgefühl, das sie verletzlich und allein zurückließ.

Sie räusperte sich und überlegte, ob er sich vielleicht auf ihre Kosten einen Scherz erlaubt hatte. „Ich dachte schon, Sie hätten eben gesagt …“

„Ein Prinz? Ja, in der Tat“, entgegnete Rupert geziert und mit hochnäsigem Grinsen. „Der Prinz gehört zu einem bedeutenden Fürstentum und beehrt unser Hotel mit seiner Anwesenheit. Was sagen Sie jetzt, Cathy?“

„Ein Prinz?“, wiederholte Cathy ungläubig.

Ruperts Grinsen wirkte noch selbstgefälliger. „Prinz Xaviero von Zaffirinthos. Sie haben vermutlich noch nie von ihm gehört, nicht wahr?“

Cathy verkniff sich die patzige Antwort, die ihr auf der Zunge lag. Nur weil sie als Zimmermädchen arbeitete und keinen richtigen Berufsabschluss hatte, hieß das noch lange nicht, dass sie in Bezug auf die Fürstentümer völlig unwissend war. Trotzdem, Rupert hatte in diesem Fall recht. Obwohl sie versuchte, sich durch Zeitungen und Bücher über das Weltgeschehen auf dem Laufenden zu halten, war sie über die Insel Zaffirinthos noch nie gestolpert. „N…nein“, antwortete sie verunsichert. „Habe ich nicht.“

„Dann werde ich Sie mal aufklären. Er steht in dem Inselreich in der Thronfolge an zweiter Stelle, ist ein Weltklassepolospieler – und mit Abstand der schillerndste VIP, der unser Haus je beehrt hat“, fügte Rupert mit stolzgeschwellter Brust hinzu. „Außerdem liebt der Prinz schöne Frauen.“

Verwirrt sah Cathy ihn an. Irgendetwas stimmte an dieser Sache nicht. Sie wussten beide, dass sich prominente Gäste nur selten in dieses Hotel verirrten, obwohl es in der Nähe nicht nur einen weltbekannten Poloclub gab, sondern auch einige wunderschöne Gestüte, auf denen Hengste gezüchtet wurden. Zudem gab es auch weit exklusivere Hotels als das ihre. Daher konnte Cathy sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum ein richtiger Prinz ausgerechnet bei ihnen absteigen sollte. Sicher, das Gebäude stand unter Denkmalschutz und war früher ein sehr elegantes Herrenhaus gewesen, ehe man es zum Hotel umgebaut hatte. Doch Ruperts Missmanagement und die ständig schwindende Gästezahl hatten entscheidend dazu beigetragen, dass das Anwesen sich nicht in bestem Zustand befand.

„Aber warum?“, wollte sie wissen. „Ich meine, warum kommt er ausgerechnet zu uns?“

Ruperts Lächeln verschwand so schnell wie Sonnenstrahlen im April. „Das Warum geht Sie nichts an“, schnappte er, schien es sich dann aber anders überlegt zu haben. Verstohlen sah er sich um, ehe er mit seinen Neuigkeiten herausplatzte, die er offenbar unbedingt loswerden wollte. „Behalten Sie es für sich, aber er kommt von New York hierher, um den Kauf des Greenhill Poloclubs perfekt zu machen.“

Cathys Augen wurden noch größer. Sie dachte an den wertvollen Besitz mit dem angesehenen Poloclub. „Ein solches Gelände kostet doch ein Vermögen.“

„Da haben Sie ausnahmsweise mal recht, Cathy. Aber Geld wird in diesem Fall kein Problem sein. Verstehen Sie, dieser Mann ist nicht irgendein betagter Prinz, der nichts anderes aufzuweisen hat als blaues Blut in seinen Adern. Nein, zufällig ist er obendrein noch enorm reich.“ Berechnend verengte Rupert die Augen. „Deshalb wird es hier auch einige Veränderungen geben, bevor er mit seinem Gefolge eintrifft.“

Cathy hatte lange genug bei Rupert gearbeitet, um zu wissen, dass dies Ärger bedeutete. „Veränderungen?“, meinte sie und hoffte, dass ihre Stimme nicht besorgt geklungen hatte. „Welche Art von Veränderungen denn?“

„Nun, als Erstes müssen die Gasträume auf Vordermann gebracht werden. Sie könnten alle etwas Farbe vertragen. Vor allem auch die Waschräume unten. Deshalb habe ich eine Malerfirma beauftragt, die morgen früh gleich mit der Arbeit beginnt.“

Verblüfft sah Cathy ihn an. „So schnell schon?“

„Ja, so schnell. Später kommt jemand zum Ausmessen der Räume. Sie müssen den Mann herumführen und ihm alles zeigen“, erklärte Rupert gereizt. „Der Prinz wird nächste Woche eintreffen. Bis dahin gibt es noch sehr viel zu tun, wenn wir seinen fürstlichen Ansprüchen gerecht werden wollen. Offenbar schläft er nur auf Laken aus feinster ägyptischer Baumwolle. Also werde ich in London welche besorgen lassen. Ach, und noch etwas.“

Er musterte sie mit einem dieser Blicke, die Cathy schon immer zu anzüglich gefunden hatte. Doch sie hatte gelernt, seine zweideutigen Blicke zu ignorieren, genauso wie seine anderen lästigen Eigenschaften. Denn kein Job auf der Welt war perfekt. „Was denn?“, fragte sie vorsichtig.

„Sie müssen etwas an Ihrem Äußeren ändern. Alle Angestellten brauchen eine Art Generalüberholung, aber bei Ihnen ist es am dringendsten, Cathy.“

Rupert hatte schon öfter kritisch auf ihr Äußeres angespielt, aber Cathy hatte sich bisher nie bewogen gefühlt, mehr als Wasser und Seife zu benutzen und mit der Bürste durch ihr helles, widerspenstiges Haar zu fahren. Denn als Zimmermädchen musste sie zu früh aufstehen, um viel Wirbel um ihr Aussehen machen zu können. Zudem war ihre Großtante, bei der sie aufgewachsen war, eine nüchterne Frau gewesen, die sich über Make-up lustig gemacht und ihrer Großnichte beigebracht hatte, genauso zu denken.

Cathy hasste das Gefühl, das Rupert manchmal in ihr heraufbeschwor. Als ob sie nur eine halbe Frau wäre. Warum tat er das nur? Weil es ihm Spaß macht. Und weil er es bis jetzt nicht verwunden hat, dass ich ihn zurückgewiesen habe. „Was stimmt denn nicht mit meinem Äußeren?“

Rupert strich sich eine Locke aus der Stirn. „Der Punkt ist der, dass der Prinz ein Kenner ist, was schöne Dinge betrifft. Das gilt besonders für schöne Frauen. Und da ich nicht auf ein Wunder zu hoffen wage, möchte ich, dass Sie sich während seines Aufenthalts ein bisschen mehr Mühe geben. Ein wenig Make-up könnte für den Anfang nicht schaden. Außerdem bekommen Sie einen nagelneuen Arbeitskittel.“

Die meisten Frauen wären sicher sehr angetan von neuer Kleidung, doch etwas in Ruperts Blick ließ Cathy instinktiv wachsam werden. Verärgert spürte sie, dass sie rot anlief, eine Hitze, die sich von ihrem Hals hinunter zu ihren üppigen Brüsten zog. „Aber …“

„Es gibt kein Aber“, unterbrach Rupert. „Ich bin der Chef, Cathy. Und es wird gemacht, was ich sage.“

Dem konnte sie leider nicht widersprechen. Verärgert sah sie Rupert hinterher, als er mit typisch übertriebener Geste den Empfang verließ.

Eigentlich machte sie diesen Job schon viel zu lange, und manchmal fragte sie sich, ob sie je den Mut aufbringen würde zu gehen. Doch Vertrautheit war ein starkes Band, besonders wenn man emotional verunsichert war. Zudem hatte sie nie einen anderen Ort als diesen kennengelernt.

Als Waisenkind hatte man sie in dieses Städtchen gebracht und der Obhut ihrer Großtante übergeben – eine verbitterte alte Jungfer, die nicht die geringste Ahnung hatte, wie sie mit einem trauernden Kind umgehen sollte. Cathy hatte ihre Eltern entsetzlich vermisst und sich abends verzweifelt in den Schlaf geweint. Ihre Großtante hatte es wohl nur gut mit ihr gemeint, wenn sie ihre Großnichte mit Strenge zur Ordnung und eifrigem Lernen anhielt.

Doch Cathy hatte sich in gewisser Weise als Enttäuschung erwiesen und keine besonderen Fähigkeiten erworben, außer einer Auszeichnung im Kochen und ihrem Beitrag für den Schulgarten, der lobend erwähnt wurde.

Als ihre Großtante dann krank wurde, hatte Cathy sie gern gepflegt, weil sie ihr so etwas von ihrer Fürsorge zurückgeben konnte. Nachdem sie gestorben war, hatte Cathy sich genauso einsam gefühlt wie nach dem Tod der Eltern.

Der Job als Zimmermädchen in Ruperts Hotel war eigentlich als vorübergehende Beschäftigung gedacht, bis sie herausgefunden hätte, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte. Ein anspruchsloser Zufluchtsort, nach all den grausamen Schicksalsschlägen. Doch aus Tagen wurden Monate, dann Jahre, bis sie Peter kennenlernte, einen angehenden Geistlichen, dessen freundliche Art ihr Sicherheit bot. Als er sie fragte, ob sie ihn heiraten wolle, hatte Cathy ja gesagt, in dem Glauben, dass eine zwar einfache, aber glückliche Zukunft vor ihr liegen würde – mit einem Mann, der sie liebte.

Das zumindest behauptete er. Er hatte oben im Norden einen Job angenommen, und sie hatten geplant, dass sie zum Ende des Jahres nachkommen würde. Und dann war gestern dieser Brief gekommen. Ein Brief, der all ihre Hoffnungen und Träume mit einem Schlag zerstörte. Tut mir leid, Cathy, stand in dem Brief, aber ich habe jemand anders kennengelernt, und sie bekommt bald ein Baby …

So in ihre trüben Gedanken versunken, merkte Cathy zunächst nicht, dass jemand die Empfangshalle betreten hatte. Erst ein Geräusch von Schritten machte sie darauf aufmerksam, dass ein Mann näherkam. Sofort setzte Cathy sich aufrecht hin und zauberte ein Lächeln auf die Lippen, um den Gast zu begrüßen.

Dann erstarrte sie. Es war einer jener seltenen Momente, die es vielleicht ein Mal im Leben gibt, wenn man Glück hatte. Das Gefühl, von einem Blick so hypnotisiert zu sein, dass man am liebsten darin versinken würde.

Benommen starrte sie in die faszinierendsten Augen, die sie je gesehen hatte. Obwohl sie golden schimmerten wie eine warme Spätnachmittagssonne, lag auch ein kalter, metallischer Glanz darin.

Cathys Hände ballten sich unter dem Tisch zu kleinen Fäusten. Sie war unfähig, den Blick von diesem Gesicht abzuwenden. Die arroganten Züge wirkten wie aus kostbarem Marmor gemeißelt. Seine vollen, sinnlichen Lippen waren zu einem spöttischen Lächeln verzogen. Trotzdem deutete sein Mund auch auf eine Entschlossenheit hin, die ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken jagte.

Seine Haare waren dunkel und zerzaust, seine Haut olivfarben und von einer leichten Röte überzogen, sodass er vor Gesundheit und Vitalität nur so zu strotzen schien. Er war groß und schlank, mit breiten Schultern und muskulösem Brustkorb, der sich zu schmalen Hüften verjüngte, noch unterstrichen durch das T-Shirt. Zudem hatte er die längsten Beine, die sie je gesehen hatte. Sie steckten in einer schlammbespritzten Jeans, die schon so alt und verschlissen aussah, dass sie wie eine zweite Haut wirkte. Cathy schluckte schwer gegen den Kloß in ihrem Hals an, während ihr Herz viel zu schnell schlug.

„Es … es tut mir leid, Sir, aber so, wie Sie aussehen, kann ich Sie hier nicht reinlassen.“ Sie hatte Mühe, die Worte über die Lippen zu bringen.

Xaviero musterte sie, allerdings ohne die Ehrfurcht, die in ihrem Blick lag. Ihm war nicht entgangen, dass ihre Augen sich verdunkelt und ihre Lippen sich in unbewusstem Verlangen leicht geöffnet hatten. Er war es gewohnt, dass Frauen so auf ihn reagierten, selbst wenn er so aussah wie jetzt nach einem langen, anstrengenden Ritt. Auch dass sie nur stotternd eine Antwort herausgebracht hatte, war nichts Ungewöhnliches für ihn. Allerdings passierte so etwas sonst nur bei offiziellen Anlässen, wenn die Menschen geblendet waren von all dem Glanz, der ihn dann umgab.

Was ihn jedoch tatsächlich überraschte, war die Tatsache, dass sie ihn nicht erkannt hatte.

Abschätzend schweifte sein Blick über ihre Gestalt. Sie war klein, hatte helle Haare und die atemberaubendsten Brüste, die er seit Langem gesehen hatte und die sich selbst unter ihrem unscheinbaren Kittel keck abzeichneten. Ob sie nicht zu schwer waren für ihre zierliche Figur? Anerkennend verengte er die Augen.

„Und, wie sehe ich denn aus?“, fragte er ruhig.

Cathys Mund war plötzlich trocken. Selbst seine Stimme klang umwerfend. Wohlklingend und tief, mit einem faszinierend fremdländischen Tonfall. Diesen Akzent hatte sie vorher noch nie gehört und konnte ihn daher nicht zuordnen. Aber was machte das schon, wenn jede Silbe aus seinem Mund wie ein Gedicht klang.

Gott im Himmel, dachte sie. Reiß dich zusammen. Nur weil du von deinem Verlobten sitzen gelassen worden bist, musst du dich nicht aufführen wie eine alte Jungfer und diesen Mann anstarren, der dir sicher keinen zweiten Blick gönnt.

Und trotzdem schaffte sie es nicht, ihren rasenden Puls zu beruhigen. „Sie sehen aus wie … wie …“ Aber wie sah er eigentlich aus? Er sah nach Gefahr aus, so einfach war das. Mit dem leicht verruchten Aussehen eines Frauenhelden. Und vermutlich stand sein Motorrad draußen. Sie wusste, was Rupert von Motorradfahrern in seinem Hotel hielt. Also schicke ihn zur nächsten Frühstückspension. Und zwar schnell, bevor du dich noch mehr zum Narren machst.

„Tut mir leid, aber wir bestehen bei jedem, der das Hotel betritt, auf angemessener Kleidung“, platzte sie heraus. Peinlich berührt bemerkte sie den Anflug von Spott auf den Lippen des Fremden, als sie Ruperts Anweisung weitergab. „Das ist … eine unserer Hausregeln.“

Xaviero konnte sich gerade noch ein Lachen verkneifen. „Eine der Hausregeln?“, wiederholte er amüsiert. „Sehr altmodisch, das muss ich schon sagen.“

Entschuldigend hob Cathy die Hände. Sie konnte ihm nur recht geben, aber was sollte sie tun? Rupert bestand nun mal auf solch überholten Förmlichkeiten, die seinem Hotel Exklusivität verleihen sollten. Und Leute mit schlammbespritzter Kleidung würde er ganz sicher nicht in seinem Haus akzeptieren. Dennoch sollte er bei der schwindenden Anzahl von Gästen eigentlich über jeden Gast froh sein.

„Es tut mir wirklich leid“, sagte sie noch einmal. „Aber ich kann auch nichts machen. Wir haben strikte Anweisung.“

Er sah in ein Paar tiefblauer Augen. „Und Sie machen keine … Ausnahme?“

Wie schaffte er es, eine einfache Frage so klingen zu lassen, als ob …? Ihr Mund war plötzlich trocken, und Cathy schüttelte den verrückten Gedanken ab, dass die meisten Menschen für diesen Fremden liebend gerne eine Ausnahme machen würden. „Ich fürchte, nein. Bei keinem Gast.“

Als sie entschuldigend die Schultern hob, wurde sein Blick unweigerlich auf ihre vollen Brüste gelenkt. Überrascht spürte Xaviero, wie Hitze in seine Lenden schoss. Denn dass eine Frau auf ihn als Mann und nicht als Prinzen reagierte, war die süßeste Versuchung für ihn.

Er stützte sich mit dem Ellbogen auf dem Empfangstresen ab, der zwischen ihnen stand, und schenkte ihr ein verschwörerisches Lächeln. „Und was würden Sie machen?“, fragte er leise, „wenn ich Ihnen sage, dass ich nicht als Gast hier bin?“

Cathys Herz machte einen Satz. Jetzt, da er ihr so nahe war, schien seine ausgeprägt männliche Ausstrahlung ihr Denken zu vernebeln, während sie nur noch stockend zu Atem kam. Was war nur los mit ihr? Allerdings musste sie einräumen, dass seine Frage sie nicht überraschte. Schließlich sah er tatsächlich nicht so aus, als wollte er hier übernachten. „Sie … sind kein Gast?“

„Nein.“ Er überlegte, in welche Rolle er gern schlüpfen würde, um sich einen kurzen Moment der Freiheit gönnen zu können. Früher hatte er dieses Spiel gern gespielt, in seiner Zeit auf dem College. Die Männer vom Sicherheitsdienst hatte er damit allerdings stets zur Verzweiflung getrieben.

Denn Xaviero, oder besser gesagt Prinz Xaviero Vincente Caius di Cesere von Zaffirinthos, zog es vor, inkognito zu bleiben. Und das, wann immer es möglich war. Anonymität war sein kostbarster Besitz, den er nur selten in Anspruch nehmen konnte. Er tat gerne so, als wäre er ein anderer, um so behandelt zu werden wie andere Männer, die man nach ihrer Erscheinung, ihrem Verhalten und nach ihren Worten beurteilte. Eine Welt, in der die geistige und körperliche Anziehungskraft mehr zählte als Privilegien.

Dass draußen in seinem kugelsicheren Wagen zwei bewaffnete Bodyguards saßen und zwei weitere in der Nähe des Hotels für seine Sicherheit sorgten, spielte in diesem Moment keine Rolle. Denn solange diese Frau nicht wusste, wer er wirklich war, konnte er weiter so tun, als wäre er ein ganz gewöhnlicher Mann. „Nein, ich bin kein Gast“, fügte er wahrheitsgemäß hinzu.

Plötzlich ergab alles einen Sinn, und Cathy fragte sich, warum sie nicht eher darauf gekommen war. „Natürlich! Sie sind der Malermeister.“ Ihr Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln. „Sie wollen die Waschräume ausmessen.“

Eine haarsträubende Annahme, bei der Xaviero unwillkürlich die Augen verengte. Aber er konnte es ihr kaum verübeln, da sie es nicht anders wissen konnte. Er wollte schon widersprechen, als sie sich erhob. Fasziniert betrachtete er ihre sinnliche Figur, während ihr sonniges Lächeln ihn ganz in ihren Bann zog. Wann hatte ihm je ein Mensch so ein herzliches Lächeln geschenkt? Oder ihn schlicht als Mann gesehen statt als Mitglied eines der reichsten Fürstentümer Europas?

Aus einer Laune heraus hatte er nach einem scharfen, schweißtreibenden Ritt im Poloclub hier vorbeigeschaut, ehe er zum Flugplatz fahren würde, wo seine Privatmaschine stand. Er war neugierig gewesen, wie dieses Haus aussah, ehe man es für seinen offiziellen Besuch herrichtete. Doch jetzt fragte er sich, ob nicht das Schicksal seine Schritte hierher gelenkt hatte.

„So ist es“, sagte er gedehnt und versuchte, sich den erneuten Anflug von Verlangen nicht anmerken zu lassen. „Ich wollte die Waschräume ausmessen.“

„Na schön. Rupert hat mich angewiesen, Ihnen alles zu zeigen.“

Xaviero lächelte. Also müsste er sich nicht mit diesem aufgeblasenen Engländer herumschlagen, der ihm gehörig auf die Nerven ging. Das wurde ja immer besser. „Wunderbar.“

Cathy spürte ein nervöses Flattern im Bauch. Sie dachte an den zerknitterten Brief in ihrer Handtasche, und plötzlich wurde ihr bewusst, dass noch kein Mann ein solches Gefühl wie dieser Fremde in ihr ausgelöst hatte. Selbst Peter nicht, der Mann, den sie genügend zu lieben geglaubt hatte, um ihn zu heiraten.

Ob sich die Liebe in Wirklichkeit so anfühlte? Ungebeten war dieser Gedanke ihr zugeflogen, ehe sie ihn entschieden unterdrücken konnte. Um Himmels willen, Cathy – hast du endgültig den Verstand verloren? Du hast ihn doch eben erst kennengelernt. Du weißt nichts von ihm. Und wenn er hier vor Ort arbeitet, kannst du unmöglich jedes Mal dahinschmelzen, wenn er dir diesen neugierig arroganten Blick zuwirft.

Sie schenkte ihm ein geschäftsmäßiges Lächeln. „Wenn Sie mir dann bitte folgen würden.“

Xaviero überlegte, wie sich ein Malermeister in so einer Situation verhalten würde. Besonders dann, wenn er fasziniert war von der Schönheit einer zierlichen Frau. Ob er ein bisschen mit ihr flirten würde? Schließlich hatte sie ihn angesehen wie eine ausgehungerte Katze, die vor einem Teller mit köstlichem Fressen sitzt. Ob sie genauso nach Sex hungerte wie er? „Es gibt nichts, was ich lieber täte“, murmelte er.

Seine provozierenden Worte reizten und erschreckten sie zugleich. Jetzt, da sie so dicht vor ihm stand, fühlte sie sich sehr … schutzlos. Viel zu sehr war sie sich seines großen muskulösen Körpers bewusst. Auch wenn sie sich lächerlich wenig mit Männern auskannte, spürte sie doch, dass dieser Mann eine Sinnlichkeit ausstrahlte, die man nur mit dem Wort „Gefahr“ beschreiben konnte. Und was machst du, wenn du Gefahr witterst? fragte sie sich. Du hältst Abstand.

„Dann gehen wir mal“, sagte sie schnell.

„Mm. Dann gehen wir“, murmelte er und erfreute sich an ihrem verführerischen Hüftschwung, als sie vorauseilte.

Cathy versuchte zwar, normal zu gehen, aber wie sollte sie das schaffen, wenn sie seinen Blick im Rücken spürte, der sich wie eine heiße Flamme in ihre Haut brannte? Sie beschloss, ihm die Waschräume erst zum Schluss zu zeigen, und stieß eine zweiflügelige Tür auf.

„Da wären wir“, sagte sie heiter, nachdem sie einen großen Raum mit hohen Decken betreten hatten. „Dies ist unser Salon. Manche Gäste trinken hier nach dem Abendessen ihren Kaffee. In letzter Zeit ist er allerdings … nicht oft benutzt worden.“

Xaviero sah sich in dem Raum um, der recht vernachlässigt wirkte. „Das sieht man“, meinte er trocken.

Das Mobiliar war abgenutzt, und der Kronleuchter sah aus, als wäre er seit Jahrzehnten nicht mehr abgestaubt worden. Cathy entging die leicht ungläubige Miene des Fremden nicht, und zu ihrem Entsetzen bemerkte sie unterhalb des Kronleuchters ein großes Spinnengewebe.

„Man … man kommt nur schwer dran, selbst mit einem Staubwedel“, meinte sie entschuldigend. „Ich habe es schon selbst versucht, aber ich bin einfach zu klein.“

Seine golden leuchtenden Augen wanderten genüsslich von ihrem Kopf hinunter zu ihren Füßen. „Das sind Sie, in der Tat. Und vermutlich sind Sie eigentlich auch nicht zum Putzen hier“, fügte er trocken hinzu.

„Ich, äh, nein.“ Sie sah in seine leuchtenden Augen und überlegte, ob sein Interesse wohl verfliegen würde, wenn sie ihn aufklärte. „Ich bin … eigentlich Zimmermädchen.“

Ein Zimmermädchen! Himmel! Xaviero hätte beinahe laut aufgestöhnt, weil sofort ein Bett vor seinem inneren Auge auftauchte. Ein riesiges, weiches Bett. Und sie lag darin, statt es zu beziehen. Ihr weicher sinnlicher Körper sank auf die frischen Laken, ehe er sich auf sie legte. Das erotischste Bild seit Jahren, sodass er unruhig sein Gewicht verlagerte, um das Ziehen in seinen Lenden loszuwerden.

„Ach wirklich?“, murmelte er. „Das muss ein sehr … interessanter Job sein.“

Misstrauisch sah Cathy ihn an. Wollte er sich über sie lustig machen, indem er eine notwendige Tätigkeit, auch wenn sie kein Ansehen genoss, auf schnoddrige Weise herabsetzte? Und trotzdem sah er tatsächlich interessiert aus. „Na ja, manchmal kann es schon interessant sein“, meinte sie lächelnd. „Sie würden nicht glauben, was die Gäste alles liegen lassen.“

„Zum Beispiel?“

Schamhaft verzog sie den Mund. „Das kann ich unmöglich verraten.“

Er lachte. „Dann sind Sie ein sehr loyales Zimmermädchen.“

„Diskretion gehört zum Job“, stimmte sie zu. „Zumindest garantiert diese Arbeit mir viel freie Zeit.“

„Was vermutlich einiges für sich hat“, meinte er nachdenklich. Wahrscheinlich hätte sie es nie gewagt, so offen mit ihm zu sprechen, hätte sie um seine wahre Identität gewusst.

„Das stimmt.“ Sie öffnete schon den Mund, um ihm von dem wunderschönen Anwesen zu erzählen, das zum Hotel gehörte. Von den versteckten Plätzen, wo man sich seinen Tagträumen hingeben konnte. Dem herrlich duftenden Zufluchtsort, den sie in ihrem eigenen kleinen Garten geschaffen hatte. Doch sie schloss den Mund wieder. Geh einfach, bevor du dich zum Narren machst, sagte sie sich. Du bist gerade erst von einem Mann verlassen worden, also verscheuche nicht gleich den nächsten.

„Hören Sie, ich würde gerne mit Ihnen weiterplaudern, aber ich sollte Sie jetzt besser allein lassen, damit Sie Ihre Arbeit machen können“, sagte sie widerstrebend. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er nicht einmal einen Zollstock oder etwas zu schreiben dabeihatte.

Nachdenklich sah Xaviero sie an. Das Vernünftigste wäre, ihr zu sagen, wer er wirklich war. Doch er fühlte sich nicht im Mindesten vernünftig, sondern vielmehr leichtfertig und getrieben, noch verstärkt durch das, was in letzter Zeit auf seiner Insel passiert war.

Sein Mund wurde zu einem harten Strich. Allerdings war es nicht mehr seine Insel. Jetzt stand sie unter der Herrschaft seines Bruders und war dessen Reich. Er selbst spielte nur noch eine Nebenrolle.

Das offizielle Trauerjahr für seinen Vater hatte ihn mit einem seltsamen Gefühl der Leere zurückgelassen. War das nicht auch ein Grund, warum er hierhergekommen war? Hatte er sich nicht vorgenommen, sein geschäftiges Leben in New York hinter sich zu lassen und sich ein eigenes Leben aufzubauen, indem er einen der bekanntesten Poloplätze der Welt kaufte, um dort seinen lang gehegten Traum von einer Poloschule zu erfüllen?

Versonnen sah er die blonde Frau an, fasziniert von ihrer zarten Schönheit. Sie wirkte so grazil, dass er glaubte, sie mit einer Hand hochheben und halten zu können. Wie eine kleine Trophäe. Er malte sich aus, wie sein großer starker Körper sich von ihrer hellen, zierlichen Gestalt abheben würde. Konnte eine so kleine Frau einen großen Mann wie ihn überhaupt in sich aufnehmen?

Verlangen stieg in ihm hoch, wie er es lange nicht mehr verspürt hatte. Sein Blick wanderte zu ihren weichen Lippen, die sein Sehnen noch verstärkten. Lippen, dazu geschaffen, geküsst zu werden. Die darum bettelten. Würde sie es zulassen? Keine Frau hatte ihn je zurückgewiesen, weil keine sich einem Prinzen verweigern würde. Doch er hatte noch nie eine Frau unter dem Deckmantel der Anonymität geküsst.

Ob die Mädchen dieser Kleinstadt einem Handwerker derartige Freiheiten erlaubten? Er sah, wie ihre Augen sich verdunkelten, auch wenn ihr Blick dabei wachsam blieb. Ja, offenbar würden sie es zulassen.

„Nein“, sagte er abrupt. „Gehen Sie nicht.“

Erstaunt weiteten sich Cathys Augen. Für einen Moment glaubte sie, sich verhört zu haben. „Entschuldigung?“

„Ich will nicht, dass Sie gehen“, meinte er stockend und lächelte wissend. „Und Sie wollen es auch nicht.“

Plötzlich schien der Traum, dem sie sich seit seiner Ankunft hingegeben hatte, Wirklichkeit zu werden. Als er näherkam, glaubte Cathy protestieren zu müssen, doch sie brachte kein Wort heraus – obwohl sie wusste, dass er sie gleich küssen würde. Aber sie könnte sich doch nicht von einem Mann küssen lassen, den sie eben erst kennengelernt hatte.

Peters Zurückweisung hatte Cathys Ego einen herben Schlag versetzt. Die Zukunft, die sie sich ausgemalt hatte, gab es nicht mehr für sie. Jetzt fühlte sie sich leer und unerwünscht. Sie hatte geglaubt, dass kein Mann sie je wieder begehren würde. Und jetzt das, aus heiterem Himmel.

„Sie wollen doch auch nicht gehen, oder?“, beharrte er flüsternd.

„Ich … weiß nicht.“

„Oh, ich glaube schon. Genauso wie ich es weiß.“

Er beugte sich vor, strich mit dem Mund über ihre Lippen und spürte, wie sie zitternd auf ihn reagierte.

„Gefällt dir das?“, fragte er unsicher.

„Ja“, wisperte sie, ehe er sie erneut küsste. Als er sie in seine Arme zog und den Kuss vertiefte, wusste Cathy, dass sie verloren war. Denn sie hatte das Gefühl, als ob sie erst in diesem Moment anfangen würde, richtig zu leben. All ihre Ängste und Unsicherheiten waren mit einem Mal weggewischt, allein durch den Kuss dieses Mannes.

Xaviero spürte, dass sie sich ihm hingab, da sie leise aufstöhnte. Er merkte, wie sein Körper reagierte, während sich seine Gedanken überschlugen. Wie lange würde es noch dauern, bis seine Sicherheitsleute ihn anpiepen würden? Ob ihm noch genug Zeit blieb, die Türen zu verschließen, sie auf die Knie zu stoßen, damit sie ihm mit ihren unglaublichen Lippen Vergnügen bereiten konnte? Sie ist zu leicht zu haben, dachte er frustriert, während sich Abscheu in sein Verlangen mischte. Trotzdem hielt es ihn nicht davon ab, ihre Hand zu seiner harten Männlichkeit zu führen.

Und dann geschahen verschiedene Dinge gleichzeitig. Als Erstes begann das Handy in seiner Jeanstasche zu vibrieren, was die blonde Frau dazu veranlasste, ihre Hand wegzuziehen. Kurz darauf klingelte irgendwo ein Telefon.

Benommen trat Cathy einen Schritt zurück. Sie fühlte sich zutiefst erniedrigt, spürte aber gleichzeitig ein ihr völlig unbekanntes Ziehen in den Brüsten.

„W…was, zum Teufel, haben Sie sich dabei gedacht?“ Ihre Stimme zitterte. Tief im Innern wusste sie, dass sie sich selbst die gleiche Frage stellen müsste. Warum hatte sie zugelassen, dass dieser Fremde sich bei ihr solche Freiheiten erlaubte?

Verächtlich lachte Xaviero auf, während sein Blick über ihre vollen Brüste schweifte, deren Knospen sich deutlich unter ihrem einfachen Kittel abzeichneten, als schrien sie nach der Berührung seiner Finger und Lippen. Die Enttäuschung darüber, dass sein Verlangen nicht gestillt wurde, verwandelte sich in Selbstverachtung. War er schon so gierig nach einer Frau, dass er sich verhielt wie ein Teenager, der noch nie Sex gehabt hatte?

„Ich dachte, das wäre klar gewesen“, knirschte er. „Ich wollte Ihnen das geben, wonach Ihr Körper überdeutlich verlangt hat, und wie ich sehe, tut er es immer noch. Bedauerlicherweise habe ich jetzt keine Zeit, Ihnen diesen Gefallen zu erweisen. Um ehrlich zu sein, ziehe ich allerdings Frauen vor, die sich ein bisschen mehr sträuben.“ Spott, aber auch Frustration zeichneten sich auf seiner Miene ab. Dabei hätte er sie am liebsten weiter geküsst. „Hat Ihnen nie jemand gesagt, dass man schnell seinen Reiz verliert, wenn man sich so leichtfertig verschenkt?“, fragte er trotzdem.

Cathy fühlte sich zu Unrecht herabgesetzt. Vermutlich würde er ihr nicht glauben, wenn sie ihm sagte, dass sie sich einem Mann gegenüber noch nie so verhalten hatte. Aber warum sollte sie die ganze Schuld für das, was eben geschehen war, auf sich nehmen? Er hatte schließlich angefangen, sie auf so meisterhaft gekonnte Art zu küssen, dass sie in seinen Armen dahingeschmolzen war.

„Vermutlich halten Sie sich für untadelig“, sagte sie und hätte ihm am liebsten in sein arrogantes Gesicht geschlagen. Offensichtlich hatte er gespürt, dass es sie in den Fingern juckte, denn er schüttelte den Kopf, während in seinen goldenen Augen Wut flammte.

„Denken Sie nicht einmal daran“, warnte er.

Die kaum verhüllte Drohung brachte sie wieder zu sich. Scham erfüllte sie plötzlich. Doch es war zu spät, jetzt noch zu erröten, denn mit einem letzten verächtlichen Blick drehte der Fremde sich um und verließ wortlos das Hotel.

Ein paar Augenblicke stand sie ungläubig da, bis sie von draußen den gedämpften Klang von Reifen auf Kies hörte. Sie lief zum Fenster und sah, dass zwei teure schwarze Wagen in hohem Tempo die Auffahrt hinunterfuhren. Benommen fragte sie sich, was das wohl zu bedeuten hatte.

Verzweifelt versuchte sie, sich wieder zu sammeln, und strich mit den Händen über ihre Haare, ehe sie zum Empfang zurückging. Dort stieß sie auf einen dicklichen Mann um die vierzig. Er trug einen mit Farbe beklecksten Overall und hielt einen großen Block in der Hand. Mit breitem Lächeln sah er sie an, als sie zu ihm trat.

„Kann … kann ich Ihnen helfen?“, fragte Cathy, während ein schrecklicher Verdacht in ihr aufkeimte.

„Das hoffe ich doch“, sagte der Mann mit einem freundlichen irischen Akzent. „Ich bin der Maler und bin zum Ausmessen gekommen. Wo soll ich denn anfangen?“

2. KAPITEL

Entsetzt schüttelte Cathy den Kopf, als sie im Schlafzimmer ihres kleinen Häuschens in den Spiegel sah. Sie konnte doch unmöglich zur Arbeit gehen, so wie sie aussah. Aber der Schneider hatte wohl kaum falsch abgemessen. Schließlich war sie zwei Mal zur Anprobe bei ihm gewesen.

Sie drehte sich ein wenig, um sich von hinten betrachten zu können, und zuckte erschrocken zusammen. Denn hinten sah sie noch schlimmer aus, falls das überhaupt möglich war. Der Stoff klebte förmlich an ihrem Po und lenkte so die Aufmerksamkeit zu ihrem Kummer auf ihre weiblichen Rundungen.

Sie war ohnehin schon mit den Nerven am Ende, und der neue Kittel, den sie vom Schneider abgeholt hatte, versetzte ihr einen weiteren Tiefschlag. Mit zitternden Fingern hatte sie ihn angezogen, musste jedoch schließlich feststellen, dass er zu kurz und viel zu eng war. Der Stoff spannte sich über ihren vollen Brüsten und ließ sie noch voluminöser erscheinen.

Aber sie wollte weder Kleider tragen, die sie ständig an ihre Kurven erinnerten, noch ihr Gesicht mit Make-up zukleistern – zumal sie ohnehin nicht wusste, wie sie es genau auftragen musste. Doch nachdem Rupert ihr die Leviten gelesen hatte, hatte sie widerstrebend nachgegeben und obendrein noch ihre bequemen flachen Schuhe gegen ein Paar Stöckelschuhe vertauscht, in denen sie kaum gehen konnte. Hinter all dem Make-up fühlte sie sich nun wie verkleidet. Doch sie hatte sich selbst in diese unmögliche Situation gebracht, in der sie nun steckte.

Rupert hatte keine Ahnung davon, dass sie sich wie eine Närrin aufgeführt hatte, als sie einem ihr völlig Fremden erlaubte, sie auf eine Weise zu küssen, die ihr jetzt noch die Röte auf die Wangen trieb. Nur dass sich der Fremde in diesem Fall als Prinz herausgestellt hatte, der in Kürze mit seinem fürstlichen Gefolge ankommen würde.

Ein verlogener und doppelzüngiger Prinz, wie sie sich verbittert in Erinnerung rief. Ganz offensichtlich hatte es ihm Spaß gemacht, sie mit seinem starken Sex-Appeal zu bezwingen, sodass sie ihm völlig ergeben war. Jetzt fühlte sie sich dumm und naiv. Ob ihm das einen Kick versetzte, mit einer Bürgerlichen sein Spiel zu treiben?

Das war jetzt eine Woche her. Nachdem er das Hotel verlassen hatte, hatte Cathy schnell gemerkt, dass der Mann mit den goldenen Augen kein einfacher Handwerker war – sondern Prinz Xaviero persönlich. Ihre nachfolgende Recherche im Internet hatte diese Tatsache untermauert, als sein offizielles Porträt vor ihren ungläubigen Augen aufflackerte. Doch zwischen dem ernsten, attraktiven Gesicht, das ihr vom Bildschirm entgegenblickte, und dem Mann in den lässigen Jeans, der sie mit so sorglosem Verlangen geküsst hatte, lagen Welten.

Auf der offiziellen Internetseite von Zaffirinthos trug Xaviero eine Art Uniform mit dunklem Jackett, an dem verschiedene Orden prangten. Sein schwarzes Haar sah nicht zerzaust, sondern gezähmt aus, und sein Mund wirkte hart, ohne den kleinsten Anflug eines Lächelns. Auch wenn sie versuchte, sich nicht von diesem Anblick einfangen zu lassen, konnte sie nicht anders, als seine Schönheit zu bewundern – ehe sie sich wieder in Erinnerung rief, dass er sie absichtlich getäuscht hatte.

Um sich seinem Anblick zu entziehen, las sie den beigefügten Artikel über die Geschichte der Insel Zaffirinthos. Ein wunderschönes, mondsichelförmiges Paradies im Ionischen Meer, nahe an Griechenland gelegen und nicht weit von der südlichsten Spitze Italiens entfernt. Eine Insel, reich an Goldvorkommen und anderen wertvollen Bodenschätzen. Die Familie di Cesere war unglaublich wohlhabend und hatte fast überall auf der Welt Besitztümer und Geschäftsbeziehungen.

Cathy riskierte einen letzten Blick auf ihr ungewohntes Spiegelbild und machte sich bewusst, dass sie das Unvermeidbare nicht länger hinauszögern konnte. Sie musste sich dem Mann stellen, der sie so spontan geküsst und für einen törichten Moment ihr Herz hatte jubilieren lassen. Sie konnte nur hoffen, dass er ihren Chef nicht darüber informieren würde, wie unprofessionell sie sich verhalten hatte.

Es war ein sonniger Sommertag. Obwohl es noch früh war, stand schon eine große, schwarz schimmernde Limousine vor dem Eingang, und ein bullig wirkender Mann hielt Wache an der Tür.

„Ich arbeite hier“, erklärte sie, als ihr der Mann einen argwöhnischen Blick zuwarf.

„Können Sie sich ausweisen?“, fragte er scharf.

Cathy suchte in ihrer Handtasche, zog schließlich ihren Führerschein heraus und reichte ihn dem Mann. Ein Paar kalter schwarzer Augen verglichen ihr Gesicht mit dem Foto im Ausweis. Schließlich nickte er und trat beiseite, um sie durchgehen zu lassen.

Kaum hatte sie ihre Turnschuhe gegen die gefürchteten Stöckelschuhe vertauscht und ihre Tasche im Spind eingeschlossen, sah sie sich um und wunderte sich, wie viel man mit wenigen Mitteln doch erreichen konnte.

Alle Wände waren in einem hellen Ocker gestrichen worden, sodass der gesamte Raum größer und sehr viel gepflegter wirkte. Die Kronleuchter, bis vor Kurzem noch von Spinnweben und Staub bedeckt, verströmten nun ein warmes Licht, wie ein Regen funkelnder Diamanten. Die neuen großen Vasen, geschmückt mit blauer Iris und weißen Rosen, schienen mit ihrem herrlichen Duft und den wunderschönen Blüten die größte Veränderung zu bewirken.

Am Tag zuvor hatte sie das Bett in der Suite des Prinzen frisch bezogen, mit den Laken aus ägyptischer Baumwolle, die extra von London beordert worden waren. Während sie mit den Fingern über den edlen Stoff gefahren war, hatte sie sich gefragt, wie viel Geld Rupert wohl für seinen verehrten Gast ausgegeben hatte. Die neuen, weichen Samtvorhänge über dem Bett und die veränderte Beleuchtung gaben dem Raum ein vollkommen anderes Aussehen. Und auch das Badezimmer, jetzt mit der modernsten Einrichtung ausgestattet, war nicht wiederzuerkennen.

Sie zupfte gerade an ihrem viel zu kurzen Kittel, als Rupert mit äußerst zufriedener Miene die Empfangshalle betrat.

„Ist der Prinz schon da?“, fragte Cathy nervös.

„Er ist auf dem Weg. Einer seiner Leute hat mich eben angerufen.“

Cathy spürte, dass ihr Herz schneller schlug. Sie wollte ihn nicht sehen. Heuchlerin. Du hast doch an nichts anderes gedacht als an seine goldenen Augen und das süße Versprechen seiner Lippen. „Ich … ich sollte dann besser gehen …“

„Moment noch.“

Cathy merkte, dass Rupert sie langsam von Kopf bis Fuß betrachtete. Auch der Prinz hatte sie so angesehen, wobei sie völlig unerwartet ein heißes Prickeln verspürt hatte. Als hätte sein Blick tief in ihr eine Flamme entzündet, von der sie sich wünschte, dass sie weiter brennen würde. Als ob er ihr plötzlich Leben eingehaucht hätte.

Als Rupert sie jetzt auf ähnliche Weise ansah, verspürte sie jedoch nichts als eine leichte Übelkeit.

„Sie sehen fantastisch aus“, meinte er mit belegter Stimme.

Sie wollte sich abwenden, doch er hielt sie am Arm zurück.

„Bleiben Sie, Cathy. Ich möchte Sie mir doch genau ansehen.“

„Rupert …“

„Sehr hübsch“, schwärmte er. „Sehr, sehr hübsch. Was für unglaubliche Beine Sie haben! Wer hat denn da die ganze Zeit sein Licht unter den Scheffel gestellt?“

Der Klang von Schritten bewahrte sie vor einer Antwort, und Cathy zuckte vor Ruperts anzüglicher Berührung zurück. Doch kaum hatte sie sich abgewandt, begegnete sie dem golden funkelnden Blick eines Mannes, der gerade durch die Tür kam. Sein Blick war kalt und hart wie Metall. Ein ängstlicher Schauer lief ihr über den Rücken, während sie unter diesem Blick zu Eis erstarrte.

Seit sie sich im Internet seiner Identität vergewissert hatte, hatte sie sich im Geiste auf dieses Treffen vorbereitet. Und trotzdem fühlte sie sich nun fast überwältigt von dem Mann, der vor ihr stand.

Ohne die schlammbespritzte Jeans war er unverkennbar als das zu erkennen, was er war. Ein Prinz, der mit arroganter Miene näher trat. Seine Größe wirkte genauso beeindruckend wie die aristokratische Macht, die er ausstrahlte.

Obwohl sie sich verzweifelt bemühte, ihn nicht anzustarren, konnte Cathy den Blick nicht von ihm wenden.

Der dunkelgraue Anzug saß wie angegossen und unterstrich seine muskulöse Figur. Das schneeweiße Hemd betonte seine ebenholzschwarzen Haare und den leichten olivfarbenen Schimmer seiner Haut. Doch es waren seine golden schimmernden Augen, die sie völlig in seinen Bann zogen – der gefährlich glühende Blick, mit dem er sie unverhohlen bedachte.

Cathys Herz raste vor innerer Anspannung. Ob sie einen Knicks vor ihm machen musste? Bisher hatte sie so etwas nur im Film gesehen, und als sie einen kläglichen Versuch wagte, bereute sie es sofort, da seine Lippen sich verächtlich verzogen.

„Sie brauchen keinen Knicks zu machen – ich mag diese Geste der Höflichkeit nicht“, meinte Xaviero scharf. Aber die stille Wut, die in ihm kochte, hatte nichts mit ihrem Verhalten zu tun. Ihre Wurzel lag in etwas viel Tiefgreifenderem als der Etikette. Das Unerklärliche war geschehen, und das gefiel Xaviero nicht.

Denn die zierliche Blondine ließ ihn nicht mehr los. Ein Zimmermädchen! Eine einfache, schlecht bezahlte Angestellte, die er eigentlich sofort wieder hätte vergessen sollen.

Stattdessen raubte sie ihm die Nachtruhe oder geisterte durch seine Träume, seit er sie in der vergangenen Woche in den Armen gehalten und ihr diesen lächerlich kleinen Kuss gegeben hatte. Vielleicht weil sie die erste Frau war, die er unter dem Deckmantel völliger Anonymität geküsst hatte? Und wie sollte er ihre leidenschaftliche Reaktion deuten? Hatte sie damit nicht alles infrage gestellt, was er bisher geglaubt hatte? Dass es trotz seines unleugbar attraktiven Äußeren im Grunde nur das adlige Blut war, das ihn für das andere Geschlecht so anziehend machte. Doch das Zimmermädchen hatte nichts von seinem Status gewusst, noch schien sie sich darum zu kümmern, wer er tatsächlich war. Anscheinend hatte sie wirklich ihn gewollt, nur ihn.

Die Erinnerung an ihre leidenschaftliche Begegnung hatte ihn mit quälenden Bildern verfolgt. Er hatte sich vorgestellt, wie diese helle, wohl gerundete Person auf ihn reagieren würde, wenn er nackt unter ihr lag. Viel zu lebhaft hatte er dabei gespürt, wie er tief in sie eindringen würde. Nacht für Nacht war er schweißgebadet aufgewacht, erfüllt von einem unerklärlichen Sehnen, sich mit ihr zu vereinigen.

Ob sie vielleicht einfach nur zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen war, um sein Interesse zu erwecken? War sein Verlangen mit Macht zurückgekehrt und drohte ihn nun zu überwältigen? Wie anders sollte er sein anhaltendes Interesse an ihr erklären?

Als sein Flugzeug an diesem Morgen zum Landeanflug über dem Ärmelkanal ansetzte, dachte er mit gespannter Erwartung daran, sie wiederzusehen. Er müsste doch sicher nur mit den Fingern schnippen, damit die kleine Blondine ihm das gab, was er wollte. Sich vorzustellen, wie er sich in ihrer Weichheit verlieren würde, war fast zu viel gewesen nach so einer langen Enthaltsamkeit.

Und doch verspürte er jetzt nichts anderes als Enttäuschung. Denn die Frau, die vor ihm stand, war nur eine Karikatur derjenigen, die er in seinen Armen gehalten hatte. Ihre unverfälschte Frische einer Wiesenblume war verschwunden. Sie wirkte künstlich und unecht.

Ihre verlockenden Brüste wurden in einem engen, viel zu kurzen Arbeitskittel zur Schau gestellt, der fast vulgär wirkte. Auch ihre zierlich flachen Schuhe waren verschwunden und durch Stöckelschuhe mit unmöglich hohen Absätzen vertauscht worden. Und ihre Augen! Ungeschminkt hatten sie ihn fasziniert. Doch mit all dem Make-up schien das tiefe Blau die Leuchtkraft zu verlieren.

Sie sah aus wie ein Flittchen!

Er fühlte sich ernüchtert, auch wenn er es eigentlich hätte ahnen müssen. Denn so etwas passierte immer wieder. In Gegenwart eines Prinzen waren die Menschen nie sie selbst. Sie wollten durch ihre Kleidung auffallen und sagten Dinge, von denen sie glaubten, dass man sie hören wollte. Aus Ehrfurcht vor seiner Macht wurden sie zu Marionetten. Dass er sie an ihren Fäden springen lassen könnte, wie er wollte, langweilte ihn zunehmend.

„Eure Durchlaucht“, sagte Rupert. „Dürfte ich vorschlagen …“

„Nein, dürfen Sie nicht“, schnauzte Xaviero, immer noch missgelaunt, da ihm wieder einfiel, wie der Engländer das blonde Zimmermädchen bei seiner Ankunft bewundernd gemustert hatte. Ob sie zu ihm gehört? überlegte er. Mehr als ein Mal hatte er erlebt, dass Männer ihm ihre Frauen anboten, in dem bemitleidenswerten Versuch, sich damit bei ihm einzuschmeicheln. Wollte dieser Mann es genauso machen?

Würde er ein solches Angebot überhaupt annehmen? So wie seine Vorfahren, die sich auch an dem weiblichen Geschlecht erfreut hatten, das man ihnen wie ein Glas guten Weines oder ein köstliches Essen angeboten hatte? Als sein Blick zu der Blondine schweifte, bemerkte er, wie nervös sie war. „Wer ist diese Frau?“

„Das ist Cathy. Sie arbeitet als Zimmermädchen … unter anderem“, entgegnete Rupert und senkte dann die Stimme. „Falls Sie mit mir unter vier Augen zu sprechen wünschen, Eure Durchlaucht, dann schicke ich sie fort.“

Ungehalten winkte Xaviero ab, um ihn zum Schweigen zu bringen. Was für eine Vermessenheit! Als ob er, Xaviero, Wert auf die alleinige Gesellschaft dieses Mannes legen würde! „Kennt sie sich in dieser Gegend aus?“

Cathy wollte schon den Mund öffnen, um ihnen zu sagen, dass sie nicht über sie sprechen sollten, als sei sie Luft.

„Ja, das tut sie“, entgegnete Rupert, als ob sie ein dressiertes Tier wäre. „Sie ist nämlich schon ihr ganzes Leben lang hier.“

Xaviero wandte sich nun an Cathy und bemerkte zufrieden, wie ihre blauen Augen sich bei seinem Blick weiteten. Ja, sie würde ihm gehören, noch ehe dieser Tag zu Ende ging. Denn er musste dieses lästige Verlangen stillen, um es endlich loszuwerden. „Schön. Dann wird sie meine Begleiterin sein, solange ich hier bin.“

Entsetzt starrte Cathy ihn an. „Aber … ich bin dafür nicht qualifiziert genug“, protestierte sie mit einer Stimme, die plötzlich piepsig klang.

„Ach nein?“, meinte Xaviero herausfordernd.

Cathy schluckte schwer und verkrampfte ihre Finger ineinander. Das konnte doch nicht sein Ernst sein. „Ihnen sollte doch besser jemand zur Verfügung stehen, der darin geschult ist, für Ihre Sicherheit zu sorgen, Eure Durchlaucht.“

Xaviero hätte seinen bedenkenlos dahingeworfenen Vorschlag ohne Weiteres wieder zurücknehmen können, doch ihr Widerspruch festigte ihn in seiner Entschlossenheit, sie haben zu wollen. Indem sie ihren Wunsch nach Distanz geäußert hatte, hatte sie ihr Schicksal besiegelt. Als ein Mann, dessen Wünschen man immer entgegenkam, faszinierte ihn ihr Protest. Denn plötzlich war diese kleine Blondine gar nicht mehr so leicht zu haben.

„Wie aufmerksam von Ihnen, dass Sie so um mein Wohlergehen besorgt sind“, murmelte er höhnisch. „Aber ich wünsche eine Begleiterin, keinen Bodyguard. Und jemand, der sich hier vor Ort auskennt, ist sehr viel praktischer als einer meiner eigenen Leute.“

Cathy zuckte zusammen. Praktisch! Dieses Wort würde man eher für Gummihandschuhe verwenden, die man beim Abwasch benutzte. Ein wenig schmeichelhaftes Wort, aber vielleicht hatte er es absichtlich gewählt, aus reiner Bosheit? Sie warf einen Blick zu Rupert. Könnten Sie das nicht übernehmen? bettelten ihre Augen. „Außerdem arbeite ich hier“, fügte sie hinzu. „Ich kann nicht einfach alles stehen und liegen lassen, um Sie zu begleiten.“

„Natürlich können Sie“, warf Rupert ein, ohne auf ihre stumme Bitte einzugehen. „Das Hotel ist für andere Gäste geschlossen, solange der Prinz hier ist. Und ich bin sicher, dass auch jemand anders die Bettwäsche zusammenlegen kann. Cathy steht zu Ihrer Verfügung, solange Sie es wünschen, Eure Durchlaucht.“ Er lächelte, ehe er einen unmissverständlich warnenden Blick in ihre Richtung warf. „Und wir werden dafür sorgen, dass der Prinz das bekommt, was er wünscht. Nicht wahr, Cathy?“

Ein leichtes Gefühl von Übelkeit stieg in Cathy hoch, weil Rupert ihre Arbeit auf das Zusammenlegen von Bettwäsche reduziert hatte. Wie kriecherisch er doch klang! Merkte er denn nicht, dass der Prinz überheblich den Mund verzog?

Doch es ging nicht nur um die Arroganz des Prinzen, die sie zu der Weigerung veranlasst hatte, seine Begleiterin zu spielen. Flüchtig dachte sie an seinen Kuss und ihre Reaktion darauf. Eine berauschende Erfahrung, die die größte Herausforderung ihres Lebens zu sein schien, wenn sie daran dachte, wer er tatsächlich war. Aufregung und Angst kämpften in ihr, da sie spürte, wie gefährlich es sein würde, ihm so nahe zu sein. Was, in aller Welt, hatte ihn zu einer solchen Forderung veranlasst?

Sie wagte einen weiteren Blick und begegnete seinem kühlen Spott, der in den Tiefen seiner goldenen Augen lauerte. Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Er will dich. Und er glaubt tatsächlich, dass er es auch schafft, dich zu bekommen. Cathy biss sich auf die Unterlippe. Sie konnte es ihm kaum verübeln, so wie sie sich ihm gegenüber verhalten hatte.

Und hatte sie ihn nicht auch gewollt, selbst jetzt noch? Hatte sie bei seinem Kuss und seiner Umarmung nicht gespürt, dass er sie wollte? Dass ein Mann sie tatsächlich begehrte, sodass sie sich lebendig fühlte?

Sie zuckte mit den Schultern, darum bemüht, ihre Unruhe zu verbergen. „Was soll ich dazu sagen?“, meinte sie leichthin. „Dass ich erfreut bin?“

Xaviero verengte die Augen. Hatte da eben Resignation in ihrer Stimme mitgeklungen? Oder gab sie sich ihm gegenüber nur geziert? Versuchte sie es jetzt mit Anstand, ganz im Gegensatz zur vergangenen Woche? „Wunderbar“, murmelte er.

Rupert strahlte. „Nun, da jetzt alles geregelt ist, möchte ich Ihnen Ihre Suite zeigen, Eure Durchlaucht.“

„Nicht doch.“ Ungehalten winkte Xaviero ab. „Gehen Sie. Die junge Frau wird sich um meine Bedürfnisse kümmern.“

Einen kurzen Augenblick zögerte Rupert verwirrt, ehe er den Empfangsbereich verließ. Er wirkte wie ein kleines Kind, das man zum Spielen in den Regen hinausschickte, während Cathy mit dem Prinzen allein blieb. Schweigen hing zwischen ihnen. Cathy wusste nicht, was sie sagen oder wohin sie schauen sollte. Sie spürte nur, dass ihr Herz viel zu schnell schlug, da er sie eindringlich musterte.

„Sie scheinen auf der Hut zu sein“, bemerkte er leise, während er sich wieder in ihren wunderschönen blauen Augen verlor. „Stimmt das?“

Sie schluckte. Ja, sie war vorsichtig und erschreckend aufgeregt. „Warum sollte ich, Eure Hoheit?“

„Das beantwortet nicht meine Frage“, meinte er überheblich und hob die dunklen Brauen. „Ist es meinetwegen?“

Einen Moment schwieg sie. „Ganz und gar nicht.“ Sie senkte den Blick, damit er die Lüge in ihren Augen nicht sehen konnte.

Ein wissendes Lächeln umspielte Xavieros Lippen. War ihr denn nicht bewusst, dass ihr reizvoller Körper von ihrem Verlangen erzählte, auch wenn sie sich noch so sehr bemühte, es zu verbergen? Und dass sie versuchte, ihm zu widerstehen, erwies sich als unwiderstehliches Aphrodisiakum.

Statt der kalten, öden Leere, die seinen Körper so lange Zeit beherrscht zu haben schien, spürte er nun flammende Leidenschaft.

„Dann zeigen Sie mir doch jetzt meine Suite“, forderte er sie mit weicher Stimme auf.

3. KAPITEL

„Sie sehen heute anders aus“, bemerkte Xaviero.

Cathy schwieg, auch wenn seine Stimme samtweich geklungen hatte. Verwirrt versuchte sie damit zurechtzukommen, dass sie in dem neu eingerichteten Schlafzimmer ganz allein mit dem Prinzen war. Sie fühlte sich in die Enge getrieben unter seinem sengenden Blick, als könnte er durch ihren knappen Kittel erkennen, wie sehr sie innerlich zitterte. Und ganz in ihrer Nähe stand ein großes Bett, das sie selbst gemacht hatte.

Sein Gepäck musste schon vorher gekommen sein, genauso wie der Stoß Unterlagen auf dem Schreibtisch. Goldene Manschettenknöpfe mit Wappen lagen neben einer silbernen Haarbürste auf einem Schränkchen.

Ein Morgenmantel aus schwerer Seide hing über einem der Stühle. Weiße Hemden stapelten sich in dem Schrank, dessen Tür halb offen stand. Eine Reitpeitsche mit Lederband lehnte an der Tür. Cathy schluckte gegen ihre Angst an, während sie überlegte, wie schnell sie sich zurückziehen könnte, ohne unhöflich zu wirken. Und trotzdem musste sie sich eingestehen, dass ein Teil von ihr am liebsten den ganzen Tag bei ihm bleiben würde.

„Ganz anders“, murmelte er, während er mit seiner unverhohlenen Musterung fortfuhr.

Auch wenn ihr Herz rasend schnell schlug, beruhigte sie der Gedanke, dass er zumindest davon nichts wusste. Also setzte sie eine ausdruckslose Miene auf. „Ja, Eure Durchlaucht“, antwortete sie nüchtern. „Ich habe einen neuen Arbeitskittel.“

Er sah auf die Knöpfe und die verlockende Oberweite, die den Kittel zu sprengen drohte. „Was ist denn passiert?“, fragte er. „Haben Sie zugenommen, während er angefertigt wurde?“

Cathy vermutete, dass Rupert den Schneider bewusst angewiesen hatte, den Kittel enger zu machen, aber das konnte sie wohl kaum zugeben. Mangelnde Loyalität ihrem Chef gegenüber war kein bewundernswerter Zug – ganz egal, wie sehr er es auch verdient haben mochte.

„Ich wüsste nicht“, gab sie mit hölzerner Stimme zurück.

Xaviero ertappte sich dabei, wie sein Blick über ihren wohlgeformten Körper wanderte. Ihre Figur entsprach nicht dem derzeitigen Schönheitsideal, dafür war er zu gerundet an manchen Stellen. Und dennoch weckte er sicher Verlangen in jedem Mann.

Er spürte, wie sein Mund trocken wurde – und ein Ziehen in den Lenden. Diese herrlichen Brüste sollten eigentlich niemals unter Kleidung verborgen liegen. Und vielleicht sollte er ihnen den Gefallen tun, sie so schnell wie möglich zu befreien. Sie würde sicher aussehen wie eine der nackten Frauen auf seinem Lieblingsgemälde, das im Thronsaal von Zaffirinthos hing, das Bild, das er als Teenager immer heimlich und voller Sehnsucht betrachtet hatte.

Doch diese Frau verhielt sich ihm gegenüber nicht so, wie er erwartet hatte. Heute verriet nichts in ihrem Blick, dass sie ihn zum Kuss aufforderte, so wie in der vergangenen Woche, als er sie, ohne zu zögern, in seine Arme gezogen hatte. Stattdessen sah sie ihn so wachsam an, als würde sie sich einer gefährlichen Schlange gegenübersehen. Aber warum nur? Schließlich waren sie allein. Und seine Bodyguards würden sie nicht stören, ohne seine Erlaubnis. Warum also hielt sie sich zurück?

Xaviero verengte die Augen. Vielleicht weil sie eher den Mann begehrte, für den sie ihn gehalten hatte. Ein Gedanke, der ihn auf unerklärliche Weise stärker begeisterte als alles, an das er sich erinnern konnte.

„Wie sind Sie wirklich?“, fragte er gedehnt. „Habe ich Sie neulich überrascht, als Sie so erfrischend natürlich wirkten? Oder sehen Sie normalerweise immer wie ein … Revuegirl aus? Vielleicht dachten Sie, dass ein Prinz eher auf die offensichtlichen Signale reagiert, die Sie heute aussenden. Stimmt’s, Cathy?“

Ihr Name aus seinem Mund klang ganz anders, als sie ihn je gehört hatte. Seine Zunge schien die erste Silbe zu liebkosen, als würde er sie küssen. Und obwohl ihr vage bewusst war, dass er sie mit seiner Anspielung beleidigte, konnte sie nichts dagegen tun, dass ihr verräterischer Körper auf ihn reagierte. Sie schien völlig hilflos in ihrem Kampf, ihm widerstehen zu wollen. Ihr Blut pulsierte in den Adern, und ihre Kehle schien wie zugeschnürt, sodass sie nur gepresst eine Antwort herausbrachte. „Mir würde nicht im Traum einfallen, so vermessen zu sein, Eure Durchlaucht.“

„Ach nein?“ Die leichte Röte auf ihren Wangen war ihm nicht entgangen. „Wie schade. Vielleicht bin ich ja gerade in der Stimmung dafür. Vielleicht langweilen mich ja Menschen, die vor mir katzbuckeln. Die sich wie Marionetten verhalten und mir das erzählen, was ich ihrer Meinung nach hören will.“ Mit funkelndem Blick sah er sie an. „Ich fand es nämlich faszinierend, wie Sie neulich auf mich reagiert haben.“

„Eure Durchlaucht …“

„Die Ehrlichkeit in Ihrem Blick hat mir sehr gefallen und das unverhohlene Verlangen nach mir. Wie Sie sich in diesem Kuss verloren und in meinen Armen dahingeschmolzen sind.“

Ihr Mund wurde trocken. Hatte sie nicht alles versucht, um die Erinnerung an diesen Tag auszulöschen? „Eure Durchlaucht …“

„Wir wissen doch beide, was passiert wäre, hätte dieses Telefon nicht geklingelt, nicht wahr, Cathy?“

Bitte hör auf, mich so anzusehen, flehte Cathy im Stillen. Denn unter seinem Blick schien sie zu erzittern wie in einem Schneesturm. Verzweifelt suchte sie nach Worten, doch nur ein erstickter Laut kam über ihre Lippen.

„Und ich hasse nichts mehr als unerledigte Angelegenheiten“, murmelte er. „Also sollten wir das Ganze noch einmal wiederholen. Küss mich, Cathy. Aber diesmal, ohne aufzuhören.“

Seine Worte schockierten und erregten sie zugleich. Cathy spürte, wie ihr Körper unter seinem begierigen Blick reagierte. Was war so falsch daran, dass sie seine warmen Lippen noch einmal auf ihrem Mund spüren wollte?

Ihr Zögern überraschte ihn. Er konnte sich nicht erinnern, dass er je zwei Mal hatte fragen müssen. „Außer es gibt irgendetwas, das uns abhalten könnte. Vielleicht ein anderer Mann?“ Er hatte überheblich geklungen, da er wusste, dass er jeden anderen aus dem Rennen schlagen könnte. Das Verlangen des Prinzen setzte alles andere außer Kraft.

Cathy schüttelte den Kopf, während ihr Puls viel zu schnell schlug. Wie sollte sie einen klaren Gedanken fassen, wenn er sie so ansah? „Nein, es gibt nichts“, entgegnete sie, während sie sich daran erinnerte, wie einsam und zurückgewiesen sie sich gefühlt hatte, als sie Peters Brief gelesen hatte. „Es … es gab jemanden. Ich war verlobt, aber …“

„Aber was?“, wollte Xaviero wissen, um dieses letzte Hindernis aus dem Weg zu räumen.

„Er … nun, es ist vorbei.“

Xaviero gestattete sich ein kurzes, zufriedenes Lächeln. Dass sie verlobt gewesen war, hieß, dass sie Erfahrung hatte – und dass sie auch treu war. Ob der Mann ihr das Herz gebrochen hatte? Wenn dem so war, könnte er, Xaviero, ihr doch zeigen, dass das Leben trotzdem weiterging. Und dass sie die Liebkosungen eines anderen Mannes genießen könnte …

Gedankenverloren strich er mit dem Finger über ihre zitternden Lippen. Zweifellos war er der raffinierteste Liebhaber, den sie je haben würde.

„Wir sollten miteinander schlafen“, sagte er geradeheraus.

„Eure Durchlaucht“, stieß sie atemlos hervor, obwohl sie merkte, dass ihr Protest wenig überzeugend klang. Sein eindringlicher Blick war einfach zu verführerisch – und die Vorstellung, dass er sie in den Armen halten würde, zu verlockend, um noch länger zu widerstehen. Noch nie hatte sie so ein brennendes Verlangen verspürt. Sollte sie ihn zurückweisen? Oder es zumindest versuchen?

Doch er hatte sie schon in die Arme gezogen und schenkte ihr ein Lächeln, das in ihr den verzweifelten Wunsch aufkommen ließ, ihn zu küssen und das berauschende Gefühl wieder zu erleben, das er neulich in ihr geweckt hatte. Halbherzig wand Cathy sich in seinen Armen, erntete jedoch nur ein tiefes Lachen von ihm und merkte sofort, was ihn erheitert hatte, als sie gegen seine harte, ausgeprägte Männlichkeit stieß.

„Eure Durchlaucht!“, keuchte sie.

„Xaviero“, verbesserte er mit einem Aufstöhnen. „Was ist denn? Sag es mir.“

Was könnte sie ihm schon anderes sagen, als dass sich seine Umarmung himmlisch anfühlte? Und dass kein Mann je ein solches Gefühl in ihr geweckt hatte. Er war ihr so nahe, dass sie seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht spürte, so unglaublich sinnlich, dass sie schwach wurde. Auch wenn sie schon den Boden unter den Füßen verloren hatte, gebot ihr der gesunde Menschenverstand, zu gehen, ehe es zu spät war. Doch ihr Verstand löste sich in einem heißen, leidenschaftlichen Begehren auf, als seine Lippen die ihren fanden – und Cathy wusste, dass sie verloren war.

Beim letzten Mal hatte er sie beinahe vorsichtig geküsst, wie jemand, der einen Zeh ins Wasser hält, um die Temperatur zu prüfen. Aber heute war er kopfüber ins Wasser gesprungen.

Ohne Vorwarnung stieß Xaviero sie auf das weiche Bett. Er sah, wie ihre Augen sich überrascht weiteten, als er begann, ihr Kleid aufzuknöpfen. „Ich mag meine Frauen nackt“, murmelte er, während er den wild schlagenden Puls an ihrem Hals küsste.

Ihre Gedanken kämpften um die Herrschaft über ihre Gefühle. Meine Frauen, hatte er gesagt. Was nichts anderes hieß, als dass er einige kannte. Sie schluckte, während seine Lippen sanft über ihr Kinn strichen. Natürlich kennt er viele Frauen. Wie sollte es anders sein bei einem Mann wie ihm. Ein weiterer Knopf flog auf, und Cathy schloss die Augen, als seine Finger über ihren Bauch wanderten. Sollte sie es ihm sagen?

Doch er war schon dabei, ihr die Schuhe auszuziehen. Dann die Strümpfe. Schließlich fuhr er mit der Fingerspitze über ihre nackte Fußsohle. Cathy konnte es kaum glauben, dass eine so unschuldige Geste ein solch prickelndes Gefühl hervorrufen konnte.

Sie schnappte nach Luft und vergaß all ihre Befürchtungen. Denn plötzlich war er wieder der Mann in abgetragenen Jeans. Der Mann mit den golden schimmernden Augen, der sie so fasziniert hatte. Der ihren Körper mit seinen kundigen Berührungen zum Leben erweckte. „Das … es ist wunderschön.“

Ein Lächeln huschte über Xavieros Züge, als er ihr den Kittel auszog und dann kurz ihre Unterwäsche musterte.

Seine Finger strichen über ihren Rücken, auf der Suche nach dem Verschluss ihres BHs. Funktionell, das war das Wort, mit dem man ihre Wäsche am besten beschreiben konnte. Ein hautfarbenes Höschen, genau wie der BH.

Xaviero stöhnte auf, als ihre wunderschönen Brüste sich endlich unverhüllt darboten.

„Porca miseria!“ Er schnappte nach Luft, ehe er sie ungläubig umfasste.

Cathy hatte den Kopf auf das Kissen gelegt. Sie wusste noch, dass sie ihm Einhalt gebieten sollte, doch als seine Lippen eine heiße Spur über ihre Brüste zogen, war sie zu keinem klaren Gedanken mehr fähig.

„Oh“, keuchte sie verzückt.

Einen Moment hielt er inne, während das Blut heiß in seinen Adern pulsierte. Sie war so empfänglich, wie er es sich nicht einmal hätte erträumen können. Und Träume waren eine starke Macht, wusste er. Daher hatte er einen Moment das Gefühl, diese Frau wirklich zu kennen. Denn er war einem Abbild von ihr in der Welt des Unbewussten begegnet, die er bewohnte, während er schlief. Erregte sie ihn deshalb so sehr? Oder war er einfach nur ausgehungert nach der Berührung einer Frau?

Allerdings berührte sie ihn gar nicht. Vielleicht weil sie nichts als ein Höschen trug, während er seinen Anzug noch anhatte. Er hob den Kopf und streifte mit dem Mund ihre Lippen. „Kann ich dich für einen Moment allein lassen?“

Cathy erstarrte, herausgerissen aus einer Wolke der Sinnlichkeit. „Mich allein lassen?“, wiederholte sie.

Xavieros Mund verzog sich zu einem befriedigten Lächeln. Hieß es nicht, dass Frauen aus einfachen Verhältnissen die besten Liebhaberinnen waren? Sie besaßen diese unverfälschte Leidenschaft, sagte man. Er fuhr mit dem Finger über ihre Haut und spürte, wie sie erzitterte. Sicherlich war ihr bewusst, dass solch eine Liaison nie von Dauer sein könnte. Anders als die ambitionierten Schönheiten aus seiner Vergangenheit würde das kleine Zimmermädchen keinerlei Erwartungen an eine Zukunft mit ihm hegen. Was für ein befreiender Gedanke!

„Nur solange ich mich ausziehe“, fügte er hinzu und streichelte ihre Brust. „Ich will meine Haut auf deiner spüren.“

„Oh.“ Cathys Wangen röteten sich vor Vergnügen. Ihre restlichen Zweifel verflogen in Vorfreude auf das, was geschehen würde.

Schnell stand er auf, zog Schuhe, Strümpfe und sein Jackett aus. Er sah, dass sie jede seiner Bewegungen mit unverhohlenem Interesse beobachtete.

Nie hätte Cathy gedacht, ein solch überschwängliches Vergnügen überhaupt empfinden zu können. Normalerweise stand ihre Schüchternheit ihr im Weg. Nun lag sie auf einem der Hotelbetten mit nichts als einem Slip – und machte sich nicht das Geringste daraus.

Sie schluckte, als der Prinz sein Hemd aufknöpfte und seine muskulöse Brust entblößte. Bis jetzt hatte sie ihr Leben so geführt, wie man es ihr beigebracht hatte. Und wie weit war sie damit gekommen? Nirgendwohin, genau genommen. Für Peter hatte sie nie das empfunden, was sie für den Prinzen fühlte. Ihr schien, als müsste sie vergehen, wenn er sie nicht gleich wieder küssen würde.

Entschieden schob sie alle Gedanken beiseite und verlor sich in seinen faszinierten Augen, als er die Krawatte auf den Boden fallen ließ. Seine Hand glitt zum Gürtel. Langsam öffnete er den Reißverschluss seiner Hose und zog sie mitsamt Boxershorts hinab.

Cathy keuchte auf beim Anblick seiner harten Männlichkeit und lächelte.

„So groß, mmh?“, fragte er mit leiser Befriedigung, stieg zu ihr ins Bett und dirigierte ihre Hände zwischen seine Beine.

Obwohl Cathy vor einer solchen Intimität hätte zurückschrecken müssen, wollte sie ihm doch zu Gefallen sein. Nach der ersten vorsichtigen Berührung fiel jede Scheu von ihr ab, und sie sehnte sich danach, ihn ganz zu erkunden. Neugierig fuhr sie mit den Fingerspitzen über den Beweis seiner Erregung, doch er zuckte zurück, als hätte sie ihn verbrannt.

„Nein“, sagte er entschieden und hielt ihre Hand fest. „Nicht schon beim ersten Mal.“

Sie stöhnte unter ihm auf, während Xaviero ihre süße Wärme erkundete. Normalerweise würde er sie mit all seinen Künsten verwöhnen, was seine Geliebten immer völlig in seinen Bann gezogen hatte. Sie hatten ihn für selbstlos gehalten, was in vielerlei Hinsicht auch stimmte. Aber sie hatten ihm auch vorgeworfen, dass er sich emotional zurückhielt.

Als Cathy nun seine Schultern umfasste und mit dem Mund über seine Brust strich, konnte Xaviero es kaum mehr erwarten. Noch nie hatte er ein so heftiges Verlangen bei einer Frau verspürt. Jede Faser ihres Körpers schien sich nach ihm zu verzehren.

Cathy biss sich auf die Unterlippe. Sollte sie ihm sagen, wie unerfahren sie eigentlich war und dass sie schreckliche Angst hatte, ihn zu enttäuschen? Doch sie wollte den Zauber des Augenblicks nicht zerstören und gab sich ganz der unwiderstehlichen Hitze hin, die ihren Körper erfüllte. Sie spürte, dass sie ihn ganz haben wollte, ohne diesem Verlangen noch Einhalt gebieten zu können.

Sanft drückte er ihre Beine auseinander, während sein Mund sie weiter liebkoste. Einen kurzen Augenblick überlegte sie, es ihm zu sagen. Doch im nächsten Moment war er schon in ihr. Ein erstickter Schrei entfuhr ihr, gefolgt von seinem.

Was hatte er gesagt? Doch sicher nicht nein.

Irgendetwas hatte sich verändert. Die Stimmung schien sich von grenzenloser Freude in Wut verwandelt zu haben. Sie bewegte die Hüften, um ihn weiter in sich aufzunehmen.

„Nicht bewegen“, sagte er barsch.

Doch es war zu spät. Während sie sich unter ihm wand und er ihre süße Enge spürte, wusste er, dass er verloren war.

Voller Ekstase erreichte er einen Höhepunkt, wie er ihn noch nie erlebt hatte. Und doch hasste er sie dafür und zog sich zurück, nachdem er wieder seiner Sinne mächtig war. Als er auf sie hinuntersah, wurde er von einer seltsam schwarzen Leere erfasst.

„Warum behältst du so etwas für dich?“, sagte er anklagend. Dann stand er auf und zog mit einer wütenden Bewegung seinen Morgenmantel an.

Sie spürte nichts als seine Missbilligung, als er wie ein dunkler Racheengel vor ihr aufragte. „Aber Eure Durchlaucht …“, sagte sie verwirrt und wagte es immer noch nicht, ihn beim Vornamen zu nennen. „Was habe ich denn getan?“

„Du weißt verdammt gut, was ich meine“, wütete er. „Was für ein Spiel soll das sein?“

„Spiel?“

„Meinst du nicht, du hättest mir sagen sollen, dass du noch Jungfrau warst?“

4. KAPITEL

Mutlos sank Cathy in die Kissen zurück, während sie in das vor Zorn funkelnde Gesicht des Prinzen sah. „Habe ich etwas falsch gemacht?“, fragte sie mit zitternder Stimme.

„Falsch? Ach bitte, spiel mir nicht die Unschuldige vor!“ Doch sie war ja tatsächlich unschuldig gewesen, wie ihm im gleichen Moment bewusst wurde. Also konnte eine Frau zwar körperlich noch unschuldig, aber dennoch verschlagen sein. Und er hatte geglaubt, dass sie ihn als Mann begehrte und nicht um seines Titels willen!

Wie hatte er nur so dumm sein können, sie nicht zu durchschauen? Stattdessen war er in die altbekannte Falle gelaufen, weil sie ihn in die Irre geführt hatte. Wie geschickt sie das angestellt hatte mit ihren großen aquamarinblauen Augen und ihrem sinnlichen Körper. Wütend ballte er die Hand zur Faust. „War das mit deinem Verlobten eine Lüge?“

„Nein!“, protestierte sie. „Ich war wirklich verlobt.“

„Wie kannst du dann noch Jungfrau sein?“, knurrte er. „Heutzutage wartet doch niemand mehr bis zur Hochzeit, jedenfalls nicht in deiner Welt.“

Entsetzt zuckte Cathy zusammen, als sie sah, wie sein Mund sich verächtlich verzog. So gering dachte er also von ihr. Wie dumm sie doch gewesen war. Ihr größtes Geschenk hatte sie einem Mann gegeben, der es ihr wie einen schmutzigen Lumpen wieder ins Gesicht schlug.

„Er hat tatsächlich gesagt, dass er bis zur Hochzeit warten will“, widersprach sie aufgebracht.

„Und du hast dich damit zufriedengegeben, obwohl du so schnell entflammbar bist?“, fragte er ungläubig.

„Nun … ja. Das habe ich.“ Für sie war es kein Problem gewesen, bei Peter damit noch zu warten. Und angesichts seines Berufs schien es ihr auch mehr als angemessen. „Er war nicht wie du“, schloss sie unglücklich.

„Niemand ist wie ich“, gab er überheblich zurück, ehe seine Züge sich noch mehr verdunkelten. „Ich bin betrogen worden.“

Entgeistert starrte Cathy ihn an. Hatte er da nicht etwas vergessen? „Und was ist mit mir?“, flüsterte sie. „Du hast mich auch betrogen, oder nicht? Du hast vorgegeben, Handwerker zu sein. Warum das Ganze?“

Doch er hörte gar nicht zu. Vielmehr dachte er an diesen Engländer, Rupert. Als er, Xaviero, an diesem Morgen das Hotel betreten hatte, hatte sie sich aufgeschreckt von Rupert gelöst. War er ihr Verlobter gewesen?

„Ist es dieser … Rupert?“, fragte er anklagend.

Völlig verwirrt starrte Cathy ihn an. „Ich verstehe nicht.“

„Wolltest du ihn heiraten?“

„Nein!“, widersprach sie entsetzt. „Mein Verlobter war ein angehender Geistlicher“, erklärte sie und merkte, dass ihn dies noch wütender zu machen schien.

Xaviero kniff die Augen zusammen. Was, zum Teufel, ging hier vor? Steckte sie mit dem Hotelier unter einer Decke? Hatte er um seines eigenen Vorteils willen dieses kleine Zimmermädchen dazu überredet, ihn, den Prinzen, zu verführen? Aber solange sie in ihrer wunderschönen Nacktheit vor ihm lag, konnte er sie nicht ins Kreuzverhör nehmen.

„Bedeck dich!“, forderte er hitzig.

Da Cathy glaubte, dass sie sich anziehen solle, wollte sie aufstehen. Doch schon bückte er sich mit finsterem Blick, hob die seidene Bettdecke auf, die bei ihrem Liebesspiel heruntergerutscht war, und warf sie ihr zu. Liebespiel? Dieses Wort war wohl kaum angemessen für das, was eben passiert war, dachte Cathy, während sie die Decke über sich zog.

Tief atmete Xaviero durch. „Bringen wir es hinter uns. Was willst du?“

„Was … was ich will?“

„Du hast sehr gut verstanden.“

Cathy starrte ihn an. Sie wollte das schreckliche Gefühl loswerden, dass ihr sagte, eben den größten Fehler ihres Lebens gemacht zu haben. Oder dass die letzten zehn Minuten ausgelöscht würden und er wieder zu ihr käme, um sie erneut zu küssen. Doch sie vermutete, dass nichts dergleichen geschehen würde. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“

Ungläubig sah Xaviero sie an. War ihr Blick für ihn so voller Unschuld gewesen, ihre Leidenschaft so süß, weil er es so hatte sehen wollen? Er kam aus einer Welt, in der Jungfräulichkeit noch ein hohes Gut war. Und er konnte nicht glauben, dass eine Frau sich so achtlos verschenkte, ohne Hintergedanken dabei zu haben.

„Dein Verhalten zeigt doch wohl, dass du etwas geplant hast“, murrte er. „Steckst du mit deinem Chef unter einer Decke? Wolltest du mich mit deinem viel zu engen Kittel und deinen grell geschminkten Augen ködern? Die altbekannten Tricks, um sich einen Mann zu angeln?“

„Ich verstehe nicht“, meinte Cathy erneut. Langsam stieg Wut in ihr auf. Der Prinz schien ernsthaft schockiert, dass sie noch Jungfrau gewesen war. Aber es ging immer nur um ihn. Hatte er auch nur einmal überlegt, wie sie sich fühlte? In ihrer Naivität hatte sie geglaubt, dass zwischen ihr und dem Mann mit den goldenen Augen tatsächlich ein Funke übergesprungen war. Etwas Besonderes, das schon in ihrer ersten Begegnung lag. In ihrer Unerfahrenheit hatte sie in seinem leidenschaftlichen Kuss mehr gesehen als nur Lust.

Sie umklammerte die Seidendecke und hob das Kinn. „Warum, in aller Welt, sollte ich mit Rupert unter einer Decke stecken?“

„Um einen besseren Preis auszuhandeln?“, gab er zurück und durchbohrte sie mit seinem Blick.

Übelkeit stieg in Cathy hoch. Er wollte doch sicher damit nicht andeuten, dass sie sich verkauft hatte. Sie schluckte gegen den bitteren Geschmack in ihrem Mund an. „Einen besseren Preis? Für was denn?“

„Für das Hotel natürlich“, gab er scharf zurück.

Ein seltsames Schweigen hing im Raum. Cathy beschlich eine dunkle Vorahnung und spürte, wie sich ihr der Magen verkrampfte. „Für das Hotel?“, wisperte sie.

Einen Moment war er still. „Hat er dir nichts davon gesagt?“

„Was denn?“

„Dass er es verkaufen will?“ Nachdenklich bemerkte er, wie sie blass wurde. „Nein, offensichtlich nicht.“

„An … an dich?“

Xaviero schenkte ihr ein grimmiges Lächeln. „Natürlich an mich. An wen denn sonst?!“

Durch all die nebelhaften Eindrücke, die ihr durch den Kopf schwirrten, war Cathys erster Gedanke, dass sie nun würde gehen müssen. Etwas anderes kam nicht infrage. Prinz Xaviero würde ihr Chef sein. Wie sollte sie das ertragen? Doch als sie seinem eiskalten Blick begegnete, wusste sie, dass dieser Mann, der aus seiner Verachtung keinen Hehl machte, sie sicher nicht weiter beschäftigen würde.

Aber irgendetwas passte nicht zusammen. Sie wusste, dass Prinzen heutzutage auch oft einen normalen Beruf hatten. Aber dieser hier?

„Willst du damit sagen, dass du … Hotelier wirst?“, fragte sie perplex.

Einen Moment war es still, ehe Xaviero ein überhebliches Lachen ausstieß. Ihre alberne Frage hatte ihn schlicht darin bestätigt, dass er sich keine unpassendere Geliebte hätte suchen können.

„Kannst du dir etwa vorstellen, dass ich ein Hotel wie dieses hier leite?“, spottete er.

Nein, das konnte sie nicht, doch sein abfälliger Tonfall gab Cathy erneut einen Stich. Es mochte zwar nicht das modernste Hotel sein, aber dies war der einzig richtige Job, den sie je gehabt hatte. Und sie fühlte sich diesem Haus gegenüber in gewisser Weise verbunden.

„Eigentlich nicht“, sagte sie. Weil ein Mindestmaß an Höflichkeit und Charme notwendig war, um in dieser Branche Erfolg zu haben. Und an beidem schien es dem arroganten Prinzen zu mangeln. „Und warum willst du es kaufen?“

„Weil ich einen Zufluchtsort haben will. Ein wunderschönes englisches Landhaus. Dies hier könnte man mit ein bisschen Geld und Umsicht zu einem modernen Haus umgestalten. Es liegt nahe genug bei London, den internationalen Flughäfen und meinem Poloclub. Aber auch weit genug entfernt, um der Hektik des Alltags zu entfliehen. Das Anwesen ist groß genug für einen Hubschrauberlandeplatz, was meine Sicherheitsleute zufriedenstellen wird. Dieser Ort scheint die meisten Kriterien zu erfüllen, obwohl offensichtlich noch viel Arbeit hineingesteckt werden muss, um es bewohnbar zu machen.“ Er lachte verhalten. „Ich? Als Hotelier? Hast du das wirklich geglaubt?“

Verblüfft sah Cathy ihn an. Sie hatte schon die schreckliche Vorstellung gehabt, dass der Prinz das Hotel übernehmen würde, aber jetzt merkte sie, dass es noch weit schlimmer kommen könnte. Dass es nämlich bald gar kein Hotel mehr geben würde, sondern nur noch ein Privathaus. Dann ständen sie und alle anderen Angestellten ohne Arbeit da. Sie würden entlassen, von einem selbstsüchtigen Prinzen, der nur an sich dachte!

„Wenn ich jetzt darüber nachdenke, nein. Es war dumm von mir, so etwas zu sagen“, stimmte sie zu, während ihre Stimme vor Wut und Schmerz zitterte. „Denn ich glaube nicht, dass du genug Menschenkenntnis hast, um ein Hotel zu führen.“

Einen Moment war es still, während er sie ungläubig ansah. „Was hast du eben gesagt?“

Lass dich von ihm nicht einschüchtern, dachte Cathy grimmig. Was hatte sie denn getan, dass die Männer glaubten, sie könnten über ihre Gefühle hinwegtrampeln wie eine Herde Kühe über eine Wiese? Eben noch hatte er ihr die Unschuld genommen, um sie im nächsten Moment wie eine billige Hochstaplerin abzukanzeln.

„Du hast genau gehört, was ich gesagt habe.“

„Wie kannst du es wagen!“, sagte er in gefährlichem Ton.

Sie zuckte unter seinem anklagenden Blick nicht einmal zusammen. „Die Wahrheit macht dich also wütend, Eure Durchlaucht?“

Ihre Unverschämtheit nahm ihm fast den Atem. „Das ist völlig inakzeptabel!“, zischte er.

Cathy wickelte sich noch fester in die Decke. Hätte in seinem Leben öfter jemand so mit ihm gesprochen, wäre er vielleicht nicht so unerträglich arrogant. „Nun, wenn du mich gehen lässt, muss du dich nicht länger von mir belästigt fühlen.“

Immer noch wütend über ihren Ungehorsam, hielt er inne und betrachtete ihr gerötetes Gesicht und die blauen Augen, die Feuer zu sprühen schienen. „Ich werde dich nicht aufhalten“, sagte er ruhig.

Entgeistert sah sie ihn an. „Ach nein?“

„Natürlich nicht.“ Er lächelte, während er seine zunehmende Erregung unter dem Morgenmantel spürte. „Geh, wenn es das ist, was du willst.“

Cathy schluckte schwer. Sie wusste, dass sie sich nicht würde rühren können, solange sein Blick aus goldenen Augen auf ihr ruhte. „Würde … es dir dann etwas ausmachen, dich umzudrehen?“

Ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen. „Ja, das würde es.“ Er strich mit dem Finger über ihr Dekolleté. „Ist es nicht ein bisschen zu spät für Sittsamkeit?“

Ihr Atem kam stockend. „N…nein, das glaube ich nicht.“

Sein Finger wanderte tiefer. „Sicher?“

„Ziem…ziemlich sicher“, hauchte sie und betete inständig, dass er nicht aufhören würde, sie zu berühren. Gleichzeitig verachtete sie sich dafür, dass sie es zuließ. Stoß ihn weg, sagte sie sich im Stillen. Dann wird er dich gehen lassen. Denn obwohl in seinem Blick etwas sehr Besitzergreifendes lag, war sie sich sicher, dass er sofort aufhören würde, wenn sie ihn darum bäte.

„Das eben war nicht gerade die beste Einführung in den Sex, cara mia“, murmelte er und fuhr mit dem Finger über eine ihrer Knospen, die sich sofort aufreckte.

Cathys Griff, mit dem sie die Bettdecke umklammerte, lockerte sich. „Ach … nein?“

„Nein.“ Xaviero umfasste ihre Brust, während die Decke bis zu ihren Hüften hinabrutschte. Er beugte sich hinab, küsste die rosige Spitze und spürte, wie Cathy zusammenzuckte, als er mit der Zunge darüberfuhr. „Hätte ich gewusst …“ Wenn er vorher davon gewusst hätte, wäre er ihrem blauäugigen Zauber sofort entflohen. Aber vielleicht war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, ihr dies zu sagen. „Dann wäre ich ein bisschen langsamer vorgegangen.“

Mit flatternden Lidern schloss Cathy die Augen und spürte, wie seine Zunge ihren Bauch hinunterwanderte und eine heiße Flamme des Verlangens in ihr aufloderte. Sie vergrub ihre Finger in seinem dunklen, seidigen Haar, während sie gegen einen Strudel unbekannter Gefühle kämpfte.

„Gefällt dir das?“, fragte er, ehe er mit seiner Zunge zärtliche Kreise um ihren Bauchnabel zog.

„Ja“, hauchte sie atemlos.

Sanft schob er ihre Beine auseinander, und als er mit seinem Mund über ihre geheimste Stelle strich, keuchte sie atemlos auf und wand sich vor Verzückung.

Cathy war entflammt, während ihr Körper sich nach Erfüllung sehnte. Irgendwie fühlte sich das, was er nun tat, intimer an als zuvor. Der Prinz küsste sie dort. Dort. War das möglich? Doch dann vergaß sie, dass er ein Prinz war, vergaß die wütenden Worte und Beschuldigungen. Sie vergaß alles und gab sich nur noch den ständig wachsenden Gefühlen hin, die eine Erfüllung versprachen, die sie nicht einmal im Traum für möglich gehalten hätte.

Doch dies hier geschah wirklich. Sie schluckte einen Schrei hinunter, während sie sich ihm entgegenbog. Völlig unvorbereitet wurde sie in eine ganz andere Welt geschleudert. Ihr schien, als würde sie langsam von einer Klippe in ein warmes, wild tobendes Meer fallen, während Wellen der Lust wieder und wieder über sie hinwegspülten.

Xaviero zog sich ein kleines Stück zurück und sah zu, wie sie immer stärker zuckend den Höhepunkt erreichte. Ihr Anblick steigerte seine Erregung ins Unerträgliche. Träge und zutiefst befriedigt lag sie wenig später da, ehe sich ihre Lider hoben. Plötzlich verschleierte sich ihr Blick, der auf ihn gerichtet war, als ob sie sich plötzlich wieder erinnerte, wo sie war und bei wem – verunsichert, was sie nun tun sollte.

Einen Moment war es sehr still.

„Das hat dir gefallen“, bemerkte er leichthin und schluckte gegen den plötzlichen Knoten in seinem Hals an.

Immer noch benommen und verwirrt, schüttelte Cathy den Kopf.

„Doch nicht?“, murmelte er spöttisch.

„Oh ja, natürlich.“ Am liebsten hätte sie die Arme um seinen Nacken geschlungen und ihn mit tausend kleinen Küssen der Dankbarkeit bedeckt, weil er ihr diese Erfahrung geschenkt hatte. Doch sie wagte es nicht. „Es war … das Unglaublichste, was ich je erlebt habe.“

Er lächelte. Ihr uneingeschränktes Lob hatte etwas Rührendes. Alle Frauen fühlten so bei ihm, auch wenn nur wenige so naiv waren, sich so überschwänglich zu äußern. „Deshalb warst du so streitsüchtig“, bemerkte er nachdenklich. „Du solltest jedes Mal einen Orgasmus beim Sex haben.“

Cathy zuckte zusammen. Seine direkten Worte schockierten sie, allerdings nicht stark genug, um sich aus seiner Umarmung zu lösen. Zumindest konnte niemand ihm vorwerfen, ein Heuchler zu sein. Dann wurde ihre Aufmerksamkeit auf die harte Ausbuchtung unter seinem Morgenmantel gelenkt. In stummem Wissen fanden sich ihre Blicke, während sie errötete.

„Ja“, stimmte er zu, als ob er auf eine unausgesprochene Frage antworten würde. „Ich will dich auch, sehr sogar. Aber ich muss zu einem Meeting, in …“ Ungeduldig warf er einen Blick zu der Uhr über dem wunderschönen Kamin aus Marmor. „In nicht ganz einer Stunde.“ Er senkte die Stimme. „Also bleibt uns nicht mehr genügend Zeit.“

Wäre sie erfahrener gewesen, hätte ihnen auch diese knappe Stunde gereicht. Dann hätte sie die Initiative ergriffen. Es hätte ihm großes Vergnügen gemacht, sie auf den Knien vor sich zu sehen. Sie hätte ihn mit ihrem Mund in Verzückung gebracht, seine Finger in ihrem seidenweichen Haar vergraben.

Und in diesem Augenblick fiel ihm die Lösung ein, eine Lösung, die so einfach war, dass er sich fragte, warum er nicht eher darauf gekommen war. Eine Lösung, die sie beide zufriedenstellen würde und die gleichzeitig für klare Verhältnisse sorgte.

Auf eine verrückte Art fühlte er sich nämlich verantwortlich für das, was geschehen war. Denn hätte er gewusst, dass sie noch unschuldig war, hätte er sie niemals so leichtfertig und schnell genommen. Tatsächlich hätte er sie überhaupt nicht angerührt. Doch er hatte es getan. Auch wenn er ihr verschiedene Aspekte der Lust gezeigt hatte, musste sie noch viel lernen. Und warum sollte nicht er derjenige sein, der sie anlernte? Als Ausgleich dafür, dass er ihr unwissentlich die Unschuld genommen hatte?

Abrupt drehte er ihr den Rücken zu und sah aus dem Fenster.

Was hatte er sich nur dabei gedacht, sein Leben in New York aufzugeben und sich ganz woanders auf der Welt eine neue Existenz aufzubauen? Der Tod seines Vaters hatte ihn jedoch aufgerüttelt und ihm klargemacht, wie vergänglich das Leben war und dass man sich seine Träume erfüllen musste.

Er drehte sich wieder zu ihr herum. „Ich muss duschen und mich anziehen“, sagte er knapp.

Sein leicht verächtlicher Ton erinnerte sie wieder an ihren zerknitterten Kittel und ihr derangiertes Äußeres. Welche Erklärung sollte sie anbieten, würde sie einem der Angestellten über den Weg laufen?

„Du kannst nach mir ins Bad.“ Er musste an sich halten, um nicht zu ihr zu gehen. Ein entschlossenes Lächeln lag um seinen Mund. „Und ich will, dass du heute Abend um acht bereitstehst“, fügte er ruhig hinzu.

Cathys Herz setzte einen Schlag aus. Träumte sie? Sollte das eine Verabredung sein? „Heute Abend?“

„Genau. Im Poloclub ist heute eine Party – eine kleine Feier wegen meines erfolgreichen Geschäftsabschlusses. Und du wirst mich begleiten.“

Ungläubig starrte sie ihn an. „A…aber warum? Ich meine, warum ich?“

Er kniff die Augen zusammen. War sie wirklich so verschlagen, wie es den Anschein hatte? Merkte sie denn nicht, dass selbst ein Mann wie er ihren reizvollen Körper unwiderstehlich fand? Bis jetzt waren ihre sündigen Kurven schmählich vernachlässigt worden – aber das würde jetzt ein Ende haben.

„Solche Veranstaltungen sind leichter zu ertragen, wenn man jemanden an seiner Seite hat, der die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Außerdem habe ich vor, dich hinterher mit in mein Bett zu nehmen“, meinte er mit flackerndem Blick. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass du gänzlich ungeschult bist. Und Prinzen erwarten von ihren Geliebten, dass sie sich geschickt zeigen.“

Cathys Puls schlug plötzlich viel zu schnell. „Geliebte?“, keuchte sie.

„Ich denke, wir haben eben damit begonnen, dich für diese Rolle auszubilden, oder nicht, Cathy?“

„Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll“, keuchte sie atemlos.

„Dann sag nichts. Frauen sagen ohnehin zu viel. Sie sollten lieber schweigen und einfach schön aussehen.“ Er warf ihr einen funkelnden Blick zu. „Und benutze in Zukunft bitte nicht zu viel Make-up. Das verunstaltet deine Schönheit und gefällt mir nicht.“

„Das … das war Ruperts Idee“, platzte sie heraus.

„Ach ja?“, fragte er gedankenverloren. Plötzlich ergab ihre Verwandlung zum Flittchen einen Sinn. Was für ein Mistkerl dieser Engländer doch war! „Von jetzt an wirst du dich an meine Anweisungen halten und dich als meine Geliebte in bestem Licht präsentieren. Du verfügst über großes Potenzial für diese Rolle. Ich hätte dir übrigens nie wissentlich die Unschuld genommen. Es war das erste Mal, dass ich eine Jungfrau in mein Bett genommen habe. Das kann ich leider nicht mehr ungeschehen machen, aber vielleicht kann ich es wiedergutmachen?“

Cathys Mund war wie ausgetrocknet. „Was redest du denn da?“

„Ich möchte dir gerne alles beibringen, was ich über das Liebespiel weiß.“ Provozierend lächelte er sie an. „Dann wären wir quitt.“

5. KAPITEL

Der Abend warf lange violette Schatten, und das schwindende Licht schien den vielen Blumen in dem kleinen Garten ihre strahlende Kraft zu nehmen. Nachdenklich betrachtete er das unerwartete Farbenspiel, das sich seinen Augen bot.

Der Weg, der zu Cathys Häuschen führte, war gesäumt von üppig blühendem Lavendel und hohem Rittersporn. Fasziniert atmete Xaviero die verschiedenen Düfte ein. Ein Ort von wahrer Schönheit und Ruhe.

Einen Moment blieb er stehen, um den ungewöhnlichen Frieden in sich aufzunehmen. Ihm wurde bewusst, dass seine Erwartungen nicht bestätigt worden waren. Denn er hatte angenommen, dass das kleine Zimmermädchen in einem nichtssagenden Apartment in der Nähe der Stadt wohnen würde.

Doch dieser Ort entsprach in nichts seinem Vorurteil.

In diesem Moment wurde die Eingangstür geöffnet. Vermutlich hatte Cathy ihn von drinnen schon gesehen. Sie stand in der Tür und starrte ihn an, als könnte sie nicht glauben, dass er wirklich da war. Tatsächlich konnte er es selbst kaum glauben.

Doch das Feuer, das Cathy in ihm entfacht hatte, brannte noch immer. Den ganzen Tag lang hatte es gebrannt, auch während der langweiligen Besprechung mit seinem Rechtsanwalt und dem Treffen mit den örtlichen Pferdezüchtern. Vielleicht hatte er doch unterschätzt, wie viel Vergnügen ihm diese Unschuld bereitet hatte.

Er verdrängte sein schmerzliches Verlangen und hob die dunklen Brauen. „Fertig?“

Obwohl die Begrüßung wenig liebevoll war, lächelte Cathy aufrichtig. Insgeheim hatte sie schon befürchtet, dass er es sich doch anders überlegen und sie nicht mitnehmen würde. Aber es war kein verrückter Traum gewesen. Prinz Xaviero von Zaffirinthos war wirklich da. Er hatte sie in sein Bett geholt und dann verkündet, sie sei seine persönliche Geliebte und dass er sie die Dinge lehren würde, die ihm Vergnügen bereiteten.

Hätte sie da Nein sagen können?

Auch wenn er damit gemeint hatte, dass sie dann quitt seien, war sie doch glücklich, dass er da war. Denn ihr Körper sehnte sich nach seinem gekonnten Liebesspiel.

Unsicher sah sie ihn an, während sie mit zitternden Fingern über ihr schwarzes Kleid strich. „Ist das … in Ordnung so? Mit Schwarz kann man ja eigentlich nichts falsch machen, aber ich war mir nicht sicher, ob es für einen Poloclub richtig ist. Ich … ich war nämlich noch nie in so einem Club.“

Nachdenklich sah er sie an. Ihr Kleid war eine billige Kreation, die ihre Figur wenig betonte. Zu seinem Leidwesen kam noch hinzu, dass ihr wunderschön hell leuchtendes Haar mit einem Band zusammengehalten war. Aber zumindest hatte sie sich an seine Worte gehalten, ihr Gesicht nicht mit zu viel Make-up zu entstellen. Ein wenig Wimperntusche und Lippenstift unterstrichen nun ihre zarte Schönheit.

„Das Kleid ist in Ordnung. In Zukunft werde ich dir aber Kleider kaufen, die dem Auge mehr schmeicheln. Und noch etwas.“ Er trat zur ihr und zog ihr behutsam das Band aus den Haaren, die sich nun in wilder Fülle über ihre Schultern ergossen. Einen Moment sah er in ihre großen, leuchtend blauen Augen und drohte darin zu versinken. „Wenn du mit mir zusammen bist, trag die Haare nie wieder so“, sagte er mit gepresster Stimme. „Ich mag es, wenn sie offen sind, verstanden?“

Cathy wollte gegen seinen strengen Befehlston protestieren. Es war ungeheuerlich, wie er mit ihr umsprang. Auch wenn er ein Prinz war, hatte er doch wohl kein Recht, so mit ihr zu sprechen.

„Verstanden?“, wiederholte er.

Seine Nähe und Sinnlichkeit machten sie so benommen, dass sie nur nicken konnte. „Ja“, wisperte sie.

Ihre geweiteten Augen und die zitternden Lippen brachten ihn einen Moment in Versuchung, im Club anzurufen und zu sagen, dass er es sich anders überlegt hätte. Doch etwas hielt ihn zurück. Vielleicht ihre leichte Verunsicherung, die ihn dazu veranlasste, ihr nicht den Spaß zu verderben. Er wollte mit ihr ausgehen und ihr einen Einblick in die High Society gewähren, als könnte er damit das vergelten, was er sich schon genommen hatte und wieder nehmen würde.

Sein Mund wurde zu einem harten Strich. Denn das Letzte, was er ihr gegenüber fühlen wollte, war ein schlechtes Gewissen. Schließlich hatte sie ihn genauso verzweifelt gewollt. Und jede Frau verlor eines Tages ihre Unschuld. „Mein Wagen steht unten an der Straße“, sagte er gepresst.

Es war ein seltsames Gefühl, mit dem Prinzen die staubige Straße entlangzugehen. Noch seltsamer war die Erinnerung an das, was zwischen ihnen vorgefallen war. Cathy entging der neugierige Blick des Chauffeurs nicht, als er ihr die Tür aufhielt. Ob er sich fragte, was der Prinz mit ihr vorhatte? Oder war sie nur eine von vielen Frauen, die mit schwachen Knien in die Limousine stiegen?

Der Gedanke löste Unbehagen in ihr aus. Erwartungsvoll hoffte sie, dass Xaviero sie in die Arme schließen würde, als sie hinten in dem luxuriösen Wagen Platz genommen hatten. All ihre Bedenken sollte er mit seinem Kuss auslöschen. Aber er tat nichts dergleichen. Stattdessen lehnte er sich in dem weichen Leder zurück, streckte die Beine aus und sah sie nachdenklich an.

„Dein Heim sieht anders aus, als ich … erwartet hatte“, meinte er langsam.

Es klang nicht wie ein Kompliment, sondern eher wie eine Frage. Cathy wusste genau, auf was er anspielte. „Du meinst, bei dem Gehalt eines Zimmermädchens?“

Er zuckte die Schultern. „Wie, zum Teufel, soll ich das wissen. Ich habe keine Ahnung, was ein Zimmermädchen verdient.“

Wie sollte er auch. Prinzen bekamen ja wohl kein Gehalt wie normale Menschen. Wie das wohl ist, in einer großen Seifenblase mit lauter Privilegien zu leben, abgesondert vom Rest der Welt? überlegte sie. „Meine Großtante hat es mir vermacht. Sie hat mich großgezogen, nachdem meine Eltern gestorben waren. Es ist …“ Ihre Stimme verlor sich. Sollte er als Prinz nicht das Gespräch bestimmen, während sie nur Antworten gab? Sie schloss die Lippen.

„Es ist was?“

„Eigentlich interessiert es dich doch gar nicht.“

Er war amüsiert, aber auch verwirrt. „Ach nein?“, fragte er mit samtweicher Stimme. „Nachdem wir nur eine Lehrstunde in Sachen Sex hatten, kannst du also schon sagen, was ich denke? Ich weiß, alle Frauen glauben, Gedanken lesen zu können, aber du brichst wirklich alle Rekorde.“

Cathy lief rot an. Wie zynisch und abgebrüht er klang! Eine Lehrstunde in Sachen Sex. Eine grässliche Umschreibung dessen, was zwischen ihnen geschehen war.

„Das Häuschen ist ein Grund, warum ich hier geblieben bin“, sagte sie steif. „Vor allem wegen des Gartens. Ich kann mir nicht vorstellen, je wieder etwas so Schönes zu finden. Na ja, Gärtnern ist mein Hobby … obwohl es sehr bieder klingt, wenn jemand in meinem Alter so etwas zugibt.“

„Eher naturverbunden“, warf er überraschend ein. „Für manche Leute hat es einen gewissen Reiz, wenn eine Frau sich über ein Blumenbeet beugt, mit Erde an den Händen.“

„Wirklich?“, fragte sie ungläubig.

„Ja, tatsächlich“, gab er und zurück und lächelte, da sie auf ihre Unterlippe biss. „Du siehst enttäuscht aus“, murmelte er. „Hast du dich vielleicht gefragt, warum ich dich nicht geküsst habe?“

„Überhaupt nicht“, log sie.

Er lachte. „Du musst noch lernen, nicht gleich rot zu werden, wenn du die Unwahrheit sagst“, meinte er und sah, wie ihre Röte sich noch vertiefte. „Kannst du dir nicht denken, warum ich dir keinen Kuss gegeben habe?“

„Weil du nicht willst, dass dein Fahrer es sieht?“, meinte sie eifrig.

Xaviero schnalzte mit der Zunge. Wie einfallslos! Aber was sollte er schon erwarten? Sie war eine ganz normale Frau. Ungehalten schüttelte er den Kopf. „Der Wagen ist hinten schalldicht, also kann der Chauffeur nichts hören. Und wenn ich auf einen Knopf drücke, gehen an den Fenstern die Blenden herunter, sodass wir vor den neugierigen Augen der Außenwelt sicher sind. Ich könnte dich jetzt lieben, und niemand würde es bemerken.“

„Oh.“ Cathy spürte, dass sie enttäuscht war.

Seine Ungeduld verflog, als er ihre Niedergeschlagenheit bemerkte. „Ja, ich weiß. Du willst es und ich auch, aber es wäre ein übereiltes Unterfangen – außerdem würden wir beide ziemlich derangiert im Club ankommen, was meinem Ruf nicht gerade zuträglich wäre.“

Und wie steht es mit meinem Ruf? wollte Cathy fragen. „Verstehe“, sagte sie stattdessen.

„Nein, ich glaube nicht, dass du verstehst.“ Er nahm eine ihrer seidigen Locken und drehte sie zwischen seinen Fingern hin und her. „Der sexuelle Hunger ist wie jeder andere, Cathy. Manchmal, so wie bei uns heute, ist er wild und fordernd und muss sofort befriedigt werden. Ein anderes Mal werden die Geschmacksnerven durch die Vorfreude noch angeregt, und das Vergnügen erhöht sich.“ Seine Augen funkelten. „Dieser Abend könnte langweilig werden, wie viele dieser Veranstaltungen. Also werde ich mir vorstellen, was ich später mit dir machen werde, um dieser Öde etwas entgegenzusetzen.“

Cathys Mund wurde trocken – vor Verlangen, aber auch Entsetzen über seine arroganten Worte. Was ich später mit dir machen werde. Als ob sie so gefügig wäre. „Falls ich es zulasse“, gab sie zurück.

Xavieros Gesichtszüge spannten sich kurz an, ehe er verhalten lächelte. „Oh, das wirst du“, beteuerte er. „Und jetzt komm zu mir, und küss mich, kleines Zimmermädchen.“

„Aber ich dachte …“

„Es wird nicht verlangt, dass eine Geliebte denkt. Ihre Talente sind eher praktischer Natur“, meinte er mit seidenweicher Stimme. „Also, komm her. Jetzt. Und küss mich.“

Einen Moment saß Cathy nur da. Bei seinen Worten fühlte sie sich eher wie eine Marionette. Plötzlich wurde ihr klar, dass dieser Mann sie leicht verletzen könnte. Also wäre es das Vernünftigste, jetzt auszusteigen, ehe es zu spät war. Sie spürte seinen Blick, der über ihre Gestalt wanderte. Lässig lehnte er in seinem Sitz und sah sie amüsiert an, als ob er spürte, dass sie mit sich kämpfte.

Ob er triumphierte, dass sie die nur halbherzig geführte Schlacht verlor? Sie verdrängte alle Zweifel, beugte sich zu ihm und presste ihre Lippen auf seinen Mund. Ihr einziger Wunsch war, endlich wieder in seinen Armen zu liegen.

Sie hörte, wie er zustimmend murmelte, während er sie an sich zog und dann die Kontrolle übernahm. Gekonnt verführte er sie, ihre Lippen zu öffnen, ehe seine Zunge in ihren Mund glitt.

Cathy schnappte nach Luft. In einem Wimpernschlag hatte er all die neuen Gefühle wieder in ihr entflammt. Sie klammerte sich an seine Schultern, als wollte sie ihn nie wieder gehen lassen. Als sie sich an ihn presste, hörte sie, wie er aufstöhnte, was sie mit einem kleinen Gefühl des Triumphes erfüllte.

Hatte Cathy mit dem Kuss begonnen, so war es Xaviero, der ihm ein Ende setzte und so seine Herrschaft über sie demonstrierte. Sanft löst er ihre Hände von seinen Schultern und legte sie ihr in den Schoß, sodass sie ihn nur in schmerzlicher Enttäuschung ansehen konnte.

„Du musst lernen, deinen Hunger zu kontrollieren, meine eifrige junge Schülerin“, tadelte er sanft, obwohl sein Herz immer noch wild schlug. „Die Gier hat ihre eigene Zeit, und die ist jetzt noch nicht gekommen.“

Darum bemüht, sich abzulenken, sah Xaviero aus dem Fenster, während der Wagen ein großes Tor passierte und in eine gekieste Auffahrt einbog. Am Ende stand ein beeindruckend weiß strahlendes Haus mit Säulengang. Eine ganze Flotte teuerster Karosserien stand davor, deren Chauffeure sich draußen miteinander unterhielten. Einer von ihnen hatte wohl gesehen, dass sie näherkamen, denn plötzlich stoben sie alle geschäftig auseinander. Im Innern des beleuchteten Hauses sah er Gestalten hin und her eilen, und Xaviero bereitete sich innerlich darauf vor, sich so zu geben, wie die Öffentlichkeit es immer von ihm erwartete.

„Wir sind da“, sagte er und fuhr Cathy mit den Fingern durch die Haare. „Sie haben uns schon bemerkt.“

Cathy sah, wie seine leidenschaftlichen Züge sich in eine kühle Maske verwandelten. „Du klingst nicht sehr … begeistert.“

Dass sie ihn durchschaute, hätte ihn verwirren müssen, aber ihr reizender Blick, mit dem sie ihn bedachte, entwaffnete ihn. Könnte er seine Abwehr nicht für eine kurze Zeit aufgeben? Dieses kleine Zimmermädchen würde doch niemals den Fehler begehen, den Vertraulichkeiten, die sie miteinander geteilt hatten, eine Bedeutung beizumessen. Und wenn doch, würde er sie schlicht auf ihren Irrtum hinweisen. „Ich würde lieber mit dir schlafen“, gestand er leise.

Seine gemurmelten Worte und sein funkelnder Blick gaben Cathy das Gefühl, auf Wolken zu schweben, als die Tür für sie geöffnet wurde.

„Mir geht es genauso“, flüsterte sie schüchtern, doch ihre Freude verflog, als sie die glamourös wirkenden Frauen sah, die sich zu ihnen gesellten. Behängt mit glitzernden Juwelen, die Haut leicht gebräunt und perfekt gepflegt, spürte Cathy, dass Angst in ihr aufstieg. Wie sollte sie in ihrem billigen Kaufhauskleid bestehen, wenn die anderen Frauen wie Mannequins aussahen?

Voller Unbehagen folgte sie Xaviero in den Festsaal, in dem auf jedem Tisch ein ganzer Besteckkasten aufgedeckt schien. Gott sei Dank hatte sie oft genug bei einem Bankett im Hotel ausgeholfen, um zu wissen, welches Besteck für welchen Gang benutzt wurde.

Als das Essen serviert wurde, bemerkte Cathy, dass alle warteten, bis Xaviero begonnen hatte, ehe sie auch anfingen. War das nicht sehr ermüdend auf die Dauer? Sie fand sich zwischen zwei reichen Großgrundbesitzern wieder, die ihr sicher keinen zweiten Blick gegönnt hätten, würde sie ihre Laken wechseln.

Aber Xaviero hat es getan!

Cathy schluckte. Er mochte arrogant sein und stolz. Er mochte sie in sein Bett geholt haben, und sie hatte es dummerweise zugelassen. Aber er hatte sie gewollt, so wie sie war. Und sie hatte ihn gewollt. Wäre er der Mann in abgetragenen Jeans und kein Prinz, müssten sie jedoch nicht hier sitzen und die geschraubte Konversation ertragen. Stattdessen könnten sie aneinandergekuschelt unter ihrer Decke liegen, sich lieben und sich vielleicht eine gemeinsame Zukunft ausmalen.

„Ich bin sicher, dass ich Sie schon einmal irgendwo gesehen habe, Cathy“, sagte jetzt einer der Großgrundbesitzer zu ihr.

Cathy spürte, wie ihr Herz vor Beklommenheit schneller schlug. „Ich … ich glaube nicht …“

„Du meine Güte … Sie sind doch nicht …“ Er beugte sein gerötetes Gesicht näher zu ihr. „Arbeiten Sie etwa in Rupert Sandersons Hotel?“

Cathy erstarrte und sah ängstlich über den Tisch – um zu entdecken, dass ein Paar goldener Augen sie neugierig musterte. Offensichtlich hatte Xaviero jedes Wort mitbekommen und wartete jetzt auf ihre Antwort.

Einen Moment überlegte sie, was geschehen würde, sollte sie die Wahrheit sagen. Dass sie Zimmermädchen in dem Hotel war, das er im Begriff war zu kaufen. Dass sie das Bett des Prinzen mit Laken aus ägyptischer Baumwolle bezogen hatte, ehe er darin mit ihr geschlafen hatte.

Als sie merkte, dass ihr Tischnachbar immer noch auf eine Antwort wartete, sah sie erneut in Xavieros Augen. Überrascht stellte sie fest, dass er ihr ein Lächeln schenkte.

„Ja, Cathy arbeitet im Hotel. Und sie hat freundlicherweise zugestimmt, mich zu begleiten, solange ich hier bin. Bin ich nicht ein Glückspilz?“, murmelte er und merkte, dass die Rothaarige, die schon den ganzen Abend mit ihm geflirtet hatte, dem kleinen Zimmermädchen einen überheblichen Blick zuwarf. Nachdenklich kniff er die Augen zusammen, als ihm bewusst wurde, dass er Cathy noch nicht Genüge getan hatte. „Es ist natürlich von Vorteil, dass sie sehr schön ist“, fügte er hinzu.

Cathy spürte, dass seine überraschende Bemerkung ihr die Röte auf die Wangen trieb. Obwohl sie sich freute, dass Xaviero rettend für sie eingesprungen war, wäre es ihr lieber gewesen, er hätte nicht so unverfroren übertrieben, was ihr Aussehen betraf.

Trotz seines spöttischen Blicks bemerkte sie, dass seine Augen sich weiteten und er mit der Zungenspitze über einen Mundwinkel fuhr, als wollte er sie absichtlich daran erinnern, welch süße Freude ihr diese Lippen heute schon geschenkt hatten. Und plötzlich war es ihr egal, ob seine Behauptung, sie wäre schön, der Wahrheit entsprach. Denn wenn er sie so ansah wie jetzt, fühlte sie sich tatsächlich schön. Genau wie in dem Augenblick, als er ihren nackten Körper betrachtet hatte, als könne er seinen Augen nicht recht trauen.

Ob nur sie die knisternde Spannung spürte, die plötzlich zwischen ihnen hing? War er sich dessen bewusst, dass jedes Mal Hitze in ihr aufstieg, wenn er sie fragend anlächelte? Dass sie voller Ungeduld darauf wartete, endlich mit ihm allein zu sein? Auch wenn seine Tischnachbarin schamlos mit ihm geflirtet hatte, war doch sie diejenige, die er sich als Geliebte gewählt hatte.

Ihr Puls flatterte, als er aufstand und eine kurze Rede hielt. Er teilte den begeisterten Zuhörern mit, wie erfreut er sei, diesen angesehenen Club erstanden zu haben, und dass er eine Poloschule von Weltklasse hier errichten wolle. Cathy beobachtete die Gesichter der Gäste, während sie ihm zuhörten und verdächtig laut über seine Scherze lachten. Die Frauen betrachteten ihn mit unverhohlenem Verlangen, die Männer hingegen mit grimmigem Neid. Was für eine seltsame Welt, dachte sie. Eine Welt, in der jeder etwas von ihm wollte.

Du nicht auch? höhnte die Stimme ihres Gewissens. Willst du nicht mehr als alle anderen von ihm?

Nein. Sie war von Natur aus bescheiden und stellte keine großen Forderungen. Sie wollte nur wieder in seinen Armen liegen. Seine warme Haut spüren und seinen Herzschlag an ihrem Herzen. Ihr Mund wurde trocken, als er seine Rede beendete und sie direkt ansah, während die anderen applaudierten. Als sie aufstand, um in den Waschraum zu gehen, merkte sie, dass Xaviero sich ebenfalls erhob, genau wie der ganze Tisch. Wie schrecklich, dachte sie. Man konnte nicht einfach verschwinden, wenn man von fürstlichem Geblüt war. Im Waschraum spritzte sie sich kaltes Wasser auf die erhitzten Wangen und fuhr mit der Bürste durch ihre Haare. Als sie wieder hinaustrat, sah sie Xaviero an der Tür zum Festsaal stehen. Sie brauchte einen Moment, bis ihr klar wurde, dass er auf sie wartete.

Und dieses Wissen machte sie nervös. Aber sie musste doch etwas sagen. „Danke, dass du mir vorhin zur Seite gesprungen bist“, sagte sie ruhig.

Er winkte ab. „Nichts zu danken. Der Mann ist nichts als ein aufgeblasener Snob, und es tut mir leid, dass er dich aufs Korn genommen hat.“

Cathy freute sich so sehr über seine liebenswürdigen Worte, dass sie ihm auch ein Kompliment machen wollte. „Und ich … deine Rede hat mir sehr gut gefallen“, meinte sie vorsichtig.

Solch aufrichtige Worte hatte er schon lange nicht mehr gehört. Einen Moment sah Xaviero sie an und überlegte, wie einfach ihr Leben doch sein musste. Ganz anders als das der juwelenbehängten Frauen mit ihren knochigen Schultern. Schamlos hatten sie den ganzen Abend um seine Aufmerksamkeit gebuhlt. Die Erinnerung an Cathys sonniges Lächeln stieg in ihm auf, unkompliziert und von unschuldigem Versprechen.

„Komm, wir gehen“, sagte er abrupt.

Sie warf einen Blick zu dem vollen Festsaal. „Aber … würden dir die Leute das nicht übel nehmen?“

„Das ist mir egal“, murmelte er und lächelte. „Es ist Zeit für deine nächste Lektion, meine Schöne. Eine lange und ausführliche Lektion. Und was mich betrifft, kann ich es kaum noch erwarten, endlich damit anzufangen.“

6. KAPITEL

„Gehen Sie heute Abend aus, Cathy?“

Cathy, die eben ihre Handtasche genommen hatte, erstarrte bei Ruperts Worten. Bemüht um eine gefasste Miene, drehte sie sich zu ihm um. Sie dachte an Xavieros Worte, als sie sich besorgt gezeigt hatte, dass die Leute herausfinden könnten, was zwischen ihnen vorging.

„Na und? Du hast doch nichts zu verbergen, cara“, hatte er leichthin gesagt. „Und ich auch nicht. Jeder Mann hat ein Recht auf eine Geliebte.“

Kurz hatte sie überlegt, warum er das Wort „Geliebte“ statt „Freundin“ benutzte, denn schließlich war er nicht einmal verheiratet. Aber vielleicht war das üblich bei Prinzen, die sich mit einer Bürgerlichen einließen. Sie zogen damit eine Grenze, damit die Geliebte nicht glaubte, dass ihre Affäre eine gemeinsame Zukunft haben könnte.

„Wenn Sie es genau wissen wollen, ich bleibe heute Abend zu Hause“, erklärte sie und merkte, dass Ruperts Blick über die vollbepackten Plastiktüten schweifte, die zu ihren Füßen standen. In der Mittagspause war sie schnell in die Stadt gegangen und hatte knuspriges Vollkornbrot und dicke Scheiben Schinken gekauft.

„Dann kochen wir also heute für den Liebsten, was?“, spottete er.

Cathy schluckte und straffte die Schultern. Sie würde nicht zulassen, dass Rupert sie so herablassend behandelte. Schließlich war sie Xaviero wichtig genug, dass er seine Zeit mit ihr verbringen wollte. „Nein, wir essen heute Salat“, gab sie gelassen zurück.

Rupert sah verwirrt aus. „Wir könnten ihn hier jeden Abend nach allen Regeln der Kunst mit unserem Essen verwöhnen, aber er scheint es ja vorzuziehen, sich unters gemeine Volk zu mischen! Wir wissen doch alle, warum, nicht wahr?“ Sein Ton wurde schärfer. „Aber Sie sollten sich nicht zu sehr daran gewöhnen. Sie mögen es ja geschafft haben, einen Prinzen in Ihr Bett zu locken, Cathy. Aber er wird Sie fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, wenn der Reiz des Neuen erst verblasst ist.“

Cathy erstarrte. Hatte Rupert nicht eben ihre eigenen Bedenken in Worte gefasst, die ihr immer wieder durch den Kopf gingen, seit sie Xavieros Geliebte war? Ihr Herz hämmerte, als sie das Kinn hob und ihn ansah. „Würden Sie mich bitte vorbeilassen?“, fragte sie bemüht freundlich.

„Wie Sie wollen.“ Er heftete den Blick auf ihre Brüste. „Schöne Bluse, Cathy. Ist die neu?“

Cathy errötete, als sie an ihm vorbeiging. Die Bluse war tatsächlich ausgesprochen schön, übersät mit winzigen Blüten, die an eine Sommerwiese erinnerten. Sie war in einer hübschen Schachtel mit der Post gekommen. Obwohl Cathy sich mit teurer Kleidung nicht auskannte, hatte sie sofort gewusst, dass die Bluse ein Vermögen gekostet haben musste.

Als Nächstes war eine große Schachtel mit feinsten Spitzendessous geliefert worden. Der Prinz hatte ihren Protest mit einer lässigen Handbewegung abgetan. Es sei ihm egal, dass sie nur ungern Geschenke von ihm akzeptiere. Denn für ihn sei allein ausschlaggebend, dass er ihr die Sachen schenken wolle.

„Ich will nicht, dass du billige Unterwäsche trägst“, hatte er gemurmelt, als sie ein Spitzenhemd und – höschen auspackte und vor Freude zusammenzuckte. „Meine Geliebte soll in Seide und Satin gekleidet sein.“

Ein seltsames Gefühl war in ihr aufgestiegen, als sei sie ein Gegenstand. Doch dann hatte er mit seinen kundigen Lippen und Fingern ihre Zweifel ausgelöscht und sie gleichzeitig in Staunen versetzt, weil er sie genauso zu begehren schien wie sie ihn.

Während sie in den blumengesäumten Weg zu ihrem Häuschen einbog, überlegte sie, dass die Wochen mit dem Prinzen ein Traum waren, wie jede Frau ihn sich wünschte.

Nun ja, vielleicht würde die eine oder andere dagegen aufbegehren, weil sie nicht oft ausgingen, obwohl er es ihr angeboten hatte. Aber mit einem Prinzen auszugehen war mit Schwierigkeiten verbunden. Ein Besuch im Kino, bei dem er unerkannt bleiben wollte, war verdorben worden, als gemunkelt wurde, dass ein Mitglied eines europäischen Fürstenhauses anwesend war. Vielleicht war man auf seine Bodyguards aufmerksam geworden, auch wenn die versucht hatten, sich unauffällig zu geben. Dementsprechend hatten die Angestellten natürlich einen ziemlichen Wirbel um ihn gemacht.

Cathy hatte bemerkt, wie sehr er es hasste, erkannt zu werden. Verständlicherweise war Xaviero in der Öffentlichkeit viel verkrampfter. Deshalb hatte sie vorgeschlagen, zu Hause zu bleiben, in ihrem Häuschen. Falls das Wetter es erlaubte, könnten sie draußen in dem kleinen, abgeschiedenen Garten essen. Und wenn es regnete, könnten sie sich zusammengekuschelt auf dem Sofa eine DVD ansehen, wie jedes andere Paar auch.

Zu ihrer Verwunderung hatte er zugestimmt, und sie war noch überraschter, dass er ihren Vorschlag nicht einmal langweilig fand. Ganz im Gegenteil. Xaviero schien das einfache Leben, das sie ihm bieten konnte, zu gefallen. Und es machte Cathy fast so viel Vergnügen wie sein Liebespiel, wenn ihr Prinz sich in der Anonymität ihres kleinen Hauses entspannte.

Er ist nicht dein Prinz, rief sie sich entschieden in Erinnerung, als sie die zwei Plastiktüten auf den Küchentisch stellte und dann in den Garten ging, um ein paar Kartoffeln zu holen.

Sie war so mit ihrer Aufgabe beschäftigt, dass sie nicht hörte, wie jemand näherkam. Erst als Xaviero sie an der Hüfte berührte, merkte sie, dass er da war. Eine unschuldige Berührung, die sie jedoch schwach werden ließ vor Verlangen.

„Xaviero“, sagte sie atemlos.

„Hast du jemand anders erwartet?“, kam seine trockene Antwort, während er sie zu sich herumdrehte.

„Ich bin ganz dreckig.“

Er betrachtete ihre geröteten Wangen und die leuchtend blauen Augen, die wie Sterne funkelten. Sie war … bezaubernd. Ungekünstelt und ohne jeden Argwohn. „Was soll’s“, murmelte er und beugte sich hinab, um sie zu küssen.

Sie verloren sich in einem atemlosen Kuss, während die Kartoffeln zu Boden fielen. Im Haus wusch sie sich schnell die Hände, ehe ihr Geliebter sie ins Schlafzimmer trug. Dort liebten sie sich mit einer Leidenschaft, als wären sie seit Wochen getrennt gewesen und nicht erst seit ein paar Stunden.

Danach zog er sie an seinen warmen Körper, küsste sie auf den Kopf und atmete den Duft ihrer seidigen Haare ein.

„Das war … erstaunlich“, murmelte er und legte eine Hand auf ihre Brust. „Wer hat dir das beigebracht?“

„Du“, wisperte sie. So wie er ihr alles beigebracht hatte. Sie umfing ihn mit ihren Armen und spürte, dass sein muskulöser Körper entspannt an ihr ruhte. Sie wünschte, dass die Welt draußen nicht existieren würde. Damit sie so tun könnte, als sei er einfach nur Xaviero, der mit seinen wunderschön goldenen Augen immer stärker ihre Welt beherrschte.

Als er in den Schlaf hinüberglitt, hörte sie nichts als seinen gleichmäßigen Atem und das Ticken des Weckers neben dem Bett, der ihr in Erinnerung rief, dass ihr nur eine kurze Zeit mit Xaviero vergönnt war.

In den frühen Morgenstunden würde er sich aus ihrer warmen Umarmung lösen. Geduldig wartete schon der Chauffeur am Ende der Straße auf ihn, um ihn den kurzen Weg zurück zum Hotel zu fahren.

„Warum … bleibst du nicht?“, hatte sie an einem der ersten Abende gefragt, als sie beglückt in seinen Armen ruhte.

„Ich kann niemals über Nacht bei dir bleiben, Cathy.“ Seine Stimme klang plötzlich hart und entschieden.

Von tiefer Befriedigung erfüllt, achtete sie nicht auf seinen warnenden Blick, als sie ihn voller Unschuld ansah. „Warum nicht?“

„Weil ich Stellung beziehen würde, wenn ich eine ganze Nacht bliebe. Es wäre nicht gut. Für keinen von uns beiden.“ Er hob ihr Kinn und sah sie eindringlich an. „Du weißt doch, dass dies nur eine Affäre ist, das habe ich von Anfang an klargemacht, nicht wahr?“

„Ja, natürlich weiß ich das“, entgegnete sie hastig, darum bemüht, das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen. Wenigstens log er sie nicht an oder weckte die falsche Hoffnung, dass sie doch eine gemeinsame Zukunft haben könnten. Das war ihr von Anfang an bewusst gewesen. Also hatte sie sich gesagt, dass sie besser jeden dieser wundervollen Augenblicke genießen sollte, statt sich einem hoffnungslosen Traum hinzugeben.

Neben ihr erwachte Xaviero aus einem kurzen Schlaf. „Cathy?“

Voller Sehnsucht drehte sie sich zu ihm. „Was ist denn?“

„Das hier.“ Er legte ihre Hand auf seine erregte Männlichkeit.

„Schon wieder?“, fragte sie atemlos.

„Sì“, stimmte er zu.

Sie schluckte, während die vertraute Hitze des Begehrens in ihr aufflammte. „So … bald wieder“, brachte sie mit rauer Stimme heraus.

„Immer. Jederzeit! Weil du mich verrückt machst. Verrückter als jede andere Frau, die ich im Bett hatte.“

Cathy fuhr mit den Lippen über die weiche Haut an seinem Hals, während er ihre Hüften umfasste. „Ach, tu ich das?“

„Verflixt, ich glaube, ich habe dich zu gut angelernt.“ Er hob sie auf sich, und sie schnappte nach Luft, als sie spürte, dass er sie erneut ausfüllte.

Und dann führte er sie in dem uralten Rhythmus an einen wunderschönen Ort, wo sie den Rest der Welt und ihre nagenden Zweifel vergaß. Wo sie seinen Namen mit ungezügelter Freude herausschreien konnte. Er würde glauben, dass nur ihre Lust aus ihr sprach – und nicht ihr Herz.

Später kleideten sie sich dann an, und Cathy zauberte ein Essen, während Xaviero den Wein öffnete, den er mitgebracht hatte. Als er die rubinrote Flüssigkeit in die kleinen klobigen Gläser schüttete, die in ihrer Küche standen, lächelte er.

„Einer der besten Weine der Welt“, murmelte er. „Und wir trinken ihn aus Zahnputzgläsern.“

Cathy stellte eine kleine Schale mit Kirschtomaten auf den Tisch und drehte sich zu Xaviero um. „Soll ich ein paar anständige Gläser kaufen?“

Plötzlich verspürte Xaviero eine heftige Sehnsucht nach der Welt, die er nie richtig kennenlernen würde. Wo man mit jedem Cent rechnete und nur die Sachen kaufte, die man brauchte, ohne auf Schönheit Rücksicht nehmen zu können. Die Gläser schienen ein Symbol für die Einfachheit zu sein, die er nicht kannte.

„Ich will nicht, dass du alles veränderst“, sagte er.

Cathy biss sich auf die Unterlippe, während sie ins Haus ging, um die Butterdose zu holen. Sie fürchtete, dass er ihr die plötzlich aufgekommene Angst von der Miene ablesen könnte und davon abgeschreckt würde. Denn sie fragte sich voller Furcht, wie sie mit dem Leben zurechtkommen sollte, wenn Xaviero eines Tages verschwunden war.

Auch wenn Cathy versuchte, ihre Zweifel beiseitezuschieben, wurden sie immer größer, sodass sie kaum ihr Essen anrührte, dafür aber dem schweren Wein aus Italien zusprach. Obwohl Xaviero die letzten Wochen mit ihr das Leben geteilt hatte, wusste sie doch nur wenig über ihn.

„Erzähl mir von Zaffirinthos“, sagte sie abrupt.

„Jetzt nicht, Cathy.“ Er gähnte.

„Doch, jetzt“, beharrte sie trotzig. „Warum denn nicht?“

Seine Lippen verzogen sich zu einem verhaltenen Lächeln, als er sah, wie sie eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Sie war eine faszinierende Mischung aus Unschuld und Offenheit.

Mit ungewohnter Nachsicht lächelte er sie an. „Und was genau willst du über Zaffirinthos wissen?“

„Alles“, gab sie zurück und fragte sich, ob sie sich diesen gönnerhaften Ton nur eingebildet hatte.

„Aber du hast dich doch sicher schon im Internet schlaugemacht, nachdem du herausgefunden hast, wer ich bin“, meinte er gedehnt. „Das machen doch alle.“

Cathy spürte, dass sie rot anlief, wie ein Kind, das beim Naschen aus dem Marmeladentopf erwischt wird. „Aber ich habe nicht das herausgefunden, was ich wirklich wissen wollte.“

„Und das wäre?“

Sie schraubte den Verschluss wieder auf die Mayonnaise. „Zum Beispiel, was für eine Kindheit du hattest.“

Hätte jemand anders es gewagt, ihm eine solch persönliche Frage zu stellen, hätte er diese Unverschämtheit empört zurückgewiesen. Aber Cathys leiser Art zu fragen konnte er kaum widerstehen. „Eine zweigeteilte Kindheit“, sagte er gedankenverloren. „Zuerst war es idyllisch – bis meine Mutter starb.“

Ihr Herz quoll über für ihn. Wusste sie nicht zu gut um diesen Schmerz? „Dann war das Leben plötzlich ganz anders“, bemerkte sie leise.

„Völlig anders. Mein Vater fühlte sich zutiefst verlassen.“ Er starrte ins Leere. Die tiefe Trauer seines Vaters hatte ihn zwei Dinge gelehrt: sich emotional nicht abhängig zu machen und dass das Glück nur zeitlich begrenzt war. „Und dann hat er seine ganze Aufmerksamkeit darauf gerichtet, meinen älteren Bruder auf die Rolle des Fürsten vorzubereiten. Demzufolge hatte ich sehr viel freie Zeit und konnte mich aufs Reiten konzentrieren. Damals habe ich zum ersten Mal von Polo gehört.“

Erneut stieg Mitleid in Cathy auf. Denn zu viel Freiheit konnte für ein Kind auch Einsamkeit bedeuten. Sie versuchte, sich Xaviero als Jungen vorzustellen, der einen doppelten Verlust erlitten hatte – zuerst seine Mutter und dann in gewisser Weise seinen Vater, der sich ihm entzogen hatte. Auch wenn sie selbst ihre Eltern verloren hatte, hatte sie zumindest eine enge Beziehung zu ihrer Großtante gehabt. „Und dein Bruder ist jetzt Fürst“, sagte sie.

„So ist es. Mein Vater ist letztes Jahr gestorben, und mein großer Bruder trägt nun die Verantwortung.“ Xavieros Stimme klang plötzlich scharf. „Er ist vollauf damit beschäftigt, Zaffirinthos mit seinen weitreichenden Reformen zu modernisieren.“

Doch Cathy war nicht an Reformen interessiert. Vielmehr wollte sie diese Insel durch die Augen ihres Liebhabers kennenlernen. „Ist es schön dort?“, fragte sie. „Auf Zaffirinthos?“

„Sehr schön“, murmelte er. Ihre Frage machte ihm bewusst, wie lange er schon fort war, und verstärkte sein Gefühl, im Exil zu leben. Seit der Amtseinführung seines Bruders war er nicht mehr dort gewesen, aus Gründen, die eigentlich verachtenswert waren. Rivalitäten aus der Kindheit, dachte er grimmig. Hatte ein Teil von ihm sich nicht schon immer darüber geärgert, dass Cristiano als Erstgeborener den Fürstentitel erben würde? Sicher, Xaviero hatte sich sein eigenes Reich aufgebaut, durch harte Arbeit, aber niemand konnte leugnen, wie verlockend es war, ein Land zu regieren …

Er merkte, dass Cathy ihn immer noch ansah und wohl darauf wartete, dass er ihr das perfekte Bild einer Trauminsel malte, wie man es in Reiseprospekten fand.

Na schön, dann würde er ihr eben diese Version geben. Warum auch nicht? Er würde in ihrer Erinnerung ihr Fantasieprinz aus dem Fantasieland sein. „Die Wälder sind so grün, dass sie, so wie Irland, als Grüne Insel bekannt ist. Und die weißen Strände sind die schönsten der Welt, mit Sand, so fein wie Zucker. Wir haben eine Bucht, in der das Wasser blau ist wie deine Augen, cara. Die seltenen Karettschildkröten legen hier ihre Eier, in Sommernächten, die so still sind, dass man beinahe hören kann, wie die Sterne über den Himmel ziehen.“

Cathy konnte einen kleinen Seufzer der Sehnsucht nicht unterdrücken. Mit seinen lyrischen Worten hatte er Bilder geschaffen – genauso wie das Bild eines Mannes, wie sie sich ihn wünschte. Ein Mann, der romantisch war und fürsorglich. Wäre es vermessen, zu hoffen, dass sie ihm zumindest ein bisschen bedeutete? Hatte er ihre Augen nicht eben mit der tiefblauen See verglichen und sie Liebling genannt, auf Italienisch? Wie leicht sich doch mehr aus so einer schlichten Bemerkung herauslesen ließ. Zum Beispiel, dass er mehr von ihr wollte, als nur seine willige Bettgespielin zu sein. „Das hört sich … paradiesisch an“, sagte sie wehmütig.

„Oh, das ist es“, stimmte er gleichmütig zu, weil er genau wusste, was sie im Sinn hatte. Er sollte ihr sagen, dass er sie mitnehmen würde. Ob sie sich vielleicht sogar erhoffte, dass es dort einen Platz für sie geben könnte?

„Aber du weißt natürlich, dass ich dich niemals dorthin mitnehmen kann“, sagte er und zog sie in seinen Schoß.

Cathy biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte sich der Hoffnung hingegeben, wie jede Frau es gemacht hätte, mochte es auch noch so töricht sein. Seine Äußerung zwang sie jetzt zu einer Frage, die sie eigentlich nicht stellen wollte.

„Und warum nicht?“

Er legte einen Finger unter ihr Kinn. „Weil meine Leute niemals akzeptieren würden, dass ich mir offen eine Geliebte halte.“

„Sie würden auf mich herabsehen, oder?“, fragte sie mit zitternder Stimme.

„Cathy“, beschwor er sie. „Nicht doch.“

„Weil man natürlich immer der Frau die Schuld gibt, nicht wahr? Sie würden nicht einmal wagen, daran zu denken, dass ihr geliebter Prinz auch etwas damit zu tun hat.“

„Das reicht“, beschied er in warnendem Ton.

Ihre Lippen zitterten. „Na schön. Außerdem finde ich das Thema sehr ermüdend.“

„Du hast doch damit angefangen.“

„Und du hast es verdorben.“

„Bist du dir bewusst“, fragte er mit seidenweicher Stimme, „dass du für eine solche Äußerung mir gegenüber in der Öffentlichkeit wegen groben Ungehorsams zur Rechenschaft gezogen werden könntest?“

Reiß dich zusammen, befahl Cathy sich grimmig, verdrängte ihre dumme Sehnsucht und presste stattdessen ihren Mund auf seinen Hals. „Schon möglich, aber nur wenn ich deine Untertanin wäre“, bemerkte sie und atmete seinen männlichen Duft ein. „Und das bin ich natürlich nicht.“

Mit seinem Lachen verschwand Xavieros Verwirrung. Ihre Schlagfertigkeit überraschte ihn. Er kannte genügend selbstbewusste und erfolgreiche Frauen, doch keine hatte je so frei und geradeheraus mit ihm gesprochen wie Cathy.

Er merkte, dass sie ihn fragend ansah, und strich ihr über das weiche Haar. „Wer hätte gedacht“, murmelte er, „dass ein paar Wochen Nachhilfeunterricht aus einem einfachen kleinen Zimmermädchen so eine perfekte Partnerin im Bett machen können?“

Cathy behielt ihr Lächeln bei und befahl sich, nicht darauf zu reagieren. Sie wusste, dass er sie nicht absichtlich hatte verletzen wollen. Stattdessen dachte sie daran, wie er sie mit seiner Berührung verzauberte. Sie sollte ihn besser so akzeptieren, wie er war, und nicht versuchen, ihn zu ändern. Warum sollte sie das zerstören, was von Anfang an nur als kurze, wunderschöne Affäre gedacht war? „Ja, wer hätte das gedacht“, stimmte sie zu.

„Wie machst du das nur?“, wollte er wissen.

„Ach Xaviero …“

„Nein, es interessiert mich. Es geht ja nicht nur darum, die Techniken zu lernen, auch wenn du überraschend schnell lernst und ich mit dir als Schülerin äußerst zufrieden bin. Was ist dein Geheimnis, Cathy? Hast du vielleicht in einem dieser Selbsthilfebücher nachgelesen, wie man als Frau am besten mit einem starken Mann zurechtkommt?“

Cathy stützte sich auf die Ellbogen und sah ihn an. In seiner Arroganz überschritt auch er manchmal die Grenze. Würde er sie auslachen, wenn sie ihm erzählte, dass ihr Geheimnis schlicht darin bestand, zu vergessen, dass er ein Prinz war? Denn wenn sie in seinen Armen lag, tat sie so, als sei er der Mann in Jeans, der sie so stark in seinen Bann gezogen hatte. Aber vielleicht würde er es falsch verstehen, weil er eigentlich nicht dieser Mann war.

„Nein, habe ich nicht. Diese Bücher sind im Grunde nicht für Zimmermädchen geschrieben“, entgegnete sie trocken.

„Nein, ich glaube auch nicht.“ Nachdenklich sah er sie an, da ihm klar wurde, dass er das Unvermeidliche nicht länger hinausschieben konnte. „Ich habe überlegt … soll ich dir helfen, einen Job zu finden? Etwas anderes, wenn …“

Cathy versteifte sich, während seine Stimme sich verlor. „Wenn was, Xaviero?“

Forschend sah er sie an, darauf gefasst, dass sie in Tränen ausbrechen würde. „Wenn das hier vorbei ist.“

Wie eine dunkle Gewitterwolke hing das Schweigen über ihnen, während Cathy das schreckliche Gefühl der Angst zu bezwingen versuchte, das ihr Herz umklammerte. Sie hatte doch gewusst, dass es eines Tages so kommen würde. Aber sie hatte nicht so schnell damit gerechnet.

„Und … ist jetzt alles vorbei?“, brachte sie schließlich heraus.

Xaviero entspannte sich ein wenig. Keine Tränen. Gut. „Noch nicht. Aber bald“, murmelte er und küsste sie auf die Wange. „Früher, als ich dachte.“

„Oh.“

„Du wusstest von Anfang an, dass ich vorhabe, den Winter in Südamerika zu verbringen, um mich nach Pferden umzusehen.“

„Ja, natürlich“, antwortete Cathy und wunderte sich, dass ihre Stimme so heiter klang, wenn ihr Herz doch gerade in tausend Stücke brach.

„Ein Hengst, den ich im Auge habe, steht demnächst zum Verkauf an. Und den will ich mir in den nächsten Tagen ansehen. Was das Hotel betrifft, habe ich mich mit den Architekten getroffen. Es wird nach meinen Vorstellungen umgebaut, während ich fort bin. Und wer von den jetzigen Angestellten vorhat zu bleiben, den werde ich selbstverständlich übernehmen, auch wenn es dann ein Privathaus ist.“ Er merkte, dass sie ihn vorsichtig ansah. „Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob das in unserem Fall angemessen wäre.“

Cathy hatte das Gefühl, als ob ihr jemand eine spitze Glasscherbe ins Herz gestoßen hätte. Sie fühlte sich schwach und benommen, während seine Worte ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken jagten. „Ich glaube, ich verstehe nicht ganz“, sagte sie langsam.

Xaviero seufzte. Er hatte gehofft, dass sie es ihm leicht machen würde, ohne darauf hinweisen zu müssen, dass Welten sie trennten. „Du weißt, dass wir mit unserer Affäre nicht weitermachen können, wenn ich zurück bin“, sagte er ruhig. „Ich will mich hier einrichten, und es würde sich nicht gut machen … für uns beide nicht.“

„Aber besonders für dich nicht?“

Obwohl sie es zu verbergen suchte, sah er die Qual in ihren Augen. Doch er wusste, dass er ehrlich zu ihr sein musste. Denn er erinnerte sich schmerzlich daran, wie ausweichend die Ärzte und auch sein Vater geantwortet hatten, als er sie fragte, ob seine Mutter weiterleben würde. Sie hatten ihm Hoffnung gemacht, die völlig unangebracht war. Also hatte Xaviero gelernt, dass es nur eine Lösung für falsche Hoffnung gab. Sie zu zerstören.

Ernst sah er sie an. „Du wirst dich vermutlich nicht wohlfühlen, wenn du hierbleibst, Cathy. Eines Tages sehe ich mich vielleicht nach einer geeigneten Partnerin um.“ Damit kein Missverständnis aufkommen konnte, fügte er hinzu: „Nach einer Braut. Denn früher oder später muss ich daran denken, sesshaft zu werden.“ Er spürte, wie sie sich versteifte. „Und ich weiß nicht, ob das so leicht für dich wäre, wenn du immer noch als eine Art Zimmermädchen bei mir arbeiten würdest, wenn ich eine Frau mit nach Hause brächte und …“

„Und mich bitten würdest, die schmutzigen Laken zu wechseln?“, fragte sie unverblümt.

„Cathy!“

„So ist es doch, oder nicht?“ Er hatte ein mögliches Szenario entworfen, und jetzt war es wohl an ihr, sich der düsteren Realität zu stellen. Damit sie sich keiner Illusion mehr hingab. „Ja, du hast recht, Xaviero. Es wäre für uns beide sehr unangenehm, wenn ich dann noch da wäre.“

Gedankenverloren sah sie ihn an. Jetzt ging es um ihr Leben, das so ganz anders war als seines. Eine Zeit lang hatte es einen gemeinsamen Weg gegeben, doch nun wurde sie in eine unbekannte Zukunft entlassen, die ihr Angst machte.

Verzweifelt bemühte sie sich um einen Rest von Würde. „Bitte fühl dich nicht schlecht deswegen. Wir wussten ja beide die ganze Zeit, dass es unausweichlich ist. Wahrscheinlich brauchte ich nur diesen Anstoß, um endlich mein Leben zu ändern, wie ich es schon seit einiger Zeit vorhatte.“

Er wirkte nachdenklich. „Wenn du willst, könnte ich vielleicht helfen.“ Er sah, dass sie nicht ganz verstand. „Ich meine, wenn du dir etwas Neues aufbauen willst … irgendwo anders.“

Sie wich zurück. „Du meinst, du … willst mich auszahlen? Wofür denn? Für meine Dienste?“

„Das wollte ich damit nicht sagen!“, gab er scharf zurück.

„Aber so hat es geklungen.“

Einen Moment war er versucht, sie auf der Stelle zu verlassen. Dieses kleine Haus mit dem wunderschönen Garten. Wo er seine Rolle abstreifen konnte, bei der warmherzigen Frau, die sich in eine fast perfekte Liebhaberin verwandelt hatte. Dann würde ein anderer Mann eines Tages davon profitieren, wie ihm mit einem unerwarteten Anflug von Eifersucht bewusst wurde.

„Wir sollten uns nicht streiten, Cathy, nicht jetzt“, sagte er besänftigend und umfasste ihr Gesicht.

Cathy schämte sich zutiefst, dass sie ihn nicht zurückwies, als er sie küsste. Nach all dem, was er zu ihr gesagt hatte. Dass es für sie keinen Platz in seinem Leben gab. Welche Frau, die sich noch einen Rest an Stolz bewahrt hatte, würde sich da noch seinen Liebkosungen hingeben?

Aber sie wollte ihn noch ein Mal spüren, noch ein Mal mit ihm eins sein.

Er blickte in ihre leuchtend blauen Augen, die verdächtig nach Tränen schimmerten. Er wusste, dass seiner fügsamen Schülerin nun die härteste Lektion bevorstand: Lebewohl zu sagen.

7. KAPITEL

Ohne Xaviero fühlte sie sich allein und verängstigt. Doch statt nur dazusitzen und Trübsal zu blasen, änderte Cathy ihr Leben von Grund auf. Sicher, ihr Prinz war gegangen, aber sie hatte von Anfang an gewusst, dass es eines Tages so kommen würde. Er war gegangen und würde nie wieder zu ihr zurückkehren. Also sollte sie besser lernen, ohne ihn zu leben, und darauf hoffen, dass der quälende Schmerz in ihrem Herzen eines Tages schwächer werden würde.

Als ersten Schritt auf dem Weg zur Genesung hatte sie Colbridge verlassen. Was blieb ihr auch anderes übrig? Xaviero hatte ihr ja schonungslos erklärt, wie schwierig es sein würde, wäre sie immer noch da, wenn er aus Südamerika zurückkam.

Es war schwerer gewesen, als sie gedacht hatte, sich von ihren Kollegen und Freunden zu verabschieden. Anders als von dem unverhohlen neugierigen Rupert, der den größten Teil seines Gewinns in einen roten Lamborghini gesteckt hatte und plante, in Südfrankreich ein neues Hotel zu eröffnen.

Unumwunden hatte er sie gefragt, ob sie mit dem Prinzen geschlafen habe. Errötend hatte Cathy ihm entgegnet, dass ihn das nichts anginge.

„Ich denke, Ihre Antwort spricht für sich“, sagte er gedehnt.

„Denken Sie, was Sie wollen, Rupert.“ Sie merkte, dass ihre kühle Antwort ihn verblüffte. Mochte sie durch Xaviero auch den Schmerz der Liebe kennengelernt haben, hatte ihre Affäre mit dem Prinzen ihr doch auch Selbstvertrauen gegeben.

Ihr kleines Haus zu verlassen, in dem sie fast ihr ganzes Leben verbracht hatte, war sehr schwer für sie gewesen. Noch schmerzlicher war, den Garten aufgeben zu müssen, den sie mit so viel Liebe gepflegt hatte. Sie vermietete das Haus an einen Pflanzenliebhaber, der versprach, sich um die Blumen zu kümmern. Dann zog sie nach London, wo sie einen Job in einem bekannten Buchladen am Piccadilly fand, direkt an der Straße zum Green Park. In dieser hektischen Metropole schien ihr der Buchladen fast ein Ort der Zuflucht zu sein. Als man ihre Leidenschaft für Pflanzen und Blumen entdeckte, wurde sie sofort in der entsprechenden Abteilung eingesetzt.

Mit der Miete für ihr Häuschen konnte sie sich eine bescheidene Studiowohnung in der Nähe des Buchladens leisten. Sie war klein, und die Heizung sprang nur an, wann sie wollte. Aber wenn man einmal die hundertacht Stufen überwunden hatte, machte der wunderschöne Ausblick über die Stadt all das wett.

Cathy versuchte zwar, die quälenden Gedanken an Xaviero, die sie nicht loslassen wollten, abzuschütteln, doch es war nicht leicht. Sie vermisste Xaviero. Vermisste ihn schmerzlich. Die Trennung von Peter hatte sie dagegen schon nach ein paar Tagen vergessen. Aber dies fühlte sich bedenklich nach wahrer Liebe an, obwohl sie sich immer wieder einredete, dass sie sich unmöglich in den Prinzen mit den goldenen Augen verliebt haben könnte. Es war nur ein erotisches Abenteuer gewesen, sagte ihre Vernunft, doch ihr Gefühl erzählte etwas anderes.

Vielleicht würde die Zeit ihre Wunden heilen und die Erinnerung verblassen lassen. Auch wenn sie sich mit Begeisterung in ihr neues Leben stürzte, weinte sie doch jede Nacht leise in ihr Kissen. Weinte um den Mann, der ihr Herz und ihren Körper mit solcher Macht erobert hatte.

Der Herbst hielt Einzug, und sie erfreute sich daran, wie die Blätter sich goldbraun färbten und unter ihren Füßen raschelten. Mit den anderen Angestellten im Buchladen verstand sie sich gut, besonders mit Sandy, einer Teilzeitkraft, die nebenher Katzen für Postkarten malte.

So wie jeden Morgen, wenn sie sich unbeobachtet glaubte, informierte sich Cathy im Internet über die Neuigkeiten aus Zaffirinthos. Sandy, die in ihrer Nähe war, griff sie bei den Ellbogen, als die Welt plötzlich vor Cathys Augen verschwamm.

„Cathy, um Himmels willen. Was ist denn?“, fragte Sandy.

Doch Cathy hörte ihre Stimme wie aus weiter Ferne. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, die Buchstaben, die vor ihren Augen tanzten, klar zu erkennen.

Angehöriger der Fürstenfamilie kämpft um sein Leben. Ganz Zaffirinthos hält den Atem an.

„Nein!“, wimmerte sie und wurde kreidebleich, während ihre Knie unkontrolliert zitterten.

„Setz dich“, drängte Sandy und reichte ihr ein Glas Wasser.

Nachdem ihre Wangen wieder ein wenig Farbe angenommen hatte, wurde sie nach Hause geschickt. Cathy hätte lieber den ganzen Artikel gelesen, aber das konnte sie jetzt nicht, da die anderen glaubten, sie sei krank. Sie würde sich draußen eine Zeitung kaufen oder in ein Internetcafé gehen.

„Bist du schwanger?“, murmelte Sandy.

Cathy zuckte zusammen, weil Sandy sie unwissentlich an ihren Schmerz erinnerte. Auch wenn sie nicht schwanger war, hätte sie sich doch danach gesehnt, zu spüren, wie Xavieros Kind in ihr heranwuchs.

„Nein, ich bin nicht schwanger“, sagte sie tonlos.

Draußen wehte ein kühler Herbstwind. Nachdem sie sich eine Zeitung gekauft hatte, setzte sie sich in ein Café, bestellte einen Cappuccino und blätterte die Seiten durch. Zaffirinthos war eine relativ kleine Insel, die kaum eine Nachricht wert war. Doch dass ein Mitglied des Fürstenhauses zwischen Leben und Tod schwebte, interessierte auch die internationale Presse.

Ihre Lippen bebten, als sie las:

Fürst Cristiano von Zaffirinthos kämpft nach einem schweren Sturz vom Pferd mit dem Leben.

Cathy begann zu zittern vor Erleichterung, weil es nicht um Xaviero ging. Doch im nächsten Moment hatte sie ein schlechtes Gewissen und fühlte Mitleid, weil ihr bewusst wurde, dass sein Bruder schwer verletzt war.

Armer Cristiano, dachte sie, während sie weiterlas.

Der charmante Fürst, 34, der erst kürzlich den Thron des kleinen Inselfürstentums bestiegen hat, ist ins Krankenhaus der Hauptstadt geflogen worden, wo er immer noch im Koma liegt. Die Ärzte weigern sich, zu bestätigen, dass der Fürst mit dem Tod ringt. Sein jüngerer Bruder Xaviero, 33 (im Bild rechts), kommt heute Abend aus Südamerika zurück, um bei seinem todkranken Bruder zu sein. Dies ist nicht die erste Tragödie in der reichen Familie di Cesere. Fürstin Sophia, die Mutter des Regenten, starb vor 25 Jahren an einer Hirnblutung.

Cathy betrachtete den Schnappschuss, der am Flughafen von Bogotá gemacht worden war. Xavier sah wütend aus, die Hand erhoben, als wollte er dem Fotografen die Kamera entreißen. Er wirkt gehetzt, dachte sie und fühlte mit ihm.

Blicklos starrte sie auf ihren inzwischen kalten Kaffee und fragte sich, ob sie ihm irgendwie helfen könnte. Aber Xaviero war inzwischen sicher schon zu Hause, umgeben von Beratern und eingebunden in ein strenges Protokoll. Was, in aller Welt, könnte sie da schon tun?

Dann fiel ihr ein, dass er ihr seine Handynummer gegeben hatte, obwohl es wahrscheinlich noch nie vorgekommen war, dass jemand seine Nummer mit der Anweisung weitergab, sie nicht zu benutzen.

„Nur wenn es unbedingt notwendig ist“, hatte er gesagt, und seine ernste Miene hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er es auch so meinte. „Solltest du zum Beispiel feststellen, dass du schwanger bist.“ Als er bemerkte, wie sie schockiert nach Luft schnappte, hatte er hinzugefügt: „Wir haben zwar aufgepasst, aber es kann trotzdem passieren. Allerdings hoffen wir doch beide, dass es nicht der Fall ist.“

Nachdenklich starrte Cathy vor sich hin. Was würde sie tun, wenn es um einen anderen Menschen ginge? Einen Freund oder Kollegen, der ihr wichtig war. Selbst Peter würde sie sofort eine Nachricht schicken, in der sie ihm mitteilte, dass sie an ihn dachte. Aber das war etwas ganz anderes. An einen wichtigen Mann wie Xaviero heranzukommen war sicher unmöglich.

Während die Tage vergingen, dachte sie immer wieder beunruhigt an Xaviero und wie es seinem Bruder wohl gehen mochte. Denn obwohl sie die Zeitung und das Internet durchforstete, fand sie nichts mehr über seinen derzeitigen Zustand.

Doch eines Abends hielt sie es nicht mehr aus. Sie wusste jetzt, dass sie mit ihm in Kontakt treten musste. Wen kümmerte es schon, ob es falsch war oder die fürstlichen Regeln verletzte? Oder wenn er sie für töricht hielt, so etwas zu tun? Hier ging es nicht um sie, sondern um ihn.

Während sie auf dem Sofa saß, entwarf sie im Geiste Worte des Trostes, ehe sie es wagte, sie als Nachricht zu verschicken – aus Angst, er könnte ihr unterstellen, dass sie aus einem anderen Grund mit ihm in Verbindung trat. Schließlich schrieb sie einfach: Tut mir schrecklich leid, dass dein Bruder so krank ist. Ich bin in Gedanken bei dir. Cathy. Dann drückte sie auf Senden, ehe sie es sich noch anders überlegen konnte.

Sie hatte nicht erwartet, eine Reaktion zu bekommen. Als das Handy dann später klingelte, glaubte sie, Sandy sei am anderen Ende, um sie zu überreden, mit ihr auszugehen. Doch als sie einen kurzen Blick auf das Display warf, schnappte sie ungläubig nach Luft.

Xaviero?

Ihr Herz klopfte bis zum Hals. „H…hallo?“

„Cathy?“

„Ja. Ach Xaviero, es tut mir so …“

Er schnitt ihr das Wort ab. „Bist du allein?“

„Ja. Xaviero, wie geht es deinem Bru…“

Wieder unterbrach er sie. „Ich kann nicht lange sprechen, weil ich nicht weiß, ob wir abgehört werden. Ich will, dass du genau zuhörst, Cathy, ehe du mir antwortest. Kannst du nach Zaffirinthos kommen?“

„W…wann?“

„Morgen.“

„Morgen? Aber ich verstehe nicht, Xaviero …“

Er klang angespannt. „Ich kann jetzt nicht reden. Ich will nur eine Antwort von dir. Ja oder nein?“

Alles drehte sich, während sie versuchte, seine Worte zu verstehen. Sein harter Tonfall war ihr jedoch nicht entgangen. Ihre Bekanntschaft mit Xaviero mochte nicht lange gedauert haben, aber sie war intensiv genug gewesen, um zu wissen, dass dieser Ton keinen Widerspruch duldete.

Würde sie gehen, sich der Ungewissheit überlassen …

„Du zögerst.“ Er klang sehr kühl.

Sein Ton brachte Cathy sofort in die Wirklichkeit zurück. Warum, in aller Welt, zögerte sie auch nur eine Sekunde? Er war der Mann, der sie in ihren Träumen und in jeder wachen Stunde verfolgte. Der Mann, der ihr das Gefühl gegeben hatte, eine Frau zu sein, zum ersten Mal in ihrem Leben. Der ihr gezeigt hatte, wie schön das Leben sein konnte und wie schmerzlich. Der sie gelehrt hatte, sich lebendig zu fühlen.

Ja, er war ein Prinz, aber das war in gewisser Weise nicht von Belang. Denn der Mann mit den goldenen Augen hatte sie von Anfang an in seinen Bann gezogen. Ob er sie brauchte? Wäre das nicht wunderbar, von Xaviero gebraucht zu werden? Cathy schluckte. Er hatte ihr nichts gesagt, und sie würde in blindem Vertrauen nach Zaffirinthos gehen – ein Vertrauen, das leicht missbraucht werden und sie wieder leer und einsam zurücklassen könnte.

Aber sie hatte keine andere Wahl, so, wie sie für Xaviero fühlte. Also würde sie ihrem Herzen folgen und sich ins Ungewisse stürzen.

„Ja, ich komme nach Zaffirinthos“, sagte sie.

Xaviero, der in seinem prunkvollen Arbeitszimmer im Palast stand, atmete tief aus.

„Halte deinen Ausweis bereit“, wies er sie ruhig an. „Morgen früh um zehn wirst du mit einem Wagen abgeholt …“

„Ich habe einen neuen Job, Xaviero.“

„Ich weiß“, meinte er ungehalten, weil das Lämpchen bei einem zweiten Telefon auf seinem Tisch rot aufleuchtete. Ich habe meine Leute angewiesen, das herauszufinden.“

Meine Leute? Die Worte machten ihr Angst, weil er sie hatte überwachen lassen. „Ich kann nicht einfach so verreisen.“

„Keine Sorge – darum wird man sich kümmern. Der Laden wird eine entsprechende Entschädigung bekommen, und falls nötig, wird für Ersatz gesorgt.“

Seine Macht und sein Einfluss ermöglichten es ihm also, die Menschen einfach herumzuschieben wie Schachfiguren. So war er bei Rupert verfahren, und jetzt tat er es wieder. Erneut kamen Zweifel auf. Sollte sie wirklich nach seiner Pfeife tanzen? „Außerdem bin ich umgezogen und wohne nicht mehr dort, wo du glaubst.“

„Auch das weiß ich, Cathy. All das sind doch unbedeutende Kleinigkeiten.“

Unbedeutende Kleinigkeiten? Das war ihr Leben! Cathy schluckte. Obwohl die Frage wenig geistreich klang, musste sie sie trotzdem stellen. „Und was … soll ich mitnehmen?“

„Nicht viel.“ Ein kurzes Schweigen. „Um den Rest wird man sich kümmern.“

Sollte das heißen, dass sie nicht lange bleiben würde? „Xaviero, ich …“

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich jetzt nicht reden kann. Es ist … Ich sehe dich morgen, dann haben wir Zeit genug.“ Wieder eine Pause. „Auf Wiedersehen, Cathy.“

Damit hatte er das Gespräch beendet. Cathy stand einen Moment nur mit dem Handy in der Hand da, als erwartete sie, dass im nächsten Moment jemand anrufen und ihr sagen würde, all das sei ein Missverständnis gewesen. Weil der Prinz zeitweilig nicht ganz bei Sinnen sei.

Doch niemand rief an, und Cathy wurde allmählich bewusst, dass er es tatsächlich ernst meinte. Sie straffte sich, ging ins Schlafzimmer und packte ein paar Sachen in einen kleinen Koffer.

Unruhig ging sie am nächsten Morgen auf und ab, ehe der Wagen kam. Es war die gleiche dunkle, kugelsichere Limousine, in der sie mit Xaviero zum Poloclub gefahren war. Aber es schien ihr eine Ewigkeit her zu sein.

Auf dem Flughafen wartete eine Privatmaschine auf sie. Als sie dann in der Luft waren, fühlte Cathy sich benommen und verwirrt, so wie damals nach der Vollnarkose, als ihr die Mandeln entfernt worden waren. Erst als das Flugzeug zum Landeanflug über einer mondsichelförmigen Insel ansetzte, umgeben von saphirblauem Meer, kehrte ihre Beklommenheit wieder zurück. Ob Xaviero draußen auf sie wartete, um ihr zu erklären, warum sie Hals über Kopf hierherkommen musste? Als sie aus dem Fenster sah, entdeckte sie seitlich der Landebahn ein Grüppchen Menschen, die offenbar auf sie warteten. Von ihm war jedoch nichts zu sehen, nur ein großer Wagen mit dunkel getönten Scheiben, der vor einer Reihe ähnlich aussehender Wagen stand.

Warme, wohl duftende Luft umfing sie, als sie die Stufen hinunterstieg. Unten wartete eine Frau um die vierzig, schick gekleidet in cremefarbenes Leinen. Sie löste sich aus der Gruppe, trat zu ihr und streckte die Hand entgegen.

„Catherine?“ Sie lächelte. „Wir freuen uns, dass Sie hier sind. Ich heiße Flavia Simoni und bin die Frau von Prinz Xavieros Privatsekretär. Hatten Sie einen angenehmen Flug?“

Cathy wollte ihr sagen, dass sie nie Catherine genannt wurde, aber jetzt schien nicht der richtige Zeitpunkt dafür.

„Danke, es war wunderschön. Wie geht es Cristiano?“, fragte sie und überlegte, ob sie sich den kurzen Anflug von Missbilligung auf dem Gesicht der älteren Frau nur eingebildet hatte.

„Ich bin sicher, dass Prinz Xaviero persönlich mit Ihnen über seinen Bruder, den Fürst, sprechen will“, erwiderte Flavia kühl.

Sie war also doch verstimmt. Verzweiflung stieg in Cathy auf, als sie merkte, dass Schweiß auf ihrer Stirn stand. Sie hatte nicht bedacht, wie heiß es hier sein würde. Rasch fuhr sie sich mit dem Handrücken über die Stirn und sah sich um. Sicher war er irgendwo hier, um sie zu begrüßen. Vielleicht saß er in einem der Wagen. „Ist er hier? Xav… Prinz Xaviero, meine ich“, fügte sie hastig hinzu.

„Leider nein. Der Prinz ist vollauf mit Staatsangelegenheiten beschäftigt“, sagte Flavia. „Deshalb hat er mich gebeten, Sie zum Palast zu begleiten. Wenn Sie dann bitte mitkommen wollen, sonst verlieren wir noch mehr Zeit.“

Nachdem sie hinten im Wagen Platz genommen hatte, versuchte Cathy verzweifelt, ihr geblümtes Kleid glatt zu streichen, das verglichen mit Flavias Leinenkleid geradezu billig aussah. Tausend Fragen schwirrten ihr durch den Kopf, die jedoch von der wichtigsten überlagert wurden. Warum, in aller Welt, war er nicht da, um ihr zu erklären, was sie hier sollte?

Sie starrte aus dem Fenster, darum bemüht, die Schönheit dieses fremden Landes in sich aufzunehmen. Die überraschend breite Straße war von Palmen gesäumt, die sich in ihrem dunklen Grün von dem atemberaubend blauen Himmel abhoben. Die Luft flirrte vor Hitze. Nach einer Weile tauchte in der Ferne eine Ansammlung von Gebäuden auf, und sie beugte sich näher zum Fenster, um besser sehen zu können.

„Wir erreichen gleich unsere Hauptstadt Ghalazamba“, erklärte Flavia, in deren Stimme ein Anflug von Stolz mitschwang. „Die Stadt wird seit Jahrhunderten von der Familie di Cesere regiert.“

Flavias Worte verstärkten noch Cathys Beklommenheit. Sie wusste ja, dass Xaviero ein Prinz war, aber außer seinem luxuriösen Wagen und den Bodyguards, die sich immer diskret im Hintergrund gehalten hatten, hatte sein Status sie in ihrer gemeinsamen Zeit in England kaum berührt. Aber hier schien ihr das ganze Ausmaß seines fürstlichen Erbes zum ersten Mal richtig bewusst zu werden.

Nachdem sie die Stadtmauern passiert hatten, verkündete Flavia wenig später feierlich: „Und das ist der Fürstenpalast von Zaffirinthos.“

Nervös betrachtete Cathy das riesige, majestätisch wirkende weiße Gebäude mit den hohen Säulen und den elegant geschwungenen Bogenfenstern. Bäume und Blumen, die sie noch nie gesehen hatte, verströmten einen überwältigenden Duft. Inmitten eines Springbrunnens stand eine steinerne Nymphe, die eine kleine Weltkugel in der Hand hielt, aus der ebenfalls Wasser sprudelte.

Flavia deutete auf eine breite Treppe aus Marmor, die zum Haupteingang führte, bewacht von Männern in Uniform. „Der Prinz hat darum gebeten, Sie unverzüglich in sein privates Arbeitszimmer zu bringen.“

Plötzlich schlug Cathys Herz viel zu schnell. Was tat sie eigentlich in diesem herrschaftlichen Palast, bewacht von Männern mit undurchdringlicher Miene? Doch sie hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, als sie durch die Marmorflure eilten. Wenig später wurde sie in einen Raum geführt, der so prachtvoll ausgestattet war, dass es ihr den Atem nahm.

Sofort fiel ihr Blick auf die große Gestalt, die am Fenster stand. Auch wenn sein Gesicht durch das einfallende Licht von hinten im Schatten lag, machte allein sein Anblick Cathy bewusst, wie sehr sie ihn vermisst und wie verzweifelt sie sich nach seiner Umarmung gesehnt hatte.

„Xaviero!“, rief sie und ging spontan auf ihn zu. Doch als er die Hand hob, blieb sie abrupt stehen.

Während er sich aus dem Schatten löste, sah sie schockiert, dass er abgenommen hatte. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen, die von zu wenig Schlaf erzählten. Aber noch schlimmer war sein kalter, distanzierter Blick, der ihr unmissverständlich zu verstehen gab, ihm nicht nahezukommen. Genauso hatte er sie angesehen, als er ihr erklärt hatte, nach Südamerika gehen zu wollen. Ein ungutes Gefühl beschlich sie.

„Schön, dich wiederzusehen, Catherine“, sagte er in einem Ton, den sie noch nie bei ihm gehört hatte. Er klang kühl und geschäftsmäßig, sodass sie das Gefühl hatte, kaum mehr als eine Fremde für ihn zu sein.

Aber warum nannte er sie Catherine? Erst Flavia und dann er. Überwältigt von der glanzvollen Umgebung und eingeschüchtert durch Xavieros erschreckende Präsenz, stand sie stumm vor ihm und wartete darauf, dass er mit klärenden Worten den Nebel lichten würde, der sie zu umgeben schien. „Ich freue mich auch über unser Wiedersehen, Eure Durchlaucht“, sagte sie im gleichen förmlichen Ton.

Xaviero sah sie an und fragte sich, ob er verrückt gewesen war, sie hierherkommen zu lassen. Denn in ihrem zerknitterten billigen Kleid war sie in dem herrschaftlichen Palast völlig fehl am Platz.

Doch welche Wahl blieb ihm schon in seiner prekären Lage? Wie hieß es doch immer? Sei vorsichtig mit deinen Wünschen …

„Flavia“, sagte er, sah sie jedoch kaum an, „würden Sie uns einen Augenblick allein lassen?“

„Natürlich, Eure Durchlaucht.“ Flavia knickste, ehe sie den Raum verließ und die schwere Tür lautlos hinter sich schloss.

Und dieser Knicks riss Cathy endlich aus ihrer Starre. „Ich dachte, du magst keine Formalitäten.“

Er warf ihr ein grimmiges Lächeln zu. „Leider ist es zu einer Notwendigkeit geworden, mit der ich schnell lernen musste zurechtzukommen. Es gibt hier strenge Verhaltensregeln. Dazu gehört, dass du dich vor den Augen einer Angestellten nicht in meine Arme wirfst.“

Seine Kritik versetze ihr einen Stich. Aber wie sollte sie die Regeln kennen, wenn sie doch nur gekommen war, um ihn zu trösten? „Wie … wie geht es deinem Bruder?“

Eindringlich sah er sie an. Konnte er ihr wirklich vertrauen? Aber er hätte sie wohl kaum hergebeten, wenn dem nicht so wäre. „Was ich dir sage, ist streng vertraulich.“

„Natürlich.“

„Sein Zustand ist unverändert. Der Fürst liegt noch immer im Koma.“ Xavieros Mund wurde zu einer harten Linie. „Er lebt und lebt doch nicht.“

Sie hörte Verbitterung und Trauer in seiner Stimme. Aber da war auch noch etwas anderes, das sie nicht benennen konnte. „Das tut mir sehr leid.“

„Ja. Es tut uns allen leid.“

Sie hob den Blick zu ihm, weil ihr bewusst wurde, dass er sie immer noch nicht berührt hatte. Und seine Haltung zeigte ihr deutlich, dass er sich auch jede Berührung von ihr verbat. Reglos blieb sie stehen, in dem Gefühl, als sei er nichts als ein Fremder. Sie konnte sich kaum noch vorstellen, dass er tatsächlich einmal in ihrem schmalen Bett gelegen und sie die Kunst des Liebesspiels gelehrt hatte. Er sah kalt und unnahbar aus – wie eine golden funkelnde Statue.

„Xaviero“, wisperte sie. „Warum hast du mich hergeholt?“

Er zögerte, einen Moment unschlüssig. Denn das, was er sagen wollte, hatte weitreichende Auswirkungen. Mit festem Blick sah er sie an. Sollte er es hinter sich bringen? Konnte er das überhaupt? Und dennoch, blieb ihm denn eine andere Wahl, wollte er auf dieser Insel ein annehmbares Leben führen? Denn jeder seiner Schritte wurde strengstens überwacht. Tief atmete er ein und sah in Cathys leuchtend blaue, geweitete Augen.

„Ich will, dass du mich heiratest“, sagte er tonlos.

8. KAPITEL

Cathy hatte das seltsame Gefühl, sich selbst zu beobachten. Es war, als ob ihr Geist über ihrem Körper schweben würde.

Sie sah die imposante Gestalt des Prinzen – und die zierliche Frau in dem zerknitterten Kleid. Mit ungläubiger Miene sah diese Frau den Mann vor sich an, als ob sie nicht fassen könnte, dass er sie eben gefragt hatte, ob sie ihn heiraten würde. Ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet, sodass sie kein Wort herausbrachte – selbst wenn sie gewusst hätte, was sie antworten sollte.

„Cathy? Hast du gehört, was ich gesagt habe?“

Seine Worte rissen sie aus ihrer Verwirrung. Sie schluckte gegen die Angst an und hoffte, dass sie nicht ohnmächtig zu Boden sinken würde.

Ihr Herz schlug nicht schneller vor Freude, wie sie es eigentlich erwartet hätte. Seltsam, dass etwas, nach dem man sich so verzweifelt gesehnt hatte, plötzlich wie ein Albtraum anmutete, wenn es Wirklichkeit wurde. Der Prinz hatte sie auf seine Mittelmeerinsel fliegen lassen und ihr eben einen Heiratsantrag gemacht. Fragend suchte Cathy in seinen harten Zügen und wünschte sich, dass er es wiederholen würde. Hatte sie richtig gehört, oder wurde sie verrückt?

„Ich bin nicht sicher. Sag es noch einmal.“

„Ich will, dass du mich heiratest.“

Ihre Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern. „Aber … warum?“

„Weil …“ Er wusste, was sie hören wollte – Worte der Liebe und Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft. Aber das konnte er nicht. Er war nie ein Heuchler gewesen und würde jetzt sicher nicht damit anfangen. „Weil ich eine Frau brauche.“

Brauchen. Ein Wort, das normalerweise auf eine emotionale Verbundenheit hinwies, doch Cathy vermutete, dass es für Xaviero eine andere Bedeutung hatte. Sein Gesicht war nichts als eine kühle, dunkle Maske. Weder hatte er sie in die Arme genommen noch ihr gesagt, dass sie die einzige Frau auf der ganzen Welt für ihn sei. Oder dass sein Leben nie wieder das gleiche sein würde, wenn sie nicht ja sagte.

„Warum?“, fragte sie erneut. „Ich verstehe es nicht.“

Auch diesmal wählte er seine Worte mit Bedacht. Die Wahrheit war für ihn lebensnotwendig, aber wie weit würde sie das verstehen? Und selbst wenn er ganz aufrichtig mit ihr war, würde sie ihm dann vielleicht eines Tages vorwerfen, sie hereingelegt zu haben, wie Frauen es manchmal taten, wenn das Leben nicht nach ihren Vorstellungen verlief?

„Weil …“ Seine Kehle war einen Moment wie zugeschnürt. „Weil mein Bruder bewusstlos im Krankenhaus liegt und folglich nicht in der Lage ist, die Interessen seines Volkes zu vertreten. Eine unhaltbare Situation, die ein Ende haben muss. Deshalb werde ich als Prinz mein Land regieren, bis er sich wieder erholt hat.“

„Du meinst, es besteht eine Chance, dass er wieder gesund wird?“

Ernst sah er sie an. „Die Ärzte halten es nicht für wahrscheinlich. Sie sagen, dass er noch Jahre so dahinvegetieren könnte. Ich werde als Prinzregent vereidigt – und demzufolge brauche ich eine Frau an meiner Seite.“

Um ihm zu helfen und ihn zu unterstützen? dachte sie, während ihr Herz plötzlich vor Hoffnung einen Sprung machte. Um ihn zu trösten, wenn er es brauchte? Würde sie nicht von Herzen gern all das für ihn tun – für diesen komplizierten und unwiderstehlichen Mann? Wäre es nicht eine Ehre für sie, an seiner Seite zu sein? Darum bemüht, das plötzlich aufkommende Glücksgefühl nicht durch ihre Miene zu verraten, verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Ach ja?“

Er nickte. „. Die jüngsten Ereignisse haben die Leute beunruhigt. Aber eine neue Prinzessin würde ihnen Hoffnung geben und wieder Licht in ihr Leben bringen. Sie hätten jemanden, der ihre Schulen besucht oder ein neues Krankenhaus eröffnet.“ Ein Funkeln trat in seine Augen. „Außerdem kann ich nicht ohne den körperlichen Trost leben, den nur eine Frau bieten kann. Und du bist nun einmal außerordentlich geschickt darin“, fügte er mit rauer Stimme hinzu. „Wie wir beide nur zu gut wissen.“

Cathy versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Was hatte sie denn erwartet? Gefühlvolle Worte der Liebe? Stattdessen hatte er ihr in Aussicht gestellt, Schulen besuchen zu können und sein Bett zu wärmen! Dachte er vielleicht, dass sie seinen Antrag genauso begierig annehmen würde wie damals, als er sie in sein Bett gelockt hatte?

„Aber warum ich?“, fragte sie im gleichen kühlen Ton. „Warum nicht eine Frau, die besser zu einem Prinzen passt? Eine von edler Herkunft, nicht ein einfaches Zimmermädchen.“

Xaviero nickte, erfreut über ihre leidenschaftslose Frage – ein gutes Omen für die Zukunft. „Weil ich alle Frauen dieser Insel kenne, die dafür infrage kommen. Ich will keine von ihnen heiraten. Und ich habe auch nicht die Zeit, mich woanders auf der Welt nach einer Frau umzuschauen, die …“ Er zuckte die Schultern, als er ihrem Blick begegnete, aber er würde vor der Wahrheit nicht zurückschrecken. „Die eine passendere Kandidatin wäre, weil sie von Adel ist. Aber du verfügst über eine wesentliche Qualifikation für diese Rolle, Cathy. Eine, für die ich mich selbst verbürgen kann.“

„Meine Unschuld?“, fragte sie.

„Natürlich.“ Er erinnerte sich an den Nachmittag, als sie die Unschuld verloren hatte. Sofort stieg Verlangen in ihm auf, und er sehnte sich danach, sie in die Arme zu ziehen. Um sich auf die süßeste Weise zu verlieren und für einen Moment die schwere Last zu vergessen, die nun auf seinen Schultern lag. Aber er wagte es nicht, sie zu berühren. Noch nicht. „Also …“ Er hob die dunklen Brauen. „Wie denkst du über diese Angelegenheit?“

Würde er sie wenigstens küssen oder umarmen, statt sie so kühl zu fragen. Obwohl er direkt vor ihr stand, schienen sie Welten zu trennen. Cathy wusste, dass von ihrer Antwort sehr viel abhing, für sie beide. Aber sollte sie seinen unglaublichen Antrag wirklich ernsthaft in Erwägung ziehen? Dafür musste sie alles wissen.

„Meine Unschuld ist also der einzige Grund für diesen wundersamen Antrag?“

Ein Lächeln huschte über Xavieros Gesicht. Versuchte sie ihn mit ihrer plötzlichen Direktheit zu schockieren? „Ich glaube du unterschätzt deine Schönheit, tesoro“, warf er ein. „Eine Heirat wäre natürlich unmöglich, wenn du andere Männer gehabt hättest. Aber dein fügsames Wesen ist auch ausschlaggebend für meine Entscheidung.“

Cathy erstarrte. „Was … was meinst du damit?“

„Es ist eine deiner lobenswertesten Qualitäten, dass du so wunderbar gefügig bist“, murmelte er und kam langsam auf sie zu. „Ein Wesenszug, den du nur besitzt, weil du nicht aristokratisch bist. Es war faszinierend zu beobachten, mit welcher Begeisterung du alles über Sex gelernt hast. Und deinen Lerneifer kann man sicher auch auf andere Felder außerhalb des Schlafzimmers ausdehnen.“

„Gefügig?“, wiederholte sie schwach, denn nun stand er direkt vor ihr, sein wunderschönes Gesicht ganz nah, sodass sein Duft sie einhüllte.

„Ja, gefügig. Du bist wie eine leere Leinwand, auf die ich nach Belieben malen kann. Du kannst lernen, eine Prinzessin zu sein, so wie du gelernt hast, eine gute Liebhaberin zu sein. Nur wenige Frauen sind so lernfähig, mia bella Cathy. Und jetzt komm her …“

Cathy hörte das Verlangen in seiner Stimme, doch sie blieb steif stehen, als er sie in die Arme zog. Sag Nein, drängte sie sich im Stillen. Sag ihm, dass du mehr bist als eine Unschuld vom Lande, die schnell lernt und alles begierig nimmt, was man ihr bietet.

„Cathy.“ Er berührte ihre zerzausten Haare. Seit sie den Raum betreten hatte, hatte er sich danach gesehnt, seine Finger in der seidigen Fülle zu vergraben. „Süße Cathy.“

Verzweifelt versuchte sie, dagegen anzukämpfen, doch ihr Verlangen war größer als ihr Stolz. Wie lange sehnte sie sich schon nach seiner Berührung!

Sie hatte geglaubt, nie wieder in seinen Armen liegen zu können. Jetzt, da er sie hielt, war es noch schöner als in der Erinnerung, weil sie alles vergaß, außer ihrer drängenden Sehnsucht. Sanft strich er ihr über die Haare. Als er mit den Daumen über ihre Lippen fuhr, zitterten sie. Eine seltsam unschuldige Berührung, die sie jedoch fast um den Verstand brachte. „Xaviero …“

„Küss mich“, drängte er sie mit rauer Stimme. „Küss mich, so wie du es wolltest, seit du dieses Zimmer betreten hast. Und tu es sofort, weil wir nicht viel Zeit haben. Danach will ich eine Antwort von dir haben.“

Ihr Stolz drängte sie, ihm erst noch eine Frage zu stellen. „Du hast mir noch nicht gesagt, was ich davon habe.“

Würde er sie mit Diamanten oder Palästen locken? Oder mit etwas Mächtigerem? Diesem unerklärlichen Etwas, das von Anfang an zwischen ihnen loderte? „Das hier“, sagte er heiser, ehe sein Mund den ihren fand.

Später fragte sie sich, ob ihre Antwort anders ausgefallen wäre, hätte sie seinen Kuss abgewehrt. Aber sie war zu schwach, um aufzubegehren. Eine Berührung von ihm reichte, und ihre Leidenschaft war entflammt. Sie klammerte sich an ihn, während er sie hungrig küsste, und keuchte auf, als er sie hart an sich zog und sie seine Erregung spürte.

Cathy stöhnte leise. Würde er sie ausziehen und auf dem Marmorboden nehmen, sie würde es zulassen. Denn dann wäre er nichts anderes als ein Mann ohne all die Insignien der Macht. Aber er beendete plötzlich den Kuss, während er stoßweise atmete, als wäre er zu schnell gelaufen.

„Du wirst meine Braut“, erklärte er und unterdrückte sein Verlangen, sich in ihr zu versenken. „Nicht wahr?“, fügte er an ihrem Ohr hinzu.

Trotz ihrer Bedenken, die genauso stark waren wie ihre Lust, wusste Cathy, dass sie seine zärtlich vorgebrachte Bitte nicht ablehnen könnte. Ihn jetzt zu verlassen würde ihr für immer das Herz brechen. Sicher, er bot ihr nicht das, was Männer normalerweise anboten, wenn sie einer Frau einen Heiratsantrag machten. Aber er bot sich selbst an.

Konnte sie sich damit nicht zufriedengeben?

„Ja, Xaviero“, sagte sie langsam, während ihr Herz hämmerte. „Ich werde deine Braut.“

9. KAPITEL

Es war, den Umständen entsprechend, eine ruhige Hochzeit. Denn eine große Feier hätten die Menschen ihnen übel genommen, da der Fürst zwischen Leben und Tod schwebte.

Cathy war froh über die zurückhaltende Feier. Wie, um alles in der Welt, hätte sie auch vor so vielen Gästen vorgeben können, dass dies eine „normale“ Hochzeit war und dass ihr fürstlicher Bräutigam unsterblich in sie verliebt sei, mit all den Kameras, die auf sie gerichtet gewesen wären? Bis ihr einfiel, dass sie gar nicht hier wäre, wäre es eine normale fürstliche Hochzeit, weil Xaviero dann nicht so schnell eine Braut gebraucht hätte.

Flavia war angewiesen worden, Cathy dabei zu helfen, sich in dem wunderschönen und streng bewachten Haus innerhalb der Palastanlage einzurichten, wo sie bis zur Hochzeit wohnen würde. Zudem sollte sie ihr all das beibringen, was sie für ihre zukünftige Rolle brauchen würde.

„Wissen Sie eigentlich, dass Sie mit Ihrem Eheversprechen auch gleichzeitig zur Prinzessin werden?“, fragte die ältere Frau.

„Ja.“

„Und dass Sie in Zukunft Catherine genannt werden?“

Cathy lächelte. „Ich ziehe Cathy vor, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“

Flavia verzog keine Miene. „Das wird nicht möglich sein“, sagte sie entschuldigend. „Der Prinzregent hat angeordnet, dass Ihr gesamtes Briefpapier den Namen Catherine trägt.“

Für Cathy, die ohnehin schon nicht mehr wusste, wo ihr der Kopf stand, brachte diese Anweisung das Fass zum Überlaufen. Sofort marschierte sie zum Zimmer des Prinzregenten. Und war gezwungen, eine erniedrigend lange Stunde zu warten, bis Xaviero seine Besprechung beendet hatte und sie ihn sehen konnte.

Als sie schließlich in sein Büro geführt wurde, musste er nur einen Blick auf sie werfen, um sofort all seine Berater hinauszuschicken.

Nachdenklich deutete er auf den Sessel vor seinem Schreibtisch. In einer halben Stunde war ein weiteres Treffen angesetzt, diesmal mit einem Mitarbeiter des Verkehrsamtes, und er musste vorher noch einige Papiere durcharbeiten, um sich einen Überblick über die neu geplanten Straßen zu verschaffen. „Setz dich“, sagte er.

Abwehrend schüttelte sie den Kopf. „Ich will mich nicht setzen!“

Er sagte nichts dazu. Noch nicht. Ob die räumliche Trennung ihr genauso zusetzte wie ihm? Falls ja, würde er ihr die Unhöflichkeit verzeihen, aber sie würde bald lernen müssen, dass man so nicht mit ihm reden konnte. Selbst als seine Frau nicht. „Was hat dich denn so aufgebracht?“

„Ich will meinen Namen nicht ändern.“

Er legte seinen Füller zur Seite und sah sie eindringlich an, während seine Kiefermuskeln arbeiteten. „Du hast mich aus wichtigen Staatsangelegenheiten gerissen, nur um mir das zu sagen?“, fragte er ungläubig.

Verstand er denn nicht, dass es ihr nicht nur um den Namen ging? Sie fühlte sich ihrer Identität beraubt und nur noch wie eine Marionette. „Ich werde ihn nicht ändern, Xaviero.“

„Es ist nicht eine Frage des Wollens. Du musst.“

„Ich muss?“

Gefügigkeit war einer der wesentlichen Gründe gewesen, warum er sie zur Frau haben wollte, aber davon war jetzt nichts mehr zu spüren. Xavieros Mund wurde zu einer harten Linie. Und da sie lernen musste, ihrem fürstlichen Ehemann zu gehorchen, wäre es wohl besser, sie würde so schnell wie möglich ihre Lektion bekommen.

„Ja, du musst“, sagte er scharf und ignorierte das Klingeln des Telefons. „Welchen Teil des Satzes hast du denn nicht verstanden?“

Cathy zuckte zusammen. „Dürfte ich …“ Sie merkte, dass ihre Stimme zitterte. „Dürfte ich wissen, warum?“

Er wollte ihr nicht wehtun, aber sie hatte ihn in diese Ecke gedrängt, und jetzt musste sie lernen, dass sie so nicht mit ihm umspringen konnte. „Weil Catherine ein angemessener Name für eine vielleicht zukünftige Fürstin ist, während Cathy viel eher zu einem …“

Sie schluckte, da ihr wieder bewusst wurde, aus welch unterschiedlichen Welten sie kamen. „Zu einem Zimmermädchen passt?“

„Ganz genau.“ Er bemerkte den verdächtigen Schimmer in ihren leuchtend blauen Augen und war einen Moment irritiert. Sein Bruder würde vielleicht sterben – und sie machte so einen Wirbel um einen verdammten Namen. Es fiel ihm nicht leicht, wieder einzulenken. „Hör zu“, sagte er mit für ihn ungewohnt besänftigender Stimme, „Catherine ist doch ein sehr hübscher Name. Er passt zu dir. Ist das denn so wichtig?“

Vielleicht nicht, aber Cathy schwirrte inzwischen schon der Kopf von all den Anforderungen, die Flavia ihr auf einer Liste zusammengestellt hatte.

Den Morgen hatte sie mit der Schneiderin verbracht, die ihr Erstaunen nicht verbergen konnte, nachdem sie Cathys derzeitige Kleidung gesichtet hatte. Dann hatte sie ihre Vorschläge für eine neue, dem fürstlichen Haus angemessenen Garderobe aus dem Hut gezaubert. Mit wachsender Verwunderung hatte Cathy zugehört, wie viele Kleider sie nun brauchen würde. Auch wenn sich jede andere junge Frau darüber sehr freuen würde, verspürte Cathy nichts dergleichen. Vielmehr fragte sie sich, ob durch ihre Rundumerneuerung auch noch die letzten Spuren ihres wahren Selbst ausgelöscht würden. Und jetzt auch noch ihr Name!

„Vielleicht wäre es besser gewesen, du hättest mich wegen der Namensänderung vorher gefragt“, sagte sie leise.

„Das werde ich in Zukunft“, versicherte er in jovialem Ton. „Versprochen.“

Sie fühlte sich wie ein Kind, das man nach der bitteren Medizin mit einem Löffel Zucker besänftigte. Es schien schon so lange her zu sein, dass Xaviero sie wirklich berührt hatte. War das nicht auch mit ein Grund für ihr Dilemma, dass sie sich inzwischen so klein fühlte, als würde sie gar nicht mehr existieren?

„Und ich möchte dich wirklich gern küssen“, sagte sie mutig.

Verlangen stieg in ihm auf, als er sich hinter seinem Tisch erhob und zu ihr trat, während seine Miene sich frustriert verdunkelte. „Glaubst du etwa, ich nicht? Meinst du, ich liege nicht jede Nacht wach und denke daran, dass du auf der anderen Seite dieses Anwesens lebst, umgeben von Wachen? Herrje, ich will dich so sehr, dass ich mich kaum in deine Nähe wage“, stöhnte er, ehe er sie in die Arme zog und mit einer solchen Leidenschaft küsste, dass er ernsthaft in Erwägung zog, die Tür abzuschließen.

Seine heißen Lippen ließen sie sofort dahinschmelzen, während ihr Blut schneller pulsierte. „Xaviero“, hauchte sie an seinem Mund. „Ich will dich.“

Begierig legte er die Hand auf eine ihrer wunderschönen Brüste und überlegte gerade, ob ihnen genug Zeit blieb, als wieder eines der Telefone klingelte. Im Stillen verfluchte er sie dafür, dass sie ihn vor einem so wichtigen Meeting in Versuchung geführt hatte.

„Siehst du“, sagte er erregt. „Jetzt hast du es geschafft, dass ich an nichts anderes mehr denken kann.“

„Und, war das so … falsch?“

„Natürlich!“ Er bemerkte, dass ihre Lippen verunsichert zitterten. Seine Stimme nahm einen sanfteren Ton an, als er die Konturen ihrer Lippen mit federleichter Berührung nachzeichnete. „Du musst lernen, dass zuallererst die Pflicht kommt, dann das Vergnügen. Wir können das nicht tun, bella mia. Nicht jetzt – und ganz sicher nicht hier.“

Seine zärtliche Zurechtweisung versetzte ihr einen scharfen Stich, sodass sie sich Hilfe suchend an einem Stuhl festhielt. Hatte sie sich eben völlig zur Närrin gemacht? „Tut mir leid.“

Ungehalten schüttelte er den Kopf. „Schon vergessen. Und wenn du dich in Zukunft an die Regeln hältst, gibt es keinen Grund mehr, sich zu entschuldigen. Das Protokoll sieht unter anderem vor, dass wir vor der Hochzeit nicht allein sind. Sonst würde es einen Skandal geben, den ich unter den gegebenen Umständen unbedingt vermeiden will, ganz egal, wie sehr ich dich auch will. Die Hochzeit findet übermorgen statt, also musst du nicht mehr so lange warten. Glaubst du, dass du es bis dahin aushältst?“

Röte schoss ihr in die Wangen. „Du brauchst mich jetzt nicht als … sexbesessen hinzustellen.“

Er lächelte leise. „Dein ungenierter Eifer ist einer deiner Züge, der dich so unwiderstehlich macht. Es ist nur eine Frage des richtigen Zeitpunkts.“

Er flüchtete sich wieder hinter seinen Schreibtisch, nahm seinen Füller und warf ihr einen Blick zu. „Ach ja, in Zukunft heißt du Catherine, verstanden?“

Autor

Emma Darcy
Emma Darcy ist das Pseudonym des Autoren-Ehepaars Frank und Wendy Brennan. Gemeinsam haben die beiden über 100 Romane geschrieben, die insgesamt mehr als 60 Millionen Mal verkauft wurden. Frank und Wendy lernten sich in ihrer Heimat Australien kennen. Wendy studierte dort Englisch und Französisch, kurzzeitig interessierte sie sich sogar für...
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