Dem Paradies so nah

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Die schöne Jaz hat sich verliebt! Seit der faszinierende Fernsehmoderator Beau Garrett in ihr Dorf gezogen ist und sie den romantischen Garten seines Landhauses pflegt, fühlt sie sich dem Paradies so nah. Glücklich spürt sie, dass Beau ihre Gefühle erwidert. Ist es die große Liebe, als er sie zärtlich in der Abenddämmerung küsst? Ihre geheimsten Gedanken will sie Beau verraten. Nur eins darf er niemals erfahren: Wie hoch der Preis ist, den sie für seine Zärtlichkeit zahlen muss ...


  • Erscheinungstag 24.05.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733777821
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„Oh!“ rief sie erschrocken aus und blieb mitten auf der mondbeschienenen Terrasse stehen, als eine Gestalt keinen Meter von ihr entfernt aus der Dunkelheit hervortrat. Ihr Herzschlag wollte sich kaum beruhigen, als sie den Mann erkannte, der sie mit funkelnden Augen ansah. Sie atmete tief ein. „Sollte der Ehrengast nicht im Haus sein und mitfeiern, statt draußen auf der Terrasse …?“

„… die Ruhe und den Frieden zu genießen?“ vollendete er den Satz.

Tatsächlich war auch sie hinausgegangen, um genau das zu tun. Sie hatte außerdem gehofft, sich von der Gastgeberin Madelaine Wilder unbemerkt wegstehlen zu können, wenn sie erst einmal draußen wäre, hatte jedoch nicht damit gerechnet, dem kontaktscheuen Ehrengast in die Arme zu laufen!

„Drinnen sucht man nach Ihnen“, sagte sie.

„So?“ erwiderte er gleichgültig. Sein Haar glänzte in der Dunkelheit, doch sein Gesicht konnte sie nicht erkennen. „Ich bin für die Rolle des Ehrengastes nicht gerade passend gekleidet, oder?“ stellte er etwas ungehalten fest. Soweit sie erkennen konnte, trug er ein schwarzes Sweatshirt und eine schwarze Hose.

„Kommen Sie doch vorbei. Ich habe ein paar Freunde auf einen Drink eingeladen“, imitierte er recht gekonnt Madelaine in ihrer überschwänglichen Art. „Das halbe Dorf scheint hier versammelt zu sein.“ Er deutete verärgert mit dem Kinn zum Haus, aus dem lautes Lachen, Gesprächsfetzen und Gläserklirren zu ihnen herüberdrangen.

„Mindestens!“ stimmte sie ihm zu, während sie aus dem Schatten des Hauses trat, um sich zu ihm an die Balustrade zu stellen, von der aus man den Garten überblickte – einen Garten, der im März oftmals in zauberhaftes Mondlicht gehüllt war. „Ich verrate es Ihnen ungern, aber dies ist schon die dritte Party, die Madelaine veranstaltet, um Sie in Aberton willkommen zu heißen. Zu den anderen beiden sind Sie ja nicht gekommen!“

Es war irgendwie einfacher, mit diesem Mann, der seit zehn Jahren eine unglaublich erfolgreiche Fernseh-Talk-Show moderierte, eine ungeheuer erotische Ausstrahlung besaß und ausgesprochen männlich war, im Schutz der Dunkelheit zu reden.

„Wenn ich mich, ohne total unhöflich zu sein, aus der Affäre hätte ziehen können, wäre ich auch jetzt nicht erschienen!“ erklärte er gereizt.

„Arme Madelaine“, sagte sie mitleidig, denn sie wusste, dass ihre Freundin das Herz auf dem rechten Fleck hatte, auch wenn sie sich manchmal etwas albern benahm.

Beau Garrett schnaufte unwillig. „Sie sind anscheinend auch von hier, deshalb frage ich Sie, was ich schon den ganzen Abend alle möglichen Leute gefragt habe und weswegen ich überhaupt hier bin! Der Garten des alten Pfarrhauses ist eine Katastrophe! Wissen Sie, wer ihn in Ordnung bringen könnte?“

Sie lächelte leicht. „Was für Antworten haben Sie denn bisher bekommen?“

„Jaz Logan, Junge“, machte er jemanden nach. „Unkonventionell, aber hervorragend.“

„Der Major.“ Sie nickte zustimmend.

„Jaz hat das Chaos in meinem Garten in ein wunderbar überschaubares Etwas verwandelt“, imitierte er ebenso gekonnt wieder jemanden aus dem Dorf.

„Das war Barbara Scott aus dem Dorfladen“, riet sie.

„Jaz ist ein wahrer Schatz!“

„Betty Booth, die Pfarrersfrau.“

„Und laut unserer Gastgeberin ist Jaz ein Engel“, sagte er mit gewissem Widerwillen.

Sie lachte leise. „Und wo ist das Problem?“ fragte sie neugierig.

„Mein ‚Problem‘, wie Sie es nennen, ist, dass dieser Jaz Logan etwas reichlich Verweiblichtes an sich zu haben scheint“, stieß er hervor. „Das Letzte, was ich will, ist ein Garten, der genau dem englischen Dorfklischee entspricht: jede Menge Beete mit rosa Blümchen und Rosen am Eingang!“

„Sagen Sie, Mr. Garrett“, sie wandte sich ihm stirnrunzelnd zu, „wenn Ihnen das Dorfleben so missfällt, warum sind Sie dann überhaupt hier?“

„Das ist doch wohl offensichtlich?“ erwiderte er ungehalten und drehte sich zugleich so, dass das Mondlicht voll auf seine rechte Gesichtshälfte fiel und die bläuliche Narbe, die von seiner Augenbraue bis zu seinem Kiefer reichte, sich deutlich abzeichnete – eine bleibende Erinnerung an den Autounfall, der ihn vor vier Monaten fast das Leben gekostet hätte.

Beim Gedanken daran, wie stark die Verletzung gewesen sein musste, die eine solche Narbe hinterlassen hatte, war sie aufrichtig geschockt. Doch sie ließ sich nicht anmerken, was in ihr vorging. Sie hatte das Gefühl, dass die inneren Wunden dieses Mannes weit verheerender waren, nach der Bitterkeit zu urteilen, die aus all seinen Bemerkungen herauszuhören war.

„Das finde ich nicht“, sagte sie und zuckte die Schultern. „Narben verblassen, Mr. Garrett“, fügte sie sanft hinzu.

„Das hat man mir auch schon gesagt“, erwiderte er bitter. Aber nicht schnell genug für mich, schien sein Ton auszudrücken.

Sie sah ihn nachdenklich an. „Haben Sie eigentlich jemals in einem Dorf gelebt, Mr. Garrett?“

Er sah sie argwöhnisch an. „Nein.“

„Das dachte ich mir. Nun, wir sind ein neugieriges Völkchen“, warnte sie ihn. „Wenn Sie Ruhe und Frieden suchen, dann sind Sie an den falschen Ort gekommen“, fügte sie mitleidig hinzu.

Beau Garrett wandte sich unvermittelt von ihr ab, so dass sein Gesicht wieder im Schatten lag. „Ich habe nicht vor, die Neugier von irgendjemandem hier zu befriedigen.“ Das Wort „Neugier“ stieß er mit unterdrücktem Ärger hervor.

„Na dann, viel Glück“, antwortete sie ruhig.

Er erwiderte nichts, und die plötzliche Stille war auf Grund seiner vorhergehenden Verärgerung nur umso unheilvoller. „Was soll das heißen?“ brach er schließlich sein Schweigen.

„Nichts.“ Sie zuckte die Schultern. „Nur …“

„Nur?“ fragte er scharf.

Sie zuckte wieder die Schultern. „Was Leute nicht wissen, erfinden sie einfach.“ Und sie musste es wissen.

Er schnaufte verächtlich, während er zur Tür ging. „Sollen sie doch!“

„Oh, das werden sie!“ versicherte sie ihm sanft und blieb auf der Terrasse zurück, während er sich wieder ins laute, volle Haus begab, offenbar in der Absicht, sich zu entschuldigen und dann zu verschwinden.

Doch wenn Beau Garrett gedacht hatte, sie nie mehr wiederzusehen, so hatte er sich getäuscht.

2. KAPITEL

„Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie für Jaz Logan arbeiten, als wir uns am Freitagabend bei Madelaine begegnet sind?“

Sie sah von den Rechnungen auf, die in dem unordentlichen Raum, dem Büro des Gartencenters, auf dem Tisch verstreut lagen, nicht im Geringsten überrascht, dass Beau Garrett der erste Kunde an diesem nicht gerade betriebsamen Montagmorgen war. Sie hatte ihn schon erwartet.

Sie zuckte die Schultern. „Sie haben mich nicht gefragt.“

Ein Anflug von Verärgerung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. „Mag sein, aber da ich Sie ausdrücklich nach ihm gefragt habe, hätte ich gedacht, Sie sagen es mir unaufgefordert.“

Sie lächelte viel sagend, während sie sich in ihrem Stuhl zurücklehnte. „Da gibt es noch etwas, das Sie übers Dorfleben wissen sollten: Wir sind immer begierig, etwas über andere in Erfahrung zu bringen, geben aber selten etwas über uns selbst preis. Wie dem auch sei“, fügte sie entschlossen hinzu, „es ist in Wahrheit noch schlimmer, als Sie glauben.“ Sie stand auf und wischte sich die dreckverschmierte Hand an ihren verschlissenen Jeans ab. „Sehen Sie, ich arbeite nicht für Jaz Logan – ich bin Jaz Logan.“ Sie streckte ihm die Hand hin.

Beau Garrett machte jedoch keine Anstalten, diese zu nehmen. Stattdessen musterte er Jaz betont langsam mit seinen silbergrauen Augen: von den matschverschmierten Gummistiefeln über die schmuddeligen Jeans und ihren weiten blauen Pulli, der an den Ärmeln ausgefranst war und ein Loch am Ellenbogen hatte. Schließlich blieb sein kritischer Blick an ihrem Gesicht und den langen schwarzen Haaren hängen, die der starke Wind ganz zerzaust hatte, als sie frühmorgens im Freien gearbeitet hatte.

Obwohl sie stundenlang bei jedem Wetter draußen war, behielt ihre Haut den hellen Teint. Sie hatte ein energisches Kinn und eine kleine Stupsnase. Ihr großer Mund mit den vollen Lippen schien stets zu lächeln. Die Wimpern ihrer tiefblauen Augen waren genauso dunkel wie ihr Haar, das immer unfrisiert aussah. Es wirkte meist ohnehin ungekämmt, deshalb ließ Jaz es einfach so.

„‚Unkonventionell, aber hervorragend‘“, murmelte Beau Garrett spöttisch. „Der Major meinte damit wohl, dass weibliche Landschaftsgärtner ungewöhnlich sind?“

Jaz lächelte. „Der Major ist etwas altmodisch“, meinte sie entschuldigend und keineswegs beleidigt.

„‚Fähig, Chaos in Ordnung zu verwandeln‘“, fuhr er trocken fort.

Sie zuckte die Schultern. „Wenn Sie mal den gut bestückten Dorfladen besuchen, werden Sie feststellen, dass Barbara eine Perfektionistin ist, wenn es um Ordnung geht.“ Selbst die Suppendosen mussten im Regal exakt in einer Reihe stehen!

„‚Ein wahrer Schatz!‘“ spöttelte er weiter.

Jaz nickte. „Betty sagt nie ein schlechtes Wort über irgendjemanden. Aber vergessen Sie nicht den ‚Engel‘!“ erinnerte sie ihn gut gelaunt.

Er ging nicht darauf ein. Auf seinem blendend schönen Gesicht zeigte sich sogar wieder ein finsterer Ausdruck, weil sie ihn an das Gespräch am Freitagabend erinnert hatte.

Vielleicht hätte sie ihm an jenem Abend sagen sollen, wer sie war, aber es hatte sie interessiert zu hören, was andere Leute über sie äußerten. Allerdings nahm sie nicht an, dass ihn diese Ausrede überzeugen würde.

Bei Tageslicht betrachtet, fiel seine Narbe viel mehr auf, ein rotbläuliches Mal, das sich von der ansonsten blassen Haut abhob. Nicht dass die Narbe seiner Attraktivität Abbruch getan hätte, er sah damit nur umso verwegener aus.

Von seiner Narbe einmal abgesehen, war er sicher einer der bestaussehenden Männer, die man jemals auf dem Bildschirm sah. Er war Ende dreißig, vielleicht auch Anfang vierzig, weit über einsachtzig groß und muskulös, sein etwas länger gehaltenes dunkles Haar war an den Schläfen leicht ergraut, sein markantes Kinn unterstrich sein ausgesprochen anziehendes Gesicht.

Verwunderte es da, dass Madelaine, die selbst erst fünfundvierzig war und seit acht Jahren Witwe, ihn unbedingt zu einem Drink einladen wollte? Sie war nicht nur stolz darauf, als Erste im Dorf gesellschaftlich mit dem prominenten Fernsehmoderator zu verkehren, sondern Beau Garrett war auch seit langer Zeit – wenn nicht überhaupt – die erste gute Partie, die sich im Dorf bot.

Jaz war kein großer Fan von Fernsehen und Klatschzeitschriften, die heutzutage anscheinend so beliebt waren, und hatte daher keine Ahnung, ob dieser Mann verheiratet war. Sie brauchte ihn jedoch nur anzusehen, um zu wissen, dass seine verbitterten Züge keiner Frau, die es ernsthaft auf ihn abgesehen hatte, Gutes verhießen. Zum Glück zählte Jaz sich nicht zu diesen Frauen. Sie war viel zu beschäftigt damit, ihr Gartencenter am Laufen zu halten, um Zeit für die Liebe zu haben, von einem Ehemann und Kindern ganz zu schweigen.

„Jaz?“ fragte Beau Garrett schließlich.

Sie errötete leicht. „Das ist eine Kurzform von Jazmina“, erklärte sie widerwillig. „Aber ich rate Ihnen, mich ja nicht so zu nennen!“ fügte sie scharf hinzu.

Er lächelte mitfühlend. „Mir geht es ähnlich mit Beauregard.“ Er verzog das Gesicht. „Eltern können ihren armen, nichts ahnenden Kindern mit ihrer Namenswahl einiges antun, nicht?“

Sie nickte. „Sollte ich jemals ein Kind haben, nenne ich es entweder Mary, wenn es ein Mädchen ist, oder Mark im Falle eines Jungen – und sei es nur, weil diese Namen absolut durchschnittlich und solide sind.“

Beau Garrett runzelte fragend die Stirn. „Ich habe bemerkt, dass auf dem Schild draußen ‚J. Logan und Söhne‘ steht …“

„John Logan war mein Vater. Es gibt aber keine Söhne, sondern nur mich.“ Sie sah ihn herausfordernd an. „Das ‚und Söhne‘ war ein eigenwilliger Scherz von ihm.“

„Verstehe“, murmelte er, ohne offensichtlich etwas begriffen zu haben. „Sie sagten ‚war‘?“ Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an.

Sie nickte kurz. Für jemanden, der nicht auf dem Land aufgewachsen war, verstand es dieser Mann ausgesprochen gut, andere auszufragen. „Mein Vater starb vor drei Jahren, als ich zweiundzwanzig war und gerade das College abgeschlossen hatte. Ich habe das Schild drangelassen, weil … nun, weil es immer schon da hing“, beendete sie ihre Erklärung wenig überzeugend, wohl wissend, dass es nicht der wahre Grund war. Es diente der Erinnerung. Woran, konnte sie nicht genau sagen. Doch eines wusste sie: Jedes Mal, wenn sie das Schild betrachtete, verspürte sie das Verlangen, aus dem Gartencenter einen erfolgreichen Betrieb zu machen.

„Und Ihre Mutter?“ fragte Beau Garrett vorsichtig.

Jaz wurde ernst. „Ich glaube, sie hielt das auch für keinen gelungenen Scherz. Sie verließ meinen Vater und mich, als ich gerade einmal siebzehn war.“

„Das tut mir Leid!“

„Das braucht es nicht!“ winkte Jaz ab und setzte sich wieder an ihren Schreibtisch. Sie hatte weder die Absicht, ihm zu erzählen, dass ihre Mutter nicht allein verschwunden war, noch dass sie und ihr Geliebter drei Monate später bei einem Autounfall in Südfrankreich ums Leben gekommen waren. „Wissen Sie, Mr. Garrett“, sie sah ihn forschend an, „Sie können das wirklich sehr gut. Kein Wunder, dass Ihre Fernsehshow so erfolgreich ist, wenn Sie Ihre Gäste dazu bringen, ebenso offen über sich zu sprechen.“ Sie hatte seit Ewigkeiten nicht mehr über ihre Mutter und darüber, dass sie und ihr Vater von ihr verlassen worden waren, geredet, und nun hatte sie diesem Mann innerhalb von wenigen Minuten ihre halbe Lebensgeschichte erzählt.

Doch auch Beau Garrett hatte offenbar nicht vor, diese Geschichte zu vertiefen. Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Wir sollten besser zum eigentlichen Thema zurückkommen“, sagte er. „Sie kennen bereits mein Problem. Die Frage ist, haben Sie Zeit, aus dem verwilderten Garten des alten Pfarrhauses etwas zu machen?“

„Selbstverständlich.“ Sie war ebenso entschlossen wie er, wieder zum Geschäftlichen zurückzukehren. „Soll ich heute Nachmittag vorbeikommen und Ihnen einen Kostenvoranschlag machen?“

Er runzelte die Stirn. „Müssen Sie nicht erst mal Ihren Terminkalender befragen?“

Sie erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. „Nein!“

Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. „Oder wissen, was genau zu tun ist?“

„Ich dachte, wir könnten das diskutieren, wenn ich heute Nachmittag vorbeischaue.“

In seine hellgrauen Augen kehrte wieder der Schalk zurück. „Das Geschäft läuft wohl zurzeit nicht so gut, was?“

Tatsächlich tat es das Mitte März so gut wie gar nicht. Ihre Stammkunden brauchten zu dieser Jahreszeit noch keine Pflege ihrer Rasen oder Blumenbeete und kauften auch noch nicht die Blumen und Grünpflanzen, die Jaz in den Treibhäusern mit Sorgfalt herangezogen hatte. Hinzu kam, dass sie auch keine Aufträge im Bereich der Landschaftsgärtnerei hatte, ihrem zweiten Standbein. Wenn sie von Beau Garrett einen Vorschuss für ihre Arbeit bekäme, wäre sie vielleicht in der Lage, einige der Rechnungen zu bezahlen, die sich auf ihrem Schreibtisch stapelten.

„Es könnte besser sein“, gab sie zu. „Andererseits ist im März nie viel los“, schwächte sie ab. „Obwohl es die ideale Zeit ist, einen Garten herzurichten“, fügte sie schnell hinzu.

Er lächelte spöttisch. „Ich nehme Ihnen das ab!“

Jaz betrachtete ihn nachdenklich. „Ich kann nicht glauben, dass Sie wirklich das alte Pfarrhaus gekauft haben!“

Als das „Verkauft“-Schild vor einem Monat vor dem alten Haus aufgehängt worden war, platzte jeder im Dorf vor Neugier, wer dieses Ungetüm von einem Haus bloß gekauft haben könnte. Die Pfarrei war groß und alt, sehr heruntergekommen und hatte fünf Jahre leer gestanden, nachdem das letzte Paar, das sie gemietet hatte, in ein komfortableres Cottage am Dorfrand umgezogen war. Das Haus war angeblich zu groß und zugig, um es warm halten zu können, durch das Dach leckte es, und die elektrischen Leitungen sowie die vom Wasser waren, gelinde gesagt, veraltet.

Beau Garrett betrachtete Jaz jetzt forschend. „Gibt es irgendeinen Grund, weshalb ich das nicht hätte tun sollen?“

Allerdings, dachte Jaz. „Es ist sehr heruntergekommen“, begann sie vorsichtig.

„Der Bauunternehmer hat heute Morgen mit der Arbeit begonnen“, erwiderte er. Weiter! schien sein Ton zu besagen.

„Ich hätte gedacht, dass es unbequem ist, zwischen hier und London zu pendeln“, kam Jaz seiner stummen Aufforderung nach.

Die Talk-Show dieses Mannes lief seit zehn Jahren zur besten Sendezeit freitags um zehn Uhr abends, in erster Linie wegen seiner klugen, informativen Interviews, aber sein gutes Aussehen hatte ihm sicher auch nicht geschadet. Das Dorf war jedoch mehrere Hundert Meilen von London entfernt, also für einen Mann, der in einem Londoner Fernsehstudio arbeitete, nicht gerade zum Pendeln geeignet.

„Gut so!“ war seine entschiedene Antwort.

„Und ist es nicht etwas zu groß für eine Person? Es sei denn, Sie beabsichtigen, Ihre Familie nachzuholen“, fügte sie hinzu. Was er konnte, konnte sie schließlich auch!

„Das habe ich nicht vor“, antwortete er wenig aufschlussreich. „Könnten wir jetzt wieder über die anstehende Gartenarbeit reden?“ Es war zwar eine Frage, aber sein schneidend scharfer Ton gab Jaz deutlich zu verstehen, dass er nicht die Absicht hatte, sein Privatleben mit ihr – oder irgendjemand anderem – zu diskutieren. Das war ihr nur recht, schließlich war es sein Leben.

Sie nickte zustimmend. „Nun, wie ich schon sagte, ich komme heute Nachmittag vorbei, und dann können wir besprechen, was zu tun ist. Danach kann ich anfangen, sagen wir … am Mittwochmorgen?“

„Gut.“ Er wandte sich zum Gehen. An der Tür drehte er sich noch einmal um. „Ich hoffe, Sie sind zuverlässiger als der Bauunternehmer. Er hätte schon vor einer Woche anfangen sollen!“

„Und er kam heute Morgen!“ stellte Jaz bewundernd fest. „Das ist ziemlich gut. Sie müssen ihn beeindruckt haben.“

Beau Garrett verzog den Mund. „Nein, ich habe ihn nur letzte Woche jeden Tag mit Anrufen genervt, um zu erfahren, wann er endlich kommen würde.“

Sie lachte, während sie sich erhob. „Vielleicht wird Ihnen das Dorfleben am Ende doch gefallen, Mr. Garrett!“ sagte sie anerkennend. „Offenbar wissen Sie, wie man mit unzuverlässigen Handwerkern umgeht“, erklärte sie, als er sie fragend anblickte.

„Es geht nicht darum zu wissen, wie man mit ihnen umgehen muss“, erwiderte er. „Ich lasse mich bloß nicht zum Narren halten!“

Das glaubte sie gern, selbst nach so kurzer Bekanntschaft. Trotzdem, Dennis Davis, der einzige Bauunternehmer weit und breit, war allgemein für seine laxe Arbeitsmoral bekannt. Jaz hatte selbst wochenlang darauf gewartet, dass er eine undichte Stelle im Dach eines ihrer Schuppen reparierte.

Sie lächelte teilnahmsvoll. „Ich kann Ihnen versichern, Mr. Garrett, wenn ich verspreche, heute Nachmittag um halb drei bei Ihnen zu sein, bin ich auch pünktlich da.“

„Nennen Sie mich doch bitte Beau!“ forderte er sie plötzlich auf.

Jaz spürte, wie sie errötete. Sie wusste nicht, ob sie sich das bei einem so berühmten Fernsehstar herausnehmen durfte – selbst wenn er sie dazu aufgefordert hatte. Es schien ihr viel zu vertraut gegenüber einem so distanzierten Mann.

„Jaz“, erwiderte sie verlegen. „Um halb drei also.“

„In Ordnung“, sagte er. „Ich habe keinen Kaffee mehr, deshalb will ich auf dem Rückweg beim Dorfladen Halt machen. Aber“, fügte er augenzwinkernd hinzu, „ich müsste es schaffen, mich rechtzeitig dort loszumachen.“

Damit gab er Jaz zu verstehen, dass er wusste, dass Barbara Scott die größte Klatschtante im Dorf war. Ausgeschlossen, dass diese die Gelegenheit, Beau Garrett in ihrem Laden zu haben, nicht so lange wie möglich auskosten würde.

Jaz lächelte anerkennend. „Vielleicht gewöhnen Sie sich irgendwann doch an das Dorfleben.“

„Irgendwie beginne ich, das zu bezweifeln“, erwiderte er.

Jaz blieb an der Tür stehen und schaute ihm nach, während er energischen Schritts zu seinem schwarzen Range Rover ging, der mitten auf der schlammigen Auffahrt stand. Als er abfuhr, winkte sie.

Doch kaum war er verschwunden, verschwand ihr Lächeln, und ihr Gesicht verfinsterte sich, als sie sich wieder den vielen unbezahlten Rechnungen auf ihrem Schreibtisch zuwandte. Trotzdem beschäftigte sie sich in Gedanken noch mit Beau Garretts letztem Kommentar. „Irgendwie“ zweifelte sie selbst stark daran, dass er „sich an das Dorfleben gewöhnen“ würde. Woraus sich die Frage ergab: Warum war er überhaupt hier?

3. KAPITEL

„Bitte entschuldigen Sie die Verspätung!“ rief Jaz völlig aufgelöst, sobald Beau die Tür des alten Pfarrhauses auf ihr Klingeln hin öffnete. „Ich bin rechtzeitig losgefahren, um Punkt halb drei hier zu sein, aber unterwegs hatte der Lieferwagen plötzlich einen Platten, und ich musste anhalten, um den Reifen zu wechseln, und dann …“

„Immer langsam, Jaz!“ unterbrach er sie sanft. „Und beruhigen Sie sich erst einmal!“ empfahl er ihr nach einem Blick auf ihr erhitztes Gesicht. „Ihre Wange ist schmutzig“, fügte er freundlich hinzu.

Sie wollte den Dreck an der Stelle, wo sie ihn vermutete, schnell mit der Hand wegwischen.

„Die andere Seite“, sagte er. „Nun kommen Sie schon herein!“ forderte er sie ungeduldig auf, bevor sie ihre Aufmerksamkeit der anderen Wange zuwenden konnte. „Das Bad ist da drüben.“ Er zeigte zu einer Tür links vom Eingang. „Die Küche ist am anderen Ende des Flurs. Wenn Sie fertig sind, kommen Sie einfach dorthin, okay?“ wies er sie an.

Ausgerechnet heute musste mir das passieren, schalt sie sich, während sie ins Bad ging und sich hastig den Schmutz von der Wange rieb. Und nachdem sie ihm vorher noch versichert hatte, dass er sich auf ihre Pünktlichkeit verlassen könne!

Sie war nur eine halbe Meile vom alten Pfarrhaus entfernt gewesen, als sie bemerkt hatte, dass der Lieferwagen ihr nicht mehr richtig gehorchte und nicht dorthin fuhr, wohin sie ihn lenkte. Als sie schließlich am Straßenrand hielt und ausstieg, entdeckte sie, dass einer der Vorderreifen total platt war. Der Ersatzreifen sah zwar nicht viel besser aus, aber wenigstens war genug Luft drin. Es hatte allerdings eine ganze Weile gedauert, bis sie den alten Reifen abmontiert hatte, denn der Wagen war so alt, dass die Schrauben völlig verrostet waren. Und da sie noch nie einen Reifen gewechselt hatte …

Trotzdem, das alles änderte nichts an der Tatsache, dass sie eine halbe Stunde später als angekündigt bei Beau Garrett eingetroffen war.

„Es tut mir wirklich furchtbar Leid, dass ich zu spät bin“, entschuldigte sie sich nochmals, als sie einige Minuten später die Küche betrat. Noch auf der Türschwelle blieb sie unvermittelt stehen, während sie sich in dem völlig veränderten Raum umsah.

Das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte, war er ebenso alt und heruntergekommen wie das übrige Haus gewesen: rissiges Linoleum auf dem Boden, Küchenschränke in einem besonders hässlichen Grauton, ebenso die Kacheln an den Wänden, die Arbeitsflächen in düsterem Schwarz, der Herd zum Kochen und Heizen alt und unberechenbar.

Der Linoleumboden war durch Fliesen in warmen Farben ersetzt worden, die Küchenschränke waren aus hellem Eichenholz, die Kacheln erstrahlten in Sonnengelb, der neue, breite Herd einer bekannten Traditionsmarke war cremefarben und gab – erfreulicherweise – viel Wärme ab.

„Wow!“ murmelte Jaz anerkennend. „Die Küche ist Klasse!“

Er wandte sich um, nachdem er ihnen Kaffee eingeschenkt hatte. „Ich hätte hier unmöglich einziehen können, ohne sie vorher zu renovieren“, erklärte er und stellte die Kaffeebecher, Sahne und Zucker auf den Tisch, bevor er Jaz aufforderte, Platz zu nehmen.

Sie setzte sich, und in dem veränderten Raum, der nun so warm und richtig gemütlich war, löste sich allmählich ihre Anspannung.

„Das kann ich gut verstehen“, pflichtete sie ihm bei und goss Sahne in ihren Kaffee. „Es war immer ein kalter, ungemütlicher Raum.“ Sie trank dankbar einen Schluck ihres ungesüßten Kaffees.

„Immer?“ wiederholte Beau Garrett, der ihr gegenüber Platz genommen hatte.

Jaz blickte auf. Diesem Mann entging aber auch wirklich nichts. Das sollte sie in Zukunft besser nicht vergessen!

„Hm“, seufzte sie, „am besten sage ich es Ihnen gleich, bevor es ein anderer tut. Mein Großvater war der letzte Pfarrer, der in diesem Haus wohnte. Sein Nachfolger bezog ein neues Pfarrhaus am anderen Ende des Dorfes, wo die Booths jetzt leben. Aber ich verbrachte hier als Kind viel Zeit“, fügte sie hinzu.

„Verstehe“, sagte er leise.

Sie wich seinem Blick nicht aus. „Tatsächlich?“

„Nicht so richtig.“ Er verzog das Gesicht. „Aber wenn ich hier lange genug lebe, werde ich bestimmt auf die eine oder andere Weise jede Geschichte im Dorf zu hören bekommen“, ergänzte er schaudernd.

Das würde er mit Sicherheit, pflichtete sie ihm insgeheim bei. Auf die eine oder andere Weise.

„Wie ist denn eigentlich Ihr Besuch im Dorfladen heute Vormittag verlaufen?“ wechselte sie das Thema.

Er lächelte gequält. „So ziemlich wie erwartet. Zum Glück wurde ich aber durch das Eintreffen eines Kunden gerettet, nachdem ich ungefähr eine Viertelstunde versucht hatte, Mrs. Scotts immer persönlicher werdende Fragen abzublocken.“

Jaz nickte lächelnd. „Und den Moment haben Sie genutzt, um sich eilig aus dem Staub zu machen!“

Autor

Carole Mortimer
<p>Zu den produktivsten und bekanntesten Autoren von Romanzen zählt die Britin Carole Mortimer. Im Alter von 18 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Liebesroman, inzwischen gibt es über 150 Romane von der Autorin. Der Stil der Autorin ist unverkennbar, er zeichnet sich durch brillante Charaktere sowie romantisch verwobene Geschichten aus. Weltweit...
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