Denn meine Welt bist du

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Carly will als Countrysängerin um die Welt reisen, Rancher Ian hingegen in ihrem Heimatort bleiben. Da kann es noch so heiß knistern, es gibt einfach keine gemeinsame Zukunft für sie! Bis die süße Folge ihrer einzigen Liebesnacht plötzlich all ihre Pläne auf den Kopf stellt …


  • Erscheinungstag 04.07.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733747909
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Carly Rayburn war wieder zurück in der Stadt. Zwar wurde es nicht groß angekündigt, doch in Brighton Valley verbreiteten sich Neuigkeiten immer schnell. Und auch wenn nicht, so entging Ian McAllister so gut wie gar nichts.

Carly hatte einen Auftritt in San Antonio gehabt, jedoch war dieser offensichtlich nicht gut gelaufen. Sie träumte davon, mit der Countrymusik den Durchbruch zu schaffen – ein Traum, den Ian nicht länger hatte. Doch er konnte Carly nur zu gut verstehen.

Ihr älterer Bruder Jason sagte, dass sie für einige Zeit auf der Ranch der Familie bleiben wollte, was Ian nicht überraschte. Er hatte den Eindruck, als käme Carly immer dann nach Hause, wenn ihr Leben nicht so verlief, wie sie es wollte. Sie würde also gleich nach der Hochzeit auf der Ranch aufschlagen.

Als Vorarbeiter auf der Ranch der Familie war Ian auch zur Trauung und zum Empfang eingeladen worden, doch er hatte die Einladung dankend abgelehnt und dem Brautpaar stattdessen nur ein Geschenk überreicht. Die einzigen Gäste waren die Familie und ein paar enge Freunde gewesen, sodass sich Ian fehl am Platz gefühlt hätte – aus mehreren Gründen. Also war er auf der Ranch geblieben.

Nun, während die Dunkelheit über Brighton Valley hineinbrach, setzte er sich wie so oft nach dem Abendessen auf die Veranda vor seiner kleinen Hütte und genoss die abendliche Stille, den Geruch der nächtlichen Jasminblüte und den endlosen Sternenhimmel über Texas.

Die Ranch war seit Jahren in Familienbesitz. Sie war ziemlich heruntergewirtschaftet, dennoch barg sie großes Potenzial. Zudem stellte sie den perfekten Ort für Ian dar, um sich zu verkriechen. Hier kannten die Leute ihn nur als in sich gekehrten Cowboy, der sich in Gesellschaft von Kühen und Rindern wohler fühlte als auf den Straßen einer Großstadt.

Ian blickte auf den Welpen auf seinem Schoß, ein Australian Shepherd. Die kleine Hündin gähnte und streckte sich.

„Was ist los, Cheyenne?“ Er streichelte ihr schwarz-weißes Fell. „Hast du dein Nickerchen beendet?“

Als der Welpe ein kurzes Jaulen von sich gab, setzte Ian ihn auf dem Boden ab und beobachtete, wie er über die Veranda tapste und in aller Ruhe an den Geranien in den Keramiktöpfen schnupperte, während er unentwegt mit dem Stummelschwänzchen wackelte. Dann trottete er die Stufen hinunter.

„Lauf nicht zu weit weg!“, sagte Ian zu ihm. „Es ist dunkel da draußen, und du kennst die Umgebung noch nicht.“

Der Welpe sah zu ihm herüber, als hätte er ihn verstanden, dann tapste er weiter.

Ian liebte Hunde. Er war mit mehreren auf der Ranch seines Grandpas aufgewachsen, doch als er von dort ausgezogen war, hatte er keine Zeit für einen eigenen Hund gehabt – bis zum jetzigen Zeitpunkt. Endlich verlief sein Leben so, wie er es sich gewünscht hatte. Sobald die Ranch zum Verkauf stünde, Carlys Bruder hatte davon erzählt, würde Ian sie erwerben. Als der Vermögensverwalter und Testamentsvollstrecker der Rayburn-Familie war Jason nun für alles zuständig. Um das Land verkaufen zu können, benötigte er allerdings die Zustimmung von Carly und deren Halbbruder Braden.

Braden hatte sein eigenes Land, etwa zehn Meilen entfernt, und Carly beabsichtigte nicht, die Ranch zu übernehmen. Als sie Brighton Valley das letzte Mal verlassen hatte, war sie fest entschlossen gewesen, sich einen Namen zu machen. Mit ihrem Talent gab es keinen Zweifel daran, dass sie es schaffen würde. Es gab jedoch immer einen Preis, den es für den Ruhm zu zahlen galt, und Ian hoffte, dass sie wirklich bereit dafür war.

Er nahm seine Gitarre, die neben dem Fenster stand, und legte sie auf seinen Schoß. Als er die Akkorde seines neuen Songs darauf anspielte, durchdrang die Musik die stille Nacht. Auch wenn er die Arbeit auf der Ranch liebte, hatte er die Musik niemals ganz aufgegeben. Er spielte gerne zum Vergnügen und um sich nach einem langen Tag zu entspannen. Er hatte erst auf die harte Tour lernen müssen, welche Folgen es haben konnte, jeden Abend zur Entspannung eine Flasche Whiskey zu trinken.

Jetzt, da er die Worte über eine verlorene Liebe sang, wartete er darauf, dass Carly nach Hause kam. Vielleicht hatte sie ihre Pläne geändert und sich durch einen Wink des Schicksals für ein anderes Leben entschieden.

Plötzlich klingelte sein Handy.

„Hey, Mac“, hörte er eine rauchige Stimme sagen. „Wie geht’s?“

Es war Onkel Roy, einer der wenigen, die ihn Mac nannten, und wussten, wie man ihn erreichte. „Ganz gut. Was gibt’s Neues in Sarasota? Wie geht es Grandma und Grandpa?“

„Denen geht’s gut. Moms Cholesterin ist etwas zu hoch, aber der Arzt hat ihr ein paar Tabletten dagegen verschrieben. Ansonsten gewöhnen sie sich an das Rentnerleben hier in Florida und lernen neue Leute kennen.“

Ian freute sich, das zu hören, obwohl er traurig gewesen war, als seine Großeltern die Ranch verkaufen mussten. Sein Grandpa hatte ein langes und erfolgreiches Leben gehabt – erst war er ein Rodeocowboy gewesen, dann hatte er die Ranch geführt. Und da Grandma immer schon von einem Leben am Meer geträumt hatte, konnte Ian es seinem Grandpa nicht übel nehmen, dass er das Land verkauft hatte und sie zu ihrem einzigen Sohn gezogen waren – auch wenn Ian sich eher wie ein Bruder als ein Neffe seines Onkels fühlte.

„Also, ich rufe an, um dir zu sagen, dass sie nächsten Monat ihren fünfzigsten Hochzeitstag feiern. Deine Tante Helen und ich planen eine Feier. Wir wollen sie damit überraschen, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob wir es schaffen, das Fest zur goldenen Hochzeit zu verheimlichen. Es wäre schön, wenn du kommen könntest.“

„Ich werde kommen.“ Ian wusste zwar nicht, wer sich dann um die Ranch kümmern sollte, aber er wollte die Feier für das Paar, das ihn aufgezogen hatte, nicht verpassen.

„Dad sagt, du denkst darüber nach, die Ranch zu kaufen?“, fragte Roy.

„So ist der Plan.“

„Hast du schon ein Angebot eingereicht?“

„Noch nicht.“ Doch Ian war bereit.

„Was hindert dich daran?“

„Die Ranch wird treuhänderisch verwaltet, die Treuhänder sind drei Halbgeschwister. Sie sind sich noch nicht darüber einig zu verkaufen. Zumindest waren sie es bisher nicht. Aber ich denke, das wird demnächst geschehen.“

„Warum wollen sie nicht verkaufen?“

„Zwei von ihnen wollen, dass die Ranch in der Familie bleibt, doch keiner von ihnen will einziehen und sie übernehmen.“

Onkel Roy schien kurz darüber nachdenken zu müssen, dann fragte er: „Bist du sicher, dass das ein gutes Geschäft ist?“

„Auf jeden Fall! Die Witwe des Mannes, dem die Ranch früher gehörte, hat sich gut um sie gekümmert, aber ihr Enkel, der vorherige Treuhänder, war so ein Schreibtischhengst, der die Ranch vor die Hunde hat gehen lassen. Es ist eine Schande. Du hättest sehen sollen, wie die Ranch früher aussah – und was sie werden könnte, mit ein wenig Geld und Liebe. Ich würde mich gerne so um sie kümmern, wie es Mrs. Rayburn tun würde, wäre sie heute noch am Leben.“

„Nun, Helen und ich drücken dir die Daumen. Ich weiß schließlich, wie lange du schon diesen Traum hast, eine eigene Ranch zu leiten.“

Und dieser Traum war in den letzten Jahren umso größer geworden. „Danke, Onkel Roy.“

„Ich habe jedoch nie verstanden, wie du dein altes Leben aufgeben konntest. Dad hat immer gesagt, dass du auf eine Ranch gehörst und nicht auf die Bühne. Und er kennt dich am besten. Aber, verdammt Junge, du hast es einfach drauf gehabt mit deiner Stimme und der Gitarre.“

Ian hatte es immer noch drauf. Es war der Ruhm, der ihm nicht gefiel. Er war immer schon ein in sich gekehrter Mensch gewesen, und auch wenn er nicht der Frontsänger der Band gewesen war, so waren die Auftritte für ihn – ohne ein paar Gläschen Tequila – immer schwieriger zu bewältigen gewesen.

Als das Rampenlicht zu grell wurde, die Fans zu zahlreich und seine Angst zu real, er könnte in die Fußstapfen seines Alkoholikervaters treten, ließ er die Band und Nashville für ein ruhiges Leben als Cowboy hinter sich.

„Ich muss los. Und vergiss nicht, die Party ist geheim“, sagte Roy.

„Werde ich nicht.“

Als Roy aufgelegt hatte, nahm Ian die Gitarre und spielte weiter.

Nicht jeder verstand, warum er sein altes Leben aufgegeben hatte, doch Ian war hier auf der Ranch glücklich. Nur Carly hatte einige Zeit lang alles durcheinandergebracht, als sie in sein Leben getreten war.

Und jetzt war sie wieder da.

Carly Rayburn hatte über ihr hellgrünes Kleid, das sie als Trauzeugin auf der Hochzeit ihres Halbbruders getragen hatte, eine Jeansjacke gezogen und war aus ihren High Heels in ihre Lieblingscowboystiefel geschlüpft.

Normalerweise hätte sie sich eine Ausrede einfallen lassen, um nicht zur Hochzeit gehen zu müssen, denn sie fand es schwierig, Freude für das Brautpaar zu empfinden, da sie dem lebenslangen Versprechen gegenüber eher skeptisch eingestellt war.

Warum auch nicht? Ihr Vater hatte eine Tochter und zwei Söhne von drei verschiedenen Frauen. Nachdem ihre Eltern sich getrennt hatten, war ihre Mutter mit vielen Männern ausgegangen – alles Berühmtheiten, die aus Carlys Leben wieder so schnell verschwanden, wie sie hineingetreten waren. Es war also kein Wunder, dass sie nicht an die wahre Liebe glaubte und es vorzog, nur darüber zu singen.

Heute aber, als sie am Altar stand und ihrem ältesten Bruder Jason zusah, wie er Juliana Bailey seine Liebe schwor in guten wie in schlechten Zeiten für den Rest ihres Lebens, da war Carly nicht nur gerührt gewesen, sondern auch von einer hoffnungsvollen Freude für die Frischvermählten ergriffen. Und das zum allerersten Mal.

Sie war nun auf dem Weg zur Ranch der Familie und freute sich für Jason und Juliana, gleichzeitig aber dachte sie über ihre Zukunft nach, die jetzt ungewiss war. Vor fünf Wochen hatte sie noch gehofft, sie könnte mit einem Auftritt in einem Nachtclub in San Antonio ihren Durchbruch schaffen, doch ein Magen-Darm-Infekt hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Im Großen und Ganzen fühlte sie sich mittlerweile besser. Doch jedes Mal, wenn sie glaubte, den Infekt überstanden zu haben, ging es ihr wieder schlechter. So wie heute beim Empfang. Sie wollte ein Glas Champagner trinken, doch noch bevor sie einen Schluck nehmen konnte, wurde ihr bei dem Geruch schon übel. Jetzt ging es ihr wieder etwas besser.

Als sie die Grippe, oder was auch immer es war, zum ersten Mal erwischt hatte, wollte sie in San Antonio gerade auf die Bühne gehen. Ihre Freundin Heather hatte vermutet, dass es Lampenfieber war, aber das konnte es nicht sein – Carly war schon als kleines Kind vor Publikum aufgetreten.

Sie nahm also an, dass sie einfach müde und ausgelaugt war. Mit ein wenig Entspannung und Ruhe auf der Ranch ihrer Familie würde sie in null Komma nichts wieder im Sattel sitzen.

Als sie sich der Ranch näherte, musste sie an Ian denken – an den gut aussehenden Cowboy, der mit dem einfachen Leben auf dem Land zufrieden war. Bei ihrem letzten Besuch hatten sie etwas miteinander gehabt, und so schön und heiß und magisch ihr Zusammensein auch gewesen war – Carly wollte sich nicht wieder darauf einlassen.

Deshalb hatte sie sich gezwungen, auf die Hochzeit zu gehen. Sie hatte im „Maestro“ stattgefunden – dem neuen italienischen Restaurant. Es handelte sich um einen schönen Ort für eine kleine, aber elegante Feier – wahrscheinlich schon zu exklusiv für Brighton Valley. Während alle vom Essen begeistert waren, dachte Carly, der Chefkoch habe mit Knoblauch und Basilikum völlig übertrieben. Sie hatte nur kurz am Essen gerochen und musste den Teller sofort beiseiteschieben.

Nachdem sich das frisch vermählte Hochzeitspaar in einer Limousine verabschiedet hatte, war Carly in ihren Pick-up gestiegen und hatte die Stadt verlassen. Ihrem Plan zufolge würde sie nach Einbruch der Dunkelheit auf der Ranch ankommen, sodass es nicht sehr wahrscheinlich war, jemandem – nämlich Ian – über den Weg zu laufen. Sie hoffte, sich unbemerkt ins Haus stehlen zu können, und dort würde sie bleiben, bis sie sich einen Plan B überlegt hätte.

Doch wie es der Zufall wollte, brannte in Ians Hütte noch Licht. Und zu allem Überfluss saß er auch noch auf der Veranda.

Also musste sie sich dem Mann in Brighton Valley stellen, der unwissentlich die Macht besaß, sie von ihrem eigentlichen Plan abbringen zu können – wenn sie ihn ließ. Das würde sie jedoch nicht erlauben. Vielleicht dann, wenn sie so wäre wie die anderen Mädchen, die hier aufgewachsen waren – zufrieden mit einem Leben auf dem Land mit irgendeinem Cowboy und zwei Komma vier Kindern, und die es kaum erwarten könnten, dass der attraktive Vorarbeiter sie zu seiner ehrenwerten Frau nahm. Doch Carly war schon immer anders gewesen. Sie hatte große Träume und wollte die Welt sehen, während Ian in Brighton Valley glücklich war.

Jetzt konnte sie ihm also nicht aus dem Weg gehen. Sie stieg aus ihrem Truck und lief auf seine kleine Hütte zu.

„Hey, wie geht’s?“, begrüßte sie ihn.

„Gut“, antwortete er und stellte die Gitarre ab. „Wie war die Hochzeit?“

„Klein, aber schön. Wenn man auf diese Dinge steht.“

„Und du stehst nicht drauf.“ Es war eine Aussage, keine Frage. Ian wusste, wie Carly über Liebe und die Worte bis ans Ende ihrer Tage dachte. Carly zuckte nur mit den Achseln. Seine unbeschwerte und nicht wertende Art waren vor allem der Grund dafür, dass sie vor vier oder fünf Monaten kurz etwas mit ihm gehabt hatte. Und die Tatsache, dass er in diesen verwaschenen Jeans so verdammt gut aussah.

Er hatte seinen Hut abgesetzt. Seine braunen Haare waren dicht und zerzaust. Carly fand seine grünen Augen schon immer faszinierend – wie sie vor Freude leuchteten und ihr intensiver Blick, wenn sie miteinander geschlafen hatten.

Er musterte sie von oben bis unten, als würde er nach der Stelle suchen, an der sie aufgehört hatten. Ihr Herz blieb für einen Moment lang stehen.

In Wahrheit gab es auf der Hochzeit einen flüchtigen Augenblick, in dem ihre Überzeugung ins Wanken geraten war. Sie sah, wie die Augen ihres spießigen Bruders geglänzt hatten, als seine hübsche Braut den Gang entlanggeschritten war, und dieser Moment hatte Carly zutiefst berührt. Sie hoffte aufrichtig, dass sie entgegen ihren eigenen Erwartungen für immer glücklich zusammenblieben. Doch sie konnte sich ihren eigenen Körper nicht in einem weißen Kleid vorstellen und konnte nicht glauben, jemandem lebenslange Versprechen zu geben. Schließlich hatte sie noch nie jemanden kennengelernt, der wirklich die Frau oder den Mann fürs Leben getroffen und sich auf eine Beziehung eingelassen hatte, die länger als ein oder zwei Jahre gedauert hatte.

Sie betrachtete Ian auf dem Verandastuhl. Er saß mit ausgestreckten Beinen da, seine Beine waren lang und geschmeidig, muskulös und kräftig. Natürlich stand sie auf gut aussehende Cowboys. Und Ian war einer, wie er im Buche stand. Er wusste zudem, wie er eine Lady zu behandeln hatte – und zwar in jeglicher Hinsicht.

Sie schob den Gedanken schnell beiseite. Sie hatten sich im Guten getrennt, beide waren sich darin einig gewesen, dass ihr sexuelles Abenteuer – egal, wie gut es auch gewesen sein mochte – nur zu Schwierigkeiten geführt hätte, wären sie etwas Ernsthaftes miteinander eingegangen. Und Carly wollte sich an diese gemeinsame Vereinbarung halten.

„Das ist ein interessantes Outfit für eine Trauzeugin“, bemerkte er, nachdem er sie von Kopf bis Fuß begutachtet hatte.

„Ein Outfit für eine Trauzeugin? Die Hochzeit war so kurzfristig angesetzt, dass ich keine Zeit mehr zum Einkaufen hatte. Also habe ich ein altes Kleid anziehen müssen.“ Sie sah auf das Kleid hinunter und drehte sich etwas nach rechts.

„Was stimmt nicht mit dem Kleid?“

„Gar nichts.“ Er lächelte verschmitzt. „Ich meinte die Boots und die Jeansjacke. Julianas und Jasons Hochzeit wird doch eher förmlich gewesen sein.“

Carly lächelte. „Ja, das stimmt. Ich habe die High Heels bei der ersten Gelegenheit ausgezogen, und da es etwas kalt und mein Kleid ärmellos ist, habe ich die erstbeste Jacke übergeworfen.“

„So oder so, du gibst eine gut aussehende Trauzeugin ab, Carly.“

Bevor sie das Gespräch auf ein sichereres Thema als Bräute und Liebesversprechen lenken konnte, bemerkte sie etwas in einem Busch neben der Hütte.

War dieser lästige Waschbär etwa schon wieder da? Wenn ja, wurde er von Mal zu Mal dreister. Aber statt Rocky, wie Ian und sie diesen kleinen Racker genannt hatten, der sich über Mülltonnen hergemacht hatte, trottete ein goldiger kleiner Welpe aus dem Busch.

„Oh mein Gott!“, entfuhr es Carly. „Wie süß ist der denn!?“

„Er ist eine Sie. Und ihr Name ist Cheyenne.“

Als sie sich nach dem Welpen bücken wollte, wurde ihr plötzlich schwindelig. Einen Moment lang glaubte sie, alles um sie herum schien sich zu drehen. Sie würde jetzt doch nicht etwa in Ohnmacht fallen?

Sie hielt kurz inne und blinzelte. Jetzt drehte sich nichts mehr. Sie ging langsam in die Hocke und streckte die Hände nach dem Welpen aus. Er kam sofort zu ihr hinüber. Sie verharrte noch etwas in dieser Position, damit ihr nicht wieder schwindelig wurde.

„Was für ein süßes Ding du bist!“, sagte sie zu dem Welpen. Dann sah sie zu Ian, der selbstzufrieden grinste. „Wo hast du sie her?“

„Ich habe sie bei Paco gekauft, dem Besitzer des Futterladens. Eine Ranch wie diese braucht einen guten Treibhund.“

Carly nahm den Welpen auf den Arm und richtete sich auf. „Aber was ist, wenn die neuen Besitzer nicht wollen, dass du bleibst?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich mache mir da keine Sorgen.“

Ian machte sich nicht über vieles Gedanken. Tatsächlich schien er alles einfach auf sich zukommen zu lassen, was von Vorteil war für einen Flirt, aber nicht für eine dauerhafte Beziehung. Er verfolgte nicht die gleichen Ziele wie Carly.

Sie wollte schon immer etwas Besonderes aus ihrem Leben machen und nicht etwa nur das hübsche Mädchen bleiben, dessen geschiedene Eltern – ein wohlhabender Geschäftsmann und eine glamouröse Countrysängerin – zu beschäftigt waren, um mit ihr Zeit zu verbringen. Der beste Ort dafür war die Bühne, fand sie.

„Der Welpe macht dein Kleid ganz schmutzig“, bemerkte Ian.

„Das macht nichts.“ Sie warf Ian ein Lächeln zu, als Cheyenne ihr über die Nase leckte. „Ich wollte schon immer einen Hund haben, aber ich bin einfach zu viel unterwegs.“

„Ich teile Cheyenne gerne mit dir, wenn du hier bist.“

So nett dieses Angebot auch gemeint war, es würde nicht funktionieren. „Du weißt doch, dass Jason die Ranch verkaufen will.“

„Jepp. Das weiß ich.“

„Also werde ich nicht mehr hierher nach Hause kommen können. Und wie ich schon gesagt habe, du weißt nicht, ob der neue Besitzer dich hierbehalten will. Ich hoffe es natürlich für dich.“

„Wie ich schon sagte …“ Seine Augen leuchteten, und ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen. „Ich mache mir da keine Sorgen.“

„Okay, aber du hast jetzt Verantwortung für einen Welpen.“

„Das wird mir guttun.“

Carly musste an ein paar Obdachlose denken, die sie in der Stadt auf der Straße gesehen hatte, die einen Einkaufswagen mit ihren Habseligkeiten vor sich herschoben und woran ein Hund festgebunden war, der neben ihnen hertrottete. Nicht, dass sie wirklich daran glaubte, Ian könnte jemals obdachlos werden. Er hatte sich einen guten Ruf als Vorarbeiter gemacht. Er arbeitete hart und würde zweifellos irgendwo einen Job finden. Doch er ließ sich durchs Leben treiben wie ein Steppenläufer im Wind – vor allem, wenn es darum ging, Pläne zu machen, was ein weiterer Grund dafür war, dass sie nichts Ernsthaftes miteinander eingegangen waren. Sie wollten einfach andere Dinge vom Leben.

„Im Ranchhaus ist schon so gut wie alles gepackt. Juliana hat fast alle Sachen in Kisten verstaut. Es ist also nicht gerade gemütlich. Du darfst sehr gerne bei mir übernachten.“

Die Erinnerung an die gemeinsamen Nächte in seinem Bett ließ ihren Puls schneller schlagen, und sie spürte ein Kribbeln im Bauch. Doch das würde keinem von beiden guttun. Vielleicht für den Moment, aber Carly befand sich gerade an einem Punkt ihrer Karriere, an dem sie es sich nicht leisten konnte, sich auf ihn – oder jemand anderen – einzulassen.

„So verlockend das Angebot auch sein mag“, erwiderte sie, „ich muss leider passen. Außerdem hat Juliana mir gesagt, dass die Küche noch nicht ausgeräumt wurde. Und das Gästebett ist frisch bezogen. Ich werde schon klarkommen.“

„Wie du willst!“

Sie sahen sich im hellen Mondschein einen Moment lang an. Und während Ian kein weiteres Wort sagte, hatte Carly das Gefühl, sie müsste sich verteidigen.

„Wir haben das doch schon besprochen.“

Er lächelte sie herausfordernd an. „Ich habe nichts davon gesagt, dass du mit mir schlafen sollst, obwohl ich nicht Nein sagen würde, wenn du darauf bestehen würdest.“

Sie schnalzte mit der Zunge und erwiderte sein Lächeln.

„Du bist unverbesserlich, Ian McAllister. Du wirst mir noch zum Verhängnis werden.“

„Nein, werde ich nicht. Du hast es selbst gesagt, eine Beziehung zwischen uns wäre aussichtslos und würde nur Streit bedeuten. Und ich stimme dir darin zu.“

Das hatte er tatsächlich, und es stimmte. Doch dadurch fühlte sie sich nicht weniger zu ihm hingezogen – im Gegenteil, die Anziehung war immer noch genauso stark. Sie musste einfach standhaft bleiben und ihm, wann immer es möglich war, aus dem Weg gehen.

Sie betrat die Veranda und setzte Cheyenne neben dem Stuhl ab. Dabei nahm sie für einen kurzen Moment den Duft von Seife und Leder, Moschus und Cowboy war. Verdammt, die Anziehungskraft zwischen uns zu ignorieren, wird nicht leicht werden.

Er griff nach ihrer Hand und streichelte dabei mit dem Daumen über ihr Handgelenk. Ihr Herz machte einen Satz.

Sie hatte ihn vermisst – mit ihm auszureiten, auf der Veranda gemeinsam zu singen, mit ihm in seiner Hütte zu schlafen, am Morgen in seinen Armen zu erwachen … Doch sie zog die Hand weg. Sie musste nicht viel Kraft aufwenden. Seine Hand hatte sich gelöst, noch bevor sie es überhaupt bemerkte.

„Ich sollte jetzt reingehen. Es war ein langer Tag“, sagte sie.

„Gute Nacht“, erwiderte Ian.

Er will mich nicht überreden? Nicht, dass ich es mir wünsche, aber normalerweise lassen die Männer nicht so schnell locker. Also warum bin ich nicht erleichtert, dass er nicht versucht, mich umzustimmen? Weil das Leben komplizierter wird, wenn Hormone im Spiel sind – deshalb.

„Schlaf gut.“ Als sie sich auf den Weg zum Haus machte, erfüllte der Klang seiner Gitarre die Dunkelheit. Er spielte ein Lied, das sie nie zuvor gehört hatte. Sie drehte sich noch einmal um, verschränkte die Arme und schob die Hüfte raus.

Ian hörte auf zu spielen.

„Das ist schön. Hast du das geschrieben?“, fragte Carly.

„Jepp. Magst du es?“

Autor

Judy Duarte
<p>Judy liebte es schon immer Liebesromane zu lesen, dachte aber nie daran selbst welche zu verfassen. „Englisch war das Fach in der Schule, was ich am wenigsten mochte, eine Geschichtenerzählerin war ich trotzdem immer gewesen,“ gesteht sie. Als alleinerziehende Mutter mit vier Kindern, wagte Judy den Schritt zurück auf die...
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