Der Duke und die Kurtisane

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„Ich biete mehr!“ Der Duke of Dunstan kann den Blick nicht von der Lady mit der Maske wenden. In einem exklusiven Freudenhaus ersteigert er ihre Dienste als Kurtisane. Eine Nacht lang gehört die schöne Fremde ihm …


  • Erscheinungstag 23.04.2014
  • ISBN / Artikelnummer 9783733764180
  • Seitenanzahl 51
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Einfach so an die Luft gesetzt, bei allen Göttern! Alistair Crawford, Duke of Dunstan, blickte finster auf die soeben ins Schloss fallende Haustür des Marquess of Beauworth. Nicht nur hatte Beauworths schottischer Cousin Godridge das Kartenspiel unterbrochen, das ich gewonnen hätte, davon war Alistair überzeugt. Nein, Beauworth hatte seinen Verwandten doch tatsächlich willkommen geheißen und ihm selbst die Tür gewiesen.

Alistair verzog spöttisch den Mund. Kein Zweifel: Verwandte waren eine wahre Plage.

Gemächlich nahm er die drei Stufen bis zum Gehsteig. Sein Kutscher kam um die Ecke gefahren, um ihn einzusammeln wie einen hilflosen jungen Hund. Farkey schien einen sechsten Sinn zu besitzen, wenn es darum ging, das Kommen und Gehen seines Herrn zu erahnen.

Sich nur allzu sehr des Samtbeutels in seiner Tasche bewusst und des kleinen Vermögens an Edelsteinen, die er enthielt, ging Alistair auf seine Kutsche zu. Die wütenden Worte seiner Stiefmutter klangen ihm noch immer angenehm im Ohr. Wenn Godridge nicht gewesen wäre, würden ich und Beauworth jetzt die Rettung der Edelsteine feiern, dachte Alistair.

Ach, zum Teufel, die Nacht war noch jung. Warum sollte er nach Hause fahren? Dort wartete nichts auf ihn. Und genauso wenig wollte er sich von Farkey herumkarren lassen. Der arme alte Kerl wäre jetzt sehr viel besser in seinem schönen, warmen Bett aufgehoben. Er gab dem Kutscher ein Zeichen, ohne ihn heimzufahren.

Es war kurz nach Mitternacht. Der Abend hatte kaum begonnen für ihn, und er wusste nicht, wohin mit sich. White’s? Zu steif. Oder Brook’s? Die Einsätze waren hoch genug. Die Mitglieder allerdings waren viel zu leicht zu durchschauen. Langweilig. Etwas Derberes wäre ihm jetzt lieber. Etwas von einer eher finsteren Natur, um die Langeweile zu bekämpfen. Alistair lenkte seine Schritte nach Osten. Eine Spielhölle, wo Männer bei der geringsten Provokation töteten, passte vielleicht besser zu seiner Stimmung. Er würde vielleicht sogar den verfluchten Familienschmuck verspielen und seiner Stiefmutter einen Grund geben, endlich einmal einen echten Nervenzusammenbruch zu bekommen.

Letztlich hatten die Edelsteine seinem Vater nicht geholfen und damit die Legende widerlegt. Ganz abgesehen davon dachte Alistair auch gar nicht daran zu heiraten. Es war nicht sein Wunsch, sich in absehbarer Zukunft an ein habgieriges Weibsbild fesseln zu lassen.

„Dunstan!“, rief jemand keuchend.

Alistair stöhnte und beschleunigte den Schritt.

„Hör doch, Cousin.“ Sein Verfolger gab nicht nach.

Verdammte Verwandte. Genügte ihnen ein deutlicher Wink denn nie? Seufzend drehte er sich um und stellte sich seinem Cousin, dem Honourable Percy Hepple.

„Percy“, sagte er, als der junge Mann schnaufend vor ihm stand. Der Junge könnte etwas mehr Bewegung gut gebrauchen, dachte Alistair. Nicht, dass es ihn auch nur einen Deut kümmerte. Der Bursche könnte auch guten Rat gebrauchen, was seine Kleidung anging. Mit seiner eng taillierten Jacke – so eng es eben ging, bei seinem nicht unerheblichen Leibesumfang –, dem Kragen, der bis an die Ohren reichte, und dem seltsam geschlungenen Krawattentuch, gab Percy das vollkommene Bild eines aufgeblasenen Stutzers und Grünschnabels ab. Ganz und gar nicht die Sorte, mit der er Umgang pflegte.

„Was für ein Glück“, sagte Percy breit lächelnd. Die Wangen in seinem Mondgesicht glichen zwei roten Äpfeln. „Wirklich großes Glück.“

„Für wen?“ Alistair sah sich scheinbar suchend um.

Die Ironie überstieg Percys Verstand bei Weitem.

„Für uns.“ Percy strahlte. „Du wirst nie erraten, wo ich hin will.“

„Nein“, bestätigte Alistair. „Warum soll ich mir die Mühe machen, wenn du es mir sowieso erzählen wirst.“

„Zu Mrs B.“

„Danke. Dann werde ich es vermeiden, heute Abend jenes Bordell zu besuchen.“ Er betrachtete den Schmerbauch des blonden jungen Mannes. „Schon der Gedanke daran verursacht mir Übelkeit.“ Damit machte er einen Schritt in die ursprünglich von ihm gewählte Richtung.

Percy packte ihn am Ärmel.

Esel. Dunstan beäugte die Hand, die sich an seinen schwarzen Gehrock aus feinstem Stoff klammerte, durch sein Lorgnon, und augenblicklich zog Percy die Hand zurück, als hätte er sich verbrannt.

„Heute Abend findet ihre alljährliche Auktion statt“, sagte er mit einer Stimme, die vor Aufregung eine Oktave nach oben rutschte.

„Und?“ Dunstan ließ sein Lorgnon herabbaumeln. Er hatte die Einladung gesehen und sogar mit Beauworth die Möglichkeit besprochen, teilzunehmen. Doch dann waren beide darin übereingekommen, dass sie dort seit Jahren nichts gesehen hatten, das der Mühe wert gewesen wäre. Alistair erinnerte sich nicht, wann eine Dirne das letzte Mal wirklich sein Interesse erweckt hätte, so oft er sich auch mit allen Kräften bemüht hatte.

„Zum Henker, Cousin“, quengelte Percy. „Du weißt doch, dass ich nie hineinkomme ohne Empfehlung. Du hast meinem Vater versprochen, du würdest alles in deiner Macht Stehende tun, um mich bei meinem Eintritt in die Gesellschaft zu unterstützen.“

„Irgendwie bezweifle ich, dass dein werter Vater dabei an die Einführung in das teuerste und verderblichste Bordell in der Stadt dachte, wenn man mal von den exklusiven Wilson-Schwestern absieht.“

Percy schmollte. „Ich will einfach nur die besten Huren in ganz London sehen. Alle meine Freunde gehen auch hin.“

Mrs B’s Auktionen waren gewiss nicht der richtige Ort für einen Grünschnabel wie Percy. Sein Vater wäre außer sich, wenn er es erführe. Und würde vielleicht nie wieder mit mir reden. Womöglich würde er sogar aufhören, mich ständig anzupumpen, überlegte Alistair und erlaubte sich ein kleines Lächeln. „Nun gut. Warum nicht?“

Percy hopste auf und ab vor Aufregung.

Während sie darauf wartete, auf die Bühne zu gehen, zitternd vor Kälte in ihrer knappen Tunika, wiederholte Julia im Geist wieder und wieder dieselben Worte.

Ein Mann, eine Nacht, einhundert Guineas.

Das Angebot hatte zu gut geklungen, um wahr zu sein, als Betty Bentwhistle es ihr als einen Ausweg aus ihren Schwierigkeiten vorgeschlagen hatte. Julia wurde es auch jetzt noch heiß und kalt, wenn sie sich an den fürchterlichen Moment erinnerte, da man sie mit der gestohlenen Spitze ertappt hatte. Die Panik, die Erkenntnis, wie tief sie gesunken war und wo sie schließlich enden würde.

Aber die Spitze hätte ihr den Verkauf eines Häubchens gesichert und damit verhindert, dass sie eine weitere Nacht ohne Nahrung blieb. Eine weitere schwierige Entscheidung unter vielen in den vergangenen paar Monaten. Die Entscheidung zu stehlen hatte schließlich zu der schwierigsten Entscheidung von allen geführt: eine Nacht mit einem Mann oder das Gefängnis.

Der Wunsch davonzulaufen hielt ihren ganzen Leib in Anspannung. Sie holte tief Luft. Ein Mann, eine Nacht, einhundert Guineas. Mehr als das Doppelte von dem, was sie brauchte, um ihre Schulden bei dem Ladeninhaber und der Bordellwirtin zu tilgen. Mit dem Übrigen würde sie, wenn sie es nur vorsichtig verwendete, ihre finanziellen Leiden beenden. Und viel wichtiger als das – sie würde nicht auf einem Schiff in die australische Strafkolonie landen.

Begierig darauf, ihre Teilnahme zu gewinnen, hatte Mrs B. ihr versichert, dass all ihre Kunden Gentlemen und großartige Liebhaber seien. Julia schenkte ihr keinen einzigen Moment Glauben. Ihr verstorbener Mann war in den Augen der Welt auch ein Gentleman gewesen. Im Schlafgemach hatte es ganz anders ausgesehen.

Doch sie hatte ihn überlebt, und sie würde auch diese Auktion überleben – genauso wie die Nacht, die folgen würde. Sie presste die Lippen zusammen, um ihr Zähneklappern zu unterbinden, als zwei Mädchen mit wild flatternden, orientalisch anmutenden Schleiern kreischend vor Aufregung von der Bühne liefen.

„Ab mit dir“, sagte Mrs B. und gab ihr einen Schubs.

Julia musste schlucken. Mit zitternden Händen rückte sie die mit Federn besetzte Maske zurecht, um besser sehen zu können, und eilte auf die Bühne. Das nackte Holz war kalt unter ihren Fußsohlen, die hauchdünne Tunika wirbelte mit jeder Bewegung ihrer Hüften um ihre Knie.

Sie fühlte sich sehr seltsam, sehr nackt.

Laternen, die an der mit römischen Ruinen bemalten Kulisse hingen, beleuchteten die Bühne. Dort stieg Julia auf ein niedriges Podest. Die schweren Vorhänge schluckten zwar ein wenig von dem Lärm um sie herum – den Rufen nach mehr Wein und dem Gelächter –, trotzdem traf er sie mit der Kraft eines Sturms. Männer. Begierig danach, die Ware zu begutachten.

Ein Mann, eine Nacht. Je anziehender sie aussah, desto mehr Geld würde sie verdienen. Also drehte sie sich leicht zur Seite, schob die Hüfte vor und warf das Haar über die Schulter, wie Mrs B. sie angewiesen hatte. Julia probierte ein verführerisches Lächeln und hoffte nur, die Männer könnten nicht sehen, wie schwer es ihr fiel oder wie sehr sie am ganzen Leib zitterte und wie schnell ihr Herz schlug. Die Männer dort unten in jenem Raum hinter den verschlissenen roten Samtvorhängen waren alle reich und sorgfältig von Mrs B. ausgesucht worden. Sie gehörten alle zur besten Gesellschaft, zum sogenannten haut ton.

Julia konnte nur hoffen, sie würde die Aufmerksamkeit eines freundlichen, großzügigen Mannes erregen. Und ganz besonders, dass es niemand war, den sie kannte. Die Schande wäre einfach zu entsetzlich.

Mrs B. bahnte sich einen Weg durch die Öffnung im Vorhang. Begeistertes Gebrüll wurde laut. Julia glaubte, dass ihr Herz so laut schlug, um über den Lärm hinweg gehört zu werden.

Der kräftige Mann in den Kulissen zog langsam an den Seilen für den Vorhang. Ihre Knie begannen zu zittern. Julia zwang sich, ruhig zu bleiben, und betete, dass sie nicht von ihrem Podest herunterfiel.

Was sollte sie tun, wenn niemand ein Gebot für sie abgab?

Alistair streckte die Beine aus und gähnte herzhaft. Die Mädchen waren genauso ordinär, wie er es erwartet hatte. Nicht einmal der Gedanke, sich mit zwei oder drei von ihnen auf einmal zu amüsieren, traf seinen Geschmack für das Exotische.

Zu seiner Rechten wand Percy sich unruhig auf seinem Sitz. „Hast du die Zitzen der letzten Kleinen gesehen?“, sagte er heiser. Schweiß lief von seiner Schläfe bis zum Kinn. „Du hättest mich um sie bieten lassen sollen.“

Alistair knirschte mit den Zähnen. „Zitzen?“ Der Bursche redete wie ein Schuljunge. „Das waren Brüste. Und außerdem hast du kein Geld.“

„Du könntest …“

„Ich könnte, aber ich werde dir kein Geld leihen, damit du dich mit der französischen Krankheit anstecken lässt.“ Ebenso wenig würde er ihm eine Hure zum Geschenk machen, sosehr der Junge auch jammerte. Er würde sich von keinem Verwandten mehr drangsalieren lassen. „Du hast nur darum gebeten, die Mädchen zu sehen. Und gesehen hast du sie.“

Percy wischte sich mit dem Ende seines Krawattentuchs, das ihm lose um den Hals hing, die Stirn ab und leerte das Bier, das Alistair bestellt hatte, durstig in großen Schlucken. „Ich verstehe nicht, warum du mir ein paar Guineas missgönnst. Du hast viel mehr, als du brauchst.“

Der vertraute Aufschrei des Neids. Wenn sie sich keinen Weg überlegten, wie sie sein Geld ausgeben konnten, beklagten sie seine Knauserigkeit und beschwerten sich über seinen Mangel an Moral. Percys Vater war es gewesen, der ihm den Spitznamen „Zügelloser Duke“ verpasst hatte.

Autor

Ann Lethbridge
Ann Lethbridge wuchs in England auf. Dort machte sie ihren Abschluss in Wirtschaft und Geschichte. Sie hatte schon immer einen Faible für die glamouröse Welt der Regency Ära, wie bei Georgette Heyer beschrieben. Es war diese Liebe, die sie zum Schreiben ihres ersten Regency Romans 2000 brachte. Sie empfand das...
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