Der Liebesschwur des Prinzen

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Kronprinz Remirez Montegova, einer der begehrtesten Junggesellen der Welt, will sie heiraten? Kellnerin Maddie ist fassungslos! Sie weiß natürlich, dass er das nur vorschlägt, um von einem Skandal abzulenken. Aber im Gegenzug ist er dazu bereit, die teure Operation ihres schwer kranken Vaters zu bezahlen, und so sagt sie Ja. Doch der pikante Deal mit dem Prinzen wird für Maddie zu einem Desaster - für ihr eigenes Herz. Denn in atemlosen Nächten verliebt sie sich rettungslos in Remi. Während er doch seine Liebe einer anderen geschworen hat …


  • Erscheinungstag 05.11.2019
  • Bandnummer 2413
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712563
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Remirez Alexander Montegova, Kronprinz des Königreichs Montegova, hatte die Hand schon erhoben, um an die zweiflügelige Tür zu klopfen, als er mitten in der Bewegung innehielt.

Ihm war klar, dass jeder, der ihn kannte, sich über sein Zögern gewundert hätte.

Und jetzt schüchterte ihn eine Tür ein.

Zugegeben, es war nicht irgendeine Tür. Diese Tür war das Portal zu seinem endgültigen Schicksal. So hochtrabend das auch klang, es war nichts weniger als die Wahrheit.

Er hatte diesen Tag gefürchtet. Und er wollte nicht durch diese Tür gehen.

Er wollte nicht seiner Mutter, der Königin, gegenüberstehen. All seine Instinkte sagten ihm, dass er nicht mehr derselbe sein würde, wenn er diesen Raum wieder verließ.

Aber war das wichtig?

Seit seinem ersten Atemzug gehörte er dem Volk von Montegova.

Pflicht. Schicksal. Zwei Worte, die sich ihm unauslöschlich eingebrannt hatten.

„Hoheit?“ Sein Berater hinter ihm wurde nervös. „Ihre Majestät wartet.“

Er seufzte resigniert, klopfte an die vergoldete Tür und wartete auf die Aufforderung, einzutreten.

Sie erklang, zügig und bestimmt, doch unüberhörbar voller Wärme.

Die Stimme passte genau zu der Frau, die auf dem thronähnlichen Sessel unter dem großen Wappen saß.

Sie nickte beifällig, als er sich respektvoll vor ihr verbeugte, bevor er ihr gegenüber Platz nahm.

„Ich habe mich schon gefragt, wie lange du noch vor der Tür stehen bleiben würdest. Bin ich wirklich so angsteinflößend?“

„Nicht angsteinflößend. Ich vermute nur, diese Vorladung wird für einen von uns kein Grund zur Begeisterung sein.“

Seine Mutter spitzte kurz die Lippen, dann stand sie auf. Auch wenn sie nicht die regierende Monarchin von Montegova gewesen wäre, hätte diese hochgewachsene Frau überall mühelos die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ihr Haar, das nach dem Tod ihres Mannes vor zehn Jahren fast über Nacht silberweiß geworden war, war zuvor so schwarz gewesen wie Remirez’ eigenes. Sie hatte dieses sichtbare Zeichen ihres Schmerzes mit der gleichen unerschütterlichen Kraft akzeptiert, mit der sie auch das Königreich davor bewahrt hatte, nach dem plötzlichen Tod des Königs ins Chaos zu stürzen.

Mit dreiundzwanzig Jahren hatte man Remi für zu jung befunden, den Thron zu besteigen. Und so nahm seine Mutter als Interimsregentin seinen Platz ein. Er sollte an seinem dreißigsten Geburtstag den Thron besteigen. Doch dann war eine weitere Tragödie über sie hereingebrochen.

„Es wird Zeit, Remirez.“

Nur sehr selten nannte sie ihn bei seinem vollständigen Namen. Schon als er noch ein Kind war, hatte das nichts Gutes bedeutet.

Er sprang auf und schritt beunruhigt vor dem Schreibtisch auf und ab. „Von wie viel Zeit sprechen wir?“

Sie hatte ihm bereits zwei Jahre mehr eingeräumt.

„Bei der nächsten Sonnwendfeier möchte ich meinen Rücktritt erklären.“

„Das ist in drei Wochen.“

„Ja“, erwiderte sie mit fester Stimme. „Wir müssen unser Haus in Ordnung bringen, bevor wir die Ankündigungen machen.“

„Ankündigungen?“

„Ich trete nicht nur zurück, Remi. Ich nehme auch keine offiziellen Verpflichtungen mehr wahr.“

„Warum?“

„Die letzten Jahre waren für uns beide schwierig. Ich brauche … eine Auszeit.“

Wenn jemand ein Recht auf eine Auszeit hatte, dann seine Mutter.

Sie hatte alle Unbilden der vergangenen Jahre mit unerschütterlicher Haltung ertragen – besonders den Skandal um seinen Vater, der erst nach dessen Tod bekannt geworden war.

Remi selbst hatte die Wut auf seinen Vater kaum bändigen können. Sein Vater, den er so verehrt hatte, war untreu gewesen. Damit hatte er nicht nur Königin Isadora unsägliches Leid zugefügt, sondern noch nach seinem Tod dem Königreich einen schweren Schlag versetzt.

„Womit ich zum nächsten Problem komme.“ Seine Mutter schlug eine dünne Aktenmappe auf und schob sie ihm hin.

In schönen bunten Bildern präsentierte sich ihm der jüngste Grund für die Befürchtungen seiner Mutter.

Jules Montegova.

Sein Halbbruder, den man ihnen gleich nach der Beerdigung seines Vaters präsentiert hatte. Er war das Ergebnis einer Affäre seines Vaters während eines Aufenthaltes in Paris. Ein diskreter DNA-Test hatte bewiesen, dass der Achtundzwanzigjährige tatsächlich Kind seines Vaters war – und damit königlicher Abstammung.

Die Situation wäre leichter zu ertragen gewesen, hätte Jules sich nicht vom ersten Augenblick an als ein Stachel in ihrem Fleisch erwiesen.

Remi betrachtete die Bilder und biss die Zähne zusammen, als er die glasigen Augen und das Gesicht sah, dem man die Trunksucht anmerkte. „Was hat er jetzt schon wieder angestellt?“, stieß er hervor.

Königin Isadora lächelte bitter. „Frag besser, was er nicht gemacht hat. Jetzt ist er jedenfalls in London und zeigt sich in den letzten Tagen in Begleitung dieser Frau.“ Sie schob das Foto beiseite, sodass darunter einige andere zum Vorschein kamen. Die Bilder zeigten alle dieselbe Frau. Dunkelblond, lange Beine, strahlend grüne Augen und eine Figur, dafür geschaffen, um auf einer öffentlichen Straße ein Verkehrschaos anzurichten.

Auf einem der Bilder zeigte sie sogar unbekümmert ihre Unterwäsche. Sie schlang seinem Bruder die Arme um den Hals, und es schien ihr nichts auszumachen, dass man dabei ihren Tanga sehen konnte.

Er betrachtete die Frau genauer. Sie besaß eine kecke kleine Nase, einen großen, sinnlichen Mund und hohe Wangenknochen. Ihr schlanker Hals saß auf schmalen, leicht gebräunten Schultern. Das ausgeschnittene, ärmellose Top zeigte einen beeindruckend hübschen Busen. Ein flacher, gebräunter Bauch, runde Hüften und endlos lange Beine vervollständigten ihre Erscheinung.

Sie war makellos. Zumindest körperlich.

„Wer ist sie?“, fragte er.

„Das steht auf der letzten Seite. Aber ich habe genug gesehen, um zu wissen, dass sie ein Problem darstellt. Gewöhnlich bleibt Jules nur ein paar Tage an einem Ort. In London ist er jetzt schon zwei Wochen. Und das hier sind die weniger anstößigen Bilder. Was immer zwischen den beiden ist, es muss ein Ende haben. Bis jetzt hat er sich meiner Aufforderung, nach Montegova zurückzukehren, widersetzt. Ich muss einen Weg finden, ihm Beine zu machen.“

Unwillkürlich kehrte Remis Blick zu den Fotos zurück. Er blätterte zur letzten Seite. Die Frau, mit der sein Bruder sich eingelassen hatte, wurde in ganzen vier Zeilen beschrieben.

Madeleine Myers

Kellnerin

vierundzwanzig Jahre alt

Studium abgebrochen

„Soll ich mich darum kümmern?“

Königin Isadora legte die verschränkten Hände auf den Tisch. „Vor dir hat er ein wenig Respekt, auch wenn er es nicht zugibt. Außerdem bist du der Einzige, dem ich zutraue, dass er diskret vorgeht.“ Sie räusperte sich. „Jetzt, wo du den Thron besteigen wirst, können wir uns keinen Skandal leisten. Besonders, wenn du verkündest, dass du Ende des Sommers heiraten wirst.“

Ein eisiger Schock ließ ihn kurz sprachlos werden. „Ich werde was?“

„Schau nicht so entsetzt. Das solltest du doch schon vor zwei Jahren.“

Eine Mischung aus Schmerz, Zorn, Verbitterung und Schuldgefühl stieg in ihm auf. Der Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen verging nie, auch wenn er in der letzten Zeit etwas nachgelassen hatte.

Sein Zorn rührte daher, dass ein Leben viel zu früh geendet hatte, und verbittert war er wegen der Grausamkeit des Schicksals.

Die Schuld an allem trug er. Er allein.

„Wenn wir Celeste nicht verloren hätten, wärst du jetzt König und verheiratet“, sagte seine Mutter leise.

„Das weiß ich“, stieß Remirez hervor. „Aber sag mir bitte, wie ich in drei Monaten eine Braut herbeizaubern soll?“

Ohne zu zögern öffnete sie eine kleine Schublade und entnahm ihr ein Blatt Papier. „Die Liste der Kandidatinnen von vor fünf Jahren gilt immer noch.“

„Ich habe mich vor fünf Jahren nicht so weit erniedrigt, mir meine Ehefrau aus einer Liste auszusuchen, und ich werde es jetzt auch nicht tun.“

Königin Isadora warf das Blatt auf den Schreibtisch. „Nun, dieses Mal kannst du nicht auf Nachsicht hoffen. Aber vielleicht ist es besser so. Ich habe aus Liebe geheiratet. Du wolltest die Frau deines Herzens heiraten. Du siehst, wohin uns beide das gebracht hat!“

Es herrschte eine angespannte Stille. Remi betrachtete seine Mutter, nahm ihre müden Augen wahr.

Bevor er etwas erwidern konnte, richtete sie sich auf und sah ihn scharf an.

„Damit du mich richtig verstehst, Remirez: Ich werde nicht dasitzen und zusehen, wie alles, was ich in den letzten zehn Jahren aufgebaut habe, wegen dir zusammenbricht. Du wirst nach London fahren und deinen Halbbruder nach Hause bringen. Dann wirst du dir eine Braut aussuchen und eine Woche vor der Sonnwendfeier deine Verlobung verkünden. Drei Monate nach deiner Verlobung wirst du heiraten. So hast du sechs Monate, um dich an diesen Gedanken zu gewöhnen.“

Sie blickte ihm in die Augen. „Es ist Zeit, dass du deinen Platz in diesem Königreich einnimmst. Ich weiß, du wirst mich nicht im Stich lassen.“

Eine Minute später verließ Remi den Raum. Es war so, wie er es vorausgesehen hatte.

Alles hatte sich verändert.

Noch fünf Wochen.

Sie hätte niemals auf diesen lächerlichen Vorschlag eingehen sollen. Jede Sekunde war die reinste Hölle.

Aber ihr war kaum etwas anderes übrig geblieben. Und so dankte sie dem Himmel, dass sie von dem Unfall nur ein paar hässliche blaue Flecke, geprellte Rippen und einen verletzten Arm davongetragen hatte. Sie war nämlich von einem Lamborghini fast angefahren worden. Und um ehrlich zu sein: Sie hatte Jules Montagnes Vorschlag nur zugestimmt, weil sie unter Schock gestanden hatte.

Trotzdem hatte sie achtundvierzig Stunden gebraucht, um in den Deal einzuwilligen. Wenn Maddie etwas gelernt hatte, dann war es hinzuschauen, bevor sie sprang. Sie würde nicht noch einmal den Fehler machen, anderen blind zu vertrauen.

Sie hatte ihrer Mutter geglaubt, dass sie bleiben und der Familie helfen würde. Jedes Mal, wenn ihr Vater beteuerte, er hätte seine Sucht unter Kontrolle, hatte sie ihm geglaubt. Und Greg … Er war von allen der Schlimmste gewesen.

Und deshalb hatte sie instinktiv aufstehen und fortgehen wollen, als Jules in dieser schicken Bar mit undurchdringlicher Miene von ihr verlangte, keine Fragen zu stellen. Dorthin hatte er sie nämlich nach dem Unfall geführt.

Doch egal, wie oft sie auch ihre mageren Kontoauszüge studiert und ihre Habseligkeiten nach etwas durchsucht hatte, das sie verpfänden konnte: Das Geld hatte hinten und vorne nicht gereicht.

Und weil die Zeit gegen ihren Vater arbeitete, war ihr keine andere Wahl geblieben.

Und so saß sie wieder einmal hier in seiner VIP-Lounge, gekleidet wie eine Escort-Dame, und sah zu, wie er inmitten seiner Schickimicki-Freunde Hof hielt und teuren Champagner trank.

„He, Maddie, lächle! So, wie du in dein Glas starrst, könnte man meinen, es ist jemand gestorben.“

Sie setzte ein falsches Lächeln auf, während sie am liebsten geweint hätte. Nein, niemand war gestorben. Doch der Mann, der einmal ein starker, liebevoller Vater gewesen war, würde sicher sterben, wenn es ihr nicht gelang, diese Show hier durchzuziehen und das Geld dafür zu kassieren.

Fünfundsiebzigtausend Pfund.

Genau die Summe, die ihr Vater für seine Nierenoperation und die anschließende Reha in Frankreich brauchte.

Sie hob den Blick von ihrem Glas und sah in die metallgrauen Augen ihres angeblichen „Freundes“, der kaum ein Wort mit ihr wechselte, wenn keiner der neugierigen Paparazzi in der Nähe war, die ihm fortwährend an den Fersen klebten.

„Lächle!“, befahl er und funkelte sie wütend an.

Sie versuchte es, und dieses Mal schien es ihr zu gelingen. Er nickte kurz und prostete ihr zu, bevor er wieder den Gesprächsfaden aufnahm und Witzchen erzählte.

Als sie das erste Mal miteinander ausgegangen waren, hatte sie gehört, wie einer der Schmierenreporter Jules nach seiner Familie fragte. Und was die Königin von seinem Benehmen halten würde. Maddie hatte wissen wollen, was es damit auf sich hatte, aber er erinnerte sie an ihre Abmachung. Keine Fragen!

Der Gedanke, dass sie diesen Handel mit einem entfernten Mitglied eines Königshauses abgeschlossen hatte, verursachte ihr Unbehagen. Öffentliche Aufmerksamkeit war das Letzte, was sie brauchen konnte.

Jetzt war sie hier in dieser glamourösen Wunderwelt und hatte keine Ahnung, warum sie für einen gut aussehenden, verwöhnten jungen Mann, der vielleicht königlicher Abstammung war und mit zwei Bodyguards reiste, die Freundin spielte.

Sie sah, wie er einen der beiden zu sich winkte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Dann bestellte er mit lauter Stimme noch ein halbes Dutzend Flaschen Dom Perignon, während der junge Bodyguard sich entfernte und irgendwo im Hintergrund des Nachtclubs verschwand.

In dem fröhlichen Gedränge, das entstand, als der Champagner gebracht wurde, merkte niemand, dass Jules dem Bodyguard folgte.

Die plötzliche Erkenntnis, dass sie sich mit einem Mann eingelassen hatte, der genau so süchtig war wie ihr Vater, ließ Maddie jäh auf die Füße springen.

Sie war ihm schon auf halbem Weg gefolgt, als ein Tumult am Eingang des Nachtclubs ihre Aufmerksamkeit erregte.

Es war nicht wirklich ein Tumult. Es war eine Naturgewalt, die sich Eintritt in das mit viel Onyx und Chrom gestylte Innere des Clubs verschaffte.

Zwei Bodyguards, größer und bulliger als die, welche Jules folgten, machten einen Weg durch die Menge frei. Und der Mann, der lässig hinter ihnen her schlenderte und unter einem goldenen Spot stehen blieb, raubte Maggie den Atem.

Unfähig, sich zu bewegen, starrte sie ihn an.

Sicher lag es an dem künstlichen Nebel und den Lichtblitzen, dass sie der Halluzination einer beinahe gottgleichen Erscheinung erlag.

Aber nein. Dieser Mann war aus Fleisch und Blut.

Der zuckende Muskel an seinem Kinn verriet deutlich seine unterdrückte Wut.

Und die vier Bodyguards, die einen Halbkreis um ihn bildeten, sowie die arrogante Autorität, die er ausstrahlte, deuteten auf königliches Blut hin.

Er kam ihr vage bekannt vor, auch wenn sie sich nicht daran erinnern konnte, wo sie dieses energische Kinn, die scharf geschnittenen Wangenknochen und diese sündig sinnlichen Lippen schon einmal gesehen hatte.

Der Blick seiner silbergrauen Augen tastete suchend über die anwesenden Gäste.

Maddie wusste, sie sollte ihn nicht ansehen. Nicht, weil sie sich schämte oder weil die Situation ihr Unbehagen bereitete, sondern aus reinem Selbstschutz. Seine Ausstrahlung hätte Grund genug sein müssen, sie den Blick abwenden zu lassen, damit sie nicht seiner magischen Anziehungskraft erlag. Doch sie tat es nicht.

Und ihr stockte der Atem, als sie jetzt sah, wie er sich bewegte. Wie ein Tiger auf der Jagd. Jeder Schritt eine Symphonie aus Eleganz und Kraft.

Höchst faszinierend.

Sie starrte ihn unverhohlen an, als sein Blick auf sie fiel. Einige Herzschläge lang starrte er zurück.

Sein Blick war hart. Eiskalt.

Dann kam er mit langen Schritten auf sie zu. Als er vor Ort stand, überwältigte sein Duft ihre Sinne. Ein Duft nach Eis und Erde, so kraftvoll wie der ganze Mann. Am liebsten wäre sie ewig hier stehen geblieben und hätte diesen Duft eingeatmet.

„Wo ist er?“, stieß er hervor. Der Klang seiner Stimme unterstrich noch seine Ausstrahlung. Sie war tief, besaß einen leichten Akzent und weckte in Maddie den Wunsch, dieser Mann möge nicht aufhören zu reden, egal, was er sagte.

Die Sekunden verstrichen. Maddie wurde bewusst, dass sie ihm nicht geantwortet hatte.

„Ich …“ Sie schluckte schwer. „Wo ist …? Wen meinen Sie?“

„Der Mann, mit dem Sie hier sind. Jules …“

„Was machst du denn hier?“ Wie aus dem Nichts war Jules wieder aufgetaucht, und beim Anblick des fremden Mannes zeichneten sich Wut, Panik und Trotz auf seinen Zügen ab. Jäh erkannte Maddie, dass dieser hinreißende Fremde, wer auch immer er war, auch sie kannte. Dass er wusste, dass sie mit Jules zusammen war.

Er antwortete nicht sofort. Stattdessen musterte er Jules von Kopf bis Fuß, der daraufhin nervös seine in Unordnung geratene Kleidung glatt strich.

„Was hast du wohl geglaubt, würde passieren, als du meine Anrufe nicht beantwortet hast?“, fragte er eisig. „Glaubtest du, man würde dir erlauben, einfach so weiterzumachen?“

Jules wollte etwas sagen, doch der andere stoppte ihn mit einer eleganten Handbewegung.

„Ich werde dieses Gespräch nicht in deinem augenblicklichen Zustand führen. Komm morgen früh in mein Hotel.“

Es war ein Befehl, der keinen Widerspruch duldete.

Jules reagierte sauer. Er reckte trotzig das Kinn. „Ich habe morgen schon etwas vor.“

Das Gesicht des Fremden verfinsterte sich. „Laut deinem Assistenten hast du morgen nichts anderes vor, als deinen Rausch auszuschlafen. Du wirst um Punkt neun Uhr in meiner Suite sein. Verstanden?“

Unter dem bohrenden Blick des anderen senkte Jules den Kopf wie ein Hund, der von seinem Herrn ausgeschimpft wird. Er nickte kurz.

Der ältere Mann betrachtete ihn noch eine Weile, dann glitt sein Blick zu der sonst so lärmenden Gruppe, mit der Jules sich umgab. Jetzt schwiegen alle respektvoll.

Dann ließ er seinen Blick weiter zu Maddie wandern. Er nahm sich Zeit, sie genau zu betrachten, von dem dichten, lose aufgesteckten Haar bis zu den lackierten Zehennägeln, die aus ihren Stilettos hervorlugten.

Sein Blick erfasste jeden Zentimeter nackte Haut, und davon gab es leider viel. Maddie wäre am liebsten im Boden versunken. Aber etwas in seinem Blick, etwas eigenartig Hypnotisches, ließ sie erstarren.

Jules folgte seinem Blick und erschrak. Offensichtlich hatte er sie völlig vergessen. Hastig griff er nach ihrem Arm. „Viens, mon amour, lass uns nach Hause gehen.“

Während der ganzen Zeit, in der sie getan hatten, als wären sie ein Paar, hatte Jules sie nicht so genannt. Noch hatte er sie je mit zu sich nach Hause genommen.

Bevor sie antworten konnte, schüttelte der Fremde den Kopf.

„Es ist zwei Uhr in der Nacht. Fahr nach Hause! Ich werde dafür sorgen, dass Miss Myers sicher ankommt, wo immer sie hin will.“

Jules Augen funkelten vor Zorn. „Du glaubst nicht, dass sie meine Freundin ist und bei mir wohnt.“

„Ist sie das?“ Ohne seine Antwort abzuwarten fuhr er herum und sah Maddie mit silbergrauen Augen durchdringend an. „Sind Sie das?“

Es war wohl besser, mit der Wahrheit herauszurücken. „Nein, wir leben nicht zusammen.“

Es war ihr egal, dass Jules bei ihren Worten wütend die Zähne zusammenbiss. Die ganze Geschichte war ihr schon peinlich genug.

„Dein Fahrer wird dich zu deinem Hotel bringen, Jules“, sagte der Fremde.

Ohne Vorwarnung riss Jules sie plötzlich an sich und küsste sie heftig auf den Mund.

Der Kuss dauerte nur ein paar Sekunden, doch Jules schockierendes Verhalten ließ Maggie erstarren. Fassungslos sah sie zu, wie er ging, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Sie brauchte ihre ganze Selbstbeherrschung, sich nicht angewidert mit der Hand über den Mund zu wischen.

Sie wusste, dass er sie nur geküsste hatte, um diesen selbstbewussten Mann zu ärgern, der vor ihr stand und in ihr blasses Gesicht sah. Und sie wusste auch, dass es ein verräterisches Zeichen wäre, wenn sie sich jetzt den Mund abwischen würde. Und dass es sie langfristig gesehen teuer zu stehen käme.

Also reckte sie das Kinn und erwiderte den Blick, in dem eine wilde Glut loderte.

„Kommen Sie“, sagte er plötzlich und wandte sich genau wie Jules zum Gehen.

Maddie schüttelte benommen den Kopf. Sie dachte nicht daran, diesem arroganten, aber zugegebenermaßen hinreißenden Mann irgendwohin zu folgen. Sie wollte nur noch nach Hause, in die Wohnung, die sie mit ihrem Vater teilte.

Sie wollte gerade gehen, als eine muskulöse Gestalt ihr den Weg versperrte.

„Miss? Kommen Sie bitte mit.“

Es war einer der Bodyguards des Fremden. Er hatte doch tatsächlich einen Aufpasser zurückgelassen, der dafür sorgen sollte, dass sie seinem Befehl Folge leistete.

Das aufgeregte Gerede um sie herum wurde lauter. Neugierige Blicke waren auf sie gerichtet, während sie verzweifelt nach einem Ausweg suchte.

Hierbleiben und sich der nach Klatsch und Tratsch hungrigen Meute stellen oder nach draußen gehen und dem noch gefährlicheren Raubtier gegenübertreten? Einem Raubtier, das jeden Nerv ihres Körpers zum Leben erweckt hatte?

„Oh Gott, hast du ihn gesehen?“

„Er ist einfach göttlich!“

„Ich falle gleich auf der Stelle tot um, so umwerfend sieht er aus!“

„Aber wer ist die da überhaupt?“

Die letzte Frage brachte Maddie dazu, sich in Bewegung zu setzen.

Draußen wartete ein Traum von einer Limousine am Bordstein.

Der Chauffeur, der daneben stand, öffnete ihr den hinteren Schlag.

Drinnen war es dunkel, und alles, was Maddie im Schein der Straßenlaternen sehen konnte, waren mit einer Hose bekleidete Männerbeine und polierte Schuhe.

„Steigen Sie ein, Miss Myers“, forderte sie eine tiefe und vor Ungeduld vibrierende Stimme auf.

Maddie widerstrebte es mit jeder Faser ihres Seins, der Aufforderung zu folgen. Aber sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich zu weigern.

Wer immer er auch war, er strahlte Macht und Autorität aus.

Sie stöhnte genervt auf und stieg ein. Je früher sie das hier hinter sich brachte, desto eher konnte sie nach Hause gehen. Denn in ein paar Stunden musste sie wieder arbeiten.

Kaum war sie eingestiegen, schloss sich die Autotür hinter ihr.

Ein paar Sekunden lang gelang es ihr, diesen Furcht erregenden Augen zu widerstehen, die sie unverwandt ansahen. Es gelang ihr, so zu tun, als würde sie sich für die luxuriöse Innenausstattung und die weichen Ledersitze interessieren. Doch er zog ihren Blick auf sich wie das Licht die Motte. Wieder betrachtete er ihre Lippen, bevor er ihren Blick erwiderte und sie erneut in völlige Verwirrung stürzte.

„Wer sind Sie, und woher wissen Sie, wer ich bin?“, fragte sie ihn.

Er hob den Kopf auf eine Art, die man nur als königlich bezeichnen konnte.

„Mein Name ist Remirez Alexander Montegova, Kronprinz des Königreichs Montegova. Ich weiß, wer Sie sind, weil ich ein Team von ausgezeichneten Privatdetektiven beschäftige, deren Aufgabe es ist, mich mit solchen Informationen zu versorgen. Und jetzt sagen Sie mir, wie viel es mich kostet, wenn Sie meinen Bruder verlassen.“

2. KAPITEL

„Ihren Bruder?“, quiekte Maddie und zuckte beim Klang ihrer Stimme zusammen.

„Besser gesagt Halbbruder. Wir haben denselben Vater“, erwiderte er eisig.

Sie schüttelte verwirrt den Kopf. „Aber sein Name ist doch Jules Montagne. Und er ist Franzose.“

Wohingegen der Akzent dieses Mannes eine aufregende Mischung aus Italienisch, Französisch und Spanisch war.

Kronprinz Remirez zuckte die breiten Schultern. „Mütterlicherseits ist er Franzose. Dass er diesen Namen benutzt, ist eine List, vermute ich. Er will die Leute auf eine falsche Spur führen.“

„Auf eine falsche Spur?“

Er schwieg. Eine kleine Lampe über seinem Kopf leuchtete auf und tauchte ihn in goldenes Licht. Der Mann kam ihr jetzt noch größer vor, sein pechschwarzes Haar noch glänzender und die Schultern in dem maßgeschneiderten Anzug noch breiter und imponierender.

„Weg von seiner wahren Identität. Er will die Goldgräber und Schwindler täuschen“, erwiderte er mit eiskalter Verachtung.

Es gab kaum Zweifel daran, dass seine Anschuldigungen ihr galten. Und es ärgerte Maddie gewaltig, dass selbst das ihren Körper nicht daran hinderte, sich seiner Nähe mehr als bewusst zu sein.

„Ich verstehe.“

„Davon bin ich überzeugt“, erwiderte er trocken.

Sie lehnte sich ans Fenster und fuhr zusammen, als ein Schmerz in ihrem Arm aufzuckte. „Wo bringen Sie mich hin?“

„Wie ich Ihnen gesagt habe. In Ihre Wohnung“, antwortete er. „Was ist mit Ihrem Arm?“

„Wie bitte?“

Sie folgte seinem Blick und merkte, dass sie sich den Arm rieb. Hastig ließ sie die Hand sinken. „Nichts. Mir geht es gut. Sie wissen, wo ich wohne?“

Sein Blick ruhte noch einige Sekunden auf ihrem Arm, bevor er antwortete. „Ja. Ich weiß auch, wo Sie arbeiten und wo Sie zur Schule gingen.“

Er wusste alles über sie. Wusste er auch über ihren Vater Bescheid? Ihre Mutter? Greg? Kannte er ihr Geheimnis, das sie bis in ihre Albträume verfolgte?

„Sie haben meine Frage nicht beantwortet“, sagte er.

Sie schluckte ihren aufsteigenden Ärger hinunter. „Und das werde ich auch nicht. Sie ist beleidigend. Trotzdem glauben Sie, dass ich nach Ihrer Pfeife tanze, wenn Sie mir Geld anbieten.“

Er antwortete nicht sofort, sondern wartete, bis die Limousine in einiger Entfernung von ihrer Wohnung an einer Ampel anhielt. „Ich habe Ihnen noch gar nichts angeboten, da Sie mir Ihren Preis nicht genannt haben. Wie lange kennen Sie Jules?“

Maddie fühlte sich unbehaglich. „Ich wüsste nicht, was das …“

Autor

Maya Blake
<p>Mit dreizehn Jahren lieh sich Maya Blake zum ersten Mal heimlich einen Liebesroman von ihrer Schwester und sofort war sie in den Bann gezogen, verlor sich in den wunderbaren Liebesgeschichten und begab sich auf romantische Reisen in die Welt der Romanhelden. Schon bald träumte sie davon, ihre eigenen Charaktere zum...
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