Der Prinz und die schöne Kellnerin

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"Heirate mich." Wie bitte - hat Kronprinz Raphael DeSantis ihr wirklich einen Antrag gemacht? Aber für Bailey gibt es nur eine Antwort: nein! Denn auch wenn ihr die heiße Affäre mit ihm ein süßes Geheimnis beschert hat: Von Liebe spricht der Prinz nicht …


  • Erscheinungstag 17.09.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783733719913
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Die Nacht war wundervoll! Das winterliche Vail hatte sich weihnachtlich herausgeputzt. Helle Lichterketten beleuchteten die Schneelandschaft und funkelten mit den Sternen am Nachthimmel um die Wette – einfach märchenhaft.

Genau wie Raphael. Bailey glaubte zu träumen. Nun kannte sie ihn schon seit acht Monaten, und er war noch immer so traumhaft wie am ersten Tag ihrer Begegnung. Als wäre er einem Märchenbuch entsprungen!

Bailey hätte nie gedacht, dass sie so etwas erleben würde. Sie glaubte nicht an Geschichten mit Happy End. Doch dann war Raphael in ihr Leben getreten.

Allerdings sah sie ihn nur, wenn ihn eine Geschäftsreise nach Colorado führte, was viel zu selten geschah und nie lange genug dauerte.

Dabei war sie bisher immer so vorsichtig gewesen! Eigentlich misstraute Bailey Männern und ging auch nur selten aus. Doch bei Raphael hatte sie von Anfang an ein gutes Gefühl gehabt. Bedenkenlos hatte sie sich ihm hingegeben, überwältigt von ihrem Verlangen. Raphael hatte ihr völlig den Kopf verdreht. Sie war bis über beide Ohren in diesen wunderbaren Mann verliebt und wollte jede Minute mit ihm auskosten.

Diesmal hatten sie zusammen zu Abend gegessen und waren dann Hand in Hand durch die festlich beleuchtete Stadt spaziert. Im Hotel konnten sie es kaum erwarten, ins Bett zu kommen. Raphael war heute besonders leidenschaftlich gewesen …

Genüsslich streckte Bailey sich jetzt unter der Bettdecke aus. Was für eine Nacht!

Sie drehte sich auf die Seite und warf einen Blick Richtung Badezimmer. Licht schimmerte durch die Türritze. Was tut er da so lange? dachte Bailey ungeduldig. Sie sehnte sich danach, wieder in Raphaels Armen zu liegen. Sie liebte ihn so sehr, dass es schmerzte. Nie hätte sie es für möglich gehalten, so tiefe Gefühle für einen Menschen haben zu können. Und Raphael schien diese Gefühle zu erwidern. Bailey konnte ihr Glück kaum fassen. Ihr Herz klopfte sofort schneller, als Raphael aus dem Badezimmer kam.

Lächelnd schaute sie ihm entgegen. Fast war ihr ein wenig schwindlig vor Liebe. War das immer so? Sie hatte keine Vergleichsmöglichkeiten, denn Raphael war der erste Mann, mit dem sie geschlafen hatte. Dabei hatte sie in ihrem Beruf als Kellnerin viele Männer kennengelernt, die sich für sie interessierten. Doch bisher hatte sie alle Bitten um ein Date freundlich, aber bestimmt abgelehnt.

Ihr Männerbild war vom Zusammenleben mit ihrer alleinerziehenden Mutter geprägt worden. Mit sechzehn Jahren hatte Bailey das Weite gesucht. Sie hatte es zu Hause nicht mehr ausgehalten. Diese ewigen Auseinandersetzungen zwischen ihrer Mutter und dem jeweiligen Liebhaber, der ewige Liebeskummer hatte sie vertrieben. Bailey hatte beschlossen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, und sich einen Job und eine kleine Wohnung gesucht. Von Männern wollte Bailey nichts wissen. Sie wollte warten, bis sie den Richtigen gefunden hatte.

Sie war einundzwanzig Jahre alt, als Raphael eines Tages in ihrem Leben aufgetaucht war. Ihre Freundinnen hielten ihn noch immer für ein Phantom, denn keine hatte ihn je zu Gesicht bekommen.

Wenn Raphael sie besuchte, war die Zeit immer schrecklich knapp! Irgendwann hatte Bailey es aufgegeben, ihn ihren Freundinnen vorstellen zu wollen. Eigentlich war sie ganz froh darüber, denn so hatte sie ihren Traummann bei seinen kurzen Stippvisiten ganz für sich allein.

„Willst du dich nicht langsam mal anziehen, Bailey?“

Verwundert schaute sie ihn an. Was sollte die Frage? Sie verbrachten doch sonst auch immer die ganze Nacht zusammen. „Aber ich dachte …“ Verführerisch strich sie sich über den nackten Körper. „Ich habe Lust auf mehr. Du nicht?“, fragte sie sehnsüchtig.

„Ich habe dir doch erzählt, dass ich die Frühmaschine erwischen muss“, antwortete Raphael kühl.

Verwirrt senkte sie den Blick. „Davon weiß ich nichts“, sagte sie schließlich und sah wieder auf. „Musst du zurück nach Italien?“

„Ja“, antwortete er einsilbig und begann, sich anzuziehen. Sehr zu Baileys Bedauern war sein unwiderstehlicher Körper im Handumdrehen wieder verhüllt.

„Bailey!“ Das klang fast schon verärgert. So gereizt hatte sie Raphael bisher noch nie erlebt!

„Okay, okay. Es war gerade so gemütlich.“ Widerstrebend stand sie auf, wackelte aufreizend mit dem Po und bückte sich nach dem Kleid. In seiner Ungeduld, sie nackt zu sehen, hatte Raphael es vorhin zerrissen. „Hoffentlich kann ich das wieder reparieren“, sagte sie leise.

„Wenn nicht, schenke ich dir ein neues Kleid“, versprach er.

„Und was soll ich auf dem Nachhauseweg anziehen?“ Vorwurfsvoll hob sie das zerrissene Kleid hoch. „Wann kommst du wieder?“

„Gar nicht.“

Schockiert musterte sie ihn, begann zu beben. Ihr war eiskalt. „Was soll das heißen?“, fragte sie schließlich mit versagender Stimme.

„Meine Arbeit hier in Vail ist beendet. Heute hat die letzte Besprechung stattgefunden.“

„Okay, aber ich bin doch hier.“

Raphael lachte harsch. „Tut mir leid, cara. Aber das reicht nicht für einen Flug nach Colorado.“

Bailey zuckte zusammen, als hätte er sie geohrfeigt. „Wieso nicht? Ich verstehe gar nichts mehr. Wir hatten doch einen so wundervollen Abend, Raphael!“

„Es war unser Abschiedsabend“, erklärte er leise. „Du warst eine ganz bezaubernde Ablenkung, Bailey. Leider kann daraus nicht mehr werden. Wie du weißt, lebe ich in Italien. Darauf muss ich mich jetzt wieder konzentrieren.“

Fassungslos wurde Bailey bewusst, dass Raphael nur mit ihr gespielt hatte. Es war ihm nie ernst mit ihr gewesen! Ein ungeheuerlicher Verdacht beschlich sie. „Bist du etwa verheiratet, Raphael?“

„Demnächst“, gestand er harsch. „Wir können uns nicht mehr treffen, Bailey.“

„Du bist also verlobt. Jetzt wird mir einiges klar. Du lebst mit deiner Verlobten zusammen. Deshalb kommst du nur so selten zu mir. Wie konnte ich nur so dumm sein?“ Entsetzt hielt Bailey eine Hand über ihren Mund, um einen Aufschrei zu unterdrücken. „Ich war noch Jungfrau, Raphael! Für mich war es etwas ganz Besonderes, mit dir zu schlafen.“ Zornige Tränen strömten über ihre Wangen.

„Ich habe dein Geschenk zu schätzen gewusst.“ Sein Tonfall war hart wie Stahl. „Immerhin waren wir ja auch acht Monate lang zusammen. Für mich war das keine bedeutungslose Affäre.“

„Oh doch! Es ist dir nie ernst gewesen!“ Wütend bückte sich Bailey nach einem Schuh und warf ihn in Raphaels Richtung.

Der konnte gerade noch ausweichen und fluchte unterdrückt auf Italienisch. Doch der zweite Schuh, den sie nach ihm warf, prallte direkt gegen Raphaels muskulöse Brust.

Verärgert schoss Raphael auf Bailey zu, umklammerte ihre Handgelenke und zischte: „Hör sofort auf damit!“ Dann wandte er sich wieder ab. „Reiß dich zusammen, Bailey. Es wird langsam peinlich.“

„Du bist peinlich, Raphael“, entgegnete sie aufgebracht. „Schäm dich!“ Sie schlüpfte in das zerrissene Kleid, hob die High Heels ein zweites Mal auf und zog sie an. Auf die Nylonstrümpfe verzichtete sie. Wenn einem das Herz gebrochen wird, verschwendet man keine Gedanken an sexy halterlose Strümpfe.

Bailey sah auf. „Wie konntest du mich so hintergehen, Raphael?“ Mit bebenden Händen zog sie den achtlos über eine Stuhllehne geworfenen Mantel an.

„Ich habe dich nicht hintergangen, Bailey“, behauptete er schroff. „Du hast dir etwas vorgemacht!“

Außer sich vor Zorn riss Bailey die Tür auf und schlug sie krachend hinter sich zu. Sie fühlte sich wie eine Prostituierte, die mitten in der Nacht aus dem Hotelzimmer geworfen worden war.

Draußen wehte ein eisiger Wind. Bailey spürte die Kälte nicht einmal. Sie war völlig am Ende, konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Mitten im Schnee ließ sie sich schluchzend auf die Knie sinken. Am liebsten wäre sie gestorben.

Drei Monate später

„Es tut mir leid, Bailey, aber mit einer Kellnerin, die während ihrer Schicht in der Küche einschläft, kann ich nichts anfangen.“

Die Worte ihres Chefs verfolgten Bailey auf dem gesamten Heimweg. Als Raphael vor drei Monaten Schluss gemacht hatte, war sie untröstlich gewesen. Sie hatte geahnt, dass es nur noch bergab gehen konnte. Am College fiel es ihr schwer, sich auf den Lernstoff zu konzentrieren. So würde sie das Examen niemals schaffen. Und nun war sie zu allem Überfluss auch noch arbeitslos. Sie war so müde, fühlte sich so elend, dass ihr das jetzt auch schon egal war. Nun musste sie Samantha gestehen, dass sie die Miete nicht mehr bezahlen konnte. Tiefer konnte man wohl nicht sinken.

Als sie mit sechzehn Jahren von zu Hause ausgezogen war, hatte sie sich geschworen, es im Leben zu etwas zu bringen. Ihr Leben sollte sich nicht nur um Männer drehen, wie es bei ihrer Mutter der Fall war. Nie hatte Bailey sich mit einem Mann eingelassen. Doch dann hatte sie Raphael kennengelernt. Und nun war sie zweiundzwanzig, Single, arbeitslos und … schwanger.

Das war genau die Situation, vor der sie sich immer gefürchtet hatte. Tief atmete Bailey die kühle Frühlingsluft ein und sah auf. Der Süßwarenladen auf der anderen Straßenseite lockte sie. Wein durfte sie wegen der Schwangerschaft ja nicht trinken, also musste ein anderer Seelentröster her. Entschlossen steuerte Bailey auf das Regal mit Schokolade zu. Dabei fiel ihr Blick auf eine Illustrierte im Zeitungsständer. Der Mann auf der Titelseite sah Raphael zum Verwechseln ähnlich. Konsterniert las Bailey die Schlagzeile: Milliardärstochter Allegra Valenti gibt Prinz Raphael de Santis wenige Wochen vor der Hochzeit den Laufpass!

„Was zur Hölle …“

Die anderen Kunden drehten sich befremdet nach ihr um, als Bailey plötzlich laut fluchte. Doch das kümmerte sie nicht. Sie zog die Zeitschrift aus dem Ständer und begann sie mit bebenden Händen durchzublättern. Prinz Raphael? Es war nicht zu fassen! Endlich hatte Bailey den Artikel gefunden und überflog ihn hastig. Offenbar war man in Santa Firenze in heller Aufregung über diesen Skandal. Santa Firenze? Nie gehört. Bailey las weiter. Ah, da stand es ja. Es handelte sich um ein winziges Land irgendwo in Europa. Ein Land, in dem Raphael ein Prinz war. Ein blendend aussehender Prinz mit durchtrainiertem Körper. Fasziniert betrachtete sie einige Paparazzi-Fotos, die Raphael nur mit einer Badehose bekleidet zeigten. Wie gut sie diesen fantastischen Körper kannte … besser als ihren eigenen.

„Ich fasse es nicht“, sagte sie vor sich hin. Geistesabwesend fischte sie einen Zehn-Dollar-Schein aus der Tasche und warf ihn auf die Ladentheke. „Der Rest ist für Sie“, sagte sie geistesabwesend und eilte davon – bewaffnet mit der Zeitschrift und einer Tafel Schokolade.

Wie in Trance machte Bailey sich auf den Heimweg. Sie stand unter Schock. Wo war sie da hineingeraten? Was für ein Spiel hatte Raphael mit ihr gespielt?

Zu Hause wurde ihr übel, wie so oft in den vergangenen Wochen. Doch dieses Mal fühlte es sich anders an. Erschöpft schleppte sie sich ins Wohnzimmer. Samantha saß auf dem Sofa und musterte Bailey mit großen Augen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Bailey, bevor ihre Mitbewohnerin ihr eine ähnliche Frage stellen konnte.

„Du hast Besuch.“

„Aha. Wer ist es denn?“ Ein Steuerfahnder? Der hatte ihr gerade noch gefehlt. Oder ein Polizist mit einer unangenehmen Nachricht? Bailey lief ein kalter Schauer über den Rücken.

Er … ist hier“, antwortete Samantha, als könnte sie es nicht glauben.

Bailey erstarrte. Es gab nur einen Mann, auf den die Frauen so reagierten, der die Frauen allein durch seine Gegenwart verzückte.

Diese Neuigkeit musste sie erst einmal verdauen. Doch dazu blieb ihr keine Zeit, denn im nächsten Moment hörte sie Schritte hinter sich. Sie wandte sich um und blickte direkt in die dunklen Augen des Prinzen de Santis, der offensichtlich in ihrem Zimmer auf sie gewartet hatte.

In der ärmlichen Wohnung wirkte er völlig deplatziert. Instinktiv versuchte Bailey, die Schwangerschaft zu verbergen. Zum Glück war sie unter dem weiten Mantel nicht auf den ersten Blick sichtbar.

„Was willst du denn hier?“ In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie die Zeitschrift mit Raphael auf der Titelseite in der Hand hielt.

„Ich bin hier, weil ich wieder an unsere Beziehung anknüpfen möchte“, erklärte er.

„Ich fasse es nicht!“, rief Samantha ungehalten. Sie hatte mit anhören müssen, wie Bailey sich jede Nacht die Augen ausweinte.

„Ich auch nicht.“ Bailey verschränkte die Arme.

„Ich würde gern unter vier Augen mit Bailey reden“, sagte Raphael zu Samantha und zog Bailey auch schon mit sich, dann schloss er die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich und schaute Bailey tief in die Augen.

Am liebsten hätte sie sich sofort an ihn geschmiegt, um die Geborgenheit zu finden, die ihr in den vergangenen Monaten so sehr gefehlt hatte. In seinen Armen würde sie die kummervolle Zeit ohne ihn schnell vergessen.

Doch so einfach war das nicht. Raphael hatte sie belogen!

„Ich bin nicht mehr verlobt“, sagte er, als rechtfertigte das alles. „Wir können also da anknüpfen, wo wir aufgehört haben, Bailey.“

„Du meinst, du tauchst hier ab und zu auf, schläfst mit mir und verschwindest wieder?“

„Bailey!“ Beleidigt verzog er das Gesicht.

Zu gern wäre sie mit den Fäusten auf ihn losgegangen.

„An mich werden gewisse Erwartungen gestellt und …“

„Das sehe ich.“ Wütend hielt sie ihm die Zeitschrift vor die Nase. „Wann wolltest du mir eigentlich die Wahrheit sagen, Raphael? Für mich warst du der Märchenprinz. Nun muss ich aus dieser Zeitschrift hier erfahren, dass du tatsächlich ein Prinz bist. Mir hast du dich als Pharmavertreter vorgestellt.“

„Nein, so war das nicht. Du hast mich dafür gehalten, Bailey. Erinnerst du dich?“

„Ich …“ Natürlich erinnerte sie sich! An jede winzige Einzelheit ihrer ersten Begegnung mit Raphael erinnerte sie sich …

Ihre Blicke waren ineinander versunken. Die Erde hatte aufgehört, sich zu drehen. In dem heruntergekommenen Lokal, in dem sie gearbeitet hatte, war er völlig fehl am Platz gewesen. Die Kellnerinnen dort trugen tief ausgeschnittene Tops und knappe Shorts, glitzernde Strumpfhosen und High Heels. Raphaels Flugzeug musste wegen des Wetters am Boden bleiben. Er hatte geschäftlich in der Stadt zu tun gehabt und war eher zufällig in dem Lokal gelandet. Bailey hatte sich sehr angeregt mit ihm unterhalten. Und war dann mit ihm in sein Hotel gegangen. Außer einigen Küssen war nichts passiert. Doch Bailey hatte sofort Feuer gefangen. Sie hatte nicht geahnt, dass sich wahre Leidenschaft so anfühlen konnte! Im einen Augenblick hatten sie noch miteinander geredet, im nächsten hatte Raphael sie schon zum Bett gedrängt.

„Ich bin noch Jungfrau, Raphael.“ Sie schaute ihn leicht erschrocken an.

„Das musst du nicht sagen. Aber wenn du mir die errötende Jungfrau vorspielen willst, werde ich dich nicht davon abhalten.“

„Ich spiele dir nichts vor. Für mich ist das alles neu. Ich habe noch nie mit einem Mann geschlafen, Raphael.“

Er richtete sich wieder auf. „Noch nie?“, fragte er ungläubig.

„Nein, noch nie. Aber ich mag dich. Wenn deine Maschine morgen immer noch nicht starten kann, dann können wir vielleicht …“

„Du willst warten, aber vielleicht nur bis morgen?“ Raphael versuchte Baileys Reaktion zu verstehen.

„Vielleicht.“ Unsicher senkte sie den Blick.

„Gut, dann warten wir.“ Er gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange, schenkte sich und Bailey ein Glas Wasser ein und setzte dann die Unterhaltung mit ihr fort.

Lange ließ sie ihn dann nicht mehr warten. Am zweiten gemeinsamen Abend wurde Raphael ihr erster Liebhaber. Wäre es nach ihr gegangen, wäre er auch der einzige geblieben.

Doch dann hatte sich ihr traumhafter Märchenprinz plötzlich in einen Frosch verwandelt. Und jetzt stellte sich heraus, dass der Frosch ein echter Prinz war! Es war völlig verrückt!

„Natürlich erinnere ich mich“, antwortete Bailey nun schnippisch.

„Dann weißt du auch noch, dass du mich ausgelacht hast. ‚Du bist aber kein Pharmavertreter, oder?‘, hast du gefragt. Ich habe darauf keine Antwort gegeben. Du hast dir vieles zusammengedichtet, was mich betrifft, Bailey.“

„Ach, und nun bildest du dir ein, ich wäre noch so hin und weg von dir, dass ich dich mit offenen Armen wieder empfange, sozusagen als deine Flamme in Colorado? Verrätst du mir, wo deine anderen Gespielinnen wohnen?“

„Du bist keine Gespielin für mich, Bailey.“ Energisch stritt Raphael diesen Vorwurf ab.

„Du hast mich aber so behandelt. Und du tust es noch immer. Hinaus mit Ihnen, Majestät. Aber ein bisschen plötzlich!“ Wütend zeigte sie auf die Tür.

„Ich lasse mich nicht herumkommandieren. Okay, ich habe dich nicht über alles aufgeklärt, aber jetzt weißt du ja Bescheid über mich. Ich bin ein Prinz und nehme mir, was mir gefällt.“

„Mich nicht!“ Unnachgiebig musterte sie ihn.

Raphael zog sie an sich. „Das ist nicht dein Ernst.“

„Doch.“ Sie versuchte, ihn zurückzustoßen. Aber es fühlte sich so gut an in seinen Armen. Fast hätte sie vergessen, dass er ihr Leben zerstört hatte.

Raphael umschlang ihre Taille und drängte Bailey fest an sich. Im nächsten Moment malte sich Verblüffung auf seinem Gesicht.

Entsetzt machte Bailey sich los und zog den Mantel schützend um sich. „Fass mich nicht an!“ Raphael sollte nicht wissen, dass sie schwanger war. Sie hatte sich schon mit der Rolle als alleinerziehende Mutter abgefunden, denn Raphael hatte ja gestanden, dass er eine andere Frau heiraten würde. Die SMS, die Bailey ihm geschickt hatte, als sie die Schwangerschaft festgestellt hatte, war nie beantwortet worden. Sie hatte um Hilfe gebeten, doch Raphael hatte nicht reagiert. Aber nun stand er vor ihr.

Ihre eigene Mutter hatte nie genug Geld für sich und Bailey gehabt. Es war immer ein harter Kampf gewesen, sie beide zu ernähren, denn Baileys Vater hatte sich aus dem Staub gemacht, als er von der Schwangerschaft erfahren hatte. Raphael war aber hier. Außerdem war er ein Prinz und hatte sicher genug Geld, Unterhalt für sein Kind zu bezahlen.

Entschlossen hielt Bailey seinen Blick fest. „Ich denke nicht daran, wieder deine Geliebte zu sein, Raphael.“ Langsam ließ sie den Mantel von den Schultern gleiten und strich sich über den leicht gewölbten Bauch. „Aber du bist der Vater meines Kindes, ob dir das passt oder nicht.“

2. KAPITEL

Prinz Raphael de Santis verschlug es nur selten die Sprache. In seinem bisherigen Leben war er im Grunde nie zurückgewiesen worden. Doch in dieser Woche hatte er nun schon die zweite Abfuhr erhalten.

Ein weniger selbstbewusster Mann wäre zutiefst verletzt gewesen. Ein Herrscher, dem ein ganzes – wenn auch kleines – Land zu Füßen lag, steckte das leichter weg.

Von klein auf war Raphael von anderen Menschen verehrt worden. Er war es gewohnt, dass ihm jeder Wunsch von den Augen abgelesen wurde. Diese kleine Kellnerin dachte jedoch gar nicht daran. Stattdessen hatte sie eine Überraschung für ihn, mit der er ganz und gar nicht gerechnet hatte.

„Bist du sicher, dass ich der Vater bin?“, erkundigte er sich schließlich. Die Frage würde Bailey noch wütender machen, trotzdem musste er sie stellen. Immerhin ging es hier um einen potenziellen Thronfolger, da wollte Raphael lieber ganz sicher sein, ob das Kind tatsächlich von ihm war.

„Wie kannst du es wagen, daran zu zweifeln?“ Zornig funkelte sie ihn an.

„Tut mir leid, aber ich muss dich das fragen.“ Raphaels Gedanken überschlugen sich. Sollte Bailey tatsächlich ein Kind von ihm erwarten, dann änderte das alles.

Sie war eine Abwechslung gewesen. Eine Zufallsbekanntschaft, aus der aber schon bald mehr geworden war. Er hatte Spaß an der Geschichte gehabt, die Bailey sich über ihn zusammenfantasiert hatte. Dass sie ihn für einen Geschäftsmann hielt, der alle paar Monate in Vail zu tun hatte und seine Freizeit dort mit ihr verbrachte.

Sie hatte keine Ahnung von seiner wahren Identität gehabt. Allerdings hatte Raphael auch immer großen Wert darauf gelegt, seine Privatsphäre zu schützen und nicht ständig in den Klatschspalten aufzutauchen. Das schuldete er seinem Land. Ausgerechnet jetzt hatte Allegra die Verlobung mit ihm gelöst und damit für einen Skandal gesorgt, der natürlich Schlagzeilen machte.

Vor drei Monaten hatte er die Beziehung zu Bailey beendet, weil der Hochzeitstermin mit seiner langjährigen Verlobten immer näher rückte. Raphael hatte Allegra nie berührt – und er war auch nicht verliebt in sie. Außer einem gelegentlichen Begrüßungskuss auf die Wange hatte es keine Zärtlichkeiten zwischen ihnen gegeben. Doch Raphael hatte stets vorgehabt, ein guter Ehemann zu sein. Treu. Oder zumindest diskret, je nachdem, zu welchem Arrangement sie sich entschließen würden.

Als Allegra dann vor einer Woche die Verlobung gelöst hatte, war für Raphael sofort klar gewesen, dass er die Beziehung zu Bailey wieder aufnehmen würde. Nun stand er jedoch vor einem Scherbenhaufen. Eine Hochzeit in Kreisen des Hochadels abzusagen war nicht ohne. Natürlich stürzte die Presse sich auf so einen Skandal.

Sein verstorbener Vater hatte die Medien verabscheut. Undenkbar, dass sein Name in einem Boulevardblatt erwähnt wurde! Die Familie de Santis war unantastbar. Das war auch Raphael von Kindesbeinen an eingeimpft worden. Auch auf eiserne Haltung hatte sein Vater größten Wert gelegt. Raphael hatte eine sehr strenge Erziehung genossen. Rückblickend erkannte er, wie wichtig diese Tugenden für einen Herrscher waren. Seit dem Tod seiner Eltern lag das Schicksal von Santa Firenze ganz allein in seinen Händen. Auf die Verbindung mit Allegra war er aus Staatsräson eingegangen, denn die Valentis zählten zu den angesehensten Familien Italiens. Eine Liebesheirat wäre es nicht gewesen. Doch Raphael war bereit gewesen, zum Wohl seines Volkes auf seine eigenen Bedürfnisse zu verzichten.

Die Verbindung mit Bailey hingegen brachte dem Land keine politischen Vorteile. Doch diese Frau brachte sein Blut zum Kochen! Wenn er mit ihr zusammen war, wurde er zu einem anderen Menschen. Dann war er nicht mehr der Herrscher über Santa Firenze, sondern nur Raphael. Diese beiden Leben ließen sich nicht miteinander vereinbaren. Bailey war nicht standesgemäß, und sie lenkte ihn ab. Vor solch einer Situation hatte sein Vater ihn schon früh eindringlich gewarnt.

Bailey trug aber offensichtlich auch den Thronfolger der Familie de Santis unter ihrem Herzen. Diese Tatsache durfte nicht ignoriert werden.

„Natürlich ist das Baby von dir, du hochwohlgeborener Hornochse“, zischte Bailey. „Du warst mein erster Mann. Schon vergessen?“

„Es ist fast ein Jahr her, dass wir zum ersten Mal miteinander geschlafen haben. Da kann viel passieren. Ich war ja nicht immer bei dir und habe vor drei Monaten Schluss gemacht. Es ist doch durchaus möglich, dass du dich inzwischen mit einem anderen Mann getröstet hast.“

„Klar, es war die reinste Orgie, seit du mich verlassen hast. Nachdem ich keinen hochadligen Bettgenossen mehr zur Verfügung hatte, hab ich mich eben auf die Normalsterblichen gestürzt. Je mehr, desto besser“, stieß sie sarkastisch hervor.

„Hör auf, Bailey! Das ist ordinär und passt nicht zu dir.“

Autor

Maisey Yates
<p>Schon von klein auf wusste Maisey Yates ganz genau, was sie einmal werden wollte: Autorin. <br/>Sobald sie mit einem Stift umgehen und ihre erste Worte zu Papier bringen konnte, wurde sie von der Leidenschaft fürs Schreiben gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen. <br/><br/>Von da an konnte nichts und niemand...
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