Der Ritter und die Lady

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Kaum hat die zarte Lady Mellisynt zum ersten Mal im Leben die Wonnen der Liebe genossen, scheint ihr junges Glück auch schon wieder vorbei: Ihr frisch angetrauter Ehemann Richard d'Edgemoor muss in den Krieg ziehen und lässt sie allein am Hof zurück …


  • Erscheinungstag 01.10.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733760328
  • Seitenanzahl 256
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Im Hornung des Jahres Unseres Herrn 1184

Mellisynt holte tief Luft und schaute den vor ihr stehenden Fremden aus weit geöffneten Augen an. „Ja, ich werde mich mit Euch vermählen, Monsieur d’Edgemoor.“

„Ihr wisst, dass Ihr noch wählen könnt, Madame de Trémont“, erwiderte er ruhig. „Ihr könnt Euch dank Eures Brautschatzes in einem Stift einkaufen und dort ein friedliches Dasein führen.“

„Dessen bin ich mir gewahr.“

Mellisynt sah die blauen Augen des Ritters mit eindringlichem Ausdruck auf sich gerichtet. Richard d’Edgemoor hatte ein markantes, sonnengebräuntes Gesicht, dunkle Brauen und schwarzes, an den Schläfen mit hellgrauen Fäden durchzogenes Haar. Um Augen und Mund hatte er tiefe Falten, und die Nase war offenbar mehr denn einmal gebrochen worden. Sein Äußeres entsprach ganz seinem Ruf als kampferprobter Haudegen.

Er presste die Lippen zusammen und schien zu einem Entschluss zu gelangen, der ihm Unbehagen einflößte.

„So mag es denn sein“, erwiderte er. „Ruft Euren Kapellan und veranlasst, dass der Verspruch innerhalb der nächsten Stunde vollzogen werden kann. Morgen bei Anbruch des Tages reisen wir gen Nantes. Ich möchte, dass Ihr innerhalb der Stadtmauern in Sicherheit seid, bevor ich mich wieder dem Duc de Bretagne anschließe.“

Klopfenden Herzens nickte Mellisynt. Sie wusste genau, dass die Worte des Chevaliers eine andere Bedeutung hatten. Er hatte vor, sie, die wohlhabende Witwe, in die befestigte Stadt zu verbringen, weil er sie nicht in Trémont zu lassen wagte. Er befürchtete wohl, sie könne in seiner Abwesenheit die Verlobung lösen und sich in der Veste verschanzen. Natürlich konnte er nicht ahnen, dass es ihr inständigster Wunsch war, die Burg zu verlassen.

„Wünscht Ihr, Euch in der Kammer meines früheren Gemahls zu erfrischen, Seigneur?“, erkundigte sie sich. „Ich würde mich sogleich, nachdem ich mit Bruder Anselm gesprochen habe, mit Euren Bedürfnissen befassen.“

Richard blickte auf den verschmutzten Waffenrock und die bespritzte Rüstung und schüttelte den Kopf. „Ich danke Euch, Madame, doch das ist nicht nötig. Ich muss mich um die Wehrhaftigkeit der Fron kümmern. Mein Knappe Barthélemy wird mich versorgen.“

Schweigend neigte Mellisynt den Kopf und schaute dem Ritter hinterher, während er durch den Baugensaal stapfte. Einen Moment zeichnete sich seine kräftige Gestalt, die durch den Harnisch noch breiter wirkte, gegen das einfallende trübe Winterlicht ab. Jäh wurde Mellisynt von Zweifeln überkommen. Fröstelnd zog sie den pelzgefütterten Schultermantel vor der Brust zusammen und fragte sich beklommen, was sie getan habe. Der Chevalier strotzte vor Kraft und hatte ein so strenges, abweisend erscheinendes Gesicht. Betroffen überlegte Mellisynt, wie sie hatte einwilligen können, sich an ihn zu binden.

Die um sie herum herrschende Betriebsamkeit lenkte sie vor ihrer aufsteigenden Angst ab. Sie straffte sich, da sie nicht wollte, dass ihre Bediensteten merkten, wie unwohl ihr innerlich war. Sie waren ohnehin schon durch das Eintreffen eines schwer bewaffneten Trosses verstört worden, dessen Anführer im Namen des Herzogs der Bretagne Einlass in die Festung verlangt hatte. Nachdem der Vorreiter verkündet hatte, der Sieur d’Edgemoor begehre, dass man ihm das Haupttor öffne, war die Aufregung der Burgbewohner in nacktes Entsetzen umgeschlagen. Seit es im Sommer zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen war, hatte der Chevalier d’Edgemoor eine schaurige Spur verbrannter Weiler und zerstörter Vesten hinter sich gelassen.

Schon von der Ringmauer her hatte Mellisynt erkannt, wie eindrucksvoll er gewachsen war. Sobald der Hofmeister ihr berichtet hatte, was der Ritter begehrte, war sie bereit gewesen, ihm den Zutritt in die Burg und damit auch in ihr Leben zu gewähren. Ein Mann wie er war gewiss imstande, ihr das Kind zu schenken, nach dem sie sich sehnte, und ihr das Verlassen des Kastells zu ermöglichen. Allein aus diesen beiden Gründen würde sie sich vor Gott mit ihm zusammengeben lassen.

Sie schlang die Arme um den Oberkörper und sagte sich, sie müsse nun den Priester aufsuchen, konnte sich indes nicht dazu überwinden. Sie ließ den Blick durch den von flackernden Fackeln schwach erhellten Saal schweifen und war sicher, dass sie der Veste, in der sie den größten Teil ihres Lebens verbracht hatte, bald den Rücken kehren werde. Diese Aussicht erfüllte sie mit Freude und verdrängte das Gefühl der Beklommenheit. Beschwingten Schritts begab sie sich zum Bethaus.

Sie betrat die Kapelle, sah Pater Anselm vor dem Altar auf und ab schreiten, sichtlich verärgert darüber, dass er vom Gespräch mit dem Sire d’Edgemoor ausgeschlossen gewesen war, und blieb stehen. Tief durchatmend, setzte sie einen Herzschlag später den Weg fort, ging zum Kapellan und verkündete: „Der soeben eingetroffene Chevalier ist tatsächlich Richard d’Edgemoor, Ehrwürdiger Vater.“

Anselm verengte die Augen und erwiderte abfällig: „Der englische Bastard! Der Herzog will Euch mit dem Spross einer gemeinen Hudel vermählen!“

„Ja, Monsieur d’Anjou legt stets großen Wert auf das Wohlbefinden seiner Gefolgsleute“, äußerte Mellisynt süffisant.

Nach dieser boshaften Bemerkung spürte Anselm vor Wut die Hitze ins Gesicht steigen, wie immer, wenn er mit der Burgherrin zu tun hatte. „Hütet Eure Zunge, Madame“, entgegnete er warnend. „Schließlich ist der Duc de Bretagne Euer Lehnsherr und hat somit das Recht, mit Euch zu verfahren, wie es ihm gutdünkt.“

„Gewiss. Das hat er schon einmal getan, als er mich Frodewin de Trémont zum Weib gab.“ Es war ihr nicht gelungen, den Zorn zu verhehlen, auch wenn sie sich darum bemüht hatte.

„Es ist an Euch, Madame, Euch einen anderen Gemahl zu erküren“, sagte Anselm schroff. „Wärt Ihr indes eine fügsame Witwe, würdet Ihr Euch dem letzten Wunsch Eures hingeschiedenen Gatten fügen und Euch in den Euch von ihm bestimmten Konvent zurückziehen. Es wurde bereits alles arrangiert.“

„Nein, ich bin es leid, hinter hohen Mauern eingesperrt zu sein“, entgegnete Mellisynt und schüttelte den Kopf.

„Überlegt es Euch gut, Madame“, ermahnte Anselm sie. „Gehet noch einmal mit Euch zurate! Wie könnt Ihr Euch an diesen Unhold binden wollen?“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte matt in Erwiderung des entrüsteten Blicks des Paters. „Die Erfahrungen, die ich mit meinem Herrn Gemahl gemacht habe, lassen mich nicht allzu viel Gutes erwarten“, sagte sie achselzuckend. „Monsieur d’Edgemoor ist mir so gut wie jeder andere Chevalier. Zumindest wird er imstande sein, mir Kinder zu schenken.“

Anselm näherte sich der Burgherrin und beugte sich zu ihr. „Das ist die göttliche Strafe für Eure Widerspenstigkeit, Madame“, erwiderte er vorwurfsvoll. „Wäret Ihr Eurem verblichenen Gemahl willfähriger gewesen, hättet Ihr sicher von ihm empfangen. Dann wäret Ihr nicht genötigt, Euch einen zweiten Gatten zu nehmen und ihm das Gold und die Ländereien des Verstorbenen, Gott sei seiner Seele gnädig, überlassen zu müssen.“

„Habt Ihr nicht nur Angst, Euer bequemes Dasein könne gefährdet werden, Pater Anselm?“

Sie sah ihn vor Wut die Lippen zusammenpressen und brüsk einen Schritt zurücktreten. Viele Sommer waren ins Land gezogen, seit er das Kloster zu Prémontré verlassen hatte und der Beichtiger des Seigneur de Trémont geworden war. Sie vermutete, dass er in all der Zeit weder sein Armutsgelübde noch den von Seiner Heiligkeit zu Rom erneut verfügten Zölibat gehalten hatte. Mehr denn ein Kind war mittlerweile von Mägden zur Welt gebracht worden, das die hellen blauen Augen des Gottesmannes hatte.

Mellisynt genoss seine Empörung, dachte dann indes an die zahlreichen Stunden, die sie seinetwegen bußfertig auf den Knien vor dem Altar hatte verbringen müssen, und kam zu der Erkenntnis, er sei nicht einmal ihrer Verachtung wert.

„Noch habt Ihr nichts zu befürchten, Ehrwürdiger Vater“, fuhr sie spöttisch fort. „Der Aufbruch erfolgt in der Frühe, und es werden gewiss viele Monde kreisen, ehe der Krieg ein Ende hat. Erst dann wird Monsieur d’Edgemoor seine Aufmerksamkeit auf die hier lebenden Menschen richten und ihnen Vorschriften machen.“

Anselms Züge entspannten sich. Er wirkte erleichtert.

Mellisynt raffte die Röcke und sagte ruhig: „Er verlangt, dass der Verspruch innerhalb der nächsten Stunde feierlich vor Gott bekundet wird.“

„Das schickt sich nicht“, wandte Anselm ein. „Euer verstorbener Gemahl liegt noch nicht lange in geweihter Erde.“

„Alles geschieht nach des Allmächtigen Willen, Hochwürdiger Vater.“

Vor Überraschung verschlug es ihm die Sprache, als er sie die Worte, die er so oft im Munde geführt hatte, wiederholen hörte. Ehe er jedoch etwas erwidern konnte, hatte sie sich abgewandt. Geschwind verließ sie die Kapelle und begab sich wieder in den Wohntrakt.

Dort angekommen, blieb sie im Gewölbe neben einer durch die Zeitläufte dunkler gewordenen Säule stehen und sagte sich, sie werde bald, sehr bald, der Veste entronnen sein. Sie verdrängte den Widerwillen, den der Kapellan ihr stets einflößte, ließ den Hofmeister zu sich rufen und trug ihm auf, vier Knechte in die unter dem Dach gelegene Kammer zu schicken und die Truhen, in denen ihre Aussteuer hergeschafft worden war, zu ihr in ihr Gemach zu bringen.

Dann begab sie sich dorthin und harrte auf das Eintreffen der Kasten. Nachdem vier keuchende Männer die Koffer in die Kemenate gewuchtet und sich zurückgezogen hatten, hockte sie sich neben eine Lade, strich flüchtig über die dicken Eisenbeschläge und suchte dann nach den Schlüsseln, die ihr den Zugang zu den Relikten aus ihrer Jugend verschafften.

Sie hob den Deckel einer Truhe an, und wunderschöne schimmernde Seiden waren zu sehen. „Oh, welche Pracht!“, äußerte Amrosine, ihre ältliche Kammerfrau, hingerissen.

Sacht ließ Mellisynt die Hand über den goldbestickten lichtbraunen Stoff gleiten und bemühte sich, nicht daran zu denken, wie sie dereinst aufgeregt und unruhig darauf gewartet hatte, dass die Mägde ihre Aussteuer einpackten. Dieses Mädchen gab es nicht mehr. Es war, wie die prächtigen Gewänder, nur wenige Wochen nach der Ankunft auf Burg Trémont verschwunden.

Mellisynt nahm eine mit güldenen Kienäpfeln verzierte Tunika heraus und schüttelte sie aus.

„O nein!“, jammerte Amrosine. „Die Motten haben den herrlichen Stoff zerfressen. Die Cotte hat viele Löcher.“

„Ja, leider“, bestätigte Mellisynt und setzte sich seufzend auf die Hacken. Ihre Hochzeitsgewänder schienen ihr Leben zu symbolisieren, da sie, wie die kostbaren Kleider, mehr denn zehn Sommer lang eingeschlossen gewesen war. Behutsam strich sie über die Tunika. Die mit Goldfäden durchzogene Seide fühlte sich kühl und glatt an, und ungeachtet des schlechten Zustandes, in dem sie war, hatte sie den seidigen Glanz nicht verloren. Erfreut darüber, dass der hellbraune Ton nicht verblasst war, schaute sie lächelnd die Kammermagd an und sagte entschlossen: „Mach diesen Kasten auf, Amrosine. Vielleicht finde ich noch das eine oder andere Kleid, das nicht beschädigt ist.“

Nach einer Weile hatte sich herausgestellt, dass mehrere Gewänder noch zu verwenden waren. Mellisynt hoffte, dass sie ihrem neuen Gebieter darin gefallen möge. Natürlich mussten sie zuvor erst mit allem Bedacht in Ordnung gebracht werden. Mellisynt nahm sich vor, sich später zusammen mit Amrosine mit ihnen zu befassen. Mithilfe des Kammerweibes breitete sie die Sachen zum Lüften auf den Bänken im Fenster aus und wurde dabei von einer Magd gestört, die ihr atemlos verkündete, sie werde von Monsieur d’Edgemoor erwartet.

Unwillkürlich lächelte sie und sagte sich nach einem letzten Blick auf die farbenprächtigen Gewänder und pelzgefütterten Schultermäntel, sie werde nun bald der Veste den Rücken kehren, die ihr so lange wie ein Kerker vorgekommen war.

„Und hiermit gelobe ich Euch ewige Treue.“ Richard schaute die neben ihm kniende Burgherrin von Trémont an und schob ihr den Reif mit dem in Gagat und Bergkristalle gefassten, durchsichtig grünen Alexandrit auf den vierten Finger der linken Hand. Das Wangen und Kinn fest umschließende Gebende aus weißem Linnen, unter dem man an Schläfen und Hinterkopf das rötlich schimmernde Haar sah, wurde von einem schmalen Reif geschmückt.

Wie aus weiter Ferne vernahm Richard sein Versprechen, Madame Mellisynt de Trémont als Gemahl zu ehren und zu lieben, freigebig und ihr treu zu sein, und dieses unverdrossen und stets aufs Neue. Der Priester legte ihrer beide Hände zusammen, segnete sie und setzte die Zeremonie fort.

Richard verkniff die Lippen und ließ die Hand seiner Verlobten los. Im Stillen verwünschte er den Kapellan, der eingehend über den heiligen Stand der Ehe und die Pflichten der Brautleute sprach. Der Pfaffe hätte wissen müssen, dass es sich bei dem Verspruch um eine reine Formalität handelte, denn schließlich hatte Monsieur Geoffroir Plantagenet d’Anjou, Duc de Bretagne, selbst die Verfügung zu dieser Verbindung unterzeichnet. Gleich danach war Richard gen Trémont gezogen, um die junge Witwe zu seiner Gemahlin zu machen. Es war ganz und gar unüblich, dass die Einwilligung zur Ehe vor einem Priester bekundet werden musste.

Die Kälte der Steinquader drang Richard durch die Beinkleider und machte ihn frösteln. Wenn er noch länger knien musste, würde die halb verheilte Wunde im linken Knie ihn schmerzen, und dann konnte er von Glück reden, so es ihm gelang, sich aus eigener Kraft aufzurichten.

Er beachtete die salbungsvoll klingende Stimme des Paters nicht mehr und richtete den Blick auf das über dem Altar hängende Gemmenkreuz. Das Licht der Wachsstöcke brach sich in den Amethysten, Chrysolithen und Saphiren, glänzte auf dem Goldblech, den Perlen und dem Filigran. In dem schlichten, nur mit wenigen Fresken und den roten Weihekreuzen geschmückten Bethaus war das leuchtende Kruzifix der erhabene Mittelpunkt, der einzige Gegenstand, der vom Reichtum des einstigen Burgherrn Kunde gab. Frodewin de Trémont hatte die Heilige Mutter Kirche eindeutig nicht an seinem großen Wohlstand teilhaben lassen.

Als Madame de Trémont ihr Gelöbnis ablegte, schaute Richard sie wieder an und wurde sich gewahr, dass er sich soeben an ein Weib gebunden hatte, das ihm bei einem Festmahl wohl nicht aufgefallen wäre. Sie hatte den Kopf geneigt, und Richard versuchte, sich der Farbe ihrer Augen zu erinnern, vermochte es indes nicht. Dieser Umstand trug nicht dazu bei, seine schlechte Stimmung zu heben. Auch von ihrer Gestalt war unter der seitlich geschlitzten, aus einfachem Karmesintuch gefertigten Cotte nicht viel zu erkennen. Offensichtlich war Monsieur de Trémont bei den Ausgaben für sie ebenso sparsam gewesen wie bei der Ausgestaltung seiner persönlichen Umgebung. Und nun würden all die Schätze, die der frühere Burgherr angehäuft hatte, durch seine Witwe ihm, Richard, zufallen.

Sie sei genau das Weib, das er brauche, hatte der Herzog geäußert, da sie eine äußerst begüterte Witwe sei und weder Kinder noch lästige Angehörige habe, die ihr Wittum für sich beanspruchen könnten. Der Kunde nach zu urteilen, die über sie verbreitet worden war, hatte sie ein zurückgezogenes Dasein geführt und den betagten, siechen Gemahl gepflegt. Gewiss, sie stehe nicht mehr in der Blüte der Jugend, sei indes noch nicht zu alt, um gesegneten Leibes zu werden.

Richard hatte heftigen Einspruch dagegen erhoben, sich ein zweites Mal vermählen zu sollen, und Monsieur le Duc darauf hingewiesen, nach den Erfahrungen mit seiner ersten Gattin sei das Erleiden der weißen Pest nichts im Vergleich zur Ehe. Der Herzog hatte sich indes nicht umstimmen lassen. Schließlich hatte er sogar eingeräumt, was Richard bereits seit geraumer Weile vermutete: Er gedenke nicht nur, ihn, den treuen Vasallen, für seine Dienste zu belohnen, sondern wolle auch sicherstellen, dass ein ihm ergebener Lehnsmann Herr auf der wichtigen Grenzveste Trémont sei.

Unbehaglich regte Richard sich auf dem kalten Fußboden und verwünschte den Umstand, dass Madame de Trémont sich nicht für den Aufenthalt in einem Konvent entschieden hatte. Dann wäre ihm der Druck erspart geblieben, sie zur Gemahlin nehmen zu müssen. Doch der Verspruch war geschlossen, und Richard nahm sich vor, das Beste aus der misslichen Lage zu machen. Verstimmt bedachte er den Kapellan mit einem unwirschen Blick, der besagte, der Priester möge endlich zum Abschluss der Zeremonie kommen.

Widerwillig schlug Anselm über die einander Versprochenen das Kreuz und sagte: „Nun gehet hin in Frieden.“

Ob der Pein im Knie biss Richard die Zähne zusammen, stand ungelenk auf und reichte Madame de Trémont die Hand.

Sie legte ihre auf seine und erhob sich. An seiner Seite verließ sie die Kapelle, schritt durch das Gewölbe und betrat den Saal. Ihnen folgte die kleine Schar der Andächtigen, die Zeuge der Zeremonie geworden waren.

„Das Gastmahl ist vorbereitet, mein Gebieter“, wandte Mellisynt sich an ihn. „So Ihr einverstanden seid, möchte ich, dass zur Feier des Tages alle Bewohner der Burg daran teilhaben.“

Sie hatte grüne, von dichten schwarzen Wimpern umgebene Augen, die in ihrem bleichen Gesicht besonders stark zur Geltung kamen. Irgendwie wirkte sie auf Richard älter denn die zweiundzwanzig Lenze, auf die sie, wie man ihm berichtet hatte, bereits zurückblickte.

„Es soll mir recht sein“, beschied er ihr die Bitte und bemühte sich, die ihn ermüdende Erschöpfung nicht ersichtlich werden zu lassen. Er hatte zwei Tage in hartem Gefecht hinter sich und den nachfolgenden anstrengenden Ritt nach Trémont. Die Belastungen hatten ihn ausgelaugt, und er sehnte sich danach, endlich das Lager aufsuchen und schlafen zu können. Dem Rang seiner Verlobten entsprechend musste er ihr jedoch die Möglichkeit geben, die Hochzeit einigermaßen festlich zu begehen.

Er harrte neben ihr aus, als die Bewohner der Burg, die Männer seines Trupps, das Dienstvolk, die Schildknechte und Söldner sich vor ihnen verbeugten und ihnen Gottes Segen wünschten. Ein ergrauter Ritter erwies ihm als einer der letzten die Reverenz. Steif dankte er ihm und schaute den alten Mann, der dem verstorbenen Burgherrn als Seneschall gedient hatte, mit einem Ausdruck an, in dem sich Anerkennung und Wachsamkeit mischten. Er hatte sich zuvor mit ihm über die Verteidigungsanlagen der Veste und die Stärke der vorhandenen Landwehr unterhalten. Das Alter hatte Monsieur Jerome de Trasignies gebeugt, und seine Hände waren so verkrümmt, dass er eine Waffe gewiss nur noch unter großen Schmerzen führen konnte, doch Richard bezweifelte nicht, dass er dennoch imstande war, mit dem Schwert zu kämpfen.

„Seid Ihr sicher, Madame, dass diese Verbindung Euch genehm ist?“, fragte Jerome aus der Gewissheit, dass er sich als ihr langgedienter Burgvogt diese Kühnheit erlauben durfte. „Ich bin nicht mehr der Kräftigste, würde mich indes, so Ihr mich das heißt, gern für Euch mit diesem Hünen schlagen.“

Mellisynt warf Monsieur d’Edgemoor einen unbehaglichen Blick zu, wandte sich an den Seneschall und erwiderte, während sie ihm die Hand auf den Arm legte: „Nein, das wünsche ich nicht, Monsieur Jerome. Es besteht kein Anlass zu einem Zweikampf. Ich habe mein Eheversprechen aus freien Stücken abgelegt.“

„Hm“, äußerte Jerome unüberzeugt.

„Ich habe die Wahrheit gesagt“, fuhr Mellisynt ruhig fort. „Mit dieser Verbindung ist mir gut gedient.“

„Nun, zumindest werdet Ihr wohl bald gut bedient werden“, sagte Jerome anzüglich und musterte die kraftstrotzende Gestalt des neuen Seigneur. „Eure überstürzte Entscheidung wird zumindest ein Ergebnis zeitigen.“

Der Seneschall wandte sich ab und mischte sich unter die Geladenen. Richard bemerkte, dass der Burgherrin die Röte in die Wangen stieg, sie flüchtig die Lippen zusammenpresste und die Augen zu Boden richtete.

„Ich danke Euch, Monsieur“, sagte sie verlegen.

„Wofür, Madame?“

„Dafür, dass Ihr keinen Anstoß an Monsieur de Trasignies’ unpassender Bemerkung genommen habt“, antwortete sie steif. „Er ist seit vielen Sommern mein Beschützer und Vertrauter.“

„Weshalb sollte ich ihm gram sein, nur weil er mir deutlich zu verstehen gab, dass er Euch jede Unbill fernhalten will? So er mir den Treueid ablegt, hat er nichts von mir zu befürchten. Ich habe sogar vor, ihm für die Dauer unserer Abwesenheit die Burghut zu übertragen und ihm einen meiner Gefolgsmänner als Hauptmeister unterzuordnen.“

„Der dann, wiewohl Monsieur Jerome das Amt des Burgvogtes bekleidet, gewiss darauf achten wird, dass Eure Anweisungen ausgeführt werden“, erwiderte Mellisynt trocken.

Richard nickte und fand, dass seine Verlobte vielleicht doch nicht so unbedarft war, wie er bislang angenommen hatte. „Ihr habt recht, Madame“, gab er zu. „Ich habe auch nur gesagt, dass ich keinen Groll gegen ihn hege, weil er Euch vor Schaden bewahren will, indes nicht behauptet, volles Vertrauen zu ihm zu haben.“

„Gleichviel, Monsieur, nehmt meinen Dank“, murmelte Mellisynt.

„Ihr müsst Euch nicht bedanken“, entgegnete Richard barsch. Die Müdigkeit hatte ihn einen schärferen Ton denn beabsichtigt anschlagen lassen. „Ich erkenne mit einem Blick, ob jemand ein guter Recke ist oder nicht.“

Jäh sah er ein zorniges Funkeln in ihren Augen aufflackern. Dann trübte sich ihr Blick, und die dunklere Farbe erinnerte ihn an einen Forst bei Anbruch der Abenddämmerung. Unvermittelt war ihrem bleichen Gesicht etwas Ausdrucksvolles verliehen worden, sodass es beinahe hübsch gewirkt hatte. Prüfend schaute Richard sie einen Moment lang an und widmete sich dann dem Priester, der sich zu ihm und Madame de Trémont gesellt hatte.

Rasch entschuldigte sie sich mit dem Vorwand, sich um die Beköstigung der Anwesenden kümmern zu müssen, und mischte sich unter die Leute.

„Auf ein langes Leben, Monsieur d’Edgemoor“, sagte Anselm, hob den Becher und trank einen Schluck Würzwein auf das Wohlergehen des Burgherrn. „Wie ich hörte, seid Ihr gesinnt, Trémont unverzüglich zu verlassen.“

„In der Tat“, bestätigte Richard kühl. Noch schmerzte ihn das linke Knie, weil er es im Bethaus so lange hatte beugen müssen. Zudem mochte er den Pfaffen nicht, der seiner Ansicht nach mehr Gefallen am Wein und der Prasserei fand denn an der Aufgabe, für das Seelenheil seiner Schäfchen zu sorgen.

„So Ihr es noch nicht wisst, Chevalier, hatte der frühere Herr … möge der Allmächtige ihn die Herrlichkeit des Himmels schauen lassen … mich seit Langem mit den Registern der Einkünfte und Ausgaben seiner Domäne betraut. Mit Verlaub, ich bin bereit, Euch denselben Dienst zu leisten.“

„Das ist Aufgabe des Kammermeisters“, entgegnete Richard frostig.

Vertraulich beugte Anselm sich zu ihm und äußerte in gedämpftem Ton: „Messire Frodewin hatte das Vertrauen in Richold de Burnes verloren. Und nicht nur in ihn, sondern auch in Jerome de Trasignies. Letzteren hatte er sogar des Dienstes entheben wollen, da er ihm zu eigenmächtig geworden war.“ Anselm warf einen vielsagenden Blick auf den Senemarschall, der sich mit der Burgherrin unterhielt.

Richard betrachtete die beiden ein Weilchen, wandte sich dann wieder dem Pater zu und erwiderte eisig: „Ich habe vom Burgvogt den Eindruck gewonnen, dass er ein ehrbarer Mann ist.“

„Wie wahr!“, sagte Anselm hastig und fühlte sich erblassen. „Das ist er! Nun, ihm ist es nicht anzulasten, dass er in Misskredit geriet. Viele Männer werden schwach, wenn eine Tochter Evas sie mit einladendem Lächeln und verführerischem Blick verlockt.“

Bedächtig stellte Richard den Becher auf der Credenz ab und fragte drohend: „Habt Ihr damit andeuten wollen, Pater Anselm, dass Madame de Trémont den Kastellan ermutigt hat, sich und ihm Schande zu machen?“

Erschrocken wich Anselm einen Schritt zur Seite und antwortete bestürzt: „Fürwahr nicht, Sieur! Jedenfalls hat sie ihn nicht mehr ermuntert denn die anderen Männer, die Messire Frodewin aus der Veste vertrieb. Es ist ihr nicht gegeben, anders zu sein.“ Verstört zog er sich vor dem Burgherrn zurück, der sich ihm mit Unheil verkündender Miene näherte.

„Ihr sprecht von meiner Verlobten, Pfaffe! Ich will keine Verleumdungen mehr gegen sie hören. So sie sich schuldig gemacht hat, muss sie Euch das in der Beichte gestehen, und Euch verpflichtet das Beichtgeheimnis zum Schweigen.“

Verärgert schaute Richard dem sich eilends entfernenden Priester hinterher und verspürte unversehens einen schalen Geschmack im Mund. Erinnerungen an andere, gleichermaßen scheinheilige Mönche überkamen ihn, die seine Mutter eines gottlosen Lebenswandels geziehen hatten. Ergrimmt griff er nach dem Pokal und leerte ihn bis zur Neige. Im Knie plagte ihn ein stetiger Schmerz; er war übermüdet und am Rande der Geduld.

Von der anderen Seite des Saales warf Mellisynt ihm einen unsicheren Blick zu und bahnte sich dann einen Weg durch die emsig umhereilenden Dienstboten, sich verlustierenden Zecher und in der Streu schnüffelnden Hunde.

Mit dem weißen Gebende, gekleidet in die schlichte Cotte und die einfache Tunika wirkte sie wie eine Klosterfrau. Weder ihr Aussehen noch ihr Gebaren ließen darauf schließen, dass sie das lüsterne Frauenzimmer war, als das der Kapellan sie hingestellt hatte. Hätte Richard nicht das flüchtige Aufflackern in ihren grünen Augen bemerkt, wäre er überzeugt gewesen, dass sie keines Mannes Gefallen finden würde, und seins gewiss nicht. Nun jedoch schaute er sie mit anderen Augen an und sah in ihr zum ersten Mal das Weib, nicht nur die blässliche Witwe.

„Ich ersuche Euch, Monsieur, mich zurückziehen zu dürfen. Da Ihr im Morgengrauen abzureisen gedenkt, muss ich noch das Packen beaufsichtigen.“

„Die Bitte ist Euch gewährt“, erwiderte er und ließ den Blick über ihre ausdruckslose Miene schweifen. „Ich wünsche Euch erholsamen Schlaf“, setzte er hinzu, ergriff ihre sich weich und warm anfühlende Hand und hob sie zum Kuss an die Lippen. Ein leichter Duft von Kalaminthe wehte ihm entgegen, und unwillkürlich kam ihm in den Sinn, ihr Gemahl, dieser Geizhals, habe sie gut erzogen, da sie dessen Barschaft nicht auf kostspielige Rosenwässerchen vergeudete.

Er schaute ihr hinterher, als sie den Saal verließ, und überlegte verwundert, warum die Erkenntnis, dass sie sparsam war, ihn nicht zufrieden stimmte.

2. KAPITEL

Noch vor dem ersten Hahnenschrei erhob Mellisynt sich vom Lager, weckte die an der anderen Seite des Raumes schlafende Kammerfrau und machte geschwind Morgentoilette. Dann ließ sie sich von Amrosine für die Reise kleiden und begab sich eilends zum inneren Hof. Auf der Treppe blieb sie stehen, blinzelte gegen das Morgenlicht an und sah Messire Edgemoor auf sich zukommen. Heilige Jungfrau! Er hatte wirklich eine imposante Statur! Mit festen Schritten kam er auf sie zu, und das Gewicht seiner Rüstung schien ihm nicht das Mindeste auszumachen. Über dem Kettenhemd trug er einen fehbesetzten azurnen Waffenrock, der auf der Brust mit einem die Pranken hebenden schwarzen Bären bestickt war. Der Schein der sich über den Horizont erhebenden Sonne fiel auf sein vom Wind zerzaustes schwarzes Haar und überzog es mit güldenem Schimmer.

„Ich entbiete Euch einen guten Tag, Madame“, begrüßte er sie, sobald sie die zum Palas führende Treppe heruntergekommen war, neigte sich vor und hob ihre Hand zum Kuss an die Lippen.

„Habt Ihr das Frühmahl schon eingenommen?“, erkundigte sie sich, leicht verwirrt ob der Berührung seines warmen Mundes.

„Ja, ehe der Tag bläute“, antwortete er. „Ich wollte noch mit Messire Jerome einen Rundgang machen und die Wehrhaftigkeit der verbleibenden Burgmannen prüfen. Wir können aufbrechen, sobald Ihr dazu bereit seid.“

„Ich bin reisefähig“, erwiderte Mellisynt klopfenden Herzens und wandte sich den zum Abschied versammelten Menschen zu, die so lange ihre einzigen Gefährten gewesen waren. Das Kammerweib, das zu alt war, um Mellisynt auf dem Ritt zu begleiten, fiel weinend vor ihr auf die Knie. Sie beugte sich zu Amrosine, half ihr auf und schloss sie in die Arme. Lange Zeit hindurch hatte sie sich gewünscht, Trémont den Rücken kehren zu können, doch nun überraschte es sie, wie schwer es ihr fiel, von den ihr vertrauten Menschen Abschied nehmen zu müssen. Sie herzte die Kammerfrau ein letztes Mal, sagte ihren bisherigen Untergebenen Lebewohl und wandte sich dann schließlich lächelnd an den Kapellan: „Möge der Allmächtige Euch vor Schaden bewahren, Pater Anselm.“

„Und möge Er Seine schützenden Hände über Euch halten“, erwiderte er. „Denkt stets an das, was ich Euch gelehrt habe.“

Der Klang seiner Stimme hatte jeder Herzlichkeit entbehrt. „Wie könnte ich Eure Ermahnungen je vergessen?“, äußerte sie und schaute ihn unschuldsvoll an. „Ihr seid doch sehr streng mit mir verfahren.“

Verstimmt errötete er, furchte die Stirn und verbeugte sich knapp.

„Wir müssen uns sputen, Madame!“, warf Richard ungehalten ein.

Widerstrebend erfüllte Anselm die ihm noch verbleibende Pflicht. Unwillig legte er der Burgherrin die Hände auf den gesenkten Kopf, bat den Allmächtigen um Schutz für eine sichere Reise des Seigneur und seiner zukünftigen Gemahlin und erflehte dann Seine Huld, auf dass ihr Schoß in dieser Ehe fruchtbar sein möge.

Im Stillen schickte sie ein Stoßgebet zum Schöpfer, Er möge ihren Leib segnen, straffte sich und ließ sich von Messire Edgemoor zu ihrem von einem Knecht gehaltenen Pferd geleiten. Es war hoffentlich nicht so wild, wie es den Anschein erweckte. Sein Blick wirkte bösartig, doch das allein war kein Anlass, sich vor dem Zelter zu ängstigen.

Der Mann hatte Mühe, ihn an den Aufstiegstein zu führen, wiewohl er ihn zerrte und beschimpfte. Offensichtlich war das Tier ebenso abgeneigt, sich reiten zu lassen, wie es Mellisynt davor grauste, auf ihm zu sitzen. Jäh fühlte sie die Hände feucht werden und wischte sie hastig am Schultermantel ab.

„Hilf der Herrin!“, befahl Richard einem Pagen.

Sie und der Junge zuckten gleichzeitig zusammen. Der braunhaarige Knabe näherte sich ihr, verbeugte sich und hielt ihr, sie erwartungsvoll anschauend, die Planchette hin. Tief durchatmend, stellte sie sich auf den zwei Fuß hohen Aufstiegstein, setzte den rechten Fuß auf die hölzerne Stütze und zog ihn verstört zurück, weil der Zelter unvermittelt zur Seite tänzelte.

Stirnrunzelnd ging Richard zur anderen Seite des schnaubenden Rosses und drückte es mit der Schulter wieder zum Aufstiegstein.

Erneut hielt der Page Mellisynt die Planchette hin. Diesmal gelang es ihr, mit den Füßen sicheren Halt auf der Stütze zu finden, die Hürde zu ergreifen und sich in den Seitensattel zu setzen.

Unwirsch schaute Richard sie an.

Sein Gesicht hatte einen gequälten Ausdruck, und die Übernächtigung war ihm deutlich anzusehen. Mellisynt lächelte verlegen.

Er schüttelte den Kopf, wandte sich ab und ging zu seinem Ross. Unterstützt von seinem Knappen, schwang er sich mit einer Leichtigkeit, die in starkem Widerspruch zu seiner kräftigen Gestalt und der schweren Rüstung stand, in den Sattel.

Auf sein Zeichen hin setzte der Tross sich in Bewegung. Mellisynt schaute nicht zurück, als der Knecht ihren Schimmel in den äußeren Vorhof führte. Selbst wenn es ihre Absicht gewesen wäre, einen letzten Blick auf den Palas und die davor ausharrenden Menschen zu werfen, hätte sie sich nicht getraut, da sie die volle Aufmerksamkeit auf den unruhigen Wallach richten musste. Sie klammerte die Hände fest um den vorderen Sattelbogen und machte sich auf den steilen Abstieg von der Veste gefasst.

Von den Hufen losgetretenes Geröll kullerte den Weg hinunter oder verschwand zur Rechten in dem Abgrund, auf dessen Sohle der Fluss dahinrauschte. Einmal geriet der Zelter gefährlich nahe an den Rand, und fluchend drängte der Knecht ihn auf den Pfad zurück.

Richard hatte es bemerkt und rief erbost Madame de Trémont zu: „Weib! Könnt Ihr Euer Ross nicht beherrschen?“

„Nein“, antwortete sie verschreckt.

„Zum Teufel, wie habt Ihr Euch dann zum Markt in die Stadt begeben, wenn Ihr nicht reiten könnt? Habt Ihr Euch gar in einer Sänfte hintragen oder auf einem Handwagen befördern lassen?“

„Ich war nie dort“, gestand sie und starrte verängstigt in die sich rechts von ihr auftuende Kluft. Sie hörte Monsieur d’Edgemoor verächtlich schnauben, war indes zu abgelenkt, um etwas erwidern zu wollen.

Nach einem Weilchen wurde der Weg breiter, sodass sie nicht mehr so von Schrecken erfüllt auf den Rand des steil abfallenden Abhanges blicken musste und sich entspannen konnte. Soweit das Auge reichte, sah man die sanft gewellte, winterlich kahle Flur, durchzogen vom schimmernden Band der Vilaine. Nachdem der Tross eine Biegung durchzogen hatte und der Weg auf flacherem Gelände verlief, bedauerte Mellisynt, dass sie nicht mehr den Blick auf die endlose Weite genießen konnte.

Kaum hatte man die aus Lehm, Holz und behauenen Kalksteinen bestehenden Gebäude der Niederburg hinter sich, beschleunigte Richard die Marschgeschwindigkeit.

Jäh verfiel der Schimmel in mittleren Trab, sodass Mellisynt von einem Augenblick zum anderen durchgerüttelt wurde. Verbissen hielt sie sich fest und bemühte sich, die Schwankungen des Seitsitzes auszugleichen. Da ihr das nicht gelang, sagte sie sich, die Unbequemlichkeit sei ein geringer Preis dafür, dass sie sich in Freiheit befand.

Nach geraumer Zeit verlor sie das Interesse daran, sich die Umgebung zu betrachten. Durch das lange Sitzen hatte sie sich wund gescheuert. Unbehaglich rutschte sie hin und her und versuchte, sich Erleichterung zu verschaffen. Unvermittelt warf der Verlobte ihr stirnrunzelnd einen Blick über die Schulter zu, der sie veranlasste, sich straff und aufrecht zu halten.

„Habt Ihr Schwierigkeiten, Madame?“, erkundigte Richard sich in scharfem Ton.

Ihr lag auf der Zunge, ihm zu gestehen, dass sie sich keineswegs wohlfühlte, doch sie fand es ratsamer, zu einer Notlüge Zuflucht zu nehmen. „Nein, Monsieur“, antwortete sie leichthin.

„Wir gelangen bald an ein Wasser. Dort könnt Ihr Euch etwas ausruhen und erfrischen.“

Sie war froh über diese Aussicht, wenngleich es ihr davor grauste, dass sie, hatte sie den Sattel erst verlassen, nicht mehr hinaufkommen würde.

Eine Weile später gebot Richard dem Tross auf einer Aue, durch die ein am Ufer vereister Bach floss, Einhalt und befahl, zu beiden Seiten der Lichtung Wachen aufzustellen. Dann warf er einem Lanzenträger die Zügel zu, ließ sich von seinem Knappen Barthélemy aus dem Sattel helfen und stapfte zu Madame de Trémont.

„Ich rate Euch, die Glieder zu dehnen. Und so Ihr Euch erleichtern müsst, habt Ihr jetzt im Unterholz Gelegenheit dazu. Wir haben noch einen langen Ritt vor uns.“ Er streckte die Hände aus und half ihr vom Seitsitz herunter.

Sie wollte ihm danken, schrie jedoch erschrocken auf, da die Knie plötzlich unter ihr nachgaben. Hastig hielt sie sich an ihrem Verlobten fest, um nicht hinzufallen. Mühelos hob er sie auf die Arme, und sie spürte die Platten der Rüstung hart an ihrem Rücken.

Schweigend trug Richard sie zu dem Bach und setzte sie auf einem halb vermoderten, von Raureif überzogenen Baumstamm ab, der am Rande des Wasserlaufes lag.

„Es tut mir leid, dass ich Euch Mühe gemacht habe“, murmelte sie verlegen.

Er winkte den Knappen herbei und hieß ihn, Wasser für Madame de Trémont zu schöpfen. „Ich habe einen Fehler begangen“, erwiderte er schroff. „Ich hätte Euch fragen sollen, ob Ihr reiten könnt, und dann die dementsprechenden Vorkehrungen treffen müssen.“

Barthélemy reichte dem Seigneur den gefüllten Holzbecher und verbeugte sich.

Richard hielt ihr das Trinkgefäß hin und betrachtete sie einen Moment lang, als sie bedächtig den Durst löschte. „Ich bedauere, dass ich so gedankenlos war“, fuhr er dann fort. „Die einzige Erklärung dafür ist, dass ich zu lange nur in Begleitung von Kriegsvolk war und vergessen habe, Rücksicht auf die Bedürfnisse eines Weibes zu nehmen. Ruht Euch ein Weilchen aus.“

Langsam trank sie das eiskalte Wasser und beschloss, den Rat zu befolgen. Nicht nur die Erschöpfung veranlasste sie dazu, sondern auch die überraschende Erkenntnis, dass der Sire d’Edgemoor, der sich bisher so bestimmend aufgeführt hatte, ihr plötzlich Verständnis und Wohlwollen bekundete. Verdutzt schaute sie ihn an. Hochgewachsen und von imposanter Gestalt, sah er in seiner Rüstung wie einer der Giganten aus, von denen Mellisynt in der Kindheit aus alten Sagen erfahren hatte. Auch wenn sie überall in der Bretagne gesucht hätte, wäre es ihr nicht möglich gewesen, einen Chevalier zu finden, der sich krasser von ihrem ersten, spindeldürren und altersschwachen Gemahl unterschied. Der Gedanke verursachte ihr ein eigentümliches Prickeln, und verwirrt überlegte sie, ob er der Angst vor dem robusten Ritter oder der Freude darüber entsprang, dass er bald ihr Gatte sein werde.

„Kommt, ich begleite Euch in das Unterholz“, sagte er und hielt ihr die Hand hin.

„Nein, Monsieur, das ist nicht erforderlich!“, entgegnete sie bestürzt und ließ sich von ihm aufhelfen.

„Falsche Scham ist zwischen uns nicht angebracht, Madame“, erwiderte er barsch.

„Noch sind wir einander nicht angetraut“, sagte sie hartnäckig. „Ich ersuche Euch, mich allein gehen zu lassen.“ Entschlossen hielt sie in stummem Kräftemessen dem Blick des Sieur stand.

Er näherte sich ihr einen Schritt und hielt jäh inne, da hinter ihm ein Warnruf zu hören war. Nur einen Herzschlag später vernahm er den Befehl, nicht zu den Waffen zu greifen und sich zu ergeben, da die Aue umzingelt sei. Hastig griff er nach dem Schwert, drehte sich rasch um und zog vom Leder.

Er hatte eine solche Behendigkeit bewiesen, dass Mellisynt überrascht zurückwich und sich, da ihr die Beine den Dienst zu versagen drohten, nur mit größter Willenskraft aufrecht halten konnte.

Parbleu!“, fluchte er, wandte sich halb zu ihr um, ergriff sie bei der Hand und zerrte sie hinter sich.

Am entfernten Ende der Lichtung erschienen aus dem Gehölz mehrere Fußsoldaten, die Armbrüste schussbereit gespannt, und ein Reiter. Das Licht der Morgensonne schimmerte auf seinem mit einem silbernen Schwan auf goldenem Grund verzierten Helm, dem Schild und dem moosgrünen Waffenrock, die mit demselben Wappen geschmückt waren.

„Ich habe nichts Arges im Sinn“, verkündete Roger. „Überlasst mir die Dame. Dann könnt Ihr unbehelligt von dannen ziehen.“

Ihr schlug das Herz bis zum Hals, und unwillkürlich krampfte sie die Finger um den Eisenhandschuh des Verlobten. Unvermittelt vernahm sie hinter sich das Scheppern von Rüstungen und drehte hastig den Kopf um. Noch mehr feindliches Fußvolk, die Waffen zum Angriff gezogen, scharte sich um den Anführer.

„Ich strecke vor niemandem die Waffen“, entgegnete Richard selbstbewusst.

„Dann werde ich mir Madame mit Gewalt holen“, erwiderte Roger kalt.

Beklommen schaute sie Messire Edgemoor an. Er hatte die Augen verengt, die Lippen zusammengepresst und lächelte verächtlich.

„Sie gehört mir“, sagte er fest. „Und was mein ist, bewahre ich mir.“

„Ihr werdet weder sie noch die Veste Trémont lange Euer eigen nennen“, rief Roger ihm zu. „Seine königliche Hoheit, Prinz Richard, Duc de l’Aquitaine und Comte du Poitou, hat mich beauftragt, mich in seinem Namen ihrer und ihres Wittums zu bemächtigen.“

Richard winkte den Knappen zu sich und trug ihm auf: „Geleite Madame de Trémont zu den Pferden, damit sie außer Gefahr ist, und gib gut auf sie acht.“

Barthélemy verbeugte sich und brachte die Herrin in Sicherheit.

In ihre Angst mischte sich mehr und mehr Verärgerung darüber, dass sie wie ein Spielball behandelt wurde. Betroffen blieb sie stehen und wandte sich dem Verlobten zu, um mitzuerleben, wie man über ihr weiteres Los entschied.

Roger trat dem Zelter in die Weichen, ritt weiter auf die Aue und hielt kurz vor dem Bach an. Herausfordernd blickte er Monsieur d’Edgemoor an und äußerte warnend: „Meine Söldner haben die Lichtung umstellt. Wir sind Euch an Zahl weit überlegen, Sieur. Überlasst Madame unverzüglich mir, und zieht dann Eures Weges.“

„Sie ist mir versprochen, Monsieur de Beauchamps“, erwiderte Richard gelassen. „Um mir zu entreißen, was vor Gott und der Welt mein Eigen ist, bedarf es nicht nur einer armseligen Schar von Schwächlingen.“

Irritiert sah Roger ihn an und sagte verdutzt: „Parbleu! Ihr habt wahrlich keine Zeit vergeudet, Messire Richard.“

„Und Ihr habt zu lange gesäumt, Monsieur! Indes konntet Ihr Euch nie beizeiten von einem Frauenzimmer trennen.“

„Dem mag so sein“, erwiderte Roger mit boshaftem Lächeln. „Wohlan, so bleibt mir denn nur die Möglichkeit, Madame bald zur Witwe zu machen, damit sie sich erneut vermählen kann.“

„Das mögt Ihr getrost versuchen, Monsieur de Beauchamps. Was wählt Ihr, das Schwert oder die Lanze?“

Mellisynt stockte der Atem, als der Sieur de Beauchamps grinsend die Waffe aus der Scheide zog, hochhielt und sich spöttisch verneigte. Entsetzt schaute sie zu ihrem Verlobten hinüber. Er stand hochaufgerichtet da, und das Sonnenlicht gleißte auf seiner Rüstung. Von einem seiner Männer ließ er sich den Schild reichen. Zu ihrem Erstaunen umspielte ein belustigtes Lächeln seinen Mund. Er erweckte den Eindruck, als bereite er sich auf ein Turnier und nicht auf einen Kampf um Leben oder Tod vor.

Besorgt richtete sie den Blick auf Monsieur de Beauchamps, der mithilfe seines Knappen absaß und sich, ebenfalls amüsiert grinsend, zur Mitte der Wiese begab. Es war ihr unerklärlich, wie die beiden Chevaliers sich auf die bevorstehende Auseinandersetzung freuen konnten. Sie und ihre Zukunft waren vom Ausgang des Gefechtes betroffen; die Herren benahmen sich indes, als handele es sich nur um ein freundschaftlich ausgetragenes Geplänkel.

Jäh lenkte donnernder Hufschlag sie ab.

Auch Richard hatte den Lärm gehört und sagte abfällig: „Verstärkung, Monsieur? Hab Ihr so wenig Vertrauen in Eure Fähigkeiten, dass Ihr Hilfe benötigt?“

„Die Leute gehören nicht zu mir“, antwortete Roger, furchte die Stirn und hieß seine Männer, sich zum Angriff zu formieren. Die Soldaten knieten sich im Halbkreis vor ihm hin, die Armbrüste im Anschlag, und die anderen stellten sich mit ihren Blankwaffen hinter ihnen auf.

Zu Mellisynts Überraschung vereinten die Söldner ihres Verlobten sich mit ihnen und bildeten eine gemeinsame Abwehr gegen die unerwartete Bedrohung.

„Kommt mit mir, Madame“, forderte Barthélemy sie eindringlich auf. „Begebt Euch zwischen die Packpferde, wo Ihr geschützter seid. Messieurs d’Edgemoor und de Beauchamps haben schon oft Seite an Seite gefochten und werden Euch behüten.“

Sie kam dem Ersuchen nach und war einen Augenblick später von Knechten und Rossen umgeben. Messire Edgemoor und der Sieur de Beauchamps hatten sich auf ihre Pferde helfen lassen und nahmen ihr die Sicht.

Die Geräusche der sich nähernden Kavalkade wurden lauter. Verängstigt krampfte Mellisynt die Hände in den wollenen Schnurmantel und sehnte sich jäh nach der Geborgenheit zurück, die sie in Trémont genossen hatte. Ärgerlich verdrängte sie den Wunsch, da sie seit zehn Sommern der Veste den Rücken hatte kehren wollen und beim ersten Anzeichen von Gefahr keine Furcht zeigen durfte. Tief durchatmend, streckte sie die Finger wieder aus.

Eine kleine Schar Reiter trabte auf die Lichtung, angeführt von einem Mann, auf dessen Waffenrock und Schild die drei goldenen Löwen auf rotem Grund zu sehen waren, die Richard Plantagenet d’Anjou im Wappen führte. Der Vorreiter hielt seinen Rotfuchs an und kündigte Messire Vincent de Bouvron, den Gesandten des Landesherrn, an.

Erleichtert schob Richard das Schwert in die Scheide zurück.

Mellisynt sah Monsieur Roger de Beauchamps es ihm gleichtun.

Vincent brachte den Rappen vor den Chevaliers zum Stehen und sagte laut: „Der König hat verlangt, dass die Feindseligkeiten zwischen seinen Söhnen ein Ende haben. Daher wurden sie von ihm einbestellt, um die Familienstreitigkeiten zu bereinigen. Kuriere wurden in alle Gegenden der Bretagne, Aquitaniens und des Poitou entsandt, um die Einstellung der Kriegshandlungen zu proklamieren.“

Mellisynt gab einen tiefen Seufzer der Erleichterung von sich.

Vincent hielt die Zügel straffer, sah den Sieur de Beauchamps an und fuhr fort: „Der Duc de Bretagne hält sich derzeit in Nantes auf und erteilt Euch den Befehl, Euch umgehend zu ihm zu begeben, damit er, ehe er mit der Abendflut gen England in See sticht, noch Eure Hochzeit bekunden kann. Er befahl mir, Euch das auszurichten, so ich Euch unterwegs begegnen sollte.“

Ein Weilchen schaute Richard nachdenklich den Boten an, richtete den Blick dann auf Monsieur de Beauchamps und sagte: „Nun, dann müssen wir den Zweikampf auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, Sieur.“

„Es soll mir recht sein“, willigte Roger ein. „Als wir unsere Kräfte das letzte Mal in einem Turnier maßen, habt Ihr mich aus dem Sattel gehoben. Die familiären Streitigkeiten der Plantagenets belasten einen jeden von uns. Mir war nicht wohl bei dem Gedanken, dass Ihr und ich eines Tages aneinandergeraten würden, da wir unterschiedlichen Lagern angehören, Ihr als Vasall des Herzogs der Bretagne und ich als Verbündeter des Prinzen Richard.“

„Ich bin froh, dass die Feindseligkeiten zumindest vorläufig beendet sind“, erwiderte Richard ernst. „Gott mit Euch, Monsieur de Beauchamps.“

Grüßend hob Roger die Hand, trat dem Wallach in die Flanken und ritt zu Madame de Trémont. Vor ihr angekommen, hielt er ihn an, verneigte sich und äußerte bedauernd: „Es bekümmert mich, Madame, dass ich nicht rechtzeitig zur Stelle war, um Euch davon abzuhalten, Euch an einen so ungeschlachten, übellaunigen Kämpen wie den Sieur d’Edgemoor zu binden. Vielleicht habe ich Gelegenheit, Euch bei Hofe zu begegnen, sodass ich Euch über Euer Los hinwegtrösten kann.“

Angesichts seines unverhohlen lüsternen Blicks verschlug es Mellisynt die Sprache. Jetzt konnte sie sich erklären, warum der Sieur d’Edgemoor geäußert hatte, der Chevalier könne sich nie beizeiten von einem Frauenzimmer trennen. Das anzügliche Lächeln und der verführerische Ausdruck in den Augen Monsieur de Beauchamps waren ganz dazu angetan, jedem Weib den Kopf zu verdrehen. Mellisynt brauchte einen Moment, um das Befremden zu überwinden, und erwiderte dann kühl: „Ich wünsche Euch eine gefahrlose Reise, Sire.“

Er verneigte sich noch einmal, gab dem Ross die Sporen und preschte mit seiner Gefolgschaft davon.

Mellisynt hatte nicht erwartet, dass der erste Tag, an dem sie sich außerhalb Trémonts wehrhafter Mauern befand, sich derart aufregend gestalten würde. Verwirrt lehnte sie sich an das neben ihr stehende Pferd und bemühte sich um Fassung.

Die Reisigen kehrten zu ihren Pferden zurück, und die Rossknechte überprüften die Schirrungen. Unwirsch die Stirn furchend, begab Richard sich zu seiner Verlobten.

Wieder stand eine steile Falte zwischen seinen Brauen, sodass Mellisynt den Eindruck gewann, es gefalle ihm, stets eine grimmige Miene aufzusetzen. Unwillkürlich überlegte sie, welche Wirkung er erzielen würde, falls er lächelte.

Er nahm sie beim Arm, führte sie von den Pferden fort und erkundigte sich harsch: „Habt Ihr davon gewusst, Madame?“

„Wovon?“, fragte sie verständnislos.

„Von dem Hinterhalt, den Monsieur de Beauchamps uns gestellt hat“, antwortete Richard ungehalten. „Das war ein abgekartetes Spiel, Madame. Er wusste, dass er Euch nicht aus der Veste holen konnte, nachdem ich mich dort aufgehalten und Euren Burgwächtern Verstärkung durch meine Söldner gegeben habe. Folglich lag es nahe, dass er versuchen würde, sich Eurer während unserer Reise zu bemächtigen.“

„Wie kommt Ihr auf den Einfall, Sire, ich könne mit ihm gemeinsame Sache gemacht haben?“, fragte Mellisynt erschüttert.

„Ihr legtet zu großen Wert darauf, Euch allein ins Gehölz zu entfernen, Madame! Habt Ihr gewusst, dass der Sieur de Beauchamps dort Eurer harren würde?“

„Ich sage Euch ein für alle Mal, Messire Edgemoor, dass die Falle, in die wir geraten sind, sich meiner Kenntnis entzog!“, antwortete sie erbost. „Ich habe Euch das Eheversprechen geleistet und stehe zu meinem Gelöbnis.“

Autor

Merline Lovelace
Als Tochter eines Luftwaffenoffiziers wuchs Merline auf verschiedenen Militärbasen in aller Welt auf. Unter anderem lebte sie in Neufundland, in Frankreich und in der Hälfte der fünfzig US-Bundesstaaten. So wurde schon als Kind die Lust zu reisen in ihr geweckt und hält bis heute noch an.
Während ihrer eigenen Militärkarriere diente...
Mehr erfahren