Dich will ich erobern

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Stephanie freut sich zwar, dass sich Danny Sullivan seit ihrer Rückkehr nach Kalifornien so kameradschaftlich um sie kümmert, aber sie sehnt sich nach sinnlicher Leidenschaft, die endlich ihr Verlangen stillt! Entschlossen, Dannys Herz für immer zu erobern, setzt Stephanie alles auf eine Karte …


  • Erscheinungstag 29.08.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733759186
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Zug 62 verließ mit heulender Sirene die Feuerwache und bog in die Hauptstraße von Paseo del Real, Kalifornien, ein.

Direkt hinter dem Fahrer, mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, saß Danny Sullivan. Er ließ seinen Sicherheitsgurt einschnappen und genoss den Adrenalinschub, der durch seine Adern strömte. Dieses Gefühl liebte er. Als Feuerwehrmann lebte er dafür, seine Fähigkeiten in einem Einsatz unter Beweis zu stellen.

„Es könnte heute schlimm werden“, sagte sein Kollege Greg Wells, der neben ihm saß. „Der Alarm kam aus einer Kindertagesstätte.“

„Das habe ich auch gehört.“ Danny seufzte besorgt. Kein schöner Gedanke, dass Kinder in einem Feuer gefangen waren. Sie würden verängstigt, wenn nicht sogar hysterisch sein. Ihre Rettung würde an erster Stelle stehen. „Wollen wir hoffen, dass es eine Sprinkleranlage gibt und sie funktioniert hat.“

Wells nickte. „Und dass es außerdem ein paar süße Kindergärtnerinnen dort gibt.“

Danny lachte leise. Er und Greg wetteiferten darum, wer sich von ihnen zuerst mit einer gut aussehenden Frau verabredete, die sie zufällig aus einem Feuer gerettet hatten. Bisher lagen sie in diesem Rennen Kopf an Kopf. Danny war entschlossen, seinem Kumpel zu beweisen, dass die Iren in puncto Liebesabenteuer jedem Engländer überlegen waren, selbst wenn sie seit drei Generationen in Kalifornien lebten.

Der Löschzug bog in eine Seitenstraße mit tristen Mietshäusern und kleinen Geschäften ein und hielt vor einem einstöckigen Gebäude mit einem Garten voller Spielgeräte. Aus dem hinteren Teil des Hauses stieg grauer Rauch auf. Ein gutes Zeichen. Es deutete darauf hin, dass der Brand nicht völlig außer Kontrolle war. Über dem Eingang hing ein leuchtend buntes Schild mit der Aufschrift Storytime Preschool.

Danny löste seinen Gurt und sprang aus dem Wagen. Er lief zum Heck, um den Schlauch auszurollen.

„Gott sei Dank, dass ihr da seid“, rief eine Frau mit kurzen braunen Haaren, die auf den Eingang des Gebäudes zurannte. „Wir müssen sie da rausholen.“

Das Gesicht erkannte er sofort wieder.

„Stephanie?“ Seit wann war sie wieder in der Stadt?

Mit einem unterdrückten Fluch eilte er hinter ihr her. Es mussten sich noch Kinder im Haus befinden, sonst würde die Tochter eines erfahrenen Feuerwehrmannes nicht in ein brennendes Gebäude laufen. Danny hatte in derselben Straße gewohnt wie Stephanie Gray. Er hatte sie aufwachsen sehen und wusste, wie eigensinnig sie sein konnte, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.

Im Laufschritt folgte er ihr durch die offene Tür. „Stephanie! Wo bist du?“ Die Alarmsirene heulte noch. Allerdings gab es kaum Rauch. Nur der beißende Geruch von verbranntem Holz hing in der Luft. Anscheinend hatte die Sprinkleranlage die Löscharbeit schon erledigt. Von den Kindern war nichts zu sehen. Spielzeug lag im Raum verstreut.

„Hier bin ich!“

Ihre Stimme kam aus dem hinteren Bereich des Hauses. Mit klopfendem Herzen durchquerte er den Raum.

„Oh, die armen kleinen Dinger“, rief sie. „Schnell, schnell!“

Meine Güte, was würde er dort hinten vorfinden? Verletzte Kinder waren das Schlimmste, was ihm bei seiner Arbeit begegnen konnte. Er konnte nur hoffen, dass er noch rechtzeitig kam.

Stephanie drückte ihm einen kleinen Metallkäfig in die Arme. „Arnold muss schnell nach draußen. Ich hole Polly. Wir müssen versuchen, sie zu beatmen.“

„Wie bitte?“ Danny starrte auf den Käfig, in dem ein Hamster reglos auf der Seite in einem Nest aus Sägespänen lag. „Was ist mit den Kindern?“ Er schaute sich suchend um.

„Denen geht es gut.“ Mit dem zweiten Käfig unter dem Arm schob sie ihn aus dem Zimmer. „Sie sind alle draußen an unserem Sammelpunkt.“

„Soll das heißen …“ Hatte sie tatsächlich ihren Kopf und auch seinen für ein Hamsterpärchen riskiert?

Als er das Gebäude verließ, zogen Greg und Jay Tolliver den Schlauch an ihm vorbei. Sie blickten interessiert auf den Käfig.

„Großartige Rettungsaktion, Sullivan“, meinte Greg grinsend.

So großartig, dass er wohl für die nächsten Monate von seinen Kollegen damit aufgezogen werden würde. Jedenfalls so lange, bis jemand anderem auf Wache 6 eine ähnlich heldenhafte Rettung gelang.

„Beeilung.“ Stephanie stellte den Käfig ab und kniete sich auf den Boden. „Die armen Dinger können nicht lange ohne Luft auskommen.“

„Erwartest du im Ernst von mir, dass ich einen Hamster beatme?“

Der Blick, mit dem sie ihn ansah, ließ ihm keine Wahl. Wenn er nicht sofort an die Arbeit ging, würde sie dafür sorgen, dass er in seiner Abteilung geröstet wurde. Immerhin war Stephanie die Tochter seines Chefs. Verdammt, Danny hatte nicht einmal gewusst, dass sie wieder in der Stadt war. Zuletzt hatte sie in San Francisco gelebt. Und nun musste sie ausgerechnet in seiner Schicht mit einem bewusstlosen Hamster auftauchen, den er durch Mund-zu-Mund-Beatmung ins Leben zurückholen sollte.

Fluchend nahm er Arnold aus dem Käfig.

Polly gab ein Geräusch von sich, das sich wie Husten anhörte. Dann schüttelte sich der kleine Nager und begann wieder zu atmen.

Stephanie seufzte erleichtert. Es war schlimm genug, dass die Kerzenherstellung so gründlich schief gegangen war. Aber was hätte sie den Kindern erst sagen sollen, wenn ihre geliebten Streicheltiere an Rauchvergiftung gestorben wären?

Sie nahm sich nun die Zeit, Danny genauer zu mustern. In seiner Schutzkleidung wirkte er größer und kräftiger, als sie ihn in Erinnerung hatte. Seine irischen Augen allerdings waren genau so strahlend blau wie früher, und sein Lächeln ebenso atemberaubend. Als Teenager hatte sie ihm oft stundenlang nachspioniert, um dann unter irgendeinem Vorwand an ihm vorbeizugehen, wenn er auf die Straße kam. Nicht, dass er es bemerkt hätte.

Aber jetzt hatte sie seine Aufmerksamkeit. Er sah sie strafend an.

„Hast du von deinem Vater nichts über Feuer gelernt? Du hast dein Leben riskiert, als du eben noch einmal ins Haus gelaufen bist.“

Sie schenkte ihm ein süßes, unschuldiges Lächeln. „Aber du warst ja da, um mich zu retten. Wie immer.“

„Ich habe dich ein Mal aus dem Baum geholt, als du nicht wieder herunter konntest. Aber das heißt nicht, dass ich dich jedes Mal rette, wenn du in Schwierigkeiten steckst.“

Wenn er es nur könnte, dachte sie. Aber diesmal hatte sie sich in eine Situation gebracht, in der ihr niemand helfen konnte. Deswegen hatte sie San Francisco verlassen und war kleinlaut wieder zu Hause eingezogen.

„Wie ist der Brand entstanden?“ Geistesabwesend streichelte er Arnold, der inzwischen auch wieder atmete. Die zärtliche Zuwendung schien dem Hamster nicht zu gefallen. Er biss Danny in den Daumen. Laut fluchend steckte Danny das Tier wieder in den Käfig.

„Nicht so laut. Du kannst doch solche Wörter nicht in Gegenwart der Kinder benutzen.“

Er schaute zu den Vorschülern hinüber, die sich jenseits des Zauns in einer Reihe aufgestellt hatten. Alice Tucker, Stephanies Freundin und Leiterin der Tagesstätte, hatte die Kleinen bestens im Griff.

„Werden Arnold und Polly wieder gesund?“, fragte Bobby Richardson.

„Kinder, euren Hamstern geht es gut“, beruhigte ihn Stephanie.

„Wenn ich den kleinen Beißer nicht noch erwürge“, murmelte Danny.

Stephanie unterdrückte ein Lachen. Sie wusste, dass sein Machogehabe nur gespielt war. Danny war der netteste Typ, der ihr je begegnet war. Sie hatte gesehen, wie er junge Vögel, die aus dem Nest gefallen waren, wieder zurückgelegt hatte. In der Schule hatte er immer für die Kleinen und Schwachen Partei ergriffen und ihnen geholfen, wenn sie von größeren Kindern schikaniert wurden. Aber Stephanie würde ihm nie sagen, dass sie die Wahrheit über ihn kannte. Es würde das Image des harten Kerls ruinieren, das er sich aufgebaut hatte, nachdem sein Vater ihn und seine Mutter verlassen hatte. Damals war Danny gerade zehn geworden.

Die anderen Feuerwehrleute kamen nun aus dem Gebäude und rollten die Schläuche wieder ein.

„Vielen Dank, meine Herren“, rief Stephanie ihnen zu.

„In der Küche herrscht noch ein ziemliches Durcheinander“, teilte der Einsatzleiter ihr mit. „Aber wir bringen das für Sie in Ordnung.“ Er sah Danny scharf an. „Nicht wahr, Sullivan?“

„Ja, Sir.“ Danny erhob sich.

Als Stephanie sich aufrichtete, konnte sie in seinem Gesicht wie in einem offenen Buch lesen. Natürlich bemerkte er sofort, dass sie schwanger war. Bei ihrer sonst gertenschlanken Figur sah sie im sechsten Monat bereits aus, als würde sie ein Elefantenbaby zur Welt bringen.

Er starrte sie verdutzt an. „Stephanie? Twiggy? Was ist passiert?“

Sie wusste nicht, worüber sie sich mehr ärgern sollte. Darüber, dass er ihren alten Spitznamen benutzt hatte, oder über das Schamgefühl, das sie plötzlich verspürte.

Mit erhobenem Kopf schaute sie in seine stechend blauen Augen. „Dasselbe, was vielen Frauen passiert.“ Sie hatte geglaubt, einen Mann zu lieben, war unbeabsichtigt schwanger geworden und hatte dann festgestellt, dass er ihre Gefühle nicht erwiderte.

„Ich wusste ja gar nicht, dass du verheiratet bist.“

Sie seufzte innerlich, aber es nützte nichts. Ihre Familienverhältnisse konnte sie wohl kaum vor ihm verheimlichen, da sie praktisch Nachbarn waren, solange sie im Haus ihres Vaters wohnte. Vorübergehend natürlich nur. „Ich bin nicht verheiratet.“

Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und machte ihn wieder zu. Offenbar fehlten ihm die Worte.

„Hey, Sullivan!“, rief einer der Männer. „Willst du den ganzen Tag mit der hübschen Lady plaudern oder zur Abwechslung mal deinen Lohn verdienen?“

Er blickte sich kurz um. Dann sah er Stephanie wieder an. „Ich muss los. Wir sehen uns sicher noch öfter.“

„Natürlich. Schließlich sind wir Nachbarn.“

„Ja, richtig.“ Er folgte seinen Kollegen ins Gebäude.

Sie seufzte. Ihre unerwiderte jugendliche Schwärmerei tat auch mit fünfundzwanzig noch weh.

Sie nahm die beiden Käfige und brachte sie zu den Kindern, die am Zaun warteten. „Seid vorsichtig, Kinder. Steckt nicht die Finger in den Käfig. Polly und Arnold sind ein bisschen aufgeregt.“

Die Kinder umringten die Käfige, um sich zu vergewissern, dass mit ihren kleinen Lieblingen alles in Ordnung war.

„Du hättest nicht noch einmal ins Haus gehen dürfen“, warf Alice ihr leise vor. „Hast du denn gar nicht an dein Baby gedacht? Die Feuerwehr hätte doch …“

„Die Feuerwehrleute riskieren für ein Hamsterpärchen nicht ihr Leben“, verteidigte sie sich. Aber im Stillen sah sie ein, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie hatte die Situation im Haus nicht einschätzen können. Überall hätten Gefahren lauern können. Wenn ihr Vater davon erfuhr, würde er ihr gehörig ins Gewissen reden. Harlan Gray war um seine Leute sehr besorgt.

Und natürlich auch um sie. Besonders seitdem sie schwanger war. Als sie ihm erzählt hatte, dass sie den Vater ihres Kindes nicht heiraten würde, wäre er am liebsten sofort nach San Francisco gefahren und hätte Edgar Bresse eigenhändig erwürgt.

Alice zog vielsagend die Augenbrauen hoch. „Dieser Typ, der sich um Arnold gekümmert hat, sieht aber klasse aus. Wir sollten öfter mal ein kleines Feuer machen.“

„Besten Dank.“ Danny war der Letzte, den sie in ihrer Situation öfter sehen wollte. Ganz im Gegenteil, sie würde Abstand zu ihm halten, auch wenn er in ihrer Nachbarschaft wohnte.

„Miss Stephanie?“ Bobby Richardson blickte aus traurigen braunen Augen zu ihr hoch. „Es tut mir leid, dass ich das Kerzenzeug verschüttet habe.“

„Schon gut, Honey.“ Sie hockte sich vor ihn hin und nahm ihn in die Arme. Der Vierjährige hatte den Topf mit dem heißen Paraffin umgestoßen, das sich dann entzündet hatte. „Es war ein Unfall.“

„Bist du nicht böse auf mich?“

„Nein. Bestimmt nicht. Unfälle passieren nun mal.“ Genau wie ihre Schwangerschaft. Sie hatte Antibiotika eingenommen und nicht daran gedacht, dass dies die Wirkung der Pille beeinträchtigen konnte. „Aber wir haben daraus gelernt, dass wir in Zukunft vorsichtiger sind, stimmts?“

Bobby nickte stumm.

Sie drückte den Jungen an sich. Schon in wenigen Wochen würde sie ein kleines Baby haben. Es gab eben auch Unfälle, die sich im Nachhinein als ein Segen herausstellten.

„Na, hast du dich an die heiße Braut von vorhin herangemacht?“, fragte Greg, als die Männer unter der Dusche standen.

Danny wusste, wen Greg meinte. Aber Stephanie war keine heiße Braut. Zumindest hatte Danny nie so über sie gedacht. Sie war … zum Teufel, er wusste nicht, was er von ihr denken sollte. Wie konnte sie schwanger werden, ohne verheiratet zu sein? Sie gehörte nicht zu dieser Art von Frauen. „Nein.“

„Dann ist sie also noch zu haben. Vielleicht schaue ich morgen mal im Kindergarten vorbei, wenn ich …“

Danny packte ihn am Arm und drehte ihn zu sich herum. „Was ist los mit dir, Mann? Bist du blind? Die Frau ist schwanger. Hast du das nicht gesehen?“

„Hey, entspann dich. Ich habe sie doch nur im Vorbeigehen gesehen. Ich wusste nicht, dass sie verheiratet ist.“

Er hatte nicht vor, Greg mitzuteilen, dass die Tochter ihres Chefs eine ledige Mutter sein würde. Das ging niemanden etwas an. „Also Hände weg, okay?“

„Kein Problem. Ich wollte sowieso noch nicht Vater werden.“

„Ich auch nicht.“ Umso merkwürdiger war seine Reaktion auf ihre Schwangerschaft. Danny konnte sich nicht erklären, woher dieser Gedanke kam, aber es hatte ihm leidgetan, dass er nicht der Vater ihres Kindes war.

Dabei hatte er nie daran gedacht, etwas mit Stephanie anzufangen. Sie war doch immer viel zu jung gewesen. Acht Jahre jünger als er. Außerdem war ihr Vater der Chef der Feuerwehr. Nein, sie kam für ihn nicht infrage.

Das hatte ihn aber nicht davon abgehalten, ihre Entwicklung zu beobachten. Es war ihm nicht entgangen, wie aus der mageren Twiggy eine Frau mit sexy Rundungen geworden war.

Anschauen ja, aber nicht anfassen, das war seine Devise gewesen.

Und es war auch heute noch die richtige Idee.

An diesem Abend servierte Stephanie ihrem Vater eine vegetarische Lasagne. Er wusste ihre Kochkünste zu schätzen. Evie Anderson, seine Bekannte – mehr nicht, wie er nicht müde wurde zu betonen –, war die schlechteste Köchin der ganzen Stadt.

„Wie ich hörte, hattet ihr heute einen aufregenden Tag.“

Stephanie stutzte. Hatte sich die Neuigkeit von der grandiosen Hamsterrettungsaktion schon zu ihm herumgesprochen? „Ja, es hat gebrannt. Aber zum Glück war es nicht dramatisch.“

„Immerhin waren zwei Löschzüge und ein Rettungswagen im Einsatz.“

Sie stellte die Salatschüssel auf den Tisch und setzte sich ihrem Vater gegenüber. „Deine Leute waren sehr schnell. Du kannst mit ihnen zufrieden sein.“

Er nickte. Mit seinen dreiundsechzig Jahren war er noch genauso fit wie mit dreißig. Nur seine Haare waren ergraut, und er trug sie deutlich kürzer als früher.

„Alice war ziemlich erleichtert“, bemerkte er. Er tat zuerst Stephanie und dann sich selbst etwas von der Lasagne auf.

„Hat sie dich angerufen?“, fragte sie erstaunt.

„Ja. Sie war von meinen Leuten beeindruckt, besonders von Danny Sullivan.“

Stephanie war froh, dass sie noch nicht mit dem Essen begonnen hatte, sonst hätte sie sich jetzt sicher verschluckt. „Tatsächlich?“

„Anscheinend hat er Arnold das Leben gerettet. Das war ziemlich mutig von ihm, würde ich sagen.“

Sie nickte. Womöglich musste sie sich eine andere Bleibe suchen, bevor ihr Vater sie hinauswarf, weil sie einen seiner Männer in Lebensgefahr gebracht hatte.

„Ich mochte Danny immer gern, auch wenn er als Kind etwas wild war. Wusstest du, dass er unser bester Mann im Triathlonteam ist?“

„Nein, wusste ich nicht.“ Bei der Feuerwehr fanden regelmäßig überregional Turniere in verschiedenen Sportdisziplinen statt. Sie dienten als Anreiz für das Fitnesstraining.

„Ohne Danny hätte Paseo keine Chance, das Landesfinale im Frühjahr zu gewinnen.“

„Interessant.“ Und ein weiterer Grund, weshalb ihr Vater ihr gründlich den Kopf waschen würde, weil sie Danny wegen eines Hamsters in Gefahr gebracht hatte.

Harlan Gray blickte von seinem Teller auf und schenkte ihr ein väterliches Lächeln. „Was hältst du davon, wenn wir ihn demnächst mal zu uns zum Essen einladen?“

Sie sah ihren Vater mit offenem Mund an, doch er hatte sich bereits wieder der Lasagne zugewandt, die er besonders zu genießen schien. Also keine Standpauke? Kein Vortrag über Sicherheit?

Ein Gefühl des Unbehagens beschlich sie. War es möglich, dass ihr Vater sich als Ehestifter versuchte? Vielleicht im Komplott mit ihrer Freundin Alice? Nun, wenn es so war, dann bemühten die beiden sich vergeblich. Von Männern hatte Stephanie für den Augenblick genug.

Abgesehen davon, welcher Mann würde sich schon für eine schwangere Frau interessieren? Danny bestimmt nicht. Er hatte sich früher nicht für sie interessiert und würde es heute erst recht nicht tun.

2. KAPITEL

„Das solltest du nicht machen.“ Danny schob sein Rennrad an Stephanies altem Honda vorbei, der mit offenem Kofferraum in der Einfahrt stand. Er hatte eine Trainingsrunde drehen wollen und gesehen, dass die junge Frau schwere Tüten und Kartons ins Haus trug.

„Was sollte ich nicht machen?“

„Die schweren Sachen tragen. Schwangere dürfen das nicht.“

„Seit wann bist du Experte für Schwangerschaften?“

„Offenbar weiß ich mehr darüber als du.“

„Schwangerschaft ist keine Krankheit. Mir geht es gut.“

Das konnte Danny bestätigen. Ihre Augen funkelten und schossen glühende Blitze in seine Richtung. Als Kind war sie ungestüm und wild gewesen. Als Frau war sie …

Er erlaubte sich nicht, den Gedanken zu Ende zu führen, sondern nahm hastig seinen Fahrradhelm ab, lehnte das Rad an einen Busch nahe der Hintertür und nahm ihr die Einkäufe ab. „Setz dich irgendwohin. Ich bringe das hinein.“

„Na hör mal! Ich bin nicht krank.“

„Setz dich“, befahl er und verschwand im Haus.

Natürlich gehorchte sie ihm heute ebenso wenig wie früher. Sie nahm die nächste Tüte aus dem Kofferraum und folgte ihm in die Küche. „Draußen sind noch zwei Tüten“, sagte sie mit einem süßen Lächeln. „Wenn du wirklich meinst, dass ich armes Ding das nicht schaffe …“

„Ich hole sie“, erwiderte er finster.

„Ach, so ein starker Kavalier“, flötete sie.

Als er an ihr vorbeiging, hätte er ihr fast wie früher einen freundschaftlichen Klaps auf den Po gegeben, aber sie war kein Kind mehr. Sie war eine Frau. Eine schwangere Frau in einem knallroten T-Shirt mit einer gelben Zielscheibe auf dem Bauch. Plötzlich wusste er nicht mehr, wo er seine Hände lassen sollte. Seine Radrennshorts hatten nicht einmal Taschen.

Als er hinausging, schloss Stephanie die Augen und atmete tief durch. Dass er ein attraktiver Mann war, hatte sie gewusst, aber in seiner hautengen Rennkleidung sah er umwerfend männlich aus. Jeder einzelne Muskel war perfekt geformt. Eine griechische Skulptur aus Fleisch und Blut.

Es gab ihm aber nicht das Recht, sie herumzukommandieren. Das hatte Edgar im Büro und privat lange genug getan. Selbst schuld, warf sie sich im Stillen vor. Warum hatte sie sich ausgerechnet mit ihrem Chef eingelassen? Nun, er hatte ihr gefallen, weil er so souverän und kultiviert war.

Aber er wollte auf keinen Fall ein Kind.

„Wo soll ich das hinstellen?“

Sie wirbelte herum. „Stell es einfach auf den Tisch. Den Rest schaffe ich allein.“ Genau das hatte sie sich für ihre Zukunft vorgenommen: es allein zu schaffen.

Sie brauchte niemanden, der ihr Vorschriften machte, welches Kleid sie zur Opernpremiere tragen sollte. Oder wie sie eine Dinnerparty für siebzehn Freunde vorbereiten sollte, die in Wahrheit keine Freunde, sondern Edgars Kunden waren.

„Prima. Dann mache ich mich jetzt auf den Weg. Ich muss für ein Rennen trainieren.“

„Ich weiß. Ein Triathlon.“ Sie packte die erste Tüte aus und stellte die Milch in den Kühlschrank.

Danny stand unschlüssig an der Hintertür. „Seit wann bist du wieder in der Stadt?“, fragte er.

„Seit einer Woche. Alice brauchte eine Halbtagskraft. Für mich war es genau der richtige Zeitpunkt, nach Hause zu kommen.“ In San Francisco hatte sie nichts mehr gehalten. Edgar war nicht bereit, seine Haltung zu dem Baby zu ändern. Nach allem, was sie in den letzten Monaten mit ihm erlebt hatte, wollte sie auch gar nicht mehr, dass er seine Meinung änderte.

Danny blickte auf ihren Bauch. „Dann willst du sicher eine Weile in Paseo bleiben.“

Sie unterdrückte ein Seufzen. „Bis auf Weiteres.“

„Das ist schön. Dein Vater freut sich bestimmt darüber.“ Um nicht ständig auf ihren Bauch zu starren, schaute er sich in der Küche um. „Hier sieht alles so aus wie früher. Ich weiß noch, wie deine Mutter das Bild dort drüben gerahmt hat.“

Stephanie blickte auf das kubistische Gemälde über der Spüle, für das sie auf der Highschool einen Preis bekommen hatte. Es war ein Durcheinander von sämtlichen Farben, die der Pastellkasten hergab. Ein schreckliches Bild.

„Mom hielt mich für einen neuen Picasso.“

„Ganz falsch lag sie damit nicht. Du hast immerhin ein Stipendium bekommen.“

Stephanie lächelte. Es war eine schöne Erfahrung, dass ihre Eltern immer an sie geglaubt hatten. Sie vermisste ihre Mutter, die vor vier Jahren gestorben war. „Zur Werbegrafikerin hat es gereicht.“

Er tippte mit zwei Fingern an seine Stirn. „Ich muss gehen. Oder kann ich noch irgendeine Heldentat für dich vollbringen?“

„Vielleicht möchtest du eine Blutkonserve hinterlegen oder wenigstens deine Handynummer, damit ich dich anrufen kann, falls eine Katastrophe passiert und du nicht hier bist, um mich zu retten.“

„In dem Fall rufst du am Besten 112 an.“

Sie fragte sich, wie die Feuerwehr reagieren würde, wenn eine frustrierte, schwangere Frau einen Notruf losließ und verlangte, dass ihre Hormonwallungen gelöscht wurden, und zwar von keinem anderen als Daniel Sullivan.

Nun, Emma Jean in der Zentrale würde so einen Anruf wahrscheinlich mit ihrer gewohnten Lässigkeit handhaben und dabei mit ihren silbernen Zigeunerarmbändern klimpern. Was würde sie wohl in ihrer Kristallkugel sehen, wenn sie Stephanie die Zukunft vorhersagen würde?

Stephanie seufzte. Sie selbst sah im Moment nur, dass das Schokoladeneis auf dem Tisch zu schmelzen begann. Was sie daran erinnerte, dass sie nicht alle Probleme gleichzeitig lösen konnte.

Instinktiv strich sie über ihren Bauch. Ganz gleich, was die Zukunft für sie bereithielt, sie würde damit fertig werden.

Stephanie verteilte Becher mit blauer Farbe auf den zusammengeschobenen Kindertischen. „Ich verstehe nicht, warum du so viel Wind um Danny Sullivan machst“, beschwerte sie sich bei Alice, die ihr bei den Vorbereitungen für die Malstunde half. „Es ist doch keine große Tat, einen Hamster zu retten.“

„Für die Kinder ist er ein Held. Und man braucht schon etwas Mut, um einen Hamster zu küssen.“

„Es war kein Kuss, sondern Mund-zu-Mund-Beatmung.“

„Außerdem habe ich erfahren, dass er Single ist. Die Art, wie er dich angesehen hat, könnte etwas bedeuten.“

„Aha! Du willst mich verkuppeln. Zu deiner Information, Danny und ich kennen uns schon eine Ewigkeit. Zwischen uns hat es nie auch nur den Hauch eines Knisterns gegeben.“ Jedenfalls nicht von seiner Seite. Und ihre jugendliche Schwärmerei zählte nicht.

Alice lächelte unschuldig. Aber dieses Lächeln passte nicht zu dem feurigen Funkeln in ihren grauen Augen. Glücklich verheiratete Frauen mit ergebenen Ehemännern und süßen, gesunden Kindern waren die Sargnägel für das Singledasein ihrer Freundinnen.

„Du brauchst einen Vater für dein Kind. Und wenn ihr beide euch schon lange kennt …“

Autor

Charlotte Maclay
Charlotte Maclay hatte immer Geschichten in ihrem Kopf. In der dritten Klasse erfanden sie und eine Freundin Bambi – Geschichten und führten sie als kleine Theaterstücke auf. Ihre Freundin spielte Bambi – sie war Thumper, der Hase aus dem Disney – Film. Eines Tages zog ihre Freundin weg, aber Charlotte...
Mehr erfahren