Die Bennett-Geschwister - 5-teilige Serie

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Fünf Geschwister hat es von ihrem geliebten Australien in die weite Welt verschlagen. Folgen Sie ihnen zu neuen Ufern, aufregenden Abenteuern - und auf die verschlungenen Pfade zur großen Liebe!

LIEBE IM GEPÄCK
Eine Woche Luxusurlaub in Hongkong - in Begleitung eines ungemein attraktiven Mannes! Und noch 10.000 Pfund on Top, wenn sie sich vor seinen Geschäftspartnern als seine Ehefrau ausgibt. Wer könnte dazu schon Nein sagen? Hallie jedenfalls nicht. Begeistert nimmt die junge Studentin Nick Coopers verlockendes Angebot an. Ohne zu ahnen, in welch erotische Versuchung und abenteuerliche Verwicklungen sie schon bald geraten wird …

MEHR ALS WILDE LEIDENSCHAFT?
Für ihre Reise zu Australiens Edelsteinminen sucht Goldschmiedin Erin einen Begleiter. Da kommt ihr der attraktive Tristan nur recht! Schnell funkt es heftig zwischen ihnen. Doch plötzlich wirkt Tristan seltsam distanziert. Was belastet ihn? Und warum hat er so schlimme Albträume?

DEM SIEBTEN HIMMEL SO NAH
Tausend Pläne hat Serena, was ihre Zukunft angeht. Da würde eine feste Bindung nur stören! Aber das heißt nicht, dass sie nicht mal flirten kann. Zum Beispiel mit diesem gut aussehenden Piloten Pete Bennett, der ihr auf einer griechischen Insel über den Weg läuft. Vielleicht ist Pete sogar ein bisschen zu perfekt für eine Sommerromanze: Mit ihm fühlt Serena sich dem Himmel der Liebe so nah wie nie. Doch Pete scheint auch nicht mehr als eine kurze Affäre zu wollen. Bis er ihr plötzlich einen Heiratsantrag macht! Andere Frauen wären überglücklich, doch- Serena ist entsetzt …...

EINE WOCHE, SIEBEN NÄCHTE ...
Ihr Herz verschenken? Bloß nicht! Davor hat Madeline einfach Angst. Bis sie in der Glitzermetropole Singapur eine Affäre mit dem charismatischen Luke Bennett beginnt. Sieben Tage, sieben Nächte - dann wird er abreisen, und ihr Herz ist wieder sicher. Was für ein Irrtum …

(KEIN) SEX MIT DEM EX?
Jianne steckt in Schwierigkeiten - nur einer kann sie daraus befreien: ihr sexy Ex Jake Bennett, von dem sie sich vor zwölf Jahren getrennt hat. Als Jianne ihn um Hilfe bittet, kommt es zu einem spannungsgeladenen Wiedersehen vor der schillernd exotischen Kulisse Singapurs …


  • Erscheinungstag 05.07.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733736286
  • Seitenanzahl 650
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Kelly Hunter

Die Bennett-Geschwister - 5-teilige Serie

IMPRESSUM

Liebe im Gepäck erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 2006 by Kelly Stanley
Originaltitel: „Wife for a Week“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA FRISCH VERLIEBT
Band 3 - 2007 by CORA Verlag GmbH, Hamburg
Übersetzung: Emma van Harten

Umschlagsmotive: GettyImages_KatarzynaBialasiewicz, natrot

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733755812

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

Seit exakt einem Monat verkaufte Hallie Bennett nun Schuhe beziehungsweise versuchte sie zu verkaufen. Ein Monat, das waren entsetzlich lange zwanzig Tage, wenn man die Wochenenden mal abzog. Und wenn sie darüber nachdachte, dass ein weiterer Monat folgen sollte und dann noch einer, hatte sie das Gefühl, das unter gar keinen Umständen längerfristig zu überleben.

Es war … so todlangweilig hier in diesem kleinen exklusiven Schuhladen in Chelsea, dem noblen Londoner Stadtteil. Entweder befand sie sich im Lager und sortierte die Schuhe nach Designern, oder sie sortierte die Schuhe nach Größen und Material. Wenn sie damit fertig war, ging sie wieder nach vorne in den Laden und staubte die Schuhe in den Regalen ab oder sortierte sie nach Farben oder was auch immer – und das den ganzen Tag lang. Sie würde noch verrückt werden. Es konnte nicht mehr lange dauern. Und sie konnte bald keine Schuhe mehr sehen.

Hallie stand stirnrunzelnd vor einem der Regale. Nun, sie könnte sie jetzt auch nach Absatzhöhe sortieren. Hm. Ein Blick auf ihre Armbanduhr sagte ihr, dass sie zu voreilig war. Es war gerade mal kurz nach zwölf. Warum verging die Zeit so langsam? Blöde Frage. Weil sie nichts zu tun hatte. Würden kauflustige Frauen sich hier die Klinke in die Hand geben, wäre der Tag im Handumdrehen vorbei. Aber leider war dem nicht so.

Sie schlenderte an den Regalen entlang und blieb schließlich vor einem exotisch wirkenden Pumps stehen. Das Leopardenmuster war auffällig und der glänzende Metallabsatz für ihren Geschmack viel zu hoch. Wie um alles in der Welt sollte man mit solchen Schuhen schneller als im Schneckentempo vorwärtskommen? Völlig unmöglich! Noch unmöglicher allerdings fand sie den Preis. Dreihundertfünfundsiebzig Pfund! Wer gab denn so viel für ein einziges Paar Schuhe aus? Kein Wunder, dass hier nichts los war. Sie nahm den Schuh aus dem Regal und drehte ihn hin und her.

„Was denkst du, du Schuh?“, fragte sie leise. „Ist dir genauso langweilig wie mir?“ Sie wackelte mit dem Absatz hin und her, und es sah so aus, als ob der überteuerte Schuh nicken würde.

„Kann ich mir denken“, seufzte Hallie. „Dir fehlt dein Gegenstück. Zu zweit macht alles mehr Spaß, was?“ Wieder ein Nicken. „Aber leider müsst ihr hier einzeln stehen, und die andere Hälfte von euch ist ins Lager verbannt. Ein tristes Leben. Aber wenigstens könnte ich dein Gegenstück holen. Von mir steht die andere Hälfte leider nirgendwo rum, ich muss sehen, wie ich alleine zurechtkomme.“ Sie hielt sich den Schuh vor die Nase. „Aber wir könnten uns doch ein bisschen unterhalten, was meinst du?“

Ich bin auf dem besten Wege, vor Langeweile wahnsinnig zu werden, dachte sie entsetzt. Es ist so weit: Ich spreche mit Leopardenpumps. Hilfe!

Ein dezentes Dingdong informierte sie darüber, dass eine Kundin – oder jemand, der sich verlaufen hatte – ins Geschäft kam. Hektisch stellte Hallie den Schuh ins Regal zurück und drehte sich um.

„Was ist denn das für ein langweiliges Geschäft? Erst als ich sah, wie Sie sich mit dem lustigen Schuh unterhielten, bekam ich Lust, mal reinzuschauen. Und da bin ich nun!“

Vor Hallie stand eine Dame, deren wirkliches Alter schwer zu schätzen war. In ihrem Designerkostüm und mit der jugendlichen Figur strafte sie ihr wahres Alter Lügen. Doch aufgrund der nicht gelifteten Fältchen und des perfekt frisierten grauen Haars schätzte Hallie sie auf Ende fünfzig. Mit ihrem aufrichtigen Lächeln und der warmen Stimme wirkte sie auf Anhieb sympathisch.

„Schön, dass Sie so denken“, sagte Hallie. „Bitte sehen Sie sich um. Und keine Angst: Die Schuhe beißen nicht. Sie antworten noch nicht mal. Schade eigentlich.“

„Oh“, kam es erfreut zurück. „Sie sind Australierin? Ich liebe diesen Akzent. Er ist außergewöhnlich … einfach wunderbar.“

Hallie wurde fast ein wenig rot, noch mehr errötete sie jedoch, als sie sah, dass eine zweite Person den Laden betrat. Ihr professionelles Lächeln wurde in einer Nanosekunde zu einem echten, und sie musste die Lippen fest zusammenpressen, um den Mund nicht weit aufzureißen.

Einen Mann wie ihn hatte Hallie noch nie gesehen: Groß, mit schwarzen Haaren und kobaltblauen Augen verkörperte er den Typ Mann, vor dem einen die älteren Brüder ihr Leben lang warnen würden.

Hilfe, dachte Hallie. Diese Ausstrahlung! Diese breiten Schultern! Er sieht fast ein bisschen gefährlich aus. Aber gut. Sehr gut! Und er scheint es nicht mal zu wissen. Es ist einfach selbstverständlich für ihn! Er hatte was von einer Hermèshandtasche: Man wollte sie unbedingt haben, unbedingt. Aber sie würde immer unbezahlbar bleiben …

„Sie braucht ein Paar Schuhe.“ Fast wäre Hallie beim Klang seiner tiefen Stimme umgekippt. Dunkel, perfekt. Mit einer Extraportion Sex. „Und zwar solche, die zu ihr passen. Altersmäßig gesehen“, redete er weiter und sah Hallie, die sofort innerlich die Stacheln ausfuhr, freundlich an. Was sollte das? Mussten Frauen ab einem bestimmten Alter automatisch Stützstrümpfe und Wohlfühlschuhe ohne Absatz, aber mit Einlagen tragen? Sie schaute auf die Schuhe der Dame. Signalrote Ferragamo-Pumps mit halbhohem Absatz, die trotz der auffälligen Farbe schlicht und edel wirkten und hervorragend zu ihrer Trägerin passten.

„Ich glaube, Sie kennen sich mit Damenschuhen nicht wirklich aus.“ Hallie deutete auf die Pumps. „Diese Schuhe sind perfekt. Wunderbar.“

Die Augen der Frau funkelten. „Danke, meine Liebe“, sagte sie dann. „Mein Sohn ist der Auffassung, dass Frauen jenseits der fünfzig keinen Wert mehr auf Äußerlichkeiten legen sollten. Ihm wäre es, glaube ich, am liebsten, ich trüge mausgraue Gesundheitssandalen.“ Nun wandte sie sich ihrem Sohn zu: „Dein Vater hätte diese Schuhe geliebt.“

Soso, Mr. Kobaltblaue Augen war also ihr Sohn. „Okay, also schauen Sie sich in Ruhe um. Wenn Sie mich brauchen, ich bin da vorn.“

Er drehte sich zu ihr um. „Oh nein“, er stellte sich ihr in den Weg, „Sie werden mich doch nicht mit dieser Frau alleine lassen! Um Himmels willen. Geben Sie ihr so viele Schuhe zum Anprobieren, wie sie will. Von mir aus alle, die sie dahaben.“ Er nahm den Leopardenpumps. „Diesen hier zum Beispiel.“

Hallie riss ihn ihm aus der Hand. „Gern. Sie haben einen guten Geschmack. Und der hier ist auch noch ein richtiges Schnäppchen. Gerade mal dreihundertfünfundsiebzig Pfund. Unter diesen Umständen sollte Ihre Mutter darüber nachdenken, gleich zwei Paar davon zu nehmen“, schlug sie vor.

„Wenn ich etwas nicht brauche, dann zwei Paar identische Schuhe.“ Mit einem gespielten Seufzer ließ die Dame sich auf das schwarze Ledersofa fallen und streifte die Schuhe von den Füßen. Theatralisch hob sie die Hände. „Enkelkinder“, sagte sie dann. „Ich brauche Enkelkinder. Ach, wäre das schön.“

„Jeder braucht irgendetwas.“ Ihr Sohn schaute Hallie an. „Was brauchen Sie?“

„Ich?“ Hallie kniete sich vor die Dame, um ihr den Pumps anzuziehen. „Ich brauche einen anderen Job.“ Sie sah hoch zu ihm. „Dieser hier macht mich verrückt.“ Sie warf einen Blick auf den Schuh. „Großartig. Er steht Ihnen wunderbar. Wirklich.“

„Finde ich auch!“

„Verreisen Sie gern?“, warf Mr. Kobaltblau unvermittelt ein.

Hallie lächelte. „Verreisen ist mein zweiter Vorname.“

„Und Ihr erster?“

„Hallie. Ich heiße Hallie. Hallie Bennett.“

„Mein Name ist Nicholas Cooper.“ Er deutete auf seine Begleiterin. „Und das ist Clea, meine Mutter.“

Clea schüttelte Hallie die Hand. „Ich freue mich wirklich sehr“, sprudelte es dann aus ihr heraus. „Nicky, das ist sie! Ist sie nicht perfekt? Was für ein Zufall! Heute Morgen hast du gesagt, dass du eine Ehefrau brauchst, und ich glaube fast, wir haben sie schon gefunden. Wie schnell es manchmal gehen kann!“

Hallie verstand überhaupt nichts. „Eine Frau?“ Verwirrt schaute sie Mutter und Sohn abwechselnd an. Clea lächelte hoffnungsvoll, Nicholas eher verhalten. Waren die beiden etwa verrückt?

„Er ist ein reicher Mann“, warf Clea aufmunternd ein.

„Ja, sicher“, entgegnete Hallie. Dass Nicholas seine Sachen nicht von der Stange kaufte, sah man auf den ersten Blick. „Aber ist er auch kreativ?“

„Sie sollten seine Steuererklärung sehen.“

„Nun, ich weiß nicht …“ Hallie legte den Kopf zur Seite. „Eigentlich mag ich eher Männer, die weniger … hm … also, weniger …“ Was sollte sie nun sagen? Männer, die weniger Sex-Appeal haben? Männer, die nicht so umwerfend sind? Männer, die man nicht sofort anspringen möchte?

„Es ist die Haarfarbe“, sagte Hallie schließlich. „Ich mag Männer mit blonden Haaren lieber. Seine sind mir … viel zu dunkel“, log sie.

„Hm.“ Clea runzelte die Stirn. „Das ist wohl wahr. Blond ist er nicht. Aber schauen Sie sich mal seine Schuhe an!“

Hallie tat, was Clea ihr sagte, und musste zugeben, dass seine Schuhe in der Tat äußerst geschmackvoll waren. Handgearbeitetes italienisches Leder, das sah man sofort. Edel. Schwarz … und groß. Hallie tippte auf Schuhgröße siebenundvierzig.

„Ich wusste, dass Nickys Schuhe Ihnen gefallen würden“, freute sich Clea, obwohl Hallie überhaupt nichts gesagt hatte. „Aber das heißt natürlich noch lange nicht, dass Sie beide zusammenpassen. Ich finde, Sie sollten ihn jetzt küssen, um es herauszufinden.“

Langsam, aber sicher glaubte Hallie, sich tatsächlich in irgendeiner verrückten Fernsehshow zu befinden. Verstohlen sah sie sich um, konnte aber keine versteckte Kamera entdecken. Was um alles in der Welt ging hier vor sich?

„Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, Ihren Sohn hier und jetzt …“, begann sie nach einigen Sekunden und wurde prompt von Clea unterbrochen.

„Sie wollen sich mit Ihrer zukünftigen Schwiegermutter streiten? Das ist aber ziemlich unhöflich“, tadelte Clea lächelnd.

„Ich meine es ernst. Ich … also es ist ja wirklich nicht so, dass ich Nicky nicht mag …“

„Danke“, kam es trocken zurück. „Sie können mich gern Nick nennen.“

„Oh, fein, Nicky, äh, Nick.“ Sie schenkte ihm ein Lächeln, das er mit undurchdringlichem Blick erwiderte. „Aber ich kann einfach nicht.“ Verzweifelt suchte sie nach einer Ausrede. „Ich glaube, ich würde momentan keine wirklich gute Ehefrau abgeben.“ Sie hob bedauernd die Schultern. „Ich habe ein gebrochenes Herz.“

„Oh, Hallie, das tut mir leid. Wirklich.“ Clea sah bestürzt aus. „Was ist passiert?“

„Ich … ich möchte nicht darüber sprechen“, antwortete Hallie.

Beide schwiegen; beide warteten auf eine Erklärung.

„Nun“, fuhr Hallie fort und freute sich, dass ihre Stimme angemessen zitterte. „Er … er hatte die ganze Zeit ein Verhältnis mit seinem Footballtrainer“, flüsterte sie dann und senkte den Blick.

„Dieser Mistkerl!“, entfuhr es Clea.

Nick räusperte sich. „War er blond?“, wollte er dann wissen. „Ich bin sicher, er war blond.“

Hallie wandte den Kopf zu ihm und bemerkte entsetzt, dass er einen Schritt näher gekommen war. Zu nah. Und weil sie kniete, war sie in direkter Augenhöhe mit seinem Gürtel. Beziehungsweise mit dem, was sich darunter in der teuren Hose befand. Sie wurde rot.

„Also, Liebes, sind Sie sicher, dass Sie kein Interesse haben?“ Hatte da Spott in Cleas Stimme mitgeklungen?

Hallie nickte heftig und wollte sich mit den Händen auf den Boden aufstützen, um aufzustehen, bekam aber aus Versehen Nicks Schuh zu fassen. Das Leder war wirklich sehr weich und fühlte sich gut an. Sie tastete darauf herum. Gute Güte, waren das große Füße. Hallie liebte es, wenn Männer große Füße hatten. Aber: Er könnte natürlich auch bluffen und seine Schuhe einfach vier Nummern zu groß gekauft und mit Papier ausgestopft haben. Ohne nachzudenken tastete sie auf einmal an Nicks Schuhen herum. Er blieb einfach stehen. Sie atmete auf. Weit vorn spürte sie ganz deutlich seine Zehen.

„Ihre Schuhgröße ist echt“, sagte sie dann und hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Was sollte er von ihr denken?

„Natürlich ist sie das“, erwiderte Nick amüsiert.

Langsam erhob sich Hallie. Ihr war schwindlig. Er stand immer noch direkt neben ihr, und sie bemerkte, dass er nach Sandelholz und Zimt und nach etwas undefinierbar Herbem roch, das sie fast wahnsinnig machte. Der ganze Mann machte sie fast wahnsinnig. Und seine Augen erst recht. Große Füße, schöne Augen, guter Geruch – jede dieser einzelnen Tatsachen hätte schon ausgereicht, um wacklige Knie zu bekommen, aber all diese Dinge ließen sie beinahe in Ohnmacht fallen.

„Ich glaube, ich sollte Ihnen jetzt einmal einiges erklären“, sagte Nick. „Was meine Mutter Ihnen eigentlich vorschlagen wollte, ist ein Geschäft. Ich brauche eine Ehefrau. Allerdings lediglich für eine Woche. Um genauer zu sein, brauche ich eine für die kommende Woche. In Hongkong. Für … sagen wir, fünftausend Pfund Honorar. Reisekosten und so weiter übernehme ich selbstverständlich auch.“

Hallie glaubte, nicht recht zu hören. „Fünftausend Pfund? Für eine Woche Arbeit?“ Er musste verrückt sein. Die Sache musste einen Haken haben. „Nun ja, also …“, sie dachte nach. „Was müsste ich denn für diese fünftausend Pfund … tun?“

„Ganz einfach.“ Nick wanderte nun vor dem schwarzen Ledersofa auf und ab. „Sie müssten ein Zimmer mit mir teilen, aber nicht das Bett. Ich werde selbstverständlich auf Ihr gebrochenes Herz Rücksicht nehmen.“

Machte er sich etwa lustig über sie?

„Und was hätte ich sonst noch zu tun?“

„Small Talk mit meinen Geschäftsfreunden halten und eben all das tun, was eine liebende Ehefrau so tut.“

„Ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie sich ein kleines bisschen präziser ausdrücken würden.“

Nick blieb stehen und sah sie wieder mit seinem kobaltblauen Blick an. „Das kann ich nicht. Ich weiß nicht, wie sich Ehefrauen verhalten. Ich hatte noch nie eine.“

„Und ich war noch nie eine“, konterte Hallie.

„Aber das ist doch wunderbar. Perfekt“, kam es vom Sofa. „Jetzt fehlt nur noch der Kuss.“

„Nein“, sagte Hallie. „Ich kann jetzt niemand küssen. Falls Sie sich erinnern, leide ich an einem gebrochenen Herzen.“

„Aber Küssen ist ein Teil der Vereinbarung“, wandte Nick ein. „Küssen gehört unbedingt dazu. Wer weiß, vielleicht gefällt es Ihnen ja.“ Er klang eindeutig belustigt und amüsiert.

Hallie überlegte kurz. „Das kostet extra“, meinte sie dann. Herrje, was hatte sie schon zu verlieren? Nichts. Nichts. Nichts.

„Wie viel?“

Wieder überlegte Hallie. Hm. Sie benötigte genau zehntausend Pfund, um endlich bis zum Abschluss studieren zu können – und wenn sie ganz ehrlich war, reizte sie die Aussicht, nach Hongkong zu kommen, weil sie sich für nichts anderes mehr interessierte als für asiatische Kunstgeschichte.

„Ich glaube, noch mal fünftausend Pfund wären angebracht.“ Hoffentlich klang ihre Stimme sicher und fest.

Nick lachte. „Fünftausend Pfund für ein paar Küsse?“

„Ich küsse sehr gut.“

Nun kam Nick näher. „Ach ja? Dann beweisen Sie es.“

Nun gab es kein Zurück. Nun musste sie ihn küssen. Ein Schritt, und sie war nahe genug, um ihn zu berühren. Noch ein Schritt … Sie hob den Kopf und legte Nick die Hände auf die Brust. Sein Hemd war weich und warm, und darunter konnte sie harte, feste Muskeln spüren. Sehr vielversprechend …

Einen Atemzug später berührte sie seine Lippen mit ihrem Mund.

Seine Lippen waren warm, fest und weich zugleich. Sehr angenehm … Eine Sekunde später löste sie sich von ihm.

„Das war alles?“

„Das war ein Kuss“, erklärte Hallie. „So war es abgemacht. Von Leidenschaft oder so war nicht die Rede. Und auch nicht von einem … richtigen Kuss.“

„Oh nein.“ Nick schüttelte den Kopf. „Ich zahle doch nicht fünftausend Pfund extra für Küsse, die keine richtigen Küsse sind. Ein Kuss muss innig sein … und leidenschaftlich. Verliebte küssen sich anders.“

„Tja. Aber das war vorher so nicht abgesprochen.“ Hallie bemühte sich, professionell und geschäftsmäßig auszusehen. „Ich für meinen Teil habe mich an die Vorgaben gehalten. Es hieß: ein Kuss, und den haben Sie bekommen.“

„Habe ich das?“ Nicks blaue Augen funkelten mutwillig. „Dreh dich um, Mutter.“ Ohne abzuwarten, ob sie seiner Aufforderung Folge leistete, schob er die Hände in Hallies Haare und presste die Lippen auf ihren Mund.

Hallie blieb keine Zeit zu protestieren. Nicks Nähe und die Intensität, mit der er seinen Kuss vertiefte, brachten sie völlig durcheinander. Jede Menge Leidenschaft, jede Menge aufregendes Prickeln, ging es ihr durch den Kopf. Bereitwillig öffnete sie ihren Mund, um seine Zunge mit ihrer spielen zu lassen. Und … es war gut. So gut. Sie schmolz dahin und stöhnte leise auf, als er sie mit dem anderen Arm umschlang und sie fester an sich zog, um sie noch intensiver und leidenschaftlicher zu küssen.

Auch sie griff nun in sein Haar, und es fühlte sich so an, wie sie es gehofft hatte. Weich wie Seide, aber dicht und fest. Sie wollte ein Stück von ihm zurückweichen, doch er hielt sie fest, ließ seine Zunge in ihrem Mund kreisen, hörte kurz auf, fuhr jedoch sofort mit der gleichen Leidenschaft fort.

Hallie presste sich an ihn, erforschte seinen Mund, und was sie da erforschte, gefiel ihr, gefiel ihr sogar sehr. Dieser Kuss war von einer solchen Intensität und Spannung, dass sie der festen Überzeugung war, eigentlich noch nie vorher geküsst worden zu sein. Noch nie hatten sich Küsse so … erotisch und aufwühlend angefühlt. Wow, wenn sich Küsse so anfühlten, wie wäre dann erst der Sex?

Da hörte er auf. Hörte einfach auf, nahm ihre Hand und zog ihre Finger sanft aus seinem Haar. „Das war doch schon viel besser“, sagte er mit dieser dunklen, samtigen Stimme, die sie dahinschmelzen ließ. „Wir nehmen die Schuhe“, sagte Nick und ging in Richtung Kasse.

Richtig, die Schuhe. Mit zitternden Händen packte Hallie die Leopardenpumps in einen Karton, zog Nicks Kreditkarte durch das Lesegerät und reichte ihm einen Stift, damit er den Beleg unterschreiben konnte. Erst jetzt wagte sie es, ihn anzusehen. Seine Hände waren groß und kräftig und sehr gepflegt – wie alles an ihm. Gut, seine Haare waren momentan ein wenig zerwuschelt – von ihren Händen.

Sie dachte fieberhaft nach. Wie würde es sein, eine Woche seine Frau zu spielen? Die Frau eines Mannes, den sie überhaupt nicht kannte. Verrückt! Und eine einzige sexuelle Herausforderung. Was, wenn er wirklich so gut im Bett war, wie er küsste? Und wenn sie tatsächlich im Bett landeten …

Nein, viel zu riskant! Unmöglich, mit einem vollkommen Fremden nach Hongkong zu reisen. Womöglich war er ein Frauenhändler. Vielleicht würde er sie einfach in Hongkong zurücklassen.

Und wenn er … einfach der perfekte Mann für sie wäre?

Er war schon fast an der Tür, als Hallie tief Luft holte und fragte: „Sprechen wir noch einmal über die Angelegenheit?“

Um halb sechs schloss Hallie das Geschäft. Mist. Gerade mal drei Paar Schuhe hatte sie verkauft – inklusive der Leopardenpumps, die Nicholas Cooper für seine Mutter erstanden hatte. Gerade wollte sie die Alarmanlage einschalten, als jemand an die Glastür klopfte. Ein Kurier stand mit einem Päckchen vor der Scheibe. Eine Schuhlieferung um diese Zeit? Unmöglich! Schuhe wurden immer morgens angeliefert und niemals von Kurieren, sondern mit der normalen Paketpost. Nun, der Kurier sah tatsächlich aus wie ein Kurier. Zögernd öffnete Hallie die Ladentür.

„Hallie Bennett?“, fragte er gelangweilt und drückte ihr ein Päckchen in die Hand, als sie nickte. Sie unterschrieb ein Formular, und dann machte sich der Kurier auf seinem Fahrrad wieder davon. Sie schloss die Tür, löste das Band und entfernte das braune Packpapier: ein Hongkong-Reiseführer sowie eine Visitenkarte von Nicholas Cooper. Eine Geschäftskarte. Offensichtlich war er Softwareentwickler. Gut, wenigstens das über ihn zu wissen. Sie drehte die Karte um.

Marco‘s on Kings, war mit schwarzer Tinte und schwungvoller Handschrift darauf geschrieben. Heute, 19 Uhr. Nick. Sonst nichts.

Hallie atmete hörbar aus und merkte, wie Wut in ihr hochkroch. Was bildete dieser Nick sich eigentlich ein? Sie einfach so irgendwohin zu bestellen. Und dann auch noch ins Marco‘s, angeblich das beste Fischrestaurant der Welt. Äußerst anmaßend! Aber anmaßend war auch sein Kuss gewesen. Und einfach unvergesslich!

Sie schlug den Reiseführer auf. Hongkong – das Tor zum Orient, ging es ihr durch den Kopf. Geld und Geschäfte. Eine Million Kameraläden. Eine Milliarde Neonreklamen.

Hongkong – hier treffen sich Orient und Okzident, las sie im Reiseführer. Eine Stadt zum Verlieben.

Hongkong – Tausende Meilen von diesem Schuhgeschäft entfernt, flüsterte ihre innere Stimme. Heiße Nächte, wunderbare Tage. Asiatische Kultur im Überfluss. Neue Eindrücke. Zehntausend Pfund … Nick Cooper. Mit ihm nach Hongkong. Für eine Woche. Hm. Hm. Hm. Nick Coopers Duft. Nick Coopers Augen. Nick Coopers Küsse …

Mit einem Knall schloss Hallie den Reiseführer.

Das alles hatte seine Vor- und seine Nachteile.

Welche Nachteile?

Zwanzig Minuten später schloss Hallie die Tür des kleinen, aber feinen Apartments in Chelsea auf. Es gehörte Tristan, einem ihrer Brüder, der sich allerdings kaum hier aufhielt, weil er es vorzog, beruflich und auch privat in der Weltgeschichte herumzugondeln und niemals sesshaft zu werden. Glücklicherweise war das so, denn wenn sie noch irgendwo Miete hätte zahlen müssen, könnte sie sich das mit dem Studium komplett abschminken. Momentan war Tris wieder mal in geheimer Mission unterwegs und würde vor morgen nicht zurückkommen.

Zehntausend Pfund. Dieser Gedanke kreiste immer wieder durch ihren Kopf, während sie ihre Sandaletten auszog und in eine Ecke schleuderte.

Nein. Nochmals nein.

Dinner bei Marco‘s – warum nicht? Schließlich war es nur ein Abendessen. Unverbindlich. Sie könnte das Restaurant jederzeit verlassen. Ohne Angabe von Gründen. Sie war ein freier Mensch. Ungebunden.

Nein, es war eben nicht nur ein Dinner. Wenn sie hinginge, würde sie Bereitschaft signalisieren – und ihn fragen, warum er für eine Woche eine Frau brauchte, und das ausgerechnet in Hongkong. Und als Nächstes würde sie nicken und sich bereit erklären, mitzukommen.

Mist!

In Gedanken verloren, stolperte sie über den Flurläufer. Was zum Teufel machte diesen Nicholas Cooper so attraktiv, dass sie im Begriff war, ihren Verstand zu verlieren?

Sein Lächeln? Sein Duft? Seine Augen?

Nicht zu vergessen seine Küsse. Nein, an die durfte sie gar nicht erst denken!

Zehn Minuten vor sieben fasste Hallie den Entschluss, doch ins Marco‘s zu gehen. Hektisch erneuerte sie im Badezimmer ihr Make-up, während sie sich für ihren Entschluss verfluchte. Während sie Wimperntusche auftrug, hörte sie, dass die Wohnungstür aufgeschlossen wurde, dann Schritte eines Mannes im Flur. Huch. War Tris doch schon da?

„Hi.“ Tris stand an der Tür.

„Du bist schon zurück?“, stellte sie fest. „Ich hab dich erst morgen erwartet.“

„Offensichtlich“, sagte Tris. „Hast du was vor? Gehst du aus?“

Hallie nickte. „Ich bin zum Dinner verabredet. Im Marco’s on Kings Road.”

„Edel, edel“, kam es von Tris. „Darf man auch erfahren, mit wem?“

Das war wieder mal typisch Tris. Immer musste er alles ganz genau wissen. „Mit Nick.“ Das musste als Info genügen.

„Nick. Ah ja.“

„Wir haben uns heute kennengelernt. Im Schuhgeschäft.“

„Er trägt also Damenschuhe? Interessanter Mann.“

„Natürlich nicht. Er kam gemeinsam mit seiner Mutter. Für sie hat er dann Schuhe gekauft.“

„Für seine Mutter. Soso.“

Genervt tupfte sich Hallie Rouge auf die Wangen. „Ja, für seine Mutter.“

„Und hat … Nick auch einen Nachnamen?“

„Natürlich hat er einen Nachnamen, aber glaubst du allen Ernstes, ich bin so dumm, ihn dir zu sagen? Du würdest sofort losrennen und alles über ihn rausfinden, um mir dann zu erzählen, wann er das letzte Mal beim Friseur war und welche Zahnpastamarke er benutzt. Außerdem ist es kein Date, sondern ein geschäftliches Treffen.“

„Welcher Art?“

„Oh Tris, wirklich! Das weiß ich noch nicht genau.“ Ganz bestimmt würde sie keine Details herausrücken. „Es hat etwas mit einer Reise zu tun. Oder so ähnlich.“

Tris räusperte sich. „Du triffst dich mit Nick, den du heute kennengelernt hast, geschäftlich zum Dinner, und es hat mit einer Reise oder so ähnlich zu tun. Sehr aufschlussreich.“

Es war an der Zeit, das Thema zu wechseln. Sonst würde Tris zur Hochform auflaufen und sie weiter löchern, und sie würde heute nie mehr bei Marco‘s ankommen.

„Im Kühlschrank ist noch eine Lasagne“, sagte sie zu ihrem Bruder, während sie Lipgloss auftrug, das farblich perfekt zu ihrem roten Haar passte. Dann nahm sie ihre Handtasche und drehte sich zum Gehen um. Abrupt hielt sie inne, als sie ihren Bruder nun richtig wahrnahm.

„Wie siehst du denn aus?“

Sein schwarzes Haar war verfilzt, und seine Kleidung sah aus, als sei sie drei Monate nicht gewechselt worden. Und etwas musste mit seinem Arm geschehen sein. Er hing lieblos bandagiert in einer total verdreckten Schlinge. Aber am schlimmsten war der Blick, mit dem er sie anschaute: Tris sah frustriert und völlig fertig aus.

„Oh Gott, was ist passiert? Bist du in Ordnung?“

„Ich bin okay.“ Tris winkte ab.

„Lügner.“ Sein Anblick schmerzte Hallie. „Soll ich zu Hause bleiben?“, bot sie an.

„Kommt überhaupt nicht in Frage. Einmal im Leben wirst du ins Marco‘s eingeladen, und dann willst du hierbleiben und dich mit mir um eine Lasagne prügeln. Nein.“ Tris‘ Versuch, aufmunternd zu lächeln, scheiterte kläglich. „Nein, geh nur.“

„Dein Job macht dich fertig, stimmt‘s?“

„Ich möchte darüber nicht sprechen.“

Hallie nickte wissend. Tris wollte nie über seinen Job bei Interpol sprechen.

„Mach dir keine Sorgen“, sagte er beruhigend. „Mit mir ist alles okay. Ich werde jetzt heiß duschen und mich dann vor den Fernseher setzen. Und dir wünsche ich einen schönen Abend. Amüsier dich gut.“

Und als Hallie ihre Jacke nahm und zur Wohnungstür ging, rief er ihr nach: „Falls ihr kein Gesprächsthema haben solltet, frag diesen Nick doch einfach, welche Zahnpastamarke er benutzt.“

Nick Cooper wartete grundsätzlich nie länger als eine Viertelstunde, wenn er mit einer Frau verabredet war. Entweder fing er bereits mit dem Essen an, oder er ging. Meistens ging er. Nick hatte sich schon oft gefragt, warum Frauen grundsätzlich zu spät kamen. Was war so aufregend daran, einen Mann warten zu lassen? Glaubten sie, sich dadurch interessanter zu machen? Dachten sie, ein Mann würde sie dann attraktiver finden und sie dafür bewundern? Nicht dass Nick etwas dagegen hätte, eine Frau zu bewundern oder sie attraktiv zu finden, aber da gab es in der Tat andere Möglichkeiten. Bessere, um genauer zu sein. Unpünktlichkeit gehörte definitiv nicht dazu. Egal. Die Viertelstunde jedenfalls war schon längst um.

Gut. Vielleicht wollte sie ja nicht kommen. Aber hätte sie dann nicht wenigstens absagen können? Seine Telefonnummern standen auf der Visitenkarte, die sie mit dem Reiseführer zusammen erhalten hatte, und es wäre zumindest höflich gewesen, ihm eine kurze Nachricht zukommen zu lassen. Langsam bekam Nick schlechte Laune. Er hatte Hunger.

Während er abwechselnd in die Speisekarte und auf die Tafel mit den delikaten Abendempfehlungen starrte, sah er aus den Augenwinkeln, dass die köstliche Hallie im Anmarsch war. Er wandte den Kopf und beobachtete sie ausgiebig. Sie sah umwerfend aus! Nein, umwerfend war der falsche Ausdruck: Sie sah göttlich aus mit ihrem leuchtenden roten Haar, der zarten hellen Haut, den goldbraunen Augen und den unvergesslichen weichen Lippen …

Sofort musste Nick an den leidenschaftlichen Kuss denken, und ihm wurde heiß, als er aufstand, um sie zu begrüßen. Was für ein unvergleichliches Vergnügen war es gewesen, diesen wunderschönen Mund zu küssen, und seine wunderschöne Besitzerin dazu zu bringen, ihn für ihn zu öffnen … Die Versuchung, mehr von ihr kennenzulernen – alles von ihr kennenzulernen –, war groß, sehr groß. Aber er durfte ihr nicht nachgeben. Was er in der kommenden Woche brauchte, war keine leidenschaftliche Gespielin im Bett, sondern eine Partnerin, die charmant seine Ehefrau spielte und ihm damit aus einer prekären Situation half.

Und es schien ganz so, als ob er diese Partnerin in Hallie Bennett gefunden hatte. Hoffentlich.

„Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe“, entschuldigte sich Hallie. „Ich … ich war mir bis zur letzten Minute nicht sicher, ob ich überhaupt kommen sollte. Eigentlich wollte ich nämlich nicht kommen.“

„Und was hat Ihre Meinung geändert?“, wollte er dann wissen, während er ihr den Stuhl zurechtrückte.

„Oh … Hongkong und zehntausend Pfund waren die Gründe.“

Ihr Lächeln lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihre vollen Lippen, deren Farbe perfekt mit dem Altrosaton ihres schmalen Kleides harmonierte, das wiederum perfekt die Linien ihres schlanken Körpers betonte.

„Ihr Kleid gefällt mir“, sagte er unvermittelt.

„Oh, danke sehr.“ Die goldenen Punkte in ihren Augen funkelten. „Mir gefällt es auch. Haben Sie schon etwas bestellt?“

„Nach Ihnen.“

Hallie orderte Muscheln nach Art des Hauses und Nick eine gemischte Fischplatte; dazu wählte er einen trockenen Weißwein aus.

„Ich bin neugierig“, platzte Hallie heraus, nachdem der Ober sich entfernt hatte. „Sie sind wohlhabend, Sie sehen gut aus. Sie sind gesund – Sie sind doch gesund?“

Er lächelte freundlich. „Ja danke, ich erfreue mich bester Gesundheit.“

„Gut.“ Sie beugte sich nach vorn. „Warum um alles in der Welt haben Sie es nötig, sich eine fremde Frau zu mieten?“

Der Ober kam zurück und servierte den Wein. Nachdem Nick probiert und genickt hatte, goss er ihre Gläser voll und entfernte sich.

„Seit einiger Zeit verhandle ich mit einem Geschäftspartner in Hongkong über die Rechte an einem Computerspiel, das meine Firma entwickelt hat“, begann er. „Dieser Geschäftspartner hat eine Tochter, die gerade achtzehn geworden ist und sich unglücklicherweise in mich verliebt hat. Was ich auch sage und tue, sie gibt nicht auf. Vom Heiraten hat sie auch schon geredet. Da fiel mir das mit der Ehefrau ein.“

Hallie nippte an ihrem Glas. Der gut gekühlte Wein schmeckte herrlich. „Das soll ja wohl ein Scherz sein“, sagte sie ungläubig. „Sie als gestandener Geschäftsmann bringen es nicht fertig, einen liebeskranken Teenager abzuwimmeln. Sie nehmen mich auf den Arm, oder?“

„Nein.“ Nick wartete ein paar Sekunden, bevor er weitersprach. „Als ich das letzte Mal in Hongkong war, habe ich im Haus meines Geschäftsfreundes gewohnt. Irgendwann spätabends, nachdem ich mit John Tey, so heißt er übrigens, jede Menge Reiswein getrunken hatte, bin ich in die Gästesuite gegangen. Dreimal dürfen Sie raten, wer da auf mich gewartet hat: Jasmine, seine Tochter. Sie war sozusagen nackt und hat mir unmissverständlich klargemacht, was sie von mir will. Aber sie ist so jung, so verletzlich, ich will ihr nicht wehtun.“

„Und so erfanden Sie einfach eine Ehefrau, die Sie jetzt vorweisen müssen.“

„Genau. Werden Sie mitmachen?“

„Sie kennen doch bestimmt jede Menge attraktiver Damen. Warum fragen Sie nicht eine von denen? Die würden es möglicherweise ja auch ohne Bezahlung tun?“

„Und sie dann möglicherweise wieder loswerden müssen. Außerdem möchte ich nicht, dass in meinem Bekanntenkreis irgendjemand davon erfährt“, erklärte Nick. „Nein, mir ist es lieber, das Ganze läuft ganz geschäftlich ab. Wir schließen einen Vertrag, Sie verpflichten sich zu schweigen, und wenn der Vertrag erfüllt ist, sind Sie zehntausend Pfund reicher, und ich habe eine Sorge weniger.“

„Aaaah ja.“

Nicken.

„Werden Sie mit Ihrer Frau wieder im Haus dieses Geschäftsfreundes und seiner Familie wohnen?“, erkundigte sich Hallie.

„Ja, in der Gästesuite. In dem Haus wohnen allerdings nur John Tey und seine Tochter. Er ist schon seit Längerem verwitwet.“

„Das heißt, Sie und Ihre Frau würden mit John und seiner Tochter essen, mit ihnen plaudern, zum Beispiel über Ihre Hochzeit und die tolle Ehe, die Sie mit Ihrer Frau führen?“ Hallie blickte ihm direkt in die Augen. „Ihre Frau müsste also die ganze Zeit lügen. Und Sie auch.“

Wieder Nicken. „Genau.“

Hallie verschränkte die Arme. „Das sind aber ganz schön viele Lügen auf einmal, Nick. Warum sagen Sie der jungen Dame nicht einfach die Wahrheit? Dass Sie kein Interesse an ihr haben. Oder sagen Sie es ihrem Vater. Er muss dafür doch Verständnis haben.“

„Vielleicht.“ Darüber hatte Nick schon nachgedacht. „Wissen Sie, es ist so: John Tey ist ein knallharter Geschäftsmann. Aber wenn es um Jasmine geht, wird er weich wie Butter. Was seine Tochter haben will, das bekommt sie von ihrem Vater. Alles.“

„Dann muss ich in der falschen Familie groß geworden sein“, erwiderte Hallie. „Ich bin zusammen mit meinem Vater und vier älteren Brüdern aufgewachsen und habe definitiv nie bekommen, was ich wollte.“

„Sehr witzig.“

„Es könnte aber auch sein, dass dieser John Tey ein geschäftliches Interesse daran hat, dass Sie seine Tochter heiraten. Das würde doch Sinn machen, oder?“

„Durchaus“, sagte Nick. „Ich darf kein Risiko eingehen, es mir mit Tey zu verscherzen.“ Er wollte Jasmine nicht heiraten. Zum jetzigen Zeitpunkt wollte er niemanden heiraten! Plötzlich kam ihm wieder in den Sinn, was Hallie soeben gesagt hatte. „Sie haben wirklich vier ältere Brüder?“

„Fangen Sie nicht auch noch damit an“, fauchte sie. „Keine Sorge, sie sind alle friedlich.“

„Na hoffentlich. Aber wir sind vom Thema abgekommen. Für die Woche in Hongkong brauche ich eine Frau. Machen Sie mit?“

Bevor sie antworten konnte, kam das Essen. Während der Ober servierte, schwiegen sie, und Hallie merkte, dass sie schrecklichen Hunger hatte. Ihr Muschelgericht sah sehr lecker aus.

Nick beobachtete sie. Irgendwie wirkte sie anders als mittags in diesem Schuhgeschäft. Nachdenklicher. Lebhafter.

„Ich muss mehr über Sie erfahren“, brach Hallie schließlich das Schweigen. „Jedenfalls mehr als das, was ich jetzt über Sie weiß. Denn eigentlich weiß ich nichts.“

Er nickte. „Ich werde Ihnen einen Lebenslauf schicken.“

„Oh nein. Ich möchte nichts Schriftliches. Jedenfalls keinen Lebenslauf. Ich mag die persönliche Ebene lieber. Sie zeigen mir, wo Sie arbeiten, erzählen mir von Ihrer Kindheit und was Sie so alles erlebt haben, wie Sie wohnen; eben all das. So lernen wir uns auch gleich viel besser kennen. Und es wirkt glaubwürdiger, wenn ich von Ihrem schönen Büro erzähle und es auch tatsächlich schon mal gesehen habe.“

Nick sah nicht gerade begeistert aus.

„Zusätzlich können Sie mir natürlich einen Lebenslauf schicken, das kann ja nicht schaden“, fuhr Hallie fort. „Außerdem sollten wir einige Regeln aufstellen.“

„Regeln?“ Nick runzelte die Stirn und aß dann langsam weiter. „Welche Regeln denn bitte?“ Er hasste Regeln.

„Ich möchte zum Beispiel, dass wir nur Körperkontakt haben, wenn es unbedingt erforderlich ist“, fing Hallie an. „Also beim Abendessen, falls wir mal auf einem Empfang sind – eben immer nur dann, wenn andere Leute dabei sind und es wichtig ist, unsere Zusammengehörigkeit zu demonstrieren.“

„Gut.“ Er lächelte. „Das ist überhaupt kein Problem.“ Warum musste er jetzt schon wieder ans Küssen denken? „Noch was?“

„Ja. Eins möchte ich von vornherein klarstellen: Ich bin keine von diesen albernen und ewig lächelnden Ehefrauen, die ihren Mann anhimmeln und grundsätzlich nicken, egal, was er von sich gibt. Ich habe meine eigene Meinung, und die werde ich auch äußern.“

„Das heißt, Sie werden überhaupt nicht lächeln. Oder mich ein wenig anhimmeln? Schade.“

Hallies Augen blitzten kämpferisch. „Das ist kein Scherz. Ich meine das verdammt ernst.“

„Gut, kein Lächeln, kein Anhimmeln. Verstanden. Können Sie denn wenigstens besitzergreifend sein?“

„Sie meinen … eifersüchtig? Oh ja, kein Problem. Da spiele ich Ihnen das gesamte Repertoire – bis zur Furie, falls gewünscht.“

Nick schüttelte den Kopf. „Furie? Nein, das würde nicht zu einer Lady passen.“

Hallie ließ den Löffel sinken. „Sie haben nie gesagt, ich soll mich wie eine Lady verhalten.“

Sie trank einen Schluck Wein und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Ein Anblick, der Nicks Fantasie beflügelte, ebenso wie ihre Worte. In Gedanken stellte er sie sich alles andere als ladylike vor: wild, heiß, hemmungslos … Der Puls pochte in seinen Ohren, das Blut schien wie glühende Lava durch seine Adern zu fließen. Wie konnte eine Frau einen mit einem einzigen Satz, mit einer einzigen Geste so erregen?

„Da wäre übrigens noch etwas, das ich gern vorher abklären würde …“

Ihre Worte drangen nicht in seinen lustvollen Tagtraum.

„Erde an Nicholas Cooper. Hallo!“ Sein abwesender Blick verriet ihr, dass Nick mit seinen Gedanken ganz woanders war – und diese Gedanken hatten ganz sicher nichts Geschäftliches an sich. Oh, Männer. Sie waren so leicht zu durchschauen! „Nick!“, rief sie noch ein wenig lauter. „Können Sie mich hören?“

„Oh ja, ich … Entschuldigen Sie bitte, ja, ich höre.“ Nick starrte sie an. Gespannt. Erwartungsvoll. „Was wollten Sie sagen?“

Er sah so gut aus. So verdammt gut. Und diese Stimme … Aber halt, hier ging es nur um eine rein geschäftliche Beziehung. Und sonst gar nichts. Auch wenn es überaus verlockend war, in eine andere Richtung zu denken.

Hallie beugte sich vor. „Mein Rückflugticket werde ich immer bei mir haben.“

2. KAPITEL

Hallie konnte im Nachhinein nicht mehr genau sagen, wessen Idee es gewesen war, nach dem Abendessen im Marco‘s noch in Nicks Büro zu gehen. Sie hatte irgendwann nicht mehr auf die Uhr geschaut und möglicherweise auch ein klein wenig zu viel getrunken. Aber welche Rolle spielte das? Während sie durch die kühle Nacht liefen, dachte sie die ganze Zeit, dass es sich ja nur um eine geschäftliche Beziehung handelte. Nick hatte ihr seine Jacke um die Schultern gelegt, und dankbar kuschelte sie sich in den warmen Stoff, der seinen Duft verströmte. Dass die ritterliche Geste bewirkte, dass sie sich sehr weiblich fühlte, war irrelevant. Ebenso wie die Tatsache, dass Nick jede Menge Charme versprühte und ein unterhaltsamer Begleiter war. Sie hatten kein Date, sondern nur eine geschäftliche Verabredung.

Nicks Büro befand sich nur ein paar Blocks weiter, im älteren Teil von Chelsea.

„Ich müsste mal kurz telefonieren“, sagte Hallie, während sie auf den Eingang zuliefen. „Einer meiner Brüder macht sich sonst Sorgen um mich. Wir wohnen zurzeit zusammen“, fügte sie erklärend hinzu, während sie ihr Handy aus der Handtasche holte. Schnell wählte sie Tristans Nummer und betete, dass die Mailbox anspringen würde, damit sie nicht die zermürbenden Fragen ihres überfürsorglichen Bruders beantworten musste. Sie hatte Glück. Der Anrufbeantworter war eingeschaltet, und schnell sprach sie ihre Nachricht aufs Band.

„So bin ich nun mal“, erklärte sie, als sie bemerkte, dass Nick sie lächelnd ansah.

„Ich finde es sehr sympathisch, wenn Sie Ihren Bruder anrufen, weil er sich sonst Sorgen macht.“

Nette Antwort!

Sie gingen zum Lift, die Türen schlossen sich, und auf einmal war es sehr intim in der kleinen Kabine. Sehr, sehr intim. Verstohlen musterte Hallie ihren Begleiter. Und wieder beeindruckte sie sein Aussehen. Plötzlich merkte sie, wie aufgeladen die Atmosphäre zwischen ihnen war. Der Wunsch, Nick zu berühren, erwachte in ihr, aber nein, das war keine gute Idee. Als er sich ihr nun zuwandte und ihr sein unwiderstehliches Lächeln schenkte, wurden ihr die Knie weich.

Zum Glück hielt der Lift, die Türen öffneten sich, und sie stiegen aus.

Nick führte sie in seine Bürosuite.

„Wow“, entfuhr es Hallie beim Anblick des imposanten Empfangskomplexes. An den Wänden hingen diverse Cartoons und andere Bilder, geradeaus blickte man in eine Küche, in der ein Getränkeautomat, gefüllt mit Coca-Cola, Mineralwasser und anderen Erfrischungen, stand. Durch Glasfronten blickte man in die einzelnen Büros, in denen ein organisiertes Chaos zu herrschen schien. Überall Computer, Fernseher, Spielkonsolen, Aktenordner, lose Blätter, üppige Pflanzen.

„Wie viele Leute arbeiten hier?“, wollte Hallie wissen.

„Mit mir insgesamt zwölf.“

„Lassen Sie mich mal raten – es sind alles Männer.“ Hallie versuchte, ihre Stimme nicht allzu sarkastisch klingen zu lassen.

„Fast“, bestätigte ihr Nick. „Außer Fiona, unserer Sekretärin. Leider weigert sie sich, hinter uns herzuräumen. Aber sie ist ein Goldstück.“

„Ihre Einstellung ist mir sehr sympathisch“, versetzte Hallie.

Nick lachte auf. „Sie reden wie Clea. Emanzipiert, emanzipiert.“ Er öffnete eine der Glastüren und ließ Hallie den Vortritt in einen großzügig geschnittenen Raum mit wunderbarem Ausblick auf die Stadt. Hier herrschte ebenso viel Chaos wie in den anderen Räumen.

„Das ist mein Büro.“

An der Wand entdeckte Hallie einen Basketballkorb. „Wofür ist der denn?“

„Bälle werfen hilft einem, auf gute Ideen zu kommen.“ Nick grinste. „Leider klappt‘s nicht immer.“

„Aha.“ Hallie musterte den großen Flachbildschirm und die beiden bequemen Sessel, die davor standen. „Offensichtlich entspannen Sie auch gern beim Fernsehen.“

„Nein.“ Nick zeigte auf die Spielkonsole, die sich neben dem Fernsehgerät befand. „Hat alles mit Arbeit zu tun. Die neuesten Spiele müssen ja getestet werden, bevor wir sie auf den Markt bringen können.“

„Natürlich.“ Wie hatte sie nur ein ganz normales Büro mit einer ganz normalen Einrichtung erwarten können bei einem Mann wie Nick? „Vielleicht sollten Sie mir mehr über diese Spiele erzählen“, schlug Hallie vor. „Wenn wir erst mal verheiratet sind, muss ich ja mitreden können. Ach so … wie lange sind wir eigentlich verheiratet?“

„Darüber habe ich noch gar nicht so nachgedacht.“ Nick zog die Augenbrauen hoch. „Vielleicht drei Monate. Oder ein wenig kürzer. Jedenfalls war ich bei meinem letzten Aufenthalt in Hongkong noch nicht verheiratet.“

„Verstehe.“ Hallie nickte. „Gut, nun zu den Spielen. Was genau ist das, was Sie da erfinden?“

Nick rückte einen Stuhl zurecht, und Hallie setzte sich. Dann schaltete er den Fernseher und die Konsole an, nahm die beiden Controller und drückte Hallie einen davon in die Hand. Lärmende Eröffnungsmusik erklang. Eine gefährlich aussehende Zeichentrickfrau sprang ins Bild und blitzte sie böse an.

„Interessant“, sagte Hallie höflich. „Und was macht sie so?“

Nick nahm neben ihr Platz. „Meistens kämpft sie. Drücken Sie mal irgendeinen der Knöpfe.“

Hallie tat, was er sagte, und die Frau tobte mit Karatebewegungen wild über den Bildschirm.

„Das ist Xia.“ Nick war sichtlich stolz. „Sie will den Mars erobern.“

„Interessant“, wiederholte Hallie. „Besonders im Hinblick auf ihre spärliche Bekleidung und die Zwölfzentimeter-Stilettos.“ Sie drückte auf den Knöpfen herum, woraufhin Xia anfing, Feuer zu spucken.

Fragend starrte Nick sie an.

„Nicht gerade sehr glaubwürdig“, fand Hallie. „Die Schuhe jedenfalls sind eine Fehlkonstruktion“, stellte sie dann sachlich fest.

„Na ja, mit Schuhen kennen Sie sich vermutlich besser aus als ich.“ Nick drückte auf Stopp und sah Hallie fragend an. „Sagen Sie mal, was haben Sie eigentlich gemacht, bevor Sie Schuhe verkauft haben?“

„Ich war Croupier in einem Kasino. In Sydney“, erzählte sie.

„Aha. Und warum haben Sie aufgehört?“

„Ganz einfach. Mir hat das Tageslicht gefehlt. Wenn man von neun Uhr abends bis fünf Uhr morgens im Kasino arbeitet und den ganzen Tag verschläft, weiß man irgendwann nicht mehr, was das Wort Sonne eigentlich bedeutet.“

„Verstehe. Und davor?“

„Davor habe ich für einen Hungerlohn in einem Pudelsalon gejobbt.“

„Wo?“

„In einem Pudelsalon. Die Pudel werden gebadet, frisiert, zurechtgemacht. So wie beim Friseur eben.“

Nick lächelte. „Sie haben ja schon einiges hinter sich mit Ihren gerade mal …“ Er stockte. „Ich habe noch gar nicht gefragt, wie alt Sie eigentlich sind.“

„Ich bin vierundzwanzig“, verriet Hallie. „Keine Angst. Ich bin keine achtzehn mehr.“

Er grinste. „Ich könnte Ihnen jetzt ein ganz blödes Kompliment machen, aber das lasse ich lieber. Ich bin übrigens dreißig.“ Für einen kurzen Augenblick herrschte Schweigen.

„Was tut man nicht alles, um Geld für sein Studium zusammenzubekommen“, sagte Hallie dann. „Ich habe es mir nun mal in den Kopf gesetzt, Kunstgeschichte zu studieren, und was ich mir in den Kopf gesetzt habe, ziehe ich normalerweise durch.“

„Kunstgeschichte allgemein?“ Nick war interessiert.

„Halb und halb. Schwerpunkt Asien. Das hat mich schon immer fasziniert. Mein Diplom für Kunstwissenschaft habe ich schon in der Tasche. Und nun möchte ich gern hier in London weiterstudieren – den speziellen Studiengang für Asien. Bei Sotheby‘s.“

„Warum ausgerechnet Asien?“

„Mein Vater ist Professor für Kunstgeschichte mit Schwerpunkt chinesische Keramik. Schon als kleines Mädchen habe ich immer in seinem Arbeitszimmer herumgeschnüffelt und die riesigen bunten Kunstbücher quasi verschlungen. Die Geschichte der einzelnen Stücke, zum Beispiel einer Mingvase, hat mich fasziniert.“

„Sie treten also sozusagen in die Fußstapfen Ihres Vaters. Er muss sehr stolz auf Sie sein!“

Hallies Blick verschleierte sich. „Ach, mein Vater interessiert sich nicht so sehr für mich und das, was ich getan habe oder tue. Trotzdem werde ich meinen Weg gehen. Und ich habe schon einiges gelernt. Ich habe ein gutes Auge, wirklich.“ Sie beugte sich nach vorn und sah Nick ernst an. „Beispielsweise bin ich mir absolut sicher, dass die Mingvase, die im Central Museum steht, eine Fälschung ist.“

Nick starrte sie ungläubig an.

„Gut“, korrigierte sich Hallie. „Ich bin mir zu neunzig Prozent sicher.“

„Warum vergeuden Sie dann Ihre Zeit mit Schuhverkäufen und studieren nicht einfach weiter?“

„Sie sind gut. Das würde ich ja gern. Aber ich brauche erst mal das Geld für die letzten beiden Semester.“

„Indem Sie Schuhe verkaufen?“

„Da spricht der erfolgreiche Geschäftsmann.“ Sie blitzte ihn an. „Sie haben es wohl noch nie nötig gehabt, irgendwelche Aushilfsjobs anzunehmen? Es ist nun mal so, dass ich Geld brauche, und um Geld zu verdienen, muss man Jobs annehmen. Leider liegen gut bezahlte Studentenjobs nicht auf der Straße herum.“

„So war das doch gar nicht gemeint. Ich dachte nur, wenn Ihr Vater Professor ist, wird er ja nicht gerade arm sein und könnte Sie finanziell unterstützen.“

„Nein.“ Hallies Stimme verriet, dass es besser war, nicht weiter nachzufragen. Ihre Brüder hatten ihr Geld angeboten, ebenso wie ihr Vater, aber sie hatte abgelehnt, wollte es aus eigener Kraft schaffen. Die einzige Unterstützung, die sie annahm, war die Möglichkeit, umsonst bei Tris zu wohnen. Hätte er ihr diesen Vorschlag nicht gemacht, wäre sie gar nicht erst nach London gekommen – unmöglich bei den horrenden Mieten.

„Wie viel Geld fehlt Ihnen denn noch, damit Sie Ihr Studium abschließen können?“ Nick schien wirklich interessiert zu sein.

„Exakt zehntausend Pfund. Und natürlich noch mal extra was für Essen, Trinken und Sonstiges. Fünftausend Pfund habe ich auf die hohe Kante gelegt. Mit Ihren zehntausend zusätzlich müsste es ausreichen.“

Nick schmunzelte. „Was dann? Wollen Sie durch die Welt reisen und antike Schätze suchen oder so?“

„Ja, genau. Wie Lara Croft oder Indiana Jones“, gab Hallie spöttisch zurück.

„Sie würden eine gute Lara abgeben“, sagte Nick dann. „Ehrgeizig, zielstrebig und sexy.“ Mist. Wie konnte er das nur sagen?

Zum Glück schien Hallie es mit Humor zu nehmen. „Danke sehr. Aber vielleicht möchte ich lieber so sein wie Ihre Xia hier. Böse und unnahbar.“

„Tatsächlich?“

„Möglicherweise. Vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls scheint sie ein ganz schönes Durchsetzungsvermögen zu haben. Was bekommt Xia eigentlich zur Belohnung, wenn sie einen Kampf gewonnen hat?“

„Punkte.“

„Wie, Punkte?“

„Dann erhält sie neue Waffen, um die immer listiger werdenden Feinde besiegen zu können.“

Hallie deutete auf das Standbild. „Ich finde, ein Besuch beim plastischen Chirurgen wäre eher angebracht. Ihre Brüste sind so überdimensional, dass es fast schon lächerlich wirkt.“

Nick grinste breit. „Sie vergessen, dass fast ausschließlich Männer unsere Spiele kaufen. Ich finde Xias Oberweite völlig in Ordnung. Schließlich ist sie eine Figur aus einem Fantasyspiel, und die haben fantastische Brüste.“

Hallie seufzte und verdrehte die Augen.

„Ihre Brüste gefallen mir aber auch sehr“, entfuhr es ihm.

„Sie sind jedenfalls echt.“ Hallie setzte sich aufrecht hin und warf ihm einen Seitenblick zu. „Dies nur zur Info für Sie, falls irgendjemand mal danach fragen sollte, wenn wir in Hongkong sind.“

„Ich bin beeindruckt.“ Nicks blaue Augen funkelten. Kleine Teufelchen schienen darin zu tanzen. Hallie musste schlucken. „Sie sehen wirklich sehr einladend aus. Ich sollte sie mir vielleicht einmal näher anschauen, sozusagen ein gutes Gefühl für sie bekommen. Wie heißt es doch: Probieren geht über studieren.“

Obwohl sich bei seinen Worten und der Vorstellung, wie er sie berührte, ihre Brustwarzen aufrichteten, konterte sie glatt: „Wir haben eine Abmachung. Körperkontakt nur dann, wenn es unbedingt erforderlich ist – also dann, wenn andere dabei sind. Hier sind wir allein.“

„Ja, leider“, sagte Nick langsam. „Sie können einen wirklich verrückt machen. Ich … mag Frauen wie Sie. Sie sind … anders.“

Oh Gott, dachte Hallie und bemühte sich verzweifelt, ein neues Thema zu finden. Sie sah wieder auf das Fernsehstandbild. „Und dieses Spiel ist also nur für Männer entwickelt worden. Für uns Frauen ist nichts dabei außer diesem zugegebenermaßen sehr stark vibrierenden Controller?“, fragte sie spöttisch.

„Doch. Shang.“

„Wie bitte?“

„Prinz Shang. Warten Sie.“ Er drückte auf den Knöpfen herum und suchte eine bestimmte Szene. „Hier. Das ist Shang.“ Nun erschien ein hochgewachsener, breitschultriger Mann mit dichtem dunklem Haar, der vor Muskeln nur so strotzte, auf dem Bildschirm.

Hallie beugte sich interessiert nach vorn. „Oha“, sagte sie dann zynisch. „Hat er eine Handgranate in der Hose oder macht mein Anblick ihn scharf?“

Nick schüttelte den Kopf. „Sie nehmen wohl nie etwas ernst.“

„Oh Nick, ich bitte Sie. Das ist ein Spiel. Warum sollte ich das ernst nehmen?“

„Nun, sicher, warum sollten Sie? Ich muss es aber ernst nehmen. Wir haben drei Jahre daran gearbeitet, und jetzt sind wir endlich fertig. Und ich hoffe, dass es gut ankommt. Wenn nicht, ist eine Menge Geld futsch. Dass John Tey Interesse daran hat, es auf den asiatischen Markt zu bringen, ist immens wichtig für uns. Ich kann es mir einfach nicht leisten, ihn zu verärgern. Ihn nicht und seine Tochter auch nicht. Tja. An diesem Punkt kommen Sie ins Spiel.“

„Ins Spiel?“, konterte Hallie. „Na, das passt ja. Aber Nick, halten Sie mich für naiv oder sonst was, ich frage es trotzdem: Meinen Sie nicht, dass es ein Fehler ist, John Tey die Lüge aufzutischen, Sie seien verheiratet? Wenn er die Wahrheit rausbekommt, ist er möglicherweise so verärgert, dass er die geschäftlichen Beziehungen zu Ihnen beenden wird.“

„Wenn Sie eine andere Idee haben – bitte, ich höre.“

„Ich habe keine andere Idee“, sagte Hallie. „Ich habe nur meine Bedenken geäußert.“

Nick antwortete nicht. Er schien nachzudenken und sah konzentriert aus. Ernst. Sein Plan, John Tey hinters Licht zu führen, schien ihm schwer im Magen zu liegen. Eine Welle der Sympathie durchflutete sie. Am liebsten wäre sie zu ihm gegangen und hätte ihn getröstet. Hätte ihm über das volle dunkle Haar gestrichen. Ihre Lippen auf seinen Mund gepresst. Gefühlt, wie Hitze und Verlangen sie durchströmten … Halt! Das hatte mit Sympathie nichts zu tun.

Das war pure Leidenschaft!

„Hallie? Hallie? Ist alles in Ordnung? Sie sehen so aus, als würde es Ihnen nicht gut gehen.“

„Oh nein, alles okay. Es ist nur … mein Magen. Vielleicht waren die Muscheln verdorben oder so. Wird schon wieder weggehen.“

„Die Muscheln? Ich glaube nicht, dass die schlecht waren. Ich glaube eher, die Situation macht Ihnen zu schaffen“, mutmaßte Nick. „Bitte, Hallie, sagen Sie es mir jetzt: Sind Sie dabei oder nicht? Ich muss es wissen.“

Hallie atmete tief durch und wollte spontan „Ja“ sagen. Nicht, weil sie nach Hongkong wollte, nicht wegen des bevorstehenden Abenteuers, nicht wegen des Geldes, nein, einzig und allein um mehr Zeit mit Nick Cooper verbringen zu können. Genau mit dem Nick Cooper, der bereit war, ihr am Ende der Woche zehntausend Pfund zu zahlen, damit sie ihn wieder verließ.

Eine vernünftige Frau würde jetzt ablehnen und sich viel Herzschmerz ersparen, echten, tiefen, wahren Herzschmerz, den man sich garantiert einhandelte, wenn man sich in einen Mann wie Nick Cooper verliebte. Eine smarte Frau würde die Flucht ergreifen, solange es noch möglich war. Und genau das sollte sie auch tun.

Doch statt Nein zu sagen, fragte sie: „Glauben Sie an Schicksal, Nick?“

„Das kommt darauf an. Warum?“

„Ich finde, wir sollten das Spiel entscheiden lassen. Xia und Shang gegen die Marsmenschen. Wenn wir sie besiegen, fliegen wir als Mann und Frau nach Hongkong. Wenn wir verlieren, werden Sie alleine losziehen und mit Mr. Tey und seiner Tochter klarkommen müssen. Okay?“

„Sie meinen es ernst, nicht wahr?“

Hallie nickte und hielt ihm die Hand hin.

Er schlug ein. „Abgemacht.“

Zwei Stunden später war die Entscheidung gefallen. Sie würden gemeinsam nach Hongkong fliegen.

Hallies Telefon, das auf dem Nachttisch stand, klingelte und klingelte und klingelte. Oh nein. Mit geschlossenen Augen tastete sie danach. Wer um alles in der Welt rief mitten in der Nacht an? Sie war doch gerade erst schlafen gegangen. Der Abend mit Nick war lang gewesen. Und anstrengend.

Endlich, da war der Hörer. Sie nahm ab und hielt ihn ans Ohr. „…lo“, murmelte sie schlaftrunken.

„Können Sie heute etwas früher aus Ihrem Schuhsalon verschwinden?“, fragte eine muntere, unverschämt wache Stimme.

„Nick?“ Hallie rieb sich die Augen und rollte sich auf die Seite.

„Ja, ich bin es.“ Er klang ungeduldig.

„Können wir diese Entscheidung verschieben, bis es Morgen ist?“ Sie gähnte laut.

„Es ist Morgen. Liegen Sie etwa noch im Bett?“

Nun öffnete Hallie die Augen und schaute auf die Digitalziffern ihres Radioweckers. Viertel vor sechs. Allmächtiger. Wieso war er schon wach und vor allen Dingen so unglaublich gut drauf? Er war ein Frühaufsteher! Diese Erkenntnis musste sie erst mal verdauen.

„Nick, ich muss noch lange nicht aufstehen“, sagte sie und musste schon wieder gähnen. „Heute ist mein freier Tag. Also, was immer Sie mir zu sagen haben, sagen Sie es schnell, damit ich weiterschlafen kann. Und ich hoffe für Sie, dass es wichtig ist. Ich hasse es nämlich, aus dem Schlaf gerissen zu werden.“

„Es ist wichtig“, verkündete Nick munter. „Wir treffen uns um vierzehn Uhr vor Tiffany‘s. Wegen der Ringe.“

„Ringe? Welche Ringe?“ Plötzlich war Hallie hellwach. „Tiffany‘s? Der Juwelier?“

„Wir brauchen doch Eheringe“, erklärte Nick. „Also, um vierzehn Uhr in der Old Bond Road. Ich kenne den Geschäftsführer. Er ist bereit, mir einige Schmuckstücke zu leihen. Nicht nur Eheringe. Sie müssen ja entsprechend ausstaffiert werden. Danach gehen wir einkaufen. Sie brauchen angemessene Kleidung.“

Oha. Ein Mann, der freiwillig mit einer Frau einkaufen ging – das gab‘s doch nicht. Hallie setzte sich auf. „Sind Sie schwul?“, entfuhr es ihr.

Nick lachte. „Nein, keine Sorge.“

„Okay. Aber Sie tragen in Ihrer Freizeit gern Frauenkleidung. Sie sind ein Transvestit.“

„Auch nicht.“

„Dann sind Sie betrunken.“

„Ich muss Sie enttäuschen. Sie liegen mit allen Vermutungen falsch. Ich möchte lediglich, dass Sie in Hongkong perfekt aussehen. Wir werden mit reichen Leuten zusammenkommen, und ich glaube nicht, dass Sie allzu viel Designerkleidung besitzen. Alles soll doch glaubwürdig sein.“

„Soll ich mich nicht besser gleich Jackie Kennedy nennen?“, zischte Hallie eingeschnappt. „Kommt sie in Ihren erotischen Fantasien vor?“

„Jackie Kennedy war nicht mein Typ“, erwiderte Nick amüsiert. „Ich habe auch nicht an den First-Lady-Look gedacht, aber Sie können auch nicht wie Madonna rumlaufen.“

Sollte sie jetzt beleidigt sein? Nun, immerhin hatte er sie mit einem Superstar verglichen.

„Äh … und wer soll das alles bezahlen?“, fragte Hallie nun vorsichtig.

„Ich bezahle das. Betrachten Sie es als eine Art Sonderzulage.“

Hallie streckte sich. „Ich liebe diesen Job. Um vierzehn Uhr, sagten Sie? Bei Tiffany‘s? Gut. Ach, da fällt mir noch was ein.“

„Was denn?“ Er klang sehr selbstzufrieden, so, als sei er wahnsinnig stolz darauf, mal wieder sein Ziel erreicht zu haben. Als sei sie sein kleines Spielzeug, das funktionierte.

„Bringen Sie Ihre Mutter mit.“

Obwohl sie um Punkt vierzehn Uhr bei Tiffany‘s ankam, standen Nick und Clea bereits vor der Eingangstür. Clea sah nachdenklich aus, während Nick wieder sehr selbstzufrieden wirkte.

„Wir waren schon etwas früher da“, erklärte er ihr sachlich. „Alles ist bereits erledigt. Stuart, der Geschäftsführer, hat mir einige Stücke mitgegeben. Sie werden Ihnen bestimmt gefallen.“

Was bildete der Mann sich ein? Sie unterdrückte die aufsteigende Wut. „Aha“, sagte sie beherrscht. „Was macht Sie da so sicher? Sie wissen ja gar nicht, was mir gefällt. Glauben Sie etwa, dass ich unfähig bin, selbst etwas Schönes auszusuchen? Davon mal ganz abgesehen, kennen Sie meine Ringgröße doch gar nicht. Was, wenn der Ring nicht passt?“

„Meine Liebe, beruhigen Sie sich doch“, meinte Clea besänftigend. „Hier, probieren Sie mal.“ Sie zog einen ihrer Ringe vom Finger, einen Platinring, der mit einem großen, aber schlichten Brillanten besetzt war. „Wir haben diesen als Vorlage genommen. Ich habe ein gutes Auge für Größen und bin mir sicher, dass er passt.“

Mürrisch nahm Hallie den Platinring und streifte ihn über ihren rechten Ringfinger. Perfekt. Das machte sie noch wütender.

„Und? Passt er?“, fragte Nick betont fürsorglich und ein ganz klein wenig schadenfroh. „Also ich finde, er sitzt wie angegossen.“

Sadist, dachte Hallie böse und schaute noch mal sehnsüchtig auf die Eingangstür von Tiffany‘s, Londons Juwelenparadies. Dann zog sie den Ring ab und gab ihn Clea zurück.

„Konnten Sie denn schon abklären, ob Sie nächste Woche freihaben?“, wollte Nick wissen.

„Kein Problem.“ Sie liefen langsam die Straße entlang. „Ich habe vorhin den Besitzer des Schuhgeschäfts angerufen. Seine Nichte springt für mich ein.“ Wenn alles nach Plan lief, musste sie nie wieder diesen langweiligen Job machen, eine Tatsache, die sie definitiv nicht bedauerte.

„Was sagt Ihr Bruder dazu?“, fragte Nick weiter. „Also der, bei dem Sie wohnen. Haben Sie ihm erzählt, dass Sie mit einem fast fremden Mann nach Hongkong fliegen?“

„Nein, habe ich nicht. Aber er ist nächste Woche ebenfalls beruflich unterwegs und wird das möglicherweise gar nicht mitbekommen. Eine Nachricht werde ich ihm trotzdem hinterlassen. Wohin gehen wir jetzt?“

Clea strahlte sie an. „Jetzt werden wir jede Menge Geld ausgeben“, freute sie sich. „Auf in den Kampf.“

Zehn Minuten später standen sie vor einer der exklusivsten, teuersten und angesagtesten Boutiquen in Knightsbridge. Hallie wurde ein wenig schwummerig. Für das Geld, was ein schlichtes Kleid hier kostete, könnte man sich in einem Kaufhaus ungefähr zwanzig kaufen.

„Sind Sie wirklich sicher, dass wir da reingehen wollen?“, fragte sie vorsichtig und deutete auf die edle Eingangstür aus Mahagoni. „Ich habe ja nichts dagegen, gut angezogen zu sein, aber müssen wir in einem so teuren Laden einkaufen?“

Clea lachte. „Keine Sorge, meine Liebe. Ich bekomme hier einen anständigen Rabatt. Außerdem sollten Sie sich um so was wie Bezahlen heute ganz sicher keine Gedanken machen.“

Gebannt starrte Hallie auf ein traumhaftes Outfit im Schaufenster. „Ich glaube, ich muss euch warnen“, erklärte sie. „Shopping ist nicht so wirklich mein Ding. Ich habe immer noch Albträume, wenn ich daran denke, wie meine Brüder mit mir einkaufen gegangen sind und mir vorgeschrieben haben, was ich tragen sollte. Kleidchen mit langen Ärmeln, Rollkragensweater und Strohhüte mit breitem Rand …“

„Sehr vernünftig von Ihren Brüdern“, befand Clea. „Sonst hätten Sie einen Sonnenbrand bekommen, und Ihr Teint wäre nicht so ebenmäßig, wie er jetzt ist. Man sollte die australische Sonne eben nicht unterschätzen.“

Hallie war enttäuscht. Sie hatte gehofft, in Nicks Mutter eine Verbündete zu finden. „Wissen Sie, Clea, ich musste lange gegen meine Brüder kämpfen, die mich immer nur in mausgrauer Kleidung sehen wollten. Ich denke, jetzt ist es an der Zeit, dass ich mir endlich mal meine eigene Garderobe aussuche. Sind wir uns in diesem Punkt einig?“

„Nun, ich …“

„Natürlich werde ich Sie nach Ihrer Meinung fragen, aber die letzte Entscheidung treffe ich.“ Hallie straffte die Schultern und segelte in die Nobelboutique.

Die Einrichtung strahlte Klasse und kühle Eleganz aus. Hier hatte ein Edeldesigner sein Bestes gegeben. Die Verkäuferinnen wirkten mit ihren gestylten Haaren und in den angesagten Outfits wie Laufstegmodelle. Sie begrüßten Clea mit ihrem Namen und wandten sich dann Hallie zu.

„Größe sechsunddreißig, denke ich“, sagte die Chefverkäuferin, nachdem sie Hallies Figur gemustert hatte.

„Eher achtunddreißig.“

Die Verkäuferin lachte. „In diesem Geschäft wird Ihnen Größe sechsunddreißig passen“, versicherte sie freundlich.

Plötzlich war die Dame Hallie sehr sympathisch.

„Gibt es Farben, die Sie bevorzugen oder ablehnen?“

„Nein … eigentlich mag ich alle Farben.“ Hallie zuckte mit den Schultern.

„Nun, die Frage ist wohl eher, ob alle Farben Sie mögen.“ Die Verkäuferin lächelte aufmunternd. „Ich denke, wir beginnen mit grau.“

Grau? Hallie wollte protestieren, doch die nette Verkäuferin hatte schon eine tailliert geschnittene Jacke mit passendem Rock von einer Stange genommen und reichte ihr die Sachen.

„Hm“, machte Hallie und hielt das Outfit vor ihren Oberkörper. Sie schaute zu Nick. „Was meinen Sie?“

„Jetzt bin ich etwas verwirrt“, antwortete der. „Wenn ich jetzt sage, dass es mir gefällt, werden Sie es nicht nehmen, auch wenn es Ihnen gut gefällt. Wenn ich sage, es gefällt mir nicht, werden Sie es nehmen, auch wenn Sie es schrecklich finden. Stimmt‘s?“

„Stimmt. Also, wie ist Ihre Meinung?“

„Probieren Sie es an.“

Als Hallie aus der Umkleidekabine kam, drehte sie sich einmal um sich selbst. „Und? Wie finden Sie es?“

Er sagte gar nichts und beobachtete sie mit teilnahmsloser Miene.

„Jetzt sagen Sie doch schon was.“ Hallie breitete die Arme aus. „Lassen Sie mich raten: Es gefällt Ihnen nicht. Sie haben sich was anderes vorgestellt.“

„Nein“, sagte Nick. „Es steht Ihnen ausgezeichnet. Es ist elegant. Edel. Genau richtig.“

Hallie betrachtete sich im Spiegel. Elegant? Normalerweise kein Begriff, mit dem sie sich selbst beschreiben würde. Die Teile waren aus reinem Kaschmir, schmiegten sich angenehm an ihren Körper und saßen wie angegossen. Noch nie hatte sie solch edle Stücke getragen. Selbst an die Farbe konnte man sich gewöhnen …

„Meinen Sie wirklich, dass es zu mir passt?“, fragte sie Nick. „Oder bin das nicht ich?“

„Sehen Sie es einfach als Arbeitsoutfit. Als das Outfit der Ehefrau eines Unternehmers.“

„Ich kenne aber gar keine Unternehmerfrauen.“ Hallie runzelte die Stirn. „Wie soll ich wissen, was die denken und fühlen?“ Sie schlenderte zu Clea, die ein knallbuntes Kleid inspizierte. „Vielleicht können Sie mir helfen. Sind Sie eine Unternehmergattin?“

„Nein, ist sie nicht“, beeilte sich Nick hastig zu versichern. „Sie ist alles, aber das nicht.“

Clea begutachtete Hallie. „Ich finde es sehr grau“, sagte sie dann, und Hallie musste grinsen. Nicks Mutter trug heute eine golddurchwirkte Seidenbluse und eine signalrote Hose. In dieser Aufmachung hätte sie gut in einen Spielsalon in Las Vegas gepasst.

„Ja, ich finde es auch sehr grau.“ Hallie wandte sich an die Verkäuferin, die abwartend dastand. „Haben Sie nicht ein paar … farbenfrohere Sachen?“

Clea war nun ganz in ihrem Element. „Was ist denn hiermit?“ Sie hob ein Kleid mit einem bunten Blumenmuster hoch. „Das ist wunderschön!“

„Warum mussten wir mit meiner Mutter einkaufen gehen?“, fragte Nick leise, sodass Clea es nicht hören konnte. „Warum haben wir nicht Ihre Mutter mitgenommen?“

„Meine Mutter ist gestorben, als ich sechs Jahre alt war“, teilte Hallie ihm mit und wandte sich dann zu Clea. „Mir gefällt das Kleid.“

Nick kam näher und zog sie zur Seite. „Es tut mir leid“, erklärte er. „Ich habe nicht richtig nachgedacht. Sie haben mir ja erzählt, dass Sie mit Ihrem Vater und vier Brüdern aufgewachsen sind – ich hätte von selbst drauf kommen müssen, dass Sie keine Mutter mehr haben. Bitte verzeihen Sie mir.“

„Es ist schon in Ordnung“, sagte Hallie leise. „Sie konnten es ja nicht wissen.“

Nick deutete auf das Blumenkleid. „Wollen Sie es mal anprobieren?“

Und als Hallie aus der Kabine kam und der leichte Stoff des Kleides locker ihren Körper umspielte, als sie vor ihm stand, mit leicht geröteten Wangen, hatte er das Gefühl, sie noch nie schöner erlebt zu haben. „Wir nehmen es“, sagte er. „Es ist wie für sie gemacht.“

„Wie schön, dass wir einer Meinung sind“, fauchte Hallie.

Zwei Stunden später hatten sie so viele Kleider, Hosenanzüge, Röcke, Blusen, Pullover und der Himmel weiß was noch alles ausgewählt, dass Hallie ohne weiteres zu einer halbjährigen Kreuzfahrt auf der Queen Mary II hätte aufbrechen können.

Ihre Befürchtungen in Bezug auf Nick hatten sich als unbegründet erwiesen: Die ganze Zeit über zeigte er sich geduldig und beklagte sich nie.

„Wohin jetzt?“, wollte Hallie wissen, nachdem sie Clea zu ihrem Mercedes gebracht hatten. „Also ich hätte nie gedacht, dass Einkaufen einen solchen Spaß machen könnte.“ Plötzlich fiel ihr etwas ein. „Was ist mit Ihnen, Nick? Sie brauchen doch bestimmt auch etwas? Was brauchen Sie?“

„Einen Drink, oder besser zwei“, murmelte er.

„Gut. Einen Drink könnte ich auch vertragen“, stimmte sie zu. „Ich hätte nicht gedacht, dass Shopping so durstig machen kann. Sie bestimmen die Bar.“

„Schön, dass ich heute auch mal was bestimmen kann“, grummelte Nick weiter. „Ah, ich weiß, wo wir hingehen. Kommen Sie.“

Ein paar Minuten später saßen sie in einer ruhigen Bar mit holzgetäfelten Wänden, dunkelgrünem Teppichboden und gedämpftem Licht. Danke, dass es hier keine Spiegel gibt, dachte Nick, der für heute genug von Spiegeln hatte.

Sie bestellten Scotch auf Eis, und er lehnte sich entspannt zurück.

„Ist es Ihnen nicht zu maskulin?“

„Ach was“, winkte sie ab. „Ich fühle mich sozusagen wie zu Hause. Sie wissen ja: vier Brüder.“

„Stimmt.“ Da kam der Scotch. Gierig trank Nick den ersten Schluck und genoss zuerst das kühle Gefühl, als der Whisky durch seine Kehle rann, und dann das warme, als er sich im Magen ausbreitete. „Wo leben Ihre Brüder?“

„Überall da, wo sie ihre Jobs haben. Luke ist Taucher bei der Marine, wo er sich aufhält, weiß man nie so genau. Pete ist Charterpilot in Griechenland, und Jake hat eine Kampfsportschule in Singapur. Und Tristan lebt hier in London. Mit ihm wohne ich ja zusammen.“

„Tristan – ein außergewöhnlicher Name. Was macht er beruflich?“

„Er arbeitet für Interpol.“

„Was genau macht er da?“

„Er ist Spezialagent. Genaueres weiß ich auch nicht. Er hat ja Schweigepflicht. Ich weiß nur, dass der Job mitunter sehr gefährlich ist. Manchmal muss Tris auch untertauchen, und manchmal kommt er verletzt nach Hause. Er hat verschiedene Kampfausbildungen hinter sich und war immer einer der Besten – ist es heute noch. Er kann Judo und Karate und was weiß ich nicht alles noch, und er besitzt einen Waffenschein für alle möglichen Knarren. Man könnte jetzt meinen, er ist ganz gefährlich, aber Tris ist der liebste Kerl, den man sich nur vorstellen kann. Er ist so lieb.“

Klar. Alle Spezialagenten waren lieb. Deswegen waren sie ja auch Agenten für spezielle Angelegenheiten geworden. Plötzlich bekam Nick kalte Füße.

„Möglicherweise ist die Schwester eines Interpol-Agenten doch nicht die Richtige für mich“, dachte er laut. „Könnte gefährlich werden. Vielleicht ändere ich meine Meinung noch und suche mir lieber eine Brünette.“

„Meine Haare waren mal braun“, sagte Hallie ernst. „Aber dann war ich hier in London bei einem neuen Friseur, der meinte, mal was anderes ausprobieren zu müssen. Das fand Tris gar nicht witzig. Am liebsten hätte er den Burschen erwürgt.“

Oje, vielleicht drohte ihm ein solches Schicksal, wenn er Hallie mit nach Hongkong nahm. „Dann doch besser eine Blondine“, überlegte er.

„Wohl kaum. Sie werden mich mitnehmen“, behauptete sie. „Sonst müssten Sie die ganze Shopping-Arie wiederholen, damit die Klamotten zur Haarfarbe passen.“

Nick zuckte zusammen. Sie hatte recht. Ihm stand nicht der Sinn, eine solche Prozedur ein zweites Mal mitzumachen.

„Übrigens wissen weder Tris noch meine anderen Brüder Details unseres kleinen Arrangements“, erzählte sie munter. „Sie würden sich alle nur furchtbar aufregen und nichts verstehen.“

Was diesen Punkt betraf, waren sie völlig einer Meinung.

„So, und nun erzählen Sie mir doch mal was über Ihre Familie“, wechselte Hallie das Thema.

„Mein Vater ist seit zwei Jahren tot“, fing Nick an. „Er war Bauingenieur.“

„Das tut mir leid.“ Sie strich ihm kurz über den Arm. „Aber Ihre Mutter scheint es gut verkraftet zu haben.“

„Oh ja, sie ist hart im Nehmen. Und ein wunderbarer Mensch.“ Nick lächelte.

„Was macht sie denn so? Sie sagten, sie sei keine Unternehmergattin. Ist sie gar nicht berufstätig?“

„Auch wenn Sie jetzt staunen: Clea ist Architektin, und noch dazu eine sehr gute.“

„Haben die beiden sich damals durch ihre Jobs kennengelernt?“

„Nein, ganz anders. Auf einer Geburtstagsparty. Clea hatte damals, wie Sie, einen Studentenjob. Sie ist als Überraschung aus Torten gesprungen – für ein Catering-Unternehmen.“

Das passte zu Clea. „Haben Sie noch Geschwister?“

„Nein. Es gibt nur mich.“

„Fühlten Sie sich nicht einsam? Haben Sie Geschwister vermisst?“ Für Hallie war es unvorstellbar, ein Einzelkind zu sein.

„Nie. Ich hatte meine Freunde, und ich hatte meine Spiele. Für mich war dieses Abtauchen in Fantasiewelten immer faszinierend. Als die ersten Computerspiele auf den Markt kamen, war ich zu nichts anderem mehr zu gebrauchen.“

„Und jetzt entwickeln Sie selbst welche“, stellte Hallie fest. „Da haben Sie Ihr Hobby ja schnell zum Beruf gemacht. Bewundernswert.“

„Sie doch auch“, meinte Nick. „Schließlich haben Sie sich schon immer für Kunst interessiert.“

„Schon, aber mir war nicht klar, dass ich das mal studieren würde. Meine Brüder waren wie Sie, sie wussten alle sehr schnell, was sie mal machen wollten, und haben das dann auch getan. Bei mir war es jede Woche was anderes. Mal wollte ich Astronautin werden, dann Rennfahrerin, ein paar Tage später hatte ich mir in den Kopf gesetzt, Stuntfrau zu werden. Und immer so weiter.“

„Aber nun scheinen Sie ja das Richtige für sich gefunden zu haben.“ Nick winkte dem Barkeeper zu und bestellte noch mal zwei Scotch.

„Meine Familie ist noch nicht überzeugt davon, dass dies meine endgültige Berufswahl ist und ich tatsächlich bei der Kunst bleiben werde.“

„Und was denken Sie? Ist es das Richtige für Sie?“

„Ich weiß es nicht.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich finde es toll, etwas Altes und Wertvolles zu entdecken und die Geschichte, die dahintersteckt, zu erforschen. Das reizt mich an dem Beruf. Irgendwann würde ich gern mit asiatischer Kunst handeln. Vielleicht bietet sich in Hongkong ja eine Möglichkeit. Und wenn ich irgendwann mal feststelle, dass das doch nicht das Richtige für mich ist, dann habe ich es wenigstens ausprobiert. Aus Fehlern lernt man immerhin.“

„Sie wollen also Ihre eigenen Fehler machen“, stellte Nick fest.

„Genau!“, erwiderte sie mit Leidenschaft in der Stimme. „Haben Sie eine Ahnung, wie schwer es ist, seine eigenen Entscheidungen zu treffen, wenn man vier ältere Brüder hat, die einem sagen, wo‘s langgeht? Ehrlich, Nick, ich bin vierundzwanzig, da darf man sich mal den einen oder anderen Fehler erlauben. Immerhin kann man aus seinen Fehlern lernen. Und dazu brauche ich ganz bestimmt nicht meine Brüder.“

Hallie hatte sich in Rage geredet, und Nick fand, dass ihr der trotzige Gesichtsausdruck und das vorgereckte Kinn gut standen.

„Ich kann sehr wohl auf mich selbst aufpassen“, fuhr Hallie fort. „Ich will auf mich selbst aufpassen. Ist das etwa zu viel verlangt?“

„Überhaupt nicht“, stimmte er zu. „Sie sehnen sich nach Freiheit.“

Hallie nickte. „Freiheit, Anerkennung und Respekt.“

Okay. Damit konnte er leben. Schließlich verlangte sie nicht die Sonne, den Mond und die Sterne.

„Ich versichere Ihnen, Hallie, auch wenn ich Ihnen eine Menge Geld bezahle, um meinen Geschäftspartner hinters Licht zu führen, besitzen Sie meinen vollsten Respekt. Bei diesem Deal sind wir vollkommen gleichberechtigt.“

3. KAPITEL

Als Hallie drei Tage später das Flugzeug bestieg, das sie nach Hongkong bringen sollte, erkannte sie sich selbst kaum wieder. Eine Kosmetikerin hatte sie perfekt geschminkt, ihre Fingernägel waren manikürt, die Füße pedikürt. Ihre edle Garderobe ließ sie durch und durch wie die Gattin eines erfolgreichen, wohlhabenden Unternehmers wirken – und wie eine Frau von Welt. Ihre Hermèshandtasche war das neueste Modell, ihr Schmuck dezent, aber einzigartig. Und an ihrer Seite war Nick, ein Hingucker in seinem anthrazitfarbenen Anzug und dem weißen Hemd, zu dem er keine Krawatte trug.

Auch wenn das alles nur ein Spiel war, genoss Hallie den Augenblick.

Nach dem Start lehnte sie sich entspannt in ihrem bequemen Sitz zurück und blickte sich um. Die weiblichen Passagiere in der ersten Klasse waren durchweg sehr attraktiv – und sehr an Nick interessiert. Einige der Frauen drehten sich sogar um und versuchten, Blickkontakt mit ihm aufzunehmen.

Einer besonders einfallsreichen jungen Dame gelang es sogar, ein Stolpern vorzutäuschen. Anmutig landete sie auf Nicks Schoß. Scheinbar verlegen, entschuldigte sie sich atemlos und warf Nick einen anzüglichen Blick zu, bevor sie sich entfernte.

„Machen das Frauen immer so bei Ihnen?“, fragte Hallie betont gelangweilt, nachdem die Blondine abgezogen war.

„Was denn?“

„Na, tun die immer so, als seien sie über ihre Füße gestolpert?“

„Sie ist über meine Füße gestolpert“, stellte Nick richtig. „Ich hatte meine Beine bis auf den Gang rausgestreckt. Es war mein Fehler, dass sie mir auf den Schoß gefallen ist.“

„Und dass ihre Brüste auf Ihrem Gesicht gelandet sind, war dann sicher auch Ihr Fehler“, meinte Hallie sarkastisch.

Nick grinste. „So was passiert nun mal.“

„Natürlich.“ So etwas hatte er also nicht zum ersten Mal erlebt. Hallie deutete auf seine rechte Hand. „Wenn Sie wie ich einen Ehering tragen würden, wären Sie vor solchen Überfällen möglicherweise sicherer“, fügte sie dann hinzu und betrachtete ihren eigenen – einen schlichten, aber wunderschönen Goldreif und den mit lupenreinen Brillanten besetzten Verlobungsring.

„Ich mag keine Ringe“, meinte Nick. „Die wenigsten verheirateten Männer, die ich kenne, tragen einen Ehering. Warum also ich?“

„Wenn wir nun wirklich verheiratet wären, würden Sie dann auch keinen tragen? Auch nicht, wenn es mir wichtig wäre?“, bohrte Hallie weiter.

„Vielleicht“, sagte Nick langsam und sah sie durchdringend an. Hallie errötete leicht und schaute schnell aus dem Fenster. „Ist ja auch egal.“

Die ungeschickte Blondine war schon wieder im Anmarsch. „Ich wollte mich noch mal entschuldigen“, schnurrte sie. „Hoffentlich habe ich Sie nicht ernsthaft verletzt. Ich wäre untröstlich. Also, wenn ich etwas – irgendetwas – für Sie tun kann, bitte sagen Sie es nur.“

Das glaube ich dir aufs Wort, dachte Hallie. „Ich denke, die Angelegenheit ist erledigt“, wandte sie sich an die Blondine.

Sie legte ihre rechte Hand auf Nicks Bein und platzierte sie so, dass die aufdringliche Person den Ehering sehen konnte. Das sollte ihr klarmachen, zu wem Nick gehörte.

„Kann es sein, dass du frierst, Darling“, fragte sie, als sie die Hand ein wenig höher schob und das Zittern seiner Muskeln unter ihren Fingern spürte. „Möchtest du vielleicht eine Decke, Schatz?“ Sie beugte sich vor und nahm die flauschige Decke aus der Netztasche.

Schmollend und mit einem bösen Blick zu Hallie trat die Blondine, unbemerkt von Nick, den Rückzug an. Dessen Aufmerksamkeit galt nun voll und ganz seiner Ehefrau.

„Was tun Sie da? Würden Sie mir bitte verraten, was das soll?“, knurrte Nick.

„Üben, Schatz. Üben.“

„Aha. Etwa für Sex über den Wolken?“

„Nein, ich übe für den Ernstfall. Wenn ich meine Besitzansprüche Jasmine gegenüber demonstrieren muss.“

„Fein, aber würden Sie vielleicht mit Ihren Übungen an einer anderen Stelle weitermachen? Ich bin schließlich nicht aus Stein.“

„Tut mir leid“, behauptete Hallie. „Ich dachte, wir hätten da diese Vereinbarung: Körperkontakt in der Öffentlichkeit. Und hier sind wir in der Öffentlichkeit. Und im Übrigen finde ich, wir sollten uns endlich duzen.“

„Du hast recht, du hast ja so recht.“ Nick hob den rechten Arm und knipste die kleine Lampe aus, die sich über ihren Sitzen befand. Dann schob er Hallies Hand beiseite und griff nach der Wolldecke. Langsam breitete er sie über seinen Beinen aus, um dann wieder nach Hallies Hand zu greifen und sie unter die Decke zu schieben.

Er lehnte sich zurück. „Lass dich nicht aufhalten.“

Da hatte sie sich ja was Schönes eingebrockt. Jetzt wollte er es, und sie war in der größten Versuchung, seiner Aufforderung nachzukommen. Aber wenn sie das tat, drohte alles aus dem Ruder zu geraten, und wer weiß, was dann folgte. Nun, wenn sie darüber nachdachte, fiel ihr einiges ein …

Und wenn man sie dabei erwischte?

Peinlich, peinlich. Besonders wenn ihre Brüder davon erführen. In ihrer Fantasie spielten sich lebhaft die entsprechenden Szenen ab. Nick war nicht der Einzige mit einer lebhaften Fantasie.

Gespielt lässig zog Hallie ihre Hand unter der Decke hervor. Ihr Mund war trocken. Ihr war heiß; sie war erregt. Sie griff nach dem Wasserglas, das vor ihr auf dem kleinen Klapptisch stand.

Nick öffnete die Augen.

„Ich hab es mir anders überlegt“, murmelte sie.

„Na gut“, kam es von Nick.

„Schließlich dürfen wir nicht vergessen, dass es sich nur um ein geschäftliches Arrangement handelt.“

„Genau.“

Hatte Nicks knappe Antwort sie etwa enttäuscht? Das durfte nicht sein! Er war ihr Arbeitgeber und nichts sonst, und das auch nur für eine Woche. Danach war ihr geschäftliches Arrangement beendet, und es hieß goodbye. Eine kurze Woche – so lange konnte sie seinem beträchtlichen Charme doch gewiss widerstehen.

Sie musste die Sache ganz einfach als Geschäft betrachten.

„Wie wollen wir denn nun unsere Ehe anlegen?“, wechselte sie das Thema. „Gehen wir eher zärtlich und freundschaftlich miteinander um, oder mimen wir feurige Anziehungskraft?“

Nick schüttelte den Kopf. „Stell dir einfach vor, du seist eine Mischung aus persönlicher Assistentin und einem deutschen Schäferhund“, sagte er trocken. „Hilfreich, loyal, und wenn es sein muss, beschützend.“

So, so, ein deutscher Schäferhund. Eine seltsame Vorstellung.

„Sonst noch was?“

Nick seufzte. „Ach, sei doch einfach nur du selbst. Das funktioniert bestimmt am besten.“

Na gut, entschied Hallie im Stillen. Dann mach dich für die feurige Variante bereit, Nick Cooper.

Zwölf Stunden später landeten sie auf dem Flughafen Chek Lap Kok und wurden von Mr. Teys Privatchauffeur empfangen, der sich freundlich nach ihrem Befinden erkundigte und ihr Gepäck auf einen Rollwagen stellte. Als sie das Flughafengebäude durch die riesigen automatischen Glastüren verließen, fröstelte Hallie.

„Ganz schön kalt“, meinte sie zitternd.

„Es ist Winter“, klärte Nick sie auf. „Wenn du‘s lieber heiß und feucht hast, sollten wir im September wiederkommen.“

Heiß und feucht … Schnell verdrängte Hallie die aufkeimenden erotischen Fantasien.

Sie folgten dem Chauffeur zu einem im Halteverbot geparkten Mercedes. Hallie beobachtete den Mann mit wachsendem Interesse. Die Art, wie er sich bewegte, wie er scheinbar instinktiv alles um sich herum wahrnahm. An wen erinnerte er sie bloß? Groß und von kräftiger Statur, hievte er ihr Gepäck mit einer derartigen Leichtigkeit in den Kofferraum, als wären sie leer, was definitiv nicht der Fall war. Er war beeindruckend und strahlte etwas aus … Plötzlich fiel es Hallie ein: Er erinnerte sie an Tris …

„Das ist also Mr. Teys Chauffeur?“, flüsterte sie Nick fragend zu. Der nickte. „Ich habe das Gefühl, er ist nicht der, der er zu sein vorgibt. Bestimmt ist das nicht der einzige Job, den er bei ihm hat.“

„Das ist richtig.“ Der Fahrer hatte ihre Worte mitbekommen. „Ich bin auch noch der Koch.“

Interessant. Ein verkappter Bodyguard mit den Ohren eines Luchses, der auch noch mit scharfen Messern umgehen konnte. Genau das, was sie brauchten.

Er öffnete die hintere Wagentür und machte eine einladende Handbewegung. „Wenn Sie bitte Platz nehmen wollen, Mrs. Cooper.“

Sollte noch jemand mit ihnen fahren? Hallie drehte sich verwirrt um, doch außer Nick stand niemand neben ihr. Sie brauchte tatsächlich dreißig Sekunden, um zu begreifen – Mrs. Cooper, das war sie. Schnell kletterte sie in die Limousine. In den nächsten Tagen war sie Mrs. Nicholas Cooper!

Die Fahrt zu Mr. Teys Anwesen verlief schweigsam. Der Fahrer konzentrierte sich auf den Verkehr, Nick döste vor sich hin, und Hallie hatte genug damit zu tun, aus dem Fenster zu schauen und die Augen aufzureißen. Sie fuhren durch einen langen, neonbeleuchteten Tunnel, der sie zu Hongkong Island brachte. Als sie den Tunnel verließen, kamen sie in den dichten Stadtverkehr. Schon bald wichen die Wolkenkratzer vereinzelten Villen, die in parkähnlichen Gärten standen. Je höher sie den Berg hinauffuhren, desto exklusiver wurde die Gegend.

Plötzlich bekam Hallie Angst. Sie spürte, wie sich ein Druck in ihr aufbaute. Gleich würde sie John Tey und seine Tochter treffen. Würde sie ihre Rolle spielen können?

„Wie sehe ich aus?“, wollte sie von Nick wissen. Der Fahrer bog nun in eine Privatstraße ein, und die Reifen des Mercedes knirschten auf dem Kies.

Nick öffnete die Augen und musterte sie. „Wunderbar, Darling. Du siehst wunderbar aus.“ Er nahm ihre Hand und küsste sie.

„Sei bitte ehrlich.“ Hastig entzog sie ihm ihre Finger.

„Einfach zum Anbeißen“, fügte er zweideutig hinzu.

Hallie bedachte ihn mit einem wütenden Blick.

Jasmine Tey erwartete sie bereits an der Tür. Sie war viel kleiner als Hallie, wirkte wie ein zarter asiatischer Schmetterling und himmelte Nick an. In ihrem sonnengelben Designerkleid, das lange lackschwarze Haar mit einer Schildpattspange hochgesteckt, sah sie einfach umwerfend aus.

„Oh Nick“, säuselte sie und umarmte ihn hemmungslos, um ihn dann auf den Mund zu küssen. „Wie schön, dass Sie endlich wieder da sind. Dad wollte auch pünktlich hier sein, aber er ist noch unterwegs.“

Hallie verkniff sich ein spöttisches Grinsen.

Nick schob sie ein Stück von sich weg. „Schön, Sie zu sehen, Jasmine. Darf ich Ihnen meine Frau vorstellen? Hallie, das ist Jasmine Tey.“

Jasmine musterte Hallie von oben bis unten. „Hallo“, sagte sie dann und rang sich ein höfliches Lächeln ab. „Also wirklich, ich muss schon sagen – Nick hat bei seinem letzten Besuch absolut nichts von Ihnen erzählt, wie konnte ich also wissen, dass er verheiratet ist? Und ich habe mir solche Hoffnungen gemacht … Nick muss ja sonst was von mir gedacht haben.“ Ihre Ehrlichkeit war sympathisch, der anbetende Blick, den sie ihm zuwarf, nicht.

Der Chauffeur war zu ihnen getreten und murmelte ein paar Worte auf Kantonesisch, die das Mädchen erröten und zu Boden blicken ließen.

„Schon gut, Jasmine“, schaltete Hallie sich ein. „Ich kann Sie verstehen. Als ich Nick zum ersten Mal sah, wusste ich nicht mehr, wo oben und unten war. Und die Frauen sind verrückt nach ihm.“ Hallie verdrehte die Augen. „Wenn ich nur an diese Blondine denke, die sich ihm praktisch auf den Schoß geworfen hat, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Können Sie sich das vorstellen?“

Jasmines verträumtes Lächeln verriet, wie gut sie sich das vorstellen konnte.

Hallie erwärmte sich langsam für das Thema. „Er kann ja nichts dafür“, fuhr sie fort. „Die Frauen stehen einfach auf ihn. Allerdings müsste er ihre Bewunderung nicht ganz so deutlich genießen.“

„Aber Schatz …“, warf Nick ein.

„Dein Schatz ist sauer, Nicholas Cooper.“ Okay, er hatte Eifersucht bestellt, und nun bekam er sie geliefert. „Für heute hab ich genug von Frauen, die sich dir zu Füßen werfen.“ Mit einem Lächeln wandte sie sich an Jasmine. „Ich geb mir ja alle Mühe, nicht eifersüchtig zu sein, aber manchmal geht es einfach mit mir durch. Was kann ich bloß tun?“

„Wie wär‘s, wenn du mir einfach ein wenig Vertrauen schenken würdest?“, fragte Nick trocken, bevor er sich zu ihr hinabbeugte und einen Kuss auf ihre Lippen hauchte.

Okay, sie befanden sich in der Öffentlichkeit, spielten vor Jasmine nur eine Rolle. Aber der intensive Ausdruck in seinen Augen ließ ihr Herz rasen, und ihr Körper schrie nach mehr. Wären sie wirklich verheiratet, würde sie diesen Mann jetzt ins Schlafzimmer schleifen, damit er ihr mit allen Mitteln zeigte, wie sehr er sie liebte und begehrte.

Oh Gott, war ihr heiß.

„Kann … kann ich mich denn hier irgendwo ein wenig frisch machen?“

„Klar“, antwortete Jasmine. „Kommen Sie mit. Ich bringe Sie in Ihre Suite. Und wenn Sie Hunger haben – auf der Terrasse stehen einige leckere Sachen. Ich weiß ja nicht, was Sie mögen, also gibt es von allem ein bisschen was.“

Jetzt war Jasmine die Achtzehnjährige, die die Gastgeberin ihres Vaters spielte und versuchte, ihre Sache so gut wie möglich zu machen.

„Das hört sich gut an.“ Hallie schenkte ihr ein warmes Lächeln und folgte ihr gemeinsam mit Nick, der besitzergreifend den Arm um ihre Taille gelegt hatte. Der leichte Druck seiner Finger sandte Glutwellen durch ihren Körper. Ihr wurde noch heißer.

„Da wären wir.“ Schwungvoll öffnete Jasmine die Tür zu einer weitläufigen Suite, die geschmackvoll mit asiatischen Möbeln eingerichtet war. „Dann bis gleich. Ich warte auf der Terrasse. Sagen wir, in …“

„… in einer halben Stunde“, kam es von Nick mit dieser Stimme, die Hallie Schauer über den Rücken sandte. Jasmine nickte und verabschiedete sich. Er schloss die Tür.

„Puh!“ Hallie atmete erleichtert aus und ging zum Fenster. Nicht, weil sie den Ausblick genießen wollte, sondern weil sie Distanz zu Nick brauchte. Doch beim Anblick des prächtigen Gartens entfuhr ihr unwillkürlich ein „Oh!“ Man schaute auf das riesige Grundstück der Teys, auf eine gepflegte Rasenfläche und ein üppiges Blumenmeer, und weit hinten sah man Hongkong Island. Das Meer glitzerte im Sonnenlicht, und man konnte die Wolkenkratzer von Kowloon erkennen.

Nick war neben Hallie getreten: „Atemberaubend, oder?“ Sie nickte. Das war es wirklich. Überwältigend.

„Was glaubst du? Wie ist es mit Jasmine gelaufen?“

„Ich glaube, sie weiß nun, was Sache ist.“

„Meinst du wirklich? Müssen wir nicht noch mehr ins Feld führen?“

Hallie tat, als hätte sie ihn nicht verstanden. „Mehr? Mehr Eifersucht?“

„Nein, nein. Mehr Zärtlichkeiten. Mehr Küsse.“

Oh!

Er legte beide Arme um sie und zog sie dicht zu sich heran. „So in etwa.“

Hallie konnte nicht mehr. Sie konnte einfach nicht mehr. Unter seiner Berührung schmolz ihr letztes Quäntchen Widerstandskraft dahin wie Schnee unter der Märzsonne. Willig ließ sie die Umarmung zu, schmiegte sich an ihn und genoss das Gefühl seines männlichen, muskulösen Körpers.

„Der Fahrer“, murmelte sie. „Er beobachtet uns.“ Der Chauffeur, der neben dem Mercedes stand, schaute tatsächlich zu ihnen hoch.

„Ich weiß. Das ist doch gut.“ Er presste sich an sie, und sie spürte, wie erregt er war.

„Macht es das aufregender für dich?“, spottete sie.

„Könnte sein.“ Er lächelte verführerisch. „Aber eigentlich bist du mehr als aufregend genug!“

Er beugte sich zu ihr, und als seine Lippen ihren Hals berührten, schoss Verlangen wie ein Blitz durch ihren Körper.

Du spielst nur eine Rolle, ermahnte sie sich. Und legte ihm gleichzeitig die Arme um den Nacken, um ihn noch enger an sich heranzuziehen. Aufreizend erkundete er mit Lippen und Zunge ihre zarte Haut.

Das ist Wahnsinn, schoss es Hallie durch den Kopf. Purer, süßer Wahnsinn! Ein wohliges Stöhnen konnte sie nicht unterdrücken, als Nick ihren Po umfasste und seine Zunge auf eine Entdeckungsreise gehen ließ, die sich ihren Brüsten gefährlich näherte. Als er begann, durch den dünnen Stoff ihres Oberteils an ihren Brustwarzen zu knabbern, konnte sie einen Lustschrei kaum noch zurückhalten.

„Nick“, unterbrach sie ihn, als er versuchte, den Verschluss ihrer Hose zu öffnen. „Nick, er ist weg.“

„Wer ist weg?“ Seine Augen waren verschleiert, sein Atem kam stoßweise, doch langsam dämmerte es ihm. „Oh ja. Der Chauffeur.“ Mit einem Seufzer ließ er sie los und riss sich zusammen. Das war knapp gewesen.

„Gib mir eine Minute zum Luftholen.“

Kein Problem. Ein bisschen Zeit – und vor allen Dingen einige Meter Abstand – von diesem umwerfenden Mann konnte sie selbst gut gebrauchen. Schnell trat sie ein paar Schritte zurück. Ihre Haut glühte, und ihre Brüste sehnten sich nach seinen Händen, seinen Lippen.

Um sich abzulenken, sah sie sich im Schlafzimmer um. Ihr stockte der Atem. So etwas hatte sie noch nie gesehen.

Der Fußboden bestand aus feinstem hellem Marmor. Alles andere in dem Raum war rot. Der Teppich, die Vorhänge, die Möbel – und das Bett! Ein riesiges Bett, bedeckt mit einer riesigen Menge roter Kissen. Eine Orgie in Rot.

Hallie blickte sich weiter um, und plötzlich wurde ihr klar: Dieses riesige Bett war die einzige Schlafgelegenheit in der Suite.

„Die Chinesen sagen, dass die Farbe Rot Glück bringt“, erklärte Nick.

Glück. Nun ja. Glück war das, was Hallie brauchen würde, um eine Nacht mit Nick in diesem Bett unbeschadet zu überstehen.

„Kann ich zuerst duschen?“, fragte sie.

„Klar.“ Nick zeigte ihr das Badezimmer, das sich als ein Traum in Marmor entpuppte. Goldene Armaturen, dezente Beleuchtung, Designerwaschbecken und – rote Handtücher. Und eine gigantische Dusche! Eine Dusche, die mindestens Platz für zwei bot …

„Wir könnten natürlich auch zusammen duschen. Um Zeit zu sparen“, schlug Nick vor.

Glaubte er etwa im Ernst, sie würden Zeit sparen, wenn sie erst einmal nackt und nass zusammen in der Dusche standen? Sie warf ihm einen Blick zu. Er lehnte lässig am Türrahmen. Sein freches Lächeln und das Glitzern in seinen Augen verrieten ihn.

Nein, er glaubte das auch nicht.

Nicholas Cooper kannte sich mit Frauen aus. Wusste, wie sie sich in seinen Armen anfühlten – und in seinem Bett. Er liebte Frauen und konnte damit rechnen, dass die Frauen ihn liebten. Aber er war noch nie einer Frau begegnet, die ihm so unter die Haut ging wie Hallie Bennett. Er brauchte sie nur in den Armen zu halten, und alle Sicherungen knallten bei ihm durch.

Sie war amüsant und schlagfertig. Okay, das waren andere Frauen auch.

Sie war schön. Okay, es gab eine Menge schöner Frauen auf dieser Welt.

Aber wann hatte er jemals den Wunsch verspürt, das Gesicht einer Frau zu beobachten, nur um jede kleinste Regung darin zu lesen? Wann hatte ihn jemals eine Frau davon abgehalten, an seine Arbeit und seine beruflichen Ziele zu denken?

Wann hatte eine Frau jemals eine solche Macht über ihn gehabt?

Niemals zuvor!

Dieser Gedanke gefiel ihm kein bisschen.

Schließlich hatte er Hallie engagiert, damit sie sein Problem mit einer Frau löste, und nicht, um neue Probleme heraufzubeschwören.

Hallie kam aus dem Badezimmer. Der seidene dunkelgrüne Bademantel bildete einen reizvollen Kontrast zu ihrem roten Haar. Sie sah entspannt aus. Dass Nick ganz und gar nicht entspannt war, verriet ihr ein einziger Blick.

„Schlag ein Thema vor, über das wir diskutieren können“, bat sie ihn, um ihn abzulenken. „Religion, Politik, Steuern, ganz egal. Bestimmt finden wir eins, über das wir uns streiten können. So wie jedes Ehepaar.“

„Okay.“ Nick dachte kurz nach. Er kannte keine einzige Frau, mit der man vernünftig über Sport reden konnte. „Sport.“

„Über Sport kann man sich nicht streiten, weil es sowieso nur eine wirkliche Sportart gibt, und das ist Soccer“, erklärte Hallie, während sie ihre manikürten Finger betrachtete.

„Fußball“, korrigierte er sie.

„Meinst du. Nun gut, ich mag die Brasilianer am liebsten.“

„Aha. Weil sie gewinnen?“

„Nein.“ Sie lachte. „Die Trikots sind grün und golden. Das sieht toll aus.“

„Du magst die Brasilianer wegen ihrer Trikots?“ Nick war fassungslos. „Das ist doch einfach lächerlich.“

Hallie grinste. „Wäre es dir lieber, wenn ich jetzt etwas über die Ballkünste der Brasilianer erzählt hätte, und der Faszination ihrer eleganten Spielweise“, zog sie ihn auf.

„Nein, natürlich nicht. Dann wäre der Zweck dieser Unterhaltung verfehlt. Schließlich versuche ich irgendetwas Unsympathisches an dir zu finden.“

„Ah ja.“ Mit einem zuckersüßen Lächeln fuhr sie fort: „Es war übrigens herrlich, heiß zu duschen.“

Mit diesen Worten setzte sie prompt wieder Nicks erotische Fantasie in Gang. Zwar freute er sich auf eine schöne heiße Dusche. Aber in diesem Fall war eiskaltes Wasser sicher eher angebracht.

Die kalte Dusche hatte geholfen, wenigstens so weit, dass Nick einigermaßen kühl und gelassen dem Treffen mit John Tey entgegensehen konnte.

Wie vereinbart, fanden sie sich auf der Terrasse ein.

John Tey, der in der Zwischenzeit nach Hause gekommen war, empfing sie aufs Herzlichste. Er war entzückt von Hallie, die ihr Bestes gab. Sie wurde nicht müde, den Garten und die prächtige Aussicht zu loben und besonders die reizende Gastfreundschaft von Jasmine, eine Tatsache, die John Teys Herz vor Vaterstolz beinahe platzen ließ.

Innerhalb von gerade mal fünf Minuten wusste Hallie, dass John den Garten selbst pflegte – körperliche Arbeit machte ihm einfach Spaß – und dass er täglich eine Stunde Tai-Chi praktizierte. Sie wusste, dass er gern alte Spielfilme sah und klassische Musik verabscheute, dass er Menschen, die ihn nicht ausreden ließen, nicht mochte, und dass Jasmine einen Kurs in Seidenmalerei absolviert hatte, und dass es niemanden auf der Welt gäbe, der besser in Seidenmalerei sei als seine Tochter. Und Hallie fragte nach, zeigte sich an allem interessiert, lachte über Johns Witze und kicherte mit Jasmine herum, die ihr leise gestand, dass ihr Vater noch nie so viel geredet habe.

Nick war fassungslos. Da tauchte Hallie auf und wickelte den Mann im Handumdrehen um den kleinen Finger.

„Interessieren Sie sich für Kunst?“, fragte John, als er sie ins Wohnzimmer führte und Hallie sich bewundernd umsah. Ein Pferdchen aus grüner Jade, das auf dem Kaminsims stand, weckte sofort ihre Aufmerksamkeit.

„Mein Vater ist Professor für Kunstgeschichte.“ Hallie strahlte John an. „Das ist ein ganz außergewöhnliches Stück. Ich tippe auf 18. Jahrhundert. Es ist wunderbar erhalten. Ich beneide Sie, John.“

Nick blinzelte. Er war beeindruckt, dass sie sich mit kleinen grünen Pferdchen aus Jade auskannte. Aber sie war ja immer für eine Überraschung gut.

John konnte sich vor Stolz kaum mehr einkriegen. „Kai, mein Chauffeur, kann Sie morgen zu den interessantesten Kunstgalerien der Stadt fahren. Vielleicht finden Sie ja etwas, das Ihnen gefällt – zur Erinnerung an den Aufenthalt bei uns.“

„Vielleicht.“ Hallie schenkte ihm ein umwerfendes Lächeln. „Aber ich möchte Ihre Pläne nicht durchkreuzen – wobei mich die Kunstausstellungen natürlich schon interessieren würden. Und die Stadt möchte ich mir auch gern anschauen. Ein bisschen asiatische Luft schnuppern … ein bisschen bummeln … ein bisschen shoppen.“

Jasmine nickte begeistert. „Das sollten Sie auf keinen Fall verpassen. Es gibt viel zu sehen … und viele tolle Geschäfte.“

John wandte sich zu seiner Tochter um. „Vielleicht könnt ihr ja zusammen losziehen“, meinte er. „Falls Sie Lust haben, den Tag mit meiner Tochter zu verbringen?“ Er sah Hallie fragend an.

„Selbstverständlich.“

„Dann sag Kai doch am besten gleich Bescheid, wann er euch abholen soll“, wandte er sich an Jasmine.

„Dad, Hallie und ich könnten doch auch alleine fahren.“

„Nein.“ Johns Stimme hatte so scharf und unnachgiebig geklungen, dass Hallie zusammenzuckte.

„Aber Dad …“

John hob die Hand, und Jasmine verstummte sofort. „Du wirst Kai eine Uhrzeit sagen, und er wird euch fahren. Keine Widerrede!“

„Ist gut, Vater“, sagte sie leise.

„Dann ist ja alles klar.“ Ganz wieder in der Rolle des charmanten Gastgebers, wandte er sich zu Nick und Hallie. „Bestimmt sind Sie hungrig. Besonders die Frühlingsrollen kann ich Ihnen empfehlen. Jasmine hat sie selbst zubereitet.“

Der restliche Abend verlief entspannt – und verging für Hallies Geschmack viel zu schnell. Sie hatte sich einmal quer durch die ganzen Köstlichkeiten gefuttert und Reiswein dazu getrunken. Nun rückte der Augenblick näher, in dem sie und Nick mit dem großen roten Bett konfrontiert werden würden. Eine andere Schlafgelegenheit gab es nicht, und auf dem harten Marmorfußboden gedachte sie nicht zu nächtigen, wollte dies aber auch Nick nicht zumuten. Sie gähnte. Nein, es gab keine Alternative. Sie mussten zusammen in diesem Bett schlafen. Und sie mussten sehen, wie sie sich unter Kontrolle behielten.

„Dann bis morgen. Und gute Nacht.“ John brachte sie noch bis in den Flur, und Jasmine versicherte Hallie, wie sehr sie sich auf morgen freue.

Leicht nervös betrat sie die Suite und riss die Augen auf, als Nick begann, sein Hemd aufzuknöpfen. Zwar ganz unbefangen und ohne sexuelle Hintergedanken, aber sie musste ihn sofort stoppen.

Sie deutete auf die Badezimmertür, und Nick verstand sofort.

„Okay.“ Ohne ein weiteres Wort verschwand er im Bad.

Nur eine Woche, rief sie sich in Erinnerung. Das würde sie schaffen!

Ihr Blick wanderte zu dem einladenden Bett.

Wie in aller Welt sollte sie es schaffen?

Als sie Nick im Bad abgelöst und ihren Mickey-Mouse-Schlafdress angezogen hatte, kam ihr die Idee.

Zurück im Schlafzimmer, entdeckte sie Nick, der am Fenster stand. So gut er auch in seinem Geschäftsanzug aussah, das war nichts, verglichen mit dem Anblick, den er in schwarzen Boxershorts bot.

„Ich werde hier schlafen.“ Er deutete auf den Boden.

„Blödsinn“, meinte Hallie. „Das ist viel zu hart. Morgen wirst du all deine Knochen spüren.“ Sie kletterte aufs Bett. „Ich habe einen Plan.“ Sie begann, mit den Kissen die Liegefläche in zwei Hälften zu teilen.

Nick beobachtete sie. In ihrem Mickey-Mouse-Schlafanzug sah sie einfach süß aus. „Das ist dein Plan?“

Hallie nickte. „Stell dir einfach vor, es sei die chinesische Mauer. Du bist der mongolische Feind, und ich bin die Geheimwaffe des chinesischen Kaisers.“

Nick unterdrückte ein Grinsen. „Und warum kann ich nicht die Geheimwaffe des Kaisers sein?“

„Meinetwegen. Bleib nur einfach auf deiner Seite der Mauer.“

„Du tust ja gerade so, als würde ich dich fressen wollen.“ Nick schüttelte den Kopf.

Mit einem wohligen Seufzer kroch Hallie unter die Decke und streckte sich. Tat das gut! Müde schloss sie die Augen.

„Hallie? Hallie? Schläfst du etwa schon?“

Verwirrt fuhr Hallie hoch, um sich dann wieder fallen zu lassen. „Fast“, sagte sie müde.

Nick hatte sich aufgesetzt und blickte sie über die Kissenmauer an. „Ich habe ein Problem.“

„Welches denn?“ Sie drehte sich ebenfalls auf die Seite.

„Ich habe noch nie mit einer Frau in einem Bett geschlafen … und nicht mit ihr geschlafen“, erklärte Nick.

„Einmal ist immer das erste Mal“, tröstete Hallie ihn. „Versuch, an was anderes zu denken und zu schlafen.“ Leichter gesagt als getan. Sie würde bestimmt die ganze Nacht lang wach liegen und sich wilden Fantasien hingeben.

„Hast du schon mal mit einem Mann in einem Bett geschlafen und nicht mit ihm geschlafen?“

Hallie nickte. „Schon sehr oft.“ Wenn sie mit ihren Brüdern zelten war, hatten sie sich oft die Schlafsäcke geteilt. Und Schlafsäcke waren schließlich so ähnlich wie Betten. „Es ist ganz einfach.“

„Ich finde es nicht einfach. Es ist äußerst hart. Außerdem ist mir kalt.“ Nicks Stimme klang trotzig.

„Du hättest vielleicht doch heiß duschen sollen.“

„Sehr witzig, Hallie, sehr witzig. Mir ist wirklich kalt. Und ich bin überhaupt nicht müde. Ich habe Lust, mit dir …“

Hallies Herz klopfte so laut, dass sie es hören konnte. Dieser Mistkerl. Schon wieder hatte er diese tiefe, verführerisch samtige Stimme. Er musste wissen, dass diese Stimme sie schwach machte.

„Was?“, flüsterte sie kaum hörbar.

„Nun … ich habe Lust … mit dir …“

Sie schluckte. Eine Hitzewelle wogte durch ihren Körper. Heißes Verlangen wallte auf.

„Sag es …“

„Ich habe Lust, mit dir zu reden“, sagte Nick ernst.

Am liebsten wäre sie aufgesprungen und hätte ihm das Gesicht zerkratzt. Wütend drehte sie sich zur Seite. „Gute Nacht, Nicholas Cooper.“

4. KAPITEL

Nick wurde wach, als es gerade hell wurde. Hallie lag in seiner Armbeuge, hielt ihn fest umschlungen und war eng an ihn gekuschelt. Von der Kissenmauer weit und breit keine Spur. Und sie lag auf seiner Seite – so konnte sie ihm wenigstens nichts vorwerfen. Er hob den Kopf und sah in ihr schlafendes Gesicht – und musste an sich halten, sie nicht zu küssen und zu streicheln.

Was tun? Ein Gentleman würde sich nun sanft aus ihrem Griff befreien, aufstehen, duschen und warten, bis sie aufwachte, um sie dann zu fragen, ob sie gut geschlafen hätte.

Ein Nicht-Gentleman würde sie mit sanften, dann fordernden Küssen wecken, sie ausziehen, sie mit raffinierten Liebkosungen bereit machen und schließlich wundervollen Sex mit ihr haben. Und dann mit ihr unter die Dusche gehen.

Hm.

Während er im Stillen noch erwog, welchen Weg er einschlagen sollte, begann Hallie sich zu bewegen. Sie schmiegte ihre Brüste an ihn und ließ eine Hand sinnlich über seinen Körper gleiten. Verdammt! Selbst im Schlaf wusste sie, wie sie ihn erregen konnte.

Abrupt hörte sie auf. Scharf sog sie den Atem ein.

Sie war wach.

„Guten Morgen“, sagte Nick betont lässig.

Hallie fuhr hoch, blickte sich ungläubig um und berührte ihn mit dem Knie im Schritt. Wow! Zu allem Überfluss war ihr Oberteil verrutscht und bot ihm verführerische Einblicke. Würden seine Morgenfantasien jetzt doch noch wahr werden?

„Tut mir leid.“ Hallie zog ihr Knie weg und ersetzte es geistesabwesend durch ihre Hand. Sie sah sich um. „Wo sind denn die Kissen?“

„Sie liegen auf dem Boden.“

„Ah ja. Wie konnte das denn passieren?“ Sie runzelte die Stirn, als ihr plötzlich klar wurde, wo sich ihre Hand befand.

„Na ja, sie sind eben runtergefallen.“ Nick zuckte mit den Schultern.

„Das meine ich nicht. Wie konnte es passieren, dass ich in deinen Armen lag?“

„Keine Ahnung.“ Er lehnte sich gegen das Kopfteil des Bettes und musterte sie, gespannt, wie sie sich weiter verhalten würde. Ihre Wangen waren gerötet, und die Röte breitete sich weiter aus bis zum Ansatz ihrer Brüste, deren Spitzen sich unter dem dünnen Stoff ihres Shirts abzeichneten. Sie blickte nach unten, sodass er ihren Ausdruck nicht erkennen konnte. Aber es war ihre Hand, der seine ungeteilte Aufmerksamkeit galt.

„Ich hätte nicht gedacht, dass diese Größe wirklich existiert“, sagte sie schließlich beeindruckt.

„Nun ja, so groß ist er ja nun auch wieder nicht“, sagte er bescheiden. „Kein Grund, dich zu fürchten.“

Als wollte sie seine Worte überprüfen, umfasste sie ihn und ließ die Hand langsam auf und ab gleiten.

Nick, immer noch ganz Gentleman, presste die Zähne zusammen. Sie machte ihn verrückt. Lange konnte er das nicht mehr aushalten! Was wollte sie von ihm? Was er von ihr wollte, wusste er hingegen ganz genau. Er legte ihr eine Hand unter das Kinn – das Kinn, das so viel Entschlossenheit verriet – und hob ihren Kopf an, sodass sie ihn ansehen musste. Ihre Pupillen weiteten sich. Unsicherheit stand in ihren Augen und Neugier. Beides kannte er von Frauen, die sein Bett geteilt hatten. Wonach er jedoch in ihrem Blick suchte, war Verlangen. Und das Verlangen war unübersehbar.

Er heftete den Blick auf ihre vollen Lippen und zog Hallie näher zu sich heran, so nahe, dass er seinen Mund auf diese verführerischen Lippen legen konnte, ganz leicht zuerst, nur flüchtig wie ein Hauch und doch schon so erotisch. Aber er wollte mehr, so viel mehr! Mit einem zarten Biss in ihre Unterlippe verlangte er Einlass und verlor beinahe die Kontrolle, als sie ihn gewährte.

Schnell unterbrach er den Kuss, obwohl doch alles in ihm nach mehr schrie. Aber bevor er weitermachte, musste er wissen, wie weit er gehen durfte.

„Ich will mit dir schlafen, Hallie“, murmelte er heiser. „Will ganz in dir sein. Willst du das auch?“

„Ich glaube schon“, flüsterte sie.

„Ich glaube schon reicht mir nicht aus.“ Er zog sie wieder näher an sich und stöhnte leise auf, als er ihre Brüste an seinem Oberkörper spürte. „Du musst schon Ja sagen.“

„Ja.“

Oh, sie war so süß, so unwiderstehlich! Die Hände auf seine Schultern gelegt, rollte sie sich mit ihm zur Mitte des Bettes. Lasziv hob sie die Arme, damit er das Shirt besser abstreifen konnte. Nachdem er sie davon befreit hatte, umschlang sie seinen Nacken und zog ihn zu sich herunter. Diesmal küsste sie ihn, und zwar so voller Leidenschaft, dass er spürte, wie sie erschauerte, bevor sie sich ihm entgegenwölbte und ihn ihr ganzes Verlangen spüren ließ. Verdammt, sie machte ihn wahnsinnig! Und er wollte ihr das größte Vergnügen, die lustvollste Erfüllung bereiten.

Geschickt streifte er ihr die süßen kleinen Boxershorts über die Hüften, bevor er sich selbst auszog, ihre Beine spreizte und sich zwischen ihre Schenkel legte. Als er sie dort berührte, fand er sie warm, feucht und bereit für ihn.

Plötzlich erstarrte sie.

Oh nein. Sie durfte sich jetzt nicht zurückziehen!

Er rollte sich mit ihr herum, bis sie auf ihm lag. „Wir lassen es langsam angehen“, murmelte er heiser.

Hallie setzte sich auf. Ihr Gesicht war gerötet, ihr Atem kam in Stößen. „Ich glaube nicht, dass ich es tun kann.“

„Ganz langsam“, versicherte er ihr, auch wenn ihm nicht klar war, ob er das schaffte. Er würde seine gesamte, nicht unbeträchtliche Willenskraft benötigen.

Zart umfasste er ihre Hüften und wiegte sie in einem langsamen, erotischen Rhythmus, beobachte Hallie dabei, um zu sehen, was ihr lustvolles Vergnügen bereitete.

„Oh Nick … Ich …“

Mehr lustvolles Vergnügen: Mit der Zungenspitze umspielte er ihre Brustwarzen, reizte sie leicht mit den Zähnen, bis sie sich noch steiler aufrichteten, bis Hallie sich lustvoll stöhnend aufbäumte. Als sie seine sinnlichen Liebkosungen kaum noch ertragen konnte, löste sie sich von ihm, nur um ihn gleich darauf so verlangend zu küssen, dass er protestierte.

„Wenn du so weitermachst, werde ich mein Versprechen nicht einhalten können“, kündigte er an. „Ich kann es langsamer angehen lassen, aber nicht, wenn du mich mit deinen Küssen um den Verstand bringst.“

Hallie nickte.

Genießerisch tupfte er nun kleine Küsse auf ihre weiche Haut, verfolgte die elegante Kurve ihres Halses, die Linie ihrer Schulter mit seinen Lippen. Und jedes Mal, wenn er sie berührte, reagierte sie mit einem wohligen Seufzer oder einem kleinen lustvollen Schauder.

Nun wurde er kühner, ließ die Hände tiefer wandern, über ihren weichen Bauch gleiten. Er hielt kurz inne, um ihre Reaktion zu beobachten, und schob dann seine Finger zwischen ihre Schenkel, tauchte ein in ihre Hitze und ihre weiblichsten Geheimnisse. Ihre Fingerspitzen gruben sich in seine Schultern, als er weiter vordrang, den Atem angehalten, um nicht die Kontrolle zu verlieren.

Den Kopf in den Nacken geworfen, wand sich Hallie auf seinem Schoß und führte ihn zu sich.

„Bitte … bitte …“

In diesem Augenblick spürte er ihn. Diesen kleinen Widerstand …

Konnte es sein, dass sie noch … Er sah sie an, aber sie hatte die Lider gesenkt und kaute tatsächlich auf ihrer Unterlippe herum. Also doch!

„Bist du etwa noch Jungfrau?“

„Na und? Würde das etwa irgendeinen Unterschied machen?“, fragte sie trotzig.

Einen Unterschied machen? „Natürlich, und zwar einen gewaltigen!“, entfuhr es ihm. „Okay, du bist also noch Jungfrau!“

„Nun ja, wenn man es genau nimmt“, gab sie zu. „Aber ganz so unerfahren bin ich nicht. Ich hatte durchaus schon sexuelle Beziehungen.“

Nick stöhnte auf. „Komm mir nicht mit solchen Haarspaltereien, Hallie.“ Er ließ sie los und presste die Hände auf die Matratze. „Du bist noch Jungfrau. Und was nun?“

Ihre Augen blitzten; das Kinn hatte sie vorgereckt. Er liebte es, wenn sie so aussah. Sein Körper reagierte, wenn sie so aussah … Sein Körper, den er kaum noch unter Kontrolle halten konnte. Sein Körper, der noch immer so intim mit ihr verbunden war …

„Wir müssen aufhören. Sofort.“

„Bist du verrückt?“ Sie war so wütend, dass sie sich mit einem Ruck auf ihn hinabsenkte. Und dann war es geschehen.

Sie war keine Jungfrau mehr.

Nun war es um den letzten Rest seiner Kontrolle geschehen. Und doch musste er sanft mit ihr umgehen. Er ließ ihr Zeit, damit ihr Körper sich an ihn gewöhnen konnte, und genoss es, wie sie ihn heiß und eng umschloss.

„Alles in Ordnung mit dir?“

„Vollkommen.“

Unmöglich, sich länger zu beherrschen. Sein Verlangen nach ihr wurde übermächtig, als sie sich ihm hingab, die Wellen der Lust mit ihm ritt und ihn mit ihren leisen, sexy Lustschreien zur Ekstase trieb.

Später, viel später, trug er Hallie, die von einer süßen Schwäche erfüllt war, ins Bad. In der Duschkabine schaltete er die Düsen ein, bevor er sich neben sie stellte und ihr einen Arm um die Taille legte.

„Kannst du alleine stehen?“, fragte Nick, und Hallie nickte langsam.

„Na klar.“ Sie wollte nach der Seife greifen und geriet ins Taumeln. Schnell hielt sie sich an Nick fest. „Oh … Mir ist ganz schwindlig.“

„Ich helfe dir.“ Nick regulierte die Wassertemperatur, sodass angenehm heiße Kaskaden ihre Körper einhüllten, und reichte ihr die Seife.

Nicht mal in seinen wildesten Träumen hätte er vermutet, dass Hallie, die kecke Hallie, noch nie mit einem Mann geschlafen hatte. Aber warum nicht? Immerhin war sie vierundzwanzig.

„Ich … hmm … hoffe, dass du dich nicht für deinen zukünftigen Ehemann aufsparen wolltest“, sagte er unbehaglich.

Ihre Lippen zuckten. „Keine Sorge, Nick. Ja, ich war noch Jungfrau, aber ich war auch durchaus bereit, diesen Zustand zu ändern.“ Sie begann sich einzuseifen. „Keine Angst, ich habe nicht vor, dich in die Ehefalle zu locken.“

Erleichtert nahm er ihre Worte zur Kenntnis. Bis ein sehr unerfreulicher Gedanke ihn durchschoss. Was auch immer Hallies Absichten sein mochten, sie hatten soeben Sex ohne Kondom gehabt. Noch nie zuvor war er so von Leidenschaft überwältigt gewesen, dass er nicht daran gedacht hatte. Niemals! Wenn Hallie nun schwanger war und ein Kind bekam? Sein Kind. Niemals würde sein Kind ohne Vater aufwachsen, und das bedeutete …

Heirat!

Der Atem stockte ihm.

„Alles in Ordnung mit dir? Geht‘s dir nicht gut?“

Zwischen den Zähnen presste Nick hervor: „Ist wohl eher unwahrscheinlich, dass du die Pille nimmst, oder?“ Gab es ein kleines Fünkchen Hoffnung?

„Doch, das tue ich. Wenn auch aus anderen Gründen“, teilte sie ihm mit. „In dieser Hinsicht musst du dir wirklich keine Sorgen machen.“

Zutiefst erleichtert, atmete er aus.

„Lass mich raten“, sagte Hallie trocken. „Ehe und Familie stehen nicht auf deiner Prioritätenliste.“

„Nun …“ Er bemühte sich noch immer um Fassung. „Sie stehen schon auf der Liste. Aber eben nicht ganz oben.“

Hallie lächelte. „Gut zu wissen.“ Dann senkte sie die Wimpern. „Übrigens, ich finde, du bist ein ganz hervorragender Liebhaber. Und ich bin echt froh, dass du mein erster warst.“ Sie hielt ihr Gesicht unter das warme Wasser und rekelte sich sinnlich, dass es ihn heiß durchfuhr. Das Verlangen, sie erneut zu nehmen, wurde übermächtig in ihm.

Nick war noch ein wenig länger unter der Dusche geblieben. Als er nun ins Schlafzimmer trat, ein rotes Handtuch um die schmalen Hüften geschlungen, entdeckte er Hallie, die bäuchlings auf dem zwischenzeitlich frisch bezogenen Bett lag und den Hongkong-Reiseführer, den er ihr geschenkt hatte, studierte. In ihrem edlen Leinenanzug, das perfekte Outfit für einen Stadtbummel, sah sie hinreißend lässig aus. Sie wirkte entspannt. Sehr gut. Das würde es leichter machen für das, was er mit ihr besprechen wollte: die Grenzen ihrer Beziehung neu abzustecken.

Und zwar sobald er sich angezogen hatte.

Sie blickte von ihrer Lektüre auf und lächelte ihn an, während er zum Kleiderschrank ging. Ohne Zweifel, in diesem Lächeln lag Befriedigung. Und die hatte er ihr gegeben. Er allein. Verdammt, er war schließlich ein Mann; er musste zugeben, dass er dieses Gefühl zutiefst genoss!

Er wandte ihr den Rücken zu und zog sich an. Als er zur Kommode ging, auf der seine Geschäftspapiere lagen, vermied er Hallies Blick.

„Ich habe nachgedacht“, sagte er unvermittelt.

„Kommt mir auch so vor.“

Nun sah er sie an. „Ich bin der Meinung, dass wir an unserem ursprünglichen Plan festhalten sollten.“

„Aha.“

„Schließlich geht es bei der ganzen Sache ja darum, dass du mitgekommen bist, um gewisse Komplikationen zu vermeiden.“

„Ich weiß.“

„Wir sind einfach von unseren leidenschaftlichen Gefühlen mitgerissen worden. Alles rein körperlich.“

Bei ihrem wissenden Lächeln überkam ihn das Gefühl, dass sie seine Argumente bereits vorausgeahnt hatte.

„Es wird nicht wieder vorkommen. Das verspreche ich.“

War das die Antwort, die er hatte hören wollen? Nun, einerseits ja. Andererseits hatte er nicht erwartet, dass sie so schnell und unbekümmert kam. Bedeuteten Hallie die erregenden Erfahrungen der vergangenen Stunden so wenig? Als leidenschaftlicher Liebhaber fühlte er sich beleidigt. Aber genau diese Leidenschaft hatte zu der Situation geführt, in der sie sich nun befanden.

„Wir brauchen eine zusätzliche Regel“, sagte er entschlossen. „Nie wieder Sex.“

Als sie zum Rand des Bettes robbte und dabei einen kleinen Schmerzenslaut von sich gab, fragte er: „Ist alles in Ordnung? Wie fühlst du dich?“

„Na, wie wohl?“ Sie errötete und fügte trotzig hinzu: „Ich glaube nicht, dass ich unter diesen Umständen Probleme haben werde, deine neue Regel zu befolgen.“

Na super. Nun überkamen ihn auch noch Schuldgefühle. Und er hatte keine Ahnung, wie er ihr helfen konnte.

„Vielleicht solltest du dich heute ausruhen“, schlug er vor. „Verschieb doch deinen Ausflug in die Stadt. Ich bin sicher, Jasmine würde es nichts ausmachen.“

„Aber mir“, widersprach Hallie. „Ich will unbedingt in die Kunstgalerien gehen und ein bisschen bummeln.“

Ah, bummeln. Das hieß im Klartext, dass sie eine Menge einkauften und eine Menge Geld ausgaben. Nick ging zu seiner Aktentasche, wühlte darin herum und hielt Hallie schließlich ein Bündel Geldscheine hin. „Hier. Falls du etwas finden solltest, das dir gefällt.“

Sie starrte auf die Dollarnoten, als würde es sich um eklige Würmer handeln. Was sollte das? „Hatten wir nicht ausgemacht, dass du mir mein Geld am Ende der Woche gibst?“

Er nickte. „Ja, haben wir. Aber dieses Geld hat damit doch nichts zu tun. Das ist extra Geld fürs Shopping.“

Sie blickte ihn an, als wäre er eine eklige Schlange. „Steck es wieder ein. Ich will es nicht haben.“ Der scharfe Unterton in ihrer Stimme ließ Nick innerlich zusammenzucken.

„Hallie, versteh das nicht falsch. Bestimmt wird dir in den Galerien irgendetwas gefallen. Und gute Stücke sind nicht billig. Außerdem wird dich Jasmine, die in Geld schwimmt, bestimmt überreden, etwas zu kaufen, selbst wenn es sehr teuer ist. Angenommen, du findest ein besonders schönes, wertvolles Stück – dann kannst du es mit diesem Geld bezahlen.“

„Nick, nun hör mir mal zu.“ Hallie straffte die Schultern. Sie klang aufgebracht, wirkte aber sehr verletzlich. „Ich nehme eine Bezahlung dafür an, dass ich deine Ehefrau spiele. Ich lasse mir auch die passende Garderobe von dir kaufen, weil das dazugehört. Aber ich nehme doch kein Geld von dir, um einkaufen zu gehen. Ich lasse mich doch nicht von dir einfach so bezahlen!“

„Und wieso nicht?“ Für ihn gehörte das alles zu ihrer geschäftlichen Abmachung.

Sie wandte den Blick ab. „Weil ich mich dann wie eine … ein käufliches Mädchen fühlen würde.“

„Das ist ein Missverständnis“, sagte er beschwichtigend. „Eins kannst du mir glauben: Ich musste noch nie für Sex bezahlen. Und dies ist kein Versuch, dich für Sex zu bezahlen!“

Sie wirkte ein wenig besänftigt, aber das Kinn hatte sie vorgereckt. „Ich nehme es trotzdem nicht.“ Hallie blieb stur.

Und Nick war entschlossen, nicht aufzugeben. „Gut. Dann machen wir es eben anders. Ich möchte, dass du mit deinem Kunstverstand für mich ein besonders schönes Stück auswählst. Etwas, das wirklich außergewöhnlich ist. Es ist quasi ein Kaufauftrag, okay?“

„Was willst du haben?“

Er legte das dicke Bündel Geldscheine neben sie aufs Bett. „Das überlasse ich dir und deinem Geschmack. Ich bin sicher, es wird mir gefallen. Abgemacht?“

Sie nahm die Geldscheine und fing an, sie zu zählen. „Damit könnte ich halb Hongkong kaufen“, meinte sie nach einer kurzen Pause. „Ich muss aber ungefähr wissen, an was du gedacht hast.“

„Eine Vase“, antwortete er nach kurzem Überlegen. „Eine schöne alte Vase.“

„Gut.“ Hallie nickte. „Eine Vase.“ Sie stand auf, legte die Geldscheine sorgfältig in ihre Handtasche und machte sich auf den Weg zur Tür. Eine Frage brannte Nick auf den Lippen.

„Du hast doch nicht wirklich geglaubt, dass ich dich für eine Hure halte?“, fragte er dann vorsichtig.

Aber Hallie antwortete nicht.

5. KAPITEL

Hallie genoss den Luxus, von einem Fahrer in einer Limousine durch Hongkong chauffiert zu werden. Jasmine saß neben ihr auf der Rückbank, deutete unentwegt auf Sehenswürdigkeiten und gab Kommentare dazu ab.

Aber Hallie hörte gar nicht richtig zu. Sie war mit ihren Gedanken ganz woanders. Bei Nick nämlich. Was für ein Desaster! Nicht dass sie den Sex mit ihm bereut hätte, nein, im Gegenteil. Es war unglaublich gewesen. Herrlich. Göttlich. Ihr liefen immer noch Schauer über den Rücken, wenn sie an die Stunden der Leidenschaft dachte. Und sie hatte es ernst gemeint, als sie zu ihm sagte, dass sie froh darüber war, mit ihm, Nick, ihr erstes Mal erlebt zu haben.

Aber seine Reaktion auf den Sex und seine möglichen Folgen, die machte ihr zu schaffen. Insgesamt aber war sie stolz auf sich, wie sie die Situation „am Morgen danach“ gemeistert hatte. Immerhin war es für sie das erste Mal gewesen. Und dafür, dass ihre Gefühle für Nick keineswegs so oberflächlich waren, wie sie vorgab, hatte sie sich geradezu grandios geschlagen.

Doch dann hatte er sich fürsorglich nach ihrem Befinden erkundigt, und für einen Moment lang hatte sie sich der Vorstellung hingegeben, dass sie ihm etwas bedeutete. Dass er ihre leidenschaftlichen Umarmungen ebenso wundervoll fand wie sie. Und dann hatte er ihr das Geld angeboten, ihren kurzen Traum zerstört. Hatte sie zu heftig darauf reagiert?

Hallie lehnte sich zurück, schloss die Augen und versuchte, das alles aus ihrem Kopf zu verbannen.

„Alles in Ordnung?“, wollte Jasmine besorgt wissen.

Hallie richtete sich auf, öffnete die Augen und sah ihre Begleiterin an. „Ich war in Gedanken. Mir geht es ausgezeichnet, danke! Ich bin nur etwas müde.“

„Haben Sie nicht gut geschlafen? War die Matratze zu hart?“

„Nein, sie war wunderbar.“ Die Matratze war nicht das Problem. Das Problem war, das Bett mit Nick zu teilen. Sie musste sich zusammenreißen und endlich an etwas anderes denken.

„Haben Sie Hunger? Wir könnten ins Lucky Plaza fahren. Sie können sich nicht vorstellen, was es da alles gibt. Alles, einfach alles. Sie werden staunen.“

„Wir könnten dort zu Mittag essen“, schlug Hallie vor.

„Das ist keine gute Idee“, kam es von Kai, und Hallie erschrak, weil er bislang während der ganzen Fahrt geschwiegen hatte.

„Ach was“, Jasmine wurde aufmüpfig.

„Ihr Vater wird nicht begeistert sein, wenn Sie dort hingehen.“ Kais Stimme klang immer noch freundlich, aber bestimmt.

„Er hat nichts dagegen. Ich habe ihn bereits gefragt“, sagte Jasmine.

Kai schnitt eine Grimasse und konzentrierte sich wieder ganz auf den Straßenverkehr.

„Also, wann wollen wir essen gehen? Um eins?“ Sie schien sich zu freuen.

„Gern.“ Hallie lächelte geistesabwesend. Trotz ihrer guten Vorsätze musste sie schon wieder an Nick denken.

Autor

Kelly Hunter
<p>Obwohl sie von Beruf Naturwissenschaftlerin ist, hatte Kelly Hunter schon immer eine Schwäche für Märchen und Fantasiewelten und findet nichts herrlicher, als sich in einem guten Buch zu verlieren. Sie ist glücklich verheiratet, hat zwei Kinder und drückt sich gerne davor, zu kochen und zu putzen. Trotz intensiver Bemühungen ihrer...
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Kelly Hunter
<p>Obwohl sie von Beruf Naturwissenschaftlerin ist, hatte Kelly Hunter schon immer eine Schwäche für Märchen und Fantasiewelten und findet nichts herrlicher, als sich in einem guten Buch zu verlieren. Sie ist glücklich verheiratet, hat zwei Kinder und drückt sich gerne davor, zu kochen und zu putzen. Trotz intensiver Bemühungen ihrer...
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