Die Berringers (4-teilige Serie)

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WENN ALLE ANDEREN SCHLAFEN ...
Eine lustvolle Nacht und am nächsten Tag: Good-bye! So hatte Tiffany sich das vorgestellt. Aber aus der Mini-Affäre mit sexy Bodyguard Garrett wird mehr, als der Juwelierladen ihrer Eltern ausgeraubt wird! Wenn einer ihr helfen kann, die Täter zu finden, dann Garrett …

UNGEZOGEN AUSGEZOGEN
Bodyguard Ely Berringer hat seine Träume vergessen. Bis zu jener Nacht mit Lydia. Die Tattookünstlerin ist höllisch sexy, unabhängig – und plötzlich verschwunden. Auf einer Ranch findet er sie wieder. Und lüftet in heißen Nächten das Geheimnis hinter ihrer coolen Fassade …

HEIßE NÄCHTE IN YUCATAN
Ein Bodyguard im Urlaub ist das Letzte, was TV-Köchin Ana Perez möchte! Selbst wenn er so verführerisch ist wie Chance Berringer. Aber weil ein Stalker sie verfolgt, besteht der Sender darauf. Und so werden ihre Nächte in Yucatan in jeder Hinsicht ausgesprochen gefährlich …

HEIß GEKÜSST - EISKALT BETROGEN?
"Was ist nur los mit dir?" Vanessa schaut Luke verständnislos an. Sie ist noch atemlos von seiner Liebe, da stößt er sie schon wieder weg! Was verbirgt der Bodyguard vor ihr? Vanessa macht sich mit den erotischen Waffen einer Frau daran, sein Geheimnis zu ergründen …


  • Erscheinungstag 07.09.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751527910
  • Seitenanzahl 452
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

Wenn alle anderen schlafen ... erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
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Geschäftsführung: Katja Berger, Jürgen Welte
Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.)
Produktion: Christina Seeger
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2012 by Samantha Hunter
Originaltitel: „Yours For The Night“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY SEXY
Band 95 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
Übersetzung: Ulrike Peters-Karnia

Umschlagsmotive: sakkmesterke / Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2023 .

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783751528016

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Das total normale Chaos eines Freitagabends auf San Franziscos Union Square umfing Garrett Berringer, als er über die Treppe des Westin St. Francis herunterkam. Ein warmer Novemberwind wehte durch die Stadt, und er hatte auf eine Jacke verzichtet. Leute hasteten vorbei, während er dort stand, alles in sich aufsaugte.

Ein ereignisloser, langer Flug von Philadelphia lag hinter ihm. Heute Abend war Entspannung angesagt, bevor er den Samstag auf der Hochzeit eines Freundes verbrachte. Ed war ein alter Kumpel vom College und bei Garretts Hochzeit einer der Begleiter für die Single-Mädels gewesen.

Ein Cable Car voller Touristen rollte vorbei. Quietschte mit den Rädern viel lauter auf den Schienen, als er es sich vorgestellt hatte, und kam nicht annähernd so romantisch rüber wie die Straßenbahnen, die man immer in den Kinofilmen sah. Auf dem Platz auf der anderen Straßenseite bereiteten Leute ein Kunstfestival vor. Zuschauer fanden sich ein, standen Schlange an einem Café in der Mitte des Platzes neben der Bronzestatue der Siegesgöttin Nike.

Garretts Blick fiel wie magnetisch angezogen auf zwei riesige bemalte Herzen, die zu beiden Seiten des Platzes schwebten, das eine unter einer mächtigen Palme. Die Palmen, hatte er gelesen, wuchsen ursprünglich nicht in der Stadt, sondern waren für teures Geld hertransportiert und angepflanzt worden. Die Herzen waren das schmückende Symbol der Stadt.

Direkt vor dem einen umarmte sich ein junges Paar und ließ sich dabei fotografieren. Garret machte das ein bisschen Herzschmerz. Er hatte sein Herz nicht in San Franzisco verloren, aber teils, teils hing er damit noch drüben an der Ostküste, wo Lainey, seine Frau, gestorben – oder vielmehr ermordet worden war. Sie waren sechs Jahre verheiratet gewesen, als es passierte, und nun war sie schon genauso lange tot. Eine seltsame Art Kreis, dachte er. Sie hatten jung geheiratet, eine so viel versprechende Zukunft vor sich, und von einem Moment auf den anderen war alles kaputt.

Voller Enthusiasmus hatte Lainey als Junior-Staatsanwältin ihren ersten großen Fall geleitet – einen Mordprozess gegen ein Mitglied einer lokalen Verbrechergang. Nachdem sie den Schuldspruch erwirkt hatte, wollte sie das mit Garrett und seiner Familie feiern. Der Bruder des verurteilten Mörders hatte aber vor dem Gericht gewartet, dass sie herauskam, und folgte ihr mit seinem SUV.

Staatsanwälte erhielten immer mal Drohungen, aber während des Prozesses hatte es keine gegeben. Es gab keinen Grund zur Annahme, dass sie in Gefahr schwebte. So hatte es sich Garrett tausendmal gesagt, wenn er sich den Kopf zermarterte, warum er sie an diesem Tag nicht abgeholt hatte. Zum Crash wäre es trotzdem gekommen, aber er hatte sich oft gewünscht, bei ihr gewesen zu sein.

Der Bruder des Gangmitglieds fuhr mit hoher Geschwindigkeit in die Seite ihres Autos, tötete sie so auf der Stelle. Garrett schätzte, dass er es wie einen Unfall aussehen lassen und danach flüchten wollte. Er wurde jedoch ebenfalls schwer verletzt. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus wurde ihm der Prozess gemacht, und Garrett trat als Zeuge auf. Beide Brüder wurden am Ende zu lebenslanger Haft verurteilt.

Auf einmal, durch all die Palmen, die Leute, die bunten Herzen, bekam er etwas Heimweh nach dem Leben drüben im Osten. Eigentlich hatte er gedacht, das läge alles hinter ihm. Die kalten, dunklen Tage und …Thanksgiving. In sieben Tagen war es wieder so weit. Durch den Festtag wurde er immer brutal an Laineys Tod erinnert. Der Crash passierte einige Tage davor. Hatte er wirklich geglaubt, vor der Erinnerung fliehen zu können, indem er durchs Land reiste, die Orte wechselte?

Er wandte sich ab von dem Pärchen und den Herzen und trat nach vorn, um die Straße zu überqueren. Er hatte seinen Kummer überwunden, war froh über das, was er mit seiner jungen Frau gehabt hatte, aber manchmal fragte er sich, ob er je wieder jemand treffen würde, der so gut zu ihm passte, wie es Lainey getan hatte. Seit sechs Jahren hatte es bei keiner Frau so richtig Klick gemacht. Sex, ein paar Dates, aber kein Klick.

Als er Lainey kennenlernte, studierte er Betriebswirtschaft und im Nebenfach Strafrecht. Er hatte überlegt, auch auf Jura umzusteigen. Aber nach ihrem Tod wollte er was anderes machen. Und so hatte er gemeinsam mit seinem Bruder Jonas, der zu der Zeit gerade bei der Polizei von Philadelphia aufgehört hatte, eine eigene Security-Firma aufgebaut – Berringer Bodyguards . Lainey hatte er nicht schützen können, aber seitdem viele andere.

Garrett hatte es immer gut gefunden, dass Lainey und er ähnliche Ansichten und Ziele teilten, Ordnung und ein ruhiges Leben schätzten. Beide dachten sie pragmatisch und stritten selten. Wegen dieser Charakterzüge kam er sich jetzt richtig alt vor, obwohl er erst mal gerade sechsunddreißig war.

Seit der Beerdigung war Garrett nicht einmal länger von der Firma weg gewesen, was seine Brüder öfters anmerkten. Aber was sollte er mit mehr Freizeit? Er hatte die Wochenenden und Angelabende, machte ein bisschen was mit der Familie. Er war ein einfacher, normaler Mann.

Schlussendlich hatten sie ihm aber doch Urlaub verordnet, ob er nun wollte oder nicht. Jonas flog mit Tessa, seiner jungen Braut, in den Urlaub. Kaum zurück aus den Flitterwochen, zogen sie gleich mit Tessas Vater weiter, um Thanksgiving in Europa zu verbringen.

Garrett freute sich echt wahnsinnig für seinen Bruder, aber die Hochzeit war streckenweise schwierig für ihn gewesen. Beim Tanzen mit Tessa in ihrem tollen Kleid musste er ständig daran denken, wie er mit Lainey an ihrem großen Tag getanzt hatte. Er wusste, tief drin, dass er echt Angst hatte, nie wieder jemanden abzubekommen. Womöglich hatte er seine Chance auf Glück schon gehabt.

Gerade drauf und dran, höflich die Blumen einer Obdachlosen abzulehnen, die sie ihm anzudrehen versuchte, ließ er sich doch erweichen und kaufte das Büschel Gänseblümchen, das aussah, als hätte es schon bessere Tage gesehen. Stand dann da, sah es sich an und kam sich albern vor.

Was zum Geier machte er jetzt mit diesem Gänseblümchenstrauß?

Chance, sein jüngster Bruder, musste unbedingt an einem Überlebenstraining teilnehmen, das nur im November angeboten wurde. Ihre Eltern schwirrten in ihrem ersten Jahr als Snowbirds , wie man die Rentner im Norden nannte, gleich ab ins sonnige Florida, um dem heimischen, kalten Winter zu entfliehen. Ely brach mit einem Trupp alter Freunde vom Militär irgendwohin zu einem Wildnisurlaub auf. Also hatten sie beschlossen, die Firma bis nach Neujahr zuzumachen.

Als Garrett die Einladung zur Hochzeit bekam, schien dies das kleinere Übel, zumindest besser, als mit zu viel Freizeit in Philly herumzuhängen oder seinen Eltern nach Florida zu folgen.

Er lief ein paar Blocks weiter, rief sich ins Gedächtnis, wie ihm der Hotelportier den Weg nach Chinatown grob beschrieben hatte, und bog nach links ab. Die Gänseblümchen schlenkerten, schon fast vergessen, in seiner Hand, während er weiterging und sich über seinen Abend Gedanken machte.

Als er an ein paar Shops mit allerlei asiatischem Krimskrams vorbeikam, fiel sein Blick auf einen kleinen handgeschnitzten Gartenbrunnen, bei dem er sicher war, dass Tess ihn bestimmt gern für das Schaufenster ihres Soap & Lotion-Shops drüben in Philly haben wollte. Er passte perfekt als verspätetes Hochzeitsgeschenk. Damals hatte er nämlich nicht genau gewusst, was er kaufen sollte. Garrett wollte gerade in den Laden, da klingelte sein Smartphone.

„Garrett“, meldete er sich geistesabwesend, während er noch den Brunnen betrachtete, nach dem Preisschild suchte.

„Gar, Alter! Du bist da?“

Es war Ed, und Garrett lächelte über den vertrauten Umgangston seines Freundes. „Jep. Spaziere gerade durch Chinatown. Wie geht es dir an deinem letzten Abend als Single-Mann?“

„Bin froh, wenn er vorbei ist“, antwortete Ed. „Ich kann es kaum erwarten, dass du Isabel kennenlernst.“

„Ich freue mich drauf.“

„Hast du heute Abend schon was vor?“

„Nichts Besonderes. Nur vom Flug entspannen und abhängen.“

„Äh, hättest du Lust, zum Hochzeits-Probeessen zu kommen?“

Garrett schielte auf die Gänseblümchen, die schon anfingen, welk auszusehen. Wie sagte man elegant Nein?

Ed war sicher nur höflich, weil er allein in der Stadt war. Garrett hatte das oft mit Freunden erlebt, seit er Witwer war. Er verstand die gute Absicht, fand es aber unnötig. Es störte ihn nicht, allein zu sein. Er hatte sich mehr oder minder daran gewöhnt.

„Ist das nicht eher was für die engere Verwandtschaft?“, wich er aus.

„Naja, also das ist quasi der andere Grund für meinen Anruf. Kannst du mir einen Gefallen tun?“

„Sicher, schieß los“, erklärte sich Garrett in der Annahme bereit, es ginge um was Leichtes wie noch mehr Filme kaufen.

„Isabels Cousin, einer unserer Begleiter für die Single-Mädels, hat eine schlimme Lebensmittelvergiftung und muss ein paar Tage im Krankenhaus bleiben.“

„Das tut mir leid.“

„Danke. Aber uns fehlt jetzt ein Hochzeitsbegleiter …“

Garretts Alarmglocken schrillten eine Sekunde zu spät.

„ … und wir hofften, du könntest einspringen.“

Als ihm erst mal die Worte fehlten, füllte Ed schnell die Stille.

„Ich weiß. Ich habe dich nicht von vornherein gebeten, uns zu helfen, weil ich nicht wollte, dass du dich verpflichtet fühlst. Und ich weiß, dass du viel zu tun hast, mit deiner Firma und überhaupt.“

Garrett wusste „und überhaupt“ bezog sich darauf, dass er Witwer war.

„Ich verstehe völlig, wenn du es nicht machst, mein Freund. Bin ja froh, dass du überhaupt da bist.“

Garrett atmete tief ein und wieder aus. „Es ist nur, ich … naja, ich habe keinen Smoking. Oder so was …“

„Kein Problem. Jimmy hat etwa deine Größe, wenn ich mich richtig erinnere, und sein Smoking könnte dir wohl schnell angepasst werden, wenn wir es früh zum Schneider schaffen.“

„Ach, dann ist es ja gut“, gab er sich betont munter, wobei er sich mit einer Hand durchs Haar fuhr und wünschte, er könnte sich irgendwas einfallen lassen, um da wieder rauszukommen, aber es gelang ihm nicht.

„Du hast was gut bei mir, Gar. Isabel ist schon ausgeflippt. Ich hab ihr gesagt, dass einer der verbleibenden Hochzeitsbegleiter doch für zwei Mädels da sein könnte, aber sie war ganz aufgebracht wegen unharmonischer Bilder oder was auch immer“, dröhnte Ed, und Garrett musste lächeln.

Es fiel ihm ein, wie viel Hektik auch Lainey in den Tagen vor der Hochzeit verbreitet hatte. So Dinge, wie Bilder wirkten oder was Leute anhatten, waren wichtig, zumindest für Bräute. Er seufzte schicksalsergeben.

„Ich helfe gern. Wie komme ich da hin?“

„Ich habe einen Wagen geschickt, um dich vor dem Hotel abholen zu lassen.“

Garrett musste laut lachen über Eds typische Schnodderigkeit. „Ich werde da sein, aber dein Fahrer wird warten müssen, bis ich mich umgezogen habe. Ich bin gerade nicht wirklich passend angezogen für ein Hochzeits-Probeessen.“

„Alles ganz lässig heute Abend, mach dir darüber keinen Kopf. Steig einfach ein und komm her. Wenn du mir sagst, wo du bist, könnte ich ihn auch gleich zu dir beordern.“

„Ok, danke, Ed.“ Garrett nannte ihm noch den Namen des Shops. Es wird schon nicht so schlimm werden , versuchte er, sich gut zuzureden, während er nach dem Wagen Ausschau hielt und sich von seinem ruhigen Abend verabschiedete.

Tiffany Walker schaute auf ihre Uhr und bemühte sich, ihr Kleid nicht allzu sehr zu knittern, als sie sich verrenkte, um ihr 35-Millimeter-Objektiv auf das Hotelfenster zu richten. Die Kamera war elf Jahre alt – ein Geschenk zum Highschool-Abschluss. Zu der Zeit wollte sie noch ganz sicher Profifotografin werden. Es war ein qualitativ hochwertiger Apparat, bei dem sie sich damals ausgemalt hatte, ihn später mal für brillante, in überregionalen Magazinen erscheinende Naturaufnahmen, oder vielleicht im Pulk der Fotografen an einem Laufsteg, einzusetzen.

Dass sie damit mal den „goldenen“ Schnappschuss eines betrügenden Ehemanns in einem schäbigen Hotel in einem Viertel von San Francisco machen würde, das sie normalerweise nicht besuchte, hatte sie sich nicht ausgemalt – im Leben nicht! Dies war ihr dritter Versuch. Wenn sie danach nicht mit was ankam, das Mrs Hooper verwenden konnte, um ihren untreuen Gatten dranzukriegen, hatte ihre Kundin gedroht, sie nicht zu bezahlen. Bis jetzt hatte sie nur Fotos von Mr Hooper beim Betreten des Hotels und vom Arm einer Frau, der ihm die Tür aufhielt. Nicht gerade kompromittierend.

Das Honorar war gering. Was Tiffany jedoch mehr Sorgen machte, war der Kratzer an ihrem noch jungen Ruf als Privatdetektivin. Der Markt war hart umkämpft, und es gab Dutzende erfahrenere Detektive als sie in der Gegend. Erst vor einem Monat hatte sie ihren Online-Zertifikatskurs abgeschlossen und ihre Lizenz bekommen, und das war ihr zweiter Auftrag.

Ihre fotografischen Ambitionen hatte sie ja heruntergeschraubt, doch dies war auch nicht gerade das, was sie als Privatdetektivin machen wollte – sie wollte Fälle lösen, Morde und andere bedeutsame Verbrechen aufklären. Aber jeder musste irgendwo anfangen.

Marcus Hooper betrog seine Frau definitiv. Tiffany hatte ihn mehrmals in dieses Hotel gehen sehen und auch beobachtet, wie ihm eine Frauenhand die Tür öffnete. Aber die Frau kam nie raus. Was Tiffany wusste und was sie beweisen konnte, war nicht dasselbe. Sie hatte alle Fahrzeugtypen und Nummernschilder auf dem Parkplatz notiert, überprüft, ob welche wiederholt auftauchten und so Rückschlüsse auf die Frau im Zimmer lieferten. Aber sie musste ein Taxi genommen haben – so spekulierte Tiffany aktuell. Erfolglos. Taxiunternehmen ließen sich schwer ausspionieren und einen ganz bestimmten Taxifahrer bekam man schon gar nicht zu sprechen. Allerdings musste sie auch nicht wissen, wer die Frau war – sie musste nur Mr Hooper in einem kompromittierenden Moment erwischen.

Tiffany schaute wieder auf die Uhr und stöhnte frustriert. Das Hochzeits-Probeessen war heute Abend, und sie musste pünktlich sein. Als oben in Hoopers’ Hotelzimmer das Licht ausging, überschlug sie im Kopf, wie lange sie mit den Hochzeitsaufgaben zu tun hätte. Nicht mehr als drei Stunden.

Wenn sie Glück hatte, blieb Hooper länger, und sie konnte zurückkommen und ihren Auftrag zu Ende bringen. Vielleicht sollte sie mal langsam etwas kreativer werden, vielleicht sollte sie mal Zimmerservice spielen – obwohl, nein, so ein Etablissement hatte keinen Zimmerservice. Aber sie könnte Hooper mit einem anderen Trick locken, die Tür aufzumachen, und wenn sie dann dort stand, könnte sie das Foto schießen und weglaufen.

Es war riskant, dennoch musste sie es tun. Gute Detektive taten, was sie für ihren Auftrag tun mussten. Sie durfte nicht scheitern. Nicht noch mal.

Sie konnte es auch nicht riskieren, dass man sie fragte, warum sie zu spät zum Essen kam – oder warum sie diese Woche mehrmals zu spät zur Arbeit erschien.

Niemand wusste von ihrem neuen Beruf. Tiffany wollte allen erst davon erzählen, wenn sie sich ihres Erfolges sicher war. Da sie schon mehrfach glorreich gescheitert war, würde ihre Familie sie höchstwahrscheinlich bei diesem neuen Projekt nicht unterstützen, und sie konnte es ihnen nicht verdenken.

Ja, Tiffany führte ein Doppelleben. Tagsüber arbeitete sie im elterlichen Juweliergeschäft, verdiente ihre Miete und bewies sich als zuverlässige junge Frau. Abends lauerte sie auf dem Parkplatz des Fall Inn darauf, einen betrügenden Gatten zu fotografieren.

Nachdem sie die Kamera auf dem Autositz deponiert und den Motor angelassen hatte, verließ sie den Parkplatz in Richtung Sausalito, wo das Abendessen stattfand. Als sie kurz darauf eintraf, war sie nur ein bisschen zu spät.

Sie zog ihr Kleid glatt, nahm sich einen Champagner-Cocktail vom Tablett, das ein vorbeikommender Kellner trug, als sie den Empfangssalon betrat und nach dem Tisch Ausschau hielt, an dem sich ihre Festgesellschaft traf. Man brauchte wohl ein paar mehr spritzige Pfirsich-Drinks, um den Abend zu überstehen. Obwohl, sie würde sich nur einen genehmigen, da sie noch zu arbeiten hatte.

Vorhin wären ihre zwei Welten fast kollidiert. Eine der Angestellten, die nachmittags in Jarvis Jewelry arbeitete – dem Juweliergeschäft, das ihrer Familie gehörte und das nach ihrem Großvater, Jarvis Walker, benannt war – hatte einen privaten Notfall, weshalb Tiffany allein bedienen, die Wocheninventur machen und den Laden abschließen musste. Ihre Eltern waren über das Wochenende auf einer Einkaufsreise und hatten Tiffany die Verantwortung überlassen. Sie schaffte es dann noch gerade so, sich umzuziehen und für das Fest zurechtzumachen, ehe sie loszog, um Hooper beim Verlassen seiner Arbeitsstelle abzufangen und zum Hotel zu folgen. Zuverlässig wie ein Uhrwerk ging er dort montags, mittwochs und freitags hin. Auch wenn sie gedacht hätte, dass ein betrügender Gatte weniger berechenbar war, aber er hatte da immer seine Routine.

Natürlich hätte sie auch ihren jüngeren Bruder bitten können, sie im Laden zu vertreten, aber Nick war voll mit seinem Studium in Berkeley beschäftigt. Eines Tages würde er Jarvis übernehmen – ihren Segen hatte er –, aber im Moment war sie noch voll und ganz allein dazu in der Lage. Oder zumindest versuchte sie, das ihren Eltern zu beweisen.

Sie hatte nichts dagegen, im Laden zu arbeiten, sie brauchte das Gehalt und es nahm ihren Eltern etwas die Sorge, ihre älteste Tochter bekäme nie was auf die Reihe. Manchmal machte sich Tiffany selbst deswegen Gedanken.

Sie dachte wieder an die Hochzeit, fragte sich, warum sie überhaupt zur Probe musste. Was war so kompliziert daran, vor den Altar zu treten und fünfzehn Minuten still zu stehen, während sich ihre Freundin trauen ließ? Es war die erste Hochzeit, an der Tiffany teilnahm, und es wurde viel Tamtam gemacht, brachte aber auch Spaß. Weniger spaßig war es, mit Jimmy, Isabels Bruder, als Paar aufzutreten. Er war ein ganz netter Kerl, harmlos, echt, obwohl er immer neue Ausreden fand, sie anzufassen.

Als sie mal auf der Verlobungsparty zusammen tanzten, hatte er seine Hände schon etwa nach der Hälfte des Songs auf ihren Po hinuntergeschmuggelt. Sie hatte Kurse in Selbstverteidigung absolviert, um für eventuell anstehende Probleme bei ihren Ermittlungen gewappnet zu sein. Und heimlich nahm sie auch Schießunterricht. Einmal in der Woche fuhr sie zu einem Schießplatz, der weit genug weg war, dass ihre Familie nichts mitbekam.

Aber ob ihr das Fachkönnen half, um mit Isabels auf Tuchfühlung gehenden Bruder klarzukommen? Tiffany bezweifelte es.

Nachdem sie ihren Cocktail getrunken hatte, nahm sie ihren Platz am Tisch ein. Der Stuhl neben ihr war noch frei.

„Tiff, du hast es geschafft!“, zwitscherte Isabel, wobei sie so schnell um den Tisch flitzte, wie es ihre High Heels erlaubten. Dann umarmte sie Tiffany und hüllte sie in eine Parfümwolke ein. Isabel war seit der vierten Klasse ihre Freundin, und Tiffany freute sich wirklich für sie. Sie wünschte nur, ihre Busenfreundin hätte sie nicht ausgerechnet mit ihrem kleinen Bruder verbandelt.

Andererseits lief sie bei Jimmy aber auch keine Gefahr, ihren Vorsatz zu brechen, Männern ein Weilchen zu entsagen – sie konnte sich unmöglich vorstellen, sich in irgendeiner Art auf ihn einzulassen.

„Ich habe dir doch gesagt, dass es klappt“, antwortete Tiffany.

„Ich weiß, aber, naja, du weißt, was dir manchmal für Sachen passieren“, meinte ihre Freundin ohne jede böse Absicht und umarmte sie wieder.

Tiffany wusste es. Sie war schließlich Tiffany, die Impulsive. Tiffany, die Spontane. Sie hatte ihren Abenteurergeist immer verteidigt, ihre Spontaneität gerechtfertigt. Aber mit der Dreißig vor Augen machte selbst sie sich Gedanken, ob sie je den rechten Weg im Leben finden würde.

Sie hatte einen Hochschulabschluss in englischer Literatur, aber wollte weder unterrichten noch schreiben. Also war sie in die Welt gezogen, um ihr Glück zu finden.

Nach einer Reihe öder Jobs erhielt sie die Möglichkeit, als Flugbegleiterin zu arbeiten. Die Tätigkeit gefiel ihr, aber sie konnte die rüpelhaften Passagiere nicht ausstehen.

Dann kam die Zeit, als sie ihren eigenen Hunde-Gassi-Service startete, eine boomende Branche in der Gegend der San Francisco Bay. Aber nach einem bösen Biss wollte sie das nicht mehr weitermachen.

Als krönenden Abschluss kratzte sie all ihre Ersparnisse zusammen, um bei ihrem guten Freund Paul einzusteigen, der ein Abenteuer-Touristik-Unternehmen aufgezogen hatte. Sie wurde zur lokalen Tourenführerin. Es hörte sich nach Spaß an – bis sie sich über Nacht mit acht Touristen im Yosemite-Nationalpark verlief. Zum Glück – und dank Paul , der wusste, was zu tun war – überstanden es alle gut. Aber die Firma stand noch am Anfang, das Geschäft war noch nicht profitabel, sodass Paul ihr ihren Anteil nicht gleich auszahlen konnte, er es ihr aber hoch und heilig für später versprach. Sie vertraute ihm, dennoch war sie pleite. Sie war zwar abenteuerlustig, aber doch eher ein Mädel aus der Stadt.

Und dann war da Brice.

Alle, die sie kannten, hatten sie vor Brice gewarnt, bloß sie hatte nicht hören wollen. Er war charmant, süß, sexy – und ein Gauner. Eines Tages hatte er sie per E-Mail gefragt, ob sie mit ihm am Abend essen gehen wollte, und als sie nach Hause kam – nachdem er sie versetzt hatte –, war ihr ganzes Hab und Gut weg gewesen. Geklaut. Wie eine Weihnachtsgans hatte er sie ausgenommen. Das wäre einem ihrer fiktiven Lieblingsdetektive nie passiert. Naja, vielleicht noch Veronica Mars aus der gleichnamigen TV-Serie, der es noch schlimmer ergangen war.

Die Cops meinten, dass sie da überhaupt nichts machen könnten, weil sie ihm einen Schlüssel gegeben hatte und er quasi „legal“ bei ihr wohnte. Da sie keine Quittungen aufbewahrt und viele Sachen Jahre vorher gekauft hatte, ließ sich absolut nicht nachweisen, dass überhaupt was von dem, das er genommen hatte, ihr gehörte.

Das war ihr eine Lehre gewesen. Sie musste lernen, genauer hinzuschauen, für sich selbst verantwortlich zu sein. Als Erstes hatte sie einen verantwortungsvollen Job übernommen. Anschließend beschlossen, sich von Männern fernzuhalten, bis sie ihrem Urteilsvermögen wieder trauen konnte. Sie musste ihre Träume weiterverfolgen, wie früher, aber sie wollte es besonnener – und maßvoller – angehen. Im Laden arbeiten – vertraut, aber langweilig – und ihre Eltern glücklich machen. Wenn sie mit Jimmy auf die Hochzeit ging, machte es Isabel glücklich – und bestimmt auch Jimmy. Und sie selbst würde es glücklich machen, wenn sie endlich für Mrs Hooper dieses Foto von ihrem Mann schießen könnte.

„Wo ist eigentlich Jimmy?“, fragte sie mit Blick auf den leeren Stuhl neben sich.

„Oops, ich hatte so viel zu tun, dass ich ganz vergessen habe, es dir zu sagen. Jim liegt mit einer Lebensmittelvergiftung im Krankenhaus.“

„Das ist ja schrecklich!“

„Er wird wieder gesund, aber es ging ihm echt schlecht.“

„Demnach kann er nicht bei der Hochzeit dabei sein?“

„Nein.“

„Ähm, bin ich dann allein?“

Irgendwie machte sie das plötzlich nervöser, als für ein paar Stunden Jimmys Grabbelhände abzuwehren.

„Ich war mir unsicher, was wir machen, aber Ed sagte, er habe einen Freund in der Stadt, der für Jim einspringen kann. Er ist auf dem Weg hierher.“

„Ach. Ein Fremder?“, fragte Tiffany, vorsichtig aber neugierig.

„Er ist ein Freund von Ed aus dem College und aus Philadelphia hier. Ich habe Ed gefragt, wie er aussieht. Aber du weißt, wie die Kerle sind. Er sagte nur ‚groß‘“, erwiderte Isabel.

Tiffany lächelte. Sie wollte ja keine Spielverderberin sein. „Wenn er ein Freund von Ed ist, dann ist er bestimmt toll.“

„Vermutlich. Ich weiß, du warst nicht verrückt danach, mit Jimmy ein Paar zu bilden, aber er hat schon immer für dich geschwärmt. Ich konnte einfach nicht Nein sagen, als er mich fragte“, rechtfertigte sich Isabel.

„Hey, Jimmy ist ein prima Kerl. Ich bin nur zu alt für ihn“, führte Tiffany die Ausrede an, die sie früher davor bewahrt hatte, mit ihm verkuppelt zu werden.

„Bitte, mir kannst du doch alles sagen“, meinte Isabel grinsend. „Weißt du, meine Eltern würden sich freuen, wenn du mit ihm ausgehst, aber ich verstehe das völlig. Er kann … aufdringlich sein.“ Sie umarmte Tiffany wieder.

„Danke, Iz“, bedankte sich Tiffany ehrlich.

Lächelnd sah sie zu den Anwesenden, die schon saßen, und nahm Kontakt zu ihnen auf, als Isabel wieder auf die andere Seite des Tisches ging, um sich neben Ed zu setzen. Es dauerte nicht lang, da wurde auch schon der erste Gang serviert.

Hungrig – immerhin war sie seit dem Frühstück nicht mehr zum Essen gekommen – nahm Tiffany ihre Gabel, da hörte sie jemand quer über den Tisch ihren Namen flüstern.

Pssst , Tiff! Psssst!

Tiffany blickte auf und merkte, dass Isabel sie gestikulierend auf etwas aufmerksam machen wollte, das am Eingang des Restaurants passierte.

Neugierig geworden blickte Tiffany in die Richtung. Da sah sie ihn.

Sie war sicher, dass der Mann, der auf ihren Tisch zusteuerte, ein Schauspieler war, irgendein Promi, den sie schon mal gesehen hatte, aber nicht einordnen konnte. Groß war er und selbstbewusst, schritt dynamisch und elegant, schien sich seines verboten guten Aussehens gar nicht bewusst zu sein.

Jetzt endlich realisierte Tiffany, warum Isabel derart aufgeregt war.

Das war kein Promi zum Bestaunen, das war der neue Hochzeitsbegleiter.

Sie wirbelte wieder herum, um die zukünftige Braut anzublicken, und formte lautlos mit dem Mund: „Ist er das?“ . Isabel nickte enthusiastisch.

Der „Neue“ ging zur anderen Seite des Tisches, wo Ed saß. Erst jetzt fiel Tiffany der etwas ramponierte Blumenstrauß auf, den er in einer Hand hielt. Und sie musste heimlich lächeln, weil sich das kleine Bouquet, das eindeutig seine schönste Zeit schon hinter sich hatte, jedes Mal mit bewegte, wenn er den Arm bewegte, und auch jedes Mal ein paar Blütenblätter herabsegelten.

Die beiden Männer begrüßten sich per Handschlag. Ed stellte Isabel im Beisein aller seinem Freund vor und sie umarmte auch den „Neuen“.

Von Nahem, mit Blumen und allem, fand Tiffany ihn sogar noch beeindruckender.

Schließlich stellte Ed allen seinen sexy Freund als Garrett Berringer aus Philadelphia vor, den neuen Hochzeitsbegleiter, der großmütig in letzter Minute für Jimmy eingesprungen war.

Für Tiffany war es Lust auf den ersten Blick.

Als er zu ihr kam, wusste sie fast nicht mehr, wie sie hieß. Zuerst trafen sich ihre Blicke, und sie spürte ein Kribbeln bis in die Zehen.

„Hi, ich bin Garrett.“

Seine tiefe, raue Stimme raubte ihr den Atem. Als er lächelte, war der Ausdruck in seinen braunen Augen freundlich, aber reserviert. Sie hatte den Eindruck, dass er zwar bei dem Fest mitmachte, aber vielleicht nicht so gesellig war, wie er sich gab. Das machte ihn noch faszinierender für sie.

„Tiffany Walker“, stellte sie sich vor, wobei sie versuchte, so locker zu klingen wie alle anderen, obwohl ihr etwas die Luft wegblieb, als sie ihm die Hand gab.

„Kein Umarmung?“, fragte er, als er ihre Hand ergriff und nicht gleich wieder losließ.

Die anderen am Tisch fingen an zu skandieren „umarmen, umarmen, umarmen“ , und Tiffany verdrehte ihnen gegenüber die Augen. Garrett lachte, beugte sich schnell zu ihr hinunter, um sie höflich zu umarmen, bevor er sich auf seinen Platz setzte. In der kurzen Sekunde, in der er sie an sich zog, schmolz alles in ihr, und ihre Körpertemperatur schnellte sehr, sehr weit nach oben.

„Für wen sind denn diese Gartenchrysanthemen?“, fragte sie mit Blick auf die verkümmerten Blumen.

„Gartenchrysanthemen?“

Sie zeigte auf den Strauß.

„Oh, ich dachte, das wären Gänseblümchen“, sagte er. „Die habe ich einer Obdachlosen abgekauft und mit mir herumgetragen. Ich hatte sie fast vergessen.“ Er schenkte ihr ein Lächeln, das ihre Zehen zum Wackeln brachte. Er war scharf und süß. Süß-scharf. Ihr Lieblingsgeschmack.

„Aha. Aber lange Transporte vertragen die nicht“, meinte sie, nahm ihm die Blumen aus der Hand und steckte sie in ihr Wasserglas.

Beim Essen machten sie Smalltalk, aber Tiffanys Fantasie lief die ganze Zeit auf Hochtouren. Wie er wohl ohne seinen Anzug oder halb nackt in dem Bettlaken aussah, welches sie gerade neu gekauft hatte?

„Kann ich dir noch einen Drink holen?“

Tiffany kniff die Augen zusammen, fokussierte seine sinnlichen Lippen, sein energisches Kinn, seine etwas schiefe Nase und die hellbraunen Augen. Wie die eines Löwen.

„Hast du dir mal die Nase gebrochen?“, fragte sie zusammenhanglos.

Er nickte lächelnd. „Ja. Ein-, zweimal. Meine Brüder auch. Wir haben viel Sport gemacht, und im Job bekommen wir es gelegentlich mit Fäusten zu tun. Zum Leidwesen meiner Mutter.“

„Dann gibt es also noch mehr von deiner Sorte zu Hause?“

„Ja, noch drei. Allerdings hat mein Bruder Jonas gerade geheiratet.“

„Gratuliere.“

Sie meinte gemerkt zu haben, wie er einen diskreten Blick auf ihr Dekolleté heftete, das heute nach etwas mehr aussah als sonst, da ihr einziger frischer BH, vorhin beim Umziehen, ein Push-up gewesen war. Zum Glück, dachte sie jetzt und setzte sich gerader.

„Kann ich dir noch einen Drink holen?“, wiederholte Garrett.

Sie schüttelte lächelnd den Kopf, wobei sie im Stillen Marcus Hooper verfluchte.

„Also wirklich nein?“ Sein leicht enttäuschter Blick wirkte wie ein Prickeln auf sie. Wollte er auch mehr Zeit mit ihr? Wenn es doch so wäre.

„Vielleicht was ohne Alkohol. Ich will bei der Hochzeitsprobe nicht zum Altar torkeln.“

„Ach, ich halte dich schon auf Kurs.“ Er stand auf und bot ihr seinen Arm an.

Sie stand auch auf und hakte sich bei ihm ein. Es hatte so was altmodisch Galantes, und es gefiel ihr.

Sie schaute sich um und bemerkte Aufbruchsstimmung am Tisch. „Oh, sieht aus, als wäre es Zeit, in die Kirche umzuziehen. Es ist nicht weit. Ich habe mein Auto da und könnte dich mitnehmen“, bot sie an und biss sich dann auf die Lippe, fragte sich, ob sie etwa wieder in ihren Spontan-Modus verfiel.

„Das wäre super. Offen gestanden fühle ich mich hier etwas deplatziert. Ich war bisher auf keiner anderen Hochzeit außer meiner eigenen und der meines Bruders.“

„Na klar. Kein Problem“, sagte sie leichthin. Dabei ließ seine Erwähnung, verheiratet zu sein, gerade all ihre Lustgedanken den Bach runtergehen. Sie sah schnell nach unten, sah aber keinen Ring.

Na toll. Natürlich hatte es einen Haken geben müssen. Er war zu perfekt, dabei war er auch nur so einer . Ein Kerl, der den Ring ablegte, wenn er verreiste. Tiffany musste keine Detektivin sein, um sein Spiel zu durchschauen. Nur eine Frau. Klar hatte sie die Lust in seinen Augen flackern sehen, aber wohl nur, weil sie Nullnummern rekordverdächtig anzog wie ein Magnet.

Bloß wegen der Mitfahrgelegenheit, die sie ihm angeboten hatte, konnte sie jetzt nicht mehr zurück. So ging sie mit ihm raus zu den anderen. Sie mochte ja Mrs Spontan sein. Deshalb machte sie aber nicht automatisch mit verheirateten Männern rum. Sie hatte ein paar Regeln, die sie nicht brechen wollte. Auch wenn sie, trotz allem, was sie sich geschworen hatte, Lust gehabt hätte, alle Vorsicht in den Wind zu schlagen – für eine kurze, sexy Zweierkiste mit Garrett Berringer.

Jetzt musste sie sich deswegen keinen Kopf mehr machen. Sich in seiner Nähe unter Kontrolle zu halten, war problemlos möglich.

2. KAPITEL

Garrett überstand die Hochzeitsprobe, und schlussendlich war er froh, dass er zugestimmt hatte, Ed auszuhelfen. Vor allem wegen ihr .

Abgelenkt von allen traurigen Erinnerungen an die Frau, mit der er vor den Altar getreten war, beobachtete er Tiffany, wie sie bestimmt zum hundertsten Mal auf die Uhr sah. Soweit er es sagen konnte, schien sie es beim Abschied von Isabel eilig zu haben.

Weil Ed am Vorabend seiner Hochzeit ganz auf Party eingestellt war, hatten sie alle beschlossen, nach der Kirche noch was trinken und ein bisschen tanzen zu gehen. In der Hoffnung, Tiffany vielleicht näher kennenzulernen, hatte Garrett eigentlich mitkommen wollen. Es war lange her, dass sein erster Gedanke bei der Begegnung mit einer Frau gewesen war: Wie kriege ich sie ins Bett?

Beim Abendessen hatte sie doch recht zugänglich gewirkt, flirtete sogar mit ihm, wenn er sich das nicht vollkommen eingebildet hatte. Bis ihr Interesse, seltsamerweise, unerklärlich abkühlte. Auf der Fahrt zur Kirche beschränkte sich das Gespräch auf den üblichen Kurzaustausch allgemeiner Themen. Sie lachte nicht über seine Scherze, und sie nahm keinen einzigen Augenkontakt auf. Als sie bei der Hochzeitsprobe Arm in Arm zum Altar gingen, bewegte sie sich stocksteif.

Und seit sie angekommen waren, sah sie unaufhörlich auf die Uhr. Hatte sie es so dermaßen eilig, weil sie von ihm weg wollte?

Wie hatte er sie bloß in diese Eiskönigin verwandelt? Und konnte er das nicht wieder rückgängig machen? Es war ungewohnt für ihn, sich unsicher zu fühlen, nicht weiterzuwissen. Er war sonst auf Berringer Bodyguards fokussiert. Dort wusste er, was er zu tun hatte, und er machte es gut.

Aber im Augenblick war er nicht dort. Er war hier, beobachtete Tiffany, die er gerade erst vier Stunden kannte.

Während er ihr beim Reden zusah, funkelten die Ringe an ihren Fingern, wenn sie mit ihren reizvollen Händen das Gesagte untermalte. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass sie im Bett genauso gefühlsbetont war. Er mochte ihr locker im Nacken hochgestecktes rotbraunes Haar, und er wollte es lösen, sodass es auf die Schultern fiel. Mit seinen Fingern hindurchgleiten. Er mochte den Rückenausschnitt ihres Kleides, der ihre schmalen Schultern und ihren Hals frei ließ. Er mochte den Gedanken, dort Küsse hinzuhauchen.

Eine kleine Affäre erschien ihm plötzlich wie eine sehr verlockende Beigabe zu seinem Urlaub, aber er war nicht sicher, ob Tiffany das auch so sah. Und jetzt ging sie, ehe er herausfinden konnte, womit er sie verstimmt hatte. Als er sah, wie sie Isabel auf die Wange küsste und zur Tür hinaus in Richtung Parkplatz ging, musste er ihr folgen.

„He, Tiffany, warte“, rief er ihr hinterher, sah sie stehenbleiben, sich umdrehen und ihre Schultern senken, als füge sie sich dem Schicksal.

Was zum Geier hatte er getan, dass sie so reagierte?

„Willst du mir nicht sagen, was ich getan habe?“

„Ich weiß nicht, was du meinst. Und ich muss weg.“

„Hm. Wusstest du eigentlich, dass nicht, wie allgemein angenommen, diejenigen unglaubwürdig sind, die dir nicht in die Augen schauen, sondern vielmehr diejenigen, die lügen, geradezu angestrengt versuchen, dir in die Augen zu sehen, um dich davon zu überzeugen, dass sie dir die Wahrheit sagen?“

Er bemerkte leichte Irritation in ihren Augen, und ihre Wangen glühten, was sie noch hübscher machte.

„Willst du sagen, dass ich eine Lügnerin bin?“ Sie versuchte sich davonzumachen, aber er hielt sie fest. „Komisch, dasselbe dachte ich von dir.“

„Wann soll ich dich angelogen haben? Wir kennen uns erst seit ein paar Stunden.“

Sie blitzte ihn an, rang mitten auf dem kleinen Parkplatz mit ihm, bis sie seufzte und den Kopf schüttelte.

„Hör mal, lass das. Ich fange nichts mit verheirateten Männern an.“

„Das ist grundsätzlich gut, aber ich bin nicht verheiratet.“

„Ach so? Zur Info: Bloß weil du keinen Ring trägst, heißt das nicht, dass du unverheiratet bist. Danke, aber nein danke.“ Sie stürmte davon, Rücken steif, Nase hoch.

Er fand sie unglaublich süß, auch wenn er keine Ahnung hatte, wovon sie redete.

„Warte.“ Er lief ihr schnell hinterher. „Ich bin nicht verheiratet. Wer hat dir gesagt, ich wäre es?“

„Du. Du hast gesagt, dass du nur bei zwei Hochzeiten gewesen bist, der deines Bruders und deiner eigenen .“ Sie unterstrich die beiden letzten Wörter, indem sie ihm anklagend ihren Zeigefinger in die Brust bohrte.

„Ohaaa.“ Für gewöhnlich wussten alle um ihn herum Bescheid, aber jetzt war klar, wie sie zu dieser Schlussfolgerung gekommen war. „Tut mir leid. Ich war verheiratet. Meine Frau starb vor einigen Jahren.“

Sie warf ihm einen noch böseren Blick zu. „Also gut. Hör mal, ich versteh, dass du jemand aufreißen willst, während du verreist bist, aber ich bin nicht interessiert. Und es ist ziemlich mies zu sagen, deine Frau wäre tot, nur um eine andere Frau abzu…“

Garrett langte nach hinten in seine Hosentasche, griff sich sein Portemonnaie und zog eine Trauerkarte mit Laineys Foto und ihrem Geburts- und Sterbedatum heraus.

„Das war Elaine, meine Frau“, sagte er leise und zeigte sie Tiffany. „Und dies ist ihr Nachruf.“ Er drehte das Foto auf die Rückseite, auf den das Bestattungsunternehmen damals einen von ihm ausgewählten Spruch gedruckt hatte. Dann beobachtete er Tiffany, wie sie die Worte las, als müsse sie sich vom Wahrheitsgehalt überzeugen. Garrett wusste auswendig, was dort stand: Elaine Elizabeth Berringer. Geboren am 20. Mai 1978. Gestorben am 15. November 2006. Denk an zwei Küsse, den ersten und den letzten .

Tiffany starrte das Foto minutenlang an, drehte und wendete es, und als sie wieder zu ihm aufsah, waren ihre Augen verschleiert.

Verdammt, jetzt hatte er sie zum Weinen gebracht.

„Bitte nicht weinen.“ Fast verzweifelt nahm er das Foto wieder an sich und steckte es zurück ins Portemonnaie. „Ich wollte nur, dass du weißt, dass ich nicht lüge.“ Er fasste sie an den Schultern, brachte sie dazu, ihn anzusehen.

Offenbar konnte er nicht mehr so gut mit Frauen umgehen wie früher. „Es tut mir auch leid, dich zum Weinen gebracht zu haben.“

„Nein. Mir tut das leid. Ich mache das immer, vorschnell Schlussfolgerungen ziehen, vorschnell Beziehungen eingehen, vorschnell Ärger einhandeln … Ich habe einfach einen Hang zum … Vorschnellen . Und was ich gesagt habe, war schrecklich. Es tut mir so leid. Sie sah bezaubernd aus.“

Garretts Herz wurde noch weicher. „Ja. Aber es ist lange her“, fügte er hinzu und war selbst ein bisschen erstaunt, wie leicht ihm die Worte über die Lippen kamen, obwohl er Gewissensbisse hatte. Er hatte noch nie die Erinnerung an Lainey verdrängt.

„Wie lange wart ihr verheiratet?“

„Sechs Jahre. Zwei Jahre habe ich gebraucht, um mich von Sachen zu trennen, die noch von ihr im Haus waren, drei Jahre, um meinen Ring abzulegen … Ich dachte wohl, ich müsste was von ihr bei mir behalten.“

Tiffany lächelte matt. „Das ist süß. Und traurig.“

Garrett runzelte die Stirn. Zuerst hatte Tiffany ihn für einen Aufreißer gehalten, der hinter dem Rücken seiner Frau eine Urlaubsaffäre anfing. Dann hatte er sie eine Lügnerin genannt und sie zum Weinen gebracht. Jetzt dachte sie, er klebe an den Erinnerungen seiner längst verstorbenen Frau.

Als er Lainey verloren hatte, war es für ihn, als wäre er selbst auch gestorben. Er schlief, wachte auf, bewegte sich, atmete, aß, weil sein Körper es verlangte und weil er wusste, dass seine Familie sich um ihn sorgte. Sie trauerten auch, und er wollte ihnen nicht noch mehr Kummer machen.

Nach und nach wurde es leichter. Die Firma hatte ihn gerettet. Seine Brüder, seine Familie auch. Die Wunden in seinem Herzen waren vernarbt. Er konnte wieder was Neues anfangen. Aber er hatte sich noch nicht wirklich in diese Richtung bewegt.

Die Begegnung mit Tiffany hatte sein Blut wieder in Wallung gebracht, es mit neuer Kraft durch seine Adern pulsieren lassen. Zum ersten Mal seit Langem spürte er eine prickelnde Erregung. Tat sein Herz mehr, als ihn nur am Leben erhalten.

Und er fühlte sich lebendig . Noch nie hatte er es so gespürt wie in dem Moment, als er Tiffany ansah, Tiffany mit ihren schönen grünen, noch tränenverhangenen Augen.

Garrett zog sie näher an sich, versuchsweise, handelte instinktiv, folgte rein seinem männlichen Begehren. Ihm fiel nur noch eine Möglichkeit ein, um Tiffany zu überzeugen, dass er sehr wohl in der Gegenwart lebte, nicht in der Vergangenheit.

Er küsste sie.

So einfach war das.

So dachte er jedenfalls, bis sie ihm die Arme um den Hals schlang und ihren herrlichen, kurvenreichen Leib an seinen drängte und seinen Kuss erwiderte.

„Ja“, stöhnte er an ihrem Mund und eroberte ihn mit seiner Zunge. War plötzlich so gierig, dass er nicht genug von ihr schmecken konnte.

Er drängte sie rückwärts, ans Auto, genoss es, dass sie ihn so hungrig küsste wie er sie. Er glitt mit den Händen über ihre Brüste, die sich unter dem Stoff ihres Kleides aufreizend abzeichneten. Sie fuhr mit ihren Händen seinen Rücken hinunter, umfasste seinen Po und zog ihn an sich, presste seine harte Erektion an ihre sanften Rundungen.

Sie stöhnte in seinen Mund. Es war so ein purer, enthemmter Laut, dass er ihr Kleid hochschieben und sie auf der Stelle nehmen wollte. Garrett – den seine Familie und seine Freunde wegen seiner Besonnenheit und seiner Selbstbeherrschung schätzten – wollte hier und jetzt, so tief wie er konnte, in diese Frau eindringen.

Stimmen hinter ihm erinnerten ihn daran, dass sie dafür noch an einem allzu öffentlichen Ort waren. Er löste sich etwas und räusperte sich.

„Normalerweise mache ich das nicht, ich meine, ich hätte es nicht …“ Ihre Stimme war heiser, atemlos, törnte ihn noch mehr an.

„Komm mit mir auf mein Zimmer“, unterbrach er sie und küsste sie wieder. „Bitte“, fügte er hinzu und tat das, wovon er schon geträumt hatte. Er glitt mit einer Hand über ihren Nacken und löste ihr Haar.

Als es ihr auf die Schultern fiel, verdunkelten sich ihre Augen, aber sie schüttelte den Kopf.

„Ich muss weg. Ich muss … arbeiten.“

Arbeiten? Um diese Zeit?

„Pfeif doch drauf.“

„Geht nicht.“ Sie schob ihn sanft weg.

„Dann triff mich später.“

Sie sah ihn lange an, schüttelte wieder den Kopf. „Ich weiß nicht, wie lange ich brauche.“

„Egal. Hier“ – er reichte ihr die Visitenkarte seines Hotels – „da wohne ich, und das ist meine Zimmernummer. Ich werde warten.“

Sie nickte, sichtlich hin- und hergerissen, was ihn hoffen ließ. Dann stieg sie in ihr Auto, fuhr los und ließ ihn stehen, abwartend und hoffend, dass sie seine Einladung annahm. Falls nicht, würde die Nacht wohl sehr lang werden.

Tiffany wusste, dass sie es schon wieder tat, als sie mit dem Aufzug in die Etage fuhr, wo sich sein Zimmer befand. Es war erst eine Stunde her, dass sie sich von ihm verabschiedet hatte, aber als sie bei Hoopers Hotel ankam, war sein Auto weg, das Zimmer leer. In der Hoffnung, die Frau, mit der er sich getroffen hatte, würde vielleicht öffnen und sie könnte eine Spur verfolgen, hatte Tiffany angeklopft. Aber es hatte niemand aufgemacht.

Ihr zweiter Detektivjob war ein Flop. Doch statt nach Hause zu fahren und den Rest der Nacht deprimiert wegen ihres Misserfolgs zu sein, hatte sie beschlossen, sich von Garrett auf andere Gedanken bringen zu lassen.

Tiffany handelte impulsiv.

Aber machte das was? Garrett war wegen der Hochzeit in der Stadt, und auf Hochzeiten schleppte man immer jemanden ab, oder? Sie hatte dann eben eine kleine Wochenend-Affäre mit einem Hochzeitsbegleiter. Na und? Danach ging er wieder an die Ostküste zurück, und sie lebte ihr altes Leben. Niemand würde was merken.

Alles wäre in Butter.

Außerdem hatte er sie soooo gut geküsst.

Vor seinem Zimmer angekommen, nahm sie noch mal allen Mut zusammen.

Was, wenn er seine Meinung geändert hatte?

Er öffnete die Tür, sah zum Anbeißen aus in seiner locker sitzenden Jeans, einem T-Shirt und barfuß. Sein Lächeln und die Wärme in seinen Augen verrieten ihr, dass er sich freute, sie zu sehen. Er hielt ein Buch in der Hand – hatte offenbar gerade gelesen. Es gefiel ihr, dass er las.

„Hi.“ Plötzlich fühlte sie sich etwas verlegen.

„Hi. Das hat ja nicht lange gedauert.“

„Jep, ich habe es schneller als sonst geschafft.“ Was wirklich passiert war, wollte sie ihm nicht sagen.

„Ich freue mich, dass du gekommen bist.“ Als er zur Seite trat, um sie hereinzulassen, hatte sie plötzlich massive Bedenken.

War das schlau, nach allem, was sie mit Brice durchgemacht und nach allem, was sie in ihrer kurzen Zeit als Detektivin erlebt hatte? Einen Mann in seinem Hotelzimmer zu treffen, den sie kaum kannte?

Die Vernunft siegte. Garrett war nicht Brice. Oder Marcus Hooper. Er war ein guter Freund von Ed, und dreckige Schweine mieteten normalerweise keine Suiten in First-Class-Hotels.

„Geht’s dir gut?“, fragte er.

Sie lächelte ihn an, kam sich komisch vor. „Ja, sorry. Ich mache normalerweise, äh, naja … so was nicht.“

Er lächelte auch. „Ja, ich auch nicht. Und wenn du willst, können wir einfach unten an die Bar gehen, was trinken und reden.“

„Nein, hier ist es gut.“ Das meinte sie ehrlich, ging hinein und pfiff leise beim Anblick der riesigen Räumlichkeiten. Sie hatte mitbekommen, dass es eine Suite war, aber das Ambiente hatte echt Stil.

„Das habe ich mir gegönnt, weil ich einen Monat hierbleiben will.“

„Ergibt Sinn“, bemerkte sie.

„Ich hatte es nicht ganz so luxuriös erwartet, aber es sieht schon gut aus, stimmt.“

Die Kristalle eines großen Kronleuchters funkelten im Licht, und Tiffany war im ersten Augenblick wie gebannt.

Die Suite hatte drei Räume: einen Wohnraum mit Kochecke, ein großes Schlafzimmer und ein Bad. Im Wohnraum bot ein Panoramafenster eine fantastische Aussicht auf den Union Square und die Skyline von San Franzisco. Tiffany lief gleich dorthin.

„Ich kann vom Anblick dieser Stadt nie genug bekommen.“

Garrett ging zu ihr, stellte sich hinter sie, legte ihr die Hände auf die Schultern und genoss mit ihr die Aussicht. „Es ist schon spektakulär. Ich kann es kaum abwarten, mehr davon kennenzulernen. Und dich. Ich möchte dich auch mehr kennenlernen.“

„Was möchtest du denn wissen?“, fragte sie heiserer als sonst. „Ich habe zufällig gehört, wie du Marys Mann erzählt hast, dass du Bodyguard bist?“

„Ja. Es ist ein Familienbetrieb. Ich habe die Firma gegründet, und meine Brüder sind dann dazugestoßen.“

„Und ihr seid alle Bodyguards? Ziemlich aufregender Job.“

„Manchmal“, stimmte er zu, als sie zum Sofa gingen und sich setzten. „Manchmal auch ziemlich öde.“

Tiffany konnte das kaum glauben.

„Und was machst du so?“, erkundigte er sich.

„Ich arbeite auch in unserem Familienbetrieb. Einem kleinen Juwelier in der City.“

„Schon lange?“

„Seit ein paar Monaten. Es rentiert sich, und ich mag alles, was funkelt.“ Sie schaute erst lachend zum Kronleuchter und dann zu ihren Ringen. „Die Liebe zu Juwelen liegt in der Familie. Meine Mom hat meine Schwestern und mich sogar nach Schmucksachen benannt.“

„Ah. Tiffany’s. Und deine Schwestern heißen?“

„Ruby und Jewel, Rubin und Juwel.“

„Dann gibt es also noch mehr von deiner Sorte zu Hause?“, fragte er wie sie vorhin, wobei er ihre Stimme imitierte und sie lachen musste.

„Zwei Schwestern noch, beide verheiratet. Und unseren jüngerer Bruder Nick.“

„Klingt, als würde dir die Arbeit Spaß machen.“

„Es ist okay. Ich kann erst mal meine Rechnungen bezahlen und meinen Eltern beistehen, und ich konnte alles, was ich verloren hatte, wieder ersetzen, aber ich möchte mich schon bald verbessern“, gab sie sich vage, wobei sie mit dem Gedanken spielte, ihm zu erzählen, dass sie Detektivin werden wollte.

Aber was, wenn er sie auslachte? Schlimmer, was, wenn er es jemand auf der Hochzeit erzählte? Nein, besser, ich behalte es für mich, beschloss Tiffany. Auch wenn sie fast platzte, es mal jemand zu erzählen.

Garrett runzelte die Stirn. „Verloren? Gab es bei dir ein Erdbeben?“

Sie lächelte. „Naja, die kommen hier vor, aber in diesem Fall wurde ich bestohlen.“

Er guckte jetzt ganz ernst. „Du wurdest aber nicht verletzt?

„Nein, ich war nicht mal zu Hause. Aber ich musste alles neu kaufen, was ich hatte, selbst den Toaster.“

„Keine Versicherung?“

„Leider nein.“ Sie rechnete schon damit, einen ebenso erstaunten und vorwurfsvollen Blick von ihm zu ernten, wie sie es von anderen gewohnt war, aber er nickte nur verständnisvoll.

Dann sagte er noch mitfühlend: „Echt Scheiße, so was.“

„Ja, das war es“, sagte sie und nippte an dem Whiskey, den Garrett ihr nebenbei eingeschenkt hatte. Aber der weiche Bourbon machte sie lange nicht so heiß wie seine Finger, mit denen er auf einmal unglaublich zärtlich ihren Nacken kraulte. Sie schluckte kurz, war froh, dass sie saß, während er sie berührte, da sie sicher war, dass ihr die Knie weich werden würden, wenn sie stand.

Er rutschte näher, stellte erst seinen Drink auf den Couchtisch, dann ihren.

„Das ist ein guter Bourbon.“ Sie drehte sich leicht zu ihm.

„Ja, aber ich wette, dass er in dir noch besser schmeckt.“ Er legte ihr die Hand um den Nacken und zog sie an sich, um sie intensiv zu küssen. Tiffany war ziemlich sicher, dass sie zu atmen vergaß, aber fand es okay.

Das ist gut so , dachte sie, als er an ihrem Hals saugte, ihr mit seinem Daumen auf eine Art über die Nippel strich, die ihre Knie zittern ließ.

Stöhnend entfuhr ihr ein: „Oh“ , als er ihr nun noch mit einer Hand unter den Rock fuhr – das war jetzt mehr als gut – und mit den Fingern über ihren Tanga streifte. Sie rückte näher zu ihm, hielt sich mit den Händen an seinen Schultern fest.

„Nicht aufhören.“ Ihre Augen trafen seine, als er mit seinen Fingern unter den feuchten Stoffstreifen glitt.

„Alles, was du willst“, raunte er an ihren Lippen, während er sie weiter mit seinen Fingern reizte, ihre empfindliche Lustperle fand und sie stimulierte, bis sie einen schnellen, so heftigen Orgasmus hatte, dass sie sich an ihm festkrallen musste, um ihn durchzustehen.

„Ich will alles“, flüsterte sie ihm ins Ohr, während sie ihre Hand in den Schritt seiner Jeans wandern ließ und seine Erektion durch den Stoff massierte. „Und ich will es ohne all diese störenden Klamotten.“

Er küsste sie hungrig und drückte sie auf ein Sofakissen. Tiffany musste sich fast selbst kneifen, um begreifen zu können, dass sie hier wirklich mit diesem Filmstar von einem Mann lag und diese herrlichen Dinge mit ihm erlebte.

Garrett war älter als alle anderen Männer, mit denen sie zusammen gewesen war. Nicht, dass es wichtig war. Aber es hatte was. Nach dem, was er über seine Frau gesagt hatte, schätzte Tiffany ihn auf circa Mitte dreißig.

Sie konnte nur ahnen, durch welche Hölle er gegangen war, als er seine Frau verlor, aber dadurch hatte er irgendwie eine Art innere Stärke erlangt, die seinen angeborenen Sexappeal geradezu exorbitant vergrößerte. Das alles, dazu seine Lebenserfahrung – und dass er so intensiv geliebt und verloren hatte – reichte aus, dass ein Mädel dachte, so wie sie jetzt: „Nichts wie ran!“

Es ging jetzt richtig ab zwischen ihnen, und sie verloren keine Zeit, sich gegenseitig auszuziehen. Das Licht war noch an, und Tiffany verspürte den Drang, sich zuzudecken, als Derrick sie ansah, ganz genau, Zentimeter für Zentimeter studierte.

Es war erotisch, aber auch irritierend, dass ein Mann sie so anschaute. Wenn Tiffany sich selbst so intensiv im Spiegel betrachtete, gefiel ihr das nicht immer, was sie entdeckte. Verglichen mit den Models in Zeitschriften, waren ihre Brüste zu rund und zu üppig.

Obwohl sie fast jeden Tag joggte, die steilen Hügel der Stadt rauf und runter, wurden ihre Oberschenkel nie so schlank, wie sie wollte. Und durch diese verflixten Croissants, die es in der Bäckerei gegenüber von ihrem Juwelierladen gab, hatte sie in letzter Zeit auch etwas breite Hüften bekommen.

„Du bist wunderschön, total sexy“, unterbrach er ihre Gedankengänge, ohne sie aus den Augen zu lassen.

So wie er es gesagt hatte, mit diesem Hunger im Blick – als wolle er sie mit Haut und Haar verschlingen –, war sie geneigt, ihm zu glauben. Wie zum Beweis seines Begehrens wurde seine Erektion noch härter.

„Danke“, flüsterte sie, etwas befangen, aber ganz und gar angetörnt. „Du auch.“

Sie wünschte, sie hätte etwas Schlaueres, Erotischeres zu sagen, aber er gab ihr keine Zeit, darüber nachzudenken, als er sie jetzt ganz eng an sich zog.

Oh. Er fühlt sich gut, echt gut an, dachte sie berauscht, als sie seine heiße Haut überall auf ihrer heißen Haut spürte.

„Ich liebe es, wenn du das machst“, raunte er, als er sich zu ihren Brüsten beugte und anfing, sie mit den Lippen zu verwöhnen.

„Wenn ich was mache?“, keuchte sie, als er eine harte Knospe in den Mund nahm und daran saugte, mit der Zunge so aufreizend daran leckte, dass all ihr Blut aus dem Kopf in ihr Lustzentrum rauschte.

„Seufzen. Ich liebe es, wenn du seufzt …“

„Wie gut, denn du bringst mich oft dazu“, hauchte sie. Aber jetzt wurde aus ihrem Seufzen ein Stöhnen, denn er saugte fester, erst an einem Busen, dann am anderen, widmete sich dieser Körperpartie ausgiebig, bis auch andere Teile seine Aufmerksamkeit verlangten.

Aber sie wollte es noch hinauszögern. Spielerisch kraulte sie mit einer Hand den weichen Flaum...

Autor

Samantha Hunter
<p>Bevor Samantha Hunter sich voll und ganz dem Schreiben widmete, arbeitete sie zehn Jahre als Lehrerin für kreatives Schreiben an der Universität. Ihr erster Liebesroman, Virtually Perfect, den sie 2004 fertigstellte, wurde direkt veröffentlicht. Sieben weitere Liebesromane folgten bis heute. Samantha Hunter ist mit Leib und Seele Autorin. Und wenn...
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