Die gestohlene Braut des Scheichs

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Endlich! In einem Pariser Nachtclub spürt Bodyguard Zahir El Hashem die flüchtige Prinzessin auf. Er soll Soraya in den Wüstenstaat Bakhara begleiten, wo bereits alles für ihre arrangierte Hochzeit mit dem Scheich vorbereitet wird. Doch während ihrer Reise durch die Wüste erwartet Zahir eine harte Prüfung. Denn mit ihren aufregenden Kurven, ihren strahlenden Sternenaugen und ihrem sinnlichen Lächeln entfacht die Prinzessin in ihm ein gefährlich verbotenes Verlangen: Er will sie unter dem samtblauen Nachthimmel lieben. Und er weiß, dass sie diese Sehnsucht erwidert …


  • Erscheinungstag 10.06.2014
  • Bandnummer 2130
  • ISBN / Artikelnummer 9783733700669
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Er beobachtete sie.

Noch immer.

Soraya verspürte ein Prickeln im Nacken, zwang sich jedoch, nicht aufzuschauen, weil sie wusste, was sie dann sehen würde.

Den Mann, der im Halbdunkel saß.

Groß. Dunkel. Breite Schultern, Lederjacke, harte Gesichtszüge. Ein Abbild von Männlichkeit. Auch wenn sein Gesicht in dem schummrigen Licht in der Bar halb im Schatten lag, wusste sie, dass sein Blick auf sie gerichtet war. Sie spürte ihn, weil er ihr Blut zum Kochen brachte. Und sie seltsam atemlos machte.

Sein Interesse machte Soraya nervös. Sie beugte sich näher zu ihren Freunden. Raoul und Jean Paul diskutierten über Politik, während Michelle und Marie sich über Mode unterhielten. Als Raoul lässig einen Arm um ihre Schultern legte, versteifte sie sich sofort, ehe sie sich in Erinnerung rief, dass diese Geste sicher nur freundschaftlich gemeint war.

Soraya mochte das lockere Leben in Paris, ihre Zurückhaltung hatte sie jedoch nicht abgelegt. Sie hatte Bakhara zwar verlassen, aber innerlich lebte die Heimat mit den strengen Regeln in ihr weiter.

Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr und wandte sich gegen ihre Absicht um.

Er saß immer noch zurückgelehnt an seinem Tisch, beschienen vom flackernden Licht der Kerze. Jetzt sah er zu einer langbeinigen Blondine hoch, die ein kurzes rotes Satinkleid trug. Die Frau beugte sich vor, ihr gewagter Ausschnitt eine unverblümte Einladung.

Abrupt wandte Soraya sich wieder ihren Freunden zu, ohne darauf zu achten, dass Raoul seinen Griff um ihre Schultern jetzt deutlich verstärkte.

Zahir lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und umklammerte sein Glas, das sich angenehm kühl anfühlte. Die Hitze, die er verspürte, war allein der Frau auf der anderen Seite des Raums geschuldet.

Wo war er nur hineingeraten, zum Teufel?

Eine einfache Sache, hatte Hussein gesagt. Unkompliziert.

Zahir schüttelte den Kopf. All seine Sinne schrien förmlich „Alarm“. Und sein Instinkt meldete warnend Probleme an.

Trotzdem blieb er. Er hatte keine andere Wahl. Nun, da er sie gefunden hatte, konnte er nicht einfach gehen.

Er legte den Kopf nach hinten, sodass der Eiswürfel aus seinem Glas in seinen Mund glitt. Hart biss er darauf, als könnte das kalte Eis ihm wieder zu Gelassenheit verhelfen.

Doch es war mehr als Eis erforderlich, um seine Anspannung zu lösen.

Unter anderen Umständen hätte er vielleicht die Einladung der sinnlichen Blondine mit dem kurzen Kleid angenommen. Er erfreute sich an den Vergnügen des Lebens – aber seine Pflichten hatte er darüber nie vernachlässigt.

Und an diesem Abend ging es allein um Pflicht, Verantwortung.

Dennoch war mehr daran. Etwas … Unbekanntes, hervorgelockt durch dunkle Augen und herzförmige, volle Lippen. Durch eine Frau, die an den Worten eines dürren Intellektuellen hing, der vor sich hin schwadronierte, als hätte er eine Ahnung davon, wie man ein Land regierte.

Schnaubend setzte Zahir sein Glas ab.

Was auch immer er fühlen mochte, es gefiel ihm nicht. Weil es auf Probleme hindeutete, die er nicht wollte. Und die Ungeduld in ihm schürten.

Dabei setzte er vielmehr auf die Fähigkeiten eines Staatsmannes: Verhandlungsgeschick und Diskretion. Von Kind an war er zum Krieger ausgebildet worden. Und die harte, körperliche Auseinandersetzung verschaffte ihm Befriedigung.

Er musterte den Angeber, der mit seinem Intellekt prahlte und die Frau in dem dunklen Kleid an sich zog. Als die Hand des Franzosen über ihrem nackten Arm schwebte, ballte Zahir die Hand zur Faust.

Am liebsten hätte er diesem Clown eine kurze, aber heftige Lektion darin erteilt, was wirkliche Macht bedeutete.

Die Intensität seiner Gefühle ließ ihn innehalten.

Eine dunkle Vorahnung erfasste ihn mit eisigen Klauen.

Er hätte diesen Auftrag nicht annehmen sollen.

Soraya rückte ein wenig von Raoul ab.

Es war schon sehr spät, und sie sollte besser zu Hause im Bett sein. Was jedoch nicht möglich war, weil ihre Freundin Lisle, mit der sie zusammenwohnte, Besuch von ihrem Freund hatte, mit dem sie sich aussöhnen wollte. Für Soraya hieß das, vielleicht bis zum Morgengrauen nicht nach Hause zu können.

Dass sie endlich zugestimmt hatte, mit Raoul zu tanzen, war ein Fehler gewesen. Stirnrunzelnd schob sie seine Hand zur Seite, die sich auf Irrwegen befand.

Normalerweise hielt Soraya die Männer auf Abstand. Und sie hatte sich nur auf den Tanz eingelassen, um dem beunruhigenden Blick des Fremden zu entkommen. Denn das Glühen in seinen Augen sprach all ihre Sinne an.

Auch jetzt noch spürte sie seinen Blick in ihrem Rücken, auf ihren nackten Armen, als würde er sich dort einbrennen.

Was wollte er nur von ihr? In ihrem schlichten Kleid fiel sie doch kaum auf, sondern wirkte eher jungfräulich, wie Lisle sagen würde.

Soraya wäre am liebsten zu dem Fremden marschiert, um ihm ihre Meinung zu sagen. Aber schließlich waren sie in Paris, wo die Männer ständig Frauen anstarrten. Raouls Aufdringlichkeit riss sie aus ihren Grübeleien, und sie versteifte sich. „Hör auf. Nimm deine Hände weg oder …“

„Die Dame möchte den Partner wechseln.“ Die tiefe, melodische Stimme umfing sie wie eine Liebkosung, auch wenn ein harter Unterton deutlich herauszuhören war.

Strauchelnd blieb Raoul stehen und trat abrupt zurück, als eine große Hand seinen Arm von Sorayas Hüfte nahm. Mit wütend funkelndem Blick straffte er sich wieder. Obwohl er selbst groß war, überragte der Fremde ihn.

Soraya verspürte die Kraft, die von diesem Mann ausging, als er sich mit ihr in perfekter Walzerhaltung davonbewegte.

Er war der Mann, der sie den ganzen Abend beobachtet hatte.

Mit einem Mal war er ihr so nahe, dass sie seinen Atem spürte, die Hitze seines Körpers. Sein geschickter Griff verriet ihr, dass er es gewohnt war, einer Frau nahe zu sein.

Soraya schauderte, überwältigt von einem unbekannten Gefühl, das jedoch nichts mit Angst oder Empörung zu tun hatte.

„Na warte …“ Raouls Gesicht war rot angelaufen vor Wut, und er hatte seine Faust erhoben.

Sorayas Augen weiteten sich. „Raoul! Es reicht.“

„Entschuldigen Sie mich einen Moment.“ Der Fremde ließ sie los, drehte sich zu Raoul um und sagte leise etwas zu ihm, das ihn zurückweichen ließ.

Im nächsten Moment hatte der Fremde sich ihr schon wieder zugewandt, zog sie an sich und führte sie zurück auf die Tanzfläche.

Doch Soraya gefiel gar nicht, dass er sie nicht einmal um Erlaubnis fragte.

Auch wenn er sie aus Raouls Zugriff gerettet hatte.

„Das war nicht nötig.“ Lieber würde sie die Tanzfläche verlassen, doch er schien ihren Einwand nicht gehört zu haben.

Verärgert stellte sie fest, dass ihre Füße automatisch seiner Führung folgten.

Sie könnte sich von ihm losreißen und die Tanzfläche verlassen, scheute jedoch davor zurück, eine Szene zu machen.

Außerdem war ihre Neugier geweckt.

„Wie kommen Sie auf den Gedanken, dass ich mit Ihnen tanzen möchte?“ Trotzig hob sie das Kinn, um ihrer seltsam atemlosen Stimme etwas entgegenzusetzen.

Es war ein Fehler gewesen, zu ihm aufzusehen. Das merkte sie, als sie seinem Blick aus dunkelgrünen Augen begegnete und beinahe gestolpert wäre.

Seine Züge hatten etwas unwiderstehlich Männliches, das sich in den markanten Wangenknochen, einer ausgeprägten Kieferpartie und der geraden Nase zeigte. Seine Haut war goldbraun, die feinen Linien um seine Augen verrieten, dass er sich oft im Freien aufhielt. Lachfältchen konnten das ihrer Meinung nach nicht sein, bei diesem Mann, der sie so grimmig ansah.

Blinzelnd wandte Soraya den Blick ab. Es verwirrte sie, dass ihr Puls schneller schlug.

„Den Tanz mit ihm haben Sie jedenfalls nicht genossen.“ Er zuckte die Schultern. Obwohl er perfekt Französisch sprach, hörte sie heraus, dass er nicht von hier war. Und seine Entschiedenheit verriet ihr, dass er auf mehr aus war als einen oberflächlichen Flirt.

Plötzlich hatte sie das Gefühl, sich in Gefahr zu befinden. Was lächerlich war, da sie mitten unter anderen Menschen waren und ihre Freunde sich ganz in der Nähe befanden.

„Darum geht es nicht“, entgegnete sie auf seinen Einwurf.

„Dann widersprechen Sie also nicht. Er hat Sie verärgert.“

„Ich brauche keinen Beschützer.“ Soraya war stolz auf ihre Unabhängigkeit.

„Warum haben Sie ihn dann nicht davon abgehalten, sie anzugrapschen?“ Unverhohlene Wut klang in seiner Stimme mit.

Jetzt war es an ihr, die Schultern zu zucken.

Was sollte sie dazu auch sagen? Dass sie nicht damit umgehen konnte, wenn jemand mit ihr flirtete, auch wenn sie die Freiheit genoss, im Ausland zu studieren? Normalerweise hielt sie Abstand zu den männlichen Studenten und war darauf bedacht, deren Aufmerksamkeit nicht auf sich zu ziehen. An diesem Abend hatte sie zum ersten Mal überhaupt mit einem Mann getanzt.

Aber das würde sie niemals zugeben. In Bakhara war Zurückhaltung normal für ein wohlerzogenes Mädchen. Hier würde man sie dafür schief ansehen, zumal sie auch keinerlei Interesse an einer Affäre hatte.

„Haben Sie nichts dazu zu sagen?“

„Was ich tue, geht Sie nichts an.“

Bei ihren Worten wurde sein Mund schmal, und trotz seiner gebieterischen Haltung wirkte er nun angespannt.

Als die Musik endete, drehten sie sich ein letztes Mal und blieben dann stehen.

„Danke für den Tanz.“ Ihre Höflichkeit konnte nicht verbergen, dass sie verärgert war. Wie kam er nur auf die Idee, sie sei ihm dankbar, weil er sie vor Raoul gerettet hatte?

Sie wollte gehen, merkte jedoch, dass er seinen Griff um ihre Taille verstärkte. Sengende Hitze ging von seiner großen Hand aus, brannte sich durch ihr Kleid und wärmte sie auf eine Weise, die ihr plötzlich zu intim schien.

Mit einer schwungvollen Bewegung zog er sie wieder an sich, als die Musik erneut einsetzte, sodass sie gegen seine harte Brust prallte.

„Was soll das …?“

„Und wenn ich beschließe, dass es mich doch etwas angeht?“ Sein finsterer Blick wirkte eindringlich.

Es schien, als wolle er sich alles einprägen, die zierliche Nase, die braunen Augen und die widerspenstigen Strähnen, die sich aus ihrem strengen Knoten gelöst hatten.

Dass er sie so unverhohlen musterte, machte sie ganz benommen. „Wie bitte?“

„Sie haben mich sehr gut verstanden, Prinzessin. Treiben Sie keine Spielchen.“

„Spielchen?“ Empört schüttelte sie den Kopf und wollte sich von ihm befreien, doch er hielt sie mit eisernem Griff fest. „Ich habe nichts dergleichen getan. Sie sind derjenige, der Spielchen treibt. Den ganzen Abend haben Sie dagesessen und mich angestarrt.“

Erneut begegnete sie seinem Blick, und ihr wurde die Brust eng von dem Feuer, das sie in seinen Augen aufflackern sah. Ihre Haut prickelte am ganzen Körper.

„Wollten Sie, dass ich noch mehr tue als Sie nur anzustarren?“ Seine Stimme klang gefährlich sanft. „Haben Sie sich deswegen an Ihren Freund geschmiegt – um eine Reaktion zu provozieren?“

„Nein!“ Soraya zuckte zurück, aber er umfasste sie hart mit seinem Arm und zog sie wieder an sich.

Für einen Moment entdeckte sie etwas in seinem Blick, das sie gleichzeitig verwirrte und faszinierte.

Dann kehrte ihre Vernunft zurück. Mit einer schnellen, geübten Bewegung rammte sie ihm mit voller Wucht ihren Absatz in den Spann.

Einen Augenblick später war sie frei. Gleichzeitig verschwand auch die Wärme, an die sie sich beinahe schon gewöhnt hatte.

Mit hocherhobenem Kopf und gestrafften Schultern verließ sie die Tanzfläche. Wie eine Frau, die sich unter Kontrolle hatte.

Der Fremde hatte nicht einmal einen Anflug von Schmerz gezeigt, obwohl ihr Tritt ihm Qualen bereitet haben musste.

Was war er für ein Mann, dass er sich darin übte, nicht auf Schmerz zu reagieren?

Die Frage machte sie nervös.

Genauso wie die Tatsache, dass sie sich nur hatte befreien können, weil er es zugelassen hatte.

Es war ein Fehler gewesen, sie in den Armen zu halten.

Warum es falsch war, darüber wollte Zahir nicht nachdenken. Denn für ihn stand fest, dass diese Frau nur Ärger verhieß – großen Ärger.

Das wusste er, seit er bei ihrem Apartment gewesen war und herausgefunden hatte, dass es keine anständige Bleibe war, sondern ein Liebesnest für ein verliebtes Paar. Offensichtlich hatten die beiden nur deshalb das Bett verlassen, weil er unaufhörlich geklingelt hatte, sodass sie fürchten mussten, die Nachbarn würden geweckt.

In seiner Einschätzung wurde er noch bestätigt, als er Soraya endlich in diesem zwielichtigen Club aufspürte. Sicher, sie präsentierte sich nicht halbnackt wie manch andere Frau. Aber dieses Kleid, in der Farbe reifer Pflaumen, betonte sehr vorteilhaft ihre Rundungen, dazu geschaffen, die Aufmerksamkeit eines Mannes zu erregen. Der Rock umschmeichelte bei jeder Bewegung ihre wohlgeformten Beine. Der weiche Stoff verlockte ihn dazu, weiter auf Erkundungsreise zu gehen.

Zahir schluckte einen Fluch herunter, als seine Handflächen zu prickeln begannen.

Er durfte nicht das Geringste für sie empfinden.

Außer Abscheu, weil sie Hussein zum Narren hielt. Dass dem so war, hatte sie eben bewiesen, als sie sich an diesen Idioten herangemacht hatte.

Zahir unterdrückte ein wütendes Knurren.

Nein, sie war nicht das, was man ihn hatte glauben machen. Und damit meinte er nicht nur das Foto, das man ihm gegeben hatte, auf dem das rundliche, beinahe pummelige Gesicht einer Unschuld zu sehen war. Die Frau, die er heute Abend kennengelernt hatte, besaß die sinnlichen Rundungen und vollen Lippen einer geborenen Verführerin. Und dann diese Schuhe mit den gefährlich hohen Absätzen, die förmlich schrien: „Nimm mich – sofort!“

Hitze sammelte sich in seinem Körper. Vor Abscheu, wie er sich einredete.

Ihn hatte doch nur beeindruckt, dass sie ihm die Stirn geboten hatte. Das wagten nur wenige.

Und als sie mit der Grazie und Haltung einer Königin die Tanzfläche verließ, hätte er ihr am liebsten applaudiert.

Ein entschiedenes Klacken von hohen Absätzen weckte seine Aufmerksamkeit, und er straffte sich.

Abrupt verlangsamten sich die Schritte, und verwirrende Hitze entflammte erneut sein Blut. So wie jedes Mal, wenn ihr Blick den seinen traf.

Zur Hölle! Inzwischen reichte schon ein Blick, um ihn so fühlen zu lassen.

Wut, Schuldbewusstsein und andere dunkle Emotionen drängten als explosive Mischung an die Oberfläche.

So hatte er das Ganze eigentlich nicht geplant. Und er war nicht gewillt, dies hinzunehmen.

Zahir drehte sich um und sah sie im Foyer des Nachtclubs stehen. Selbst der Türsteher war zu dieser späten Stunde nicht mehr an seinem Platz. Sie waren allein.

„Was wollen Sie denn noch?“ Ihre Hand berührte kurz ihre Kehle, dann ließ sie sie wieder fallen, als sei ihr bewusst, dass es ein Zeichen von Schwäche war. Trotzig hob sie ihr Kinn und wirkte in ihrer ganzen Haltung angriffslustig. Hatte sie vor, ihn zwischen die Beine zu treten, sollte er sich ihr nähern?

Was ihr natürlich nicht gut bekommen würde, denn es wäre ihm ein Leichtes, sie zu überwältigen.

Aber das kam nicht infrage. Trotz ihrer Fehler würde er sie mit Respekt behandeln. „Wir müssen reden.“

Er hatte nicht einmal den Satz beendet, da schüttelte sie schon den Kopf, und ein paar lose braune Strähnen flogen um ihren schlanken Hals.

Zahir zwang sich, den Blick allein auf ihre Augen zu heften, die dunkel waren wie Ebenholz. Dass sie bei seinem scharfen Blick nicht einmal zusammenzuckte, sagte ihm einmal mehr, wie mutig sie war.

„Es gibt nichts für uns zu bereden. Wenn Sie mich nicht allein lassen, werde ich …“

„Was denn? Ihren Liebsten anrufen, damit er sie rettet?“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah, dass sie der Bewegung folgte. Sofort stieg wieder Hitze in ihm auf.

Was hatte diese Frau nur an sich, dass sie ihm so unter die Haut ging? So etwas hatte er noch nie erlebt.

„Nein.“ Sie nahm ihr Handy aus der Handtasche und klappte es auf. „Ich werde die Polizei anrufen.“

„Das ist nicht ratsam, Prinzessin.“

„Nennen Sie mich nicht so!“ Vor Empörung zitterte sie.

Zu spät wurde Zahir bewusst, warum er sie quälte.

Nicht deshalb, weil sie es verdiente.

Auch nicht deshalb, weil er von Natur aus grob war.

Sondern weil er wollte, dass sie ihn ansah und auf ihn reagierte, so wie auf der Tanzfläche. Obwohl sie ihn mit Worten abgewehrt hatte, hatte sie sich an ihn geschmiegt, eine unausgesprochene Einladung, so alt wie die Menschheit.

Zur Hölle, verflucht!

Was trieb er hier eigentlich?

„Verzeihen Sie, Ms Karim.“ Bewusst sprach er in neutralem Ton, wie er ihn bei schwierigen Verhandlungen anschlug.

„Sie kennen meinen Namen!“ Taumelnd trat sie einen kleinen Schritt zurück, Furcht im Blick.

Zahir verabscheute sich selbst, als er ihre Angst bemerkte. Nichts, was er an diesem Abend getan hatte, war wie geplant gelaufen. Wo war seine Professionalität geblieben, seine jahrelange Erfahrung darin, selbst die schwierigsten und heikelsten Aufträge zu meistern?

„Sie haben nichts zu befürchten.“ Er streckte ihr die offenen Handflächen hin.

Doch sie trat einen weiteren Schritt zurück und tastete nach der Tür hinter sich. „An Orten wie diesem rede ich nicht mit fremden Männern.“ Sie deutete auf das leere Foyer.

Tief atmete Zahir durch. „Nicht einmal mit einem Mann, der von Ihrem Bräutigam geschickt wurde?“

2. KAPITEL

Soraya erstarrte, während dieses eine Wort in ihr widerhallte.

Bräutigam …

Nein, oh nein. Nicht jetzt. Sie war nicht bereit dafür.

Ihr schnürte sich die Kehle zu, und sie stolperte rückwärts, bis ihre Finger etwas Festes berührten. Halt suchend presste sie die Hand gegen die Tür.

Wie durch einen Nebel nahm sie eine plötzliche Bewegung wahr. Der Fremde durchquerte den Raum und hob den Arm, als wolle er nach ihr greifen.

Sie versteifte sich, und er blieb stehen und ließ die Hand sinken. Selbst jetzt aus der Nähe gab seine Miene in dem dämmrigen Licht nichts preis. Vielmehr wirkten seine Züge wie aus Stein gemeißelt.

Wenigstens berührte er sie nicht wieder.

Sie wollte seine Hand nicht auf sich spüren. Weil ihr nicht gefiel, dass dabei eine seltsame Wärme in ihr aufstieg.

Ein paar Mal atmete sie tief durch, in dem Versuch, ihren rasenden Puls zu beruhigen. Doch es war unmöglich, weil der Fremde ihr so nahe war und sie wie ein Adler ansah, der seine Beute beobachtete. Zweifellos würde er ihr folgen, sollte sie versuchen zu fliehen.

Ihn umgab eine Aura entschlossener Hartnäckigkeit, die verriet, dass er zu Ende brachte, was er angefangen hatte.

Ihr Herz machte einen Satz, und sie straffte sich. Aber selbst in ihren neuen, hochhackigen Schuhen musste sie den Kopf in den Nacken legen, um ihn ansehen zu können. Doch es war nicht nur seine körperliche Größe, die sie aus der Fassung brachte. Vielmehr lag etwas in seinem Blick …

Soraya wandte den Kopf zur Seite.

„Sie kommen aus Bakhara?“ Ihre Stimme klang heiser.

„So ist es.“

„Und Sie heißen?“ Soraya zwang sich, ruhig zu sprechen.

„Mein Name ist Zahir Adnan El Hashem.“ Mit seiner eleganten Verbeugung zeigte er, dass er mit der förmlichen Etikette des Herrscherhauses bestens vertraut war.

In Jeans, Stiefeln und schwarzem Leder schien sein Verhalten zwar unpassend, aber irgendwie verstärkte seine lässige Aufmachung noch seine Stärke und die unnachgiebige Haltung. Unweigerlich musste sie an die legendären Krieger der Wüste denken.

Soraya schluckte schwer, und sie fröstelte.

Sie hatte schon von Zahir El Hashem gehört. Wer hatte das nicht in Bakhara? Er war die rechte Hand des Emirs. Ein Mann, mit dem man rechnen musste. Ein berühmter Krieger und, nach den Worten ihres Vaters, ein Mann, der sich in der Region schnell den Ruf eines gerissenen, aber dennoch geachteten Diplomaten erworben hatte.

Gemessen an seinem Ruf hatte sie ihn für älter gehalten. Was ihr jedoch vor allem zu schaffen machte, war der Umstand, dass der Emir gerade ihn geschickt hatte, seinen vertrauensvollsten Berater. Von dem erzählt wurde, dass er dem Emir genauso nahestand wie dessen Familie. Ein Mann, der nicht für seine Freundlichkeit bekannt war, sondern für seine kompromisslose Härte. Und der keine Skrupel hätte, eine unwillige Braut wieder nach Hause zu befördern.

Sie fühlte sich elend.

Dann stimmte es also. Unwiderruflich.

Ihre Zukunft hatte sie eingeholt. Eine Zukunft, von der sie gehofft hatte, dass sie nie Wirklichkeit werden würde.

„Und Sie sind Soraya Karim.“

Es war keine Frage. Denn er wusste genau, wer sie war.

Und er hasste sie dafür, wie Soraya in einem Augenblick verwirrender Einsicht klar wurde, als etwas in den seegrünen Tiefen seiner bemerkenswerten Augen aufflackerte.

Nein, es war kein Hass, sondern etwas anderes.

Endlich fand sie ihre Stimme wieder, auch wenn sie vor lauter Schock ganz rau klang. „Warum haben Sie mich ausgerechnet hier aufgesucht? So spät noch.“

Seine linke Braue ging nach oben, und Hitze stieg in ihre Wangen. Er wusste, dass sie auswich. War ihm klar, dass sie fast alles tun würde, um nicht hören zu müssen, was er mitzuteilen hatte?

„Was ich zu sagen habe, ist wichtig.“

„Das bezweifle ich nicht.“ Umständlich klappte sie ihr Handy zu. „Aber das können wir sicher morgen zu einer zivilisierteren Zeit besprechen, oder nicht?“ Sie schob das Unausweichliche hinaus und klang vermutlich obendrein noch wie ein verzogenes Gör. Aber sie konnte nicht anders. Ihr gefror das Blut in den Adern, wenn sie daran dachte, aus welchem Grund er diesen weiten Weg gemacht hatte.

„Es ist bereits morgen.“

Und er würde nirgendwohin gehen, das drückte seine ganze Haltung aus.

„Sind Sie nicht an dem interessiert, was ich mitzuteilen habe?“ Forschend sah er sie an. „Machen Sie sich denn keine Sorgen, dass ich schlechte Nachrichten bringen könnte?“ Seine Miene gab weiterhin nichts preis, nur seine Stimme klang jetzt schärfer.

Das Handy glitt aus Sorayas Fingern und fiel lautstark zu Boden.

„Mein Vater?“ Entsetzt presste sie ihre Hand auf die zitternden Lippen.

„Nein!“ Er schüttelte den Kopf. „Ihrem Vater geht es gut. Tut mir leid. Ich hätte nicht …“

„Wenn es nicht mein Vater ist, was denn …?“

Mit einer abwehrenden Handbewegung brachte er sie zum Schweigen. „Ich bitte nochmals um Entschuldigung, Ms Karim. Es war gedankenlos von mir. Seien Sie versichert, dass es allen gut geht, die Ihnen nahestehen.“

Nahestehen. Das schloss auch den Mann ein, der ihn geschickt hatte.

Plötzlich wurde ihr bewusst, warum er sie vorhin so durchdringend gemustert hatte. Es war doch wohl selbstverständlich, dass eine Frau wissen wollte, wie es dem Mann ging, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen sollte.

Das schlechte Gewissen nagte an ihr. War sie wirklich so gefühllos? Der Emir verdiente es, dass sie sich um ihn sorgte. Trotzdem hatte sie sich die letzen Monate vorgemacht, dieser Zukunft entgehen zu können.

Kein Wunder, dass sein Abgesandter sie so forschend ansah. Hatte ihre Gleichgültigkeit sie verraten?

„Ich bin froh, das zu hören.“ Sie senkte den Kopf, um ihre Verwirrung zu verbergen. Das Handy lag vor ihren Füßen, doch als sie sich bückte, um es aufzuheben, berührte sie Zahirs Hand, als er es aufnahm.

Die große, starke Hand eines Mannes, der trotz seiner Vertrautheit zum Emir seine Tage mit anderem verbrachte als nur über das Protokoll nachzudenken.

Bei der Berührung seiner warmen Haut zuckte sie instinktiv zurück und keuchte überrascht auf. Oder rührte diese Reaktion daher, dass sie sich erinnerte, wie diese Hand sie auf der Tanzfläche festgehalten hatte? Glühendes Feuer durchströmte ihre Adern, als sie sich einmal mehr seiner Männlichkeit bewusst wurde.

„Ihr Telefon.“

„Danke.“ Diesmal wich sie seinem forschenden Blick aus.

„Ich möchte mich noch einmal für meine Ungeschicklichkeit entschuldigen, weil ich Sie befürchten ließ …“

„Ist schon in Ordnung. Es ist ja nichts passiert.“ Soraya wünschte, es wäre tatsächlich so. Aber sie konnte nur an eines denken. Dass ihre Reaktion sie als gedankenlos und undankbar verraten hatte, eine Frau, die das Glück nicht verdiente, das die Zukunft für sie bereithielt. Eine Zukunft, an der sie zu zweifeln begann.

„Kommen Sie“, sagte er barsch. „Wir sollten das nicht hier besprechen.“

Widerstrebend hob Soraya den Kopf. Er hatte recht. Sie musste die Einzelheiten erfahren.

Sie nickte, mit einem Mal erschöpft. So musste sich ein in die Enge getriebenes Tier fühlen, das sich am Ende einer langen Jagd dem Raubtier gegenübersah, in dem Wissen, dass es kein Entrinnen mehr gab.

Sie fühlte sich ausgeliefert. Verletzlich.

Er geleitete sie hinaus, und sie spürte seine warme Hand nahe an ihrem Rücken, auch wenn er sie nicht berührte – wofür sie ihm dankbar war.

Die Gasse lag verlassen da, als sie sich nach einer dunklen Limousine umsah. Stattdessen entdeckte sie ein großes Motorrad, das im Schatten stand.

Wohin jetzt? Sie konnte ihn nicht mit nach Hause nehmen, da Lisle mit ihrem Freund dort war. Die Wohnung war zwar geräumig, aber die Wände sehr dünn.

Autor

Annie West
<p>Annie verbrachte ihre prägenden Jahre an der Küste von Australien und wuchs in einer nach Büchern verrückten Familie auf. Eine ihrer frühesten Kindheitserinnerungen besteht darin, nach einem Mittagsabenteuer im bewaldeten Hinterhof schläfrig ins Bett gekuschelt ihrem Vater zu lauschen, wie er The Wind in the Willows vorlas. So bald sie...
Mehr erfahren