Die Lady und der Millionär

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Die hinreißende Lady Serena Flaxton ist überzeugt, dass der Multimillionär Nicholas Colterne nichts für sie empfindet. Trotzdem nimmt sie seinen Antrag an, um ihre Eltern vor dem Ruin zu bewahren. Serena ahnt nicht, dass Nicholas sie vom ersten Moment an aufrichtig liebt…


  • Erscheinungstag 04.11.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733753917
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Serena zog ihr schwarzes Seidennegligé aus und warf es achtlos auf den antiken Stuhl. Das lange schwarze Spitzennachthemd umschmiegte ihre schlanke Figur wie eine zweite Haut und wirkte ungemein sinnlich. Im Spiegel sah Serena, wie ihr rotgoldenes Haar in weichen Wellen über ihre Schultern fiel, und lächelte zerknirscht. Ihr Aussehen hatte noch nie so recht zu ihrer Herkunft gepasst.

Gähnend schlüpfte Serena ins Bett. Es war ein langer Tag gewesen, und sie war müde. Sie knipste das Licht aus und schlief fast augenblicklich ein.

Eingekuschelt in die weiche Daunendecke, träumte Serena in leuchtenden Farben, sah Ölfarben auf Leinwänden, und Gesichter aus der Vergangenheit verwandelten sich in wogende Pinselstriche aus Blau, Gold und Rot …

Um drei Uhr morgens wurde die Schlafzimmertür geöffnet, und ein Mann trat ein. Serena rührte sich nicht. Als er zu ihr ins Bett stieg, seufzte sie und drehte sich zu ihm um.

Sanft zog er sie zu sich heran, und sie träumte nun von einem Mann in kräftigen Farben, der sie zu lieben begann.

Sie bog den Kopf zurück, fühlte warme Lippen auf ihren und Finger, die ihr über Hals und Brustansatz strichen.

Serena erschauerte und erwiderte den Kuss. Aufstöhnend schmiegte sie sich enger an den muskulösen männlichen Körper, dabei spürte sie einen straffen Bauch und behaarte Schenkel. Kräftige Hände glitten an ihren Hüften hinab und entfachten ein heftiges Verlangen in Serena.

Ihr Atem ging schneller. Berauscht hob sie sich in leidenschaftlicher Erregung dem männlichen Körper entgegen.

Das lustvolle Stöhnen eines Mannes drang durch das dunkle Zimmer. Behutsam schlossen sich Finger um Serenas Brüste, liebkosten die harten Spitzen. Sie stieß einen Schrei aus, und wieder senkten sich Lippen auf ihre. Diesmal war der Kuss wild und ungestüm.

Plötzlich erwachte Serena aus ihrem Traum, öffnete die Augen und sah den dunklen Umriss eines männlichen Gesichts vor sich. Das Glitzern in den blauen Augen machte ihr Angst.

„Nein!“ In wilder Panik schlug sie um sich, sprang mit einem Satz aus dem Bett und lief zur Tür.

Der Eindringling knipste die Nachttischlampe an.

Serena drehte sich um. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, als sie sah, dass Nicholas sich im Bett aufsetzte und sie mit einem trägen Lächeln auf den Lippen musterte. Die muskulöse Brust war entblößt, der weite dunkelrote Morgenmantel stand offen.

Sekundenlang starrte Serena ihren Mann einfach nur an. Sein schwarzes Haar war zerzaust, das markante Gesicht hatte einen spöttischen Ausdruck. Zorn stieg in ihr auf, und sie wusste nicht, ob sie mehr auf ihn oder sich wütend war.

„Was machst du hier?“

„Ich versuche zu schlafen.“ Nicholas fuhr sich durchs Haar. „Und was machst du hier?“

Ihre grünen Augen funkelten. „Du dürftest gar nicht in New York sein! Mir wurde gesagt, du wärst diese Woche in Washington.“

„Es gab Probleme mit der Maschine. Sie wurde zum Kennedy Airport umgeleitet. Mitten in der Nacht. Was sollte ich tun? Etwa im Plaza absteigen?“

„Dir gefällt das Plaza doch!“, rief Serena und bemühte sich, ihre verworrenen Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Ihr war bewusst geworden, dass sie seine Küsse voller Leidenschaft erwidert hatte.

Nicholas lachte. „Ich liebe das Plaza. Doch da ich hier ein wundervolles Apartment habe, sehe ich nicht ein, warum ich es nicht benutzen soll.“

„Weil ich hier bin, wie du sehr wohl wusstest. Es steht in meinem Terminplan. In dieser Woche bin ich in New York.“

„Das ist richtig“, stimmte er Serena amüsiert zu und ließ seinen Blick langsam über ihre schlanke Figur wandern. „Aber ich habe dich seit Weihnachten nicht mehr gesehen. Ich hatte Lust auf einen kurzen Besuch und deine Nähe. Gibt es daran etwas auszusetzen?“

„Dich interessiert gar nicht, mich zu sehen“, sagte Serena wütend. „Du bist nur gekommen, um Ärger zu stiften. Ich weiß nicht, was du damit bezweckst. Es ist mir auch gleichgültig. Ich lasse mich jedoch nicht dazu benutzen, dir eine langweilige Nacht zu versüßen, Nicholas. Zieh dich also wieder an, und ruf im Plaza an.

Damit wandte sie sich ab, verließ den Schlafraum und ging ins Wohnzimmer. Sie zitterte am ganzen Körper. Wie konnte Nicholas so etwas machen! Was fiel ihm ein, einfach zu ihr ins Bett zu steigen und sie so zu küssen! Das hatte er noch nie getan.

Die Tür ging auf. Erschrocken drehte Serena sich um.

„Erteile mir keine Befehle, Serena.“ In Nicholas’ Stimme lag ein drohender Unterton. „Ich trage die Verantwortung für diese Ehe, und so wird es auch bleiben.“

„Du hast gegen die Regeln verstoßen“, entgegnete sie hitzig. „Das hättest du nicht tun sollen.“

„Es sind ungeschriebene Regeln. Ich kann gegen sie verstoßen, wann immer ich will.“

Seine Überheblichkeit verschlug Serena einen Moment lang die Sprache.

„Oh, ich verstehe“, sagte sie dann. „Nur weil du davon abgehalten wurdest, dich mit einer deiner Geliebten zu treffen, glaubst du, du könntest hierher kommen und Forderungen an mich stellen.“ Sie bebte vor Wut. „Da mache ich nicht mit!“

„Es waren doch nur zwei Küsse.“

„Darum geht es nicht!“

„Zwei Küsse, die du sehr leidenschaftlich erwidert hast, Serena“, sagte Nicholas sanft.

Dunkle Röte stieg ihr ins Gesicht. Serena schwieg betreten.

Die Stille dehnte sich. Serena pochte das Herz. Ihr wurde klar, dass Nicholas einen neuen Kurs eingeschlagen hatte. Nach drei Jahren Ehe hatte er plötzlich die Glacéhandschuhe abgestreift. Dass er das eines Tages tun würde, hatte Serena immer gewusst. Doch nun, da es passiert war, brachte es sie völlig durcheinander. Die Spannung wuchs. Nicholas würde nichts unternehmen, das wusste Serena. Deshalb würde sie den notwendigen Schritt tun müssen.

„Also gut.“ Sie hob den Kopf. „Wenn du dich weigerst zu tun, was der Anstand gebietet, werde ich eben ins Plaza ziehen.“

„Sei nicht albern. Es ist doch nur für eine Nacht.“

Sie zog die Augenbrauen hoch. „Und wo gedenkst du zu schlafen?“

„In einem der anderen Schlafzimmer. Schließlich haben wir vier davon.“

„Und warum bist du dann in mein Zimmer und in mein Bett gekommen?“, fragte sie erbost.

Nicholas musterte sie mit halb geschlossenen Augen. „Das sagte ich schon. Ich hatte Lust auf deine Nähe.“

Sie hatte Mühe, sich zu beherrschen. Die Situation wurde immer gefährlicher, und der Ausdruck auf seinem harten Gesicht verriet Serena, Nicholas wusste genau, dass sie nicht damit umgehen konnte, und provozierte sie bewusst.

„Warum siehst du mich so an, Nicholas?“, fragte sie steif. „Das machst du mit Absicht, nicht wahr?“

„Warum sollte ich ein Arrangement, das so lange so gut funktioniert hat, absichtlich in Gefahr bringen?“

Serena wurde unsicher. Drei Jahre lang hatte Nicholas Distanz zu ihr gehalten. Er hatte sie wegen ihres Titels geheiratet. Gleich nach der Hochzeit hatte er sein gewohntes Leben wieder aufgenommen, war zu seiner Arbeit und seinen Geliebten zurückgekehrt, ohne einen Blick zurückzuwerfen.

Sie hatten nie vorgegeben, einander zu lieben. Nie gab es Zärtlichkeiten oder irgendwelche Zeichen der Zuneigung zwischen ihnen. Umso unverständlicher war es, dass Nicholas jetzt hier auftauchte und sich einfach zu ihr, Serena, ins Bett legte.

„Dann gehst du morgen Früh also wieder?“

Er nickte. „Ja, gleich morgen Früh.“

Ihr fiel ein Stein vom Herzen. „Gut. Wenn du nichts dagegen hast, ziehe ich jetzt in das Gästeschlafzimmer um und …“

„Nicht nötig“, fiel er ihr ins Wort. „Ich ziehe ins Gästeschlafzimmer.“

Sie atmete auf. „Danke.“

Nicholas lächelte spöttisch. „Du brauchst deswegen nicht gleich vor Erleichterung ohnmächtig zu werden, Liebling.“

Langsam trat er auf sie zu. Serena wich zurück und blickte alarmiert zu ihm auf.

Nicholas blieb stehen und kniff die Augen zusammen. „Hast du Angst vor mir, Serena?“

„Warum sollte ich denn Angst vor dir haben?“, entgegnete sie verärgert.

„Das frage ich mich auch. Wir sind seit drei Jahren verheiratet. Du hast dich mir gegenüber immer kühl und gleichgültig verhalten. Wieso auf einmal dieser ängstliche Ausdruck auf deinem Gesicht?“

„Das ist Wut“, antwortete sie. „Ich bin wütend auf dich, weil du hier einfach so hereingeplatzt bist.“

Sein Blick fiel auf ihre Brüste, die sich unter dem tief ausgeschnittenen schwarzen Seidennachthemd hoben und senkten. Serena fühlte, wie sie rot wurde, und ihr Herz begann schneller zu schlagen. Dass sie so auf Nicholas reagierte, war höchst ungewöhnlich. Sie begann wieder zu zittern und starrte ihn an. Zum ersten Mal war sie sich seiner Männlichkeit deutlich bewusst.

„Du zeigst deine Wut auf sehr aufregende Weise, Serena. Ich frage mich, was passieren würde, wenn ich …“

„Geh zu Bett, Nicholas!“, sagte sie rau und trat noch einen Schritt zurück.

Er betrachtete sie forschend und nickte dann. „Ja, sofort. Es ist drei Uhr morgens, und wir sind beide müde.“

„Zum Frühstück werde ich dich wohl nicht sehen, oder?“

„Wohl kaum.“ Er durchquerte das Wohnzimmer und verschwand im großen Gästezimmer. Mit einem Klicken fiel die Tür hinter Nicholas ins Schloss.

Serena blickte vor sich hin. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie konnte immer noch nicht fassen, dass Nicholas mitten in der Nacht hierher- und zu ihr ins Bett gekommen war. Außerdem ärgerte sie sich über ihre emotionale Überreaktion.

An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Bis ins Innerste aufgewühlt, ging sie zur Hausbar und schenkte sich ein Glas Cognac ein, in der Hoffnung, durch den Alkohol das innere Gleichgewicht wiederzufinden.

Der Alkohol brannte in der Kehle. Serena gefielen das Brennen und die angenehme Wärme, die sich in ihr ausbreiteten. Es half ihr, sich ein wenig zu entspannen.

Sie nahm das Glas mit in ihr Schlafzimmer, ging wieder ins Bett, und während sie an dem Cognac nippte, dachte sie über Nicholas’ ungewöhnlichen Besuch nach.

Vor drei Jahren hatte Serena die behütete Welt eines englischen Mädchenpensionats auf dem Lande verlassen und war nach Hause zurückgekehrt. Dort erwartete sie der Schock ihres Lebens. Ihre Eltern hatten sich so hoch verschuldet, dass Flaxton Manor und der gesamte Besitz verkauft werden musste.

Verständlicherweise waren Serenas Eltern, Earl und Countess Archallagen, verzweifelt. Das siebenundsechzig Zimmer große Herrenhaus, ein Meisterstück im Tudorstil, war 1532 für Robert Flaxton, Earl Archallagen, der ein Günstling der zweiten Frau König Heinrichs VIII., Anna Boleyn, gewesen war, erbaut worden.

Robert hatte Anna Boleyn sehr geliebt. Im Hof stand eine Statue von ihr, in der Galerie und über den Türen der Kapelle waren ihre Initialen eingeschnitzt, und sämtliche eichengetäfelten Räume des Hauses waren mit der Tudorrose geschmückt.

Als Anna Boleyn 1536 wegen angeblichen Ehebruchs hingerichtet wurde, gelang Robert Flaxton die Flucht nach Frankreich, von wo er erst nach dem Tod Heinrichs VIII. zurückkehrte. Mit seinem roten Haar und den funkelnden grünen Augen hatte Robert immer das gehabt, was das Flaxton-Glück genannt wurde.

Nun, über vierhundert Jahre später, sollte das Herrenhaus versteigert werden. Zuerst hatten Serenas Eltern daran gedacht, es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aber das hätte noch mehr Geld gekostet. Sie hätten Führer einstellen, Parkplätze bauen, Kataloge drucken und teure Reparaturen durchführen müssen – und die Bank hatte schon alle Kredite gekündigt.

„Ich kenne jemanden, der vielleicht bereit wäre, Ihnen aus der Klemme zu helfen“, sagte der Rechnungsprüfer der Familie. „Nicholas Colterne, ein amerikanischer Multimillionär. Er ist reich und mächtig, und er langweilt sich zurzeit.“

„Wie kann jemand, der reich und mächtig ist, gelangweilt sein?“, wunderte sich Earl Archallagen.

„Nicholas Colterne muss immer etwas um die Ohren haben. Aus Spaß organisiert er Firmen neu. Alles, was er anfasst, wird zu Gold. Ihm gehören etwa siebzig verschiedene Unternehmen, und er ist ständig auf der Suche nach etwas Neuem.“

„Aber ob er auch daran interessiert ist, ein abgelegenes Landgut in England zu retten?“, fragte Serenas Vater zweifelnd.

„Ich werde ihm ein Fax schicken und ihm die finanzielle Situation schildern“, versprach der Rechnungsprüfer. „Mal sehen, was er sagt.“

„Hoffentlich ja“, meinte Earl Archallagen grimmig. „Sonst müssen wir zusehen, wie unser Haus in ein Hotel oder Kongresszentrum umgewandelt wird.“

Bei dem Gedanken verkrampfte sich Serenas Magen. Sie blickte ihren Vater liebevoll an. Er war sechzig, fast im Rentenalter, zu alt für so einschneidende Veränderungen.

Der Earl und die Countess Archallagen hatten Serena sehr spät bekommen.

„Unsere kleine Überraschung“, hatten sie sie immer genannt. Als sie geboren wurde, waren ihre Eltern schon in den Vierzigern gewesen.

Da die Mutter blond und der Vater dunkel war, hatte Serena ihnen mit ihrem rotgoldenen Haar, den grünen Augen und dem vollen sinnlichen Mund tatsächlich in mehrfacher Hinsicht eine Überraschung bereitet. Bei ihr war wieder die Haarfarbe von Robert Flaxton durchgekommen, der für kurze Zeit die Zuneigung von Anna Boleyn gewonnen hatte.

Serenas Aussehen passte auch nicht mit der landläufigen Vorstellung einer Aristokratin überein. Statt als Lady Serena Flaxton hätte jeder, der die junge Frau mit dem leuchtend rotgoldenen Haar und der sinnlichen Figur nicht kannte, sie eher als Schauspielerin eingestuft.

Nicholas Colternes Antwort erfolgte prompt. Er sei interessiert und wolle in drei Tagen kommen, um sich den Besitz anzusehen. Ganz Flaxton Manor geriet in Aufruhr. Die wenigen Angestellten, die noch aus Liebe zu den Flaxtons geblieben waren, putzten und bohnerten zusammen mit der Familie das Haus, verzweifelt bemüht, das Anwesen vor dem Untergang zu retten.

Nicholas Colterne traf in einem großen schwarzen Cadillac ein.

Serena stand am Fenster im oberen Stock und beobachtete, wie er aus dem Wagen stieg. Nicholas Colterne war groß, dunkelhaarig und dynamisch. Mit seinen blitzenden blauen Augen betrachtete er interessiert die Tudormauern.

Wow! dachte Serena und spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann, als ihr Blick von den breiten Schultern zu den langen, muskulösen Beinen wanderte. Welch ein Bild von einem Mann! Ihr wurde ganz heiß, während sie ihn bewundernd und mit weit aufgerissenen Augen ansah.

Plötzlich hob er den Kopf und entdeckte Serena. Ein Prickeln überlief sie. Sie konnte kaum noch atmen.

Aufmerksam musterte Nicholas Colterne ihr junges Gesicht, das lange rotgoldene Haar. Serena errötete, trat zitternd zurück und schlug das Fenster zu.

Kurz darauf hörte sie, wie er die Eingangshalle betrat und seine Begleitung anwies, sich umzusehen.

Während er sich mit dem Earl und der Countess im Wohnzimmer unterhielt, wartete Serena aufgeregt in ihrem Zimmer auf das Ergebnis des Besuches.

„Ich habe Nicholas Colterne noch nie so begeistert gesehen“, sagte der Rechnungsprüfer später. „Er ist bestimmt interessiert.“

„Glauben Sie, er will das Anwesen kaufen?“, fragte Serenas Vater besorgt. „Wir sähen es gern, wenn es in der Familie bliebe, wissen Sie.“

„Das hängt davon ab, ob sich das finanziell lohnt. Er entscheidet sich immer für die gewinnbringendste Lösung.“

„Selbst wenn das bedeuten würde, dass wir alles verlieren?“, fragte Serena. „Es wäre doch entgegenkommender, wenn er uns Geld leihen würde, das wir ihm dann über mehrere Jahre zurückzahlen könnten.“

Der Rechnungsprüfer lachte. „Erwarten Sie von einem Mann wie Nicholas Colterne kein Entgegenkommen. Er ist ein Finanzhai. Er wird Ihnen bestimmt ein Angebot machen, aber wie auch immer es ausfällt, Sie können sicher sein, dass er derjenige sein wird, der davon profitiert.“

Serena erschauerte. „Er ist anscheinend ziemlich rücksichtslos.“

„Ein Wohltäter ist er jedenfalls nicht, Liebling.“ Der Earl seufzte. Sein Gesicht war von Sorgen gezeichnet. „Und wir befinden uns nicht in einer Position, in der wir Ansprüche stellen können. Wir müssen akzeptieren, was immer er uns anbietet.“

Einen Tag später kehrte Nicholas Colterne in seinem Cadillac zurück. In dem schwarzen Geschäftsanzug, eine goldene Uhrkette auf der schwarzen Weste, sah Nicholas Colterne aus wie der Inbegriff des erfolgreichen Geschäftsmannes.

Sorgsam hinter der Gardine versteckt, beobachtete Serena, wie er eintraf. Er sah zu ihrem Schlafzimmerfenster hinauf, und obwohl er sie unmöglich sehen konnte, glaubte sie zu spüren, wie sein Blick auf ihrem Mund verweilte. Ein Beben ging durch ihren Körper. Hatte Nicholas Colterne Röntgenaugen?

Sein Gespräch mit Serenas Eltern dauerte eine Ewigkeit. Sie konnte die Spannung kaum noch ertragen.

Um sechs klopfte Meggie, das Mädchen, an die Schlafzimmertür.

„Seine Lordschaft bittet Sie, zu ihm ins Wohnzimmer zu kommen“, teilte das Mädchen Serena mit. Dann fügte es angstvoll hinzu: „Oh, Lady Serena! Was wird aus uns werden?“

„Das weiß ich nicht, Meggie. Wir können nur hoffen, dass sich nicht allzu viel ändert.“

Serena ging hinunter und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Nicholas Colterne drehte sich sofort zu Serena um und musterte sie mit einem abschätzenden Blick, der ihr den Atem nahm. Langsam schloss sie die Tür hinter sich.

„Ah! Da bist du ja, meine Liebe.“ Serenas Vater, wie immer in Tweed gekleidet, erhob sich aus dem abgenutzten Sessel. „Mr. Colterne wollte dich kennen lernen.“

Earl Archallagen stellte Serena Nicholas Colterne formell vor. Er ergriff ihre Hand, und Serenas Pulsschlag beschleunigte sich.

„Wie soll ich Sie denn anreden?“, fragte Nicholas, den Blick auf Serenas Mund geheftet. „Mylady?“

„Das erscheint mir ein bisschen kompliziert“, entgegnete sie heiser.

„Oh, ich liebe Komplikationen! Das weckt in mir den Wunsch, sie sofort zu lösen.“

„Protokollarisch ist der britische Adel ein Minenfeld“, bemerkte Serenas Vater lächelnd. „Meine Tochter ist das einzige Kind, daher wird sie einmal meinen Titel erben.“

Ihre Mutter schmunzelte. „Sie wird meinen erben, Darling.“

„Oh ja, natürlich.“ Der Earl rieb sich die Stirn. „Serena wird einmal Countess Archallagen werden.“

„Gräfin?“ Nicholas’ Augen weiteten sich.

„Ja, mit eigenen Rechten“, bestätigte der Earl lächelnd.

„Was ist mit dem Mann, den sie heiratet?“, wollte Nicholas wissen.

Serenas Vater zuckte die Schultern. „Er bekommt keinen Titel, aber die Kinder meiner Tochter würden ihn natürlich erben.“

Nicholas wandte sich wieder an Serena. „Und wie rede ich Sie in der Zwischenzeit an?“

„Einfach mit Lady Serena.“

„Das klingt sehr förmlich.“ Er ließ seinen Blick über ihre vollen Brüste gleiten, die sich unter dem zarten Seidenkleid, das sie trug, abzeichneten. Die Unverfrorenheit Nicholas Colternes trieb ihr die Röte ins Gesicht. „Wann darf man Sie Serena nennen?“

Serena senkte die Lider. „Das hängt davon ab, wie gut mich jemand kennt.“

„Wie gut muss ich Sie denn kennen, um Serena sagen zu dürfen?“

„Außerordentlich gut.“

Er lächelte. „Eines Tages werden Sie also eine Gräfin sein …“ Die Augen dunkel vor Verlangen, ließ er die Finger durch ihr Haar gleiten. „Ich bin noch nie einer zukünftigen Gräfin mit roten Haaren begegnet.“

Der Earl und die Countess erstarrten, und Serena trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Sie spürte die Missbilligung ihrer Eltern und fühlte sich schuldig, weil sie Nicholas’ Berührung genossen hatte.

Nicholas kniff die Augen leicht zusammen und warf dem Earl und der Countess einen Blick zu.

„Nun“, meinte Nicholas dann gedehnt, „es war ein langer Tag. Ich könnte eine kleine Erholung gebrauchen.“ Er schaute auf seine Armbanduhr. „Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Ihre schöne Tochter zum Essen ausführen würde?“

Die beiden schauten auf ihre Tochter, die wie ein Opferlamm vor Nicholas stand.

Serena ging mit ihm essen. Steif, sich seiner Gegenwart überdeutlich bewusst, saß sie neben ihm im Fond des luxuriösen Cadillac.

„Haben Sie irgendeine Idee, wo wir essen könnten?“, fragte Nicholas.

„Im Flaxton Table isst man sehr gut“, entgegnete sie. Sie verstand sein Interesse an ihr nicht, und das machte ihr Angst.

Sie fuhren zu dem kleinen, familiären Restaurant an der Hauptstraße des Dorfes. Die im Flaxton Table anwesenden Dorfbewohner wussten natürlich, was im Herrenhaus geschah, und musterten Serena neugierig, als sie mit dem gut aussehenden Amerikaner hereinkam.

Sie fühlte sich in seiner Gegenwart schrecklich unsicher. Zwei Mal ließ sie während des Essens die Gabel fallen, und einmal stieß Serena das Glas Orangensaft um, das er ihr bestellt hatte.

„Wie ich höre, haben Sie das Mädchenpensionat gerade erst verlassen. Demnach sind Sie zwanzig. Richtig?“

„Ja.“ Sie war so befangen, dass sie kaum einen Ton über die Lippen brachte. Immer wieder starrte sie auf den Mund ihres Gegenübers und fragte sich, wie es sein würde, wenn er sie küsste.

Nicholas betrachtete sie prüfend. „Sie sind sehr schön. Haben Sie einen Freund?“

Serena schüttelte den Kopf. „Ich habe noch keinen Jungen kennen gelernt – außer Derry, den Sohn des Gärtners, aber er ist ziemlich dumm.“

„Das war klar und deutlich“, stellte Nicholas lächelnd fest.

Sie hatte das Gefühl, ihm etwas Wichtiges mitgeteilt zu haben, ohne es zu merken. Mit großen Augen sah sie ihn an und versuchte dahinter zu kommen, worum es im Grunde ging.

Nach dem Essen brachte er sie wieder nach Hause. Als sie die Wagentür öffnen wollte, ergriff Nicholas Serenas Hand und hielt sie fest.

„Hat Ihnen der Abend gefallen?“

„Ja“, antwortete Serena mit schwankender Stimme. „Sehr sogar.“

„Tun Sie mir einen Gefallen. Wenn ich morgen wieder komme, um den Deal zum Abschluss zu bringen, dann ziehen Sie doch bitte das cremefarbene Spitzenkleid wieder an, das Sie gestern anhatten.“

„Das Spitzenkleid?“, wiederholte Serena überrascht. Sie hatte es letztes Jahr für einen Spottpreis in einem Secondhandladen erstanden. „Warum?“

„Ziehen Sie es einfach an. Mir zuliebe. Ich konnte es nicht richtig sehen. Sie standen am Fenster. Erinnern Sie sich?“

„Na gut.“ Serena verstand seinen Wunsch zwar nicht, aber es erregte sie, wie Nicholas sie ansah.

Er lächelte und gab ihre Hand frei.

„Richten Sie Ihren Eltern bitte aus, dass ich morgen um acht da sein werde. Am Nachmittag muss ich nach New York zurückfliegen. Entweder wir unterschreiben morgen, oder wir vergessen es.“ Er schaute sie mit einem eigenartigen Blick an. „Werden Sie ihnen das sagen, Lady Serena?“

Serena nickte und stieg aus dem Auto. Mit unsicheren Schritten ging sie ins Haus. In der Eingangshalle kamen ihr die Eltern besorgt entgegen, und Serena erzählte ihnen, was Nicholas Colterne ihr aufgetragen hatte.

„Wir sollen schon morgen unterschreiben?“ Der Earl runzelte die Stirn. „Ist das nicht ein bisschen überstürzt?“

„Was macht das schon, mein Lieber?“, sagte die Countess. „Wir können es uns nicht leisten, stolz zu sein, und das weiß er. Wir brauchen sein Geld und seine Hilfe. Je eher wir sie bekommen, desto besser. Wenn wir Flaxton Manor bald öffnen, bekommen wir noch den Rest des Touristensommers mit.“

Am nächsten Morgen sah Serena von ihrem Fenster aus, wie Nicholas in seinem Cadillac vorfuhr.

Sie zog ihr cremefarbenes Spitzenkleid an und kämmte sich das lange Haar. Warum wollte Nicholas sie ausgerechnet in diesem Kleid sehen? Es war schlicht geschnitten und aus zarter Spitze. Die cremefarbene Seide darunter umschmiegte Serenas weibliche Rundungen und endete in weichen Falten kurz unter dem Knie.

Serena betrachtete ihr Spiegelbild und dachte dabei an Nicholas Colterne. Ein eigenartiger Glanz trat in ihre Augen. Sie drehte sich in die eine, dann in die andere Richtung, und auf einmal verspürte Serena ein erregendes Prickeln auf der Haut.

Es war neun Uhr, als Serena nach unten gerufen wurde. Zu ihrer Überraschung fand sie Nicholas allein im Wohnzimmer vor. Ihr Herz klopfte vor Erregung schneller. Serena sah sich um. Wo waren ihre Eltern?

Nicholas musterte Serena von oben bis unten. In seinen Augen stand unverhülltes Verlangen.

„Treten Sie doch näher, Lady Serena“, sagte er „Und schließen Sie die Tür. Ich möchte mit Ihnen reden.“

Gehorsam tat sie, wie ihr geheißen. Sie spürte, wie ihre Hände auf einmal feucht wurden. Nervös strich sie sich über das Kleid und blickte zu Nicholas auf.

„Ich habe nicht viel Zeit“, sagte er eindringlich. „Ich möchte den Deal schnell unterzeichnen, damit die Sache in Gang kommt. Doch zu einem wichtigen Punkt fehlt mir noch Ihre Zustimmung.“

„Ich verstehe nicht“, sagte sie.

„Oh doch, das tun Sie.“

Sie sah ihn an, und eine feine Röte stieg ihr ins Gesicht. Plötzlich hob Nicholas die Hand und berührte Serenas Wange. Serena erschrak. „Sie sind der wichtige Punkt, Lady Serena. Darum habe ich Sie hierhergebeten. Ich bin bereit, Millionen in Flaxton Manor zu investieren, aber nur unter der Bedingung, dass Sie meine Frau werden.“

Sie wurde kreidebleich. „Das können Sie nicht ernst meinen.“

Autor

Sarah Holland
Sarah Holland kann auf einen beeindruckenden Werdegang zurückblicken, ihr wurde das kreative Talent offenbar schon in die Wiege gelegt: Als Tochter eines erfolgreichen Journalisten und einer Bestsellerautorin romantischer Romane kam sie früh mit dem Schreiben in Kontakt. Als Jugendliche zog sie gemeinsam mit ihren Eltern und ihren Geschwistern von London...
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