Die letzte Nacht der Unschuld

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Rennfahrer Cristiano Maresca weiß, wie süß das Champagnerbad nach einem Sieg ist - und wie todbringend ein winziger Fehler sein kann! Denn ein Unfall vor vier Jahren war fast sein Aus. Nur kann er sich nicht mehr daran erinnern, wie es dazu kam - bis er auf seiner Comeback-Party eine bezaubernde Frau erblickt. Wie ein Blitz durchfährt es ihn: Woher kennt er sie? Warum weckt sie in ihm diese Sehnsucht? Diesen Hunger nach Zärtlichkeit? Entschlossen lädt er sie in sein Chalet in den Bergen ein. Doch nichts hat ihn darauf vorbereitet, was er dort entdeckt …


  • Erscheinungstag 09.07.2011
  • Bandnummer 1983
  • ISBN / Artikelnummer 9783863491574
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

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IMPRESSUM

JULIA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG

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CORA Verlag GmbH & Co. KG ist ein Unternehmen der Harlequin Enterprises Ltd., Kanada

Geschäftsführung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)

Cheflektorat:

Ilse Bröhl

Lektorat/Textredaktion:

Christine Boness

Produktion:

Christel Borges, Bettina Schult

Grafik:

Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Vertrieb:

asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-29277

Anzeigen:

Christian Durbahn

Es gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste.

 

© 2010 by India Grey

Originaltitel: „Her Last Night of Innocence“

erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London

in der Reihe: MODERN ROMANCE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: JULIA

Band 1983 (16/2) 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: SAS

Fotos: RJB Photo Library

Veröffentlicht als eBook in 08/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN : 978-3-86349-157-4

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

JULIA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, HISTORICAL MYLADY, MYSTERY,

TIFFANY HOT & SEXY, TIFFANY SEXY

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India Grey

Die letzte Nacht der Unschuld

PROLOG

Hitze flirrte über dem Asphalt. Der Geruch von verbranntem Gummi und Benzin hing in der Luft. An der Startlinie hatten sich die Reporter zusammengeschart und hielten die Mikrofone einsatzbereit. Nachrichtenteams hatten ihre Kameras geschultert. Vor den Boxen standen die Pitcrews in ihren Overalls, Renngroupies mit Teamflaggen und nur wenig am Körper lungerten herum.

Cristiano nahm Helm und Handschuhe und trat aus dem Schatten der Garage hinaus in die gleißende Sonne der Côte d’Azur. Der Geräuschpegel stieg an, Mikrofone wurden ihm entgegengestreckt, man bombardierte ihn mit Fragen. Er hielt den Kopf gesenkt.

Sein Körper fühlte sich locker und entspannt an. Es war nicht ungewöhnlich, dass er überschüssiges Adrenalin und Testosteron am Abend nach der Qualifikation in den willigen Armen einer Hostess oder eines der Boxenluder abarbeitete. Sex war eine gute Art, geistige und körperliche Anspannung vor dem Grand Prix-Rennen loszuwerden.

Aber letzte Nacht … das war nicht einfach nur Sex gewesen.

Ciao, Cristiano. Schön, dass du auch zu uns stößt.“

Silvio Girardi, Campano-Teamchef, kam auf ihn zu und schlug ihm gut gelaunt auf die Schulter. Schweiß lief an den Schläfen des bulligen, grauhaarigen Neapolitaners herab. Sarkasmus war sein Normalmodus, jetzt war der Regler bis zum Anschlag aufgedreht. „Warum bist du nicht noch ein Stündchen länger im Bett geblieben, hm? Damit du auch wirklich ausgeruht an die Startlinie gehen kannst?“

Cristiano trank einen Schluck Wasser und verzog die Lippen. „Hätte ich noch eine Stunde im Bett verbracht, wäre Ausruhen wohl das Letzte, wozu ich sie genutzt hätte.“

Silvio warf entnervt die Hände in die Luft. „Ich kann nur hoffen, dass die Kellnerin, oder wer auch immer es letzte Nacht war, genügend Verstand besitzt und den Mund hält. Unsere neuen Sponsoren sind da sehr empfindlich, was Klatsch und Skandale angeht. Clearspring Water – Mineralwasser, nicht Bourbon. Das heißt, anständige Lebensführung, solide, Vorbild für Kinder, capito? Hast du gestern mit dem Typen aus der Marketingabteilung gesprochen?“

„Es war kein Typ.“

Silvio runzelte die Stirn. „Sie haben gesagt, sie schicken den Leiter der Abteilung, Dominic Soundso. Ich dachte immer, Dominic sei ein Männername?“

„Seine Frau hat plötzlich Wehen bekommen. Er hat seine Assistentin geschickt.“

„Ein Mädchen?“

Die Andeutung eines Lächelns umspielte Cristianos Lippen, während er sich die Handschuhe anzog. Oh ja, Colleen Edwards war definitiv ein Mädchen. „Richtig.“

Nervös setzte Silvio seine Baseballkappe um und schnaubte. „Nun, ich hoffe, du warst nett zu ihr – kein unnötiger Blödsinn. Ich brauche das Geld. Dir zahlt man Millionen, nur damit du dich in ein Auto setzt – das ich für dich bauen muss. Sag ehrlich, ist das fair?“ Er ging um den smaragdgrünen Boliden mit den Clearspring-Schriftzügen herum. „Und jetzt an die Arbeit. Zeig uns, was diese Schönheit drauf hat. Du startest von der Pole Position. Du kannst gar nicht verlieren.“

Noch ein aufmunternder Schulterschlag für Cristiano, dann ging Silvio zurück zu den Mechanikern. Cristiano drehte sich um und suchte in der Masse der wasserstoffblonden und roten Köpfe nach einer honigfarbenen Mähne.

Schlanke gebräunte Arme schlangen sich von hinten um seinen Hals, ein bekanntes Parfüm stieg ihm in die Nase.

„Viel Glück“, flüsterte seine Assistentin ihm heiser ins Ohr.

Irritiert schaute er über seine Schulter und machte sich los. „Danke, Suki.“

Wo war Colleen?

„Wie lief das Interview gestern Abend mit dem Mädel von Clearspring? Ich hoffe, es hat sich nicht zu lange hingezogen. Sie schien mir ein wenig …“, Sukis Lippen verzogen sich süffisant, „… nun, ernsthaft.“

„Gut.“ Was ihn betraf, war es nicht annähernd lange genug gewesen. „Hast du sie irgendwo gesehen?“

Suki hob eine perfekt gezupfte Augenbraue. „Heute? Wieso? Ist sie hier?“

.“ Sein Blick glitt weiter über die PR-Mädchen, die in den Teamfarben für die Kamera posierten, und über die Presseleute, die sich auf der Suche nach einem letzten Interview vor dem Start durch die Menge schoben. Die Aufregung der Zuschauer auf den Tribünen, auf den Balkonen und an den Fenstern, die auf den Stadtkurs hinausgingen, begann zu brodeln. Die Jachten, die im Hafen von Monaco vor Anker lagen, ließen ihre Nebelhörner ertönen.

Suki zuckte mit den schmalen Schultern unter dem eng anliegenden Campano T-Shirt. „Sollte ich sie sehen, sage ich ihr Hallo von dir“, meinte sie kühl. „Es wird Zeit, dass du einsteigst.“

Eine Sekunde sah Cristiano sie mit leerem Blick an, so als wäre ihm der Sinn ihrer Worte völlig unverständlich. Dann nickte er. „Ich weiß.“

Er drehte sich um, strich sich mit den Händen durchs Haar. Kämpfte gegen den plötzlichen Drang an, einfach zu gehen, sich den Rennanzug auszuziehen und Colleen zu suchen, bis er sie gefunden hatte.

Das Fernsehteam in der Box nebenan war mit den Aufnahmen fertig und steuerte jetzt in seine Richtung. Aus dem Publikum erschollen Rufe mit seinem Namen. Zu spät.

Dann erblickte er sie.

Sie stand inmitten der Menge auf der Boxengasse und sah sich suchend um. Das Gesicht hatte sie in die andere Richtung gewandt. Aber es bestand kein Zweifel, er erkannte sie an ihrem dunkelblonden Haar, ihrer ausgewaschenen Jeans und der üppigen Rundung unter dem dunkelblauen T-Shirt, das sie heute Morgen vom Boden seines Schlafzimmers aufgehoben hatte.

Er lächelte verwundert, als er auf sie zuging. Wie hatte er sie nur nicht gleich sehen können? Zwischen den bunt schillernden Rennfahrer-Groupies wirkte sie verloren wie ein Golden Retriever-Welpe. Gestern war sie ihm sofort aufgefallen, als er mit dem Wagen in die Boxengasse eingefahren war, allein deshalb, weil sie so deutlich aus der Menge der „Boxenluder“ herausstach. In dem geschäftsmäßigen grauen Kostüm erinnerte sie ihn an die cleveren Schulmädchen. Die mit den sauberen und adretten Uniformen, die immer ihre Hausaufgaben gemacht hatten und die von den Nonnen als leuchtendes Beispiel vorgeschoben wurden.

Statt ein Taugenichts zu sein, ein hoffnungsloser Fall. So wie er.

„Oh …“, rief sie erleichtert.

Cristiano fasste Colleen bei der Hand und zog sie in den Schatten der Garagen.

Colleen wurde heiß. „Ich konnte dich nicht finden“, sagte sie atemlos und ließ sich von Cristiano in die Arme ziehen.

„Jetzt bin ich ja hier.“

„Ich dachte schon, ich hätte mir das alles nur eingebildet.“ Himmel, hörte sie sich wirklich so maßlos begehrlich an? Sie lachte unsicher auf. „Oder dass alles nur ein Traum war.“

„Soll ich dir bestätigen, wie real es war?“ Er fasste sie um die Taille, murmelte in ihr Haar hinein und jagte damit prickelnde Schauer über ihre Haut. „Welchen Teil zuerst? Den im Pool? Oder die Episode im Schlafzimmer? Dann war da ja heute Morgen auch noch der Küchenboden …“

„Schh!“ Leise lachend klammerte sie sich an seinen Rennoverall, barg das Gesicht an seiner Brust. „Wenn uns jemand hört …“

„Wäre das schlimm?“

Ihr Lachen erstarb. „Es ist nicht mein üblicher Stil.“ Das musste die Untertreibung des Jahres sein. „Wir haben uns gestern zum ersten Mal getroffen. Für ein Interview.“

„Kaum zu glauben, dass ich Interviews immer verabscheut habe!“, meinte er amüsiert. „Hätte ich vorher gewusst, dass sie so viel Spaß machen, hätte ich öfter welche gegeben.“

Colleen runzelte die Stirn. „Ich kenne dich kaum.“

Mit Daumen und Zeigefinger hob er ihr Kinn an, damit sie ihm in die Augen blicken konnte. In Augen, die die Farbe von Bitterschokolade hatten. Berühmte Augen, die jeder aus Fernsehen und Zeitungen kannte und die Colleen früher vom Poster an der Zimmerwand ihres jüngeren Bruders herab angeschaut hatten …

„Nach der letzten Nacht kennst du mich besser als jeder andere.“

Er sagte es mit leichter Ironie, doch sein Gesicht mit den markanten Zügen und dem fein geschwungenen Mund wirkte plötzlich seltsam ausdruckslos. „Gesù, Colleen, noch nie habe ich … habe ich meine Seele so bloßgelegt.“

„Ich auch nicht.“ Es war nur ein Flüstern.

Noch einmal erlebte Colleen die letzten zwölf Stunden in Gedanken. Zwölf außergewöhnliche Stunden. Sicher, da war der Sex … und er war magisch gewesen. Aber sie hatten auch viel geredet. Ihr Herz zog sich zusammen, als sie daran dachte, wie er in ihren Armen gelegen und mit tonloser Stimme von seiner Vergangenheit erzählt hatte. Von den Problemen während seiner Schulzeit, weshalb er später auch so unbedingt und unter allen Umständen nach Erfolg gestrebt hatte.

Sie hatte herausgefunden, dass die schillernde Fassade und die Gefahr seines Berufs ihm absolut nichts bedeuteten. Ein Leben, das man in Angst lebe, sei kein Leben, hatte er gesagt, und sie hatte es auf seine früheren Erfahrungen zurückgeführt. Und dann hatte er ihr gezeigt, wie man für den Moment lebte und ihn voll auskostete …

Der Geräuschpegel draußen auf dem Ring schwoll an.

„Ich muss gehen.“

Colleen nickte und trat einen Schritt zurück. Sie wollte nicht wirken, als würde sie klammern. „Ich weiß. Aber … Cristiano? Denke daran, du brauchst nichts zu beweisen.“ Sie lächelte. „Fahr vorsichtig.“

Für einen Sekundenbruchteil flackerte Schmerz in seinen Augen auf, dann war er wieder verschwunden.

Cristiano zog sich die Handschuhe über und schenkte Colleen dieses Lächeln, das ihren Magen zum Flattern brachte. „Tesoro, das hier ist der Große Preis von Monaco. ‚Vorsichtig fahren‘ gehört da nicht unbedingt zum Grundkonzept.“

Sie lachte, um die aufsteigende Angst zu kontrollieren. „Akzeptiert.“ Nein, sie würde diese Person nie wieder sein. Er hatte ihr gezeigt, wie man für den Moment lebte, anstatt sich an Ängste zu klammern. Dennoch kostete es sie enorme Anstrengung, ihm nachzusehen und weiterhin ein strahlendes Lächeln aufzusetzen. Er sollte nicht wissen, welche Angst sie um ihn hatte.

Im hellen Licht des Ausgangs blieb er stehen und drehte sich noch einmal zu ihr um. „Es ist nicht vorbei. Letzte Nacht war erst der Anfang.“ Er lächelte kurz. „Warte auf mich.“

Das Klicken des einschnappenden Visiers war das Signal für Cristiano, die Außenwelt auszuschließen. Mit diesem Laut existierte für ihn nichts anderes mehr als die Strecke, das Auto, das Rennen.

Der Stadtkurs von Monaco war lächerlich eng, machte Überholen nahezu unmöglich. Die Zuschauer waren der Strecke so nah, dass man meinte, sie berühren zu können.

Die ersten Runden hatte er bereits hinter sich. Waren es vier oder fünf? Er hatte eine gute halbe Sekunde Vorsprung. An der Haarnadelkurve zum Grand Hotel schaltete er in einen niedrigeren Gang. Silvio hatte gute Arbeit geleistet, der Wagen ließ sich großartig fahren. Die Wetterbedingungen waren ideal. Dieses Rennen gehörte ihm … Ein weiterer Sieg, den er seiner beeindruckenden Sammlung von Siegen hinzufügen würde.

Du brauchst nichts zu beweisen.

Er fuhr in den Tunnel ein, Dunkelheit umschloss ihn. Die Stimme in seinem Kopf war so real, dass er tatsächlich für einen Moment glaubte, Colleen säße mit ihm im Wagen. Er konnte den frischen Duft ihrer Haut riechen. Das jähe Verlangen ließ ihn fast schwindeln, er blinzelte.

Vor ihm kam das Ende des Tunnels in Sicht. Als er ins Sonnenlicht hinausfuhr, lag der Geschmack ihrer Haut auf seinen Lippen und ihre Worte hallten in seinen Ohren. Und plötzlich ergab alles Sinn.

Die Absperrung kam viel zu schnell auf ihn zu, aber irgendwie schien es nicht real, denn in diesem Moment wusste er …

Eine Explosion – Schmerz, Feuer, Bewusstlosigkeit.

… nichts mehr.

1. KAPITEL

Vier Jahre später …

Clearspring Mineralwasser stammte aus den Quellen im grünen Herzen der Yorkshire Dales – damit warb die Marketingabteilung. Die Büros von Clearspring jedoch waren in einem unansehnlichen grauen Gebäude im Industriegebiet einer unansehnlichen grauen Stadt in Yorkshire untergebracht.

Die Räume alleine waren deprimierend genug, doch am ersten Montag des neuen Jahres wirkte das Ganze besonders trist. Im Foyer stand noch immer die nadelnde Tanne, die Dekorationen an ihr hingen traurig herunter, weil noch niemand die Gelegenheit gehabt hatte, den Baum abzubauen. Colleen stand in der winzigen Küche und wartete darauf, dass das Wasser im Kessel zu kochen begann. Sie starrte auf den Kalender an der Wand.

Neues Jahr, neuer Kalender. Neue Fotos des Campano-Rennstalls.

Sie zog die Ärmel des wenig schmeichelhaften Pullovers – ein Weihnachtsgeschenk von ihrer Mutter – herunter, lehnte sich an die Anrichte und wiederholte stumm ihren Vorsatz für das neue Jahr.

In diesem Jahr werde ich mit dem Warten aufhören. Ich werde jedes „Vielleicht“ und jedes „Wenn“ aufgeben und aufhören, mir ständig etwas zu wünschen, das ich nicht haben kann. Ich werde das Beste aus dem machen, was ich habe – einen wunderbaren, glücklichen und gesunden dreijährigen Sohn.

Es juckte Colleen in den Fingern, aber sie würde nicht nachsehen. Sie würde nicht diesen dummen Kalender durchblättern auf der Suche nach dem Foto von Cristiano Maresca wie ein schwärmender Teenager.

Letztes Jahr hatte sie es getan. Das Jahr davor auch.

Seit dem Unfall in Monaco, der Cristiano Maresca fast das Leben gekostet hatte, fuhr er keine Rennen mehr. Doch das hatte seiner Berühmtheit keinen Abbruch getan, im Gegenteil. Mit seinem Rückzug aus der Öffentlichkeit hatte sich sein Status als Herzensbrecher nur gefestigt. Die wenigen Paparazzi-Fotos, die von ihm im Umlauf waren, wurden immer wieder und überall abgedruckt, zusammen mit endlosen Spekulationen, ob er je wieder auf die Rennstrecke zurückkehren würde.

Warum dauerte das so lange mit dem Wasser?

Colleen holte zwei Becher aus dem Schrank, gab einen Löffel Kaffeepulver in den einen und hängte einen Teebeutel in den anderen. Ihr Blick glitt zurück zu dem Kalender.

Das Bild für Januar sah harmlos aus – zwei Campano-Rennwagen mit den Clearspring-Logos Seite an Seite auf einer Rennstrecke. Colleens Hand hob sich wie aus eigenem Willen, wollte nach dem Blatt fassen …

„Juli.“

Die Stimme hinter ihrem Rücken ließ sie erschreckt zusammenfahren. Hastig ließ Colleen die Hand sinken, als Lisa aus der Grafikabteilung den Kopf zur Tür hereinsteckte.

„Tu nicht so, als hättest du nicht nach Maresca gesucht. Haben wir alle schon. Er gibt den Juli.“ Damit ließ sie Colleen wieder alleine.

Der Kessel meldete sich pfeifend. Colleen goss kochendes Wasser in die Tassen und beglückwünschte sich grimmig. Nein, sie hatte nicht nachgesehen. Und sie hatte Zeit bis Juli, um sich unter Kontrolle zu bekommen. Oder sich das Kaffeetrinken abzugewöhnen.

Die Becher in einer Hand, klopfte sie an Dominics Tür.

„Was, zum Teufel, ist das?“ Misstrauisch schaute Dominic in den Becher, den sie vor ihn hinstellte, und stöhnte. „Sag jetzt nicht, Lizzie hat dich mit ihrer Entgiftungskampagne überzeugt?“

Colleen hob eine Augenbraue. „Dir auch ein frohes neues Jahr“, meinte sie trocken und ging zurück zur Tür.

„Warte … Tut mir leid.“ Er seufzte. „Eine ganze Woche mit meiner Schwiegermutter hat wohl die nörglerische Seite in mir hervorgebracht. Lass es mich noch mal wie ein zivilisierter Mensch versuchen, der froh ist, wieder im Büro zu sein, und einem aufregenden neuen Arbeitsjahr entgegensieht.“ Lächelnd zeigte er auf den Stuhl, der auf der anderen Schreibtischseite stand. „Setz dich und erzähl mir, wie dein Weihnachten war. Ich gehe davon aus, dass du nicht, so wie ich, von einer pinkfarbenen Lawine überrollt wurdest?“

Colleen setzte sich und hielt den Kaffeebecher mit beiden Händen. Dominics Tochter Ruby war neun Monate älter als ihr Sohn Alexander und seine beste Freundin und erbarmungsloseste Gegenspielerin zugleich.

Autor

India Grey
<p>India Grey liebte schon als kleines Mädchen romantische Liebesgeschichten. Mit 13 Jahren schrieb sie deshalb das erste Mal an den englischen Verlag Mills &amp; Boon, um die Writer's Guidelines anzufordern. Wie einen Schatz hütete sie diese in den nächsten zehn Jahren, begann zu studieren … und nahm sich jedes Jahr...
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