Die Liebe kommt an Bord

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Heiß verliebt hat sich Reba in der Karibik, und ihre Gefühle werden erwidert. Aber sie muss auf Hunter verzichten, denn er scheint arm zu sein - und Reba braucht viel Geld, um das Leben ihrer Mutter zu retten. Doch als sie erfährt, dass Hunter Multimillionär ist, scheint es zu spät für ihr Glück zu sein…


  • Erscheinungstag 17.06.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733776664
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Es war schon spät, und die Party neigte sich langsam dem Ende zu. Reba Wyeth war plötzlich einen Moment lang allein. Sie stellte ihr halb geleertes Glas ab und öffnete die Glastür, die auf den Dachgarten der Penthouse-Wohnung führte. Draußen war die Luft kühler und frei von lästigem Zigarettenqualm.

Unter ihr breitete sich die Stadt wie ein riesiges Lichtermeer aus. New York. Ein leichtes Lächeln huschte über Rebas Gesicht. Die Stadt lag ihr im wahrsten Sinn des Wortes zu Füßen. Eigentlich hätte sie in diesem Augenblick viel glücklicher sein müssen. Sie fröstelte und rieb sich die nackten Arme. Ihr ging einfach zu viel im Kopf herum, zu viel beunruhigte und sorgte sie. Es dauerte alles so lange, und die Zeit lief ihr davon.

„Hier steckst du also!“, ertönte plötzlich eine vorwurfsvolle Stimme hinter ihr. Reba drehte sich um und lächelte den Mann an, der auf sie zukam.

Eliot Thorson III galt allgemein als sehr gute Partie. Er war Ende zwanzig, groß, sonnengebräunt, blond und hatte blaue Augen. Er hatte nicht nur eine renommierte Hotelkette geerbt, sondern besaß auch ein Apartment in Manhattan und drei weitere in Los Angeles, Paris und Rom. Ferner verfügte er über eine Polopferdezucht und nannte eine riesige Hochseeyacht sein Eigen. Unabhängig davon war Reba schon vor langer Zeit zu dem Schluss gekommen, dass Eliot ein überaus sympathischer Mann war, dessen einziger sichtbarer Fehler in seiner unverbesserlichen Großzügigkeit bestand. Es war ein ständiger Kampf, ihn davon abzuhalten, ihr unentwegt Dinge zu schenken, für die sie auch nur das geringste Interesse gezeigt hatte.

Zu Rebas großem Kummer bildete Eliot sich ein, in sie verliebt zu sein. Sie liebte ihn nicht und hatte ihn auch nie in dem Glauben bestärkt, seine Gefühle zu erwidern. Natürlich hätte sie seine Gesellschaft einfach meiden können, aber das schien ihr doch ein sehr drastischer Schritt zu sein, zumal sie Eliot als guten Freund schätzte und gern mit ihm zusammen war. So hoffte Reba, Eliot würde dies irgendwann merken oder auch feststellen, dass seine Verliebtheit nur ein Strohfeuer war.

„Drinnen war es so stickig, dass ich ein paar Minuten an die frische Luft musste“, erklärte Reba und fröstelte erneut. In den frühen Morgenstunden konnte auch die Sommerluft ziemlich kühl sein.

„Hier draußen in der frischen Luft kannst du dir aber eine schöne Erkältung holen“, erklärte Eliot, zog sein Dinnerjackett aus und hängte es ihr über die Schultern. „Besser so?“, fragte er. Als Reba nickte, nahm er sie sanft in den Arm.

Reba sträubte sich nicht dagegen. Sie fühlte sich von Eliot nie bedrängt oder überrumpelt. Sie mochte ihn deshalb sehr. „Immer der vollendete Gentleman“, neckte sie ihn.

„Freut mich, dass dir das auch schon aufgefallen ist“, erwiderte Eliot trocken und fügte nach einem Augenblick einträchtiger Stille hinzu: „Wann heiratest du mich endlich, Reba?“

„Dich heiraten?“, fragte Reba entgeistert. Die Frage zeigte eine völlig neue Entwicklung, die sie in ihrer Naivität nicht erwartet hatte. Und doch hätte sie mit so etwas rechnen sollen.

Das bestätigte er gleich mit seinem nächsten Satz. „Warum tust du so überrascht? Du weißt doch, dass ich dich liebe, oder?“

Reba tat anderen Menschen nur äußerst ungern weh und überlegte daher sorgfältig, was sie darauf antworten sollte. „Ja, aber bist du dir auch wirklich sicher, Eliot?“, fragte sie schließlich vorsichtig, um an seine Vernunft zu appellieren. „Viele Männer verlieben sich allzu rasch in irgendwelche Models.“

Eliot schüttelte den Kopf. „Bei mir ist das anders. Ich liebe dich, Reba. Ich möchte für dich sorgen und dich glücklich machen. Bitte sag, dass du meine Frau wirst.“

Reba löste sich aus Eliots Arm, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte. „Eliot, du bedeutest mir wirklich viel, aber ich liebe dich nicht“, beteuerte sie unglücklich.

Von diesem Eingeständnis ließ Eliot sich nicht im Geringsten beirren. „Das wirst du schon noch, wenn du es erst einmal mit mir probierst.“

Trotz aller Nervosität musste Reba unwillkürlich lachen. „Du bist wirklich unmöglich. Das kannst du doch gar nicht wissen!“

„Ich weiß, dass ich dich liebe und wir zusammen glücklich sein könnten“, antwortete Eliot beharrlich, während er sie förmlich anhimmelte. „Du bist jetzt einfach müde, mein Liebling, und nimmst mich deshalb nicht ernst, stimmt’s? Komm, hol deine Tasche, ich bringe dich nach Hause.“

Reba widersprach nicht. Sie war tatsächlich sehr erschöpft, und Eliots unerwarteter Antrag hatte sie völlig verwirrt. Sie war froh, als er das Thema fallen ließ, auch wenn ihr natürlich klar war, dass die Angelegenheit damit nicht erledigt war. Sie verabschiedeten sich von den anderen Partygästen und waren kurz darauf unterwegs. Rebas Wohnung lag mit Blick auf den Central Park, was ihr in dieser sonst so beengten Stadt ein Gefühl der Weite vermittelte. Eliot begleitete sie bis zu ihrer Wohnungstür, schloss auf und gab Reba dann den Schlüssel zurück. An diesem Abend versuchte er nicht, sie zum Abschied zu küssen, und sein Gesichtsausdruck war ungewöhnlich ernst.

„Hör zu, Reba, das sollte kein Witz sein. Ich möchte wirklich, dass du ernsthaft darüber nachdenkst, ob du mich nicht doch heiraten willst.“ Er packte sie energisch an den Schultern und beugte sich vor, als wollte er seinen Worten damit Nachdruck verleihen. „Ich habe noch keiner anderen Frau je einen Heiratsantrag gemacht. Ich liebe dich. Wir wären bestimmt glücklich miteinander. Bitte überleg es dir.“

Reba sah Eliot an, dass das Ganze kein Scherz war. Ihm war es Ernst, und deshalb musste sie über seinen Antrag zumindest gründlich nachdenken, auch wenn sie ihn schließlich doch ablehnen würde. Das war sie Eliot schuldig. „Also gut, Eliot, ich lasse es mir durch den Kopf gehen“, versprach sie.

„Und du gibst mir Bescheid, sobald du von deinem Fototermin zurück bist?“, hakte Eliot sofort nach, um sich das abgerungene Zugeständnis nicht wieder entgleiten zu lassen.

Reba wollte am nächsten Morgen zu mehrwöchigen Modeaufnahmen in die Karibik fliegen. Diese Zeit konnte sie nutzen, um sich eine Antwort für Eliot einfallen zu lassen. „Gut, sobald ich wieder hier bin. Aber sei dir darüber im Klaren, dass es auch ein Nein sein kann, Eliot.“ Reba zog sich seine Jacke von den Schultern und hielt sie ihm hin.

Er nahm sie und beugte sich dabei leicht vor. „Ich bin der geborene Optimist“, witzelte er und gab Reba einen Kuss. „Gute Nacht, Liebling. Bis dann.“

Reba wartete, bis er mit einem letzten Winken im Lift verschwunden war, ehe sie ihre Wohnung betrat. Als sie die Tür hinter sich abschloss, war sie plötzlich ganz aufgewühlt. Nervös und ungehalten ging sie direkt ins Schlafzimmer und machte erst dort Licht. Sie warf ihr Abendtäschchen auf ihre unordentliche Schminkkommode und zog sich die Kämme aus dem Haar, mit denen sie ihre Lockenpracht gebändigt hatte. Sie schüttelte den Kopf, bis die Spannung sich aus ihren Nackenmuskeln gelöst hatte, und musterte sich im Spiegel.

Ihr Spiegelbild war eigentlich unverändert, nur schien es plötzlich einen ganz besonderen Glanz zu haben. Sie war schon immer eine gut gebaute Brünette gewesen, aber die Modelausbildung und das richtige Make-up hatten eine neue Reba zum Vorschein gebracht, deren Schönheit so atemberaubend wie exotisch war. Das Besondere an Reba waren ihre Augen: große funkelnde Katzenaugen mit langen dunklen Wimpern, die ihrem Blick etwas Raubtierähnliches gaben und ihrem Mund einen sinnlichen Zug verliehen.

Reba hatte zwar das Aussehen eines Topmodels, hatte aber nie an eine Karriere als Fotomodell gedacht, bis sie ihr Studium abgeschlossen hatte und ihre Familie plötzlich von einem schweren Schicksalsschlag getroffen wurde. Ihre Mutter erkrankte an einem Leiden, für das es nur eine Hoffnung gab – eine neuartige Operationsmethode in den Staaten. Das Problem war, dass diese Operation viel Geld kostete, das Rebas Familie ohne den Vater, der schon früh gestorben war, nicht aufbringen konnte.

Bis ein Bekannter aus der Modebranche Reba klarmachte, dass sie als Model ein Vermögen verdienen konnte. Reba hatte keine Sekunde gezögert und mit Hilfe dieses Mannes sofort den Sprung in die Modebranche gewagt. Anfangs war es schwer für sie gewesen, und sie hatte jeden verdienten Cent gleich auf die Bank gebracht, um die laufenden Kosten zu decken. Durch harte Arbeit schaffte sie es allmählich bis ganz nach oben. Dabei hatte sie nichts abgelehnt, womit sich Geld verdienen ließ. Aber es hatte gedauert, und erst jetzt, zwei Jahre später, fing sie langsam an, in der Welt herumzureisen und gewaltige Summen für einen einzigen Fototermin zu kassieren.

Inzwischen war viel kostbare Zeit verstrichen, und wenn sie das Geld für die Operation nicht bald beisammen hatte, war es vielleicht zu spät. Es sei denn … Plötzlich wurde Reba klar, warum sie so aufgelöst war. Der Grund dafür lag in Eliots Heiratsantrag. Wenn sie ihn annahm, würde Eliot ihrer Familie mit Sicherheit helfen, aber das war doch keine Grundlage für eine Ehe! Das wäre weder ihr noch Eliot gegenüber fair.

Eliot hatte ihr zwar seine Liebe gestanden, aber Reba hatte ihm nie etwas vorgemacht. Sie mochte ihn sehr und empfand tiefe Freundschaft für ihn. Sie genoss es, von Eliot geküsst und berührt zu werden, aber seine Zärtlichkeiten lösten bei ihr kein prickelndes Gefühl aus. Sie war dreiundzwanzig und hatte schon immer nur einen Mann heiraten wollen, mit dem sie das ‚gewisse Etwas‘ verband. Diese Erwartung war für Reba keine lächerliche Vermessenheit, sondern eine Selbstverständlichkeit. Sie war ganz sicher, dass irgendwo am Ende eines Weges, den sie noch beschreiten musste, der Richtige auf sie wartete.

Während sie jedoch auf ihren Traummann wartete, kämpfte ihre Mutter um ihr Leben, und Rebas Gewissen erinnerte sie in diesem Moment mahnend daran, dass die Kosten für die Operation mit jedem Tag stiegen. Und jetzt wollte Eliot sie heiraten. Reba war ziemlich sicher, dass sie eine glückliche, wenn auch leidenschaftslose Ehe miteinander führen konnten, und sie fragte sich, ob sie nicht schon allein ihrer Mutter zuliebe ernsthaft darüber nachdenken musste.

Als Reba eine Woche später ihre Sachen für den vor ihr liegenden Arbeitstag packte, war sie der Lösung ihres Problems noch keinen Schritt näher. Im Grunde ihres Herzens wusste sie, dass sie die Entscheidung vor sich herschob. Immer wieder fand sie einen neuen Vorwand, um sich davor zu drücken – mal hatte sie zu viel zu tun, mal war sie zu müde. Jede Ausrede war ihr recht. Gerade redete sie sich nach einem Blick zur Uhr ein, sie habe auch jetzt nicht die Zeit, sich ernsthaft Gedanken zu machen.

Sie verließ das Zimmer des Luxushotels, das ihre Agentur für sie gebucht hatte, und fuhr im Lift nach unten in die Halle, wo die anderen Mitglieder des Fototeams warteten. Entgegen allgemeiner Erwartung lief Reba nicht immer wie eine Modepuppe herum. An diesem Tag trug sie einfache Shorts und darüber ein Hawaiihemd. Garderobe und passendes Make-up sollten erst vor Ort besprochen werden.

Bis jetzt waren die drei anderen Models und sie nur in Abendkleidung fotografiert worden, aber nun stand Bade- und Freizeitmode an. Als Kulisse für diese Aufnahmen hatte der Aufnahmeleiter eine Yacht vorgesehen. Reba war das nur recht. Sie war gern auf dem Wasser, auch wenn sie in letzter Zeit kaum zum Segeln gekommen war. Außerdem war es auf See etwas kühler. So ganz hatte sie sich noch nicht akklimatisiert, und bisweilen machte ihr die Hitze der Karibik doch zu schaffen.

„Tut mir leid, dass ich so spät dran bin“, rief sie, als sie feststellte, dass sie die Letzte war.

Eine ihrer Kolleginnen, eine nordische Schönheit namens Magda, die stets wie aus dem Ei gepellt erschien, musterte sie herablassend. „Wenn du dir den Ruf einhandelst, unpünktlich zu sein, gibt dir kein Mensch mehr Aufträge.“

„Das hättest du wohl gern“, spöttelte Linda, die Visagistin des Teams, und verdrehte die Augen, als Magda sich beleidigt abwandte. „Hör am besten gar nicht hin, Reba, sie ist nur neidisch. Du hast es in viel kürzerer Zeit weiter gebracht als sie. Lass dich nicht verrückt machen. So etwas wird dir noch öfter passieren.“

Reba lächelte Linda dankbar an. Ihr fehlten einfach die Ellenbogen, die man in diesem Geschäft manchmal brauchte. Sie versuchte immer, mit allen gut auszukommen, auch wenn Mädchen wie Magda ihr das schwer machten. „Ich werde es versuchen, aber bei dem Wetter ist es wirklich nicht leicht, einen kühlen Kopf zu bewahren. Es ist jetzt schon wieder unheimlich heiß.“

„Einer der Kellner sagte eben, dass es bei so einem Wetter meistens später Sturm gibt. Ich hoffe nur, der erwischt uns nicht ausgerechnet, wenn wir draußen auf See sind“, stöhnte Linda und stand plötzlich stramm, als Maurice, der Aufnahmeleiter, laut in die Hände klatschte.

„Okay, Leute, unser Wagen ist da. Also los.“

Sie wurden nach draußen zu einem Minibus geführt, der sie vom exklusiven Standort des Hotels zur Hauptstadt der Insel brachte, wo auch der Yachthafen lag. Dort angekommen hängte Reba sich ihre Schultertasche um und atmete kräftig die frische Seeluft ein. Sie beschattete mit den Händen ihre Augen und ließ den Blick langsam über die Ansammlung von glitzernden Booten aller Arten und Größen schweifen. Dabei verspürte sie die tiefe Sehnsucht, all ihre Sorgen abzustreifen und in einer Yacht einfach nur über das Wasser zu gleiten.

Maurice scheuchte sie die große Pier entlang und dann zu einem kleinen Landungssteg. Offenbar war ihr Ziel eine große weiße Yacht, auf der ein Mann gerade eifrig damit beschäftigt war, Taue zusammenzurollen. Als er sie kommen hörte, sah er hoch und richtete sich zu voller Größe auf. Reba ging unwillkürlich langsamer, sodass sie sich schließlich am Ende der Gruppe befand. Sie hörte Maurice reden, aber seine Stimme schien auf einmal von ganz weit her zu kommen. Reba hatte nur noch Augen für den Fremden.

Er war groß und einfach die Männlichkeit in Person. Reba war plötzlich wie elektrisiert. Sein blondes Haar war ungebändigt, der Blick seiner blauen Augen faszinierend. Sein Äußeres verlieh dem Begriff ‚attraktiv‘ eine völlig neue Dimension. Seine Kleidung war abgetragen, aber sauber. Ein eng anliegendes weißes Unterhemd betonte den muskulösen sonnengebräunten Oberkörper. Dazu trug er tief sitzende Jeans, deren zerschlissener Stoff sich über den durchtrainierten langen Beinen spannte. Die Risse in der Hose oberhalb der Knie schienen seine urwüchsige Erscheinung noch zu betonen. Der Mann strahlte eine Stärke aus, wie Reba es noch nie erlebt hatte, und sie reagierte ganz instinktiv auf seine Anziehungskraft.

Als hätte er ihren Blick gespürt, drehte er plötzlich den Kopf in ihre Richtung, und ihre golden schimmernden Augen sahen direkt in seine tiefblauen. Reba stockte der Atem. Den Mann kenne ich, dachte sie. Er ist kein Fremder, es kommt mir vor, als würden wir uns schon eine Ewigkeit kennen. Es war ein seltsamer Augenblick, und das Unheimliche daran war, dass der Mann etwas Ähnliches zu empfinden schien, denn er stand plötzlich ganz starr da. Wortlos tauschten sie Fragen und Antworten miteinander aus. Von diesem Moment an hatte sich für Reba die Welt verändert.

Maurice hatte mit dem Mann geredet, bis ihm klar wurde, dass der ihm nicht zuhörte, und so wandte er sich um, um festzustellen, was sein Gegenüber abgelenkt hatte. Reba bekam gar nicht mit, dass mehr als nur einer den Kopf zu ihr herumdrehte, und schreckte erst aus ihrer Versunkenheit hoch, als sie jemanden spöttisch lachen hörte. Als ihr bewusst wurde, dass sie plötzlich im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses stand, glühten ihre Wangen vor Verlegenheit. Ihr Herz klopfte wild, und sie sah hastig hinunter auf ihre Füße, um sich wieder etwas zu fassen. Was war da bloß gerade passiert?

„Wie süß“, säuselte Madga höhnisch. „Ich glaube, Reba hat sich gerade in den Matrosen verliebt!“

Die Bemerkung ließ Reba erschrocken zusammenfahren. Verliebt? Das konnte doch nicht sein! Oder doch? Was hätte diese seltsame Aufgeregtheit sonst sein können, dieses Kribbeln, das ihr ein bis dahin nie gekanntes Lebensgefühl vermittelte?

Konnte das Liebe sein?

„Reiß dich besser zusammen, Reba. Maurice sieht aus, als würde er gleich in die Luft gehen“, flüsterte Linda ihr zu, und Reba setzte sich erschrocken in Bewegung, als sie merkte, dass sie beide als Einzige noch auf der Mole standen. Alle anderen warteten schon an Bord und wurden langsam ungeduldig.

„Tut mir leid“, entschuldigte sich Reba und zwang sich förmlich, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Sie spürte die Blicke aller auf sich gerichtet, aber für sie zählte nur der Blick eines einzigen Mannes. Eine Hand streckte sich ihr entgegen, um ihr auf das Schiff zu helfen. Reba griff automatisch danach und schnappte erschrocken nach Luft, weil sie das Gefühl hatte, einen Stromschlag erhalten zu haben und sie einmal mehr in diese unglaublich blauen Augen sah.

„Willkommen an Bord“, sagte der Mann locker, aber in seiner Stimme schwang eine Spur von Heiserkeit mit, als hätte ihm fast die Stimme versagt.

Mit einem Mal war es um Rebas Fassung geschehen. Ihr Lächeln wurde unsicher, sie sah ihn fragend an und erhielt als Antwort sofort einen glühenden Blick. Aufgeregt und verschreckt zugleich zog Reba ihre Hand zurück. „Danke“, sagte sie leise und trat zur Seite, obgleich sie sich dazu überwinden musste.

„Hallo, ich bin Linda“, hörte sie ihre Kollegin hinter sich sagen. „Falls es Sie interessiert – das war gerade Reba.“

Das Lachen des Mannes klang tief und einnehmend und löste bei Reba sofort ein Gefühl von Schmetterlingen im Bauch aus. „Danke, Linda. Mein Name ist Hunter Jamieson.“

Hunter. Der Name gefiel ihr. Er passte zu ihm. Hunter … Reba träumte vor sich hin, und zum ersten Mal konnten die Vorbereitungen zum Segelsetzen nicht ihre Aufmerksamkeit wecken. Der ganze Fototermin schien für sie wie im Traum abzulaufen. Der Mann namens Hunter sprach nicht mit ihr und Reba auch nicht mit ihm, aber sie spürte seine Anwesenheit auf dem Boot mit ihrem ganzen Körper. All ihre Sinne schienen nur noch auf ihn eingestellt zu sein, sodass sie gar nicht nach ihm Ausschau halten musste, um zu wissen, wo er gerade war.

Richtig konzentrieren konnte sich Reba an diesem Tag nicht, schien aber doch die allgemeinen Erwartungen zu erfüllen, da Maurice keinen Wutanfall bekam. Trotzdem war es schwer, den Blick auf die Kamera gerichtet zu lassen, wenn er immer wieder in eine andere Richtung schweifen wollte. Jedes Mal, wenn er es trotz aller Bemühungen doch tat, begegnete er blauen Augen, die offenbar auch nur eine Blickrichtung kannten.

Am Ende des Tages fiel es Reba schwer, das Boot zu verlassen, denn ihr war dabei zu Mute, als ließe sie einen Teil von sich zurück. Ein solches Gefühl hatte sie noch nie gehabt, und als sie sich später in ihrem Hotelzimmer im Spiegel betrachtete, stellte sie fest, dass ihre Wangen gerötet waren und ihre Augen funkelten. Sie sah ein Wesen vor sich, das ihr ganz fremd erschien. Ihre Gesichtszüge hatten sich nicht verändert und sahen doch ganz anders aus.

Stillsitzen war ein Ding der Unmöglichkeit, und so konzentrierte sich Reba ganz darauf, sich zum Abendessen fertig zu machen. Sie duschte, wusch sich das Haar und schlüpfte in ein Sommerkleid mit Spaghettiträgern und in bequeme Sandalen. Hinunter ins Restaurant ging sie allerdings nicht. Ihr Magen war viel zu sehr in Aufruhr, als dass sie etwas hätte essen können. Als die Sonne am Horizont zu sinken begann, nahm Reba ihre Tasche und ein dünnes Schultertuch und folgte dann einem Instinkt, der so alt war wie das Leben selbst.

Im Hafen herrschte noch reges Treiben, aber je weiter Reba in den Yachthafen hineinging, desto weniger Menschen begegneten ihr. Die meisten Leute hatten wohl inzwischen Restaurants oder Vergnügungslokale angesteuert, und Reba wurde voller Schreck bewusst, dass Hunter vielleicht gar nicht auf dem Boot sein würde. Aber diese Befürchtung erwies sich als unbegründet, denn das Schiff war noch erleuchtet, und als Reba es erreichte, erschien Hunter auch schon an Deck. Ohne ein Wort zu sagen, streckte er ihr die Hand entgegen, und Reba ließ sich von ihm an Bord helfen.

Einen Moment sahen sie sich nur stumm an. Dann lächelte Hunter und strich mit seiner freien Hand eine Haarsträhne zurück, die ihr der Wind ins Gesicht geweht hatte.

„Ich wusste, dass du kommen würdest“, sagte er sanft und bestimmt.

„Ja“, hauchte Reba, die sich gar nicht von seinem Anblick losreißen konnte. Es schien ihr einfach unglaublich, dass sie sich erst seit wenigen Stunden kannten und sie trotzdem das Gefühl hatte, schon immer zu ihm gehört zu haben. Hunter trug jetzt eine weiße Segelhose und ein kurzärmeliges Hemd, aber auch in dieser Kluft sah man, wie muskulös er war.

Hunter schien sich nicht daran zu stören, dass Reba ihn unentwegt anstarrte, aber er ließ sie auch nicht los. Er musterte ihr Gesicht, als wollte er sich jede Einzelheit für alle Ewigkeit einprägen. „Deine Augen sind einfach unglaublich.“

„Deine aber auch“, erwiderte Reba wenig einfallsreich und wurde sofort rot, als Hunter lachte. Aber sein Lachen hatte nichts Verletzendes an sich, es schien eher ein Ventil für die Anspannung zu sein, unter der sie beide standen.

„Du benimmst dich gar nicht wie ein typisches Model.“

Reba lächelte ihn an. „Fotomodell bin ich ja auch nur im Berufsleben. Privat bin ich anders.“

In Hunters Augen lag ein seltsames Funkeln. „Und wie bist du im Privatleben, Reba?“

„Einfach eine Frau“, erklärte sie und beobachtete fasziniert, wie er verführerisch zu lächeln begann.

„Das kann ich nur bestätigen, du bist wirklich eine richtige Frau“, sagte Hunter heiser. „Hast du schon gegessen?“

Bei dieser nüchternen Frage wurde Reba plötzlich bewusst, dass sie doch unglaublichen Hunger hatte. „Nein.“

Hunter drückte ihre Hand. „Gut. Ich hoffe, du isst gern Fisch.“

Erst jetzt bemerkte Reba, dass hinter ihm ein Tisch für zwei Personen gedeckt war und von unten aus der Kombüse verlockender Essensduft kam. „Ich liebe Fisch.“

Hunter fuhr sich lächelnd mit der Hand durchs Haar. „Irgendwie war ich mir da sicher“, sagte er geheimnisvoll und schüttelte kurz den Kopf, ehe er Reba wieder anlächelte. „Setz dich hin, und mach es dir gemütlich. Ich bin gleich wieder da.“

Reba stockte der Atem. Hunter hatte also auch diese unheimliche Gewissheit verspürt. „Kann ich etwas helfen?“

„Nein, ich habe alles im Griff. Lauf mir nur nicht davon.“

Das hätte Reba ohnehin nicht getan, es wohl auch nicht gekonnt. Und selbst wenn, wäre sie sicher zurückgekommen. So abgedroschen das alte Sprichwort klang, wonach man sich dort zu Hause fühlte, wo man mit dem Herzen war, so wahr war es doch – zu Hause war für Reba in diesem Moment auf dem Boot. Diese Erkenntnis erschien ihr weder verrückt noch lächerlich, sondern einfach nur richtig. Unglaublich, aber dennoch wahr.

Dieses Gefühl verstärkte sich während des wunderbaren Essens noch, das Hunter für sie beide vorbereitet hatte. Selbst eine Bombe hätte sie an diesem Abend nicht aus dem schützenden Kokon hochschrecken können, der sie umgab. Die Welt um sie herum existierte für sie plötzlich nicht mehr. Sie redeten miteinander, als bliebe ihnen nur diese eine Gelegenheit. Hunter schien alles über sie wissen zu wollen, und Reba erzählte ihm Dinge, an die sie schon jahrelang nicht mehr gedacht hatte.

Als sie nach dem Essen noch Wein tranken, hielt Hunter ihre Hand, spielte mit ihren Fingern, streichelte sie und schob sie zwischen die Finger seiner Hand. Reba wusste, wie viel Kraft seine Arbeit auf der Yacht erforderte, aber dennoch waren seine Berührungen so sanft, als hätte er Angst, er könnte Reba einen Finger brechen.

Reba seufzte. „Weißt du, wir reden nun schon eine kleine Ewigkeit miteinander, aber ich habe noch gar nichts über deine Familie gehört …“

„Meine Eltern sind schon tot. Ich bin dreiunddreißig, habe weder Brüder noch Schwestern und verdiene mein Geld mit Booten. Jetzt bist du dran.“

„Ich bin bekanntlich Fotomodell und dreiundzwanzig Jahre alt, habe noch meine Mutter, außerdem einen Bruder und eine Schwester, die beide jünger sind als ich.“

„Deine Mutter musste also arbeiten gehen, um euch großzuziehen?“

Reba nickte. „Ja, sie arbeitete, lange, bis sie erkrankte.“ Reba hoffte, er würde dazu keine Fragen mehr stellen, denn Harriet Wyeth wollte gern selbst darüber entscheiden, wer von ihrer Krankheit erfuhr. Sie wollte um keinen Preis bemitleidet werden, und ihre Kinder hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, anderen nur nach Rücksprache mit ihr etwas zu diesem Thema zu erzählen.

Ob Hunter das instinktiv zu wissen schien, konnte Reba nicht beurteilen. Jedenfalls bemerkte er dazu nichts weiter und sagte nur: „Ich würde sie gern einmal kennen lernen.“ Reba drückte ihm dankbar die Hand.

„Du würdest ihr gefallen.“

Seine blauen Augen funkelten. „Mag sie denn deine sonstigen Freunde nicht?“

Reba warf ihm einen kritischen Blick zu. „Wenn du mich damit fragen willst, ob ich einen Freund habe, dann lautet die Antwort Nein.“ Einen Moment fiel ihr Eliot ein, aber dann verdrängte sie schnell jeden Gedanken an ihn.

„Das ist gut“, sagte Hunter mit tiefer Stimme, und Rebas Herz klopfte wild. Fast gleichzeitig musste sie unwillkürlich gähnen, und Hunter sah auf die Uhr. „Weißt du, dass es schon nach eins ist? Es wird höchste Zeit, dass ich dich zurück zum Hotel bringe. Du brauchst schließlich deinen Schönheitsschlaf.“ Er ließ ihre Hand kurz los, um Reba aufzuhelfen und ihr das Schultertuch umzulegen.

„Komisch, eigentlich bin ich gar nicht müde“, erklärte Reba und musste dann gleich wieder gähnen.

Lachend half Hunter ihr von Bord. „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Maurice nicht begeistert wäre, wenn du morgen dunkle Ringe unter den Augen hättest. Ich möchte auch nicht, dass er sich eine andere Yacht sucht, dann würde ich dich nämlich kaum noch zu sehen bekommen.“ Er legte ihr den Arm um die Schultern und wandte sich in Richtung Hafen.

Reba hatte sich noch nie so geborgen gefühlt. „Möchtest du mich denn wiedersehen?“, fragte sie halb im Scherz.

„Höchstens jeden Tag“, erwiderte Hunter trocken und löste damit bei Reba eine Bemerkung aus, die ihr schon den ganzen Abend auf der Zunge lag.

„Du findest das vielleicht verrückt, aber mir ist, als würden wir uns schon ewig kennen.“

Hunter blieb stehen und drehte sanft Rebas Kopf zu sich, bis sie sich in die Augen sahen. „Das ist nicht verrückt, Reba. Mir geht es ganz genauso. Und als ich dich sah, wusste ich sofort, dass du etwas ganz Besonderes bist.“ Dann verschloss er ihr den Mund mit seinen Lippen.

Es war ein sanfter Kuss, der unendliche Zärtlichkeit verhieß. Er war wie ein Versprechen für die Zukunft, ein Besiegeln stummer Beteuerungen. Dieser Kuss eroberte Rebas Herz.

Autor

Amanda Browning
Amanda Browning ist ein überzeugter Single und lebt am Rande der englischen Grafschaft Essex in dem Haus, in dem sie auch aufgewachsen ist. Sie hat engen Kontakt zu ihrer Familie und ist begeisterte Großtante von insgesamt 18 Neffen und Nichten. Ihre absoluten Lieblinge sind die beiden Enkel ihrer Zwillingsschwester. Ihre...
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