Die Quinns (Band 9-16)

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Lassen Sie sich in die Welt der Quinn-Brüder entführen! Dieses eBundle enthält Band 9-16 der 31-teiligen Serie.

IM BETT DES BODYGUARDS
Drei Monate kein Sex – so lautet die Wette mit seinen Brüdern. Und Declan ist fest entschlossen, durchzuhalten. Auch wenn seine neue Kundin den Bodyguard auf eine harte Probe stellt: Rachel ist charmant, wunderschön, anziehend – und außerdem eine berühmte Sex-Expertin …

EINE FRAU MIT VERGANGENHEIT
Auf der Flucht vor ihrem Verlobten landet Payton im australischen Outback – direkt in den Armen eines aufregenden Fremden. Hals über Kopf stürzt sie sich in eine leidenschaftliche Affäre mit Brody Quinn. Doch schneller als gedacht holt ihre Vergangenheit sie ein …

EIN LIED VON LUST UND LIEBE
"Ich weiß, was du willst", flüstert Riley ihr ins Ohr, ehe er sie auszieht. Nan seufzt. Am liebsten würde sie dem aufregenden irischen Musiker ihre Liebe gestehen! Aber wahrscheinlich ist sie für ihn nur ein Urlaubsflirt, der endet, wenn sie wieder ins Flugzeug steigt …

EINE IRISCHE AFFÄRE
Die attraktive New Yorkerin Jordan hat wenig Lust auf ihren neuen Job in Irland. Bis der sexy Kunstschmied Danny Quinn ihr die Nächte mit heißen Liebesspielen versüßt. Doch schon bald ahnt Jordan, dass sie mit dieser Affäre alles riskiert: ihre Karriere und ihr Herz …

DUNKLE GEHEIMNISSE – UND BRENNENDES VERLANGEN
Er findet sie bewusstlos am Strand, wunderschön wie eine Meerjungfrau, und rettet ihr das Leben. Die schöne Gelsey weckt bei Architekt Kellan ein unbändiges Verlangen, und die beiden beginnen eine leidenschaftliche Affäre. Aber Meerjungfrauen kann man nicht für immer halten …

DIE QUINNS: DERMOT
Sechs Wochen mit 100 Dollar in den USA überstehen". Das ist die Aufgabe der vier Quinn-Brüder, die ihr irischer Großvater ihnen stellt. Den attraktiven Dermot verschlägt es auf eine Farm in Wisconsin, wo er der aufregenden Rancherin Rachel nicht nur seine Qualitäten im Stall beweist … "

DIE QUINNS: KIERAN
"Kentucky!?" Da hat sich sein Großvater ja ein schönes Ziel für Kieran ausgesucht. Auf dem Weg dorthin lernt er die sexy Sängerin Maddie kennen und hilft ihr, aus ihrem alten Leben auszubrechen. Doch schon bald wird eine gemeinsame Zukunft durch Maddies Vergangenheit bedroht …

DIE QUINNS: CAMERON
Die Aufgabe: Sechs Wochen soll Cameron mit 100 Dollar in Vulture Creek, New Mexico überstehen, und schon bei seinem ersten Drink in der Gluthitze fällt ihm eine Frau auf. Wer ist diese exotische Schönheit, die die sengende Sonne über der Wüste kühl erscheinen lässt?


  • Erscheinungstag 05.10.2023
  • Bandnummer 9 - 16
  • ISBN / Artikelnummer 9783751528047
  • Seitenanzahl 900
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

Im Bett des Bodyguards erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
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Geschäftsführung: Ralf Markmeier
Redaktionsleitung: Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)
Produktion: Jennifer Galka
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2006 by Peggy A. Hoffmann
Originaltitel: „The Mighty Quinns: Declan“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY EXTRA Hot & Sexy
Band 77 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Alina Lantelme

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A., GettyImages_NycyaNestling

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783733758486

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Declan „Dec“ Quinn schaute über seine Schulter zu der blonden Schönheit, die ihn nicht aus den Augen ließ. Sie schenkte ihm ein verführerisches Lächeln. Er ließ den Blick langsam von ihrem Gesicht über den schlanken Körper wandern. Sie trug ein hautenges, knielanges blaues Kleid mit einem tiefen Ausschnitt und einem Schlitz.

Seit die Blondine auf die Party gekommen war, wechselten sie diese intensiven Blicke: Wenn Frauen Interesse an ihm signalisierten, scheute er normalerweise nicht zurück.

Aber heute Abend konnte ohnehin nicht mehr daraus werden. Es war offensichtlich, dass sie auf schnellen Sex mit einem Mann aus war, der halb so alt wie ihr bereits in die Jahre gekommener Gatte war. Dec trennte Arbeit und Vergnügen grundsätzlich voneinander – egal, wie verheißungsvoll und attraktiv das Vergnügen auch sein mochte.

Er war in Newport, um auf der jährlichen Gartenparty von Edward und Eva Winslow für Sicherheit zu sorgen. Mit einem der Gäste im Flurschrank zur Sache zu kommen, wäre alles andere als professionell. Sein Handy klingelte. Er nahm es aus der Hosentasche und ging ins Haus. „Declan Quinn.“

„Hallo Dec. Hier ist Sally Hughes vom Polizeidezernat in Bonnett Harbor. Ihr Bruder hat mich gebeten, Sie anzurufen.“

„Ist alles in Ordnung?“ Sein Bruder Ian war Polizeichef in ihrer Heimatstadt Bonnett Harbor, einer kleinen Gemeinde an der Westküste der Narragansett Bay in Rhode Island.

„Sicher. Es geht um Eden Ross. Sie ist im ‚Sandpiper Motel‘ gesehen worden und hat bei der Polizei einen Autodiebstahl gemeldet, der nicht stattgefunden hat. Um der Boulevardpresse zu entkommen vermutlich. Sie war nicht allein und ist danach verschwunden. Delaney und Wilson sind jetzt vor Ort, aber ich schicke sie aufs Revier, wenn Sie sich mit ihnen unterhalten wollen.“

„Wo ist sie jetzt?“

„Eden Ross und der Mann, der auch auf ihrem Zimmer war, konnten entwischen, nachdem unsere Officers eingetroffen sind.“

„Kann ich mit Ian reden?“

„Tut mir leid. Er ist gerade im Gespräch mit ein paar FBI-Agenten wegen eines Falles, bei dem es um Kunstfälschung geht.“

Er fluchte leise. Erst gestern hatte sich sein Bruder in Decs Büro in Providence mit einem Kunstexperten getroffen. Ian hatte sich irgendwie mit Hektor Arantes, einem bekannten Kunstfälscher, und dessen schöner Tochter Marisol eingelassen. Jetzt hatte der Fall offensichtlich eine Wendung genommen. Also hätte Ian keine Zeit mehr, ihm zu helfen, Eden Ross aufzuspüren.

„Richten Sie Delaney und Wilson aus, dass ich in zehn Minuten vor dem Motel eintreffe.“ Er legte auf und drehte sich zur Tür um.

„Sie gehen doch nicht schon, oder?“ Die Blondine stellte sich zwischen ihn und die Tür. Dabei streifte sie ihn verführerisch mit den Hüften.

Er zwang sich zu einem Lächeln. „Ein geschäftlicher Anruf.“

„Es gibt Wichtigeres.“ Sie fuhr mit den Fingern über seinen Arm und seine Hand.

Dec lachte leise. Er könnte sie haben, wenn er wollte. Ein Quickie hier in irgendeinem Schlafzimmer. Oder sie könnten sich vielleicht später am Abend in einem diskreten Motel treffen. Zur Hölle, es hatte Zeiten in seinem Leben gegeben, in denen er Sex ohne jegliche Verpflichtungen willkommen hieß. Aber definitiv nicht jetzt oder heute Abend.

„So gern ich in den Genuss kommen würde – es geht leider nicht. Erstens verfolge ich ein weggelaufenes Partygirl. Ihr Vater hat mich damit beauftragt. Wenn ich sie nicht aufspüre, streicht er mir das Honorar. Zweitens habe ich erst kürzlich meinen beiden Brüdern versprochen, drei Monate lang sexuell enthaltsam zu leben.“

Er sah sich um. „Drittens beobachtet uns Ihr Ehemann, und ich will nicht zurückschlagen müssen, wenn er Ihre Ehre retten will. Der zuvorkommende Kellner, der am Pool Champagner anbietet, ist bestimmt bereit, ihre Bedürfnisse zu befriedigen.“ Damit ging er zur Tür.

Er musste Prioritäten setzen. Schließlich war er derjenige gewesen, der seinen Brüdern Ian und Marcus vor drei Wochen den Enthaltsamkeitspakt vorgeschlagen hatte. Bislang hatte er es nicht bereut. Allerdings hatte er in den letzten drei Wochen so viel zu tun gehabt, dass es ihm nicht allzu schwer gefallen war, auf Sex zu verzichten.

Dec informierte noch seine drei Angestellten und koordinierte die weiteren Sicherheitsmaßnahmen für den restlichen Abend. Inzwischen hatte ein Mitarbeiter des Parkservices seinen BMW Sedan vorgefahren.

Er war sicher, dass Eden Ross sich noch irgendwo in der Nähe aufhielt. Mit ein bisschen Glück würde sie entscheiden, nach Hause zu fahren. Törichte Prominente zu verfolgen, war wirklich nicht seine Stärke, und Eden Ross hatte sich die Suppe selbst eingebrockt. Sie war in einem Sexvideo zu sehen, von dem Ausschnitte ins Internet gelangt waren.

Trevor Ross war sein wichtigster Kunde. Also hatte Dec außergewöhnlichen Aufwand betrieben, um dessen Tochter aufzuspüren. Allerdings würde Ross über die neuesten Nachrichten absolut nicht erfreut sein. Als er über die Newport Bridge fuhr, schaltete er das Radio ein.

„Bleiben Sie bei Ross Radio Network . Es ist Samstagabend, und Sie hören ‚Simply Sex‘ mit Dr. Lillian Devine.“

Stirnrunzelnd suchte er eine CD heraus. Doch die seidenweiche Stimme der Moderatorin sorgte dafür, dass er noch ein wenig länger zuhörte.

„Noch immer ist Carl aus Los Angeles am Telefon, der erfahren will, wie er neuen Schwung in sein Sexleben bringen kann. Mein Rat lautet: Konzentrieren Sie sich eine Weile einzig auf die Bedürfnisse Ihrer Frau. Bescheren Sie ihr viele sensationelle Orgasmen. Geben Sie ihr das Gefühl, dass sie die einzige Liebhaberin ist, die Sie sich wünschen. Das ist der beste Weg, ihr Verlangen zu steigern.“

Ihre Stimme zog ihn irgendwie in den Bann. Ein Prickeln überlief ihn. Er stöhnte. Da er entschlossen war, seine sexuellen Bedürfnisse zumindest noch die nächsten neun Wochen unter Kontrolle zu haben, sollte er besser das Radio ausschalten.

Doch er hörte weiter zu, als Dr. Devine über die Physiologie des weiblichen Orgasmus, die Vorzüge von Oralsex und Vibratoren sowie die fünf sexuellen Lieblingsfantasien der Frauen redete.

Als er schließlich vor dem „Sandpiper Motel“ eintraf, war er seltsam erregt. Leise fluchend stieg er aus. Eine Frau mit dieser Stimme sollte nicht über Sex reden dürfen. Wie soll ein Mann bei dieser Stimme dem Inhalt des Gesagten Aufmerksamkeit schenken?

Er ging zum Streifenwagen.

Wahrscheinlich war Dr. Lillian Devine eine altbackene fünfzigjährige Doktorin. Allein die Vorstellung wirkte wie eine eiskalte Dusche. Aber wenn sie schön und klug wäre, spielte sie die Hauptrolle in einer der fünf sexuellen Fantasien, die ganz oben auf seiner Liste standen.

Sie müsste nicht einmal schön sein. Hübsch würde reichen. Denn gescheit und sexy war eine unwiderstehliche und leider sehr seltene Kombination. Wenn die Frau zudem Dirty Talk mit ihm machte, fühlte er sich wie im Himmel. Leider war dieses himmlische Gefühl während der nächsten neun Wochen für ihn tabu.

Delaney wartete zusammen mit Wilson neben dem Streifenwagen auf ihn. „Sally hat gesagt, dass Sie mit den Reportern reden wollen.“

Dec nickte. „Sind Sie sicher, dass es sich um Eden Ross gehandelt hat?“

„Ja“, meinte Wilson. „Der Mercedes, der immer noch auf dem Parkplatz steht, ist unter dem Namen Trevor Ross registriert. Die Autoschlüssel muss sie mitgenommen haben.“

Kopfschüttelnd nahm er sein Handy und rief Trevor Ross an. „Declan Quinn hier, Mr. Ross. Es gibt Neuigkeiten, was Ihre Tochter angeht. Offensichtlich hat sie einen Zwischenstopp in Ihrem Haus in Newport eingelegt und eines Ihrer Autos genommen.“

„Ich will, dass Sie Eden und das Auto heute Abend zurück nach Hause bringen.“

„Leider ist sie uns entwischt. Aber sie scheint in Sicherheit zu sein.“

„Gut. Zur Hölle, ich bin es leid, meine Zeit und mein Geld bei dem Versuch zu verschwenden, sie aufzuspüren. Außerdem gibt es einen neuen Fall, auf den Sie sich konzentrieren müssen. Haben Sie jemals von Dr. Lillian Devine gehört?“

„Habe ich“, antwortete Dec überrascht. „Gerade eben habe ich im Auto zufällig ein Teil ihrer Radiosendung gehört.“

„Ihr richtiger Name ist Rachel Merrill. Sie ist eine der vier Radiomoderatorinnen, die für uns von größtem Wert sind. Ich habe meine Sicherheitsleute beauftragt, auf sie aufzupassen. Aber Ms. Merrill weigert sich, sie zu nah an sich heranzulassen. Anscheinend nimmt sie die Drohungen nicht wirklich ernst. Doch jetzt ist die Sache kritisch.“

„Wie kritisch?“

„Heute Abend ist im Sender ein Brief mit einer Morddrohung eingegangen. Kommen Sie morgen Nachmittag in mein Büro. Meine Leute werden Sie genauer informieren. Anschließend überzeugen Sie Rachel Merrill davon, dass es zu ihrem Besten ist, wenn ein Bodyguard sie rund um die Uhr schützt.“

„Und wie soll ich sie davon überzeugen?“

„Sie sind ein charmanter Mann. Sie machen das schon. Bis dieser Stalker gefasst ist, bleiben Sie an ihrer Seite.“

Er wurde gut bezahlt, um Ross zur Verfügung zu stehen, wann immer der Milliardär ihn in Sicherheitsfragen benötigte. Tatsächlich war er erleichtert, dass er die Suche nach dessen Tochter nun anderen überlassen konnte.

Schließlich hatte er nicht vier Jahre für den Marinenachrichtendienst gearbeitet und drei Jahre lang Quinn Security and Investigations aufgebaut, um seine wertvolle Zeit damit zu verbringen, unvernünftige Erbinnen zu verfolgen.

Rachel Merrill öffnete mit der Schlüsselkarte die Tiefgarage. Sie schaute sich über die Schulter, als sie in die Garage fuhr, um sich zu vergewissern, dass sich im Dunkeln niemand hineingeschlichen hatte. Der Mann, der von Ross für den Personenschutz abgestellt war, hielt am Straßenrand.

„In Sicherheit“, murmelte sie, als sich die Garagentüren hinter ihr schlossen. Ab morgen früh würde der Personenschützer ihr wieder den ganzen Tag lang folgen. Allein dieser Umstand genügte, um sie in ständige Beunruhigung zu versetzen. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich das letzte Mal so unbehaglich und beklommen gefühlt hatte.

Zuerst hatte sie die Briefe des Stalkers abgetan und einem allzu begeisterten Fan zugeschrieben. Doch dann waren diese Mitteilungen immer öfter im Radiosender eingetroffen – mindestens zwei oder drei Mal wöchentlich. Als dann bei ihr zu Hause ein Brief aufgetaucht war, hatte sie einräumen müssen, dass ihre Sicherheit gefährdet war.

Ihr Chef Trevor Ross hatte darauf bestanden, dass sie in ein gut bewachtes Hochhaus in der Innenstadt zog. Also hatte sie vor einem Monat ihr gemütliches Haus im Kolonialstil verlassen. Ross hatte ihr auch einen neuen SUV mit getönten Scheiben sowie Personenschützer aus seiner unternehmenseigenen Truppe zur Verfügung gestellt.

Statt auf den Mitarbeiter des Parkservices zu warten, parkte Rachel das Auto selbst und nahm dann das Pfefferspray aus der Handtasche. Obwohl sie sich in dem Gebäude mit Parkservice rund um die Uhr und Sicherheitsdienst in der Lobby relativ sicher fühlte, traf sie ihre eigenen Vorsichtsmaßnahmen.

Sie hatte sich nie als Berühmtheit betrachtet und fand es immer noch seltsam, dass ein Stalker auf sie aufmerksam geworden war. Ihre Radiosendung „Simply Sex“ mit Dr. Lillian Devine konnte manchmal brisant sein und Reaktionen von allen möglichen Verrückten hervorrufen – aber ein Stalker?

Den Radionamen Dr. Lillian Devine hatte sie angenommen, um ihren Ruf als Akademikerin, aber auch um ihre Privatsphäre zu schützen. Jetzt wusste der Stalker wahrscheinlich, dass Rachel Merrill, promovierte Anthropologin sowie Dozentin an der Providence University , und Dr. Lillian Devine, Sextherapeutin im Radio, ein und dieselbe Person waren.

Das Risiko, dass ihr Doppelleben ans Licht kommen könnte, war ihr immer bewusst gewesen. Zuerst hatte sie Ross’ Angebot abgelehnt, eine eigene Radiosendung zu moderieren. Aber die hohe Gage hatte sie sich nicht entgehen lassen können. Dadurch konnte Dr. Rachel Merrill weitere Forschungsprojekte finanzieren und sich einige Annehmlichkeiten leisten, die mit dem Gehalt einer Collegeprofessorin nicht erschwinglich waren.

Also moderierte sie jeden Samstag und Sonntag von zehn Uhr abends bis ein Uhr nachts die landesweit ausgestrahlte Radiosendung mit Hörerbeteiligung und beantwortete Fragen in Bezug auf sexuelle Verhaltensweisen, Fetische, Obsessionen, Abhängigkeiten und Frustrationen.

Obwohl sie promovierte Psychologin war, hatte sie sich ursprünglich stärker auf Biologie und Anthropologie – das Studium sexueller Verhaltensweisen der Menschen – konzentriert. Als Expertin bot sie ihren Hörern tiefschürfende Einblicke in deren Probleme.

„Simply Sex“ verzeichnete steigende Einschaltquoten und war inzwischen auf den vierten Platz aller landesweit ausgestrahlten Radiosendungen aufgestiegen. Aber jetzt forderte diese Popularität einen hohen Preis. Sie fühlte sich verfolgt und lebte in ständiger Angst. Die Polizei versuchte, den Stalker ausfindig zu machen, hatte aber wenig Indizien.

Rachel stieg schnell aus und ging zum Aufzug. Als sie sich kurz umdrehte, um die Alarmanlage des SUV einzuschalten, bemerkte sie eine schattenhafte Gestalt, die von rechts auf sie zukam.

„Ms. Merrill?“

Sie ging schneller. Vor dem Aufzug angekommen, drückte sie verzweifelt immer wieder auf die Taste und hoffte, dass sich die Tür öffnen würde. Sie wollte schreien. Aber ihre Kehle war wie zugeschnürt.

Als der Stalker näherkam, wurde sie panisch. Sie wirbelte herum, zielte mit dem Pfefferspray auf ihn und sprühte. Seltsamerweise empfand sie keine Angst, als sie in sein Gesicht schaute. Stattdessen war sie beeindruckt davon, wie gut er aussah. Stalker sollten nicht attraktiv oder gut angezogen sein.

Er hob gerade noch rechtzeitig die Hand, um den Sprühstoß abzuwehren. Aber das Pfefferspray hatte den gewünschten Effekt. Allein der Geruch sorgte dafür, dass er hustete und ihm die Augen tränten. Fluchend zog er den Stoff seines Jacketts über den Mund und die Nase.

Als die Klingel die Ankunft der Aufzugkabine ankündigte, ließ Rachel das Pfefferspray fallen und ging hastig hinein. Wieder rief er ihren Namen. „Lassen Sie mich in Ruhe!“, rief sie.

„Ich arbeite für Trevor Ross. Er hat mich hergeschickt.“

Die Tür schloss sich automatisch. Die Aufzugkabine fuhr nach oben. Rachel konnte erst wieder einen klaren Gedanken fassen, als sich ihre Panik legte. Dieser Mann entsprach mit seinem guten Aussehen und gepflegten Äußeren absolut nicht dem Bild, das sie sich von einem Stalker gemacht hatte. Aber wenn Ross ihn hergeschickt hatte, warum schlich er dann in der Garage herum? Und wie war er hineingelangt?

Sie brauchte ein paar Antworten. Also fuhr sie mit dem Aufzug wieder in die Tiefgarage, wo er mit zurückgelehntem Kopf und tränennassen Wangen an einem Pfeiler kauerte. Er hatte das Jackett auf den Boden geworfen und sein Hemd aufgeknöpft. „Wer sind Sie?“ Rachel hob das Pfefferspray auf und zielte wieder auf ihn.

„Mein Name ist Declan Quinn. Mr. Ross ist der wichtigste Auftraggeber meiner Firma Quinn Security and Investigations .“

„Warum sind Sie hier?“

„Während Ihrer Radiosendung letzte Nacht ist eine Morddrohung eingegangen. Ross will, dass ein Bodyguard rund um die Uhr für Ihre Sicherheit sorgt. Er denkt, ich könne Sie vielleicht von der Notwendigkeit dieser Maßnahme überzeugen. Ihr Personenschützer sollte Sie darüber informieren, dass ich hier auf Sie warte.“

„Eine … Eine Morddrohung? Warum hat mir das niemand gesagt?“

„Das ist meine Aufgabe.“

Was sollte sie tun? Der Mann sah vertrauenswürdig aus und schien ihre Situation genau zu kennen. „Zeigen Sie mir Ihre Dienstmarke.“

„Da ich kein Polizist bin, habe ich keine Dienstmarke.“ Er nahm sein Handy aus der Hosentasche. „Hier. Rufen Sie Trevor Ross an. Seine Nummer ist auf Kurzwahl. Er erklärt Ihnen alles.“

Rachel zögerte. Wenn er für ihren Chef arbeitete, hatte sie gerade einen großen Fehler begangen. „Warum sind Sie mir gefolgt?“

„Ich wollte mich Ihnen vorstellen.“

Leise fluchend warf sie das Pfefferspray zur Seite, packte ihn am Arm und zog ihn zum Fahrstuhl. „Sie hätten mich nicht erschrecken sollen. In letzter Zeit bin ich wirklich nervös, und Sie sind aus der Dunkelheit gekommen. Was sollte ich machen?“

„Sie haben das Richtige getan“, räumte Quinn ein.

„Ja?“

Er nickte. „Ihre erste Pflicht war es, sich zu schützen.“ In der Aufzugkabine lehnte er sich mit dem Rücken an die Wand und schloss die Augen.

Ihr Herz schlug schneller, als sie sein gut geschnittenes Gesicht mit der geraden Nase, dem markanten Kinn und die dunklen zerzausten Haare betrachtete. Als ihr Blick dann auf seinen Mund fiel, überlief sie ein Prickeln.

Wie hatte sie diesen Prachtkerl jemals für einen Stalker halten können? Er konnte sich wahrscheinlich vor Frauen kaum retten. Welche Farbe hatten seine Augen? Das spielte nicht wirklich eine Rolle. In jedem Fall machten sie ihn noch attraktiver. „Es tut mir leid.“

Er warf ihr einen Blick zu. „Sie haben meine Hände und meine Brust getroffen. Meine Haut brennt wie Feuer. Wenn Sie darauf setzen, sich mit Pfefferspray zu verteidigen, müssen wir daran arbeiten, besser zu zielen.“

Als die Aufzugkabine anhielt und Rachel ausstieg, legte er die Hand auf ihre Schulter und folgte ihr den Flur hinunter. Seine Finger fühlten sich warm an. Als er die Hand auf ihr Kreuz wandern ließ, bekam sie weiche Knie.

Eine so simple, unschuldige Berührung sollte keine derart starke Wirkung auf sie haben. Vielleicht lag es am Adrenalin, das immer noch durch ihre Adern pulsierte. Sie war bis in die Fingerspitzen elektrisiert und malte sich aus, wo er ihren Körper vielleicht noch berühren könnte.

Obwohl er sich vorgestellt hatte, konnte sie sich nicht an seinen Namen erinnern. Sie war so aufgeregt, dass sie nicht mehr klar denken konnte. Quinn. Das war der Name! Aber war es der Vorname oder der Nachname?

Nachdem sie ihr Apartment betreten hatten, sah er sich flüchtig um. „Ich muss meine Kleider ausziehen. Wo ist das Bad?“

„Die letzte Tür links.“ Sie sah ihm nach. In den letzten paar Jahren hatten genau zwei gut aussehende Männer in ihrem Leben eine Rolle gespielt. Sie war nicht auf der Suche nach einer Beziehung gewesen, hätte sich jedoch nicht verschlossen, wenn sich etwas ergeben hätte.

In ihrer Talksendung hatte sie gelernt, dass es für jeden den passenden Partner gab. Und was war an der Liebe schon so kompliziert? Andererseits hatte sie ihn mit Pfefferspray besprüht und nicht gerade einen glänzenden ersten Eindruck hinterlassen. Sie ging den Flur hinunter und blieb vor der Badezimmertür stehen. „Kann ich irgendetwas für Sie tun?“

„Haben Sie Speiseöl?“

„Bestimmt.“ Sie holte eine Flasche Rapsöl aus der Küche und klopfte an die Badezimmertür. Als er nicht reagierte, öffnete sie.

Er stand mit nacktem Oberkörper vor dem Waschbecken. Ihr stockte der Atem, als sie sein Spiegelbild anstarrte. Er war schlank und muskulös, hatte eine schmale Taille und einen flachen Bauch. Die Hose saß tief auf den Hüften. Eine Spur aus weichen Härchen führte vom Bauchnabel unter den Hosenbund.

Als sie ihm das Öl reichte, schüttete er einen Schuss davon in seine Handflächen und rieb es in die Haut. „Dadurch brennt die Haut nicht mehr“, erklärte er, tupfte das überflüssige Öl mit einem Handtuch ab und goss Gesichtswasser über seine Hände. „Man soll eigentlich Alkohol nehmen. Aber hiermit funktioniert es vermutlich auch.“

„Ich habe eine Flasche Wodka.“

„Scotch auf Eis ziehe ich vor.“ Seine Stimme war tief und sonor.

„Ich … Ich muss nur eine Flasche …“

„Schon gut“, sagte er amüsiert. „Bei der Arbeit trinke ich nicht.“

„Ich könnte einen Drink brauchen.“

„Nur zu. Ich bin in ein paar Minuten bei Ihnen.“

Rachel ging in die Küche, schenkte sich ein Glas Wodka ein und trank langsam einen Schluck. Nach dem Ende ihrer Sendung hatte sie sich auf ein heißes Bad, ein gutes Buch zum Entspannen und eine ausgiebige Nachtruhe gefreut. In Wahrheit war es das, worauf sie jede Nacht hoffte. Aber seit sie die Drohbriefe erhielt, schlief sie kaum mehr.

Im Wohnzimmer streifte sie die Schuhe ab, setzte sich auf das Sofa, nippte am Wodka und lauschte den Geräuschen, die ein leibhaftiger Mann in ihrem Apartment machte. Sie stellte sich vor, dass er aus einem privaten Grund – romantischer Natur – hier wäre und nackt und erregt aus dem Bad spazierte, um sie zu verführen. Die Fantasie lenkte sie von den Sorgen um den Stalker ab.

Ein paar Minuten später kam er ins Wohnzimmer. Seine Haare waren nass. Er hatte ein Handtuch um den Hals geschlungen. Da seine Augen jetzt nicht mehr tränten, konnte sie sehen, dass sie dunkelblau waren. Sie schluckte und versuchte zu lächeln. „Besser?“

Dec nickte. „Mein Hemd ist nicht mehr zu gebrauchen, und ich habe mein Gepäck im Auto gelassen. Haben Sie vielleicht ein T-Shirt, das Sie mir leihen können?“

Sein Gepäck. Offenbar hatte er vor, mindestens über Nacht zu bleiben. Sie hatte nichts dagegen. „Nein.“ Wahrscheinlich hatte sie irgendein T-Shirt, das er überziehen könnte. Aber halbnackt gefiel er ihr noch besser. „Wenn Sie den Mitarbeiter des Parkservice anrufen, bringt er Ihre Taschen nach oben.“

Er setzte sich ihr gegenüber und rieb sich die Haare trocken. „Wir lange tragen Sie schon Pfefferspray bei sich?“

Rachel zuckte die Schultern. Sie wollte nicht über den Stalker reden. Im Moment war sie in Sicherheit und wollte es genießen. „Wie sagten Sie, war Ihr Name?“

„Quinn. Declan Quinn.“

„Und Trevor hat Sie geschickt?“

„Ja. Nachdem die letzte Drohung einging, …“

Sie hob die Hand, um ihn zu stoppen. „Mehr muss ich nicht wissen.“

„Haben Sie irgendeine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?“

Ihr Blick fiel auf seine schönen Hände mit den perfekt gepflegten Nägeln. „Sind Sie sicher, dass Sie keinen Drink möchten? Ich glaube, dass ich Scotch dahabe.“ Sie stand auf. Doch er erhob sich ebenfalls und hielt sie am Arm fest. Seine Finger fühlten sich warm an. Ihr stockte der Atem. „Ich …“

„Setzen Sie sich.“

Rachel tat, was er sagte. Nur dieses eine Mal.

Dec setzte sich neben sie und legte den ausgestreckten Arm auf die Rückenlehne des Sofas. „Warum wollen Sie nicht darüber reden?“

„Ich möchte nur für eine Weile nicht daran denken. Ich weiß nicht, wer dahintersteckt und ob derjenige es ernst meint oder mich nur in Angst und Schrecken versetzen will. In den letzten zwei Jahren habe ich mit ein paar Tausend Leuten geredet. Es könnte jeder davon sein. Die Polizei scheint diese Person nicht ausfindig machen zu können und nimmt die Briefe nicht sehr ernst.“

„Jetzt wird sie es tun. Die Person hat gedroht, Sie zu töten.“

„Und deshalb sind Sie hier? Um mich zu beschützen?“ Als er ihre Hand in seine nahm, kämpfte sie gegen den Drang an, sich an ihn zu kuscheln und einzuschlafen. „Übernachten Sie heute hier?“

„Wenn das für Sie in Ordnung geht. Ich kann auf dem Sofa schlafen.“

„Es gibt ein Gästezimmer. Vielleicht finden Sie darin auch etwas zum Anziehen. Mr. Ross stellt das Apartment Geschäftspartnern zur Verfügung. Vielleicht hat jemand ein paar Sachen hiergelassen. Ich rufe unten an und lasse Ihre Taschen so bald wie möglich nach oben bringen.“ Sie stand langsam auf.

Aber er ließ ihre Hand nicht los und verschränkte seine Finger mit ihren. „Sind Sie sicher, dass alles in Ordnung ist?“

Rachel nickte. Seine Sorge rührte sie. „Das sollte ich Sie fragen.“

„Hey, ich bin zäh. Es braucht mehr als ein bisschen Pfefferspray, um mich außer Gefecht zu setzen.“

Sein Gesicht war perfekt. Gut geschnitten, markant und dennoch jungenhaft. Ihre Wangen glühten. Das war doch albern. Sie betrachtete ihn wie einen Helden, der zu ihrer Rettung herbeigeeilt war. Er war ein von Ross beauftragter Bodyguard, der für ihre Sicherheit sorgen sollte. Mehr nicht. So sehr sie sich vorstellen wollte, dass er ihr persönlicher Sexsklave wäre – es blieb eine Fantasie.

„Gute Nacht.“ Sie drehte sich um, ging in ihr Zimmer, schloss die Tür hinter sich und zog sich aus. Doch Declan Quinn ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Er war ungeheuer attraktiv und vielleicht der perfekte Liebhaber für sie.

Das Problem war, dass sie seit mehr als einem Jahr keinen Liebhaber mehr gehabt hatte. Manchmal sehnte sie sich schmerzlich danach. Sie wollte die Haut eines Mannes berühren, seinen Duft schnuppern, seinen Körper auf ihrem spüren.

Für Männer war es bestimmt noch eher eine Notwendigkeit, wenigstens einmal wöchentlich oder monatlich Sex zu haben. Declan Quinn hatte in der letzten Woche bestimmt mindestens ein- oder zweimal mit einer Frau – vielleicht sogar mit zwei verschiedenen Frauen – geschlafen.

Rachel konnte ihre lange Enthaltsamkeit darauf zurückführen, dass sie sehr viel arbeitete und es an passenden Kandidaten mangelte. Es hatte einige Männer gegeben, die anscheinend gut geeignet gewesen wären. Aber als sie erst einmal herausgefunden hatten, was sie beruflich machte, waren sie davor zurückgeschreckt, mit ihr zu schlafen.

Sie hatte zu erklären versucht, dass sie nicht kritisch oder wertend sein würde. Dass die Medien ihr den Titel Sex-Expertin verliehen hatten und ihre praktischen Kenntnisse bei Weitem nicht mit ihrem theoretischen Wissen mithalten konnten.

Auch wenn sie genau wusste, wie ein weiblicher Orgasmus ausgelöst wurde und die dabei ablaufenden physiologischen Vorgänge kannte, war sie bislang nur in den Genuss weniger Orgasmen gekommen.

Zumindest für die nahe Zukunft stand ihr Declan Quinn zur Verfügung. Also hätte sie jetzt die Gelegenheit, ihre Möglichkeiten auszuloten. Ihr war klar, was es brauchte, um einen Mann zu verführen – in den meisten Fällen nicht viel. Männer kamen bereits bei dem Gedanken an Sex auf Touren.

Nachdem sie ein dünnes Baumwollnachthemd übergestreift hatte, legte sie sich ins Bett. Sie könnte jetzt nackt ins Wohnzimmer gehen. Die Chancen standen gut, dass er einer willigen Frau nicht widerstehen könnte. Stöhnend setzte sie sich auf.

Zuerst musste sie schlafen. Zumindest für die nächsten acht Stunden konnte ihr Sexleben auf dem aktuellen Stand bleiben. Morgen früh würde sie noch einmal darüber nachdenken.

„Er könnte verheiratet oder in einer festen Beziehung sein“, murmelte sie. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war eine Zurückweisung. Insbesondere wenn ein so attraktiver Mann wie Declan Quinn ihr eine Abfuhr erteilte.

2. KAPITEL

Dec warf das Kissen und die Decke aus dem Gästezimmer auf das Sofa im Wohnzimmer. Schließlich hatte er einen Job zu erledigen. Er würde nicht zulassen, dass diese lästige sexuelle Anziehung ihm dabei im Wege stand.

Er legte sich aufs Sofa und streifte die Schuhe ab. Die Wirkung des Pfeffersprays hatte inzwischen spürbar nachgelassen. Er erinnerte sich an seine Reaktion, als er zum ersten Mal in der Lage gewesen war, Rachel Merrill klar und deutlich zu sehen.

Obwohl er viele schöne Frauen gekannt hatte, waren sie alle auf eine konventionelle Weise schön gewesen. Sie hatten lange, sexy Haare gehabt, durchtrainierte Körper mit sonnengebräunter Haut und Kleidung getragen, die dazu geschaffen war, möglichst viel Dekolleté zu zeigen.

Rachel hingegen war eine der seltenen Frauen, die sich ihrer Schönheit nicht bewusst waren. Sie wirkte ein wenig schüchtern und unsicher, was sie nur noch attraktiver machte. Genau wie die kastanienbraunen Haare und der Porzellanteint. Obwohl sie die Haare nur schulterlang trug, sorgten die unordentlichen Wellen dafür, dass sie aussah, als hätte sie gerade eine wilde Nacht im Bett verbracht.

Doch am anziehendsten fand Dec ihren Mund mit den vollen, sinnlichen Lippen. Ein Mann konnte den Verstand verlieren, wenn er an diesen Mund dachte. Er starrte an die Decke und hatte ihren perfekten, zarten Körper mit der Wespentaille vor seinem geistigen Auge, der unter konservativen Kleidern verborgen war.

Er stöhnte leise. Gerade gestern hatte er sich mit seinen beiden Brüdern zum Frühstück getroffen. Ian und Marcus hatten ihn an den Pakt erinnert, drei Monate lang enthaltsam zu leben. Um die Herausforderung noch spannender zu machen, hatten sie jeweils tausend Dollar Wetteinsatz gezahlt.

Gestern hatte er Verdacht geschöpft, dass seine Brüder den Pakt gebrochen hatten. Allerdings hatte er keine Beweise. Der Wetteinsatz verdoppelte sich jeweils, wenn einer von ihnen Sex hatte, bevor die drei Monate vorüber waren. Bis heute Abend war Dec sicher gewesen, dass er das Geld einstreichen würde.

Doch um das Geld ging es ihm nicht. Er hatte die Abmachung vorgeschlagen, weil er frustriert gewesen war. Seine Freunde und seine Cousins heirateten und gründeten eine Familie. Sogar Männer, von denen er angenommen hatte, dass sie nie die passende Frau finden würden, liefen in den Hafen der Ehe ein.

Während des vergangenen Jahres hatte er sich immer öfter gefragt, ob er etwas verpasste. Oder ob mit ihm etwas nicht stimmte. Er hatte nie eine Beziehung geführt, die länger als drei Monate gedauert hatte. Bislang war das für ihn in Ordnung gewesen. Doch zuletzt hatte er zunehmend das Gefühl gehabt, an einem toten Punkt angelangt zu sein.

Er stand auf und zog Hose und Socken aus. Nur mit dem Slip bekleidet, sah er sich in dem fast steril wirkenden Apartment um. Dinge, die Rachel gehörten und seine Neugier stillen könnten, konnte er jedoch nicht entdecken.

Als jemand an die Wohnungstür klopfte, sah er durch den Spion. Er erkannte die Uniform der Sicherheitsleute des Gebäudes und öffnete die Tür.

Der Mann nickte lächelnd. „Mr. Quinn. Ich bringe Ihr Gepäck und diesen Umschlag, den ein Kurier gerade unten abgegeben hat. Er stammt von Mr. Ross. Er bittet Sie, ihn morgen früh anzurufen, falls Sie irgendwelche Fragen haben.“

„Danke.“ Er schloss die Tür, setzte sich auf das Sofa und öffnete den Umschlag. Darin befanden sich Kopien von Rachels Personalakte mit Presseausschnitten und Fotos sowie eines Berichts der Privatdetektei in Providence, die Ross mit Ermittlungen über den Stalker beauftragt hatte.

Doch Dec sah sich zuerst das Hochglanzfoto von Rachel an, das einem mehrere Jahre alten Lebenslauf beigefügt war. „Geboren am 18. April 1977 in New York, New York“, murmelte er. Also war sie nur ein Jahr jünger als er. Nachdem er die Liste ihrer akademischen Aus- und Weiterbildungen, Zertifikate und veröffentlichten Fachartikel gelesen hatte, suchte er vergeblich nach persönlicheren Angaben.

Dann hörte er jemanden sprechen und ging wieder zur Apartmenttür. Aber die Worte kamen aus Rachels Zimmer. Telefonierte sie? Doch als er vor ihrer Zimmertür stand und einen Moment zuhörte, wurde ihm klar, dass sie im Schlaf redete.

Leise öffnete er die Tür. Die Nachttischlampe war noch eingeschaltet und tauchte das Zimmer in weiches, rosafarbenes Licht. Rachel lag im Bett. Die Decke hatte sich zwischen ihren Beinen verheddert. Der Saum ihres fast durchsichtigen Nachthemds war bis zu den Oberschenkeln hochgerutscht. Sie warf den Kopf von einer Seite auf die andere und schien aufgewühlt zu sein.

Er starrte auf ihren Körper. Ihre Brüste zeichneten sich unter dem dünnen Baumwollstoff ab. Langsam ließ er den Blick zu ihrem Venushügel wandern. Er wusste, dass er nicht hinsehen sollte, musste aber seine Neugier stillen. Allerdings würde es ihm fortan noch schwerer fallen, sie aus seinen Gedanken zu verbannen.

Sie wurde noch unruhiger. Spürte sie seine Anwesenheit? Langsam ging er zu ihrem Bett. Er war sich nicht sicher, ob er sie wecken sollte. Vielleicht würde sie ihn nicht erkennen und erschrecken. Aber offenbar hatte sie einen schlimmen Albtraum.

Sanft nahm er ihre Hand, murmelte ihren Namen und küsste aus einem Impuls heraus ihr Handgelenk. Schnell legte er ihre Hand wieder aufs Bett. Plötzlich schlug sie die Augen auf, setzte sich auf und sah ihn für einen langen Moment traumversunken an. Dann entspannte sie sich, schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn.

Zuerst war er nicht sicher, wie er reagieren sollte. Aber nach ein paar Sekunden erwiderte er den heißen Kuss und umkreiste mit seiner Zunge die ihre. Sie zog ihn hinunter aufs Bett, bis er auf ihr lag. Er fuhr durch ihre dichten Haare.

Dec hatte in seinem Leben eine Menge Frauen geküsst. Doch noch nie hatte ein Kuss ihn so überrascht. Der Kuss war leidenschaftlich, verheißungsvoll und endete so abrupt, wie er begonnen hatte.

Rachel löste sich mit geschlossenen Augen sanft lächelnd von ihm. „Ich muss jetzt zur Bibliothek gehen.“ Sie kuschelte sich in die Kissen und war einen Moment später eingeschlafen.

Er war hart. Noch nie war er in den Genuss eines so ungezügelten und dennoch völlig unschuldigen Kusses gekommen. Rachel würde sich morgen früh wahrscheinlich nicht einmal daran erinnern. Das war vielleicht das Beste. Dann würde sie nicht wegen eines Verhaltens in Verlegenheit geraten, das sie nicht kontrollieren konnte.

Dennoch fragte er sich, was vielleicht passiert wäre, wenn sie wach gewesen wäre und ihn geküsst hätte. Er hätte ihr nicht widerstanden. Auch wenn er sie laut Vorschrift hätte zurückweisen müssen.

Zum Teufel damit. Irgendwie dachte er, dass Regeln und Vorschriften in Bezug auf Rachel nicht galten. Aber die Anziehung war wahrscheinlich nur einseitig. Rachel hatte bisher keinen allzu interessierten Eindruck gemacht. Sich Hoffnungen auf mehr zu machen wäre dumm.

Rachel war frustriert, weil sie nicht wieder einschlafen konnte. Nach drei oder vier Stunden Schlaf hatte ein seltsamer Traum sie geweckt. Sie war mit Declan Quinn in ihrem Büro gewesen – und hatte ihn geküsst.

Sie stöhnte. Was erwartete sie? Nur einige Meter von ihrem Schlafzimmer entfernt schlief ein gutaussehender Mann, an den sie während der ganzen Nacht gedacht hatte. „Träum nicht vom Bodyguard“, murmelte sie.

Er war hier, um seinen Job zu erledigen. Dafür wurde er bezahlt. Auch wenn sie ihm anscheinend nicht egal war, machte sie sich Illusionen, wenn sie glaubte, dass sein Interesse privater Natur wäre.

Aber es war eine so schöne Illusion. Declan war ein Prachtkerl. Er trug seine fast schwarzen Haare im Nacken gerade lange genug, dass eine Frau ihm durch die Haare fahren konnte, wenn sie ihn küsste. Wie es sich wohl anfühlte, ihn zu küssen?

Wahrscheinlich hatte er schon viele Frauen geküsst. Seine tiefe, sonore Stimme war wie geschaffen dafür, eine Frau zu verführen. Ganz zu schweigen von seinem Körper. Ihr lief ein erregender Schauer über den Rücken.

Sie setzte sich auf und griff nach einer der Fachzeitschriften, die auf ihrem Nachttisch lagen. Ein langer Artikel über anthropologische Forschungen sollte dafür sorgen, dass sie wieder einen klaren Kopf bekam.

Aber Rachel las denselben Absatz immer wieder, weil sie an den Mann dachte, der im Gästezimmer schlief. Sie stand auf und stellte sich vor den Spiegel, der über einer Kommode hing. Im sanften Lichtschein der Nachttischlampe nahm sie kritisch ihre Figur in Augenschein.

Anders als andere alleinstehende Frauen in ihrem Alter ging sie nicht in ein Fitnessstudio. Sie hasste es, Sport zu treiben und zu schwitzen. Trotzdem war ihr Körper wohl attraktiv genug, um bei einem Mann Interesse zu wecken. Sie hatte eine schmale Taille, runde Hüften, und ihre Brüste hatten genau die richtige Größe.

Dennoch war sie in ihren Augen keine schöne Frau. Allerdings mochten einige Männer sie hübsch finden. Sie fuhr durch ihre kastanienbraunen dicken Haare, die in sanften Wellen bis auf ihre Schultern fielen.

Rachel wusste um die Wirkung von Schönheit auf die sexuelle Anziehungskraft. Jeder Mensch hatte eine Checkliste von Eigenschaften, die er bei seinem perfekten Gegenstück suchte. Sie könnte die schönste Frau auf der Welt sein, hätte aber kein Glück bei Declan, wenn sie nicht seinem Anforderungsprofil entsprach.

Als sie sich wieder ins Bett legte, knurrte ihr Magen. Sie hatte Hunger. Deshalb konnte sie nicht schlafen. Sie stand auf und streifte den Morgenmantel über. Als sie auf dem Weg in die Küche am Wohnzimmer vorbeiging, sah sie, dass Declan nur mit einem Slip bekleidet auf dem Sofa lag. Die Decke, die er aus dem Gästezimmer mitgenommen hatte, war auf den Boden gefallen.

Nur die Lampe über dem Herd in der Küche, die sie angelassen hatte, sorgte für Licht. Sie setzte sich auf den Sessel gegenüber dem Sofa und musterte seinen Körper. Sie war schon einer Menge nett aussehender, erfolgreicher Männer begegnet. Aber noch keiner hatte ihr Interesse so geweckt wie Declan.

Aber ging es wirklich um ihn? Oder lag es daran, dass sie so lange keinen Sex mehr gehabt hatte und sich schmerzlich danach sehnte, einen nackten Mann zu berühren, in sich zu spüren und von ihm beglückt zu werden?

Seit der sexuellen Revolution in den sechziger Jahren war es zumindest in der Theorie viel einfacher für eine Frau geworden, ihre Lust auszuleben. Aber um einen Mann dazu zu bringen, mit ihr ins Bett zu gehen, war Entschlossenheit und Einfallsreichtum nötig.

Rachel wusste genau, wie sie es anstellen musste. Aber wie würde Declan darauf reagieren? Sie schloss die Augen. Vielleicht war er nicht der richtige Mann, oder jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Doch das würde sie erst in Erfahrung bringen, wenn sie einen Versuch wagte.

Als Dec die Augen aufschlug, wurde ihm sofort bewusst, dass er in Rachel Merrills Apartment war. Durch das Fenster fiel das schwache Licht der Morgendämmerung ins Zimmer. Er bemerkte, dass jemand neben dem Sessel stand. Instinktiv sprang er auf, um sich verteidigen zu können. Da erst sah er, dass es Rachel war. Er schaltete die Lampe ein.

„Verzeihung. Ich wollte Ihnen keine Angst einjagen.“

„Ich habe keine Angst.“

Ihr Blick fiel auf sein aufgerichtetes Glied unter dem Stoff der Unterhose.

Er sah ebenfalls an sich herunter. Er hatte einen sehr anschaulichen Traum gehabt, in dem Rachel die Hauptrolle gespielt hatte. Hastig griff er nach einem Kissen und hielt es vor seine morgendliche Erektion.

„Das muss Ihnen nicht peinlich sein. Es ist eine völlig normale physiologische Reaktion während der REM-Schlafphase. Tatsächlich haben Sie jede Nacht wahrscheinlich drei oder vier Erektionen, während Sie träumen, ohne es zu bemerken. Sogar wenn der Traum nicht sexuell ist.“

„Das war er nicht.“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich wollte es Ihnen nicht unterstellen. Obwohl es auch völlig normal ist, sexuelle Träume zu haben.“

„Können wir aufhören, darüber zu reden?“

Schulterzuckend setzte sie sich. „Über Sex zu reden, sollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Das ist völlig …“

„Normal“, sagte Dec. „Ich weiß.“ Als sie ihn lange eindringlich ansah, hatte er das Gefühl, dass sie seine Gedanken lesen konnte. Er konnte nicht leugnen, dass Rachel ihn im Laufe der Nacht zu mehr als ein paar sexuellen Fantasien inspiriert hatte. Aber welcher Mann käme bei dieser Frau nicht auf dumme Gedanken? „Vermutlich wissen Sie eine Menge über Sex.“

„Manche Leute halten mich für eine Expertin. Ich habe einen Artikel über Sexsucht für eine Fachzeitschrift geschrieben, und CNN hat mich zu einigen Talkshows eingeladen, als ein paar Prominente sich während ihrer Scheidungsverfahren als sexsüchtig geoutet haben. So hat Trevor Ross mich entdeckt. Er mochte meine Stimme und hat mir eine eigene Radiosendung angeboten. Ich habe zugesagt, weil es lukrativ war.“

„Und so sind Sie Dr. Devine geworden?“

„Ich hielt es für besser, mir ein Pseudonym zuzulegen. Die Universität missbilligt Populärpsychologie. Vermutlich weil es meinem Ruf als Akademikerin schaden könnte.“

„Am Telefon über Erektionen zu reden, bringt man auch nicht unbedingt mit einer akademischen Laufbahn in Verbindung.“

„Ich helfe vielen Leuten“, verteidigte sie sich. „Viele meiner Zuhörer sind in Bezug auf Sex völlig ungebildet. Ich glaube, dass wir offen und ehrlich mit unseren sexuellen Wünschen umgehen sollten.“

„Und was sind Ihre Wünsche?“ Die Frage rutschte ihm heraus. Er fluchte leise. „Verzeihung, das ist privat.“

„Nein. Wir können genauso gut ehrlich zueinander sein.“ Rachel hielt kurz inne. „Natürlich wissen Sie wahrscheinlich, wie reizvoll Sie sind – und ich finde Sie sehr attraktiv.“

„Ich finde Sie auch attraktiv.“ Dec lächelte sie an. Sie hatte recht. Es zuzugeben fühlte sich gut an. „Und ich habe von Ihnen geträumt, bevor ich aufgewacht bin.“

Sie erwiderte sein Lächeln. „Sehen Sie, das war nicht so schwer. Jetzt da wir es ausgesprochen haben, verstehen wir uns.“

„Das ist alles?“

„Ja.“

„Ich glaube nicht, dass es so einfach ist. Ich werde einige Tage, vielleicht sogar ein paar Wochen lang in Ihrer Nähe sein. Dass wir uns zueinander hingezogen fühlen, könnte problematisch sein, meinen Sie nicht?“

„Warum? Wir sind beide erwachsen und können unsere Regungen kontrollieren. Nur weil wir einander attraktiv finden, heißt es nicht, dass wir im Bett landen.“

„Zumindest nicht sofort“, neckte er sie.

Verlegen kicherte sie. „Haben Sie Hunger? Ich habe Eier im Kühlschrank. Wie wäre es mit French Toast zum Frühstück?“

„Klingt gut.“ Dec entging nicht, wie geschickt sie das Thema wechselte. Während sie in die Küche ging, zog er seine Hose an. Dann folgte er ihr und setzte sich an die Frühstückstheke.

„Ich habe gut geschlafen. Wenn Sie hier sind, fühle ich mich sicher.“

Vielleicht war sie vor dem Stalker sicher. Aber angesichts seiner Lust auf sie war ihre Tugend definitiv in Gefahr. „Ich habe Sie im Schlaf reden hören. Haben Sie schlecht geträumt?“

Sie sah hoch, als sie den Eierkarton öffnete. „Ich glaube nicht, ich kann mich nicht erinnern.“

„Ich habe letzte Nacht Ihre Akte gelesen.“

„Fanden Sie sie interessant?“

„Es waren keine privaten Informationen darin enthalten, Ms. Merrill.“

„Rachel. Ich denke, die Förmlichkeiten haben wir hinter uns.“

„In Ordnung, Rachel.“ Ihm gefiel es, wie sich ihr Name anhörte, wenn er ihn aussprach. Er wollte ihn noch ein paar Mal hören. „Sag mir, Rachel, gibt es einen Ex-Freund oder einen verschmähten Liebhaber, der dir diese Briefe schreiben könnte?“

Sie setzte sich ihm gegenüber an die Frühstückstheke. „Ich wünschte, es wäre jemand, den ich kenne. Aber das ist nicht der Fall. Ich habe versucht, eine Liste zu erstellen. Ich gebe regelmäßig Seminare und habe durch die Forschungsarbeit an der Uni Kontakt zu noch mehr Studenten. Außerdem kommen Klienten in meine kleine Beratungspraxis.“

„Also haben wir es mit Tausenden von potenziell Verdächtigen zu tun?“

„Ja, das fürchte ich.“ Sie sah ihn an. „Du wirst diesen Mann nie zu fassen bekommen, nicht wahr?“

„Vielleicht müssen wir einfach nur anders an die Sache herangehen. Früher oder später macht der Stalker einen Fehler. Dann bin ich zur Stelle und schnappe ihn mir.“

„Wie?“

„Zuerst sorge ich dafür, dass du nie in Gefahr gerätst. Von jetzt an hörst du auf mich, wenn es um deine persönliche Sicherheit geht, verstanden?“

„Es könnte auch eine Stalkerin sein.“ Rachel stand auf und verquirlte zwei Eier in einer Keramikschale.

„Ich schlage vor, wir fangen bei deinen Freunden an.“ Seit Dec ihre Akte gelesen hatte, war er neugierig. „Hast du derzeit einen Freund?“

„Nein. Hast du eine Freundin?“

„Nein.“

Sie tauchte die Brotscheiben in die verquirlten Eier. „Ich weiß, dass die meisten Stalker Ex-Freunde oder verflossene Liebhaber sind. Aber diesmal trifft diese Theorie nicht zu.“

Er stand auf und stellte sich neben sie. „Wie kannst du so sicher sein?“

„Weil ich immer diejenige war, die von den Männern sitzen gelassen wurde.“ Rachel sah auf seinen Mund. „Ich hatte heute Nacht einen Traum.“ Kopfschüttelnd zwang sie sich zu einem Lächeln. „Bist du mein einziger Bodyguard, oder wird dich jemand ersetzen, wenn deine Schicht vorbei ist?“

Als Chef beaufsichtigte er gewöhnlich das Personal. Aber nach der Begegnung mit Rachel fand er, dass es vielleicht an der Zeit war, wieder mal an vorderster Front zu arbeiten, um seine Instinkte auf Trab zu halten.

„Ich bleibe bei dir, bis wir diesen Stalker gefasst haben.“ Er wollte sie küssen. Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde der Drang stärker. „In diesem Fall will ich mich auf niemand anderen verlassen.“

„Heißt das, dass du hier einziehst?“

Dec nickte. „Und ich begleite dich überallhin und behalte jeden im Auge, der dir folgt. Diese Person wird früher oder später auftauchen.“

„Und was machen wir damit?“ Sie sah ihn mit großen Augen an.

„Womit?“

Rachel legte ihre Hand auf seine nackte Brust. Langsam glitt sie mit den Fingerspitzen zu seinem Bauch, dann wieder nach oben und presste die Handfläche auf sein Herz. „Damit.“

Er war auf der Stelle sichtlich erregt.

Sie warf einen Blick nach unten. „Und damit.“

„Wie du gesagt hast: Wir sind beide erwachsen. Ich trenne Job und Vergnügen, und du weißt bestimmt, dass Gelegenheitssex seine Tücken hat. Also müssen wir uns nur darauf verständigen, dass nichts weiter passiert.“

Sie konzentrierte sich wieder auf die Zubereitung des Frühstücks. „Ich muss heute an die Uni. Ich nehme an, dass du mitkommst?“

„Ja.“ Er kochte Kaffee und sah ihr dabei zu, wie sie mit einer faszinierenden Leichtigkeit und Anmut in der Küche hantierte. Der Morgenmantel aus Seide betonte ihre schöne Körperform und ließ ihre Beine sehen.

Rund um die Uhr mit ihr zusammen zu sein, konnte man kaum als Arbeit bezeichnen. Aber er durfte nicht vergessen, dass er hier war, um einen Job zu erledigen – und dieser Job beinhaltete nicht, sie zu verführen.

Rachel stellte die Teller mit den French Toast auf den Tisch. „Ich bin keine große Köchin. Wenn es dir nicht schmeckt, kannst du Müsli haben.“

„Es sieht gut aus“, meinte er. Als sie sich neben ihn setzte und beim Essen nach vorn beugte, klaffte der Ausschnitt des Morgenmantels auseinander. Unbemerkt erhaschte er einen Blick auf ihre Brüste.

„Also“, meinte sie zwischen zwei Bissen, „wenn du masturbierst, benutzt du dabei Pornovideos oder Magazine?“

Dec verschluckte sich, hustete und bekam einen Moment lang keine Luft mehr. „Wie bitte?“

„Entschuldige. Vermutlich hätte ich diese Frage fürs Abendessen aufheben sollen. Es ist nur so, dass ich gerade eine Studie zu diesem Thema durchführe und neugierig auf deine Sichtweise bin.“

„Warum heben wir uns diese Diskussion nicht fürs Abendessen auf?“ Er schüttelte den Kopf. Offenbar hatte sie keinerlei Hemmungen, das Thema in einem beiläufigen Gespräch anzuschneiden. Er konnte nicht umhin, sich zu fragen, ob sie genauso entspannt und mit derselben Offenheit zur Sache ginge.

Er müsste seine ganze Willenskraft aufbieten, um ihren Reizen nicht zu erliegen. Insbesondere, da sie anscheinend entschlossen war, all seine sexuellen Geheimnisse zu enthüllen. Sachlich über Sex zu reden, hatte ihn vorher nie angetörnt. Doch jetzt setzte es ihn unter Strom.

Vielleicht sollte er sie nur einmal küssen. Es wäre so einfach, sie in seine Arme zu ziehen und seine Neugier und seinen Heißhunger zu stillen. Vielleicht könnte er sich dann wieder auf seinen Job konzentrieren. Bei der nächsten Gelegenheit würde er diese Taktik in Betracht ziehen. Schließlich wäre es zu ihrem Besten.

3. KAPITEL

Rachel zog das Baumwollkleid an und schaute in den Spiegel. Declan hatte zugegeben, dass er sie anziehend fand. Seit sie ihn in der Küche berührt hatte, war sie entschlossen, ihn in ihr Bett zu bekommen.

Sie hatte lange vergeblich darauf gewartet, dass ihr der Richtige begegnete, und auf Sex verzichtet. Vielleicht war es besser, während des Wartens auf einen gelegentlichen One-Night-Stand zu setzen.

Declan zu verführen wäre nicht schwer. Sie kannte die physiologischen Effekte der Berührungen einer Frau auf Männer. Aber sie hatte dieses Wissen nie benutzt, um einen Mann vorsätzlich zu verführen. In gewisser Weise schien es unprofessionell zu sein.

„Es wird Zeit, dass du praktizierst, was du predigst, Dr. Lillian Devine“, murmelte sie, fuhr sich durch die Haare und erneuerte den Lippenstift. Sie hatte im Radio ausführlich über die vielfältigen Flirttechniken gesprochen, und heute würde sie diese Techniken zu einem guten … Sie hielt inne.

Dieser Mann war ihr Bodyguard. Ein paar Minuten lang hatte sie vergessen, warum er hier war. Doch das änderte nichts daran, dass die Chemie zwischen ihnen stimmte. Wenn sie den Dingen ihren Lauf ließ, würden sie sich schrittweise näherkommen, berühren, küssen und miteinander schlafen. Das war wissenschaftlich fundiert und vorhersehbar.

Rachel verließ das Zimmer. Declan war bestimmt schon angezogen und wartete auf sie. Doch sie konnte ihn nicht entdecken und ging zum Gästebadezimmer. Die Tür stand einen Spaltbreit offen. „Ich bin fertig. Und du?“

Er öffnete die Tür. „Entschuldige. Ich wurde am Telefon aufgehalten. Es dauert nur ein paar Minuten länger.“

Sie nickte und zog die Tür zu. Doch in letzter Sekunde ließ sie die Klinke los, um noch einen Blick ins Bad werfen zu können. Declan stand jetzt vor dem Waschbecken. Sie konnte sein Spiegelbild sehen und musterte in aller Ruhe seinen Körper. Als er sich über das Waschbecken beugte, juckte es ihr in den Fingern, seine glatte, warme Haut zu berühren.

Er neigte den Kopf zurück, um sich zu rasieren, was sie ungeheuer erotisch fand. Es war so männlich. Sie könnte ihm stundenlang bei der Rasur zusehen. Ihr Blick fiel auf seine schmale Taille. Das Handtuch saß tief auf seinen Hüften. Als er sich wieder nach vorn beugte, zeichnete sich unter dem Frotteestoff die Rundung seines Pos ab.

Rachel wusste, dass sie in seine Privatsphäre eindrang. Aber sein Körper faszinierte sie. Jedes Detail schien ihre sexuellen Fantasien zu entfachen. Er richtete sich wieder auf, fuhr sich durch die Haare und ließ einen Moment später das Handtuch auf den Boden fallen. Sie hielt den Atem an. Oh, er war ein Bild von einem Mann.

Er ging vom Waschbecken zur Dusche. Sie seufzte leise, als sie einen Blick auf seine Vorderansicht erhaschte. Er drehte sich zur Tür um. Schnell hielt sie sich die Hand vor den Mund und wich zurück. Ein paar Sekunden später hörte sie das Wasser in der Dusche rauschen.

Ermutigt spähte sie erneut durch den Spalt in der Tür. Die Duschwand aus Plexiglas war durchsichtig. Sie konnte seine Silhouette sehen, als er unter den Wasserstrahl trat. Sie ließ den Blick von oben nach unten wandern. Die Gegend um seine Hüften und den Po fesselte ihre Aufmerksamkeit.

Ihr wurde siedend heiß. Wenn sie ihn wirklich verführen wollte, musste sie vorsichtig sein. Die Forschung hatte herausgefunden, dass es immer besser war, die Jagd zu verlängern und die Erwartung zu steigern, bis sich keiner der Beteiligten länger zurückhalten konnte. Aber wie viel Zeit hatte sie zur Verfügung?

Wenn Declan den Stalker morgen fasste, gab es keinen Grund mehr, weiter bei ihr zu wohnen. Doch wenn der Stalker noch einige Wochen eine Gefahr darstellte, wäre es ein wenig sadistisch, die Verführung hinauszuzögern. Das richtige Timing wäre ausschlaggebend für den Erfolg.

Sie würde nicht die Fehler begehen, die Frauen im Allgemeinen machten. Sie würde weder zu aggressiv, noch zu passiv sein, keine leeren Versprechungen machen und bestimmt nicht zulassen, dass er das Sagen hatte.

Als das Rauschen des Wassers plötzlich verklang, ging sie schnell ins Wohnzimmer. Das würde das komplizierteste private Experiment, das sie jemals durchgeführt hatte. Aber wenn sie Vorsicht walten ließ, bekäme sie genau, was sie wollte: Declan Quinn nackt und erregt in ihrem Bett.

Kurz darauf kam er mit einem blauen Hemd und Khakihosen bekleidet ins Wohnzimmer. Seine noch feuchten Haare hatte er mit den Fingern gekämmt. Er nahm sein Halfter vom Tisch, das sie erst jetzt bemerkte. „Du trägst eine Waffe?“

„Ja, wenn wir in der Öffentlichkeit sind. Nur für den Fall der Fälle.“ Er streifte das Halfter über die Schulter und griff nach seinem Jackett.

Rachel wurde ein wenig mulmig zumute. Wenn er eine Waffe trug, musste sie wirklich in Gefahr sein. Dennoch traute sie ihm zu, ihre Sicherheit zu gewährleisten. Solange er an ihrer Seite war, konnte ihr Leben wie gewohnt weitergehen.

„Wohin zuerst?“

„Ins Bett“, wollte sie herausplatzen, ihn zu ihrem Schlafzimmer zerren und ihm die Kleider vom Leib reißen. Aber sie verwarf diese Fantasie. „Zu meinem Büro auf dem Campus. Ich muss mich mit meinem Assistenten kurzschließen und nachsehen, was an Nachrichten und Post eingegangen ist.“

Sie verließen die Wohnung und gingen zum Aufzug. „Bis zu meinem Büro ist es nur ein Spaziergang von zehn Minuten“, erklärte sie.

„Wir nehmen deinen SUV.“

„Aber es ist so ein schöner Tag. Wir können auf dem Weg eine Pause einlegen und einen Kaffee trinken.“

„Keine Pausen und kein Spaziergang. Das Auto ist sicherer“, sagte er angespannt. „Wir halten uns an meine Regeln, in Ordnung?“

Rachel verschränkte die Arme vor der Brust. „In Ordnung. Aber glaub nicht, dass du mich einfach herumkommandieren kannst. Erklär mir einfach, warum wir etwas auf deine Weise machen müssen. Dann verstehe ich es.“

„Es könnte Situationen geben, in denen ich es dir nicht erklären kann. Versprich mir, dass du genau das tust, was ich sage, wann immer ich dich darum bitte.“

„Wir sind beide erwachsen und sollten in der Lage sein, jegliche eventuell auftauchende Konflikte durch ein Gespräch zu lösen. Aber das können wir nicht, wenn du mich nur herumkommandierst.“

„Das tue ich nicht.“ Er starrte sie frustriert an.

Hatte sie ihm zu sehr zugesetzt? Aber wenn sie die nächsten ein oder zwei Wochen mit ihm verbringen würde, wollte sie wissen, wie er tickte. Dann konnte sie am schnellsten herausfinden, wie sie ihn an den Rand seiner Selbstbeherrschung brachte.

Die Aufzugkabine hielt an. Als sich die Tür öffnete, wollte sie hineingehen. Doch eine Sekunde später lag sie in seinen Armen, und sie taumelten beide in die Aufzugkabine.

Dec drängte sie mit dem Rücken an die Wand und sich selbst ganz dicht sich an sie. Er beugte sich über ihren Mund, bis seine Lippen nu...

Autor

Kate Hoffmann
Seit Kate Hoffmann im Jahr 1979 ihre erste historische Romance von Kathleen Woodiwiss las – und zwar in einer langen Nacht von der ersten bis zur letzten Seite – ist sie diesem Genre verfallen. Am nächsten Morgen ging sie zu ihrer Buchhandlung, kaufte ein Dutzend Liebesromane von verschiedenen Autorinnen und...
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