Die Rückkehr der Traumfrau

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Das ist Carissas große Chance: Bei den reichen Dumonts taucht der Caterer nicht auf, und sie soll einspringen! Wenn sie den Job gut macht, ist sie gerettet. Carissa ahnt nicht, dass der attraktive Millionenerbe Jasper Dumont den Partyservice dafür bezahlt hat, wegzubleiben …


  • Erscheinungstag 07.06.2021
  • ISBN / Artikelnummer 9783751507189
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Kaum zu glauben, dass das einmal ihr Leben gewesen sein sollte.

Carissa blickte sich in der leer geräumten Wohnung um, die sie bis vor Kurzem mit ihrem Ehemann geteilt hatte. Nun stand das luxuriöse Apartment zum Verkauf, ihre Ehe war zu Ende, und in den Räumen stapelten sich die Umzugskartons.

Beim Packen hatte sie festgestellt, dass es nur sehr wenige Dinge gab, an denen sie wirklich hing. Es kam ihr seltsam vor, dass sie so viele Jahre inmitten von Gegenständen gelebt hatte, die ihr im Grunde fremd waren.

Fast alles hatte Preston angeschafft. Ihr gehörten nur die Küchengeräte, ihre Bücher und ihre Kleidung. Ihr Blick fiel auf die Jahrbücher aus ihrer Highschoolzeit. Sollte sie die wirklich behalten? Sie strich mit der Hand über den rotbraunen Leineneinband des letzten Jahrbuchs. Das gute, alte Bayside in Virginia. Vielleicht sollte sie wieder dorthin ziehen.

Sie griff sich an den Kopf. Was für eine blöde Idee! Als sie damals weggezogen war, hatte sie sich geschworen, nie wieder dahin zurückzukehren. Es war ihr nicht schwergefallen, das Versprechen zu halten, denn ihre Eltern waren kurz nach ihr ebenfalls weggezogen. Nur Aunt Val lebte noch in Bayside, und sie war die Einzige, mit der Carissa in Kontakt geblieben war. Zu ihren Schulkameraden und Freunden hatte sie keinerlei Verbindung mehr, nicht einmal zu …

„Jasper Dumont“, sagte sie laut und seufzte.

Es juckte ihr in den Fingern, das Jahrbuch zu öffnen und sich die alten Schulfotos anzuschauen. Sie wusste, dass sie ihn auf Anhieb entdecken würde: groß, blond, strahlend blaue Augen, blendendes Aussehen, umwerfendes Lächeln. Sie kannten sich seit ihrer Kindheit, aber im letzten Schuljahr war aus ihrer Freundschaft mehr geworden. Es war ein unbeschreiblich schönes, aufregendes Jahr gewesen, voller Lachen und Leidenschaft – und sie hatte alles kaputt gemacht.

Carissa legte das Jahrbuch beiseite. „Alte Geschichten“, murmelte sie. Zehn Jahre war das her. Seitdem hatte sie nie wieder etwas von Jasper gehört. Sie konnte nur hoffen, dass sein Leben glücklicher verlaufen war als ihr eigenes. Damals hatte sie unbedingt aus der Kleinstadt weggewollt und war froh, einen Studienplatz in Chicago bekommen zu haben. Dort hatte sie dann Preston kennengelernt und ihn bald darauf geheiratet.

Im Grunde hatte ihr Ehemann über ihr Leben bestimmt, und sie hatte sich angepasst. Ihre gemeinsamen Freunde waren in Wirklichkeit seine Freunde. Das hatte sich sehr schnell herausgestellt, nachdem sie ihre Scheidung bekannt gegeben hatten.

Carissa war nicht wehleidig, und sie kannte auch kein Selbstmitleid. Dennoch nahm sie sich einen Moment, um ihre gescheiterte Ehe und die verlorenen Jahre zu betrauern.

Alles hatte so gut angefangen. Sie war glücklich gewesen, als sie mit Preston am Traualtar stand, und sie war von seiner Familie sehr liebevoll aufgenommen worden. Nach seinem Examen war Preston als Anwalt in den Medienkonzern seines Vaters eingestiegen. Eine verantwortungsvolle, gut bezahlte Position, die ihnen ein sorgenfreies Leben ermöglichte.

Anfangs hatte sie noch gelegentlich Jobs angenommen, unter anderem in einer Eventagentur, wo sie große Veranstaltungen organisierte. Dann hatte Preston gemeint, das könne sie doch auch für ihn machen. Also fing sie an, seine Geschäftsessen und die privaten Dinnerpartys auszurichten. Schon immer hatte sie es geliebt, Menüs zusammenzustellen, auf Märkten Gemüse und frische Zutaten einzukaufen und zu köstlichen Gerichten zu verarbeiten.

In unzähligen Kursen lernte sie, wie man italienisch, marokkanisch, indisch oder thailändisch kocht, und was man mit Teig alles machen kann.

Alle schwärmten von ihrem Essen, ob es Preston und seine Familie war oder Freunde und Kollegen. Ihre geräumige, bestens ausgestattete Küche wurde zu ihrem Lieblingsort in dem großen Apartment. Hier fühlte sie sich wohler als in irgendeinem der anderen Räume, einschließlich des Schlafzimmers.

Vor allem des Schlafzimmers.

Dort hatte Preston sich besonders gerne aufgehalten, allerdings nicht nur mit ihr …

Zornig trat Carissa gegen einen Karton und erschrak, als sie ein klirrendes Geräusch hörte. Sie las das Etikett und verzog schmerzlich das Gesicht. Es war ausgerechnet einer ihrer Kartons.

Aufgrund des Ehevertrags, den sie bei der Heirat geschlossen hatten, stand ihr ein kleiner Geldbetrag zu, der ihr in einer Summe ausgezahlt worden war. Dass Preston die Ehe mehrfach gebrochen hatte, spielte bei der Scheidung keine Rolle, aber das war Carissa egal. Sie wollte ein neues Leben beginnen und verzichtete auf Unterhaltszahlungen, um nicht weiter von ihrem Exmann abhängig zu sein. Noch war ihr allerdings unklar, wie sie finanziell über die Runden kommen sollte.

Es gab nur einen Beruf, den sie sich vorstellen konnte, und das war Köchin. Sie würde sich gerne selbstständig machen, aber das erschien ihr vollkommen aussichtslos. Zwar hatte sie kein Problem damit, für fünfzig Leute zu kochen, aber trotz ihres Abschlusses in Betriebswirtschaft besaß sie keinerlei Erfahrung, was das Führen eines Unternehmens betraf. Außerdem konnte sie keine Referenzen vorweisen.

Und sie hatte kein Dach mehr über dem Kopf. Wo sollte sie wohnen, und wo könnte sie ihren Cateringservice betreiben, falls sie ihn je auf die Beine stellen könnte?

Irgendwo klingelte ihr Handy.

Bis sie das Gerät zwischen alten Zeitungen und Klebeband gefunden hatte, war das Gespräch bereits weg. Sie drückte auf die Mobilboxtaste und hörte die vertraute Stimme ihrer Aunt Val.

„Hallo, mein Schatz. Ich hoffe, du sitzt nicht in diesem scheußlichen Apartment und bläst Trübsal. Sei froh, dass du da rauskommst. Du weißt, mir hat die Wohnung nie gefallen. Wer braucht schon Marmor im Badezimmer? Und wieso drei Bäder? Ich wollte dir nur sagen, dass ich für ein paar Monate verreise. Falls du nicht weißt, wo du unterkommen sollst, mein Cottage steht dir zur Verfügung.“

Carissa wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Da sie selten weinte und ihr nicht nach Lachen zumute war, setzte sie sich auf einen Karton und dachte nach.

Wäre es wirklich eine Option, nach Bayside zurückzugehen? In der Highschool hatte sie immer groß getönt, dass sie auf keinen Fall in diesem Nest versauern würde. Wenn sie jetzt zurückginge, käme das einer Niederlage gleich. Wie ein Eingeständnis, dass in der Kleinstadt an der Chesapeake Bay vielleicht doch nicht alles so schlecht gewesen war.

Sie stand auf und ging in die Küche, wo noch eine angebrochene Flasche Weißwein stand. Sie goss sich ein großes Glas ein und lehnte sich damit gegen die Anrichte aus Quarz, an der sie so gerne gearbeitet hatte.

Mit ihren neunundzwanzig Jahren war sie nun eine geschiedene Frau. Und sie hatte den großen Fehler begangen, auf ihren Mann zu hören und zu Hause zu bleiben, statt gleich nach dem Studium richtig in den Beruf einzusteigen.

Sie betrachtete die Kisten mit ihren geliebten Küchenutensilien. Die würde sie auf jeden Fall alle mitnehmen. Aber wo sollte sie damit hin? In Chicago eine entsprechend große Wohnung zu suchen oder gar eine eigene Cateringfirma zu gründen, wäre mit ihren bescheidenen finanziellen Mitteln völlig aussichtslos.

In Bayside sähe die Sache schon anders aus. Dort könnte sie kostenlos in Aunt Vals Cottage wohnen und inzwischen versuchen, Kontakte zu knüpfen. Die Stadt war wohlhabend und als Ferienort sehr beliebt. Es gab sowohl einen gesunden Mittelstand als auch eine bürgerliche Elite, die in vornehmen Villen mit englischem Rasen wohnte und gerne große Partys veranstaltete.

Sie kannte sich in diesen Kreisen aus, denn früher war sie Teil davon gewesen. Bis ihr leichtsinniger Vater auch noch den letzten Rest des Familienvermögens durchgebracht hatte.

Carissas Herz schlug schneller. Wenn sie in Bayside Erfolg hätte, könnte sie mit dem Geld und den erarbeiteten Referenzen irgendwo anders, in einer Großstadt, einen Cateringservice aufbauen.

Sie trank noch einen großen Schluck Wein und rieb sich dann voller Tatendrang die Hände. Die Nachricht ihrer Tante war ein Geschenk des Himmels.

Bayside, ich komme.

Jetzt ist es so weit, dachte Jasper und streckte sich unmerklich.

Nach monatelangen Verhandlungen, Präsentationen und Essenseinladungen stand er nun vor dem Abschluss. Falls nichts mehr dazwischenkam, würde Arthur Morris dem Vertrag heute zustimmen. Seit Jasper den Baukonzern seines Vaters, die Dumont Incorporated, übernommen hatte, konnte er bereits einige Erfolge vorweisen. Das Geschäft mit Arthur Morris würde Jaspers Ansehen in der Firma endgültig besiegeln und den Aufsichtsrat davon überzeugen, dass er der richtige Mann an der Spitze war.

Eigentlich hatte sein älterer Bruder Cameron das Familienunternehmen übernehmen sollen, doch der hatte es vorgezogen, seine eigene Firma zu gründen. Ein Glücksfall für Jasper. Doch viele trauten ihm nicht zu, dass er ebenso geeignet war wie sein Bruder, den Konzern zu leiten. Jasper liebte seinen Bruder, aber er hatte immer darunter gelitten, dass seine Eltern Cam bevorzugten.

Er hatte sich mit Arthur Morris am Jachthafen verabredet, um noch einmal das Gelände zu besichtigen, auf dem das geplante Apartmenthaus entstehen sollte.

Während die beiden Männer an der Uferpromenade entlanggingen, wies Jasper auf die vielen Vorzüge hin, die Bayside zu bieten hatte. „Neben dem Tourismus gibt es hier noch viel Tradition und ein reges Stadtleben, Volksfeste, Wohltätigkeitsveranstaltungen und jede Menge anderer Aktivitäten. Am Westufer der Bucht wurde ein großer Park angelegt, wo jeden Samstag ein Bauernmarkt stattfindet und sonntags ein Antiquitäten- und Kunsthandwerksmarkt, der viele Besucher anlockt.“

Er sah, wie Arthur sich am Kinn kratzte, und redete rasch weiter, bevor der andere etwas einwenden konnte. „Das Virginia Magazine hat kürzlich eine Fotoreportage über Bayside veröffentlicht, und in der Washington Post wurde die Stadt als Geheimtipp vorgestellt. In jedem Fall ist es eine First-Class-Adresse für Ihr Apartmenthaus, nur ein paar Minuten Gehweg bis zur Innenstadt mit Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants. Zur Grundschule und zur Highschool ist es auch nicht weit. Und was für eine Aussicht!“ Jasper machte eine ausholende Geste.

Die beiden Männer blickten auf die pittoreske Bucht, die sich vor ihnen ausbreitete, und Arthur nickte. „Der Blick ist wirklich fantastisch.“

Jasper hatte den Termin absichtlich bei Sonnenuntergang angesetzt, wenn ein rotgoldener Schein die Wasserfläche zum Glitzern brachte und die angedockten Boote in ein warmes Licht tauchte. Um diese Zeit schlenderten besonders viele Touristen und Einheimische an der Uferpromenade entlang oder saßen vor einem der vielen Lokale am Flussufer.

„Übrigens gibt es hier hervorragenden Fisch, Hummer und alle Arten von Meeresfrüchten“, bemerkte Jasper, der die Vorlieben des Älteren kannte.

Arthur wandte ihm lächelnd das Gesicht zu. „Hören Sie, mein Junge“, sagte er. „Sie haben mich längst überzeugt. Der Standort könnte nicht besser sein, und Sie haben die gesamte Planung mit Expertise, Kostenvoranschlag und Renditeaussichten perfekt ausgearbeitet. Ich denke, es ist eine lukrative Investition.“

Jasper versuchte, seine Freude nicht allzu deutlich zu zeigen. „Das freut mich, Sir.“ Er reichte Arthur die Hand. „Willkommen in Bayside.“

Arthur lächelte. „Sie haben mir den Ort so anschaulich beschrieben, dass ich das Gefühl habe, die Leute hier schon zu kennen. Das macht das Projekt für mich viel lebendiger als die nackten Zahlen. Man spürt, dass Sie Bayside lieben. Das gefällt mir.“

„Danke, Mr. Morris.“ Jasper begleitete Arthur zu seinem Wagen. Unterwegs bemerkte der Ältere: „Mir ist da übrigens einiges über Sie zu Ohren gekommen. Als Jugendlicher müssen Sie ja ein ziemlicher Hallodri gewesen sein. Aber wir waren schließlich alle mal jung. Mittlerweile sind Sie ja zum Glück erwachsen geworden.“ Er schüttelte Jasper zum Abschied die Hand, stieg in sein Auto und winkte im Wegfahren.

Erst als der Wagen außer Sichtweite war, gönnte Jasper sich ein breites Grinsen. Und eine Siegerfaust obendrein. Dann machte er sich beschwingten Schrittes auf den Weg zum Brewside, seinem Stammcafé. In seiner Hochstimmung erschien ihm der Ort noch schöner als sonst.

Schon immer hatte er Bayside geliebt, und in den paar Jahren, in denen er wegen seines Studiums und seines ersten Jobs nicht hier lebte, hatte er sich oft nach Hause gesehnt. Alles hatte er vermisst, die breite Bucht mit den ein- und ausfahrenden Booten und Ausflugsdampfern, den malerischen Marktplatz mit den weiß getünchten Häusern und den blauen Markisen vor den Läden, die netten Lokale, in denen man sich mit Freunden traf.

Er griff nach seinem Smartphone und ging die Nachrichteneingänge durch. Dabei stieß er auf Simone Graves’ Namen und lächelte. Die lebhafte Rothaarige war ihm schon vor Monaten im Fitnessstudio aufgefallen. Sie besuchte einen Zumbakurs, und es gefiel ihm, sie in ihrem eng sitzenden Dress tanzen zu sehen. Schon längst hatte er sie mal einladen wollen.

„Lust auf einen Drink heute Abend?“, schrieb er ihr.

Die Antwort kam prompt. „Lust schon, aber ich muss arbeiten.“ Sie schlug einen anderen Termin vor, und Jasper sagte zu.

Kurz bevor er das Brewside erreichte, überlegte er es sich anders. Er wollte lieber noch einen kleinen Spaziergang machen. Während er zur Uferpromenade zurückging, musste er daran denken, was Arthur Morris kurz zuvor gesagt hatte. Als Jugendlicher müssen Sie ja ein ziemlicher Hallodri gewesen sein.

Jasper musste zugeben, dass er noch nie ein Kind von Traurigkeit gewesen war. Seine Mutter hatte immer gesagt, er habe ein gutes Naturell, und das stimmte wohl auch. Für ihn war ein Glas immer halb voll statt halb leer, und er sah eher das Positive als das Negative. Da sein älterer Bruder als zukünftiger Firmenerbe bei seinen Eltern zwangsläufig mehr Beachtung fand, hatte Jasper Narrenfreiheit und konnte ungestraft tun und lassen, was er wollte. Er schwänzte die Schule, flirtete mit den Mädchen und schlug in jeder Hinsicht über die Stränge.

Doch dann hatte er sich in Carissa verliebt, und auf einmal war alles anders.

Beim bloßen Gedanken an sie stockte ihm der Atem. Seine Hände krampften sich um das Geländer an der Promenade, während er über das Wasser blickte. Wann hatte er zuletzt gewagt, an sie zu denken?

Wie die meisten seiner Mitschüler kannte er Carissa bereits aus dem Kindergarten. Während der Schulzeit waren sie in derselben Clique gewesen. Beide waren sie beliebt und hatten viele Freunde. Auch ihre Eltern waren befreundet, denn sie wohnten in derselben Straße und führten den gleichen luxuriösen Lebensstil.

Im Sommer vor dem letzten Schuljahr waren er und Carissa sich dann nähergekommen.

Jaspers Blick schweifte zum Strand hinüber. Dort war es passiert. Nach einem der vielen Sommerfeste hatten ein paar von ihnen dort ein Lagerfeuer entzündet. Alle saßen drum herum und tranken Bier, einer spielte Gitarre, die anderen sangen dazu. Er musste lächeln, als er daran dachte.

Während er seinen Erinnerungen nachhing, lenkte er seine Schritte unwillkürlich in Richtung Strand.

Schon immer hatte ihm Carissa gefallen. Wem hätte sie auch nicht gefallen? Mit ihren langen Beinen, ihrer glatten Haut, ihren vollen rosa Lippen und dem langen blonden Haar sah sie aus wie das typische Girl aus California, das es an die Ostküste verschlagen hat. Das Auffälligste an ihr aber waren ihre faszinierenden grauen Augen.

In der Nacht am Lagerfeuer trug sie Shorts und ein knappes ­rotes Top. Sie hatte sich auf einen Baumstamm gesetzt, und als ihre Blicke sich trafen, war er zu ihr hinübergegangen. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, bis er dann immer näher an sie herangerutscht war. Sie schien nichts dagegen zu haben und ließ es auch zu, dass er ihre Hand nahm. Kurz darauf waren sie in stillem Einvernehmen aufgestanden und hatten sich eine Stelle weiter unten am Strand gesucht, wo sie heftig zu knutschen anfingen.

Von da an waren sie unzertrennlich und verbrachten zusammen ein wildes, leidenschaftliches letztes Schuljahr. Danach war die schöne Zeit zu Ende. Jasper ging an die Universität von Pennsylvania, an der bereits sein Vater studiert hatte, und Carissa nach Chicago. Trotzdem hätte es keine endgültige Trennung sein sollen. Sie hatten fest vorgehabt, in Verbindung zu bleiben.

Doch dann warf Carissa ihm beim Abschied vor, er sei nicht ernsthaft genug, er würde nur herumspielen und sich von seinen Eltern aushalten lassen.

„Ich möchte einen Mann, der weiß, was er will, der Ehrgeiz hat und ein Ziel. Tut mir leid, Jasper, aber du bist es nicht.“

Er hatte sie verständnislos angesehen. Mädchen waren wirklich kompliziert. „Was ist denn plötzlich in dich gefahren?“, hatte er hilflos gefragt.

„Ich will einfach nicht mehr mit dir zusammen sein.“

Es hatte sich angefühlt wie ein Schlag in die Magengrube. Sprachlos hatte er dagestanden und zugesehen, wie sie wegging.

Immer wieder hatte er versucht, sie zu kontaktieren, aber sie hatte nie reagiert. Da auch ihre Eltern weggezogen waren, gab es für sie keinen Grund mehr, nach Bayside zu kommen.

Auch wenn er eigentlich kein Kind von Traurigkeit war, litt er bis heute unter dieser abrupten Trennung, die er nicht verstehen konnte.

Lange hatte er auch an Carissas Kritik an seinem Charakter zu knabbern gehabt, doch irgendwann war er aufgewacht. Carissa wünschte sich einen Mann mit Ambitionen, und den sollte sie haben, auch wenn sie nicht mehr zusammen waren.

Mit Feuereifer stürzte er sich in sein Studium und verbrachte ganze Tage in der Bibliothek, um einen möglichst guten Abschluss zu machen. Den schaffte er auch und bekam gleich nach dem Studium eine gut bezahlte Stelle in Philadelphia.

Anfangs hatte er sich noch für Carissa angestrengt, doch zunehmend tat er es für sich selbst. Als sein Dad ihm eine Stelle in seiner Firma anbot, ging er nach Bayside zurück. Vor einem Jahr zog sein Vater sich dann aus dem Geschäft zurück und übertrug Jasper die Leitung der Dumont Incorporated.

Carissa wäre sicher stolz auf ihn, aber er hatte schon lange die Hoffnung aufgegeben, sie jemals wiederzusehen.

Sein Smartphone meldete sich mit einem leisen Ping, und er las die Nachricht seines Bruders: „Wie ist es mit Morris gelaufen?“

Während er seine Antwort eintippte, bemerkte er aus dem Augenwinkel eine Frau, die am Kai stand. An derselben Stelle, an der er zuvor gestanden und zum Strand hinübergeblickt hatte.

Er beeilte sich, doch sein Bruder hatte bereits eine zweite Nachricht hinterhergeschickt: „Egal, komm einfach später bei mir vorbei, dann können wir zusammen das Spiel angucken.“

Wieder tippte er eine Antwort ein, wobei er immer wieder zu der Frau am Kai hinüberschielte. Gerade streckte sie die Arme über den Kopf und reckte sich.

Ein Frösteln lief ihm die Wirbelsäule hinab. Irgendwie kam die Frau ihm bekannt vor. Rasch lief er zum Kai zurück, doch die Frau hatte sich bereits umgedreht und ging nun auf ein schwarzes Auto zu.

Diesen Hüftschwung würde er meilenweit erkennen. So anmutig ging nur eine.

„Carissa?“, murmelte er und wollte ihr hinterherlaufen. Im selben Moment rutschte er aus, und bevor er sich irgendwo festhalten konnte, lag er schon im Wasser.

2. KAPITEL

Hi, ihr Lieben! Euer treuer Bayside-Blogger ist wieder zurück. Ich hab mal eine kleine Auszeit gebraucht, Sonne, Meer. Und was soll ich euch sagen? Wen sehe ich, kaum, dass ich zurück bin? Carissa Blackwell, einstiges Bayside Supergirl, ist wieder an unserer lieblichen Küste gelandet, und die große Frage ist: Was will sie in unserem guten alten Bayside, das sie so plötzlich verlassen hat?

Aber die viel wichtigere Frage ist: Was sagt Jasper Dumont dazu? Bisher weiß man nur, dass er ein unfreiwilliges Bad im Hafenbecken genommen hat. Der Anblick seiner verschollenen Angebeteten muss ihn ziemlich schockiert haben.

Nachdem Jasper zu Hause geduscht und trockene Sachen angezogen hatte, machte er sich eine Tasse Kaffee und ging damit ins Wohnzimmer. Vor dem wandhohen Bücherregal ging er in die Hocke und durchsuchte das unterste Regalbrett nach dem letzten Highschool-Jahrbuch. Nach Carissas abruptem Weggang hatte er es oft in die Hand genommen und sich ihr Foto angesehen, seitdem aber nicht mehr.

Er blätterte zu dem Buchstaben B. Da war sie. Carissa Blackwell. Eigentlich brauchte er die Fotos gar nicht, denn er hatte sie auch so glasklar vor Augen. Carissa als Cheerleaderin, jubelnd, lachend. Wie hatte er es geliebt, bei Footballspielen kurz zu ihr hochzuschauen. Aber noch mehr hatte er es geliebt, nach dem Spiel hinter der Tribüne mit ihr zu knutschen.

Schmerzlich zog er die Augenbrauen zusammen und wollte das Buch gerade zuklappen, als ein Foto herausfiel. Es zeigte sie beide beim Tanzen. Er wusste nicht mehr, wer das Foto gemacht hatte. Carissa hatte ihm die Arme um den Hals geschlungen und sah ihn verliebt an, und er drückte sie an sich.

Kurz darauf hatte sie ihm den Laufpass gegeben. Noch immer konnte Jasper nicht begreifen, woher ihr plötzlicher Sinneswandel gekommen war. Wann hatte sie aufgehört, ihn verliebt anzusehen? Wann hatte sie festgestellt, dass er nicht gut genug für sie war?

Sein Smartphone klingelte. Zum Glück war es nicht mit ins Wasser gefallen. Bei seinem Versuch, sich festzuhalten, war es ihm aus der Hand gerutscht und am Ufer gelandet.

Der Name seines Bruders erschien auf dem Display.

„Hi, Cam“, meldete sich Jasper.

„Und?“

„Was und?“

„Kommst du nun nachher vorbei? Du hast mir noch nicht auf meine Nachricht geantwortet. Du musst mir unbedingt genau erzählen, wie es mit Arthur Morris gelaufen ist.“

Jasper stand auf und trat ans Fenster. Er liebte seine große helle Wohnung, die einen fantastischen Blick über die Bucht bot. Obwohl ihn jetzt beim Anblick des Wassers ein Frösteln überlief. Von seinem unfreiwilligen Bad würde er seinem Bruder lieber nichts erzählen.

„Tut mir leid, ich stand gerade auf der Leitung. Es ist gut gelaufen, das hatte ich dir aber schon gemailt, oder?“

„Ja. Ich freue mich für dich, Jasp. Gratuliere.“

„Danke, Cam.“ Die Begeisterung seines älteren Bruders tat ihm gut.

„Und was ist nach dem Treffen passiert?“

Autor

Kerri Carpenter
Die mehrfach ausgezeichnete Autorin Kerri Carpenter schreibt süße, freche, sexy Liebesromane. Und wenn sie das gerade nicht tut, liest sie gerne, kocht oder schaut Filme, macht Zumba oder trifft sich einfach so mit ihrer Sportgruppe. Mit Kerri wird es nie langweilig! Zusammen mit ihrem niedlichen aber gewitzten Pudelmischling Harry lebt...
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