Die verbotene Berührung des Samurai

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Japan im 12. Jahrhundert. Von verbotener Sinnlichkeit sind Mikus Gedichte, unpassend für eine Adlige. Ihr Onkel verbannt das Papier – doch Miku schreibt dem Samurai Takeshi ihre Sehnsucht auf die nackte Haut …


  • Erscheinungstag 23.04.2014
  • ISBN / Artikelnummer 9783733764074
  • Seitenanzahl 51
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

* * *

1183 n.C. Auch in der sturmgepeitschten Bergregion Nordjapans ist die kulturelle Blüte der Heian Epoche im Niedergang begriffen, weil regionale Fürsten sich an einem Überfluss mästen, den sie der Ausbeutung armer Bauern verdanken, und die wachsende Macht ihrer Samurai – jener gedungenen, einer strengen Tradition verpflichteten Krieger – nicht wahr haben wollen

Miku hielt den Atem an. Nicht ein Lüftchen bewegte die bodenlangen, halb durchsichtigen Stoffbahnen aus gold bemalter Seide, die vor den zurückgeschobenen Verandatüren hingen und ihre jungfräuliche Schönheit vor der Welt außerhalb des Anwesens ihres Onkels verbergen sollten.

Vor ihrem schwarz lackierten Schreibpult kniend, dachte sie im ersten Moment, bei dem Umriss, der über die kicho genannte Sichtblende huschte, handele es sich um den Schatten einer Wolke, die sich vor die Spätnachmittagssonne verirrt hatte. Doch dann wurde die Spitze eines Krummschwertes am Rand des prächtig verzierten Seidenvorhangs sichtbar, und Mikus Hand mit dem Bambuspinsel verharrte über dem Reispapier. Nachdem sie am Morgen von ihrem wutentbrannten Onkel in ihre Räumlichkeiten verbannt worden war, hatte sie sich darauf eingestellt, diesen Tag wie so viele andere mit Schreiben zu verbringen. Das unerwartete Auftauchen des Schwertträgers indes ließ auf Unberechenbares – und weit Gefährlicheres – schließen.

Gefahr, ebenso wie Liebe, kam in Mikus Leben nur in ihrer Dichtung vor. Weit fort von der sittenlosen, glitzernden Welt des Kaiserhofes, bot das abgeschiedene Dasein einer unverheirateten jungen Landadeligen außer Gesellschaftsspielen wenig Abwechslung. Jedenfalls für die meisten Frauen.

Miku dagegen besaß in ihrem Bambuspinsel einen Schlüssel, mit dem sie die Tür ihres goldenen Käfigs tagtäglich öffnete, indem sie Gedichte schrieb – kalligrafische Kunstwerke, die ihren Geist und ihre Seele, wenn nicht sogar ihren Körper, befreiten und ihre Vorstellungskraft beflügelten. Die ihr Onkel allerdings so wenig schätzte, dass er sie dafür einsperrte, und die Maßnahme mit unentschuldbaren Verstößen gegen den Anstand begründete. Allein der Gedanke an seine kleinliche Selbstgerechtigkeit brachte Miku in Rage.

Aber vielleicht erfüllte sich ihr Traum von einem Leben ohne das hohle Gepränge kleinkarierter Vornehmheit bereits heute Nacht; ihr Traum von einem freien, selbstbestimmten Leben, für das sie vielleicht sogar wertgeschätzt wurde. Und bis es so weit war, hatte sie wenigstens Pinsel und Tusche.

Bei dem bewaffneten Krieger jedoch, dessen Umriss sich durch den kicho abzeichnete, handelte es sich nicht um einen Traum.

Mikus Gedanken überschlugen sich, während ihr Blick über den Seidenvorhang glitt, ihren einzigen Schutz. Ihr Onkel hatte die gesamte Dienerschaft mitgenommen, als er vor ein paar Stunden aufgebrochen war, um einen bedeutenden, politisch einflussreichen Mann zu treffen, der aus der kaiserlichen Residenz Kyoto anreiste. Bis morgen früh, wenn ihr Onkel zurückkam, war sie allein. Allein bis auf den einzelnen Samurai, der zu ihrem Schutz abgestellt worden war. Oder um sie zu bewachen, wie sie sich voller Bitterkeit klarmachte.

Ihr Onkel war Lehnsherr über Hunderte Vasallen, die die Reisfelder außerhalb der hohen Mauern des Anwesens bewirtschafteten, und obwohl er nicht die umfassende, landesweite Macht besaß, die der Kaiser Shogun-Fürsten mitunter verlieh, übte er doch einen beträchtlichen Einfluss in der Umgegend aus. Und wie viele andere lokale Herrscher befehligte er eine Truppe von Samurai – schlagkräftige Krieger, die ihm den Treueeid geschworen hatten.

Bei dem Gedanken, dass einer dieser gewöhnlichen Söldner sich in unmittelbarer Nähe ihrer Gemächer herumtrieb, schoss heißer Zorn in Miku hoch. Sie war davon ausgegangen, dass der Samurai sich auch die Nacht über im Hintergrund halten würde, so wie er es den ganzen Tag getan hatte. Jedenfalls so weit im Hintergrund, dass er es nicht bemerkte, wenn sie das Anwesen in der Dunkelheit unauffällig verließ. Würde er jetzt etwa so kühn sein, ihr sogar gegenüberzutreten?

Mikus Blick fiel auf die Papierrolle, die auf dem Lackpult vor ihr ausgebreitet lag. Der Vers, den sie verfasste, handelte von Kirschblüten, die als die schönsten und empfindlichsten Blüten galten. In ihrem Gedicht dagegen konnte sogar Schneefall der geöffneten Kirschblüte nichts anhaben, sondern unterstrich nur ihre unvermutete Widerstandsfähigkeit und ihre durchscheinende Zartheit.

Obwohl ihr das Herz gegen die Rippen trommelte, festigte sich Mikus Entschlossenheit. Was dachte sich dieser grobschlächtige Haudegen dabei, ungebeten in ihrem persönlichen Refugium aufzutauchen? Gleichgültig, was ihr Onkel verfügt hatte. Ihre Bangigkeit wich einer schwelenden Empörung angesichts des anmaßenden Verhaltens des bewaffneten Mannes.

„Sprich oder geh“, verlangte sie nachdrücklich.

Einen Lidschlag lang herrschte Stille, dann ertönte eine tiefe, grollende Stimme von der anderen Seite des kicho. „Ich schulde niemandem Rechenschaft außer dem Herrn dieses Anwesens.“

„Der Herr ist abwesend, daher bist du mir rechenschaftspflichtig.“

„Ich bin über seine Abwesenheit unterrichtet und deshalb hier.“

Eine Kälte, eisiger als die des winterlichen Nordwinds, breitete sich in Miku aus. Also hatte ihr Onkel dem Samurai befohlen, ihre Gemächer zu überwachen, sobald die Dämmerung einsetzte. Sie atmete tief durch, um ihrer Stimme Festigkeit zu verleihen, dann sprach sie den Umriss hinter der Seidenstoffbahn an: „Du störst den Frieden einer adligen Dame. Deine weitere Anwesenheit wird nicht gebraucht.“

Ein raues Lachen ertönte auf der anderen Seite des kicho. „Was Ihr braucht, bestimme ich.“

Sämtliche Furcht, die bei den Worten des Mannes neu aufkeimte, ging unter in ihrem flammenden Zorn gegen den dreisten Fremdling, der es darauf angelegt zu haben schien, in Rätseln zu sprechen. „Jeder Krieger meines Onkels hat einen Eid geschworen, ihm mit seinem Leben zu dienen“, rief sie ihm in Erinnerung, „und dieser Eid beinhaltet auch den Schutz meiner Person, seiner einzigen Nichte. Es ist also deine Pflicht, meine Tugend ebenso zu schützen wie mein Leben. Und, Samurai oder nicht, dich ohne eine geeignete Anstandsperson in solcher Nähe zu mir aufzuhalten, bedroht meine Ehre.“

„Euer Leben – und Eure Tugend – obliegen heute Nacht meiner Verantwortung“, erwiderte er ungerührt. „Der Befehl Eures Onkels lautet, bis zur Morgendämmerung in Eurer Nähe zu bleiben.“

Die ungebetene Störung, die unausgesprochene Drohung, die sein Schwert für sie bedeutete, die Sturheit, mit der der Mann behauptete, sie sei seiner Gnade ausgeliefert – all das brachte Mikus Wut zum Siedepunkt. Zu entrüstet, um sich an Benimmregeln zu halten, die den Sichtschutz zwischen ihr, der unberührten jungen Frau und dem gewöhnlichen Soldaten verlangten, riss sie den Seidenvorhang zur Seite. „Heißt das, ich habe kein Mitspracherecht bei der Entscheidung, wer in meinen Gemächern schläft?“

Der unbewegte Blick dunkler Augen verhakte sich mit ihrem. „Ich habe nicht die Absicht, heute Nacht zu schlafen.“

Vor ihr, im Gegenlicht, stand die hochgewachsene schlanke Gestalt eines der tapfersten Gefolgsmänner ihres Onkels. Wiewohl im vollen Ornat des Kriegers, konnten weder die komplizierten Kordelverzierungen noch die akkurate Anordnung der ausgestanzten Lederlamellen an seiner Rüstung von seiner beeindruckenden körperlichen Erscheinung ablenken. Die untergehende Sonne umgab ihn mit einer feurig leuchtenden Aureole, die seine athletischen Schultern und die kraftvollen Arme betonte. Auf seinen muskulösen Beinen, die ihn als hervorragenden Reiter auswiesen, hatte er sich auf ihrer Veranda aufgebaut – ein Inbild unverrückbarer Autorität. Er wirkte gelassen, doch das Einzige, was seine rohe Kraft im Zaum hielt, war die Anerkenntnis des Respekts, den er ihr als Adliger schuldete. Dieser Mann war ein Krieger, kein verweichlichter Höfling, und sein gestählter Körper sprach von Eroberung und Zerstörung.

Während Miku sich noch fragte, weshalb ein Mann wie er zu ihrer Bewachung abkommandiert war, ließ der Samurai seinen Blick über ihren weißen kosode gleiten. In dem Bewusstsein, dass das fließende wadenlange Gewand eigentlich von angemessenen Überkleidern hätte bedeckt sein sollen, schlang sie die Arme um sich. Bedeckt gewesen wäre, korrigierte sie sich. Wenn ich mit irgendetwas anderem als einem der üblichen langen Nachmittage an meinem Schreibpult gerechnet hätte.

Ihre Haut begann zu prickeln, während der Samurai die sanft gerundeten Konturen ihres Körpers, die die zarte Seide kaum verhüllte, in sich aufnahm. Die schwelende Hitze in seinen Augen wurde stärker, als sein Blick auf ihren entblößten Knöcheln verweilte, und Miku hielt den Atem an. Eine nie gekannte Erregung durchschauerte ihren Körper. Der Krieger betrachtete sie, als gehöre sie ihm. In seinen Augen stand die kühne Frechheit des Siegers, der seine Kriegsbeute begutachtet.

Noch nie hatte ein Mann sie so angesehen, voller unverhülltem Wohlgefallen an ihren körperlichen Vorzügen – und voller Verlangen. Die Erkenntnis verblüffte Miku, erregte sie und machte ihr Angst.

Und noch nie hatte Miku die intensiven Sehnsüchte, die ihre Gedichte so oft beschrieben, selbst erlebt – Gedichte, die ihr Onkel als anstößig und viel zu sinnlich für eine adlige Dame verunglimpfte. Bis jetzt … bis der Blick eines gut aussehenden Samurai auf ihren notdürftig verhüllten Körper gefallen war.

Autor

Ashley Radcliff
Mehr erfahren