Diese gefährliche Sehnsucht …

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Ausgerechnet Dr. James Rothsberg! Mila wollte ihren Exverlobten nie wiedersehen. Aber zum Wohl eines ihrer kleinen Patienten muss sie jetzt mit ihm zusammenarbeiten. Auch wenn er trotz allem immer noch eine gefährliche, unwiderstehlich sinnliche Sehnsucht in ihr weckt …


  • Erscheinungstag 04.05.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751522502
  • Seitenanzahl 160
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Sechs Jahre früher

Die Rückkehr in die Zivilisation hatte gewisse Vorteile, und das Simsen gehörte definitiv dazu.

Sie bezweifelte, dass sie ohne diese Errungenschaft die Party überleben würde.

Nein. Nicht Party. „Wohltätigkeitsveranstaltung“, wie die Promis ihre protzigen Events gerne nannten.

Wie auch immer.

Mila Brightmans Daumen glitten mühelos über die Tastatur.

Ich sag dir noch Bescheid.

Komm schon, Mila. Er sieht unglaublich gut aus und ist seit Kurzem wieder Single.

Perfekt. Genau, was sie brauchte. Ein Wohltätigkeitsdate, passend zur Veranstaltung. Sie lächelte über ihren eigenen Witz. Also gut, so lustig war diese geistreiche Wortwahl nun auch wieder nicht. Genauso wenig wie die Party.

Er ist dein Bruder. Weiß er überhaupt, dass du ihn verkuppeln willst?

Nein, noch nicht. Aber das wird bestimmt super. Und er ist echt süß. Ich versprech’s dir.

Sie hatte es ihm noch nicht einmal gesagt! Mila rollte die Augen, und ihre Daumen setzten sich wieder in Bewegung.

Das hast du von dem letzten Typen auch behauptet.

Vor einer Woche hatte sie sich von ihrer Freundin Freya Rothsberg dazu überreden lassen, zu einem Blind Date zu gehen. Der Mann sah zwar ziemlich gut aus, aber ihr Rendezvous war zu einem abrupten Ende gekommen, als er wie ein Verrückter in seinem Auto den Hollywood Boulevard runtergerast war. Mila war an einer Ampel aus dem Wagen gesprungen und hatte sich ein Taxi nach Hause genommen.

Das hier ist anders. VERSPROCHEN!

Oh, oh. Ihre Freundin hatte zweimal hintereinander das Wort versprochen benutzt. Dieses Mal sogar in Großbuchstaben. Kein gutes Zeichen. Mila stand auf der anderen Seite des Raumes und wartete darauf, dass Freyas angeblich so gut aussehender Bruder auftauchte. Es wurde wirklich Zeit, sie auf andere Gedanken zu bringen. Vielleicht würde ein bisschen Humor den Schock etwas abmildern.

Bei meinem Pech ist er bestimmt klein und untersetzt. Ein richtiger Frosch.

Auf dem Display erschien eine Minute lang nichts, und Mila hatte schon Angst, dass sie ihre Freundin verletzt haben könnte. Doch dann kam die neue Nachricht.

Ein Frosch? Im Ernst?

Auf die Worte folgte ein Smiley. Uff! Also doch nicht verletzt.

Jawohl. F.R.O.S.C.H. Mit Warzen und allem, was dazugehört.

Erneut eine lange Pause. Vielleicht funktionierte das Internet im Ballsaal des Hotels ja nicht richtig.

Warum überzeugst du dich nicht selbst?

Diese Worte lösten einen Schauer in ihr aus. Sie schluckte und sah auf.

Freya stand direkt vor ihr. Sie hatte die Augen weit aufgerissenen und formte mit den Lippen den Satz „Tut mir leid.“

In diesem Moment erkannte Mila, dass ihre Freundin ihr Telefon nicht mehr in der Hand hielt. Sie war auch nicht mehr allein. Und der Mann neben ihr war weder klein noch untersetzt.

Oh. Mein. Gott. Unwillkürlich zuckten ihre Daumen, als ihr diese Worte durch den Kopf gingen.

Der Mann in dem Dinnerjackett war groß. Sehr groß. Und unglaublich attraktiv.

Ja. Oh, ja. Er hielt auch etwas in der Hand und drehte sich jetzt damit zu ihr um.

Es war ein Handy – mit all ihren Textnachrichten, umgeben von einer blauen Blase. Die Luft entwich aus ihren Lungen, und sie hatte Mühe zu atmen.

Er hatte gelesen, was sie geschrieben hatte. Und plötzlich schien ihr der scherzhafte Dialog nicht mehr so unschuldig zu sein. Oder so lustig.

Noch bevor Mila sich bei ihm entschuldigen konnte, begannen seine Mundwinkel amüsiert zu zucken. Ihr wurde ganz schlecht.

„Sie wissen doch, was passiert, wenn man einen Frosch küsst. Vielleicht entpuppt er sich ja als Prinz.“

Ihr Gehirn weigerte sich, den Satz zu verstehen, registrierte aber sehr genau seinen tiefen sexy Tonfall. Allerdings hätte sie schwören können, dass das Wort küssen darin vorgekommen war. Oder sie hoffte es wenigstens.

Sie schluckte und sah ihn fasziniert an. Ein breites Grinsen zog sich inzwischen über sein ganzes Gesicht. Mila hatte das Gefühl, dass sie zu einem Häufchen Asche werden würde, wenn sie sich jetzt rührte.

Als ob er ihre Gedanken gelesen hätte, gab er Freya ihr Handy zurück. Doch sein Blick war immer noch auf Milas Gesicht gerichtet. „Sollen wir diese Theorie einmal ausprobieren?“

„Th-theorie?“

Noch bevor sie wusste, wie ihr geschah, hatte er sie schon aufs Parkett gezogen. Und als er sie dann gegen Ende der Party endlich küsste, war es ein magischer Moment. Allerdings war keine Verwandlung notwendig, denn James Evan Rothsberg sah schon wie ein Prinz aus. Ein Prinz, dessen Kuss genauso tödlich war wie sein Lächeln.

Und in diesem Augenblick wusste Mila, dass ihr Leben nie wieder wie vorher sein würde.

1. KAPITEL

Heute

Bzzzzz …

Egal, wie viele Klingeltöne James ausprobierte – und er hatte den Eindruck, alle schon getestet zu haben – hasste er es immer noch, Textnachrichten zu bekommen. Der flache Klang seines momentanen Tons machte dabei keine Ausnahme. James’ Puls beschleunigte sich, und seine Kehle wurde trocken, obwohl er wusste, dass die Nachricht nicht von Mila kam.

Nachdem er die Hochzeit abgeblasen hatte, war es schwer für ihn gewesen, keine der sexy Nachrichten mehr zu erhalten, die sie sich immer geschickt hatten. Daher hatte er für sich die Regel aufgestellt, mit dem Simsen aufzuhören.

Er zwang sich, aus seiner Benommenheit zu erwachen. Nach sechs Jahren hatte sich nichts verändert. Egal, wie richtig es von ihm gewesen war, die Hochzeit abzusagen – nie würde er das Entsetzen in den haselnussbraunen Augen seiner Ex-Verlobten vergessen, als sie erkannte, dass es vorbei war.

Genau wie die intimen Textnachrichten. Und alle anderen auch, denn die Leute, die ihn umgaben, wussten, dass er lieber telefonierte.

Außerdem war Mila danach gleich ins Ausland gereist, nach Brasilien, wo sie Entwicklungsarbeit mit Einheimischen geleistet hatte.

Bis jetzt.

Er hatte einen verdammt guten Grund gehabt, sie vor dem Altar stehen zu lassen: Der panische Anruf einer Exfreundin von ihm, die ihm gestanden hatte, dass sie schwanger war. Und dazu war auch noch der unerwartete Verrat seines Vaters gekommen.

Im Nachhinein war es egal, dass das Ganze ein abgekartetes Spiel gewesen war. Denn dieses Täuschungsmanöver hatte sich schließlich als Segen erwiesen. Mila war dem Schicksal entkommen, in seine Familie mit hineingezogen zu werden, mit all ihren Streitigkeiten und nicht enden wollenden Skandalen. Genau deshalb waren seine berühmten Eltern auch die Lieblinge der Paparazzi gewesen, selbst noch nach ihrer Scheidung.

Vielleicht hatte Mila es damals nicht so gesehen. Aber inzwischen hatte sie bestimmt erkannt, wie knapp sie davongekommen war.

Er hatte nie versucht, sie zu kontaktieren, nicht einmal, nachdem herausgekommen war, was Cindy getan hatte.

Sein Handy piepste erneut zur Erinnerung.

Er zwang sich, auf das Display zu schauen, als er aus dem Auto stieg, begleitet von der verdammten Fotografin, die ihm die Klinik für dieses Treffen aufgezwungen hatte. Die Nachricht kam von Freya. Das SMS-Verbot war für sie zu einem Running Gag geworden. Sie würde ihm eine Textnachricht schicken, weil sie genau wusste, dass er es hasste. Nur um ihn zu provozieren, ihr zu antworten. Aber das funktionierte nie. Er rief sie immer an oder meldete sich gar nicht.

Doch anscheinend gab sie nicht auf, was unter diesen Umständen von wirklich schlechtem Geschmack zeugte.

Wir haben dich kommen sehen. Warten drinnen auf dich.

Wir. Das konnte nur eins bedeuten. Freya war nicht allein in dem kleinen Gebäude. Aber das hatte er ja schon gewusst.

Verdammt! Er hatte gehofft, ein paar Minuten zu haben, um sich sammeln zu können. Dabei war reichlich Zeit gewesen, sich auf das Fotoshooting vorzubereiten. Zwei Monate, in denen er sich jedes Wort und jeden Punkt hatte notieren können.

Aber hatte er das getan? Nein, hatte er nicht. Selbst auf der zwanzigminütigen Fahrt von den Hollywood Hills in die City von Los Angeles hatte er nichts vorausgeplant.

Morgan, die Fotografin, die von der PR-Abteilung engagiert worden war, hatte die ganze Zeit über geredet. Vielleicht hatte sie sogar versucht ihn anzumachen, aber James hatte darauf nicht reagiert. Er kam gerade aus einer weiteren oberflächlichen Beziehung, auf die sich die Paparazzi mit Freude gestürzt hatten. Auf eine Wiederholung hatte er keine Lust. Besonders jetzt nicht, wo das bevorstehende Treffen mit Mila wie ein Damoklesschwert über ihm hing.

Dabei hatte er sich solche Mühe gegeben, nicht mehr an sie zu denken. Er hatte gehofft, wenn er seinen Kopf nur lang genug in den Sand steckte, würde sich alles in Luft auflösen.

Aber das war nicht passiert.

Und er wusste genau, wer auf der anderen Seite der Tür auf ihn wartete.

Mila Brightman.

Die Frau, die er fast geheiratet hätte.

Die Frau, die diesem Schicksal nur knapp entkommen war.

Gottlob war sie das.

Er antwortete nicht auf die Nachricht seiner Schwester. Schließlich wussten sie beide, dass er jetzt hier war, es machte also keinen Sinn. Wie es ihr gelungen war, ihn zu diesem Arrangement zu überreden, hätte James nicht sagen können. Denn schließlich lief die Hollywood Hills Klinik gut, auch ohne dass sie ihre tüchtige kleine Familie vergrößern mussten.

Aber schließlich ging es hier um Freya. Und um Mila. Zwei Frauen, zu denen er schlecht Nein sagen konnte.

James atmete resigniert aus, strich sich nervös durchs Haar und wartete, bis Morgan ihn eingeholt hatte. Irritiert registrierte er das viereckige Stück Pappe, das vor eines der Fenster der Klinik geklebt worden war. Er war so an die makellose Opulenz seiner eigenen Klinik gewöhnt, dass ihm das gedrungene Gebäude an der Ecke einer belebten Straße so fremd vorkam, wie die Entwicklungsarbeit, die Mila einst geleistet hatte. Aber das handgemalte Schild war hell und freundlich und zeigte ein einladendes Gebäude, ohne ein einziges mit Pappe zugeklebtes Fenster.

Die Fotografin wollte ein Bild davon machen, aber James griff sie beim Handgelenk. „Nein. Das nicht!“

Morgan sah ihn verblüfft an, senkte aber die Kamera. „Dann wollen Sie also nur die positiven Sachen?“

„Dafür sind wir doch hier, oder?“, gab er zurück, bevor sie ins Innere des Gebäudes traten.

Bright Hope Klinik. So stand es auf der blitzblank geputzten Glastür. James beschlich plötzlich ein unbehagliches Gefühl. Er fragte sich, ob es richtig gewesen war, eine Zweigstelle dieser Klinik in seiner eigenen zu eröffnen. Aber er hatte diesem Unternehmen schließlich zugestimmt, und der Vorstand hatte ihm die Aufgabe übertragen, sich um die Erweiterung zu kümmern. Deshalb war er auch hier, mit einer hochbezahlten Fotografin im Schlepptau.

Sie machte noch ein paar Fotos von der Tür, vermied jedoch das zerbrochene Fenster. „Wir können jetzt gern hineingehen, wenn Sie möchten.“

Doch noch bevor er eintreten konnte, wurde die Tür schon aufgerissen, und Freya stand vor ihnen. „Nun komm schon, James, warum dauert das denn so lange?“

„Was ist mit dem Fenster passiert?“ Er nickte in Richtung der Pappe.

Mila konnte er nicht sehen, wusste aber, dass sie nur ein paar Meter entfernt von ihm war. Das spürte er am zunehmenden Druck in seiner Brust. Er setzte eine neutrale Miene auf und machte keine Anstalten, sich in Bewegung zu setzen.

„Äh … hm …“ Kurz sah Freya dorthin und zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Vielleicht von einem Baseball?“

„Ich hoffe, du warst nicht dabei.“ Seine Schwester war im siebten Monat schwanger und musste jede Art von Stress vermeiden.

„Nein, das ist irgendwann letzte Woche passiert. Nun mach dir mal keine Sorgen, James. Die Klinik ist total sicher.“

Sicher? Obwohl Mila drinnen war? Wohl kaum.

Aber jetzt war er nun schon einmal hier, und je schneller er das Ganze hinter sich brachte, desto besser. Die Räume, die sie innerhalb der Hollywood Hills Klinik für die neue Zweigstelle reserviert hatten, lagen auf der anderen Seite seines Büros. Deshalb war es nicht sehr wahrscheinlich, dass er Mila täglich sehen würde.

Mit diesem ermutigenden Gedanken betrat er endlich das Gebäude.

Das Innere der Klinik war so bunt wie das gemalte Zeichen außen. Helle Farben dominierten, als ob ein Maler seine Palette über die Wände und Arbeitsplatten gestreut hätte.

„Wow!“ Begeistert schoss Morgan ein Foto nach dem anderen.

Wow war das richtige Wort. Der Ort war so typisch für Mila, dass er unwillkürlich lächeln musste.

Endlich erblickte er sie und schluckte.

Ihr Haar war viel länger als damals, als sie noch zusammen gewesen waren. Damals hatte sie kurze Locken gehabt, jetzt jedoch fielen ihr die Haare bis auf die Schultern. Sie wirkte cool und elegant.

James schluckte erneut und streckte die Hand aus. „Mila, schön, dich wiederzusehen. Danke, dass du der Klinik erlaubt hast, hier ein paar PR-Fotos zu machen.“

Wie aufs Stichwort knipste Morgan erneut, was ihn daran erinnerte, wie oft ihn schon die Paparazzi verfolgt hatten. Besonders während der hässlichen Scheidung seiner Eltern hatte er nirgendwohin gehen können, ohne dass die Presse ihn auf Schritt und Tritt verfolgte.

Er fragte Mila nicht, wie es ihr ging, und fürchtete für den Bruchteil einer Sekunde, dass sie seine Begrüßung nicht erwidern würde. Doch im nächsten Moment streckte sie die Hand aus und drückte seine.

Das war ein großer Fehler. Sofort schossen ihm tausend Bilder durch den Kopf, genauso bunt wie die Wände. Erinnerungen an sie, wie sie neben ihm im Bett gelegen und geschlafen hatte. Wie sie sich frühmorgens geliebt hatten. Wie sie gelacht und sich Nachrichten geschickt hatten. Und schließlich die Tränen.

Verdammt!

Als ob sie dasselbe denken würde, zog Mila ihre Hand rasch zurück und drehte sich weg. „Ich freue mich auch, dich zu sehen. Das mit den Fotos geht klar. Schließlich will deine Klinik ja zeigen, worin sie investiert hat. Hättest du vielleicht Lust auf eine kleine Tour? Ich muss zwar gleich nach meinen Patienten sehen, aber …“

Er unterbrach ihren Redeschwall mit der Frage, die ihm auf der Zunge lag. „Was ist mit dem Fenster passiert?“

Freya, die direkt neben ihm stand, mischte sich ein. „James, das ist schon okay. Du brauchst dich nicht als großer Bruder aufzuspielen.“

Das Letzte, was James für Mila empfand, waren brüderliche Gefühle. Aber natürlich sagte er das nicht.

Stattdessen sah er seine Schwester streng an. „Ich denke schon, dass wir das Recht haben zu erfahren, welche Risiken mit diesem kleinen Unternehmen verbunden sind.“

„Kleines Unternehmen?“ Milas Stimme wurde eisig. „Hast du vielleicht Angst, deine reichen Kunden zu verlieren, wenn sie ein Paar ärmliche Flip-Flops in den noblen Fluren deiner Klinik herumwandern sehen?“

„Natürlich nicht“, erwiderte er ärgerlich. Dabei verschwieg er, wie lange sie sich im Vorstand darüber beraten hatten, ob sie wirklich eine Klinik für Kinder in L.A. eröffnen sollten, die aus finanziell schwachen Familien kamen.

„Nein. Aber wir haben auch keine Lust auf Bandenkriege in unseren Korridoren.“

Mila sah ihn entsetzt an, und er beeilte sich hinzuzufügen: „Das war natürlich nur ein Scherz. Doch wie sieht es mit der Sicherheit im Gebäude aus?“

„Wir haben überall Kameras, und während der Öffnungszeiten gibt es einen Sicherheitsbeamten, der ständig präsent ist.“

Aber nur während des Tagesbetriebs. Kam Mila auch her, wenn sonst niemand da war? Die Frage lag James auf der Zunge, doch er stellte sie nicht.

„Hat die Polizei denjenigen erwischt, der das Fenster eingeworfen hat?“

„Nein, aber ich habe ihnen die Überwachungsvideos mitgegeben. Bestimmt werden sie die Schuldigen bald erwischen.“

Die Schuldigen, im Plural. „Bewahrt ihr hier irgendwo Drogen auf?“

Mila funkelte ihn wütend an. „Natürlich nicht. Nur die ganz normalen Schmerzmittel, die frei zugänglich sind. Wenn wir etwas Stärkeres brauchen, holen wir es uns aus der Apotheke an der Ecke.“

Das war klug. „Wurde irgendetwas gestohlen?“

„Nein, niemand hat versucht sich Zugang zu verschaffen.“

Komisch. Vielleicht hatte Freya ja recht, und es hatte sich wirklich nur um einen fehlgeleiteten Baseball gehandelt.

James nickte. „Okay, dann lass uns jetzt die Tour machen. Morgan wird alles dokumentieren.“

„Oh, sie hat also einen Namen“, erwiderte Mila und zwinkerte ihm amüsiert zu.

Was sollte das denn heißen?

Ach, zur Hölle! Er hatte gesehen, dass die beiden Frauen sich die Hand gegeben hatten, hatte aber vergessen, sie einander vorzustellen. Andererseits – was interessierte es ihn, wenn seine Ex-Verlobte glaubte, dass er mit der Fotografin ein Verhältnis hatte? Schließlich hatte sie ja auch einen Freund, nämlich Tyler, den bulligen Feuerwehrmann.

Mila ging vor und führte sie einen kleinen Flur entlang zu einem Untersuchungsraum.

Das Zimmer war in tropischen Inselfarben gestrichen. Ozeanblaue Wände und ein sandfarbener Linoleumboden, der an einen Strand erinnerte. Auf einer Wand hatte der Künstler eine große Palme gemalt, deren Wurzeln sich im Boden verloren. Ein paar Muscheln rechts und links rundeten das Strandbild ab.

Jedes Kind würde dieses Zimmer lieben, es war das Gegenteil eines sterilen Untersuchungsraumes.

„Das ist ja fantastisch, Mila“, erklärte James aufrichtig begeistert.

Vielleicht sollten sie das Design auch in seiner Klinik übernehmen. Das würde sich vorteilhaft von der kühlen Eleganz des vielen Marmors und Chroms abheben, die das Bild der Hollywood Hills Klinik prägte. Eventuell würde der Vorstand dann ja seinen Entschluss, Bright Hope einen separaten Eingang zu geben, wieder zurücknehmen.

Mila mochte den extravaganten Look seiner Klinik nicht, das wusste James genau.

In dieser Hinsicht unterschieden sie sich auch am meisten voneinander. Obwohl sie von ihren Eltern, die während eines Einbruchs erschossen worden waren, ein riesiges Vermögen geerbt hatte, lebte sie sehr bescheiden und gab ihr Geld weg, wann immer sie die Möglichkeit dazu hatte. James hingegen genoss die Sicherheit, die ihm sein Reichtum bot, denn genau das hatte er von seinen Eltern nicht bekommen, die sogar noch wohlhabender gewesen waren als Milas.

Verdammt, musste er gerade jetzt daran denken? Sie hatte inzwischen doch wohl hoffentlich erkannt, dass er ihr einen Gefallen getan hatte, als er die Hochzeit platzen ließ. Ihre Ehe war dem Untergang geweiht gewesen, selbst ohne Cindys Betrug.

„Können wir ein Foto von Ihnen dreien vor dem Wandgemälde machen?“, fragte Morgan.

Freya schnaubte entsetzt. „Oh, nein, nicht mit mir. Mein Baby kann jede Minute kommen, aber bitte nicht vor der Kamera.“ Sie warf ihrem Bruder einen herausfordernden Blick zu. „Du und Mila, ihr solltet drauf sein, denn ihr repräsentiert schließlich die Partnerschaft der beiden Kliniken.“

James musste sich wohl oder übel in sein Schicksal fügen. „Wer hat das eigentlich gemalt?“, fragte er seine Schwester, bevor er sich vor der Wand aufstellte.

„Das war Mila“, erwiderte Freya stolz. „Fantastisch, nicht?“

Damit hatte er nicht gerechnet. Er war davon ausgegangen, dass ein Profi hinter dem Design steckte. Aber Mila hatte schließlich in Brasilien gelebt, und vielleicht hatte sie dort ja auch malen gelernt. Außerdem hatte sie Kinder schon immer geliebt.

Im Gegensatz zum Rest seiner Familie.

Auch in dieser Hinsicht passten sie nicht zusammen. Wenn er vor sechs Jahren ihre Beziehung etwas nüchterner betrachtet hätte, hätte er das erkennen können. Aber es hatte den Schock seiner Exfreundin und das finanzielle Angebot seines Vaters gebraucht, damit ihm die Realität klar wurde, der Mila ausgesetzt sein würde, wenn sie ihn heiratete.

Erneut blitzte Morgans Kamera auf, doch James war zu sehr in seine Gedanken vertieft, um es zu bemerken.

Mila hatte überlebt. Sie hatte gelernt zu improvisieren.

Ob sie auch mit einem Brasilianer improvisiert hatte, nachdem sie von James verlassen worden war?

Aber er hatte kein Recht, darüber nachzudenken.

„Wärst du bereit, ein paar Räume in meiner Klinik auch in diesem Stil zu gestalten?“, fragte er sie.

„Warum sollte ich das tun?“, gab sie zurück. „Ich glaube kaum, dass sich deine Klienten darüber freuen würden. Viel zu wenig exklusiv, oder?“

Ein Muskel in seinem Gesicht zuckte. „Ich wollte Bright Hope nur ein Kompliment machen. Vergiss es!“

Sie sah ihn betroffen an. Dann griff sie nach seiner Hand und drückte sie. „Bitte entschuldige, James, das war nicht nett von mir. Können wir noch mal von vorn anfangen?“

Dafür war es jetzt zu spät. Aber wenn sie ihm gegenüber die Eiskönigin spielen wollte, nur zu. Das konnte er besser als sie. Allerdings war Mila damals alles andere als kühl gewesen, im Gegenteil, sie hatte sein inneres Feuer geschürt. Jetzt musste er sich schnell etwas einfallen lassen, um diesen besonderen Flammenwerfer zu löschen. Aber als Erstes musste er die verdammte Kamera loswerden, die jeden ihrer Gesichtsausdrücke festzuhalten schien.

Fast hätte sie das Ganze vermasselt. Während Mila James und die Fotografin durch die Klinik führte, was nicht sehr lange dauerte, weil das Gebäude recht klein war und sie in letzter Zeit unter akuter Geldnot litten, versuchte Mila ihr Bestes, ihre Abneigung vor ihm zu verbergen. Nach sechs Jahren hätte sie eigentlich über die Trennung hinweg sein müssen. Aber sein Kommentar über ihre Malkünste hatte ihre ganze Frustration wieder hochkommen lassen, obwohl er es gar nicht böse gemeint hatte.

Sie atmete tief durch. Jetzt musste sie sich erst einmal beruhigen.

Aber wie sollte sie das machen, wenn sie innerlich so aufgewühlt war? Dazu noch in Gegenwart der Fotografin, die James unverhohlen anschmachtete!

Sie stieß die Tür am Ende des Ganges auf. „Hier ist unser Büro.“

Bei ihrem Eintreten sah Avery Phelps, Milas Assistentin, die hinter ihrem Schreibtisch saß, überrascht auf und erhob sich schnell. „Hi, Mila. Ich versuche gerade zum zehnten Mal, das dumme Kabel zu befestigen.“

„Schon wieder der Computer?“

„Ja. Und es ist deswegen schon eine ganze Arbeitsstunde draufgegangen.“

Mila stöhnte und betrachtete den leeren Monitor. „Das tut mir leid. Ich wollte längst jemanden bestellen, der sich das anschaut.“ Sie hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt, dass man für jeden Arbeitsvorgang den Computer brauchte. Sie selbst machte ihre Notizen lieber handschriftlich, das fand sie persönlicher.

Aber das konnte sie von Avery nicht verlangen, denn schließlich funktionierte das ganze Land über Computer. Die junge Frau war damals als alleinerziehende Mutter eines dreijährigen Mädchens zur Bright Hope gekommen und seitdem an ihrer Seite. Mila hatte festgestellt, dass Sarah an Diabetes Typ Eins erkrankt war. Nachdem sie ihren Blutzuckerspiegel unter Kontrolle gebracht hatten, hatte Avery Mila etwas zurückgeben wollen und begonnen, ein paar Stunden in der Klinik zu arbeiten. Das lief so gut, dass Mila sie schließlich einstellte. Inzwischen konnte sie sich ein Leben ohne Avery nicht mehr vorstellen.

„Soll ich mir den Computer mal anschauen?“, fragte James.

Mila zögerte. „Ich glaube, es ist nur ein loses Kabel. Aber jedes Mal, wenn der Schreibtisch sich bewegt, geht der Rechner an und aus, und Avery verliert wichtige Daten.“

Skeptisch betrachtete er das alte Gerät. „Das ist nicht gut für euer System. Hast du irgendein Tape?“

„Hab ich schon ein paarmal versucht.“ Mila war stolz darauf, James einen Schritt voraus zu sein. Obwohl es in Wirklichkeit Avery war, die daran gedacht hatte.

„Was ist denn mit chirurgischem Klebeband? Oder sogar einem Phlebotomie-Schlauch?“

Aber warum sollte das besser funktionieren?

Noch bevor Mila das fragen konnte, sagte Avery schnell: „Ich hole es Ihnen. Mir ist alles recht, wenn das verdammte Ding nur endlich läuft.“

Mila rief sich ins Gedächtnis, bald einen Techniker zu bestellen, der den Rechner in Ordnung brachte. Denn das Letzte, was sie wollte, war, dass James anfing, hier Dinge zu reparieren.

Autor

Tina Beckett
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