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Jahre nach ihrer Affäre stellt Milliardär Jack die hübsche Meg vor die Wahl: Entweder sie heiratet ihn, oder sie verliert das Sorgerecht für ihre gemeinsame Tochter! Verzweifelt willigt Meg ein. Ihr Herz gehört Jack zwar noch immer - doch er scheint zur Liebe nicht fähig …


  • Erscheinungstag 12.01.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733745493
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Meg Masterson Betz konnte es nicht glauben. Der Vater ihres Kindes hatte es gewagt, zur Beerdigung ihres Mannes zu kommen.

John B. Tarkenton jr., allgemein nur Jack Tarkenton genannt, stand am Rand der großen Gruppe von Trauergästen. Sein goldbraunes Haar, das an eine Löwenmähne erinnerte, wehte in der leichten Herbstbrise. Mit seinen breiten Schultern, dem kräftigen Körper und vor allem dem konservativen Anzug sah er so sehr wie sein berühmter Vater aus, dass Meg ihn sofort erkannte.

Sie war nicht die Einzige, die von der hochgewachsenen Gestalt fasziniert war. In der Nähe der langen Reihe von Limousinen kamen die Paparazzi und Reporter in Bewegung und fotografierten wie wild diesen weiteren Tarkenton, der gerade eingetroffen war.

Meg war dankbar, dass ein schwarzer Schleier ihr Gesicht verbarg. Unwillkürlich verstärkte sie den Griff um die Hand ihrer Tochter. Katie benahm sich erstaunlich tapfer für eine Vierjährige, aber es konnte ihr dennoch nicht gefallen, vom Blitzlicht der Kameras geblendet zu werden.

Leider war das der Preis, den man zahlen musste, wenn man mit den berühmten Tarkentons verwandt war, wenn auch nur durch Heirat. Wie die Kennedys, so zogen auch die Tarkentons, wo immer sie waren, alle Aufmerksamkeit auf sich. Und Jack, der einzige Sohn und Erbe seines Vaters, war der berühmteste Tarkenton von allen.

Der klassische graue Armani-Anzug saß perfekt. Dazu trug Jack ein schneeweißes Oberhemd und eine dunkle Krawatte. Es war erstaunlich, wie sehr er sich heute dazu herabließ, der Konvention zu folgen. Normalerweise zog er lockere, bequeme Kleidung vor. Offenbar will er sich heute nicht vom gemeinen Volk unterscheiden, dachte Meg trocken.

Eine Sonnenbrille verbarg einen Teil seines gebräunten Gesichts. Es störte Meg, dass er so nah war und sie seine Augen dennoch nicht sehen konnte. Die fest zusammengepressten Lippen und die harte Kinnpartie erinnerten sie jedoch nur allzu gut an das aggressive Selbstbewusstsein, das immer aus seinen kühlen Augen sprach.

Warum war er gekommen? Er hatte Allen nicht gekannt, und er kannte auch sie nicht. Nicht wirklich. Die einzige Verbindung zwischen ihr und John B. Tarkenton jr. war die Tatsache, dass ihr Bruder mit seiner Schwester verheiratet war – und das Kind, das sie, Meg, von ihm hatte.

Meg verzog bei dem Gedanken unwillkürlich das Gesicht. Manchmal hasste sie ihre gnadenlose Ehrlichkeit, und es traf sie jedes Mal wie ein Messerstich, wenn sie daran dachte, wie dumm sie gewesen war. Als Allen ihr anbot, sie zu heiraten und ihre Tochter wie sein eigenes Kind aufzuziehen, hatte sie große Mühe gehabt, die Wahrheit zurückzuhalten. Allens Freundlichkeit und Liebe hatten ihr sehr geholfen. Aber Katie war diejenige, die ihr wirkliche Stärke gab. Ihre Tochter war für sie ein Geschenk Gottes und gab ihr die Möglichkeit, trotz ihres Fehlers ein glückliches Leben zu führen.

Sie sah liebevoll auf das dunkle Haar ihrer Tochter hinunter. Die kaffeebraunen Locken ähnelten ihren eigenen, aber die braunen Augen hatte Katie von ihrem Vater. Meg war entschlossen, diese Wahrheit mit ins Grab zu nehmen, so wie auch Allen es getan hatte. Er war ihr eine unschätzbare Stütze gewesen und hatte sich durch seine aufopferungsvolle Liebe als Katies wahrer Vater erwiesen. Ihm hatte sie es zu verdanken, dass Jack Tarkenton niemals erfahren würde, dass er überhaupt ein Kind gezeugt hatte. Sie würde ihm keine Gelegenheit geben, ihr kleines Mädchen in seine Fänge zu bekommen.

Meg schauderte und zwang sich, ihre Aufmerksamkeit dem Geistlichen zuzuwenden, der gerade das letzte Gebet sprach. Schließlich breitete er die Arme aus und wandte sich an die versammelte Menge. „Und jetzt bitten die Witwe und die Tochter von Allen Betz um einen privaten Augenblick. Wenn Sie so freundlich sein möchten, sich zum Ausgang zu Ihrer Linken zu begeben.“

Meg drückte Katies Hand. „Bist du soweit, Süße? Es ist Zeit.“

Katie schaute sie mit ihren großen braunen Augen an und nickte. Ihre langen dunklen Locken schimmerten in der Morgensonne. Sie sah so ernst aus. Allens Tod hatte sie sehr schwer getroffen.

Meg ging voraus und blieb vor dem Sarg stehen. Sie kniete sich hin, legte eine Hand auf das polierte Holz und beugte den Kopf. Katie machte jede ihrer Bewegungen nach. Beim Anblick der kleinen Hand auf dem Sarg, schnürte es Meg die Kehle zu. Sie wusste instinktiv, dass sie das Richtige tat und wie wichtig es war, dass Katie um ihren Vater trauerte. Aber Katie war noch so klein, und sie hätte ihr Leben gegeben, um ihrer Tochter diesen Kummer ersparen zu können.

Meg dachte an den lieben, sanften Allen, der vor drei Tagen bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, und sie verspürte eine seltsame Mischung aus Trauer und Schuldgefühlen. Sie wusste, dass sie ihn mehr hätte lieben sollen, denn er hatte ihre Liebe mehr als verdient.

Das Klicken der Kameras ließ ihre Trauer weniger wirklich scheinen, als ob Meg nur eine Vorstellung gäbe. Sie legte Katie beschützend den Arm um die Schultern und zog sie an sich. War diesen Leuten denn nichts heilig? In einer Situation wie dieser wollte niemand im Mittelpunkt neugieriger Aufmerksamkeit stehen.

Die Anwesenheit der Reporter, aber vor allem die von Jack brachte Meg auf. Mit Katie ging sie zum Geistlichen und dankte ihm für die Beerdigungszeremonie. Katie nahm stumm seine Hand.

„Gott schütze Sie und Ihr Kind“, sagte er.

Katies Tante Sarah Masterson kam auf sie zu. Trotz ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft drückte sie Meg fest an sich, bückte sich dann und umarmte Katie.

Katie mochte die Frau ihres Onkels Zach gern und schmiegte sich froh an sie. Meg lächelte Zach dankbar an. Seine nüchterne Art und seine innere Kraft gaben ihr Trost.

„Bist du okay?“, fragte er und setzte seinen schwarzen Cowboyhut auf.

Meg nickte und sah ihm voller Zuneigung in die blauen Augen. „Ich danke dir, dass du den weiten Weg von deiner Ranch in Wyoming bis nach New Jersey gekommen bist. Es bedeutet mir sehr viel, dass du heute hier bist. Und dass du auch Sarah mitgebracht hast. Katie hat sich noch nie so schnell mit jemandem angefreundet.“

„Sarah und ich dachten, wir nehmen dir Katie für eine Weile ab. Dort drüben, in der Mitte des Friedhofs, liegt ein Ententeich.“

„Ach ja, das wäre wunderbar. Bitte achtet darauf, dass die Reporter ihr nicht zu nah kommen.“

„Ist in Ordnung.“ Zach berührte den Rand seines Hutes, kniete sich dann neben seine Frau und zwickte Katie sanft in die Nase. „Na, meine Hübsche. Deine Tante Sarah und ich werden mal nach den Enten schauen. Willst du mitkommen?“

Katie nickte mit ihrer gewohnten Ernsthaftigkeit, und Zach hob sie auf seine Arme. Meg lächelte Sarah dankbar zu und sah ihnen nach, als sie davongingen. In wenigen Monaten würden Zach und Sarah selbst ein Kind haben.

Allen hatte sich auch ein eigenes Kind gewünscht.

Meg unterdrückte den Gedanken und machte sich daran, die Leute zu begrüßen, die ihr ihr Beileid aussprechen wollten. Sie brachte sogar ein Lächeln zustande, als Bram, ihr ältester Bruder, ihr einen Arm um die Taille legte.

„Hältst du durch?“, fragte er.

„Ich bin okay.“

„Komm schon, Meg, sag die Wahrheit.“ Brams blonde Frau Amanda berührte Megs Hand. „Du sprichst hier mit deinem großen Bruder, dem Chef aller Mastersons. Ihm kannst du alles sagen.“

Meg zögerte kurz, dann seufzte sie. „Die Wahrheit ist, dass ich ziemlich erschöpft bin. Aber das war nicht anders zu erwarten.“

Amanda nickte mitfühlend. Megs übrige Geschwister scharten sich um sie, ihr Bruder Joe und ihre Schwester Elizabeth. Zum Schluss kam ihre Mutter, die ihr saubere Taschentücher in die Hand drückte.

„Kann ich sonst noch etwas für dich tun, Liebes?“

„Du tust schon mehr als genug, Mama.“ Gerührt betrachtete Meg ihre Familie. „Ihr alle seid wunderbar.“

Elizabeth lächelte unter Tränen. „He, ich bin hier die große Schwester. Ich bin diejenige, die dich aufmuntern sollte.“

„Das tust du doch auch.“ Dennoch ging Megs Blick etwas unruhig zu Katie hinüber. Doch die war bei Zach und Sarah am Teich weiterhin in Sicherheit.

„Kaum zu glauben, dass unser kleiner Bruder bald Vater sein wird“, sagte Bram.

Meg war erleichtert über den Themenwechsel. „Ich dachte auch, er würde der Letzte sein, der sich einfangen lässt. Aber als ich Sarah kennenlernte und sah, wie außergewöhnlich sie ist, fing ich an zu verstehen.“

„Wie ich höre, hat sie ihn mit der ganzen Welt versöhnt.“

Meg fuhr zusammen, als die tiefe, unverwechselbare Stimme von Jack Tarkenton erklang. Zu ihrem Entsetzen gesellte er sich so selbstverständlich zu ihrem Kreis, als ob er dazugehörte. Er hatte die Sonnenbrille abgenommen, und bei dem lässigen Blick, mit dem er sie betrachtete, zog sich nervös ihr Magen zusammen.

Alle anderen waren nicht weniger überrascht über seine Bemerkung. Selbst seine Schwester Amanda schien verblüfft zu sein. „Jack, ich wusste gar nicht, dass du Sarah und Zach überhaupt kennst.“

„Es wäre schwierig, das jüngste Mitglied der Masterson-Familie nicht zu bemerken. Man muss Zach zu seinem guten Geschmack gratulieren.“

„Das würde ich nicht tun, wenn ich an deiner Stelle wäre, Jack“, warnte Bram ihn. „Er kennt den Ruf, den du in Bezug auf Damen genießt.“

„Da wir von Damen sprechen …“ Jack reichte Meg die Hand. „Ich wollte dir mein tief empfundenes Beileid aussprechen. Ich weiß, es ist nur eine Floskel, aber wenn es irgendetwas gibt, das ich tun kann, um dir und deiner Tochter zu helfen, bitte, zögere nicht, mich anzurufen.“

Meg war sich der klickenden Kameras bewusst, holte tief Luft und nahm seine Hand, und Jack gab ihr seine Karte. Ihr war klar, dass sie höflich nicken und ihm danken sollte. Stattdessen zerknüllte sie die Karte in ihrer Hand, griff nach Brams Arm und lehnte sich an die breite Schulter ihres Bruders.

„Ich glaube, es wird Zeit, dass Katie und ich nach Hause gehen“, erklärte sie.

Danach war es leicht, Jack Tarkenton aus dem Weg zu gehen. Die Limousine war nur für die engsten Familienmitglieder reserviert.

Als er später am Nachmittag bei ihr zu Hause auftauchte, verkündete Meg, dass sie und Katie sich nach oben zurückziehen würden, um sich ein wenig auszuruhen. Selbst ein so kaltschnäuziger Mensch wie Jack Tarkenton würde nichts dagegen unternehmen können.

Aber da hatte sie sich geirrt.

Er stellte sich ihr am Fuß der Treppe in den Weg. „Wenn du Zeit hast, würde ich gern kurz mit dir reden – allein.“

Sprachlos über so viel Unverschämtheit eilte sie mit Katie im Arm die Treppe hinauf. Oben angekommen, sah sie zu ihm hinunter und bedachte ihn mit einem unverkennbar missbilligenden Blick. Aber er ließ sich nicht davon stören, sondern betrachtete sie weiter mit seinen faszinierenden Augen.

Katies Augen.

Meg presste Katie an sich, ging in das Zimmer der Kleinen und zog die Tür hinter sich zu. „Zeit für ein Nickerchen, Liebling.“

„Aber ich will kein Nickerchen machen.“

Sanft setzte Meg sie auf die gerüschte rosa Bettdecke. „Aber wir ziehen auf jeden Fall dein hübsches Kleidchen aus. Du möchtest doch nicht, dass es ganz zerknittert wird.“

„Es war Daddys Lieblingskleid.“

„Ich weiß.“ Meg öffnete die Schnallen an Katies Schuhen und zog sie ihr aus. „Ich bin sicher, er war froh, dass du es heute getragen hast.“

„Mommy, wann komm ich in den Himmel, um Daddy zu sehen?“

Meg zog ihr das Kleid über den Kopf. Sie spürte, dass ihr und ihrem Töchterchen noch eine harte Zeit bevorstand. „Er fehlt dir jetzt schon, nicht wahr?“

Katie nickte, und ihre großen braunen Augen füllten sich mit Tränen. „Ich will meinen Daddy wiederhaben.“

„Oh, Baby, ich weiß.“ Meg küsste sie auf die Stirn und half ihr in den Pyjama. „Ich wünschte auch, er wäre hier.“

„Wirklich?“

„Aber ja. Er war ein wundervoller Daddy, ein wundervoller Daddy für uns beide.“

„Wann kann ich ihn wieder sehen?“

Meg gab ihr den Plüschhasen, mit dem Katie immer schlief, und nahm einen Rahmen mit Allens Bild vom Nachttisch. „Weißt du noch, was ich dir heute Morgen gesagt habe? Daddys Bild wird jetzt immer neben deinem Bett sein. Dann kannst du ihn sehen, wann immer du willst.“

„Für immer?“

„Für immer.“

Meg stellte den Bilderrahmen auf den Nachttisch zurück, und Katie presste ihren Hasen an sich, legte sich hin und sah Allens Bild so ernsthaft an, dass es Meg das Herz brach.

„Mommy, kann das Licht an bleiben? Ich will, dass Daddy mich sieht, wenn ich schlafe.“

„Ich lasse das Licht an und das Badezimmerlicht auch. Wenn du Angst bekommst oder etwas brauchst, rufst du mich, okay?“

„Okay.“ Katie öffnete die Arme und kuschelte sich an Meg. „Ich hab dich lieb, Mommy.“

„Ich dich auch, Liebling. Und Daddy hat dich auch lieb.“ Meg deckte sie zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf schön.“ Leise ging sie hinaus und ließ die Tür einen Spaltbreit offen. Im Flur trocknete sie sich die feuchten Wangen und lauschte einen Moment, bis sie sicher sein konnte, dass ihre Tochter ruhig war.

Wie oft hatte sie das getan? Wie oft hatte sie Katie einen Gutenachtkuss gegeben? Unzählige Male. Und wie oft hatte sie Allen geküsst? Sehr selten.

„Schläft sie?“

Meg fuhr zusammen, als sie die Umrisse von Jack Tarkentons breiten Schultern am Ende des Flurs erkannte.

„Ich muss mit dir sprechen“, sagte er mit leiser Stimme. „Jetzt.“

Wütend ging sie zu ihm. „Ich glaube, ich habe sehr deutlich gemacht, dass ich nicht den geringsten Wunsch habe, mit dir zu sprechen.“ Sie wies mit dem Finger zur Treppe. „Bitte geh.“

„Mach es nicht schwieriger für mich, als es das ohnehin schon ist, Meg. Ich möchte nur ein paar Minuten von deiner Zeit.“

„Wie kannst du es wagen?“, flüsterte sie heftig. „Du wagst es, zur Beerdigung meines Mannes zu kommen! Du wagst es, in mein Haus und in meine Nähe zu kommen!“

„Katie ist meine Tochter, Meg. Ich weiß es, und du weißt es, hör also auf mit deiner selbstgerechten Standpauke und bring mich an einen Ort, wo wir in Ruhe reden können.“

Fassungslos sah sie ihn an. Er wirkte so kühl, während eine alte Angst sich in ihr regte und ihr fast den Atem nahm. Nein, das hatte er nicht wirklich gesagt. Das war nicht möglich.

„Hast du mich gehört, Meg? Ich weiß, dass ich Katies Vater bin.“

„Nein“, brachte sie schwach hervor, „das ist nicht wahr.“

„Ich bin es, von dem du deine Tochter empfangen hast, erinnerst du dich?“

Sie ging an ihm vorbei. „Ich will mich nicht erinnern, besonders jetzt nicht, so kurz nach der Beerdigung meines Mannes. Er war Katies Vater, nicht du.“

Jack hielt sie am Arm fest. „Ich warne dich, Meg. Es sind eine Menge Leute dort unten. Wir können unser Gespräch unter vier Augen abhalten oder in aller Öffentlichkeit. Mir ist das völlig egal.“

Sie entzog sich seinem Griff. „Lass mich in Ruhe.“

„Nicht, bevor du mich angehört hast.“

„Nein. Bram?“, rief sie über das Geländer hinunter.

„Ja?“

„Ich brauche dich hier oben. Komm bitte schnell.“

„Bin gleich da, Meg.“

Triumphierend drehte sie sich zu Jack. Der lehnte lässig an der Wand, die Hände in den Taschen seiner perfekt sitzenden Anzughose.

„Dein großer Bruder weiß nicht Bescheid über uns, stimmt’s? Denn wenn er es wüsste, würde auch Amanda es wissen und wäre schon längst zu mir gekommen. Ich frage mich, wie Bram und Amanda reagieren werden, wenn sie erfahren, was du und ich an ihrem Hochzeitstag gemacht haben.“

„Amanda ist deine Schwester. Das würdest du ihr nicht antun.“

„Wollen wir wetten?“

Brams Schritte erklangen auf der Treppe.

„Meg?“

„Hier“, antwortete sie und wünschte, sie könnte Jacks selbstgefälliges Lächeln mit einer Ohrfeige wegwischen.

„Hi, Jack“, sagte Bram. „Ich wusste nicht, dass du auch hier bist.“ Er wandte sich an seine Schwester. „Was kann ich für dich tun, Meg?“

Jacks herausfordernder Blick machte Meg klar, dass ihm alles zuzutrauen war. Er wäre wirklich dazu imstande, die Wahrheit zu verraten. Unter anderen Umständen wäre es vielleicht auch die beste Lösung, wenn die Wahrheit ans Licht käme. Sie, Meg, könnte dann endlich wieder frei atmen.

Aber nicht, wenn Jack Tarkenton die Sache in die Hand nahm. Mit seinem Geld und seinem Namen konnte er ein ganzes Bataillon von Anwälten zu seiner Unterstützung heranziehen. Und sie war noch nicht bereit zu so einem Kampf. Nur im äußersten Fall, wenn es der einzige Weg wäre, um Katie zu beschützen, würde sie zu dieser Lösung greifen und die Wahrheit preisgeben.

„Entschuldige, Bram“, sagte sie. „Jack hat mich gehört und ist selbst heraufgekommen.“

„Katie wollte noch einen Gutenachtkuss haben“, erklärte Jack gelassen und stieß sich von der Wand ab. „Ich bin zwar nicht ihr Onkel wie du, Bram, aber unter den Umständen hielt ich es für ein gutes Zeichen, dass Katie mich akzeptiert hat.“

Meg zuckte getroffen zusammen. Sie hatte völlig vergessen, wie gut Jack lügen konnte – und wie atemlos sie wurde, sobald er ihr sein umwerfendes Lächeln schenkte – so falsch dieses Lächeln auch sein mochte.

Bram ließ sich ebenfalls davon einnehmen. „Ich freue mich, dich hier zu sehen, Jack. Es hat Amanda viel bedeutet, dass du zur Beerdigung gekommen bist. Und Meg sicher auch. Je mehr die Familie in schweren Zeiten zusammenhält, desto mehr stärkt es sie.“

Die ungewollte Ironie seiner Worte war zu viel für Meg. Sie lief an den beiden Männern vorbei und die Treppe hinunter. Welche Familie? Allen war gestorben, weil ein Mann sich betrunken ans Steuer gesetzt und ihn überfahren hatte. Ihre Familie war zerstört worden. Und jetzt musste sie sich auch noch mit Jack Tarkenton auseinandersetzen. Wie, in aller Welt, hatte er die Wahrheit herausgefunden? Allen war der einzige Mensch gewesen, dem sie sie verraten hatte.

Zu ihrer Erleichterung waren keine Fremden mehr unten, sondern nur ihre Familie. Auf der hinteren Veranda genossen sie die Wärme der untergehenden Sonne, während Brams und Amandas dreijähriger Sohn J.J. auf der Schaukel hin- und herschwang.

Meg ging in die Küche, um das entscheidende Gespräch mit Jack dort abzuhalten. Es war der Raum, der der Veranda am nächsten war, und ihre Familie würde in Reichweite sein, falls sie sie brauchte.

Als sie die männlichen Stimmen erkannte, die näher kamen, beschäftigte sie sich hastig mit der Kaffeemaschine, um ihre Nervosität zu verbergen. Im nächsten Moment kamen Bram und Jack herein.

Meg blickte scheinbar gelassen auf. „Bram, sagst du den anderen bitte, dass frischer Kaffee auf dem Weg ist?“

„Klar. Ich wollte sowieso sehen, was Amanda und J.J. machen.“ Bram nahm sich einen der Kekse, die sie auf einen Teller gefüllt hatte, und ging wieder zur Tür. „Leiste Meg inzwischen Gesellschaft, okay, Jack?“

„Wozu sind Schwager sonst da?“

Sobald die Tür sich hinter ihrem Bruder geschlossen hatte, verschränkte Meg die Arme vor der Brust und kam zum Thema. „Ich möchte wissen, warum du glaubst, dass du Katies Vater seist.“

„Ich glaube es nicht, ich weiß es. Ich habe dich beschatten lassen.“

„Was? Wann?“

„Nach unserem leidenschaftlichen Wochenende“, erwiderte er und schenkte sich Kaffee ein. „Alle Frauen, mit denen ich schlafe, müssen gewissen Anforderungen genügen. Ich wende mich immer an einen bestimmten Privatdetektiv, einen sehr diskreten, wie ich hinzufügen möchte. Das erspart mir viele unangenehme Überraschungen. So wie die, die du mir bereitet hast.“

„Katie war keine unangenehme Überraschung.“

„Nein, aber deine Heirat.“ Jack nahm einen Schluck Kaffee und betrachtete Meg interessiert, während er sich gegen die Küchentheke lehnte. Er sah vollkommen entspannt aus in seinem Tausend-Dollar-Anzug und der Hundert-Dollar-Krawatte.

Meg verbarg das Zittern ihrer Hände, indem sie sie um ihren Becher legte. „Du musst von dieser Heirat gewusst haben. Ich habe Amanda gebeten, es auch eurer Seite der Familie mitzuteilen.“

„Das hat sie auch getan, aber erst etwa eine Woche nach der Hochzeit. Amanda fand, es sähe dir gar nicht ähnlich, so geheimnistuerisch zu sein. Ganz plötzlich hattest du jemanden geheiratet, ohne einer Seele etwas davon zu sagen. Das hat einen ziemlichen Aufruhr verursacht, selbst in meiner Familie.“

„Erstaunlich, denn Allen und ich kannten uns seit unserer Kindheit.“

„Richtig, ihr habt in der gleichen Nachbarschaft gewohnt, als ihr klein ward. Der Detektiv sagte mir jedoch, dass ihr jeden Kontakt verloren hattet, bald nachdem du das Stipendium für die Sorbonne bekommen hattest und weggezogen bist. Ist vielleicht doch das Gerücht wahr, dass der gute alte Allen genau in dem Moment wieder auf der Türschwelle erschien, als du einen Mann zum Heiraten brauchtest?“

„Wie kannst du es wagen? Er war mein Mann! Ich habe ihn geliebt!“

„Die Frage ist nur, hast du ihn geliebt, bevor du herausgefunden hast, dass du schwanger warst, oder danach? Meine Quellen sagten mir, dass er erst auf der Bildfläche erschien, nachdem du einen positiven Schwangerschaftstest gemacht hattest. Tatsächlich sogar erst mehrere Wochen später.“

Er weiß wirklich alles, dachte Meg und hielt sich Halt suchend an der Küchentheke fest. Durch das Fenster hinter Jack sah sie den Baum, den Allen an dem Tag gepflanzt hatte, als Katie geboren wurde.

„Was willst du, Jack?“

„Katie.“

Meg starrte ihn entsetzt an. „Du musst wahnsinnig sein.“

„Ich glaube nicht, dass ein Richter deine Meinung teilen würde, nicht heutzutage. Nicht, wenn die Rechte beider Elternteile gleichwertig berücksichtigt werden. Und da die Mutter meiner Tochter sie mir fast fünf Jahre lang absichtlich vorenthalten hat, wird der Richter meinem Vormundschaftsantrag vielleicht besondere Aufmerksamkeit schenken.“

„Wenn du Katie so sehr haben wolltest, hättest du dich sehr viel früher melden müssen.“

„Und damit deine kleine Familie zerstört? Ich bin viel zu anständig für so etwas. Aber jetzt, da Allen von uns gegangen ist …“ Jack ließ den Satz offen und lächelte auf seine zynische Art. „Jeder weiß, dass ich meinen Vater sehr früh verloren habe. Wie kann ich da zulassen, dass mein Kind ebenfalls ohne Vater aufwächst? Was meinst du, Meg? Werden die Skandalblätter das schlucken?“

„Du bist abscheulich.“

Er lachte leise. „Ich finde auch, dass es ganz gut klingen würde. Vielleicht schlagen wir sogar eine Fernsehsendung heraus. Du weißt ja, wie berühmt wir Tarkentons sind.“

„Du findest das Ganze komisch? Du denkst, du kannst einfach hergekommen und das Leben meiner Tochter zerstören?“

„Ich bin nicht hier, um irgendetwas zu zerstören. Ich will Katie ein Vater sein.“

„Nur über meine Leiche.“

Jack sah sie amüsiert an. „Oh, Meg, ich hatte ganz deinen Hang zum Melodramatischen vergessen.“

„Ich bin nicht melodramatisch. Im Gegensatz zu dir meine ich jedes Wort ernst.“

„Ah, jetzt verstehe ich. Die verschmähte Frau. Du hast mir geglaubt, als ich dir sagte, dass ich dich anrufen würde.“

Autor

Carol Devine
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