Du bringst mein Herz in Gefahr

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Cooper Anders ist ihre ganz große Liebe! Aber auch wenn Sara befürchten muss, dass er sie nur begehrt, möchte sie wenigstens ein mal in seinen Armen die Lust erleben. In seinem luxuriösen Apartment beginnt sie, ihn zu verführen! In dieser Nacht wird sie ihren Traummann so glücklich machen, dass er nie wieder auf sie verzichten will!


  • Erscheinungstag 18.07.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733758295
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Sehr geehrter Mr. Anders,

es ist unsere traurige Pflicht, Ihnen mitzuteilen, dass Marcus McCoy am 8. Juni diesen Jahres beim Fliegenfischen in Alaska von einem Grizzlybären getötet wurde. In Ausübung seines letzten Willens obliegt es uns ferner, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass er einen gewissen Cooper Anders, 30 Jahre alt, wohnhaft in 785 Westmark Street, Dependable, Missouri, als seinen Sohn und rechtmäßigen Erben anerkannt hat.

Auf Wunsch von Joseph McCoy, Firmengründer von McCoy Enterprises, Vater des Verstorbenen und Großvater von Cooper Anders, bitten wir Sie, unverzüglich und unter Wahrung der gebotenen Diskretion den Ihnen gebührenden Platz in der Familie und dem Unternehmen McCoy einzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen

David Weidman, Esq.

Weidman, Biddermier, Stark

Cooper erbleichte. Ihm stockte der Atem. Langsam ließ er den Brief sinken und blickte hoch in den wolkenlosen Morgenhimmel. Sein Blick verfinsterte sich. Marcus McCoy, du Mist…

„Alles in Ordnung, Mr. Anders?“ Die bezaubernde Brünette, die ihm den Brief ausgehändigt hatte, blickte ihn aus sorgenvollen grünen Augen an. „Haben Sie vielleicht doch etwas abbekommen bei der, äh, Auseinandersetzung gestern Abend?“

Er winkte ab. „Nein, ich bin völlig okay.“

„Aber es stimmt doch, dass Sie wegen einer Schlägerei in einer Bar verhaftet worden sind, oder?“

Cooper schnaubte. „Ich habe mich lediglich auf den größten Kerl draufgesetzt und ihn festgehalten.“ Er wedelte mit dem Brief hin und her. „Deshalb darf ich also raus. Die haben Sie geschickt, um die Kaution für mich zu bezahlen.“

Sie lächelte. „Ja, ich arbeite für die Firma McCoy.“

Er betrachtete die Kurven unter ihrem braunen Pullover und der beigefarbenen Hose und atmete geräuschvoll ein. „Und ich dachte schon …“

Ihre glatte Stirn zog sich in Falten. „Was denn?“

„Ach, so ein Männertraum. Da kommt eine hübsche Biene vorbei, die einen Verehrer sucht …“

Sie blinzelte ihn irritiert an, dann weiteten sich ihre Augen, und ihre Wangen wurden flammend rot. Normalerweise hätte er jetzt versucht, sie noch mehr in Verlegenheit zu bringen, aber heute war ihm nicht danach.

Heute war anscheinend nichts normal. In seinen kühnsten Träumen hätte er sich nicht ausgemalt, dass dieser Tag einmal kommen würde.

Er blickte wieder auf den Brief des Notars in seinen Händen. Als er vor ein paar Tagen in den Nachrichten von Marcus’ Tod erfahren hatte, hatte er nicht gewusst, wie er sich verhalten sollte. Jetzt wusste er es. „Aber vielleicht wird jetzt ein ganz anderer Traum von mir wahr.“

„Ja, bestimmt.“

Etwas in ihrer Stimme ließ ihn aufblicken. Sicher war sie nicht die einzige, die glaubte, es müsse traumhaft sein, plötzlich zur McCoy-Familie zu gehören.

Er betrachtete ihr schimmerndes braunes Haar, das sich auf ihren schmalen Schultern nach außen rollte, ihr dezentes Make-up und das Goldkettchen mit dem winzigen Anker an ihrem Hals. Ihre ganze Erscheinung strahlte Loyalität gegenüber der Firma aus.

„Sie wissen sicher, was da drin steht.“

Sie räusperte sich. „Ja.“

Er erriet aus ihrer steifen Haltung, dass es ihr peinlich war, und ein Gefühl von Seelenverwandtschaft regte sich in ihm. Wie oft war er bei etwas ertappt worden, was er nicht hätte tun sollen. „Ich weiß ihre Ehrlichkeit zu schätzen.“

Dann zuckte er die Achseln. „Niemand kann Ihnen verdenken, dass Sie einen Blick in den Umschlag geworfen haben, zumal er nicht mal zugeklebt ist. Es kommt sicher nicht häufig vor, dass die ehrenwerten McCoys jemanden aus dem Knast freikaufen. Da darf man schon mal neugierig werden.“

Sie hob die schön geschwungenen Augenbrauen, und ihre vollen Lippen öffneten sich zu einem Protest.

Er winkte ab. „Es ist wirklich nichts dabei.“ Am liebsten hätte er sie auf der Stelle geküsst. Er fand sie unglaublich attraktiv. Alles an ihr gefiel ihm, ihre Augen, ihr Haar, ihre Figur. Noch dazu war sie etwa in seinem Alter. Eine Frau mit Erfahrung und Sinn für Dinge, die Spaß machten. Denn Spaß war für ihn das Wichtigste, nach allem, was seiner Mutter widerfahren war.

„Aber es ist völlig anders, als Sie denken …“

„Ich glaube nicht. Die McCoys haben ein hübsches Betthäschen geschickt – eine Sekretärin mit Aufstiegsplänen – damit ich nur ja merke, wie toll es ist, zu einer der reichsten Familien des Landes zu gehören.“ Er lächelte mit schmalen Lippen. „Das geht natürlich nicht gegen Sie.“

Offensichtlich brüskiert, zog sie die Stirn in Falten. „Erstens: Unterbrechen Sie mich nicht ständig. Zweitens: Sie könnten sich ruhig entschuldigen.“

Normalerweise ging er mit Frauen behutsamer um, aber in ihm hatte sich soviel Bitterkeit angestaut, dass er zu keiner Entschuldigung fähig war. Dennoch hatte sie wenigstens eine Erklärung verdient. Immerhin hatte sie ihm erspart, seinen Partner Ted zu bitten, die Kaution für ihn zu hinterlegen. „Die Sache ist die, ich weiß bereits von meiner Verwandtschaft mit den McCoys.“

Sie blickte ihn verdutzt an.

Er beugte sich zu ihr, und trotz seiner Verbitterung nahm er den blumigen Duft ihres Parfums wahr. „Wissen Sie, als ich dreizehn war, hat meine Mutter mir auf dem Sterbebett gestanden, dass Marcus McCoy mein Vater ist. Angeblich der einzige Mann, den sie je geliebt hat.“

Er straffte die Schultern. In all den Jahren hatte er sich einen harten Panzer zugelegt und gelernt, alles abzuwehren, was ihm zu nahe ging. „Bis dahin hatte ich nur gewusst, dass ich eins von den Kindern bin, deren Väter sich aus dem Staub gemacht haben. Mit dem Unterschied, dass meiner sich quasi freigekauft hat.“

Er lachte bitter auf. „Keiner hat mir geglaubt, weil alle dachten, meine Mutter lügt.“

Schockiert und mitleidig sah sie ihn an. Offensichtlich wusste sie nicht, was sie sagen sollte.

Er presste die Lippen aufeinander. „Was haben sie nicht alles versucht, mir die Sache auszureden.“ Dann imitierte er gekonnt Grandpa Neds krächzende Stimme: „Du Bengel hast doch keine Ahnung. Ohne die McCoys wäre Dependable heute noch ein Kuhkaff. Also halt bloß deinen Mund.“

Cooper zeigte auf den neuen, im Kolonialstil errichteten Gefängnisbau hinter sich, auf dem in großen Lettern Joseph McCoy Municipal Building prangte. Fast alle öffentlichen Gebäude in der Kleinstadt trugen ein ähnliches Schild.

Sie blinzelte ihn unsicher an. „Wer hat das zu Ihnen gesagt?“

„Ned Anders, der Vater meiner Mutter. Ich hatte das Vergnügen, fünf Jahre unter seinem Dach zu wohnen. Allerdings mit Unterbrechungen, weil er mich immer rausgeworfen hat, wenn ich was ausgefressen hatte.“ Er warf einen Blick auf das Gefängnis und zog eine Grimasse.

Dann wandte er sich mit melancholischem Lächeln wieder der Frau zu, die vor ihm stand. „Marcus hat ganz bestimmt nicht damit gerechnet, dass sein Testament so schnell eröffnet wird. Warum er die Sache überhaupt ans Licht bringen wollte, ist mir ein Rätsel. Und das alles habe ich einem hungrigen Grizzlybären zu verdanken. Ich liebe diese Art von höherer Gerechtigkeit.“

Er drehte sich um und lief die Treppe hinunter. Hinter sich hörte er das Geklapper von Pumps. „Mr. Anders, bitte. Ich bin sicher, dass alle nur Ihr Bestes im Sinn hatten.“ Das klang so kleinlaut, als ob sie es selbst nicht glaubte, und Cooper hielt es nicht für nötig zu antworten. Offenbar gehörte sie zu den wenigen Menschen, die verstanden, was er durchgemacht hatte. Zu dumm, dass sie vom feindlichen Lager war.

Sie überholte ihn und schnitt ihm den Weg ab. Verflixt hübsch war sie, wie sie im Sonnenlicht vor ihm stand mit ihren funkelnden grünen Augen und ihrem glänzenden kastanienbraunen Haar. Trotzdem, nichts würde ihn davon abbringen, die Nachricht, die sie ihm überbracht hatte, für seine Zwecke zu nutzen.

Seine Mutter hatte also doch nicht gelogen. Sie hatte das Geld, von dem sie lebten, nicht illegal verdient. Er hatte das insgeheim befürchtet, weil Ned immer so komische Anspielungen gemacht hatte.

Sie deutete auf den Brief in seiner Hand. „Jedenfalls hat Marcus Sie als seinen Sohn anerkannt. Daran gibt es nichts zu rütteln. Jetzt haben Sie die Chance, Ihren rechtmäßigen Platz in der Familie einzunehmen. Es ist wirklich eine wunderbare Familie.“

„Nein, jetzt habe ich die Chance, es ihnen heimzuzahlen.“

Sie riss die Augen auf. „Wie meinen Sie das?“

Cooper beugte sich über sie. Von Nahem sah ihr Gesicht noch hübscher aus. Aber die Angst in ihren Augen versetzte ihm einen Stich. Es war nicht fair, die Überbringerin der Nachricht zu verunsichern. Doch er konnte nicht anders. Mit rauer Stimme erwiderte er: „Rache ist süß, und ich liebe Süßes.“

Ernst blickte sie zu ihm hoch, und Cooper verspürte plötzlich den unwiderstehlichen Drang, sie zu küssen. Er war ihr jetzt so nahe, dass er ihren warmen Atem auf seinen Lippen spürte.

Aber er bezwang sich und trat zurück. „Tut mir leid, Honey, ich hab’s eilig. Ich muss eine Firma ruinieren.“

Sara Barnes stand da wie vom Donner gerührt. Coopers unerwartetes Auftreten, sein Annäherungsversuch und sein abruptes Verschwinden hatten sie außer Fassung gebracht. Sie starrte ihm nach, während er die restlichen Stufen auf einmal nahm und sich mit einer Energie und Selbstsicherheit entfernte, die sie beeindruckte.

Sie zwang sich, das heiße Prickeln auf ihrer Haut zu ignorieren und nicht daran zu denken, wie unerhört sexy dieser große gut aussehende Mann mit den schwarzen Haaren und den blauen Augen auf sie wirkte.

Doch als sie an den Schmerz in seinen Augen und an seine drohenden Worte dachte, wurde ihr mit einem Schlag eiskalt.

„Mr. Anders!“, rief sie und rannte hinter ihm her.

Alles war schief gelaufen. Joseph hatte ihr vertrauensvoll die Aufgabe übertragen, Cooper so schnell und diskret wie möglich zu ihm zu bringen. Sie sei genau die Richtige für diesen Job, hatte er gesagt, denn schließlich sei sie die Tochter ihres Vaters. Für Sara hätte es kein größeres Lob geben können. Sie durfte die Sache nicht verderben! Zu viel stand für sie auf dem Spiel.

Cooper tat, als habe er nichts gehört, und bog schnell nach links ab, in die pittoreske Hauptstraße von Dependable. Sara lief ihm nach und hoffte, niemand würde auf sie aufmerksam werden. Zu dieser Tageszeit waren zwar kaum Leute unterwegs, aber von den Fenstern der umliegenden Bürogebäude und von dem kleinen Laden gegenüber aus konnte man alles genau beobachten.

„Glauben Sie, die wollen, dass ich meinen Namen ändere?“, rief Cooper über die Schulter. Bevor sie antworten konnte, schüttelte er den Kopf. „Bestimmt nicht, das würde ja einen Skandal geben.“

Verhalten rief sie: „Joseph hat nicht die Absicht, die Sache geheim zu halten.“ Leider. Josephs Vorsatz, die unehelichen Söhne von Marcus öffentlich anzuerkennen, bereitete ihr Sorge.

Cooper blieb abrupt neben einer Schale mit blühenden Geranien stehen und starrte auf das Werbeplakat an der Bushaltestelle gegenüber. Vertraue nur dem, was von McCoy ist. Seit fünfundvierzig Jahren stand dieser Slogan für die Firma. Damals war Joseph McCoy von Kansas City nach Dependable gekommen und hatte seinen ersten Laden eröffnet, in dem es von Zahnpasta bis Autoreifen alles zu kaufen gab.

Cooper zerknüllte den Brief in seiner Hand. „Das glaube ich nicht. Wo doch jeder weiß, wie viel Wert der alte Joe auf seinen guten Ruf legt.“

Er blickte sie durchdringend an, und ihr Herz zog sich zusammen. „Ich möchte auf keinen Fall, dass der Name meiner Mutter in den Schmutz gezogen wird. Ihr einziger Fehler war, sich zu verlieben. Ein Fehler, der mir nicht passieren wird.“

Sara konnte ihn so gut verstehen. Auch sie hatte lernen müssen, dass ihre Mädchenträume nichts mit der Realität zu tun hatten.

Mit großen Schritten ging er weiter, und sie hatte Mühe, ihm zu folgen. „Aber Mr. Anders …“

„Cooper. Mr. Anders hieß der Vater meiner Mutter.“

„Okay, Cooper.“

Sie wich einer Blumenampel aus, von der Wasser heruntertropfte. Joseph hatte im Rahmen seines Stadtverschönerungsprogramms alle Straßenlaternen damit bestücken lassen und sorgte dafür, dass die Blumen regelmäßig von seinen Gärtnern gegossen wurden. „Es geht hier nicht um Schuldzuweisungen. Sie sind Marcus McCoys Sohn, das ist einfach eine Tatsache, und Ihr Großvater väterlicherseits möchte, dass Sie Ihren Platz in der Familie einnehmen.“

Er sah sie von der Seite an. „Und ich vermute, auch im Geschäft.“

„Ja.“

Sie waren jetzt vor dem Postamt angekommen. Cooper blieb abrupt stehen und sah Sara durchdringend an. „Warum?“

Joseph verließ sich darauf, dass sie die Sache diskret behandelte. „Fragen Sie ihn selbst“, erwiderte sie mit gedämpfter Stimme. „Ich soll Sie zu ihm bringen. Er wird Ihnen bestimmt erklären, dass es das einzig Richtige ist, Sie in den Schoß der Familie aufzunehmen, wie man so schön sagt.“

„Und er weiß immer genau, was das Richtige ist, stimmt’s?“

„Ja, allerdings“, erwiderte sie pikiert.

„Aha.“ Mit verschränkten Armen stand er jetzt vor ihr. Er hatte die Ärmel hochgekrempelt, und ihr fiel auf, wie muskulös seine Unterarme waren. Bei ihren Erkundigungen hatten sie herausgefunden, dass er Mitinhaber einer Baufirma war. Offenbar war er für das Handwerkliche zuständig.

Er nickte langsam. „Eine junge schwangere Frau dafür zu bezahlen, dass sie den Namen des Vaters geheim hält, ist wohl auch das Richtige.“

Obwohl es Sara leid tat, was Cooper und seiner Mutter widerfahren war, schüttelte sie heftig den Kopf. „Joseph hatte nichts damit zu tun. Nach dem ersten Mal behielt Marcus seine …“

„Klar, eine Million Dollar ist ja auch so leicht … Nach dem ersten Mal?“, rief er laut. „Es gibt noch mehr …?“

„Nicht hier!“ Sara packte ihn am Arm, wobei sie seine harten Muskeln spürte, und zog ihn vom Eingang des Postamts weg. „Ich finde, ich sollte jetzt meine Aufgabe zu Ende bringen. Bitte, Cooper. Kommen Sie mit und lernen Sie Ihren Großvater kennen. Dann werden Sie alles verstehen.“

Er senkte den Kopf und trat dicht vor sie. Wieder spürte sie seinen warmen Atem auf ihrem Gesicht. „Süße, wie schon gesagt, ich verstehe vollkommen. Und normalerweise würde ich mich von einer niedlichen Kleinen, wie Sie es sind, liebend gern irgendwohin entführen lassen. Aber heute ist der Tag der Abrechnung gekommen.“

Sara war den McCoys mit jeder Faser ihres Herzens treu ergeben, und seine Worte taten ihr weh. Sie hielt es für ihre Pflicht, mehr herauszufinden. „Und was wollen Sie tun?“

„Ich werde die arrogante McCoy-Maschinerie in die Knie zwingen.“ Er neigte den Kopf tiefer, als ob er sie küssen wollte, und wieder überlief sie ein erregendes Prickeln.

Doch plötzlich erwachte Wut in ihr. Sie trat einen Schritt zurück und blitzte ihn an. „Wie können Sie so etwas sagen? Wo Sie Joseph noch nicht einmal kennengelernt haben?“

Er richtete sich wieder auf und zuckte die Schultern. „Damit habe ich kein Problem. Im Übrigen habe ich schon vor langer Zeit alles herausgefunden, was ich wissen muss.“ Er hob die Hand zum Gruß und wandte sich zum Gehen. „Danke, dass Sie mich rausgeholt haben.“

„Wo wollen Sie denn hin?“, rief sie ihm nach.

„Ins Büro, Kleines.“

Aus Angst, er würde seine Drohung sofort wahr machen, fing ihr Herz wie wild zu schlagen an. Sie machte auf dem Absatz kehrt und lief zurück zu ihrem Wagen. Auf jeden Fall musste sie vor Cooper in der Direktion sein und ihn daran hindern, dort einen Aufstand zu machen.

Vielleicht könnte sie seine Meinung noch ändern, bevor Joseph erfuhr, dass der so sehnlich erwartete Enkel nichts Gutes im Schilde führte. Wenn Cooper seine Drohung wahr machen würde, wäre das für Joseph eine Katastrophe. Die Firma war sein Ein und Alles. Das war sie auch für ihren Vater, Josephs rechte Hand, gewesen.

Und für sie selbst.

Deshalb durfte sie auf keinen Fall versagen. Sie durfte Josephs Vertrauen nicht enttäuschen. Aber wie sollte sie das schaffen, wenn sie förmlich dahinschmolz unter dem heißen Blick des Mannes, der mit ihm abrechnen wollte?

2. KAPITEL

„Joseph, ich muss …“ Sara brach ab, als sie sah, wer neben dem Mann stand, der nach dem Tod ihres Vaters für sie zum wichtigsten Menschen geworden war. Cooper hatte seinen Wagen offenbar vor der großen Garage an der Seite des Hauses abgestellt, weil sie ihn nicht bemerkt hatte. Die Hand seines neu gewonnenen Großvaters lag auf seiner Schulter, und er sah ziemlich selbstzufrieden aus.

Sara hatte Joseph immer für ungewöhnlich groß gehalten, aber Cooper überragte ihn noch. Die Familienähnlichkeit war verblüffend. Die gleiche Haltung, die gleichen faszinierenden blauen Augen, das gleiche kräftige Kinn. An Josephs leicht verschleiertem Blick konnte sie erkennen, dass er sehr glücklich war, seinen Enkel bei sich zu haben. Ihre Hand schloss sich fest um den Griff der Flügeltür zu Josephs Arbeitszimmer.

Coopers Lächeln konnte man ohne Übertreibung als triumphierend bezeichnen. „Sind Sie aufgehalten worden?“

„Ich war schon auf halbem Weg in die Direktion, als mir einfiel, dass die schäbige kleine Bar, wo Sie sich geprügelt haben, auch ‚Büro‘ genannt wird“, fauchte sie.

Cooper zuckte die Achseln und erklärte, zu Joseph gewandt: „Ich musste meine Karre holen.“

Joseph zog erstaunt seine buschigen grauen Augenbrauen hoch. „Sara sollte dich eigentlich herbringen.“

Cooper schüttelte den Kopf. „Ich wollte nachsehen, ob mein Jeep noch da war. Hätte ja sein können, dass ihn jemand über Nacht geklaut hat. Ich wollte ihn nicht noch länger stehen lassen. Und das ‚Büro‘ ist nicht weit von der Hauptstraße entfernt. Ein kleiner Spaziergang.“

Pech für Sara, dass das Anwesen der McCoys auf der andern Seite der Stadt lag, dem Verwaltungsbüro genau entgegengesetzt. So war Cooper ihr zuvorgekommen.

Sie musste Joseph unbedingt warnen. Als ihr Vater vor etlichen Jahren, zehn Jahre nach ihrer Mutter, gestorben war, hatte die Familie McCoy sie so freundlich aufgenommen, dass Sara sich geschworen hatte, für sie durch dick und dünn zu gehen.

Andererseits waren da auch Coopers traurige Augen und der harte Zug um seinen Mund. Plötzlich spürte sie einen Kloß im Hals. So von allen verlassen zu sein …

Stirnrunzelnd ließ sie den Türgriff los. Cooper hatte sie ganz einfach mit seiner Mitleidstour eingewickelt, das war es.

Joseph drückte herzlich Coopers Arm. „Trotzdem hättest du mit Sara fahren sollen. Deshalb habe ich sie schließlich zum Gefängnis geschickt.“

Cooper warf ihr einen anzüglichen Blick zu, und sein Mund verzog sich zu einem schiefen Lächeln. „Das war sehr aufmerksam.“

Saras Mund wurde trocken. Nein, sie würde sich nicht von ihm einwickeln lassen. Nicht, nachdem sie wusste, was er vorhatte. Auch wenn sie ihn teilweise verstehen konnte. Sie blitzte Cooper wütend an, bevor sie sich an Joseph wandte. „Ich muss sofort mit dir sprechen.“

„Worum geht es denn?“

Sie sah, dass Cooper die Augenbrauen hochzog. „Eine private Angelegenheit.“

Joseph schüttelte den Kopf. „Cooper gehört ab jetzt zur Familie, Sara. Ein Blutsverwandter der McCoys, wenn er auch noch nicht unseren Namen trägt. Aber das wird sich vielleicht bald ändern.“

Sie forschte in Coopers Augen, aber es war nichts von Feindseligkeit gegenüber den McCoys darin zu erkennen. Dass er seine Gefühle so gut verstecken konnte, bekräftigte ihre Entschlossenheit, sich nicht einschüchtern zu lassen. Sie ging in die Mitte des Raums, der halb Bibliothek, halb Arbeitszimmer war. „Joseph, bitte …“

Joseph trat hinter seinen Schreibtisch aus massivem Kirschholz und legte die Hände flach auf die polierte Oberfläche. Wenn er so dastand, erinnerte er Sara immer an einen Kapitän, der ein großes Schiff manövrierte. „Bitte sprich ganz offen, wie du es auch mit Alexander tun würdest oder mit dem armen Marcus, Gott hab ihn selig.“

Seit Marcus’ Tod war erst eine Woche vergangen, und bei der Trauerfeier war Joseph so erschüttert gewesen, dass auch Sara ununterbrochen weinen musste. Aber sofort danach hatte er erklärt, in Anbetracht des Testaments wäre es an der Zeit, in die Zukunft zu blicken. Und das tat er jetzt mit gewohnter Entschlossenheit.

Doch das hieß nicht unbedingt, dass er die Dinge schon wieder klar beurteilen konnte. „Joseph …“

Er seufzte ungeduldig. „Spuck’s aus, Mädel.“

Sie blickte zu Cooper und erwiderte seinen herausfordernden Blick. „Wie es scheint, beabsichtigt Mr. Anders, der Familie McCoy zu schaden.“

„Schaden?“, knurrte Joseph. „Wie kommst du denn darauf?“

Sie blickte dem Mann, den ihr Vater über alles bewundert hatte, fest in die Augen und erwiderte ruhig: „Er hat gesagt, er will die Firma ruinieren.“

Joseph lachte. „Da hast du ihn völlig missverstanden, Sara. Was mich etwas überrascht, denn normalerweise bist du eine gute Zuhörerin.“ Er ließ sich in seinen großen dunkelbraunen Ledersessel sinken.

Sara blinzelte verdutzt. „Ich soll ihn missverstanden haben?“

Joseph nickte. „Cooper hat mir schon von seiner Sorge erzählt, dass seine Unerfahrenheit der Firma Schaden zufügen könnte. Ich habe ihm gerade versichert, er verstehe gewiss mehr vom Geschäft, als er denkt.“

Und zu Cooper gewandt, fügte er hinzu: „Deine Baufirma ist doch recht erfolgreich, nicht wahr?“

Cooper steckte die Daumen in die Gesäßtasche seiner Jeans, was Saras Blick unfreiwillig anzog. Sie wollte woanders hinsehen, aber da fiel ihr Blick auf seinen muskulösen Oberkörper unter dem Flanellhemd und sein gut aussehendes Gesicht. Sie ärgerte sich, dass sie diese Dinge wahrnahm, und das steigerte noch ihre Wut und ihre Enttäuschung darüber, dass Joseph ihm mehr glaubte als ihr.

„Die Firma gehört nicht mir allein“, erklärte Cooper. „Ich habe einen Partner, Ted Orson, der glücklicherweise alles im Griff hat, wenn ich … anderweitig beschäftigt bin. Aber es stimmt, wir schreiben seit geraumer Zeit schwarze Zahlen.“

Sie hatten bereits sehr viel über Cooper herausgefunden. Seit der Eröffnung des Testaments vor ein paar Tagen hatte Joseph eingehende Erkundigungen über Marcus’ uneheliche Söhne eingezogen.

Joseph nickte. „Das heißt doch, du weißt, wie man ein Unternehmen erfolgreich führt. Und das wirst du auch bei McCoy Enterprises beweisen, natürlich in viel größerem Maßstab.“

Cooper lächelte mit schmalen Lippen. „Sicher, um ein paar Milliarden mehr.“

Sara schüttelte den Kopf. Das würde sie auf keinen Fall zulassen. „Nein, er meint das anders …“

Aber Joseph schnitt ihr das Wort ab. „Er hat zwar noch etwas wenig Selbstvertrauen, aber das wird sich schon geben.“ Ein Anflug von Stolz glitt über sein Gesicht. „Bescheidenheit ist eine bewundernswerte Eigenschaft für einen Geschäftsmann.“

Sara ließ die Schultern sinken. Innerhalb von zwanzig Minuten hatte Cooper Anders es geschafft, Joseph McCoy, dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden eines der erfolgreichsten Unternehmen des Landes, Sand in die Augen zu streuen. Ihr Herz schlug zum Zerspringen. Hatte Joseph schon vergessen, dass der jüngste von Marcus’ Söhnen die Nacht zuvor im Gefängnis verbracht hatte? „Aber …“

Da meldete sich Cooper zu Wort. „Mein Großvater hat recht, Sara.“ Seine ohnehin tiefe Stimme senkte sich noch tiefer, während er ihren Namen aussprach. Er wollte sie durcheinander bringen, und in ihrem jetzigen Zustand würde ihm das zweifellos gelingen. „Sie haben mich missverstanden.“

Sie starrte ihn an. Ihr früheres Mitgefühl war völlig verschwunden und machte einer unbändigen Wut und Enttäuschung Platz. „Missverstanden?“ Sie lachte verächtlich. „Sie mieser Lügner, Sie doppelzüngiger …“

Autor

Leah Vale
Leah Vale glaubt, dass das Schreiben romantischer Literatur der perfekte Job für sie ist. Ihr Lebensmotto ist „Alles wird gut“. Geboren wurde sie am Pazifik un machte einen Abschluss in Kommunikationswissenschaften an der Universität von Washington. Heute lebt sie in Portland, Oregon mit ihrem Ehemann und ihren zwei Söhnen. Sie...
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