Du weckst in mir verbotenes Verlangen

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Für Selfmade-Milliardär Trent ist es eine Frage der Ehre, die schöne Sabrina McCallan in seinem Privatjet nach Paris zu bringen. Die reiche Erbin aus der New Yorker Dynastie muss ihrem Ex ein pikantes Geständnis machen, da will Trent sie nicht allein lassen. Aber von der ersten Flugmeile an hat er ein Problem. Denn zwischen ihnen knistert es heiß vor Verlangen, das verboten ist. Sabrina ist die Schwester von Trents bestem Freund, da heißt es Finger weg! Aber manchmal ist gerade das Verbotene einfach unwiderstehlich …


  • Erscheinungstag 17.12.2019
  • Bandnummer 262019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733712662
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Sabrina McCallan schenkte man üblicherweise immer noch einen zweiten Blick. Mit ihren blauen Augen, den blonden Haaren und wohlgeformten Kurven war sie optisch perfekt. Fügte man dann noch ihre aufrechte Haltung, ihren Charme, die tadellosen Manieren, Anmut und Intelligenz hinzu, so hatte man das, was Trent „Ziggy“ Sigmund im Stillen als „Klasse in Chanel“ bezeichnete.

Heute aber war etwas anders.

Es war August. Sie feierten die Hochzeit ihres Bruders Seth, und Sabrina war eine der Brautjungfern. Die Trauung war gerade vorüber, Sabrina wartete an der Kirchenbank darauf, für die offiziellen Hochzeitsfotos aufgerufen zu werden. Doch sie wirkte abwesend. Nervös. Außerdem hatte sich eine Haarsträhne aus ihrer Frisur gelöst, und sie hatte sie nicht zurückgesteckt.

Das war der Grund, warum Trent sie nicht aus den Augen ließ.

Er war heute ihr Begleiter bei Seth’ und Harpers Hochzeit, darum war es seine Aufgabe, an ihrer Seite zu sein, wenn sie zu dem Fotografen gerufen wurden, und ihre Unruhe irritierte ihn. Er sah sie nicht so eingehend an, weil er sie attraktiv fand – sie war überhaupt nicht sein Typ. Sie war viel zu perfekt, zu makellos, und er mochte es lieber ein bisschen wilder. Ihm gefielen zerzauste Haare auf dem Kopfkissen, ein schläfriger Blick, zerrissene Jeans und abgelaufene Turnschuhe besser.

Aber irgendetwas stimmte mit Sabrina nicht, und als ihr Begleiter und, mehr noch, als der beste Freund ihres Bruders fühlte er sich für sie verantwortlich. Während des Studiums hatten Seth und er in einem kleinen, heruntergekommenen Appartement zusammengelebt und sich mit Kellnern über Wasser gehalten. Sie hatten Geld und Essen geteilt. Sie hatten die Bus- und U-Bahnfahrpläne auswendig gekannt und sich gegenseitig Mut zugesprochen, wenn einer von ihnen ein Auge auf ein Mädchen geworfen hatte. Zwar hatte Seth für einige Zeit mit seiner Familie gebrochen, doch Jake, der andere McCallan-Sohn, hatte Beziehungen und damit Trent zu seinem ersten Job verholfen. Dort hatte er gelernt, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun, und sich zu einem Finanzgenie entwickelt. Mittlerweile verfügte er über ein beträchtliches Vermögen.

In gewisser Weise waren er und Seth wie Brüder, und Trent hätte ein Narr sein müssen, hätte er nicht gewusst, wie tief er in Seth’ Schuld stand. Und das war er nicht.

Deshalb erfüllte es ihn auch mit großer Sorge, Seth’ jüngere Schwester so durcheinander zu sehen. Der Bräutigam war viel zu beschäftigt. Und auch Jake, der älteste Bruder von Seth und Sabrina, hatte alle Hände voll mit seinem Kind und seiner schwangeren Frau zu tun. Nur Trent war konzentriert genug zu bemerken, dass mit Sabrina etwas nicht stimmte.

Als ihr und Trents Name vom Fotografen aufgerufen wurden, eilte er durch die Kirche zu ihr. In dem hellroten Kleid, das ihre blauen Augen gut zur Geltung brachte, sah sie umwerfend aus. Ihre Hochsteckfrisur wäre perfekt gewesen, hätte sich nicht die widerspenstige Strähne gelöst, doch in Trents Augen machte gerade das Sabrina noch attraktiver.

Er bot ihr seinen Arm an. Die Welten, in denen er und Sabrina aufgewachsen waren, hätten unterschiedlicher nicht sein können, doch zwölf Jahre in der Gesellschaft eines McCallan hatten dafür gesorgt, dass er wusste, wie ein Gentleman sich zu verhalten hatte.

„Bereit für die Fotos?“

Sabrina lächelte höflich, als sie seinen Arm nahm. „Ja.“

Beinahe hätte er ihr gesagt, wie elegant sie in dem schlichten Kleid aussah, das Harper für ihre Brautjungfern ausgewählt hatte, doch da er annahm, sie hatte das an diesem Tag bereits unzählige Male gehört, verzichtete er darauf.

Sie stellten sich neben Seth und Harper auf und lächelten in die Kamera. Es waren sicher einige hundert Aufnahmen, die der Fotograf vom Brautpaar, der Familie und den anderen Gästen schoss.

Danach verabschiedeten sich Seth’ Mutter und Harpers Eltern. Letztere nahmen Harpers Tochter Crystal mit nach Hause, damit sie ihren Mittagsschlaf halten konnte, und auch Maureen wollte sich kurz hinlegen. Das Kindermädchen von Jake und Avery brachte die kleine Abby in deren Wohnung in der Upper East Side, damit das Kind sich ausruhen konnte. Der Rest der Gästeschar wurde in Limousinen zu Seth’ und Harpers Penthaus kutschiert, wo sie vor dem offiziellen Empfang auf das Brautpaar anstoßen würden.

Die erste Flasche Champagner entkorkte Seth persönlich und dankte allen Anwesenden dafür, dass sie den glücklichsten Tag seines Lebens mit ihm feierten. Dann eilten Kellner herbei, um weitere Flaschen zu öffnen, Gläser zu füllen und sie den Gästen zu reichen.

Trent stand an die Bar gelehnt da und beobachtete Sabrina. Sie nahm ein Glas Champagner, hob es, als der Trauzeuge Jake einen Toast aussprach, und gab dann vor, einen Schluck zu trinken.

Trent kniff die Augen zusammen, als ihr Glas nach drei weiteren Toasts noch immer genauso voll war wie am Anfang.

Braut und Bräutigam mischten sich unter die Gäste, und es wurden Hors d’oeuvres serviert. Mit Harper an seiner Seite erzählte Seth Geschichten aus seiner schwierigen Jugendzeit und sprach voller Zuneigung von Harpers verstorbenem Mann Clark, dem dritten Mitbewohner in der Wohngemeinschaft von Clark, Seth und Ziggy, der sich heute lieber Trent nannte. Die Zeit verging wie im Flug, und ehe Trent sich versah, brachen sie alle zum Empfang im Waldorf Astoria auf.

Rasch machte er sich auf die Suche nach Sabrina. Als er sie fand, schien sie völlig neben sich zu stehen. Und das war völlig untypisch für eine Frau, die wie sie eine gemeinnützige Organisation führte, die Start-up-Firmen in erfolgreiche Unternehmen verwandelte.

Er dachte daran, dass sie keinen einzigen Tropfen getrunken hatte, zählte eins und eins zusammen und kam zu einem Schluss, der ihm fast einen lauten Pfiff entlockt hätte.

Sabrina hielt sich so gut es ging bei Seth und Harper. Als Ziggy sie – wieder einmal – aufgespürt hatte, um mit ihr zum Empfang zu fahren, hätte sie ihn am liebsten erwürgt. Sie wollte allein sein und über alles nachdenken, doch der beste Freund ihres Bruders, und ihr heutiger Begleiter, schien immer in ihrer Nähe zu sein.

Fast schon hätte man meinen können, er habe ein Auge auf sie geworfen, doch sie wusste es besser. Den jungen Frauen mit den ungebändigten Haaren nach zu schließen, passte Sabrina kaum in sein Beuteschema – genauso wenig wie Ziggy in ihres, auch wenn sie zugab, dass er gut aussah. Seine schwarzen Locken waren so lang, dass sie auf anziehende Weise bis auf den Kragen fielen, und seinen dunklen Augen mit den schweren Lidern schien nichts zu entgehen. Doch für ihren Geschmack war er zu lässig. Er ging bevorzugt in schummrige Jazzkneipen und hing gern mit ein paar Dosen Bier an irgendeinem See zum Angeln ab. Wobei sie hätte wetten können, dass er an mindesten dreien davon ein Haus besaß.

Und dann dieser Name! Sie hatte sich nie daran gewöhnen können, ihn Trent zu nennen. Das lag zum einen daran, dass ihr Bruder ihn mehr als zehn Jahre lang Ziggy genannt hatte. Außerdem passte in ihren Augen dieser Name viel besser zu dem sorglosen Milliardär als Trent.

Niemand wollte mit einem Mann zusammen sein, der Ziggy hieß, schon gar keine hochprofessionelle Geschäftsfrau, wie sie es war. Sie führte eine angesehene Non-Profit-Organisation, und ihr öffentliches Auftreten entschied darüber, ob sie Zuwendungen und Spenden für die vielen Menschen erhielt, die jedes Jahr mit ihren Ideen zu ihr kamen und Unterstützung suchten.

Ziggy half ihr in eine der schwarzen Limousinen, die vor dem Gebäude, in dem Seth und Harper wohnten, vorgefahren waren.

Höflich lächelte Sabrina. „Danke sehr.“

„Gern geschehen.“

Der Chauffeur schloss die Tür hinter ihnen und nahm auf dem Fahrersitz Platz.

Per Knopfdruck schloss Ziggy die Scheibe, die die Passagiere vom Fahrer trennte. „Geht es dir gut?“

„Wie bitte? Ja, natürlich.“

„Gibt es etwas, worüber du sprechen möchtest?“

Sabrina warf ihm einen Blick von der Seite zu. „Nein.“

„Ich finde, du wirkst wie jemand, der eine Schulter zum Ausweinen gebrauchen könnte oder zumindest einen Ratschlag.“

Sie kämpfte gegen den Drang an, die Augen fest zu schließen, und bewahrte Haltung. Er konnte nicht wissen, dass sie schwanger war! Sie wusste es selber erst seit diesem Morgen. Eine vertrackte Woche, in der sie sich einsam gefühlt hatte, war Grund genug gewesen, dass sie zu Pierre nach Paris geflogen war – obwohl sie sich letzten Monat in gegenseitigem Einvernehmen getrennt hatte. Dort hatten sie ein sorgloses Wochenende miteinander verbracht, mit dem Ergebnis, dass sie jetzt ein Kind erwartete.

Als sie nach New York zurückgeflogen war, war es ihr so vorgekommen, als bedauerte Pierre ihre Abreise, doch anscheinend nicht so sehr, dass er sie angerufen hätte. Und das war auch gut so. An die Liebe glaubte sie nicht, und als Pierre ihr vor vier Jahren Avancen gemacht hatte, war sie darauf eingegangen, weil sie gewusst hatte, dass diese Affäre keine Gefahren bergen würde. Er war ein großartiger und leidenschaftlicher Künstler, und sie hatten einige Gemeinsamkeiten und Spaß miteinander. Doch er war auch das Produkt einer Ehe, die noch unglücklicher als die von Sabrinas Eltern gewesen war. Deshalb hatte Pierre sich vorgenommen, die Entbehrungen seiner Kindheit dadurch wieder gutzumachen, indem er sich nahm, was er wollte. Außerdem hatte er sich geschworen, niemals zu heiraten oder Kinder zu haben. Für Sabrina war das völlig in Ordnung gewesen, denn sie führten eine unverbindliche Fernbeziehung, die nicht dadurch verkompliziert wurde, dass einer von ihnen von Liebe sprach.

Und jetzt war sie schwanger.

Na und?

Sie hatten sich getrennt, Pierre wollte keine Kinder. Und sie wollte keine langfristige Beziehung mit ihm. Alles war wie vorher.

Das glaubte sie zumindest. Das Problem war, dass sie nicht genug Zeit hatte, über alles nachzudenken. Seit dem Schwangerschaftstest hatte sie nicht eine ruhige Minute gehabt, und allmählich begannen ihre Nerven zu flattern. Einerseits wollte sie den großen Tag ihres Bruders feiern, andererseits wollte sie einfach nur nach Hause gehen und den Tränen freien Lauf lassen. Allerdings …

Sie war sich nicht sicher, ob es nicht reine Freudentränen wären. Sie wünschte sich ein Kind. Schon immer hatte sie sich vorgestellt, wie sie zu ihrem Sohn oder ihrer Tochter ein ebenso enges Verhältnis hatte wie sie selber zu ihrer eigenen Mutter. Sie sah vor sich, wie sie ihr Kind durch ein glückliches, erfülltes Leben begleiten würde, die besten Schulen auswählte, mit dem Baby in den Park ging und vielleicht sogar einen Hund anschaffte.

Allerdings hatte sie geglaubt, dass das alles erst später passieren würde.

„Es geht mir gut.“

„Okay. Dann behalte deine Geheimnisse eben für dich.“

Der Stachel saß. Geheimnisse? Plural? Die Schwangerschaft war nicht ihr einziges Geheimnis. Der temperamentvolle, brillante Pierre war einer der Wenigen, die wussten, dass sich hinter dem Pseudonym der geheimnisvollen Künstlerin Sally McMillan niemand anderes als Sabrina McCallan verbarg. Als Sabrina das erste und einzige Mal unter ihrem eigenen Namen ausgestellt hatte, wurden ihre Bilder nur gekauft, weil die Leute sich bei ihrem inzwischen verstorbenen Vater hatten einschmeicheln wollen.

Sie war kurz davor gewesen, die Kunst ein für alle Male an den Nagel zu hängen, doch da hatte ihre Mutter ihr vorgeschlagen, sich einen Künstlernamen zuzulegen, und es hatte funktioniert. Jetzt sprach ihre Kunst für sich.

Das aber konnte Ziggy nicht wissen. Seth, Jake, Harper und Avery wussten, wie viel für Sabrina auf dem Spiel stand. Niemand von ihnen hätte ihr Geheimnis verraten.

Ziggy bluffte bestimmt.

„Vielleicht bist du es ja, der einen guten Rat braucht.“

Er lachte.

Sabrina hob eine Augenbraue. „Würde dein Unternehmen der Begutachtung durch einen Profi überhaupt standhalten?“

„Hey, mein Unternehmen würde überhaupt keiner Begutachtung standhalten. Ich habe lediglich ein paar einfache Prinzipien. Ich lese jeden Tag fünf Zeitungen und einige Blogs. Sobald ich all die Informationen, die ich brauche, habe, schnappe ich mir meine Angel und fahre an den See oder fliege nach Spanien und lasse alles erst einmal sacken. Nach ein paar Tagen werde ich entweder aktiv, oder ich lasse es.“

„Das kann man kaum als Unternehmensführung bezeichnen.“

„Habe ich das nicht gerade gesagt?“

Inzwischen hatte die Kolonne das Waldorf Astoria erreicht. Portiers eilten herbei, um den Gästen aus den Wagen zu helfen und das Brautpaar ins Innere des Hotels zu führen. Sabrina und Ziggy gingen in den Ballsaal, der vier Stockwerke hoch war und von roten Wandleuchten in ein gedämpftes, romantisches Licht getaucht wurde. An den Wänden standen lange rechteckige Tische, während die Tanzfläche von kleinen runden Tischen gesäumt wurde.

„Wie schön“, murmelte Sabrina.

Ziggy sah sich um. „Deine Familie weiß, wie man eine Party feiert.“

Verärgert über seinen lässigen Einwurf fuhr sie ihn an: „Wir feiern keine Party, sondern eine Hochzeit.“

„Es lebe der Unterschied!“

„Ist doch wahr. Eine Party können auch vier Typen mit einer Kiste Bier feiern. Wir hingegen feiern, dass mein Bruder und seine Frau die wahre Liebe gefunden haben.“

Ziggy bedachte sie mit einem ironischen Lächeln, seine Augen funkelten vor Sarkasmus. „Du bist ja eine richtige Romantikerin.“

Fast hätte Sabrina laut aufgelacht. Sie? Romantisch? Sie war das genaue Gegenteil. Vielmehr glaubte sie, Romantik und das mythische Konzept der Liebe schafften nichts als Probleme. Niemals würde sie sich die Schwäche gestatten, sich zu verlieben.

„Ich bin nicht romantisch. Du weißt doch genau von den Schwierigkeiten in unserer Familie.“ Sabrinas Vater war ständig fremdgegangen, und ihre Mutter hatte mit ihren drei Kindern in permanenter Angst vor seinen Launen gelebt. „Ich hätte nie geglaubt, dass meine Brüder einmal heiraten würden.“

Ziggy nickte. „Stimmt, ich auch nicht. Da hast du recht.“

Sabrina richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und reichte Ziggy trotz ihrer hohen Absätze gerade bis zur Nase. Sie wunderte sich, dass ihr dieser Umstand überhaupt auffiel, wo es doch so vieles andere gab, über das sie nachdenken musste. „Natürlich habe ich recht. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigst. Ich würde gerne auf die Toilette gehen, ohne dass du mir folgst.“

Er lachte.

Sie ließ ihn stehen, mehr mit sich im Reinen, als sie es den ganzen Tag lang gewesen war. Mit neuem Schwung machte sie sich daran, das Chaos in ihrem Kopf zu entwirren.

Erstens: Sie wollte das Kind. Wegen der furchtbaren Ehe ihrer Eltern hatte sie geschworen, niemals zu heiraten, aber sie wollte Mutter sein. Diese unerwartete Schwangerschaft veränderte vielleicht ihren Zeitplan, aber sie war bereit …

Nein. Sie konnte es kaum abwarten, Mutter zu werden!

Zweitens musste sie mit Pierre sprechen. Sie ging davon aus, dass er entsetzt sein und ihr sagen würde, dass er nichts mit dem Kind zu tun haben wollte. Doch das war in Ordnung, denn sie hatte in ihm immer nur einen Lover gesehen, nicht aber den Vater ihrer Kinder. Sie hatte keine Angst davor, das Kind alleine aufzuziehen. Im Gegenteil, so wäre es ihr sehr viel lieber.

Ihrer Mutter und ihren Brüdern würde sie erst von der Schwangerschaft erzählen, nachdem sie mit Pierre gesprochen hatte.

Also musste sie nach Paris.

In der luxuriös ausgestatteten Damentoilette überprüfte Sabrina im Spiegel ihr Make-up. Jetzt, da sie sich gefangen hatte, sah sie wieder aus wie sonst, ganz die Lady, zu der ihre Mutter sie erzogen hatte, eine Rolle, die sie perfekt beherrschte.

Als sie in den Ballsaal zurückkehrte, entdeckte sie Ziggy und wandte sich rasch in die entgegengesetzte Richtung. Sabrina schlenderte zu Harper, die in ihrem schlichten Seidenkleid unglaublich elegant aussah. Das kurz geschnittene schwarze Haar verlieh ihr etwas Elfenhaftes, und ihre blauen Augen strahlten vor Glück. Niemandem auf der Welt war Sabrina dankbarer als Avery und Harper, weil sie die Wunden ihrer Brüder mit aufrichtiger Liebe geheilt hatten. Das war genau das, was Seth und Jake brauchten.

Doch anders als ihre Brüder bedurfte Sabrina keiner Heilung. Als einzige Tochter war sie von den seelischen Misshandlungen durch ihren Vater verschont geblieben. Als ewig gestriger Chauvinist hatte der sie nie als Geschäftsfrau betrachtet, also auch nie eine Notwendigkeit gesehen, sie zu „schulen“. Aber sie hatte miterlebt, wie er ihre Mutter behandelt hatte, gesehen, wie verletzt sie durch seine Untreue war, und Angst um ihre Brüder gehabt. Mit vierzehn Jahren hatte Sabrina sich geschworen, dass niemand sie je so behandeln würde wie ihr Vater ihre Mutter, und sie hatte diesen Schwur gehalten.

„Kann ich etwas für die Braut tun?“

Harper umarmte sie. „Nein, alles ist bestens. Ich würde nur gerne bald essen. Ich bin am Verhungern.“

„Du hättest bei euch im Penthaus von den Hors d’oeuvres nehmen sollen. Sie waren köstlich.“

„Ich wollte mir den Appetit für das Beef Wellington aufheben.“

Während Jakes Ansprache gesellte Ziggy sich zu Sabrina und begleitete sie an ihren Tisch. Gerade stellte Jake sich selber und seine Frau Avery vor, die zu ihm ans Podium getreten war. Dann kam er auf Seth und Harper zu sprechen, woraufhin tosender Applaus im Saal ausbrach.

Sabrinas Augen füllten sich mit Tränen, so dankbar war sie ihren Schwägerinnen, dass sie ihren Brüdern den Glauben an die Liebe geschenkt hatten und sie nun ein normales, glückliches Leben führen konnten.

Endlich bekam Harper ihr Beef Wellington. Während des gesamten Abendessens unterhielt Ziggy sich entweder mit Sabrina oder ihrer Mutter, die zu seiner Linken saß. Anscheinend war er doch einigermaßen in Ordnung …

Na schön, er war sehr in Ordnung, aufmerksam ihr gegenüber und freundlich zu Maureen. Sie hätte vorhin nicht so harsch zu ihm sein sollen.

Sie war doch auch sonst nie harsch zu ihren Mitmenschen.

Ziggy hatte heute aber etwas an sich. Vielleicht war es der Frack, in dem er so sexy aussah, oder aber die Art, wie er sie gefragt hatte, ob sie etwas auf dem Herzen hatte …

Sabrina wusste es nicht. Ihre Hormone waren völlig durcheinander, folglich auch ihre Reaktionen. Doch jetzt, da sie wusste, was sie machen wollte, konnte sie auch wieder anfangen, normal zu sein.

Die Band kündigte den Eröffnungstanz des Brautpaares an.

Danach stimmte die Band ein langsames Lied an und bat alle Gäste zum Tanz. Sabrina atmete tief durch. Trent legte den Arm um ihre Taille und sie die Hand auf seine Schulter – seine überaus muskulöse Schulter.

Das überraschte Sabrina. Pierre war groß und dünn, und jetzt einen so durchtrainierten Mann zu berühren, ließ sie unerwartet erschauern.

„Gehst du ins Fitnessstudio?“

Ziggy hob die Augenbrauen. „Gefallen dir meine Muskeln?“

Sie verdrehte die Augen. „Kannst du nicht einmal ernst sein?“

„Das habe ich in der Limousine versucht, und du wolltest es nicht.“

„Da warst du nicht ernst, sondern neugierig.“

„Siehst du, du tust es wieder. Wortklaubereien, die keinem helfen.“

Wenige Takte lang wurde die Musik schneller, und Ziggy ergriff die Gelegenheit, um sie beide temperamentvoll um die eigene Achse zu drehen. Obwohl es albern war, hellte die Bewegung Sabrinas Stimmung auf, und sie lachte.

„Siehst du? Das ist es, was ich hören möchte. Dein Lachen. Und dann noch ein spontanes.“

Sie schüttelte den Kopf. „Du bist eigenartig.“

„Nein. Wir sind nur völlig gegensätzlich.“

Zustimmend nickte Sabrina.

„Und doch wäre ich bereit, dir zu helfen, egal, was dir Sorgen bereitet.“

Dieses Mal versuchte sie nicht zu leugnen, dass es ein Problem gab. „Du kannst mir nicht helfen.“

Sabrinas Ehrlichkeit überraschte Trent. Das bedeutete, sie vertraute ihm. Trent hatte nie Gelegenheit gehabt, Seth einen wirklichen Gefallen zu tun. Die McCallans brauchten nichts. Wenn er nun die Schwester des Mannes unterstützen konnte, der ihm auf die Beine und zum Erfolg verholfen hatte, wäre er jederzeit bereit.

„Bist du dir da sicher?“

Sie sah weg. „Ja.“ Dann blickte sie ihm in die Augen. „Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?“

Ohne zu zögern antwortete er: „Absolut.“

„Du kannst nichts gegen den Umstand tun, dass ich schwanger bin.“

Trent brauchte einen Moment, um das zu verdauen. „Ich besitze drei Häuser in den USA, die man als Rückzug nutzen kann, und eine Wohnung in Spanien. Außerdem habe ich eine Jacht, auf die du dich gerne zurückziehen kannst, wenn du allein sein möchtest. Wenn ich sonst nichts tun kann, um dir zu helfen, kann ich dir wenigstens einen Ort anbieten, an dem du in Ruhe nachdenken kannst.“

Sie erwiderte seinen Blick. „Ich muss über nichts nachdenken. Ich muss nach Frankreich, um mit dem Vater des Kindes zu reden. Ich kann aber keinen unserer Jets benutzen, weil meine Familie dann weiß, wohin ich geflogen bin. Und ich will nicht, dass sie etwas mitbekommen.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Wenigstens noch nicht. Ich muss es dem Kindsvater sagen, bevor ich mit meiner Familie spreche.“

Trent wurde munter. „Ich habe drei Jets.“

Sabrinas blaue Augen füllten sich mit Hoffnung. „Würdest du mir einen leihen?“

„Natürlich.“

Als die Musik endete, verwandelte die Hoffnung sich in Skepsis. „Und du würdest Seth nichts sagen?“

Er zeichnete ein Kreuz auf seine Brust. „Ich werde alles für mich behalten, bis du selbst mit deiner Familie gesprochen hast. Wann brauchst du den Jet?“

„Heute Nacht.“

„So bald?“

„Ich möchte es hinter mir haben, damit ich in die Zukunft blicken kann.“

Trent steckte die Hände in die Hosentaschen.

„Okay. Ich würde dir die Schlüssel gebe, aber wenn ein Jet überhaupt Schlüssel hat, dann hat die mein Pilot.“

Sabrina lachte und schloss ihn spontan in die Arme.

Die Gefühle, die Trent durchströmten, waren völlig unerwartet. Sabrina fühlte sich viel weicher an, als er erwartet hatte. Doch was er vor allem spürte, war Wärme. Vielleicht lag das ja auch nur daran, dass er eine gute Tat vollbracht hatte. Auf gar keinen Fall konnte es sein, dass er sich zu Sabrina hingezogen fühlte. Sie war gar nicht sein Typ.

Warum er sich das ins Gedächtnis rufen musste, wusste er selber nicht.

Doch das musste er.

Zweimal sogar.

2. KAPITEL

Sie warteten, bis Seth und Harper um zehn Uhr abends nach Hause fuhren. Während Sabrina sich von ihrer Mutter, Jake und Avery verabschiedete, organisierte Trent den Flug nach Paris. Dann fuhren sie durch die heiße Augustnacht zu Sabrinas Wohnung in der Park Avenue.

Trent stieg mit ihr aus der Limousine, doch Sabrina schüttelte den Kopf. „Du musst nicht mitkommen. Ich brauche höchstens eine Minute.“

„Um zu packen?“ Er lachte. „Ich weiß, was du gerne anziehst. Alleine für deine Schuhe brauchst du vermutlich einen Koffer.“

Gekränkt, weil es klang, als sei sie versnobt und schrecklich verwöhnt, marschierte sie zum Haus. „So wählerisch bin ich nun auch nicht.“ Das war sie wirklich nicht – es gab nur einen Standard, an den sie sich halten musste und den ihre Mutter ihr wieder und wieder eingebläut hatte.

Du bist eine Lady. Benimm dich wie eine Lady. Zieh dich an wie eine und sprich auch so.

Gemeinsam betraten sie die Lobby. Gierig sog Trent die Luft ein, die durch die Klimaanlage schon fast frostig war. Sabrina war sich nicht sicher, ob er sich über die Abkühlung freute oder sich unwohl fühlte, weil er ihr auf die Zehen getreten war.

„Wählerisch meinte ich ja auch gar nicht. Ich wollte nur sagen, dass du immer sehr gut angezogen bist.“

Sie rang sich ein Lächeln ab. Na ja, eigentlich sollte es ihr völlig egal sein, ob er fand, dass sie gut gekleidet war oder es ihm etwas ausmachte, sie gekränkt zu haben.

Doch das war es nicht.

Verwirrt führte sie ihn zum Fahrstuhl, den sie mit ihrer Schlüsselkarte in Bewegung setzte. „Ist schon okay.“

„Wohnst du im Penthaus?“

„Nein. Dafür hat meine Wohnung zwei Stockwerke.“

„Nett. Manchmal weiß ich ein wenig Luxus noch immer zu schätzen.“

Sie fragte nicht, wie er das meinte, denn sie kannte seine Geschichte. Seth hatte ihr erzählt, dass Ziggy einer Arbeiterfamilie entstammte. Nach der Universität hatte er den Job, den Seth ihm vermittelt hatte, gekündigt und selber angefangen zu investieren. Es brauchte Mut, einen sicheren Arbeitsplatz hinter sich zu lassen und seinem eigenen Instinkt zu vertrauen. Vielleicht sollte sie ihm das sagen.

Ein merkwürdiges Gefühl ergriff von ihr Besitz und ließ sie stutzen. Sie schüttelte den Kopf. Sie sollte sich besser darauf konzentrieren, ihren Koffer zu packen, um endlich nach Frankreich zu fliegen und mit Pierre zu sprechen.

Denn sie war schwanger und würde bald Mutter sein.

Sabrina stellte sich vor, wie sie das winzige Baby in ihren Armen hielt, genau wie Avery ihre kleine Abby direkt nach der Geburt gehalten hatte. Sie konnte es kaum abwarten, einem Kind das Leben zu schenken.

Wärme durchflutete sie, ebenso wie der Wunsch, die Tränen fließen zu lassen. Freudentränen. Jetzt, da sie sich an den Gedanken gewöhnt hatte, wusste sie, dass ein Traum wahr geworden war. Zwar war sie eine viel beschäftigte Frau, doch auch etabliert. Sie würde sich eine Auszeit gönnen, ein Kinderzimmer in ihrer Eigentumswohnung einrichten und mit dem Kind lange Spaziergänge im Central Park unternehmen.

Oben angekommen, traten sie aus dem Aufzug. Sabrina ging zur Tür ihrer Wohnung, schaltete die Alarmanlage aus und benutzte die Schlüsselkarte, um sie beide einzulassen.

Sie betraten einen weitläufigen Raum mit einer offenen Küche, einem Essbereich und einem Wohnzimmer, das drei Sitzgruppen beherbergte.

Autor

Susan Meier
<p>Susan Meier wuchs als eines von 11 Kindern auf einer kleinen Farm in Pennsylvania auf. Sie genoss es, sich in der Natur aufzuhalten, im Gras zu liegen, in die Wolken zu starren und sich ihren Tagträumen hinzugeben. Dort wurde ihrer Meinung nach auch ihre Liebe zu Geschichten und zum Schreiben...
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