Ein charmanter Fremder

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Emily braucht einen Ehemann, um ihr Erbe antreten zu können. Und darauf will sie auf keinen Fall verzichten, denn schon so viele Jahre träumt sie davon, nach Venedig zu reisen. Mutig ersteigert sie auf einer Junggesellenauktion einen smarten Fremden. Wird er ihr Spiel mitmachen?


  • Erscheinungstag 27.01.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733755188
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Der Auktionator eröffnete die Versteigerung und forderte die Anwesenden auf, ein Erstgebot in Höhe von mindestens einhundert Dollar abzugeben. Nachdem eine schüchterne Stimme einhundert Dollar geboten hatte, hob Emily die Hand. „Einhundertfünfundzwanzig.“

„Ich biete zweihundert“, tönte es aufgeregt von den hinteren Rängen.

Emily biss sich auf die Unterlippe. Ihre Mittel waren bescheiden. Aber die Zeit lief ihr davon. Sie brauchte einen Mann. „Zweihundertfünfundzwanzig.“

„Dreihundert!“, meldete sich sogleich die Stimme ihrer Mitbieterin. Der Mann auf der Bühne grinste. Er hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt und zwinkerte Emily herausfordernd zu.

Am liebsten hätte sie auf den nächsten Mann gewartet. Doch dann erhöhte sie ihr Gebot: „Dreihundertfünfzig.“

„Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten.“ Der Mann mit der Nummer 46 gehörte ihr.

Tim beobachtete, wie die Frau, die ihn ersteigert hatte, sich langsam zur Bühne begab. Ihre dezente Kleidung ließ auf eine Geschäftsfrau schließen, auch wenn der Rock etwas kurz war, der ihre schlanken wohlgeformten Beine zeigte. Ihr Haar war kastanienbraun und ihre Haut zart wie Porzellan. Die braunen Augen leuchteten.

Wie er sie so auf sich zukommen sah, ein Traum von einer Frau, empfand er ein Prickeln. Vielleicht war es gar nicht so übel, für einen Tag „gemietet“ zu werden.

Doch dann wurde er nachdenklich. Etwas an ihrem entschlossenen Gesichtsausdruck signalisierte ihm, dass sie nicht auf ein flüchtiges Abenteuer aus war. Ihm kamen erste Bedenken. Mit einem Mal hoffte er inständig, seinen Begleiterservice schnell erledigen zu können.

Mit der Quittung in der Hand erreichte ihn die Dame, die ihn ersteigert hatte. „Mr. Kirkpatrick?“ Seinen Namen hatte sie unter der Nummer 46 im Programm gelesen.

Er nickte höflich und wartete, dass sie sich vorstellte. Zu seinem Erstaunen errötete sie, was sie noch hübscher aussehen ließ. „Ich bin Emily Holmes.“

„Freut mich, Sie kennen zu lernen, Miss Holmes. Ich bin T.J. Kirkpatrick. Zu Ihren Diensten. Was haben Sie für uns beide geplant?“

Wieder errötete sie.

Fragend schaute er sie an. „Sicherlich hatten Sie eine bestimmte Absicht, als Sie mich ersteigerten. Oder?“

Sie nickte. Irgendetwas stimmte nicht. Ihn beschlich der Gedanke, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, sich von einer fremden Frau ersteigern zu lassen. Auch wenn es für einen guten Zweck war.

Über ihren Kopf hinweg schaute er zu der Kassiererin hinüber. „Warten Sie einen Augenblick. Ich bin gleich zurück.“

Sie hielt ihn zurück. „Wohin wollen Sie?“

Der ängstliche Ton ihrer Stimme und der Griff, mit dem sie seinen Arm festhielt, ließen ihn abrupt stehen bleiben. „Ich hole Ihr Geld zurück. Mir scheint, Sie haben Ihre Absicht geändert.“

„Nein, nein. Es ist nicht so, wie Sie denken. Können wir nicht irgendwohin gehen, wo wir ungestört reden können?“

Ungestört? Es wurde Zeit, die Dinge zurechtzurücken. „Ich glaube, Sie haben einen Fehler gemacht, Miss Holmes. Wenn es auch so aussehen mag, ich bin kein berufsmäßiger Gigolo.“

„Den suche ich auch nicht.“ Ihre Augen funkelten ärgerlich. „Ich habe Sie als Begleiter für einen Tag redlich erworben, Mr. Kirkpatrick, und ich gehe davon aus, dass Sie Ihren Teil der Abmachung einhalten werden.“

Emily musterte ihre Erwerbung. Über einsachtzig groß, braune Haare mit goldenen Strähnen und Augen, blau wie ein kalifornischer Sommerhimmel. Er sah entschieden zu gut aus, was gewisse Zweifel hinsichtlich der Richtigkeit ihrer Wahl weckte.

Er war nicht ihr Typ, dachte sie, als sie in seine blauen Augen sah. Doch er schien genau der richtige Mann zu sein für ihre Zwecke.

„Wie meinen Sie das?“, fragte er misstrauisch.

„Ich möchte, dass Sie mit mir kommen und sich mit mir fotografieren lassen.“

„Wenn Sie nur ein Foto wollen, habe ich kein Problem damit.“ Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. „Aber sind dreihundertfünfzig Dollar nicht ein bisschen viel dafür? Egal, wenn Sie nur eine Erinnerung wollen, warum nicht? Ich bin dabei.“

Emily fand nicht den Mut, ihm zu erklären, warum sie sich mit ihm fotografieren lassen wollte. Erst musste sie das Foto haben. „Gut. Gleich da vorne gibt es einen Fotoautomaten. Gehen wir!“

Als sie die Kabine betreten hatten, holte Emily einige 25-Cent-Münzen aus ihrem Portemonnaie, neigte ihren Kopf gegen seinen und sah ihn mit strahlendem Lächeln an. Sie warf die Münzen ein, als sie überzeugt war, dass sie beide wie ein glückliches jungverheiratetes Paar ausschauten, und drückte auf den Auslöser. „Da sind sie“, sagte sie, als die Fotos aus dem Schlitz hervorkamen. „Genau richtig.“

„Die sind wirklich gelungen. Übrigens, vielen Dank für Ihre Spende, Miss Holmes.“ Abrupt wandte er sich zum Gehen.

„Warten Sie einen Moment! Ich hab’ vergessen, Ihnen zu sagen, dass ich Sie morgen vielleicht noch einmal benötige.“

Er machte auf dem Absatz kehrt und starrte sie an. „Morgen? Das Foto war also nicht alles?“

Sie schüttelte den Kopf. „Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.“

Tim unterdrückte ein Stöhnen, als er seine Hoffnung auf ein schnelles Ende schwinden sah. Er hatte keine Ahnung, was sie von ihm wollte. „Warum bringen wir das nicht heute über die Bühne?“

„Morgen“, erklärte sie mit Nachdruck. Sie würde einen weiteren Tag benötigen, um Plan zwei durchzuziehen, für den Fall, dass Plan eins nicht den gewünschten Erfolg brachte. „Geschäft ist Geschäft. Ich nehme an, Sie können es sich leisten, Ihrer Arbeit einen Tag lang fern zu bleiben, wo Sie doch das Doppelte eines Tageslohnes kassiert haben.“

„Natürlich geht das. Aber …“

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah sie ihn an. „Übrigens, unter diesen Umständen können Sie mich Emily nennen.“

„Umstände?“ Er schaute sie misstrauisch an. „Von welchen Umständen reden Sie?“

„Das erzähle ich Ihnen morgen.“

„Warum nicht heute?“

„Morgen“, wiederholte sie.

Für ihn stand fest: Emily war nichts für ihn. Aber er kannte jemanden, zu dem sie sehr gut passte. „Ich gebe Ihnen meine Visitenkarte und meine Adresse. Sie können mich dann dort erreichen, sollte es erforderlich sein. Sagen wir, so um die Mittagszeit.“

Sie nahm seine Karte und steckte sie ein. „Ich werde dort sein.“

Pünktlich um zwölf traf Emily an der auf der Visitenkarte genannten Adresse ein. Sie verglich sie mit der Firmenaufschrift auf dem Baustellenschild und war erleichtert. T.J. Kirkpatrick, Gebäuderestauration, gab es also wirklich. Bis zu diesem Moment war sie sich dessen nicht sicher gewesen.

Vor ihr waren Männer in staubigen Jeans und abgetragenen T-Shirts damit beschäftigt, eine verfallene Ziegelwand wieder aufzubauen. Eine weiteres Dutzend Arbeiter, ebenfalls in Jeans und mit Schutzhelm auf dem Kopf, arbeiteten an anderen Stellen des Gebäudes. Als einer der Männer seinen Helm abnahm, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, erkannte sie in ihm den Mann, den sie suchte.

Sie war am richtigen Ort.

Er trug Lederstiefel, verwaschene Jeans und ein Hemd, das bis zur Taille offen war. Die Ärmel waren hochgerollt und gaben den Blick frei auf muskulöse Unterarme. Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn. Den scharfen Blicken nach zu urteilen, mit denen er die Arbeit der anderen Arbeiter überwachte, schien er die Aufsicht über die Baustelle zu haben.

Gestern, bei der Versteigerung, hatte er einen Anzug getragen. Sie hatte gedacht, er sei nicht ihr Typ. Heute war das ganz anders. Mit großen Augen sah sie ihn an und merkte verwundert, wie ihr bei seinem Anblick heiß wurde.

Sie hatte dem Anwalt das Foto vorgelegt, das beweisen sollte, dass sie verheiratet war. Leider hatte man sie aufgefordert, ihren Ehemann persönlich mitzubringen.

Irgendetwas an diesem Mann ist heute anders, dachte sie, während sie darauf wartete, dass er sie bemerkte. Er wirkte dominanter, größer, kräftiger. Attraktiver.

Sie hatte die Nacht schlaflos verbracht. Ständig hatte sie an das heutige Treffen denken müssen. Was würde aus ihrem Plan werden? Jetzt, wo sie hier war, wuchsen ihre Zweifel. Sie fragte sich, ob sie nicht zu viel von ihm erwartete.

Je länger sie zu ihm hinüberschaute, desto unsicherer wurde sie. Gestern war er für sie nur Mittel zum Zweck gewesen, nämlich in den Besitz ihrer Erbschaft zu gelangen. Heute dagegen verfehlte seine starke maskuline Ausstrahlung ihre Wirkung nicht.

Sie begann, sich über ihr eigenes Äußeres Gedanken zu machen. Um T.J. Kirkpatricks Interesse wach zu halten, zumindest bis er die ihm zugedachte Aufgabe erledigt hatte, hatte sie sich für ein aufreizendes Minikleid entschieden.

Als die Arbeiter sie erspähten, begannen sie ein Pfeifkonzert. T.J. schaute sich um und erblickte eine Frau, die offenbar nicht wusste, ob sie bleiben oder weglaufen sollte. Sie trug ein äußerst knappes Sommerkleid, das kaum das Nötigste bedeckte. Seidiges kastanienbraunes Haar reichte ihr bis zu den Schultern. Ein Jadeanhänger an einer goldenen Kette zwischen ihren Brüsten zog seinen Blick unwiderstehlich an. Sie hielt eine weiße Schachtel in der Hand.

Langsam näherte er sich ihr. „Kann ich Ihnen helfen?“ Was hatte eine Frau wie sie auf einer Baustelle verloren?

„Ich hab’ Ihnen doch gesagt, dass ich heute kommen würde.“ Dabei versuchte sie, durch eine Bewegung ihrer Schultern ihren tiefen Ausschnitt ein wenig höher zu ziehen, allerdings ohne großen Erfolg. Sie lächelte zaghaft. „Ich dachte, bei dieser Hitze wäre dies Kleid angebrachter als das, was ich gestern anhatte.“

Angebrachter? Gestern?

T.J. schaute über die Schulter zu seinen Leuten, die keinen Hehl aus ihrer Begeisterung über den unerwarteten Besuch machten.

Er konnte es ihnen nicht verübeln. Sie sah fantastisch aus. Die Sonne verlieh ihrem kastanienfarbenen Haar einen feurigen Schimmer, der die Samtigkeit ihrer Haut noch unterstrich. Als er ganz nahe an sie herangetreten war, nahm er einen frischen, minzigen Duft wahr, stark genug, um seine Sinne zu erregen und ihrem Charme noch mehr zu erliegen.

Seine Blicke wanderten zu ihren faszinierenden haselnussbraunen Augen, die ihn fragend ansahen. Was, fragte er sich, suchte sie hier auf der Baustelle?

„Angebracht wofür?“, entgegnete er. Als sie ihn nur schweigend ansah, fuhr er fort: „Wie wär’s, wenn Sie mir erst einmal sagten, wer Sie sind?“

„Ich heiße Emily Holmes. Das habe ich Ihnen doch schon gestern gesagt.“ Sie musste sich zwingen, nicht auf sein Kinngrübchen zu starren. „Und ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, was ich vorhabe.“ Sie schaute zu den Männern hinüber. „Gibt es hier nicht einen Ort, wo wir reden können? Vielleicht während Ihrer Mittagspause?“

Mit einem Schulterzucken schaute er auf seine Uhr. Es war sowieso Mittagszeit. „Ich warte meistens auf den Imbisswagen. Anscheinend hat er sich heute verspätet.“

„Ich habe für alle Fälle im Hotel ein Lunchpaket für Sie zurechtmachen lassen, damit Sie nicht hungern müssen, wenn ich Ihnen die Zeit stehle.“ Sie überreichte ihm die weiße Schachtel.

„Danke. Ein kostenloses Mittagessen sollte man sich nicht entgehen lassen.“ Während er sich die Hände mit seinem Taschentuch abrieb, schaute er über die Baustelle und zeigte dann auf ein schattiges Plätzchen unter einem Baum. „Warten Sie! Ich suche uns eine Sitzgelegenheit. Es wäre zu schade, wenn Sie Ihr Kleid schmutzig machten.“ Bevor er sich entfernte, ließ er seine Blicke über ihr Dekolleté streifen.

Emily verkniff sich eine Entgegnung und wartete, bis er mit zwei leeren Kisten zurückkam und sie unter den Baum stellte. Der Imbisswagen kam um die Ecke gefahren und machte sich durch lautes Hupen bemerkbar.

„Eine Limo?“

„Ja, gerne.“ Sie setzte sich. T.J. schlenderte zum Imbisswagen hinüber und holte zwei Flaschen Limo und einen Becher mit Eisstücken.

Fasziniert beobachtete sie, wie er mit dem Imbissverkäufer und seinen Männern, die sich am Wagen eingefunden hatten, herumflachste. Sie verstand sich selbst nicht mehr. Dieser Mann ging ihr irgendwie unter die Haut. War es sein fröhliches Lachen, oder war es sein muskulöser, von der Sonne gebräunter Oberkörper, der diese sonderbaren Gefühle bei ihr auslöste? Als er zu ihr zurückkehrte und ihr zuzwinkerte, klopfte ihr Herz wie verrückt.

T.J. Kirkpatrick machte nicht den Eindruck, als sei er jemand, der widerspruchslos täte, was sie von ihm verlangte. Vielleicht wäre es einfacher, wenn er nicht wie der Traum aller Frauen aussähe. Eines aber wusste sie. Er war für die Rolle, die sie ihm zugedacht hatte, der Richtige. Das war entscheidend. Mehr wollte sie nicht von ihm.

T.J. reichte ihr eine gekühlte Flasche Limo und einen Becher mit Eisstücken. Dann öffnete er das Lunchpaket. „Toll! Käse- und Schinkenbrote, Krautsalat und sogar ein Schokoladenkuchen.“ Lächelnd sah er sie an. „Nicht schlecht. Wirklich nicht schlecht.“

Sie war sich nicht sicher, ob er damit nur das Essen meinte.

Während er den Blick über sie gleiten ließ, von Kopf bis Fuß, fühlte sie sich plötzlich unbehaglich. „So, Miss Emily Holmes. Sie behaupten also, wir hätten uns schon einmal getroffen. Wenn dem so wäre, hätte ich mich bestimmt an Sie erinnert. Was die Sache noch verwirrender macht: Sie tauchen hier auf in einem Aufzug, der jeden Mann um den Verstand bringen muss. Sie bringen mir ein Lunchpaket, um mich freundlich zu stimmen, und Sie wirken äußerst angespannt.“ Unter seinen forschenden Blicken hatte ihr Puls angefangen zu rasen. „Nun, Miss Holmes, wenn das denn Ihr richtiger Name ist, offenbar haben Sie ein äußerst dringendes Anliegen an mich.“

Emily konnte nichts sagen. Ihr Kopf war leer. Schmetterlinge tanzten in ihrem Bauch.

Der Augenblick, den sie bis ins kleinste Detail geplant hatte, war gekommen. Es gab kein Zurück mehr.

T.J. nahm einen großen Schluck aus der Flasche, wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab und betrachtete sie nachdenklich. „Also, Miss Holmes? Sagen Sie mir, was Sie von mir wollen.“

Emily atmete tief durch. „Ich … ich will Sie als Ehemann.“

2. KAPITEL

T.J. verschluckte sich an seiner Limo. „Sagen Sie das noch einmal!“

Emily straffte die Schultern. „Ich sagte, ich will Sie als Ehemann.“

T.J. packte das Lunchpaket wieder zusammen und warf es ihr zu. „Hier, das können Sie wieder haben. Sie müssen sich schon einen anderen suchen, der Ihnen den Ehering ansteckt. So hungrig bin ich nun auch wieder nicht, dass ich mich für ein Lunchpaket verkaufe.“

„Warten Sie einen Moment! Sie haben mich falsch verstanden. Ich will keinen Ehering. Sie sollen nur so tun, als seien Sie mein Mann. Nur für einen Tag.“

T.J. schaute sie ungläubig an. Hätte sie ihm erzählt, ein Meteorit würde auf die Erde zurasen und gleich vor seinen Füßen einschlagen, er hätte nicht überraschter sein können.

Wie verführerisch auch immer diese Frau in diesem Stofffetzen aussehen mochte, darauf konnte er auf keinen Fall eingehen.

Er zuckte mit den Schultern. „Die Antwort ist: Nein. Auch nicht für fünf Minuten, geschweige denn für einen ganzen Tag. Und ganz bestimmt nicht, solange ich meine fünf Sinne noch beisammenhabe. Suchen Sie sich einen anderen!“

„Das geht nicht“, protestierte sie. „Sie haben mich schon dreihundertfünfzig Dollar gekostet. Und ich habe weder die Zeit noch das Geld für einen anderen Plan.“

„Tut mir leid“, sagte er mit einem Blick zu den Männern, die sie neugierig beobachteten. „Ich bin nicht interessiert. Auf mich wartet eine Menge Arbeit.“

„Noch eine Sekunde. Ich bin noch nicht fertig.“

„Ich aber.“ Er wollte sich abwenden, doch der verzweifelte Ausdruck in ihrem Gesicht hielt ihn zurück. „Schauen Sie, Miss Holmes! Egal, für wen Sie mich halten – ich bin nicht der richtige Mann für Sie. Wenn Sie mich fragen, dann sieht es so aus, als ob jemand Sie auf den Arm genommen hat. Wem haben Sie das Geld denn gegeben?“

„Der ‚Stiftung für elternlose Kinder‘. Sie haben gestern im Beaumont Hotel eine Junggesellenversteigerung veranstaltet.“

Als sie den Namen der Stiftung nannte, dämmerte ihm, wie diese Verwechslung zustande gekommen war. „Davon habe ich gehört“, antwortete er zögernd. „Aber was habe ich damit zu tun?“

„Ich habe mehr für Sie geboten, als ich ursprünglich vorhatte. Tatsache ist, dass ich Sie ehrlich ersteigert habe, und zwar für ein Treffen. Gestern war dieses Treffen nicht erforderlich, heute ist es das aber.“

„Ein Treffen?“ Der Gedanke, Emily Holmes zum Essen auszuführen, schien ihm zwar verrückt, aber immer noch besser, als ihren Ehemann zu spielen. „Kommen Sie, Miss Holmes. Sagen Sie geradeheraus, was Sie von mir wollen!“

„Das hab’ ich doch schon gesagt. Ich möchte, dass Sie sich als mein Mann ausgeben.“ Als er den Kopf schüttelte, fuhr sie fort: „Sie haben versprochen, alles zu tun, worum ich Sie bitte.“

Das reichte. „Ich schwöre Ihnen, ich war nicht mal auf der Versteigerung.“

„Doch, das waren Sie! Sie haben mir Ihre Visitenkarte gegeben und versprochen, sich heute hier mit mir zu treffen. Das kann ich beweisen.“ Sie kramte in ihrer Tasche und holte eine Visitenkarte hervor. „Da ist sie!“

T.J. griff nach der Karte. Kein Zweifel. Es war seine Visitenkarte beziehungsweise die seiner Firma. „Da muss sich jemand einen Scherz erlaubt haben.“

Ihm schwirrte der Kopf. Ein Schauder lief ihm über den Rücken, als er sich daran erinnerte, wie sein Bruder lachend von seiner Teilnahme an der Junggesellenversteigerung erzählt hatte. Es war dieselbe Stiftung, die damals ihn und seinen Bruder Tim zur Adoption vermittelt hatte.

Jetzt war ihm alles klar. Als Tim sich heute Morgen verabschiedete, um ganz plötzlich auf Geschäftsreise zu gehen, hatte er T.J. zugerufen, er hätte eine Überraschung für ihn. Dabei hatte er gelacht wie ein Verrückter.

Eine Überraschung?

Emily Holmes?

T.J. biss sich auf die Lippe. Offensichtlich hatte sein jüngerer Bruder die Finger im Spiel. Es wäre nicht das erste Mal gewesen. Immer, wenn ihm eine Sache zu brenzlig wurde, nutzte er die Tatsache, dass sie sich zum Verwechseln ähnlich sahen, um sich aus dem Staube zu machen. Bisher hatte T.J. dies immer mit einem gewissen Humor genommen. Aber ihm Emily als Überraschung zu schicken, das ging nun wirklich zu weit.

Er nahm einen letzten tiefen Schluck aus der Flasche. „Ich denke, ich schulde Ihnen eine Erklärung, Miss Holmes. Tatsache ist, dass unsere Firma T.J. Kirkpatrick heißt. Da der Name meines Vaters, meines Bruders und auch meiner mit den gleichen Buchstaben anfangen, haben wir aus praktischen Gründen beschlossen, unsere Restaurationsfirma T.J. Kirkpatrick zu nennen. Mein Vater heißt Thornton Jones, ich bin Thomas Jefferson, und der Name meines Bruders ist Timothy Jones.“

Mit großen Augen sah Emily ihn an. „Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie alle T.J. heißen?“

„Doch. Mein Vater hat sich weit gehend aus dem Geschäft zurückgezogen, so dass ich jetzt T.J. genannt werde. Mein Bruder Tim ist Architekt. Das hätte er Ihnen gestern schon erzählen sollen, statt Ihnen diese Karte zu geben.“ Er lächelte leicht. „Tut mir leid für das Missverständnis.“

Ihre Augen funkelten wütend. Und er wusste, dass er sie nicht im Geringsten davon hatte überzeugen können, dass er nicht derjenige war, den sie ersteigert hatte.

Sie nahm ein kleines Foto aus ihrer Tasche und hielt es ihm unter die Nase. „Männer! Ich habe befürchtet, dass Sie sich herausreden würden. Sie haben sich diese lächerliche Geschichte doch nur ausgedacht. Aber damit kommen Sie bei mir nicht durch, Mr. Kirkpatrick. Dieses Foto, das wir gestern aufgenommen haben, beweist eindeutig, dass Sie es sind.“

„Ich schwöre Ihnen, das bin nicht ich.“ Dabei hob er die rechte Hand wie zum Schwur. Trotz seiner Verärgerung musste er sich eingestehen, dass Emily Holmes etwas an sich hatte, was ihn beeindruckte. Ihre Entschlossenheit. Sie kämpfte für ihre Sache. „Mein Bruder und ich sehen uns so ähnlich, dass man uns verwechseln kann. Wir werden häufig für Zwillinge gehalten.“ In Gedanken versetzte er seinem Bruder einen Fußtritt. „Gestern Nachmittag habe ich hier auf dem Bau Überstunden gemacht.“

Verzweifelt sah Emily ihn an, und ihre Verletzbarkeit rührte ihn. Irgendwie fühlte er sich verantwortlich, ohne zu wissen, warum. Und was war schon ein Tag!

Autor

Mollie Molay
Nachdem sie einige Jahre in einem Logistikzentrum eines Lufttransportunternehmens gearbeitet hatte, entdeckte Mollie Molay, dass ihr das Schreiben von Liebesromanen, was sie nebenbei verfolgte, viel mehr Freude bereitete als ihre bisherige Tätigkeit. Also versuchte sie, ihr Hobby zu ihrem Beruf zu machen.
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