Ein Diamantring für Darcy

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Der kostbare funkelnde Diamantring an ihrem Finger verspricht die große Liebe, und mit einem heißen Kuss besiegelt Trey seinen Antrag. Aber leider weiß Darcy genau, dass alles nur eine süße Täuschung ist: Bei einer spektakulären Werbekampagne für seine Kaufhauskette treten sie und Trey als Frischverlobte auf. Noch nie ist Darcy eine Rolle so leicht gefallen - und noch nie hat sie so gefährlich mit dem Feuer gespielt: Sie hat sich Hals über Kopf in Trey verliebt ...


  • Erscheinungstag 20.05.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733777678
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Wie durch einen Nebel nahm Darcy das Geräusch des Schlüssels im Türschloss wahr. Stöhnend drehte sie sich auf die Seite, wobei sie vom Sofa rutschte und auf dem Fußboden landete. So fand Dave sie bei seinem Eintreten vor.

„Was tust du denn da unten?“, erkundigte er sich verblüfft.

Noch immer leicht benommen, rieb Darcy sich den Nacken. „Schlafen, das siehst du doch“, antwortete sie trocken.

„War es dir oben zu stickig? Vielleicht sollte ich doch eine Klimaanlage einbauen lassen.“

„Nein, nein, das ist es nicht. Ich bin gar nicht oben gewesen.“

Dave zog die Brauen hoch. „Was ist denn dann los? Hast du einen Kater?“

„Nicht dass ich wüsste. Es sei denn, die Teebeutel enthalten neuerdings Alkohol.“ Darcy rappelte sich mühsam auf und lehnte sich an Mrs Cusacks soliden Schreibtisch. „Ich habe die halbe Nacht Bewerbungen geschrieben und mich schließlich auf die Couch gesetzt, um den fertigen Stapel zu bewundern. Dabei sind mir wohl die Augen zugefallen.“

„Wie lange bist du denn aufgeblieben?“

Darcy zuckte die Schultern. „Bis gegen halb vier.“ Sie gähnte herzhaft. „Irgendwie ist es unfair. Wenn ich schon mit den Symptomen einer durchzechten Nacht aufwache, müsste ich mich wenigstens an eine nette Party erinnern können. Aber ich kann mich ja nach oben zurückziehen und ordentlich ausschlafen.“

Dave räusperte sich verlegen. „Tja also, Darcy …“

„Ja?“ Sein Tonfall gefiel ihr nicht.

„Mrs Cusack hat sich heute Morgen krankgemeldet, und ich hatte gehofft, du könntest noch einmal für sie einspringen.“

„Schon wieder? Findest du es nicht merkwürdig, dass deine Sekretärin ständig krank ist, seit ich wieder in der Stadt bin?“

„Vielleicht meint sie, dass du mich ausnutzt, weil ich dich umsonst im Penthouse wohnen lasse.“

Im Penthouse.

Als Dave das kleine Cottage gekauft hatte, um dort seine Anwaltspraxis zu eröffnen, hatte Darcy dem Dachgeschoss zum Scherz diesen pompösen Namen verliehen. Wegen seiner angespannten Finanzlage hatte Dave anfangs dort gewohnt. Damals hätte Darcy nicht einmal im Traum damit gerechnet, dass es ihr selbst einmal als Unterschlupf dienen würde.

„Aber was immer Mrs Cusack denkt …“, fuhr Dave fort, „… bin ich sehr froh, dass ich es dir überlassen kann. Auch wenn es nicht gerade das Ritz ist.“

„Und ich helfe dir gern. In einer Minute bin ich wieder fit.“ Sie schüttelte den Kopf, um die Benommenheit zu verscheuchen. „Ein Kaffee wäre dabei allerdings sehr hilfreich.“

Dave verstand den Wink mit dem Zaunpfahl. „Ich setze sofort eine Kanne auf.“

„Aber übertreib es nicht wieder. Das Gebräu, das du immer machst, ist das reine Gift. Habe ich noch Zeit zum Duschen? Du willst doch sicher nicht, dass ich deine Klienten in diesem Aufzug empfange.“

„Kein Problem. In der nächsten Stunde erwarte ich niemanden. Wenn du willst, stelle ich gerne das heiße Wasser rechtzeitig ab, damit du meinen Klienten nicht im Wartezimmer begegnest.“

„Zu reizend von dir.“ Darcy stand auf und ging durch den winzigen Flur zum einzigen Bad des Hauses. „So wie ich mich fühle, wäre eine kalte Dusche vielleicht gar keine schlechte Idee.“

Sie blieb in der Dusche, so lange sie es wagte. Dann wickelte sie sich ein Handtuch ums nasse Haar und schlüpfte widerstrebend in die Sachen vom Vortag. Wie dumm, dass sie vergessen hatte, frische Kleidung mit ins Bad zu nehmen.

Es würde wieder ein langer Tag werden, aber so blieb ihr wenigstens keine Zeit, über ihre derzeitige Situation nachzudenken. Abgesehen davon, war sie froh, Dave zur Hand gehen zu können, wo er zurzeit so viel für sie tat.

Das Penthouse wurde seinem Namen zwar nicht gerecht, aber es bot ihr ein Dach über dem Kopf und genügend Platz, um ihre Sachen unterzustellen, bis sie etwas Eigenes gefunden hatte. Da Dave sich strikt weigerte, Miete von ihr zu nehmen, war es das mindeste, ihm ab und zu im Büro auszuhelfen, wenn er sie brauchte. Sobald sie wieder einen Job, eine eigene Wohnung und ein Bankkonto hatte, würde sie sich etwas richtig Schönes für Dave überlegen …

Ganz in Gedanken versunken, durchquerte Darcy das Empfangszimmer, um nach oben zu gehen. Erst als sie die Treppe fast erreicht hatte, bemerkte sie den Mann und die Frau, die dort standen und sich unschlüssig umblickten.

Entweder waren sie zu früh gekommen, oder sie hatten keinen Termin. Ob Dave wusste, dass sie da waren?

„Guten Morgen“, begrüßte Darcy sie. „Kann ich Ihnen helfen?“

Der Mann drehte sich um und betrachtete sie zweifelnd. Das wunderte Darcy keineswegs. In dem mit Tusche und Acrylfarbe befleckten ausgebeulten Jogginganzug, dessen Oberteil nicht zur Hose passte, und mit dem wie ein Turban um den Kopf geschlungenen Handtuch, wirkte sie eher wie eine Putzfrau denn wie eine kompetente Sekretärin.

Im Vergleich zu der makellosen Erscheinung des Besuchers empfand sie die Mängel ihres Outfits als besonders krass. Er trug einen eleganten maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug, der seine breiten Schultern betonte und perfekt zu seinem dunklen Haar und dem ausgeprägten Profil passte. Aus seiner imponierenden Höhe blickte er auf sie herab und schien darauf zu warten, dass sie sich für ihre Existenz rechtfertigte.

Darcy kannte diesen Typ zur Genüge. Daher ließ es sie kalt, ob er sie unattraktiv fand. Sie hatte genug von umwerfend aussehenden Männern, die genau wussten, welche Vorteile sie aus ihrem Aussehen ziehen konnten. Eine verlockende Verpackung war eben nicht alles.

„Sie haben uns heute Morgen ein wenig überrascht“, sagte sie. „Ich fürchte, wir haben Sie nicht erwartet.“

„Ich habe angerufen, ehe wir losgefahren sind“, informierte er sie kurz angebunden. Seine Stimme passte zu ihm. Tief und melodisch, jedoch mit einem scharfen Unterton.

Na großartig! Er hatte offenbar mit Dave telefoniert, als sie unter der Dusche war, und nun stand sie da wie eine Idiotin. Als Darcy sich von Mr Perfekt abwandte und seine Begleiterin anblickte, blinzelte sie überrascht. Die Dame trug einen auffälligen Hut mit breiter Krempe, dessen dichter schwarzer Schleier ihr Gesicht verhüllte. Wer, in aller Welt, lief heutzutage noch so herum? Gramgebeugte Witwen? Filmstars?

Noch seltsamer war es, dass Mr Perfekt sich schützend vor sie stellte, sobald er Darcys Blick bemerkte. Wollte er ihr bewusst die Sicht auf die Frau verstellen?

„Der Kaffee ist gleich fertig“, rief Dave aus der Küche. „Führe unsere Besucher doch schon einmal ins Büro, Darcy.“

Mit einer knappen Handbewegung forderte Darcy das Paar auf, ihr zu folgen. Sie nahm Daves Aktenkoffer von einem der beiden Besucherstühle und legte ihn auf einen der Aktenstapel, die sich auf dem Sideboard türmten. Dann versuchte sie, auf dem überfüllten Schreibtisch eine Freifläche zu schaffen, die groß genug war, um ein Tablett darauf abzustellen.

Eine unnötige Mühe, wie sich herausstellte, denn Dave kam ohne ein Tablett herein. Stattdessen trug er drei Plastikbecher, die er randvoll mit dampfendem tiefschwarzem Kaffee gefüllt hatte. Typisch Dave, dachte sie. Unkompliziert und gänzlich unambitioniert.

Was mochte Mr Perfekt von dem Service halten? Darcy warf ihm einen Seitenblick zu. „David, vielleicht möchten unsere Gäste Milch und Zucker?“, schlug sie sanft vor.

„Trey trinkt seinen Kaffee schwarz“, erwiderte Dave unbekümmert. Doch als sein Blick auf die Frau mit dem Hut fiel, machte er ein besorgtes Gesicht. „Aber vielleicht möchten Sie …“

„Milch bitte“, sagte die Frau leise. „Ich glaube nicht, dass ich den Kaffee so heiß trinken kann.“

„Wärst du wohl so nett, Darcy?“, bat Dave sie. „Aber zuerst möchte ich euch miteinander bekannt machen. Das ist Trey …“

„Smith“, fiel Mr Perfekt ihm ins Wort.

Daves Augen weiteten sich unmerklich. Jemand, der ihn nicht kannte, hätte es wahrscheinlich nicht bemerkt, aber Darcy ließ sich nicht täuschen. Daves Klient wollte offensichtlich nicht, dass sie seinen Namen erfuhr. Allerdings hätte er sich etwas Überzeugenderes einfallen lassen können als ausgerechnet Smith!

„Nett, Sie kennen zu lernen, Mr Smith“, sagte Darcy trocken und wandte sich der Frau zu. „Ich nehme an, Sie sind Mrs Smith?“

Dave war die Komödie sichtlich unangenehm. „Komm schon, Trey“, sagte er. „Das ist meine Schwester Darcy. Sie ist heute kurzfristig für meine erkrankte Sekretärin eingesprungen.“

Erneut musterte Mr Smith Darcy von Kopf bis Fuß.

Sofort wurde ihr wieder bewusst, dass sie aussehen musste wie eine Vogelscheuche, was ihre Abneigung gegen Mr Smith noch verstärkte. Unwirsch wandte sie sich ab, um die Milch zu holen.

Sie fand die Packung ganz hinten im Kühlschrank. Falls Dave so etwas wie Milchkännchen und Zuckerdose besaß, war beides nicht aufzufinden. Ebenso wenig ein Tablett. Also nahm sie ein Pizzablech und bedeckte die zerkratzte Oberfläche mit einem Geschirrtuch. Dann stellte sie die Milchpackung und die Schachtel mit den Zuckerwürfeln darauf und legte Teelöffel und eine zerdrückte Papierserviette dazu, die sie in einer Schublade gefunden hatte.

Gerade wollte sie wieder ins Büro zurückkehren, als sie Dave rufen hörte: „Bringst du uns auch noch ein paar Eiswürfel mit, Darcy?“

Eiswürfel? Was würde er als Nächstes verlangen? Mit etwas Glück würde sie es vielleicht noch vor Mittag schaffen, nach oben zu kommen und sich frische Sachen anzuziehen.

Überraschenderweise gab es einen Eiskübel, was einiges über Daves Prioritäten aussagte. Oder über die seiner Klienten.

„Ist es nicht etwas früh für Cocktails?“, erkundigte sie sich, als sie das Büro betrat. Dann verstummte sie erschrocken, als sie sah, warum Dave um Eis gebeten hatte.

Die geheimnisvolle Besucherin hatte inzwischen ihren Hut abgelegt. Darcy fragte sich unwillkürlich, welche Geschichte sich wohl hinter dem blauen Auge, dem Bluterguss an der Wange und der aufgeplatzten Oberlippe verbarg. Kein Wunder, dass die arme Frau ihren Kaffee nicht heiß trinken mochte.

Rasch stellte Darcy das improvisierte Tablett auf Daves Schreibtisch ab, schob Milch und Zucker von dem Geschirrtuch und wickelte die Eiswürfel darin ein. „Ein Autounfall?“, erkundigte sie sich mitfühlend, als sie der Blondine das Handtuch reichte. „Oder etwas … anderes?“

„Etwas anderes“, erwiderte diese und drückte sich den provisorischen Eisbeutel an die Wange. „Vielen Dank.“

„Ich bin Trey Kent“, schaltete Mr Perfekt sich ein und gab Darcy die Hand. „Das ist meine Schwester Caroline. Dave hat mir versichert, dass Sie ein Geheimnis für sich behalten können. Jetzt wissen Sie, warum ich mir deswegen Sorgen gemacht habe.“

„Ja“, sagte Darcy. „Wenn ich irgendwie helfen kann …“

„Wir sind hier, um das mit Dave zu besprechen.“

Es klang, als hätte er „Wegtreten!“ gesagt, und Darcy hätte beinah salutiert.

Die Besucher und Dave saßen immer noch hinter verschlossener Tür, als Darcy etwas später wieder herunterkam. Statt des Jogginganzugs trug sie jetzt eine fliederfarbene Tweedhose und einen kurzärmeligen Pullover. Sie beugte sich über Mrs Cusacks Terminkalender, als sie hörte, wie die Tür zu Daves Büro aufging. Darcy schob den Kalender beiseite und eilte in die Küche, um neuen Kaffee aufzusetzen.

Das hatte natürlich nichts damit zu tun, eine Begegnung mit Mr Perfekt zu vermeiden. Es war ihr gleichgültig, was er über sie dachte.

Die lose Diele im Flur knarrte verräterisch, und einen Moment später stand Trey Kent an der Küchentür. Er hielt das nasse Geschirrtuch so zimperlich in der Hand, als hätte er Angst, es könnte ein Tropfen herunterfallen und seine perfekt gebügelte Hose ruinieren. „Ich glaube, das hier brauchen wir nicht mehr, Miss Malone.“

Darcy nahm ihm das Tuch ab, wrang es aus und hängte es über den Wasserhahn. „Ich hoffe, es hat geholfen.“

„Danke, Sie waren sehr liebenswürdig.“

Darcy nahm an, dass er sofort in Daves Büro zurückgehen würde. Doch stattdessen lehnte er sich gegen den Küchenschrank und verschränkte die Arme vor der Brust. „Der Hochzeitstermin meiner Schwester ist Mitte Dezember“, teilte er ihr unvermittelt mit.

Warum erzählt er mir das? „Wirklich? Tja, da sieht man mal wieder, warum Dave der Anwalt in der Familie ist und nicht ich. Ich hätte nämlich angenommen, sie sei wegen einer einstweiligen Verfügung hier und nicht, um einen Ehevertrag aufsetzen zu lassen. Es sei denn, es war nicht der Verlobte, der ihr das angetan hat.“

„Doch, er war es, und sie wird ihn nicht heiraten.“

„Das ist zumindest eine gute Nachricht. Viele misshandelte Frauen geben sich selbst die Schuld und unternehmen nichts. In den meisten Fällen ziehen sie es nicht einmal in Erwägung, Anzeige zu erstatten.“

„Kann man es ihnen verübeln? Eine solche Sache vor Gericht zu bringen ist kompliziert, unangenehm und zeitaufwendig.“

Darcy betrachtete ihn nachdenklich. „Und peinlich“, ergänzte sie kühl. „Besonders für die Familie. Spricht sie deswegen mit Dave und nicht mit dem Staatsanwalt? Weil Sie es vorziehen, das Ganze ohne Aufheben zu regeln?“

„Keineswegs. Wir haben gleich einen Termin beim Staatsanwalt. Ich habe Caroline zuerst hierher gebracht, damit Dave ihr klar macht, warum sie Corbin auf keinen Fall davonkommen lassen darf, so dass er dasselbe dann einer anderen antut.“

„Oh …“ Darcy biss sich auf die Lippe. „Ich dachte …“

„Ich weiß, was Sie dachten, Miss Malone. Allerdings hat diese Geschichte uns in eine ziemlich schwierige Situation gebracht.“

Uns?“ Darcy zog fragend die Brauen hoch.

„Caroline. Mich. Und nicht zuletzt die Kentwells – Kette.“

Darcy schnippte mit den Fingern. „Natürlich, der Kaufhauskonzern! Kein Wunder, dass Ihr Name mir bekannt vorkam. Trey Kent … Aber das ist nicht Ihr richtiger Name, stimmt’s? Ich meine, ich hätte gelesen, dass Sie anders heißen.“

„Trey schien mir eben einfacher als Andrew Patrick Kent der Dritte.“

„So nette Vornamen, und Sie benutzen nicht einen davon. Wie schade!“

„Hat Ihr Bruder Ihnen je gesagt, dass Sie ziemlich unverschämt sind?“

„Schon oft. Aber da ich nicht bei ihm angestellt bin, kann er mich nicht feuern.“

„Er hat mir erzählt, Sie seien zurzeit arbeitslos.“

„Ganz im Gegenteil.“ Darcy nahm einen Plastikbecher. „Ich arbeite hart daran, einen neuen Job zu bekommen. Übrigens ist eine meiner Bewerbungen an den Leiter Ihrer Werbeabteilung gerichtet.“

Er nickte nachdenklich. „Dave sagte, Sie seien Grafikdesignerin.“

„Wirklich? Wie seltsam. Eigentlich ist es nicht seine Art, mit seinen Klienten über mich zu sprechen.“

In seinen Augen blitzte es kurz auf. „Ich habe ihn danach gefragt.“

„Und verraten Sie mir, warum Sie das wissen wollten?“

„Vielleicht könnte ich einige Fäden für Sie ziehen.“

„Warum sollten Sie das tun?“, fragte Darcy unverblümt. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Erscheinung heute Morgen den Wunsch in Ihnen geweckt hat, mir zu helfen. Oder hat Dave Sie darum gebeten?“

„Sie haben ein gewisses Potenzial“, erwiderte er, ohne auf ihre Frage einzugehen.

„Ich verstehe. Sie besorgen mir einen Job bei der Konkurrenz, damit ich dort Chaos anrichte. Oder wollen Sie mich nur von hier wegbekommen, damit ich nicht über Carolines Probleme tratschen kann? Natürlich ist es jetzt etwas spät, um mich davon abzuhalten. Nicht, dass ich es tun würde, denn ich kann ein Geheimnis für mich behalten.“

„Dave hat mir versichert, dass Sie die Diskretion selbst sind“, sagte er trocken.

„Aber Sie glauben ihm nicht und unternehmen lieber eigene Schritte, damit ich den Mund halte?“

Er schwieg. Nach einer Weile sagte er: „Ich würde Ihnen gern von meinem Problem erzählen, Miss Malone. Oder darf ich Sie Darcy nennen?“

„Vermutlich kann ich Sie sowieso nicht davon abhalten. Aber bevor Sie in die hässlichen Details gehen, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass ich keine Beraterin für misshandelte Frauen bin.“

„Ich habe nicht die Absicht, Ihnen irgendwelche Details über Caroline anzuvertrauen, hässlich oder nicht.“

„Was, in aller Welt, kann ich dann für Sie tun … Trey?“

Befriedigt stellte Darcy fest, dass er bei der Anrede zusammenzuckte.

„Ich war gerade dabei, es Ihnen zu erklären. Wenn Sie mich freundlicherweise fortfahren lassen würden?“

„Sicher.“ Sie goss Kaffee in einen Becher und reichte ihn ihm. „Ich bin ganz Ohr.“

„Nachdem Caroline ihren Hochzeitstermin festgesetzt hatte, beschloss die Werbeabteilung, sich diese Tatsache zu Nutze zu machen und eine PR-Aktion zu starten. Sozusagen eine Mischung aus königlicher Hochzeit und Werbefeldzug.“

„Interessante Kombination.“

„Diese dreimonatige Aktion setzt sich aus Anzeigen und Werbefilmen zusammen. Die Kamera begleitet Braut und Bräutigam dabei, wie sie bei Kentwells alles für ihre Hochzeit und ihr neues Heim aussuchen.“

„Vom Verlobungsring bis zum Rasenmäher“, warf Darcy ironisch ein.

„Ich glaube nicht, dass sie an einen Rasenmäher gedacht haben.“

„Dann braucht Ihre Werbeabteilung offensichtlich frisches Blut.“

Er zuckte zusammen.

„Tut mir Leid“, murmelte Darcy nun. In Anbetracht von Carolines Zustand war das wohl ein unpassender Vergleich.

„Wie auch immer“, fuhr er fort. „Der Ablauf steht, alles ist bis ins letzte Detail durchgeplant, und vor zwei Tagen haben die Fotografen die ersten Aufnahmen gemacht.“

„Allmählich begreife ich, worum es geht“, sagte Darcy leise. „Die Kampagne läuft auf Hochtouren, und jetzt sind die Hauptdarsteller ausgefallen.“

„So ungefähr.“

„Hm.“ Sie trank einen Schluck Kaffee. „Was hat Dave Ihnen denn geraten?“

„Dasselbe, woran ich auch schon gedacht habe. Wir müssen ein neues Paar finden. Die Frage ist nur, wer sich dafür eignet.“

Darcy zuckte die Schultern. „Unter Ihren vielen Angestellten lässt sich doch sicher mindestens ein Brautpaar auftreiben, das sich gern für diese Aufgabe zur Verfügung stellt. Besonders wenn es einen kompletten Hausstand gratis dazubekommt.“

Trey schüttelte den Kopf. „Dazu ist es zu spät. Die Zeit läuft uns davon. Wir sind bereits im Verzug und schaffen es nicht mehr, den Hintergrund der Leute zu überprüfen.“

„Hintergrund? Wozu denn?“

„Das dürfte doch wohl klar sein. Um ein Haar hätten wir einen Schläger zu einem Werbeträger gemacht. Ich möchte auf keinen Fall hinterher feststellen, dass wir stattdessen einen Bigamisten oder Triebtäter engagiert haben.“

„Warum nehmen Sie nicht Dave?“, schlug sie vor. „Das wird zwar keine königliche Hochzeit, aber ich halte es ohnehin für werbewirksamer, mit normalen Leuten zu arbeiten?“

„Mit normalen Leuten?“

„Ja, genau. Ich glaube nämlich, dass Ihre Durchschnittskunden Schwierigkeiten hätten, sich mit einem Luxusgeschöpf wie Caroline zu identifizieren. Würde Ihr Brautpaar dagegen ganz normal aussehen …“

„So wie Dave?“

„Richtig. Fragen Sie ihn doch! Wegen der vielen Scheidungen steht er der Institution der Ehe zwar skeptisch gegenüber, aber wenn Sie ihm im Gegenzug Werbung für seine Anwaltspraxis versprechen …“

„Ich habe ihn gefragt. Er hat gesagt, er habe zurzeit keine Freundin.“

„Unsinn! Er ist nie allein. Seine derzeitige Flamme hat sich gestern erst gemeldet. O verflixt, ich habe ganz vergessen, ihm auszurichten, dass Ginger angerufen hat.“

„Wie ich sehe, sind Sie tatsächlich die Diskretion in Person“, bemerkte Trey trocken.

Darcy schnitt ein Gesicht. „Bleibt die Tatsache, dass er jemanden hat.“

„Nein, denn Sie haben mich nicht ausreden lassen. Sein genauer Einwand lautete, dass die Frau, mit der er sich momentan trifft, unter keinen Umständen als ‚Braut‘ infrage kommt.“

„So ein Heuchler! Dabei predigt er mir immer, ich solle mich nie mit jemandem verabreden, mit dem ich es nicht ernst meine. Und nun erfahre ich …“

„Hören Sie, Darcy …“ Trey trat unruhig von einem Bein aufs andere. „Dave hat etwas anderes vorgeschlagen.“

„Das wundert mich nicht. Er war schon immer sehr einfallsreich.“

„Er hat an mich gedacht.“

Natürlich! Warum war ihr diese Lösung nicht selbst eingefallen? Vermutlich lag es daran, dass Trey ausgesprochen unabhängig wirkte. Sicher würde er einer Frau nur ungern eine Machtposition in seinem Leben einräumen.

„Es könnte funktionieren“, meinte Darcy nachdenklich. „Dann heiratet eben nicht die Prinzessin, sondern der Prinz. Und zum Wohl der Firma fällt es Ihnen sicher nicht schwer, so etwas Geringfügiges wie eine Ehe einzugehen. Noch Kaffee?“

„Ich habe nicht vor zu heiraten.“

„Was spricht denn gegen die Ehe?“

„Nichts. Ich habe es nur nicht eilig damit.“

„Wenn Sie nur so tun wollen als ob, engagieren Sie doch einfach Schauspieler.“

„Sie haben selbst gesagt, dass das Ganze mit normalen Leuten glaubwürdiger wäre.“

„Ja, sicher. Aber ist es nicht unehrlich, den Leuten eine Komödie vorzuspielen?“

„Wen interessiert das schon?“, fragte Trey lässig. „Der einzige Unterschied besteht darin, dass am Ende das glückliche Paar getrennt in den Sonnenuntergang spaziert statt Hand in Hand.“

„Und wie lange wollen Sie die Komödie denn aufrechterhalten?“

„Bis zum Ende der Kampagne. Danach ist Schluss. Den Kunden ist das doch egal. Sie kommen ja während der Laufzeit der Aktion auf ihre Kosten.“

„Ich weiß nicht recht …“ Darcy machte ein skeptisches Gesicht. „Kunden können in der Beziehung unberechenbar sein.“

„Wäre es so anders, wenn wir, wie geplant, mit Caroline und Corbin gearbeitet hätten und er sie erst in der Nacht vor der Hochzeit geschlagen hätte?“

„Nein. Abgesehen davon, dass Sie den Rückzieher schon vor der Verlobung einplanen. Außerdem müssen Sie, um Ihre Kunden zu überzeugen, bis zum letzten Moment sehr realistisch sein. Und genau das könnte ein Problem heraufbeschwören.“

„Interessant. Verraten Sie mir, welches?“

„Wenn Sie sich in der Öffentlichkeit so verhalten, als würden Sie es ernst meinen, könnte die Frau Ihrer Wahl auf die Idee kommen, dass Sie es wirklich tun. Egal, was Sie abgemacht haben.“

Trey nickte. „Genau das war auch meine Befürchtung. Dave hat mich sogar davor gewarnt, dass ich mir eine Klage wegen Vortäuschung falscher Tatsachen einhandeln könnte.“

„Das sieht ihm ähnlich. Durchtriebene Männer wie er denken immer so.“

„Durchtriebene Männer?“ Trey zog eine Braue hoch. „Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass es Ihr erster Gedanke war?“

Ertappt. Darcy zuckte die Schultern. „Na, dann bin ich wohl eine durchtriebene Frau.“

„Hm. Und genau deswegen …“ Er trank einen Schluck Kaffee und musterte Darcy nachdenklich.

Ihr wurde plötzlich ganz beklommen zu Mute. Das Ganze hatte schließlich nicht das Geringste mit ihr zu tun.

Oder doch?

„… hat Dave vorgeschlagen, dass Sie die Rolle meiner Braut spielen.“

2. KAPITEL

Trey hatte noch nie viel darüber nachgedacht, wie man am besten einen Heiratsantrag machte. Er war immer davon ausgegangen, dass ihm noch reichlich Zeit dafür blieb, denn mit seinen zweiunddreißig Jahren hatte er nicht die leiseste Absicht, sich dauerhaft zu binden.

Allerdings hatte er auch nicht damit gerechnet, dass sich seine Auserwählte im entscheidenden Moment bei dem Gedanken, die Gattin von Andrew Patrick Kent dem Dritten zu werden, vor Schreck an ihrem Kaffee verschlucken und hochrot anlaufen würde.

Überrascht und ein wenig benommen – eine solche Reaktion hätte er ja noch verstehen können. Tränenfeuchte Augen vielleicht. Eventuell hätte es ihr die Sprache verschlagen, so dass sie ihr Einverständnis nur mit Gesten mitteilen konnte.

Aber vor Schreck ersticken?

Natürlich konnte nicht der Gedanke, Mrs Kent zu werden, Darcy Malone in diesem Moment Hustenkrämpfe verursachen. Denn Trey hatte ja bereits klargestellt, dass er nicht wirklich heiraten wollte. Nein, sie schnappte nach Luft, weil er ihr vorgeschlagen hatte, vorübergehend seine Verlobte zu spielen.

Und das machte überhaupt keinen Sinn. Angesichts der vielen Frauen, die sich im Laufe der Jahre um diese Position gerissen hätten, verstand er nicht, warum Darcy die Vorstellung entsetzte, eine Weile so zu tun, als wäre sie scharf auf den Platz an seiner Seite.

„Darcy …“, begann er, „… wenn Sie mir nur eine Minute zuhören würden …“

„Wenn ich damit aufhören könnte …“, keuchte sie und presste sich beide Hände auf die Brust, „… würde ich es tun. Gehen Sie jetzt bitte, okay?“

„Nicht, solange Ihnen der Erstickungstod droht. Hier, trinken Sie einen Schluck Wasser.“ Er hielt ihr ein Glas an die Lippen, und es gelang ihr, einige Tropfen zu schlucken. Ihr Husten war jetzt nur noch ein leises Keuchen. „Ja, so ist es schon besser.“

„Vielleicht aus Ihrer Sicht.“ Darcy ließ sich gegen den Küchentresen sinken.

„Hören Sie, ich verstehe nicht, was so schrecklich an der Idee ist. Ich bitte Sie ja nicht, mir einen Erben zu schenken.“ Er stellte das Glas abrupt ab. „Die meisten Frauen, die ich kenne, würden sich geschmeichelt fühlen.“

„Und deswegen haben Sie mich und nicht eine von ihnen gefragt, stimmt’s?“

Trey nickte erleichtert, weil sie sofort begriffen hatte.

Autor

Leigh Michaels
Leigh Michaels ist die Autorin von über 70 Romanen für Harlequin. Mehr als 27 Millionen Kopien ihrer Bücher sind weltweit gedruckt und in 20 Sprachen übersetzt worden. Fünf ihrer Bücher waren Finalisten bei den RITA® - Verleihungen. Sie hat den “Reviewers Choice award” für Family Secrets, den Robert Bliss Award...
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