Ein Offizier und Herzensbrecher

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Admiralstochter Alexia hat nur eine Regel: Lass dich nie auf einen Mann vom Militär ein! Alle Vorsicht ist vergessen, als sie Blake in einer Bar erblickt - und eine heiße Nacht mit ihm verbringt. Am nächsten Tag will sie ihn wiedersehen. Doch es kommt ganz anders...


  • Erscheinungstag 04.05.2015
  • ISBN / Artikelnummer 9783733752286
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Ein ohrenbetäubender Knall erfüllte die Luft, als sieben Gewehre gleichzeitig abgefeuert wurden. Eine Salve, eine zweite, eine dritte. Einundzwanzig Schüsse insgesamt. Mit unbewegten Mienen schulterten die Mitglieder der Ehrenwache ihre Waffen und blieben so starr und reglos stehen wie die Eichen am Rande des Friedhofs.

Der Hornist spielte die feierliche Trauermelodie. Lieutenant Blake Landon stand aufrecht und blinzelte gegen die Sonne. Es folgte die Predigt des Geistlichen, von der er aber kaum etwas mitbekam.

Das wirklich Wichtige wurde ohnehin nicht erwähnt. Der Priester sprach von Ehre und von Mut, doch mit keinem Satz über Phils großartigen Humor. Über seine Art, jeden noch so gefährlichen Einsatz leichtzunehmen. Der Priester hatte keine Ahnung davon, dass Phil jedes Mal, bevor er mit dem Fallschirm abgesprungen war, das Foto seiner Mutter geküsst und eine Hasenpfote gestreichelt hatte. Und er wusste nichts von Phils Liebe zum Meer. Wo immer sie auch im Auslandseinsatz gewesen waren, Phil hatte jede freie Minute genutzt, um ans Wasser zu fahren. Sonne, Wasser, Surfen – Phil hatte oft gesagt, das wäre sein gerechter Ausgleich dafür, dass die Angst immer präsent war. Sie alle wussten, dass jeder Einsatz tödlich enden konnte. Das war der Preis.

Doch von alldem sagte der Priester nichts. Hier, auf dem riesigen Gelände des Arlington Nationalfriedhofs, war Lieutenant Phil Hawkins einer der vielen Soldaten, die für ihren Verdienst für das Vaterland geehrt wurden. Und verabschiedet. Für immer.

Die gesamte SEAL-Einheit war gekommen, und Blake stand inmitten seines Teams. Den Männern, mit denen er gemeinsam kämpfte. Und auf die er sich immer einhundertprozentig verlassen konnte.

Er presste die Kiefer zusammen, als der Priester endete und das Fahnenritual begann. Er ließ den Blick über die entfernten Bäume wandern, um nicht mit ansehen zu müssen, wie die Flagge an Phils Mutter übergeben wurde.

Dann war die Beerdigung zu Ende. Blake merkte kaum, wie die Menschen um ihn herum sich zu rühren begannen. Wie erstarrt stand er an dem Fleck. Selbst wenn er hätte gehen wollen, er konnte es nicht.

Es schien eine Ewigkeit her gewesen zu sein, dass er gemeinsam mit Phil und Cade in der Ausbildung gewesen war. Sie waren unzertrennlich gewesen und wild entschlossen, mit allen Kräften ihr Land zu verteidigen. Nun war die Trennung für immer.

Blake spürte, wie sich jemand neben ihn stellte, und sah auf. Admiral Pierces schlohweißes Haar reflektierte die Sonne. Der alte Mann klopfte Blake auf die Schulter. „Lieutenant, ich weiß, das ist ein schwerer Verlust für Sie und Ihr Team. Mein Beileid.“

„Danke, Sir“, erwiderte Blake. Seine Stimme klang fremd. Er sah, wie Phils Mutter die Finger in den Stoff der Flagge krallte, und konnte den Anblick kaum ertragen.

„Mit der Zeit wird es leichter“, sagte der Admiral.

„Sollte es das?“, entgegnete Blake und richtete den Blick auf seinen Mentor. Er hatte so viel von ihm gelernt in der Vergangenheit.

„Nein“, antwortete der Admiral und seufzte. „Aber man muss lernen, damit umzugehen. Stellen Sie sicher, dass es Sie nicht in Ihrer Arbeit beeinflusst.“

Einfach so? Blake spürte wilden Protest in sich aufsteigen. Wie sollte man weitermachen, wenn man einen Kameraden verloren hatte, einen Freund! Doch seine Jahre bei den SEALs hatten ihn gelehrt, wann er zu schweigen hatte. Er presste die Lippen zusammen und nickte steif.

Der Admiral schien nichts anderes erwartet zu haben, denn er erwiderte das Nicken. Dann glitt sein Blick einige Meter weiter. „Lieutenant Commander!“, rief er.

Cade Sullivan, der Dritte im einst unzertrennlichen Bund, sah zu ihnen herüber. Zum Abschied strich er Phils Mutter, neben der er stand, tröstend über den Arm und kam zu ihnen herüber.

„Sir?“, sagte er, als er vor dem Admiral stehen blieb.

„Sie beide sind ab sofort vom Dienst befreit“, erklärte Pierce. „Für zwei Wochen.“

Blake und Cade wechselten einen Blick. Es war nur eine Sache von Sekunden, bis sie wussten, dass sie sich einig waren. Und zum zweiten Mal wollte Blake einer Anweisung widersprechen. Er brauchte keinen Urlaub, er brauchte Ablenkung! Gerade jetzt! Einen Auftrag, irgendetwas zu tun!

Als hätte er seine Gedanken gelesen, warf ihm der Admiral einen ernsten Blick zu. „Sie kommen gerade von einer gefährlichen Mission und haben einen Mann verloren. Es ist dringend notwendig, dass Sie sich eine Auszeit nehmen. Abseits des Stützpunktes. Ich nehme an, Sie haben einen Ort, an den Sie bis zum siebzehnten September gehen können?“

Für einen Augenblick bekam auch Cades strahlende Fassade Risse. Blake wusste, dass sein Freund die gleiche Wut verspürte, die gleiche Verzweiflung. Doch dann hatte Cade sich wieder gefasst und lächelte.

„Klingt nach einer guten Gelegenheit, die Familie einmal wiederzusehen. Mein Vater wird sich freuen. Vielen Dank, Sir. Unser Team wird die unverhoffte Auszeit genießen.“

Blake musste zugeben, dass Cade kein unbegabter Lügner war. Die Art, wie seine Worte und sein Lächeln in diesem Moment zusammenspielten, hätte jeden überzeugt. Außer Blake. Er kannte ihn einfach zu gut. Fakt war, dass jeder einzelne Mann im Team lieber sofort wieder in einen Einsatz zurückgekehrt wäre und dass Cade es hasste, seine Familie zu besuchen. Doch er ließ es sich nicht anmerken.

Vielleicht war Cade deshalb von Phil immer „Slick“ genannt worden. Es war diese Fähigkeit, sich auf charmante Weise durchzumogeln, die ihn auszeichnete. Blake hingegen war der „Boy Scout“, der Pfadfinder, der immer nur sein Bestes gab. Und Phil selbst war der „Joker“ gewesen. Ein Clown, der in allen Situationen noch einen Witz auf den Lippen hatte. Blake erinnerte sich an Phils letzte Worte, bevor die Bombe explodiert war: „Klopf, klopf, wer ist da?“

Ein Würgen erfasste Blake. Er kämpfte es nieder.

Cade entschuldigte sich unter dem Vorwand, den anderen Männer Bescheid geben zu wollen, und so blieben Blake und der Admiral allein zurück.

„Und Sie, Landon?“, sagte der Admiral ruhig.

Blake zwang die Kiefer aufeinander. Er hatte keine Wahl. Dieser Urlaub war ein Befehl, dem er zu folgen hatte.

„Ich finde sicher etwas, was ich in der freien Zeit tun kann“, erwiderte er. Nein, er würde nicht nach Hause fahren. In der ärmlichen Wohnwagensiedlung, in der er aufgewachsen war, war er noch weniger willkommen als Cade im luxuriösen Anwesen seiner reichen Familie.

Er würde nach Kalifornien fahren. Die Seele baumeln lassen, sich Alcatraz ansehen und die Golden Gate Bridge. Tourist sein.

„Gut“, sagte der Admiral. „Dann erwarte ich Sie am Fünfzehnten.“

Blake hob überrascht die Brauen. „Ich dachte, wir sollen am siebzehnten zurück sein?“ Es waren nur zwei Tage, doch er wäre froh darum, früher wieder zurückzukommen.

„Es geht um die Feier anlässlich meines Dienstaustrittes“, sagte der Admiral und lächelte. „Ich rechne fest mit Ihnen. Sie werden meine Tochter kennenlernen.“ Mit diesen Worten klopfte er Blake auf die Schulter, wandte sich um und ging über das weite Feld davon.

Seine Worte hallten in Blake nach.

Die Tochter des Admirals kennenlernen?

Verdammt …

Heiß. Heiß. Heiß.

Es gab eine Menge Dinge, für die man dem Leben dankbar sein konnte: gute Freunde, die eigene Gesundheit oder Karamellbonbons mit Schokolade.

Aber nichts ging über den Anblick eines durchtrainierten, fast nackten Männerkörpers.

Alexia Pierce spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann, als sie den Mann am Strand musterte. Seine Muskeln waren wohlproportioniert, und er bewegte sich mit einer solchen Lässigkeit, dass er alle Blicke auf sich zog, ohne es selbst zu bemerken. Er war groß und breitschultrig, und Alexia war sich sicher, dass er viel trainierte. Doch er wirkte nicht wie ein Bodybuilder, der Muskeltraining als Selbstzweck betrieb.

Sein dunkles Haar war für ihren Geschmack ein wenig zu kurz geschnitten. Unwillkürlich strich sie sich über die eigenen Locken, die nach dem Bad im Meer wild ihr Gesicht umrahmten.

Der Mann war zu weit entfernt, um seine Augen zu sehen, doch seine Brauen waren dunkel und sexy. Die Sommersonne hatte seine Haut in einen gesunden Goldton getaucht, und Alexia unterdrückte ein Grinsen bei dem Gedanken, wie er wohl unter den blauen Shorts aussah.

Es brachte nichts, sich etwas vorzumachen. Dieser Fremde gehörte zu der Sorte Mann, die sogar eine unabhängige und selbstbewusste Frau wie Alexia zum Schwärmen brachte.

Sie beschattete die Augen mit der Hand und beobachtete, wie der Mann mit einer eleganten Bewegung in die Wellen eintauchte. Fast beneidete sie das Wasser, das nun an seinem hinreißend muskulösen Körper entlangstreichen konnte.

„Brauchst du ein Handtuch?“

„Wie bitte?“ Alexia wandte sich abwesend zu ihrem Bruder um. „Wofür?“

„Um dir den Sabber vom Kinn abzuwischen.“

Alexia lachte. „Idiot.“ Sie schleuderte ihm spielerisch das rote Handtuch um die Ohren und ließ sich dann auf die Strandliege fallen. „Das ist nur Schweiß. Ich bin es einfach nicht gewohnt, dass es in der zweiten Septemberwoche noch so heiß ist.“

Und auch nicht, dass dermaßen heiße Typen direkt vor meiner Nase herumspazieren, ergänzte sie im Stillen.

„Klar. Es liegt an der Hitze.“ Der Sarkasmus in Michaels Worten war nicht zu überhören. „Hast du nicht eine Beziehung?“

Alexia machte eine wegwischende Handbewegung. Selbst wenn sie in einer Beziehung gewesen wäre – was sie nicht war, Edward war nur ein netter Kollege, mit dem sie ein paar Mal ausgegangen war –, hinschauen war erlaubt.

„Beziehung würde ich das nicht nennen“, sagte sie. „Wir beschnuppern uns.“ Seit drei Monaten versuchte sie sich einzureden, dass Edward der richtige Mann für sie sei. Irgendetwas in ihr aber sträubte sich, so gern sie auch eine Beziehung eingegangen wäre. Sie suchte nach mehr. Nach jemand Besonderem. „Ehrlich gesagt weiß ich nicht genau, was das zwischen uns ist.“

Michael musterte sie über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg. Seine Augen waren von dem gleichen samtig dunklen Braun wie Alexias.

„Du bist für diesen Typen ans andere Ende des Landes gezogen. Für mich klingt das nach einer Beziehung.“

Alexia ließ den Blick wieder zurück zum Meer wandern. Von dem Schwimmer war nicht mehr zu sehen als die Spitze seines Ellenbogens. Und doch erregte schon das Alexia mehr als die Vorstellung, Edward vollkommen nackt vor sich zu sehen.

Sie seufzte leise. Genau da lag das Problem. Sie und Edward passten hervorragend zusammen. Sie hatten sich an der Universität kennengelernt, als Edward einen Lehrauftrag für Psychoakustik innegehabt hatte. Alexia war eine seiner Studentinnen gewesen, und Edward war für sie noch immer einer der begabtesten und großartigsten Wissenschaftler auf seinem Gebiet. Sie verstanden sich blendend, und ihnen ging niemals der Gesprächsstoff aus. Doch Alexia fühlte sich in keiner Weise sexuell von Edward angezogen, und eine Beziehung ohne Sex konnte sie sich einfach nicht vorstellen. Sie wollte das Glühen, die Ekstase, das Gefühl, sich jemandem voll und ganz hinzugeben, ebenso wie gute Gespräche und einen liebevollen Umgang miteinander. Mit Edward war das undenkbar.

„Falsch“, sagte sie. „Ich bin quer durchs Land hierher gezogen weil es eine hervorragende Chance für meine berufliche Karriere ist. Diese Forschungsstelle ist unvergleichlich, Michael. Ich werde mit traumatisierten Menschen arbeiten und ihnen dabei helfen, mit modernen Psychotherapiemethoden wieder gesund zu werden. Aber nicht nur das. Ich werde auch in die Öffentlichkeitsarbeit eingebunden sein und das Programm bekannt machen.“

„Du bist eine Physikerin mit Schwerpunkt Akustik und einem Abschluss in Psychologie. Was hat das bitte schön mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu tun?“

Alexia verzog die Mundwinkel. „Wie wäre es mit ein bisschen mehr Begeisterung? Der Job ist wirklich großartig. Und er hat mich nach Kalifornien zurückgebracht. Ich dachte, das würde dich freuen. Was die PR-Kampagne angeht, so wollen die Investoren jemanden, der direkt in das Programm eingebunden ist. Ich bin einfach besser in diesen Kommunikationsdingen als Edward, und da die Forschung den Schwerpunkt ohnehin eher auf weibliche Missbrauchsopfer legt, ist eine Frau an der Spitze die beste Lösung.“

„Um es anders auszudrücken: Dr. Darling ist nicht so gut in Sachen Sex wie du?“

Alexias Lächeln erstarb. Michael hatte den wunden Punkt getroffen. Edward war ein hervorragender Wissenschaftler. Aber was war mit dem ganz realen Sex? Alexia war sich nicht sicher, ob Edward auch da würde punkten können.

„Es tut mir leid, ich wollte dich nicht runterziehen“, sagte Michael. „Ich freue mich wirklich, dass du wieder hier bist. Und sobald du anfängst, in aller Öffentlichkeit ständig über Sex zu reden, bin ich wenigstens bei unseren Eltern aus dem Fokus heraus. Klingt doch gut, oder?“

Alexia wurde ernst. „Die beiden werden die Krise kriegen, oder?“

„Exakt.“

Alexia hatte schon als kleines Mädchen einige Dinge mit Sicherheit gewusst. Zum einen, dass sie anders war als andere. Sie war intelligenter und schneller. Und sie passte nirgendwo richtig dazu. Doch die wichtigste und schmerzlichste Erkenntnis war, dass ihr Vater sie niemals lieben würde.

Mit 13 hatte sie dann den Entschluss gefasst, nicht mehr überall die Streberin zu sein. Sie hatte die Schule geschwänzt, sich mit Fast Food und Zucker vollgestopft und alles versucht, um den inneren Schmerz zu betäuben. Doch bis heute war sie sich nicht sicher, ob ihr Vater es jemals auch nur mitbekommen hatte.

Mit 16 Jahren war sie schließlich betrunken und halb nackt von der Militärpolizei auf dem Stützpunkt aufgegriffen worden, mit einem dreizehn Jahre älteren Offizier. Ihr Vater war außer sich gewesen. Mit eisiger Stimme hatte er ihr prophezeit, dass, sollte sie noch ein einziges Mal über die Stränge schlagen, er sie aus dem Haus jagen und sie kein Mitglied seiner Familie mehr sein würde. Alexia hatte nur mit den Schultern gezuckt. Die Meinung ihres Vaters war ihr ohnehin längst egal gewesen. Und als hätte er genau das von ihr erwartet, war seine Antwort nur ein stummes Nicken.

Kurz darauf schickte er Michael auf eine Schule in Europa.

Ihren Bruder. Den einzigen Menschen, dem sie wirklich etwas bedeutete, der sie liebte und akzeptierte, wie sie eben war. Und aus dessen Leben ihr Vater sie am liebsten vollkommen verbannt hätte.

Ja. Der Admiral war furchterregend.

„Mach dir keine Sorgen“, sagte Michael leise, als wüsste er genau, was in ihr vorging. „Mom freut sich wahnsinnig, dass du wieder da bist. Und Vater wird sich auch daran gewöhnen. Dein Forschungsgebiet wird ihnen nicht gefallen, dafür aber umso mehr, dass du im Fernsehen auftreten und dich auf Millionärspartys herumtreiben wirst. Sie werden stolz auf dich sein.“

„Klar“, seufzte Alexia. „Solange ich nicht über Sex rede.“ Sosehr sie sich auch wünschte, unabhängig zu sein, ein Teil von ihr kämpfte noch immer verzweifelt um die Anerkennung ihrer Familie. Doch sie würde sich nicht verbiegen lassen. Auf gar keinen Fall.

„Eigentlich können sie einem leidtun, findest du nicht?“, sagte Michael. „Wir sind nicht gerade Vorzeigekinder. Um es ihnen leichter zu machen, versuche ich immer, so hetero wie möglich rüberzukommen.“

„Vielleicht konzentrieren sie sich ja auch mehr auf die Tatsache, dass durch meine Forschung Missbrauchsopfer eine Chance auf ein besseres Leben bekommen?“, wagte Alexia zu hoffen.

Michael runzelte die Stirn. „Vergiss es. Solange du in der Öffentlichkeit über Sex redest, werden sie sich auch genau darauf konzentrieren.“ Er machte eine wegwischende Handbewegung. „Aber genug davon. Wir werden es ihnen niemals recht machen. Mich interessiert viel mehr, was da tatsächlich zwischen dir und Dr. Darling läuft.“

„Sein Nachname ist Darshwin“, seufzte Alexia und griff nach der Sonnencreme. „Und, ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Edward ist großartig. Intelligent, charmant, wir können toll miteinander reden. Er spricht sogar über seine Gefühle. Ist das nicht toll? Was könnte es Besseres geben?“

„Na ja. Einen Mann, der dir Gefühle schenkt, über die du reden könntest“, erwiderte Michael ruhig.

Ja, dachte Alexia und seufzte erneut. Richtig.

„Seit wann bist du so ein Schlaumeier?“, fragte sie, während ihr einmal mehr auffiel, wie gut aussehend ihr Bruder war. Michael verdiente sein Geld als Model. Und er sah nicht aus wie jemand, der sich viele Gedanken machte. Doch er war nicht halb so oberflächlich, wie man auf den ersten Blick annehmen konnte.

„Süße, nur weil ich nicht so eine Intelligenzbestie wie du bin, heißt das nicht, dass ich mir keine interessanten Gedanken mache.“

Alexia lächelte. Es war gut gewesen, wieder nach Kalifornien zu ziehen. Michael und sie waren als Kinder unzertrennlich gewesen, und noch heute gab es diese tiefe geschwisterliche Verbundenheit zwischen ihnen. Es war gut, jemanden zu haben, auf den sie sich voll und ganz verlassen konnte.

Ihr Blick wanderte zurück zu dem fremden Mann, der gerade wieder aus dem Wasser kam. Das war definitiv ein Typ, der sie zum Träumen bringen konnte. Sein Körper war hinreißend, und er verströmte eine ruhige Kraft, die sie faszinierte. Es brachte nichts, sich etwas vorzumachen. Dieser Mann reizte sie. Und ihre Gedanken begannen zu wandern. Wie es wohl wäre, mit ihm …

„Ich weiß, ich bin nicht immer mit dir einer Meinung“, sagte Michael in diesem Moment. „Aber dieser Typ ist definitiv ein Hingucker.“

„Geht so“, versuchte Alexia ihr Interesse herunterzuspielen. Dabei fühlte sie sich, als würde sie wie Wachs in der Sonne zerschmelzen, während sie den Fremden einfach nur ansah.

„Geht so? Mehr nicht?“ Michael schüttelte den Kopf. „Was hat New York dir angetan? Du solltest schon längst auf dem Weg sein und rausfinden, wer dieser Typ ist!“

„Wie war das? Ich bin doch in einer Beziehung.“

„Du bist dir nicht sicher, ob es eine Beziehung ist.“

„Dann sollte ich das herausfinden, nicht wahr? Und zwar bevor ich so was Verrücktes mache, wie mich an wildfremde Männer ranzuschmeißen, nur weil ich sie ausgesprochen attraktiv finde, oder?“

„Attraktivität ist ein sehr guter Grund“, entgegnete Michael. Dann hob er eine Braue. „Aber vielleicht ist er ja auch einfach nicht dein Typ.“

„Und ich glaube nicht, dass er ein Typ für dich ist“, erwiderte Alexia lachend. Allein der Gedanke, dass dieses Prachtexemplar, bei dem sie sofort an ihre 10 Lieblingsstellungen aus dem Kamasutra denken musste, schwul sein könnte, war fürchterlich. Das wäre Verrat an allen Frauen dieser Welt!

„Finden wir es heraus“, sagte Michael grinsend, während der Fremde näher kam. Alexia war sich nicht sicher, ob es daran lag, dass er sein Handtuch und seine Sachen in ihrer Nähe abgelegt hatte, oder ob er nicht doch die feinen telepathischen Signale empfangen hatte, die sie in seine Richtung aussandte.

„Michael“, zischte sie nervös und wünschte sich auf einmal, einfach so im Erdboden zu versinken. „Wage es nicht …“

Doch Michael hatte sich schon geschmeidig erhoben. „Entschuldigung!“, rief er in Richtung des fremden Mannes.

Dieser wandte sich zu ihnen um. Der Blick aus seinen dunkelblauen Augen wanderte von Michael zu Alexia hinüber. Sie spürte ein feines Beben in sich aufsteigen. Und die Welt schien plötzlich stillzustehen.

„Ich bin Michael“, sagte ihr Bruder und streckte dem Fremden die Hand hin. „Und das ist meine Schwester Alexia.“

„Blake“, antwortete der Mann leise, und in seinem Tonfall nahm Alexia ganz fein den Klang der Südstaaten wahr.

„Wir haben uns gefragt, ob Sie uns kurz Gesellschaft leisten möchten“, sagte Michael und zog eine Flasche Wasser aus der Kühlbox. „Sie könnten dabei helfen, eine Grundsatzfrage zu klären.“

Blake musterte den jungen Mann, der ihn angesprochen hatte, nur flüchtig. Viel zu sehr nahm ihn dessen Begleiterin gefangen. Eine hinreißende junge Frau mit dunkelroten Locken und sonnengebräunter Haut. Zu jeder anderen Zeit hätte er sich über das Angebot, ihr Gesellschaft zu leisten, gefreut. Doch nicht jetzt. Fast zwei Wochen Urlaub lagen hinter ihm, und statt sich besser zu fühlen, ging es ihm von Tag zu Tag schlechter. Er wohnte in Cades Appartement, und die Tatsache, dass Cade nach einigen Tagen bei seiner Familie in einer schauderhaften Stimmung war, machte es nicht leichter. Deshalb hatte beschlossen, den Nachmittag am Strand zu verbringen. Doch selbst die Sonne und das Meer konnten seine Trauer um Phil nicht überdecken. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war oberflächlicher Small Talk.

Denk dir einfach irgendeine Ausrede aus und geh, dachte er.

Doch da waren die Worte schon aus seinem Mund geflohen: „Was für eine Grundsatzdiskussion?“

„Alexia ist der Meinung, zu einem guten Date gehört ein gemeinsames Essen und ein guter Film“, sagte der junge Mann, schob seine Sonnenbrille hoch und rollte mit den Augen. „Langweilig, oder? Ich persönlich bin eher für Tanzen im Club. Wofür sind Sie zu haben?“

Blake hatte die Wasserflasche gerade an die Lippen gesetzt und hielt mitten in der Bewegung inne. Flirtete dieser Typ ihn an?

Er unterdrückte ein Lachen und tauschte einen Blick mit der rothaarigen Schönheit. Sie lächelte ihm zu, und plötzlich erschien es Blake, als würde er aus einem tiefen schwarzen Loch wieder auftauchen, von dem er nicht einmal gewusst hatte, dass er hineingefallen war.

„Ich mag beides“, sagte Blake. „Essengehen und Tanzen. Ich bin der traditionelle Typ.“

„Ah.“ Der junge Mann lächelte und wirkte in keiner Weise gekränkt. Doch sein Nicken zeigte Blake, dass er verstanden hatte – aus ihnen konnte nichts werden. „Dann ist es also ein Unentschieden.“

„Sie müssen Michael verzeihen. Er hält viel von ‚Wer nicht wagt, der nicht gewinnt‘.“

„Eine gute Einstellung“, gab Blake zurück und musterte die Frau genauer. Sie war nicht im üblichen Sinne schön, aber ihre Ausstrahlung faszinierte ihn. Es war, als umgebe sie ein sonniges Lächeln, und das Funkeln in ihren Augen war verführerisch.

Ein zierliches Rosentattoo rankte sich über ihre Schulter und den Oberarm, und ihr Körper war weiblich, aber trotzdem durchtrainiert. Blake spürte ein plötzlich aufwallendes Verlangen in sich. Ein Gefühl, das er schon fast vergessen hatte. Und plötzlich wusste er, dass er diese Frau wiedersehen wollte, koste es, was es wolle.

Sein ganzes Leben lang hatte Blake sich strikt an Regeln gehalten. Seine Karriere fußte darauf, dass er Anweisungen befolgte und sich voll und ganz ins Team einbrachte. Eine Erinnerung schoss ihm durch den Kopf. Phils breites Lachen, kurz bevor ein Granatsplitter sein Leben ausgelöscht hatte. Und wieder kroch die Dunkelheit zurück ins Blakes Herz.

Er richtete den Blick auf das Meer und versuchte, sich zu beruhigen. Phil hatte sich auch immer an die Regeln gehalten. Und trotzdem hatte er sein Leben verloren.

Die junge Frau, die dort im Sand saß und ihn anlächelte, wirkte nicht wie jemand, der sich besonders viel um Regeln kümmerte. Und vielleicht war es genau das, was er im Moment brauchte?

Er spürte, wie jeder Millimeter seines Körpers sich nach dieser Unbekannten verzehrte. Der Anblick ihrer golden schimmernden Haut, der sanfte Schwung ihrer Hüften – es raubte ihm fast den Atem. Und zum ersten Mal seit Wochen fühlte er sich lebendig.

Nein. Er konnte es sich nicht erlauben, sich auf eine Affäre einzulassen. Das würde ihn noch mehr aus der Bahn werfen. Was er brauchte, war ein neuer Auftrag. Und die Rückkehr in sein geregeltes Leben. Er hatte Schlimmeres durchgestanden, als einfach nur auf eine hinreißende Frau zu verzichten.

„Danke für das Wasser“, sagte er und lächelte den Geschwistern kurz zu. „Ich muss jetzt gehen.“

Doch schon während er sich umdrehte, bereute er die Entscheidung.

2. KAPITEL

„Edward, ich muss mit dir reden“, sagte Alexia mit gedämpfter Stimme, als sie abends gemeinsam in einem Restaurant saßen. „Glaub mir, ich habe wirklich lange darüber nachgedacht.“

Ja, das hatte sie. Und das Gespräch mit Michael hatte den Ausschlag gegeben. Oder doch die Begegnung mit dem sexy Fremden? Was genau der Auslöser gewesen war, konnte sie nicht sagen. Doch sie wusste, sie musste einige Dinge klären, bevor sie in der kommenden Woche ihren neuen Job antrat.

„Glaub mir, du bedeutest mir sehr viel“, begann sie. „Ich schätze unsere Freundschaft sehr. Aber ich glaube nicht, dass wir versuchen sollten, mehr daraus zu machen.“

Sie hielt den Atem an, während sie auf Edwards Reaktion wartete. Er lächelte sanft und nahm einen Schluck Wasser, als würde er Zeit zum Nachdenken gewinnen wollen. Für einen Moment hörte man nichts als die Gespräche der anderen Restaurantgäste und das leise Klappern von Geschirr im Hintergrund.

Autor

Tawny Weber
<p>Schon immer liebte Tawny Weber Liebesromane, vor allem seit sie auf ein paar Geschichten in ihrer Grundschulbibliothek stieß, die sie sofort fesselten. Was gibt es Besseres als Romane mit spannenden Wendungen und einem Happy End – oder noch besser – mit erotischen Liebeszenen zu lesen? Nichts, denn das sind die...
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