Ein schottischer Traum von Lust und Liebe

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Er hatte einen Fehler gemacht. Einen leidenschaftlichen, heißen, verrückten, erotischen Fehler." Zwei Wochen voller Lust, dann verschwindet Brody Stewart wieder dorthin, woher er gekommen ist: nach Schottland. Cate ist davon überzeugt, dass sie ihren breitschultrigen Lover nie wiedersehen wird. Warum sollte sie ihm also sagen, dass ihre erotische Affäre süße Folgen hatte? Doch vier Monate später kehrt ihr Traummann in die USA zurück - und entdeckt Cates kleines Geheimnis. Er macht ihr einen Antrag. Dabei weiß Cate genau, dass er auch ein zweites Mal abreisen wird. Weil er genau so ins ferne Schottland gehört wie sie nach North Carolina … "


  • Erscheinungstag 05.03.2019
  • Bandnummer 2071
  • ISBN / Artikelnummer 9783733724825
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Der Schotte war zurückgekommen. Cate Everetts Herz klopfte wild, und ihre Hände schwitzten, als sie sich über das altmodische Porzellanwaschbecken beugte und den Vorhang ein wenig zur Seite schob. Ihr Apartment lag im oberen Stockwerk. Von hier aus konnte sie das Kommen und Gehen auf der Straße bestens beobachten.

Brody Stewart. Der Mann, den sie vor vier Monaten das letzte Mal gesehen hatte. Und sie war davon ausgegangen, ihn niemals wiederzusehen. Brody Stewart. Groß, breitschultrig, muskulös. Seine samtig-dunkle Stimme konnte eine Frau so heiß machen, dass sie sich ihm ohne nachzudenken an den Hals warf. Und nun war der Schotte wieder da.

Darauf war sie absolut nicht vorbereitet.

Auf dem Tisch stand eine Tasse frisch zubereiteter Tee und dampfte unbeachtet vor sich hin. Es war ein frostiger Februartag, passend zu der Stimmung, in der sie heute Morgen aufgestanden war. Ein heißer Tee, hatte sie gedacht, würde sie aufheitern.

Stattdessen wurde sie von lauten Männerstimmen und dem Geräusch einer Autotür, die zugeschlagen wurde, ans Fenster gelockt. Jetzt wusste sie Bescheid. Der Schotte war wieder im Land.

Vor vier Monaten war Cate blindlings in die Katastrophe gerannt. Wenn eine Großmutter es für nötig hielt, ihren Enkelsohn einer jungen Frau vorzustellen, durfte diese Frau ja wohl davon ausgehen, dass der Typ nicht gerade eine heiße Nummer war. In diesem Fall verhielt sich die Sache leider anders. Brody Stewart konnte jede Frau haben. Dazu hätte ein Blick aus seinen lang bewimperten dunkelblauen Augen gereicht. Cate erinnerte sich nur zu gut an die Lachfältchen um diese wunderschönen Augen. Brody lachte gern und oft.

Mit der Erinnerung kamen die Gefühle wieder. Ihre Knie zitterten, und die Leidenschaft, die sie und Brody geteilt hatten, ließ sie vor Verlangen glühen. Hinsetzen, Tee trinken – das wäre das Beste gewesen. Doch sie blieb wie gebannt am Fenster stehen.

Draußen auf der Straße gab eine zierliche, grauhaarige Frau zwei Männern, die sich bemerkenswert ähnlich sahen, Anweisungen. Brody war der eine. Der andere musste Duncan sein, Brodys jüngerer Bruder. Sie holten ihre Koffer aus dem Mietwagen, dann umarmten sie ihre Großmutter. Der Wind trieb Schneeflocken vor sich her.

Keinem der drei schien die Kälte etwas auszumachen. Vielleicht, weil ihre Vorfahren aus den schottischen Highlands stammten. Dort strich der eisige Wind über die Moore, und die Stammbäume der Clans reichten zurück bis ins Mittelalter.

Cate wischte die feuchten Hände an ihren ausgeblichenen Jeans ab. Voyeurismus und schmerzhafte Erinnerungen brachten sie jetzt auch nicht weiter. Außerdem musste sie ihren Laden öffnen.

Also zwang sie sich, ihren Beobachterposten aufzugeben, trank ihren Tee, der mittlerweile kalt war, und ging wenig später die Treppe hinunter. Das war’s gewesen mit dem Frühstück.

Seit fünf Jahren war der charmante kleine Buchladen „Dog-Eared Pages“ ihr ganzer Stolz. Mit seiner gemütlich-altmodischen Inneneinrichtung zog er vom Frühling bis zum Herbst vor allem Touristen an, auf die der Ort Candlewick in North Carolina dringend angewiesen war. Candlewick lag eine Stunde von Asheville entfernt in den Blue Ridge Mountains. Hier kannte man noch seine Nachbarn, die Kriminalitätsrate war niedrig, und es ließ sich hier gut leben, wenn man bereit war, auf ein paar Annehmlichkeiten der Großstadt wie Cineplex-Kinos oder Restaurantketten zu verzichten.

Cate vermied es, in die Nähe des Schaufensters zu gehen, und beschäftigte sich damit, Bücher über Regionalgeschichte abzustauben. Was draußen auf der Straße passierte, brauchte sie nicht zu interessieren. Es hatte nichts mit ihr zu tun.

Auf einmal bimmelte die Türglocke. Kundschaft. Cates Herzschlag setzte für drei Sekunden aus, dann begann ihr Herz zu rasen, als sie sah, wer den Laden betreten hatte.

„Miss …“ Das kam krächzend heraus, und sie räusperte sich. „Miss Izzy. Was kann ich für Sie tun?“

Isobel Stewart war winzig, doch sie besaß die Haltung einer Amazone. Vor vielen Jahrzehnten hatte sie ihr Elternhaus in Inverness verlassen, um in Edinburgh einen Job als Sekretärin anzutreten. Dort lernte sie einen charismatischen amerikanischen Austauschstudenten kennen, verliebte sich, heiratete ihn Hals über Kopf und folgte ihm in die Vereinigten Staaten, genauer gesagt, nach Candlewick, North Carolina. Ihre einzige Bedingung war, dass sie ihren Mädchennamen behalten durfte. Ihr frischgebackener Ehemann stimmte zu und ging sogar noch weiter. Ab sofort änderte er seinen Nachnamen in Stewart, um sicherzustellen, dass die Linie nicht ausstarb. Mit seiner jungen Frau gründete er ein Bauunternehmen, das Ferienhäuser in den Blue Ridge Mountains errichtete.

Die folgenden Jahre brachten dem Paar Reichtum und einen Sohn. Dieser jedoch verließ nach dem College die Staaten und ließ sich in den schottischen Highlands nieder. Und die Männer, die Cate heute Morgen beobachtet hatte, waren seine Söhne. Isobel Stewarts Enkel.

Die alte Dame überflog die Neuerscheinungen im Bücherregal. „Ich möchte, dass Sie heute Abend zu mir zum Dinner kommen, Cate. Brody ist wieder da, und diesmal hat er Duncan mitgebracht.“

„Wie wundervoll für Sie“, sagte Cate, ohne auf die Einladung einzugehen. Es war auch nicht nötig, denn Miss Izzy würde sowieso kein Nein akzeptieren.

Plötzlich schaute Isobel auf und wirkte mit einem Mal hilflos. „Ich brauche Sie“, flüsterte die Zweiundneunzigjährige niedergeschlagen, als schäme sie sich für ihre Schwäche.

Die antiken Bücherregale verströmten den Geruch von Möbelpolitur. Cate lehnte sich gegen den dunklen Eichentresen, auf dem die Kasse stand. „Was ist los, Miss Izzy?“

Isobels Unterlippe zitterte, doch Cate wusste nicht genau, ob die Tränen, die in den Augen der alten schottischen Lady standen, echt oder gespielt waren. „In meinem Apartment ist kein Platz für zwei Gäste, daher habe ich den beiden Jungs gesagt, sie müssten in der Villa übernachten.“

Seit dem Tod ihres Mannes vor sechs Monaten hatte Isobel das große, luxuriöse Anwesen auf einem Hügel nahe Candlewick nicht mehr betreten. Stattdessen war sie in den zweiten Stock der Firma Stewart Properties umgezogen, die sich in einem der historischen Gebäude in der Main Street befand.

„Verstehe“, erwiderte Cate zögernd, weil sie eine Falle vermutete. „Was hat das mit mir zu tun?“

„Die Jungs haben in der Villa eine Geburtstagsüberraschung für mich vorbereitet und bei einer Cateringfirma Essen bestellt. Bisher habe ich es noch nicht übers Herz gebracht, ihnen abzusagen.“

„Ich hatte es ganz vergessen. Herzlichen Glückwunsch, Miss Izzy. Aber Brody war doch schon einmal hier in Candlewick. Bestimmt waren Sie mit ihm zusammen auch in der Villa.“

„Nein, war ich nicht. Er hat dort oben ein paar Dinge in Ordnung gebracht. Ich habe so getan, als hätte ich zu viel zu tun. Und da Brody allein hier war, gab es kein Problem damit, ihn im Apartment unterzubringen.“

„Ich bin sicher, Ihre Enkelsöhne wissen, wie Ihnen zumute ist, Miss Izzy“, wagte sich Cate erneut vor. „Vielleicht versuchen sie auf diesem Weg, das Eis zu brechen. Es ist sechs Monate her, und je länger Sie nicht hinfahren, desto schwieriger wird es für Sie werden. Wahrscheinlich war das Geburtstagsdinner dazu gedacht, Sie zurückzulocken.“

„Es fühlt sich aber nicht an wie sechs Monate“, wandte die alte Dame ein. „Mir kommt es vor, als sei es gestern passiert. In der Villa wird mir in jedem Zimmer Geoffreys Geist begegnen. Bitte, Cate, kommen Sie mit mir dorthin.“ Sie krampfte die arthritisch verkrümmten Hände ineinander, und Cate begriff, wie tief der Verlust ihres geliebten Mannes sie getroffen hatte.

„Es ist eine Familienfeier“, sagte sie. „Ist es nicht merkwürdig, wenn ich da plötzlich auftauche?“

„Überhaupt nicht“, widersprach Izzy. „Eigentlich war es Brodys Idee.“

Fünf Stunden später wartete Cate in der eisigen Kälte vor Stewart Properties auf Isobel. Frierend trat sie von einem Fuß auf den anderen. Am Straßenrand parkte ihr Kleinwagen mit laufendem Motor. Endlich, als Cates Finger schon taub zu werden drohten, erschien Izzy. Für jemanden, der darauf gefasst war, einen trübseligen Abend zu verbringen, wirkte sie bemerkenswert fröhlich.

„Schön, dass Sie so pünktlich sind“, sagte Izzy. „Sie sind eine zauberhafte junge Frau, Cate. Männer mögen keine unpünktlichen Frauen.“

Cate half der alten Dame beim Einsteigen ins Auto. Izzy war eingehüllt in einen warmen braunen Wollmantel und trug dazu noch einen dicken Webschal in Beige- und Brauntönen. „Das ist nur ein Klischee, Miss Izzy“, wehrte Cate ab. „Ich bin sicher, es gibt ebenso viele unpünktliche Männer wie Frauen.“

Doch Isobel machte nur eine wegwerfende Handbewegung und wechselte das Thema. „Warum tragen Sie kein Kleid, Cate?“, fragte sie vorwurfsvoll.

Während Cate ausparkte und die Klimaanlage wärmer einstellte, antwortete sie: „Die Temperatur soll heute Nacht noch einmal sinken. Außerdem ist das meine schickste Hose.“ Die hatte sie damals getragen, als sie noch Ärztin werden wollte, doch das war gewesen, bevor ihre Welt zerbrach.

„Hosen, so ein Unsinn. Brody und Duncan sind heißblütige junge Männer. Ich bin sicher, sie hätten es zu schätzen gewusst, ein paar hübsche Beine zu sehen. Ihre sind nämlich mehr als hübsch, Cate. Wenn Sie mal so alt sind wie ich, werden Sie wünschen, Sie hätten der Welt gezeigt, was Sie zu bieten haben.“

Cate seufzte. Sie hielt nicht viel von Miss Izzys antiquierten Ansichten. Die Fahrt hinauf zum Anwesen der Stewarts dauerte nicht lang. Sie waren ein paar Minuten zu früh dort, und Cate hatte Zeit, die Luxusvilla, die einst das Cover von Southern Living geziert hatte, ausgiebig zu betrachten. Sie war aus massiven Steinquadern erbaut, mit schweren Holzbalken, kupfernen Dachrinnen und riesigen Panoramafenstern, in denen sich die spektakuläre Bergwelt spiegelte.

Sanft berührte Cate den Arm ihrer betagten Freundin. „Ist alles okay?“

Izzy wischte eine Träne weg. „Es ist zum Kotzen, wenn man seine Liebsten und seine Freunde überlebt, Cate.“

„Miss Izzy!“ Manchmal war Cate von der unkonventionellen Art der alten Dame schockiert.

„Seien Sie nicht so prüde, Cate. Der Vorteil am Altwerden ist, dass man sagen darf, was einem passt.“

„Na gut. Trotzdem möchte ich wissen, ob alles okay ist.“

Izzy schaute durch die Windschutzscheibe. Ihre Wangen glänzten feucht. „Er hat das Haus für mich gebaut. Wussten Sie das?“

„Nein, Ma’am, das wusste ich nicht.“

„Er wollte sich dafür bedanken, dass ich meine Heimat und meine Familie für ihn verlassen habe. Dafür, dass ich mit ihm nach Amerika gegangen bin. So ein Dummkopf.“ Sie schluckte die Tränen hinunter. „Dabei hätte ich alles, wirklich alles dafür gegeben, nur einen Tag länger mit dem alten Jungen leben zu dürfen.“

Cate spürte, wie ihr eng um die Brust wurde. Sie fragte sich, wie es wohl sein musste, die große Liebe zu finden. Einen Seelenverwandten, einen Menschen, mit dem man für immer zusammenbleiben wollte. Stattdessen hatte sie einen Riesenfehler begangen.

Sie stellte den Motor ab und krampfte ihre Finger um das Lenkrad. Da drin in diesem Haus befand sich Brody Stewart. Was sollte sie ihm sagen?

„Los, bringen wir es hinter uns“, murmelte Izzy. „Keine Angst, ich werde nicht heulen. Ich hab schon genug geweint. Außerdem will ich den Jungs nicht das Gefühl geben, sie hätten was falsch gemacht. Auf geht’s, Cate.“

Eiskalter Wind zerrte an ihren Kleidern, als sie den mit Natursteinen gepflasterten Weg zur Villa hinüber gingen. Zum Glück wurde die schwere Eichentür sofort geöffnet, und sie betraten die Eingangshalle, die von einem großen Kristalllüster erhellt wurde. Gleich darauf umarmten die Stewart-Brüder ihre Großmutter herzlich.

Cate, die daneben stand, verglich Brody und Duncan. Brodys Haar war wellig und rotbraun, und er hatte dunkelblaue Augen, während Duncans Haar glatt und dunkel war, seine Augen dazu passend dunkelbraun. Trotzdem ähnelten sich die Brüder in vieler Hinsicht. Izzy hatte Cate einmal erzählt, dass Brody nach seiner irischen Großmutter käme, während Duncan das Abbild seines Großvaters Geoffrey sei.

Nun, da Cate Duncan endlich begegnete, konnte sie dem nur zustimmen. Die Ähnlichkeit war wirklich erstaunlich, und sie fragte sich, ob sein Anblick Izzy traurig machte, weil er sie unweigerlich an ihren verstorbenen Mann erinnerte.

„Cate, meine Liebe, darf ich dir Duncan vorstellen?“, sagte Izzy nun.

Duncan ergriff ihre Hand und führte sie galant an seine Lippen. „Ich bin entzückt, Miss Everett.“

„Lass das, Duncan“, mischte sich Brody ein.

Doch Duncan grinste nur. „Was hab ich denn getan?“

„Geh in die Küche und schau nach, ob die Cateringfirma alles vorbereitet hat“, ordnete Brody an.

Da Miss Izzy sich ihrem jüngeren Enkelsohn anschloss, fand sich Cate plötzlich allein mit Brody in der großen Eingangshalle.

Bisher hatte er es vermieden, ihr direkt in die Augen zu schauen. Das holte er nun mit einem charmanten Grinsen nach. „Überraschung, was? Ich bin wieder da.“

Brody war kein Idiot. Er konnte erkennen, wann eine Frau sich freute, ihn zu sehen, und wann nicht. Cate Everett sah in diesem Moment aus, als hätte sie saure Milch getrunken. Er fühlte sich in seinem Stolz verletzt, doch er bemühte sich zu lächeln. „Es war nett von dir, dass du Granny begleitet hast. Mir ist klar, dass sie sich vor dem Wiedersehen mit der Villa gefürchtet hat.“

Zögernd zog Cate ihren Mantel aus und reichte ihn Brody. „Und weshalb habt ihr sie dann dazu gezwungen?“

Er zuckte die Achseln, drehte sich um und hängte Cates Mantel an die Garderobe. „Es stehen ein paar wichtige Entscheidungen an. Außerdem haust meine zweiundneunzigjährige Großmutter seit dem Tod ihres Mannes in einem winzigen Apartment ohne jeglichen Komfort. Geoffrey ist nicht mehr da, aber es gibt dieses Haus. Wir müssen aufhören, uns etwas vorzumachen.“

„Glaubst du immer zu wissen, was gut für jemanden ist?“, fragte Cate mit herbem Unterton.

Brody musterte sie distanziert, obwohl er kurz überlegte, ob er sie einfach küssen sollte. Als er Cate das letzte Mal gesehen hatte, waren sie beide nackt und atemlos vor Lust gewesen.

„Habe ich dir etwas getan, Cate? Du wusstest, dass ich wieder zurück nach Schottland gehen würde.“

Einen Monat nach der Beisetzung seines Großvaters war Brody nach Candlewick zurückgekehrt, um sich zusammen mit seiner Großmutter um die Firma zu kümmern. Stewart Properties war schließlich ein bestens aufgestelltes Unternehmen, das überregional operierte.

Stewart Properties ging es also blendend, doch da Brodys Vater kein Interesse daran hatte, nach Amerika zurückzukommen und das Ruder in die Hand zu nehmen, musste, was Geoffreys Witwe Isobel betraf, etwas geschehen.

Während der vier Wochen, die er in North Carolina verbrachte, hatten Brody und Cate eine leidenschaftliche Affäre. Tagsüber der brave Enkelsohn, war er nachts wieder und wieder wie ein Süchtiger in die Arme jener Frau zurückgekehrt, der man im Ort nachsagte, sie sei nett, aber ein bisschen prüde. Mit Brody jedoch …

Ehrlich gesagt hatte ihm die Intensität jener Leidenschaft, die an Besessenheit grenzte, ein wenig Furcht eingeflößt. Klar wusste er um die Macht sexueller Anziehung. Auch hatte es in seinem Leben durchaus einige festere Beziehungen gegeben. Aber als seine Großmutter ihm Cate Everett vorgestellt hatte, war sich Brody vorgekommen wie ein verlegener Teenager.

Denn Cate vermittelte in ihrer dezenten Kleidung und mit ihrem strengen Knoten, zu dem sie ihre blonde Mähne bändigte, nur vordergründig den Eindruck einer biederen jungen Frau. Dass darunter eine Femmefatale steckte, hatte Brody nur zu bald herausgefunden.

Er liebte das Gefühl, ihr seidiges Haar durch seine Finger gleiten zu lassen. Cate war groß und hatte eine Traumfigur, die sie jedoch meistens hinter wadenlangen Röcken und locker sitzenden Strickjacken verbarg. Bisher hatte er nicht herausgefunden, weshalb eine bildschöne Frau eine solche Anstrengung unternahm, ihre Reize vor der Welt zu verbergen.

Nach einer peinlichen Stille schaute Cate mit einem halben Lächeln zu Brody. „Es tut mir leid. Es war ein langer Tag. Ich freue mich, dich zu sehen, Brody.“

„Mehr nicht?“

„Nein, mehr nicht. Komm bloß nicht auf dumme Gedanken.“

„Als da wären?“

„Das weißt du ganz genau“, gab Cate zurück. „Ich habe keine Lust, dort weiterzumachen, wo wir aufgehört haben.“

„Vielleicht möchte ich das ja gar nicht.“ Ihre Worte waren eine Herausforderung, deshalb log er ungeniert. Weshalb war Cate Everett bloß so kompliziert?

Cate seufzte. „Es ist kalt hier in der Halle. Lass uns zu den anderen gehen. Ich bin am Verhungern.“

„Gern. Ich erinnere mich gut daran, dass du einen gesunden Appetit hast.“

Sofort errötete Cate, und er lächelte im Stillen, als er daran dachte, wie sie sich einmal mitten in der Nacht nach wildem Sex einen Imbiss aus Rührei und Speck gegönnt hatten.

Da Cate sich in der Villa auskannte, ließ Brody ihr den Vortritt. Sie und Isobel waren seit Jahren befreundet, doch obwohl Brody versucht hatte, seine Großmutter nach der jungen, zurückhaltenden Amerikanerin auszufragen, war es ihm nicht gelungen, mehr als ein paar allgemeine Dinge zu erfahren.

Sie trafen Duncan und Isobel im Speisezimmer an. Die Cateringfirma hatte ganze Arbeit geleistet und eine einladende Tafel gedeckt. Familienporzellan, Kristallgläser, Silberbesteck und Kerzenleuchter. Isobel Stewart stand hinter dem antiken hochlehnigen Stuhl, den ihr Mann immer benutzt hatte, und krampfte die Hände um die Lehne. „Einer von euch Jungs sollte hier sitzen“, sagte sie mit schwankender Stimme.

Zwischen Brody und Duncan gab es einen kurzen Blickwechsel. Dann schüttelte Brody den Kopf. „Ich kann das nicht, Granny“, sagte er. „Und Duncan auch nicht.“

„Und weshalb habt ihr mich dann hierher geschleppt?“, beschwerte sich die alte Dame mit Tränen in den Augen. „Wenn keiner meiner Enkelsöhne Geoffreys Erbe antreten will – wie soll ich es dann tun?“

2. KAPITEL

Zu Brodys Erleichterung mischte sich Cate ein. „Ich könnte doch heute Abend auf Mr. Geoffreys Stuhl Platz nehmen. Was meinen Sie, Miss Izzy? Es wäre mir eine Ehre. Und Sie sitzen neben mir.“

Brody sandte ihr ein stummes „Danke“ über den Kopf seiner Großmutter hinweg. Izzy hatte so ihre eigenen Vorstellungen davon, wie sich die Zukunft gestalten sollte, und sie genierte sich nicht, Gefühle als Druckmittel einzusetzen. Duncan und er hatten Stunden damit zugebracht, alle Möglichkeiten zu erörtern, doch bisher waren sie zu keinem brauchbaren Ergebnis gekommen.

Der antike Esstisch war nicht verlängert worden, und so saßen sich die vier direkt gegenüber. Am Kopfende Cate und Duncan, an den Längsseiten Izzy und Brody. Das exklusive Dinner wurde prompt serviert, und das gemeinsame Essen half dabei, die Spannungen, die in der Luft lagen, zu vergessen. Es gab Izzys Lieblingsspeise: frisch gefangene Bachforelle mit Karottengemüse und Kartoffeln. Dazu köstliches Brot und Spargelsalat. Ein eleganter Wein, roter Zinfandel, rundete das Ganze ab. Und obwohl Izzy keine großen Mengen zu sich nehmen konnte, aß sie mit Appetit von allem, was es gab.

Am lebhaften Tischgespräch über Politik, Bücher und das Weltgeschehen beteiligte sich Cate mit witzigen und intelligenten Einwürfen. Zu Brodys Missfallen schien Duncan begeistert von ihr zu sein. Vielleicht hätte er ihm einen Wink geben sollen, dass die Lady vergeben war. Andererseits – wenn Duncan nach Amerika ging, um Stewart Properties weiterzuführen, wäre Cate doch eine passende Partie für ihn, oder nicht?

Offensichtlich war es Brody nicht gelungen, seine Gefühle zu verbergen, denn Isobel sprach ihn direkt an. „Alles in Ordnung, Junge? Hast du eine Gräte verschluckt?“

„Alles bestens“, log Brody.

Cate schaute ihn aus ihren grünen Augen forschend an. Es war ihm unangenehm, denn er spürte, dass sie wusste, was in ihm vorging. Aber eigentlich konnte das ja gar nicht sein … Unter dem Tisch gab er seinem Bruder einen kleinen Tritt. „Duncan hat sich über die Zukunft der Firma Gedanken gemacht, Granny.“

Isobel blickte interessiert auf. „Ich höre?“

Duncan warf seinem Bruder einen wütenden Blick zu. Dann räusperte er sich. „Also, die Sache verhält sich folgendermaßen, Granny: Ich halte es für das Beste, Stewart Properties auf den Markt zu bringen. Die amerikanische Wirtschaft floriert wieder, daher ist es der optimale Zeitpunkt für einen Verkauf. Eine Frau von zweiundneunzig Jahren sollte außerdem nicht mehr allein leben. Ich glaube, Dad wäre glücklich, wenn er wüsste, dass du nach Schottland zurückkehrst.“

Tiefes Schweigen lastete über der Tischgesellschaft. Die Spannung war fast mit Händen zu greifen. Vom Servicepersonal war niemand zu sehen. Wahrscheinlich wurde in der Küche gerade das Dessert zubereitet.

Cate stand auf. „Hier handelt es sich um Familienangelegenheiten“, sagte sie. „Entschuldigt mich bitte, ich gehe in die Bibliothek und beschäftige mich dort.“

Ehe Brody sie aufhalten konnte, hob Isobel energisch ihr Kinn und schaute streng von einem zum anderen. Dann fixierte sie Cate. „Sie bleiben hier, Cate. Ich habe Sie gebeten, mich zu begleiten, weil Sie seit vielen Jahren meine Freundin sind. Und nun sieht es so aus, als könnte ich Unterstützung gebrauchen.“

Brody runzelte die Stirn. „Das hört sich an, als würdest du Duncan und mich als Gegner betrachten. Aber du weißt genau, dass wir dich lieben und nur das Beste für dich wollen.“

Isobel schnaubte verächtlich. „Wenn ich tot bin, könnt ihr mit der Firma machen, was ihr wollt. Geoffrey und ich haben Stewart Properties mühevoll aufgebaut und zum Erfolg geführt. Das Unternehmen ist alles, was mir noch geblieben ist. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass ihr mich gezwungen habt, hierher zu kommen, denn ich habe festgestellt, dass ich das Haus vermisst habe.“

„Niemand verlangt von dir, das Haus zu verkaufen“, wandte Brody ein. Ihm war klar, dass sein Bruder sauer auf ihn war. Nun musste er den Karren aus dem Dreck ziehen.

„Hier wird überhaupt nichts verkauft“, fauchte Isobel. „Ich bin uralt. Bald bin ich nicht mehr da. Außerdem habe ich zwei exzellente Manager, die das Unternehmen leiten.“

Da mischte sich Cate ein und warf Brody einen mitfühlenden Blick zu. „Aber Herman wird demnächst nach Kalifornien übersiedeln, Miss Izzy. Er möchte sich um seine Eltern kümmern. Kevin wird die Firma nicht allein führen können. Das haben Sie neulich selbst zu mir gesagt.“

Doch Isobel war keineswegs beeindruckt von diesem Argument. „Dann wird halt einer dieser beiden hier den Job übernehmen. Das kann doch nicht zu viel verlangt sein von meinen Enkelsöhnen.“

Erneut entstand bleiernes Schweigen, und erneut warf Cate sich in die Bresche. „Brody hat ein Charterunternehmen für Jachten auf Skye aufgebaut, Miss Izzy. Bestimmt möchten Sie nicht, dass er das aufgibt. Und Duncan ist sein Geschäftspartner, wenn ich das richtig verstanden habe.“

Duncan nickte. „Brody ist Haupteigentümer, aber ich manage sämtliche finanziellen Transaktionen.“

Izzy schien auch das nicht zu beeindrucken. „Dann verkauft doch eure Firma. Ihr könnt beide hierher ziehen. Irgendwann wird Stewart Properties sowieso euch gehören. Euer Vater braucht das Erbe nicht.“

Isobels einziger Sohn und Vater von Brody und Duncan war ein berühmter Künstler und besaß mehrere Galerien in Großbritannien und Irland. Er hatte einen Riesenerfolg und war sehr, sehr reich. Seinen Söhnen hatte er die beste Ausbildung ermöglicht und sie darin bestärkt, ihren eigenen Weg zu gehen. In Brodys junges Unternehmen hatte er Geld investiert, doch diese Schulden hatte Brody längst beglichen.

Jetzt fuhr er sich mit den Fingern durch sein dichtes, welliges Haar. Was für ein Abend! Nichts als Probleme. Nie hatte er angenommen, dass seine Großmutter derart stur sein würde. Er und Duncan waren hergekommen, um den Verkauf von Stewart Properties zu organisieren und ihre Großmutter nach Schottland mitzunehmen. Doch die Sache war komplizierter, als er gedacht hatte. „Vielleicht sollten wir alle mal eine Nacht drüber schlafen, Granny. Duncan und ich haben einen Jetlag, wir sollten den Rest des Dinners genießen, statt uns zu streiten.“

Wie auf ein Stichwort wurde der Nachtisch serviert, warmer Apfelkuchen mit Sahne. Die Atmosphäre im Raum entspannte sich während des Kaffees, und Brody nahm sich das erste Mal Zeit, Cate genauer anzuschauen. Wenn er gehofft hatte, dass die Wirkung, die ihre Schönheit, ihr Esprit, ihr Lächeln damals auf ihn gehabt hatten, verblasst sein würde, so hatte er sich getäuscht.

Als sie über etwas, das Duncan zu ihr sagte, lachte, spürte Brody einen Stich in der Brust. Cate Everett war alles, wovon er in den vergangenen vier Monaten geträumt hatte, und noch viel mehr. Was nichts daran änderte, dass ihre Affäre vorbei war und nicht wieder aufgenommen werden durfte.

Glücklicherweise schien Cate daran auch nicht das geringste Interesse zu haben. Wenn ihre Blicke sich flüchtig begegneten, las er darin kein Verlangen mehr, nicht einmal ein Willkommen.

Gegen neun Uhr abends baute Isobel sichtlich ab. Cate bemerkte es und berührte die alte Dame sachte am Arm. „Ich bin müde, Miss Izzy. Sie sicher auch. Soll ich Sie nach Hause bringen?“

„Später“, antwortete Isobel. „Da die Jungs mich hierher zitiert haben und ich nun einmal hier bin, möchte ich mir das Haus ansehen, ehe wir in die Stadt zurückfahren. Duncan, du kommst mit mir. Brody, du kümmerst dich so lange um Cate.“

Sobald die beiden den Raum verlassen hatten, lachte Brody leise. „Sie ist so ein zierliches Persönchen, aber sie steckt uns alle in die Tasche.“

Cate nickte. „Ich beneide dich und Duncan nicht. Es wird schwierig werden, sie von eurem Plan zu überzeugen.“

„Vielleicht ist es sogar unmöglich. Und das würde bedeuten, sie zum Umzug zu zwingen oder die jetzige Lösung beizubehalten, bis ihre Zeit gekommen ist, uns zu verlassen.“

„Hast du je daran gedacht, für ein paar Jahre in die Staaten zu kommen? Isobel zuliebe?“

Sofort witterte Brody eine Falle, aber er konnte nicht sagen, warum. „Mein Leben spielt sich in Schottland ab“, sagte er kühl. „Dort habe ich sieben Jahre lang mein Unternehmen aufgebaut. Ich brauche das Meer. Dort bin ich zu Hause. Hier in North Carolina ist nichts, was mich anzieht.“

„Verstehe“, war alles, was sie erwiderte.

Er kam um den Tisch herum zu ihr und berührte ihr Haar. „Ich frage dich noch einmal, Cate. Habe ich dir irgendwas getan?“

„Keineswegs“, antwortete sie, doch ihr Tonfall und ihr gesenkter Blick verrieten, dass sie log.

Da umfasste er ihre Handgelenke und zwang sie, ihm ins Gesicht zu sehen. „Ich habe dich vermisst, Cate.“ Ihre Nähe ließ Verlangen in ihm auflodern, und am liebsten hätte er sie geküsst.

Aus grünen, rätselhaften Augen sah sie ihn an. „Ich habe dich auch vermisst“, flüsterte sie.

Und dann geschah es. Keiner wusste, wer die erste Bewegung gemacht hatte, doch plötzlich küssten sie sich. Einen Moment lang verharrten sie so, dann lösten sie sich kurz voneinander, nur um erneut in einem langen, tiefen Kuss zu verschmelzen. Brodys Herz klopfte, und er spürte nur zu gut, wie hart und bereit er war. Unversehens schoss ihm der zweite Grund durch den Kopf, weswegen er zurück nach Candlewick gekommen war. „Cate“, murmelte er zärtlich.

Autor

Janice Maynard
Janice Maynard wuchs in Chattanooga, Tennessee auf. Sie heiratete ihre High-School-Liebe während beide das College gemeinsam in Virginia abschlossen. Später machte sie ihren Master in Literaturwissenschaften an der East Tennessee State University. 15 Jahre lang lehrte sie in einem Kindergarten und einer zweiten Klasse in Knoxville an den Ausläufern der...
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